SOM-213
MIH, Naturstoffe, Ubiquinol, Kamille, Shufeng jiedu
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Wissenschaft
Naturstoffe als Enzymhemmer
Prof. Dr. Matthias F. Melzig
Zusammenfassung
Naturstoffe aus Tieren, Mikroorganismen und Pflanzen sind wichtige Arzneistoffe, deren Wirkungsmechanismus auf der
Hemmung von Enzymen beruht. Dieses Wirkungsprinzip ist altbekannt und hochaktuell – besonders unter dem Aspekt
der gesunden Ernährung spielen pflanzliche Polyphenole als Enzymhemmer von Verdauungsenzymen eine wichtige, bisher
wenig beachtete Rolle. Auch der Einsatz traditioneller Arzneipflanzen zur Behandlung von Stoffwechselerkrankungen bekommt
durch neue Untersuchungen eine wissenschaftliche Erklärung.
Schlüsselwörter: Naturstoffe, Enzymhemmer, pflanzliche Polyphenole
Abstract
Natural substances from animals, microorganisms and plants are important medicinal substances whose mechanism of action
is based on the inhibition of enzymes. This principle of action is well-known and highly topical - especially under the
aspect of healthy nutrition, vegetable polyphenols as enzyme inhibitors of digestive enzymes play an important role that has
so far been neglected. The use of traditional medicinal plants for the treatment of metabolic diseases is also being given a
scientific explanation through new studies.
Keywords: Natural substances, enzyme inhibitors, vegetable polyphenols
Ohne Enzyme ist kein Stoffwechsel und damit auch kein
zellulär organisiertes Leben möglich. Enzyme (griech.
en = in, zymē = Gärungsmittel, Sauerteig) sind Proteine,
die in allen Organismen als Katalysatoren an fast allen
chemischen Reaktionen beteiligt sind und diese unter den in
lebenden Zellen herrschenden Bedingungen ablaufen lassen.
Im menschlichen Organismus gibt es etwa 23 000 Gene [7], davon
codieren ca. 21,3 % Enzyme, aber nur 6,3 % verschlüsseln
Rezeptoren [8]. Die essenzielle Rolle von Enzymen im Stoffwechsel
ist offensichtlich, woraus sich auch die Bedeutung von
Enzyminhibitoren ergibt, die hemmend auf vielfältige metabolische
Prozesse einwirken können. Unter evolutionären Aspekten
muss es neben der großen Menge von Enzymen auch eine
große Anzahl von natürlichen Enzyminhibitoren geben, die
regulierend in metabolische Prozesse eingreifen können und
damit ökologische Bedeutung besitzen. Das schließt die Wechselwirkung
mit Enzymen des menschlichen Stoffwechsels ein
und damit letztendlich die Auslösung von toxischen und/oder
kurativen Effekten. Dabei kommen Stoffe mit Enzym-hemmenden
Eigenschaften in allen Organismen vor, und nicht wenige
unserer heutigen Arzneistoffe sind Naturstoffe, die durch Inhibierung
spezieller Enzyme eine gewünschte pharmakologische
Antwort auslösen.
Natürliche Enzymhemmer
sind bekannte Arzneistoffe
Zu bekannten Arzneistoffen zählen als tierischer Enzymhemmer
z. B. Hirudin, ein Polypeptidgemisch aus dem Speichel des
Blutegels (Hirudo medicinalis) mit blutgerinnungshemmenden
Eigenschaften oder auch viele der heute eingesetzten Antibiotika,
wie die Penicilline, sind mikrobielle Naturstoffe bzw.
halbsynthetische Verbindungen, die Enzyme der bakteriellen
Zellwandsynthese hemmen. Unter den pflanzlichen Sekundärstoffen
findet man auch eine große Anzahl von Enzyminhibitoren,
die gegenwärtig als Arzneistoffe eingesetzt werden, wie
z. B. herzwirksame Steroidglykoside (Na-K-ATPase-Hemmer)
oder Galantamin (Acetylcholinesterase-Hemmer). In vielen
Phytotherapeutika sind pflanzliche Enzymhemmer als wirkungsbestimmende
oder zumindest -mitbestimmende Inhaltsstoffe
bekannt, wie z. B. Anthracenderivate in den laxierend
wirkenden Anthranoiddrogen, die u. a. die Na-K-ATPase sowie
enzymatisch aktive Elektrolyttransporter in den Enterozyten
hemmen. Dazu zählen auch Weidenrinde und Echte Goldrute,
deren Phenolglykoside nach Umwandlung im Organismus
zu Salicylsäure durch Hemmung der Cyclooxygenase entzündungshemmend
wirken.
12 Systemische Orale Medizin · 10. Jahrgang 3/2021