SOM-2_2020
Auf allen Ebenen gesunden
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Wissenschaft
Pathogenese der Periimplantitis
Dr. med. dent. Elisabeth Jacobi-Gresser
ln der 50-jährigen Erfolgsgeschichte der oralen lmplantologie sehen wir uns zunehmend
mit entzündlichen Auswirkungen im periimplantären Weich- und Hartgewebe konfrontiert.
Dies ist u. a. bedingt durch den zunehmenden Einsatz dentaler lmplantate, eine großzügige
lndikationsstellung und mangelnde Beachtung patientenbedingter Risikofaktoren.
Während sich die Mukositis in Analogie zur Gingivitis
als reversible Entzündung der periimplantären
Schleimhaut definiert, zeichnet sich die Periimplantitis
durch einen irreversibel-progressiven Entzündungsprozess
aus, bei dem nicht nur das periimplantäre
Weichgewebe, sondern auch der umgebende Knochen durch
Destruktion betroffen ist [1]. Auf der mikroskopisch-molekularen
Ebene unterscheiden sich periimplantäre Gewebe und physiologisches
Parodont. Die periimplantären Gewebestrukturen
begünstigen durch geringere Vaskularisation und verändertem
parallelen Kollagenfaserverlauf den Entzündungsverlauf.
Da die periimplantäre Osseointegration als eine immunologisch
modulierte Interaktion mit dem implantären Fremdmaterial
gesehen wird, bedeutet der marginale Knochenabbau den
Verlust des „foreign body equilibrium“, d. h. Verlust einer ausgeglichenen,
balancierten Fremdkörperreaktion [2]. Die Angaben
über Prävalenzen differieren in der Literatur erheblich: für
die periimplantäre Mukositis von bis zu 40–80 % der Implantatpatienten
und 20–50 % der Implantate und für die Periimplantitis
von 10–56 % resp. 10–40 % [3]. Patienten mit einer Parodontitisanamnese
und nicht dauerhaft erfolgreicher Therapie
sind mit einem höheren Entzündungsrisiko und konsekutivem
Tab. 1: Funktionell relevante Polymorphismen auf Zytokin produzierenden
Genen, die mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion
einhergehen.
Funktionell relevante Polymorphismen (SNPs)
in den IL-1-, TNFA- und IL-1RA-Genen
Gen Polymorphismus Effekt
lL-1a -889 C/T gesteigerte Freisetzung
IL-1b +3953 C/T gesteigerte Freisetzung
TNF-a -308 G/A gesteigerte Freisetzung
IL-1RA +2018 T/C verminderte Freisetzung
SNP–single nucleotide polymorphismen
Implantatverlust behaftet. Bisher wurde der Fokus vorwiegend
auf die Biofilm-assoziierten Risiken gelegt, in den letzten Jahren
wurden zunehmend weitere kompromittierende immunologische
und genetische Aspekte beschrieben.
Genetische Risikofaktoren für die
Periimplantitis
Die enge Assoziation genetischer Varianten zum Schweregrad
der Parodontitis konnte durch eine Vielzahl von Studien belegt
werden. Aufgrund einer umfassenden Datenlage liegen inzwischen
auch Meta-Analysen vor, die die Bedeutung dieser Zytokinpolymorphismen
an großen Patientenkollektiven auch
für die Periimplantitis und den Implantatverlust bestätigt haben
[4]. Bei Patienten ohne oder mit nur einem Polymorphismus
auf den zytokinproduzierenden Genen liegt eine normale
Tab. 2: Die prozentuale Verteilung der Polymorphismen auf
unterschiedliche Ethnien (Quelle: www.ncbi.nlm.nih.gov/snp)
IL 1B +3953 C/T
rs 1143634
IL 1A -889 C/T
rs 1800587
IL1RN +2018 T/C
rs 419598
TNFA -308 G/A
rs 1800629
MAF
MAF
MAF
MAF
global:
caucasian:
african american:
asian:
global:
caucasian:
african american:
asian:
global:
caucasian:
african american:
asian:
global:
caucasian:
african american:
asian:
14 %
20 %
13 %
5 %
26 %
25 %
36 %
2,5 %
14 %
20 %
4 %
5 %
10 %
17 %
15 %
3 %
MAF = minor allele frequence
6 Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020