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SOM-2_2020

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Wissenschaft

Entzündungskapazität vor. Bei Patienten, die hingegen mehr

als zwei dieser genetischen Varianten tragen, spricht man von

High-Respondern, denn bei ihnen ist eine stark erhöhte Entzündungsbereitschaft

genetisch determiniert.

Analog zur Parodontitis werden Ausmaß und Verlauf der Entzündungsantwort

auch bei der Periimplantitis durch das Verhältnis

der pro- und antientzündlichen Zytokine IL-1a und IL-

1β, TNF-a und IL-1RN mitbestimmt.

Die klinische Relevanz dieser Polymorphismen zeigt sich auch

darin, dass Patienten mit High-Responder-Polymorphismen

für TNF-a und IL-1 neben der erhöhten Assoziation zur Parodontitis

auch eine erhöhte Empfindlichkeit für einen periimplantären

Knochenverlust aufweisen [5–9]. Die Konzentration

der Entzündungszytokine IL-1 und TNF-a im betroffenen Parodont

korreliert zum Schweregrad einer Parodontitis [10]. Das

Ausmaß des Gewebeverlustes ist bei Rauchern mit genetisch erhöhtem

Risiko verstärkt [11]. Polymorphismen im proentzündlichen

IL-6-Gen und im antientzündlich wirkenden IL-10-Gen

können ebenfalls ursächlich sein für eine überschießende Entzündungsantwort.

Der Polymorphismus -174G/C im IL-6-Gen

geht mit einer erhöhten IL-6-Sekretion einher. In Studien zur

Parodontitis wurde diese genetische Variante mit chronischen

und auch aggressiven Krankheitsverläufen assoziiert [12].

Die gesteigerte IL-6-Expression korreliert nachweislich auch

mit einem Implantatverlust [13]. Interleukin-10 (IL-10) ist neben

IL-1-RA ein weiteres antimflammatorisches Zytokin. Der

Polymorphismus -592C/A im IL-10-Gen geht mit einer verminderten

IL-10-Synthese einher. Die dadurch verminderte

Entzündungshemmung erklärt, warum diese genetische Variante

in einer Vielzahl von Studien mit der Parodontitis assoziiert

wurde und in einer Meta-Analyse als Prädispositionsfaktor

für chronische Parodontitisverläufe bestätigt wurde [14]. Es

konnte nachgewiesen werden, dass bei betroffenen Patienten die

verminderte IL-10-Freisetzung eine deutlich erhöhte Knochenresorption

und eine gesteigerte Gewebedestruktion zur Folge hat

[15].

Das individuelle Risiko für eine Titanimplantat-assoziierte Periimplantitis

beruht ebenfalls auf einer genetisch bedingten Suszeptibilität.

Die klinischen Effekte einzelner Genvarianten sind

hierbei moderat, sodass – ähnlich wie bei anderen komplexen

Krankheiten – ein Vorliegen von Polymorphismen mehrerer

funktioneller Gene an einer Periimplantitisentwicklung bzw.

einem Implantatverlust beteiligt sind [16].

Abb. 1: Durch Partikel aktivierte Makrophagen schütten proinflammatorische

Zytokine aus mit lokalen Gewebeeffekten.

Abb. 2: Aktivierte Makrophagen setzen eine Entzündungskaskade

in Gang.

Defizienz der Schleimhautresistenz

und Granulozytenfunktion

Bei etwa 10 % der Patienten mit chronischer Parodontitis

liegt eine ineffiziente Erregerabwehr bei gestörter Schleimhautimmunität

– aber keine genetisch bedingte erhöhte Entzündungsneigung

– vor. Hier können Defekte der Schleimhautresistenz

sowohl für Aphthen aber auch für Parodontitis

und Mukositis verantwortlich sein. Im Rahmen der immuno-

Abb. 3: Röntgenologische Darstellung einer fortgeschrittenen

Periimplantitis

logischen Abwehr werden die parodontopathogenen Bakterien

von Granulozyten phagozytiert und abgetötet. In seltenen

Fällen angeboren, häufiger aber bedingt durch Stoffwechselerkrankungen

(z. B. Diabetes) kann die Granulozytenfunktion

gestört sein (Phagozytosedefekt).

Systemische Orale Medizin · 9. Jahrgang 2/2020 7

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