SOM-2_2020
Auf allen Ebenen gesunden
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Wissenschaft
lergisierendes Potenzial, da es nicht als
Ion, sondern als partikuläre Struktur in
Geweben vorliegt und damit unter physiologischen
Bedingungen primär keine
T-lymphozytäre Reaktion auslöst. Stattdessen
wird aufgrund des Partikelreizes
das monozytäre Abwehrsystem aktiviert
[29, 30]. Dieser Vorgang führt zur Ausschüttung
von proentzündlichen Zytokinen
wie Tumornekrosefaktor- (TNF-a)
und Interleukin-1β (IL-1β) durch Aktivierung
der Monozyten/Makrophagen.
Grundsätzlich aber führt die Partikelaufnahme
durch die Makrophagen zu deren
Aktivierung. Durch die permanente
Partikelfreisetzung besteht der Entzündungs-initiierende
Reiz fort, sodass ein
empfindlicher Organismus dauerhaft
proentzündlich getriggert wird. Der Pathomechanismus
des Knochenabbaus
durch die proinflammatorischen Zytokine
TNF-a und IL-1 aufgrund von Makrophagenaktivierung
durch Titanpartikel
(MP, NP) aus Implantaten ist beschrieben
[31]. Das Ausmaß der Aktivierung humaner
Makrophagen wurde in-vitro gemessen
und korreliert zum Ausmaß der
gefundenen Zytokinausschüttung.
Die Bildung der Zytokine TNF-a und
IL-1 hat nicht nur lokale, sondern auch
systemische Auswirkungen. Als proentzündliche
„Alarmzytokine“ lösen sie
komplexe Immunreaktionen aus.
Die gesteigerte Abwehrreaktion von Gewebemakrophagen
auf Partikel ist der
zugrundeliegende Pathomechanismus
für eine Titanpartikel-induzierte Entzündungsreaktion.
Knochen
Osteoklastenaktivität ↑
Knochenresorption↑
Parodontitis
Periimplantitis
Osteoporose
Schleimhaut
Kollagenaseaktivität ↑ (aMMP8)
Gewebeabbau↑
Parodontitis
Wundheilungsdefekte
Muskel
Proteinkatabolismus ↑
Transmembranpotential ↓
Myalgie
Immunsystem
Anlockung weiterer Immunzellen
T-Zellaktivierung (IFN-γ ↑)
Sauerstoffradikale ↑
lokale Entzündung
oxidativer Stress
TNF-α
IL-1
Fettgewebe
Lipoproteinlipase ↑
Fettsäurefreisetzung
Kachexie
Fettstoffwechselstörung
Nervensystem
Fieber, Anorexie, Fatigue,
Aktivierung der HHN-Achse
IDO-Aktivität ↑
Depression
Schlafstörungen
Hormonsystem
Aktivierung der HHN-Achse
Stresseffekte
Infertilität
Libidoverlust
Insulinresistenz
Gefäßendothel
Chemotaxis von
Immunzellen
Arteriosklerose
Schlaganfallrisiko ↑
Abb. 8: Die Ausschüttung der proentzündlichen Zytokine TNF-α und IL-1β hat auch
unterschiedliche systemische Effekte.
2018
Abb. 9: Follow-up eines Titanimplantates von 36 Jahren bei Patientin ohne Entzündungsrisikogenetik.
Es ist kein Knochenabbau festzustellen.
TNF-α
p < 0.0001
IL-1β
p < 0.0001
Mikrobielle und partikuläre
Inflammasomaktivierung
Abb. 10: Patienten mit erhöhter Ausschüttung der proinflammatorischen Zytokine
TNF-α und IL-1β haben ein statistisch signifikant höheres Risiko eines Implantatverlustes
(Jacobi-Gresser et al. 2013).
Es ist nachgewiesen, dass sowohl parodontopathogene
Keime als auch Titanoxidpartikel
unabhängig voneinander die
Inflammasom-Kaskade in den Makrophagen
aktivieren können und somit die
Zytokinproduktion anregen [32]. Die
Aktivierung dieser Inflammasome führt
zur Bildung des proentzündlichen Zytokins
IL-1β. Darüber hinaus fördert eine
Biofilmadhäsion an der Titanimplantatoberfläche
wiederum deren Korrosionsprozesse
[33]. Eine Untersuchung zur
Assoziation proinflammatorischer Synergismen
von Titan-NP/MP und Porphyromonas
gingivalis (Pg) konnte zeigen,
dass Titannanopartikel ohne LPS (Lipopolysaccharide)
von Pg eine stärkere Entzündungsreaktion
initiieren als in Kombination
mit diesen Bakterien aufgrund
ihrer blockierenden Einflussnahme auf
eine physiologische Osteoblastenfunktion
[34, 35]. In einer aktuellen Longitudinalstudie
konnte die taxonomisch
Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 9