SOM-213
MIH, Naturstoffe, Ubiquinol, Kamille, Shufeng jiedu
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Pflanzenportrait
Kurios:
„Das sind doch
olle Kamellen!“
Was haben denn die Bonbons vom
Faschingsumzug hier zu suchen? Weit
gefehlt: Die Bezeichnung „olle Kamellen“
geht keineswegs zurück auf die
rheinländischen Süßigkeiten („Karamellen“,
vom französischen „caramel“),
sondern stammt aus dem Niederdeutschen:
Auf Hochdeutsch wären
es „alte Kamillen“. Erstmals wurde die
Redewendung in der 2. Hälfte des 18.
Jahrhunderts in Pommern nachgewiesen.
Hintergrund: Durch langes Lagern verliert
die Kamille ihren Duft, ihre Würze
und auch ihre Heilkraft. Entsprechend
bezeichnen „olle Kamellen“ alte, bis
zum Überdruss bekannte Geschichten,
die längst ihren Neuigkeitsgehalt
verloren haben und niemanden mehr
interessieren.
hen Leidensdruck durch starke Schmerzen
besonders beim Essen, Trinken und
Sprechen, sowie Mundgeruch. Dabei
kann es sich um Formen einer Gingivitis
handeln, aber auch Stress, ungesunde
Lebensgewohnheiten, ein geschwächtes
Immunsystem, Vitaminmangel, Hormonschwankungen
und krankheitserregende
Mikroorganismen können die sensible
Mundflora aus dem Gleichgewicht
bringen und einen Entzündungsprozess
im Mundraum bis hin zur Stomatitis in
Gang setzen. Gleiches gilt für kleinere
Verletzungen, z. B. durch versehentliche
Bisse, eine schlecht sitzende Prothese
oder Zahnspange. Auch chronische
Mundtrockenheit, wie sie mitunter als
Begleiterscheinung bestimmter Medikamente
(z. B. durch blutdrucksenkende
Mittel) oder bei chronischen Krankheiten
(z. B. Diabetes mellitus) auftritt, kann
Inflammationen zur Folge haben.
Linderung schafft auch hier die Kamille:
Man sollte einen starken Aufguss ansetzen,
für den man einen Esslöffel Blüten
mit 150 ml heißem Wasser aufgießt, zehn
Minuten abgedeckt ziehen lässt und nach
dem Erkalten mit einem Wattestäbchen
auf die Aphthe oder die entzündeten Stellen
aufträgt. Diesen Vorgang kann man
mehrmals täglich wiederholen, bis Linderung
einsetzt.
Kamille belegt ihre
Wirksamkeit in einer
klinischen Studie
Es handelt sich um eine Pilotstudie zur
klinischen Wirksamkeit von 1 % Matricaria
Kamille L. Mundwasser und
0,12 % Chlorhexidin zur Kontrolle von
Gingivitis – bei der Reduzierung von
Zahnfleischentzündungen und Plaquebildung
– bei Patienten, die sich einer
kieferorthopädischen Behandlung mit
festsitzenden Apparaturen unterziehen.
An dieser randomisierten, doppelblinden,
placebokontrollierten Studie nahmen
insgesamt 30 Männer und Frauen
(Alter 10–40 Jahre) mit festsitzenden
kieferorthopädischen Apparaturen und
mindestens 20 natürlichen Zähnen teil.
Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen
(jeweils n = 10) eingeteilt und gebeten,
mit 15 ml eines Placebos, 0,12 % Chlorhexidin
(CHX) oder 1 % MTC-Mundwasser
direkt nach dem Putzen für 1 Minute
morgens und abends zu spülen, und
zwar für 15 Tage.
Daten (Mittelwert ± SD) zum Index der
sichtbaren Plaque (VPI) und dem Gingiva-Bleeding-Index
(GBI) wurden an den
Tagen 1 und 15 aufgezeichnet.
Die Placebo-Gruppe zeigte von Tag 1
bis Tag 15 Anstiege von VPI und GBI
(10,2 % bzw. 23,1 %). Im Vergleich zu
Placebo nahmen VPI und GBI in der
MTC-Gruppe (–25,6 % bzw. –29,9 %)
und der CHX-Gruppe (–39,9 % bzw.
–32,0 %) signifikant ab.
Zusammenfassend reduzierte MTC die
Ansammlung von Biofilm und Zahnfleischbluten
bei Patienten mit Gingivitis,
wahrscheinlich aufgrund seiner antimikrobiellen
und entzündungshemmenden
Wirkung (J Oral Sci 58, 569–574, 2016).
Paula Goes 1 , Caio S Dutra, Mário R P Lisboa,
Delane V Gondim, Renata Leitão, Gerly A C
Brito, Rodrigo O Rego. PMID: 28025442 DOI:
10.2334/josnusd.16-0280
Fazit
Die Kamille zeigt wie wenige andere
Pflanzen eine bewundernswerte Anwendungsbreite
und ist gleichzeitig sanft
und gut verträglich. Das sind gute Gründe,
warum die Kamille schon seit vielen
Jahrhunderten ihren festen Platz unter
den Heilkräutern einnimmt. Gerade in
der Mund- und Zahnheilkunde kann die
Kamille ihre angenehmen Eigenschaften
ideal zur Geltung bringen – zum Wohle
von Patient*innen aller Altersgruppen,
von Kindern bis zu Hochbetagten.
Literatur- und Quellenverzeichnis
[1] Bäumler, S. (2013). Heilpflanzen – Praxis heute. 2. Auflage Elsevier München
[2] Schilcher, H.; Kammerer, S.; Wegener, T. (2010). Leitfaden Phytotherapie. 4. Aufl.
München: Urban und Fischer
[3] BLV (1996). Tier- und Pflanzenführer für unterwegs. ISBN 3-405-14800-6. München
[4] Schirner, M. (2005). Aromaöle. S. 99 f. ISBN 3-89767-496-3. Darmstadt
[5] Zimmermann, E. (2006). Aromatherapie für Pflege- und Heilberufe. 3. Aufl., S. 194;
ISBN 3-8304-9114-X: Stuttgart
Internetlinks
▶ https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=kamille
▶ https://www.gesundheit.de/lexika/heilpflanzen-lexikon/kamille-synonyme
▶ https://heilkraeuter.de/lexikon/kamille.htm
▶ https://de.wikipedia.org/wiki/Echte_Kamille#Nomenklatur
34 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021