ERF Antenne 0708|2020 Was bringt die Welt von morgen?

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ERF THEMA Beispiel Wirtschaft: Die modernen Transportmöglichkeiten per Luft- und Seefahrt haben die Frachtkosten in den letzten 100 Jahren um bis zu 90 Prozent gesenkt. Der Kostenanteil am Verkaufspreis liegt bei unter 1 Prozent! Das gilt auch für ein 3-Euro-T-Shirt, also 3 Cent. Die Folge: Für große Konzerne lohnt es sich, weltweit zu kaufen und verkaufen. Da es aber keine weltweiten Gesetze, sondern lediglich Absprachen gibt, sind der Ausnutzung dieser Möglichkeiten Tür und Tor geöffnet. Eine Produktion in Deutschland lohnte sich meist nicht mehr, viele Firmen gingen pleite. Die Herstellung in anderen Ländern wiederum geht oft massiv zu Lasten der Umwelt, aber auch auf Kosten von Menschenleben vor Ort. Wobei es durchaus unterschiedliche Auswirkungen gibt. Während ca. 500 Millionen Chinesen aus extremer Armut befreit wurden, werden afrikanische Länder südlich der Sahara von billigen Produkten überschwemmt, was die lokale Produktion zerstört. Zurückdrehen können wir die Zeit nicht mehr. Daher geht es bei all den Überlegungen „… nicht um ‚Globalisierung: Ja oder Nein?‘, sondern um: Wie können wir es besser machen?“ 1 Die digitale Welt Schon lange spielt Deutschland nicht mehr in der ersten Liga, wenn es um Computer, Programmierung oder künstliche Intelligenz geht. Vor allem Amerika und Asien teilen sich nicht nur den Markt, sondern auch das Knowhow. Das hat gravierende Auswirkungen. Dr. Benedikt Herles schätzte bereits im Jahr 2018 die Situation in Deutschland wie folgt ein. „Noch geht es Deutschland gut … Aber ohne ehrliche Zukunftsdebatte werden wir eines Tages in einer Republik aufwachen, die wir uns so nicht ausgesucht hätten“. 2 Aus seiner Sicht haben wir es schon lange versäumt, die technischen und digitalen Weiterentwicklungen bewusst anzugehen und zu steuern. Die Folgen unseres Zögerns schätzt er gravierend ein. „Das neue Jahrtausend […] selektiert gnadenlos in Gewinner und Verlierer. […], zwischen gut und schlecht Gebildeten […]. Wer hat, dem wird gegeben. Und wer weniger hat, der hat bald gar nichts mehr. Wir erleben das Matthäus- Zeitalter.“ 3 Gemeint ist hier ein Zitat Jesu aus dem Matthäus-Evangelium, Kapitel 25. Ein Abschnitt, in dem Jesus ein Blick auf das Ende der uns bekannten Welt wirft. Zu wenig digital. Aber es gibt auch ein zu viel. Ein Blick auf China reicht: Absolute Kontrolle! Frei bewegen darf sich in vielen Regionen nur noch, wer dafür digital „grünes Licht“ bekommt. Eine Weiterentwicklung des sogenannten „Social Scoring“. Dabei gibt es Pluspunkte für gutes Verhalten und Minuspunkte für schlechtes. Bei zu vielen Minuspunkten werden zum Beispiel Flugreisen untersagt. Millionen Chinesen waren schon davon betroffen. Was manche auch in Deutschland für konsequent und überlegenswert halten, sieht der Sinologe Kai Strittmatter völlig anders. Er lebte rund 15 Jahre in China und stellte zum Schluss fest: „Drei Sätze hörte ich immer wieder: Es gibt hier keine Sicherheit. Es gibt hier kein Vertrauen. Es gibt hier keine Moral mehr.“ 4 Zum Thema fehlende Moral gehört auch die Genforschung. Digitale Möglichkeiten haben dieses Forschungsfeld massiv verändert. In Deutschland trat am 1. Januar 1991 ein Embryonenschutzgesetz in Kraft, das in Paragraf 2 die „missbräuchliche Verwendung menschlicher Embryonen“ unter Strafe stellt. In China wurde diese aus unserer Sicht auch ethische Grenze schon mehrfach überschritten. Wenn das sogenannte „Designerbaby“ eines Tages Wirklichkeit wird, dann wird es wohl aus Asien kommen. Und wir? Wir können es nicht verhindern! Weil unsere Gesetze und ethischen Ansichten nicht die chinesischen sind. Wissenschaftler auch in unserem Land fordern bereits mit dem Verweis auf neue Erkenntnisse über medizinische Heilungsmöglichkeiten deutliche Lockerungen gegenüber den bisherigen Regelungen. Was kann ich tun? Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Kann ich mich als Einzelner mit meinem kleinen Leben um die gravierenden Zukunftsfragen dieser Welt überhaupt kümmern? Um es vorweg zu nehmen: Ich kann nicht nur, ich muss! Schon immer hatten Menschen vor allem ihr kleines Leben im Blick. Auch zu Zeiten der Bibel. Das Volk Israel hatte seine 10 Gebote, diese wurden in ihrer Anwendung durch die religiösen Lehrer bis in die kleinsten Bereiche eines frommen Lebens übersetzt. Tu dies, lass das, sag jenes nicht – für jede Frage gab es eine Antwort. Dann stand Jesus plötzlich vor ihnen und machte deutlich: „Ihr habt Gott nicht verstanden! Die 10 Gebote waren nur eine Krücke für euer kleines Leben.“ Es geht um so viel mehr, um etwas, das schon mit der Schöpfung die Absicht Gottes war: eine persönliche Beziehung zwischen Schöpfer und Geschöpf, also zwischen Gott und Mensch. In der so genannten Bergpredigt im Matthäusevangelium übersetzt Jesus 8 ERF ANTENNE 0708|20
ERF THEMA noch einmal den eigentlichen Willen Gottes für ein Leben, das Gott gefällt, zusammengefasst in Kapitel 6, Vers 33 mit den Worten: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch dies alles (die Themen zuvor: Essen, Trinken, Kleidung etc.) zufallen“. Die Reihenfolge ist hier die entscheidende Antwort auf die Frage nach der Zukunft. Erst die Ausrichtung auf Gott, dann auf das eigene Leben. Aber wie trachte ich nach dem Reich Gottes? Im griechischen Ursprungstext steht an dieser Stelle das Wort „cäteo“. Seine erste Bedeutung ist tatsächlich suchen oder aufsuchen. Ich suche Gott, ich suche ihn auf, um mich von ihm mit seiner Gegenwart beschenken zu lassen. Wir glauben oft, alles selbst in den Händen zu haben, doch genau das funktioniert hier nicht! Wir brauchen Gott und sein Handeln in Jesus Christus. „Von außen muss die Hilfe kommen, und sie ist gekommen und kommt täglich neu in dem Wort von Jesus Christus, das uns Erlösung, Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit bringt.“ 5 Wenn ich mit dieser Grundhaltung in den neuen Tag gehe, relativiert sich jedes Geschehen. Mein Leben wird zu einem Leben in der Wirklichkeit Gottes, hier und jetzt. Ein Leben, das nie wieder endet. Auf diesem Hintergrund kann ich die Fragen nach der Zukunft angehen, zum Beispiel die zu den genannten Themen. Die globale Welt – wie lebe ich in ihr, ohne es auf Kosten anderer Menschen zu tun? Oder noch besser: Kann ich meine Möglichkeiten zum Guten nutzen? Ja, indem ich zum Beispiel hauptsächlich fair und wenn möglich saisonal und regional einkaufe. Höhere Preise gleiche ich oft dadurch aus, dass ich nur kaufe, was ich wirklich brauche. Da, wo ich kann, handle ich global bewusst. Die digitale Welt – wie gestalten ich sie, um das Leben zu bereichern, zu fördern? Indem ich ja sage zur Nutzung dieser technischen Entwicklungen! Je schneller wir in der Lage sind, Daten auszuwerten, Impfstoffe zu testen, Auswirkungen unseres Handelns auf die Ich kann nicht nur, ich muss mich um die Zukunftsfragen dieser Welt kümmern! Umwelt zu registrieren, umso besser für das Leben jedes Einzelnen. Das geht nur digital. Gleichzeitig verschafft mir der Verzicht auf nicht notwendige Datenerfassungen neue Freiheit und Gelassenheit. Wenn wir in Zeiten von Corona neu über Sinn und Unsinn des Lebens nachdenken, kann sich in unserer Gesellschaft viel verändern. Ich bin ein Teil dieser Gesellschaft – und wenn ich mich verändere, verändert sich ein Teil von ihr. Auch im Blick auf Gott. Es ist nie eine ganze Gesellschaft in unmittelbarer Beziehung zu Gott, sondern immer nur der einzelne Mensch. Es geht um meine persönliche Nähe zu Gott, die allein durch Jesus Christus möglich ist. In dem Moment, wo ich aus dieser Nähe lebe und handle, werde ich die Zukunft mitgestalten. Und bei der positiven Veränderung einer ganzen Gesellschaft mitwirken. Hans Wagner, 59 Jahre, verheiratet. Er ist Theologe und von Herzen Evangelist, darum gerne fröhlich einladend als Leiter und Moderator auf ERF Plus. 1 Evi Hartmann, Wie viele Sklaven halten Sie?, Campus-Verlag Frankfurt, 1. Aufl. 2016, S. 221 2 Benedikt Herles, Zukunftsblind, Droemer-Verlag München, Nov. 2018, S. 22 3 Herles, aaO., S. 103 4 Kai Strittmatter, Die Neuerfindung der Diktatur, Piper-Verlag München, 7. Aufl. 2019, S. 203 5 Dietrich Bonhoeffer, Gemeinsames Leben, Chr. Kaiser Verlag München, 23. Auflage 1988, S. 19 ERF ANTENNE 0708|20 9
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