[ke:onda] Was uns verbindet
In letzter Zeit wurde oft vom Generationenkonflikt gesprochen. Doch die Spaltung in egoistische Jugendliche hier und klimaschutzfeindliche Senior*innen da ist konstruiert. Gerade in der aktuellen Krise haben viele junge Naturfreund*innen solidarisch mit angepackt.
In letzter Zeit wurde oft vom Generationenkonflikt gesprochen. Doch die Spaltung
in egoistische Jugendliche hier und klimaschutzfeindliche Senior*innen da ist
konstruiert. Gerade in der aktuellen Krise haben viele junge Naturfreund*innen solidarisch mit angepackt.
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Seite 10<br />
<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />
Juni 2020<br />
Unter Cousinen<br />
Meine Cousine und ich sind im selben<br />
Sommer vor zwanzig Jahren geboren.<br />
Seitdem haben wir zusammen viele kleine<br />
und größere Lebensetappen gemeistert<br />
– mal besser und mal mit größerer Herausforderung.<br />
Unsere Träume haben<br />
<strong>uns</strong> dabei immer begleitet.<br />
Als die Schulzeit zu Ende ging, war<br />
der struggle ziemlich real. Wir mussten<br />
Entscheidungen treffen, für die ich gerne<br />
vorher in die Kristallkugel geschaut oder<br />
die magische Miesmuschel befragt hätte.<br />
Beides habe ich bis heute noch nicht gefunden,<br />
aber vielleicht ja auch nie gebraucht.<br />
Zukunftsentscheidungen und Träume können<br />
ziemlich Angst machen. Oft wird Mut<br />
aber auch belohnt und in nullkommanichts<br />
wird das ach so ungewohnte Neuland doch<br />
recht kuschelig. Und wenn nicht… geht die<br />
Reise auf dem fliegenden Traumteppich<br />
einfach weiter, so wie sonst ja auch alles.<br />
Ich finde, wir schauen viel zu selten zufrieden<br />
zurück, wie gut sich manche Dinge<br />
eigentlich entwic<strong>ke</strong>lt haben. Dies wollte<br />
ich ändern. Mit meiner Cousine zusammen<br />
habe ich mich in die großen Fragen und<br />
bisherigen Antworten des Lebens hineingeträumt…<br />
Michèle: Denkst du gerne über deine<br />
Zukunft nach?<br />
Tinka: Oft wurde ich eher dazu gezwungen,<br />
zum Beispiel bei der Frage, wo<br />
es nach der Schulzeit hingehen<br />
soll. Natürlich kann ich mich<br />
umentscheiden, trotzdem ist<br />
das eine große Entscheidung.<br />
Denn Ausbildung,<br />
Studiengang oder Job<br />
gestalten einen ziemlich<br />
großen Teil vom<br />
Leben. Beim ganzen<br />
Rest guck ich eher,<br />
wie’s kommt, à la<br />
„planlos geht mein<br />
Plan los.“<br />
Michèle: Glaubst du an Schicksal, Horoskope<br />
oder Karten legen?<br />
Tinka: Horoskope sind für mich persönlich<br />
nichts, aber Schicksal und den Gedan<strong>ke</strong>n<br />
von Vorbestimmtheit finde ich ein schönes<br />
Konzept. Karten legen habe ich noch nie<br />
gemacht, aber wer weiß, vielleicht wär’s ja<br />
ganz unterhaltsam.<br />
Michèle: Hast du Angst vor dem Alter?<br />
Tinka: Man sagt ja so schön „Altwerden ist<br />
nichts für Feiglinge“. Angst habe ich nicht,<br />
aber Respekt vorm Alter schon. Das wird<br />
bestimmt nicht einfach. Zum Glück gibt es<br />
aber genug Beispiele von Leuten, die das<br />
Altwerden gut meistern. Ich bin zuversichtlich.<br />
Michèle: Kannst du dich häufig an deine<br />
Träume erinnern? Inspirieren sie dich?<br />
Tinka: Leider erinnere ich mich oft gar<br />
nicht an meine Träume. Als Kind hatte ich<br />
manchmal nächtelang dieselben Träume.<br />
Leider waren die selten positiv, sondern<br />
gingen eher Richtung Monster- oder Dinosaurier-Verfolgung.<br />
*lach* Momentan vergesse<br />
ich Träume einfach zu häufig, als dass<br />
sie mich bewusst beeinflussen könnten.<br />
Michèle: Haben sich deine Wünsche mit<br />
dem Alter verändert? <strong>Was</strong> glaubst du,<br />
wovon du in 50 Jahren träumen wirst?<br />
Tinka: Einige Wünsche hatte ich schon immer,<br />
wie zum Beispiel Kinder zu kriegen.<br />
Meine Berufswünsche, Reiseziele oder<br />
Träume von Wohnorten haben sich jedoch<br />
total verändert. Viele Träume entstehen<br />
auch erst jetzt. Da habe ich mir als Kind<br />
noch <strong>ke</strong>ine Gedan<strong>ke</strong>n zu gemacht. Wenn<br />
ich in Rente bin, habe ich hoffentlich einen<br />
Großteil meiner Träume schon erfüllt. Dann<br />
kann ich mich entspannt zurücklehnen…<br />
nur noch ein wenig reisen, mit meinen Liebsten<br />
in Kontakt bleiben und entspannen!<br />
Allzu viele Gedan<strong>ke</strong>n habe ich mir aber<br />
auch noch nicht gemacht. Und wer weiß,<br />
wie <strong>uns</strong>ere Welt überhaupt in 50 Jahren<br />
aussieht? Naja, „viel Kuchen bac<strong>ke</strong>n“ wäre<br />
ein Ziel fürs Alter, auf das ich mich jetzt<br />
schon festlegen kann. ;)<br />
Michèle: Von der Zukunft in die Vergangenheit:<br />
Du hast eine Zeitreisemaschine,<br />
mit der du zwar nicht die Geschichte<br />
umschreiben kannst, aber sie miterleben<br />
kannst: Welche Zeit wählst du?<br />
Tinka: Die Achtziger, definitiv! Ich würde<br />
zu gerne wissen, wie meine Eltern in ihrer<br />
Jugend so drauf waren, das stell ich mir<br />
echt witzig vor. Außerdem ist es bestimmt<br />
spannend, die Zeitgeschichte und Kultur<br />
von einem anderen Jahrzehnt mitzuerleben.<br />
David Bowie, Queen & Co live zu sehen,<br />
das wäre schon echt nice.<br />
Michèle: Ich muss dich leider enttäuschen<br />
– ich habe <strong>ke</strong>in Tic<strong>ke</strong>t in die Achtziger<br />
für dich, dafür aber noch ein bisschen<br />
träumerische Philosophie zum Schluss:<br />
Ist der Weg das Ziel? Und was ist für dich<br />
das eigentlich Wichtige?<br />
Tinka: *seufz* Man geht ja eigentlich auch<br />
den Weg, um das Ziel zu erreichen. Der<br />
Weg soll natürlich auch schön sein, wo<br />
auch immer du hinwillst, aber ohne Ziel<br />
<strong>ke</strong>in Weg, find ich. Das allgemeine Ziel<br />
wäre für mich dann Glücklichsein – das,<br />
was das Leben lebenswert macht.<br />
von Michèle Guyot