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[ke:onda] Was uns verbindet

In letzter Zeit wurde oft vom Generationenkonflikt gesprochen. Doch die Spaltung in egoistische Jugendliche hier und klimaschutzfeindliche Senior*innen da ist konstruiert. Gerade in der aktuellen Krise haben viele junge Naturfreund*innen solidarisch mit angepackt.

In letzter Zeit wurde oft vom Generationenkonflikt gesprochen. Doch die Spaltung
in egoistische Jugendliche hier und klimaschutzfeindliche Senior*innen da ist
konstruiert. Gerade in der aktuellen Krise haben viele junge Naturfreund*innen solidarisch mit angepackt.

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Die Jugendzeitschrift<br />

der Naturfreundejugend<br />

Deutschlands<br />

www.<strong>ke</strong><strong>onda</strong>.de<br />

[Ke:<strong>onda</strong>] 01 / 2020<br />

Facebook<br />

Naturfreundejugend.<br />

Deutschlands<br />

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@Naturfreundejugend<br />

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naturfreundeju<br />

<strong>Was</strong> u ns <strong>verbindet</strong>


Seite 2<br />

Juni 2020<br />

Vorwort<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Liebe Naturfreund*innen,<br />

in letzter Zeit wurde oft vom Generationenkonflikt<br />

gesprochen. Doch die Spaltung<br />

in egoistische Jugendliche hier und klimaschutzfeindliche<br />

Senior*innen da ist<br />

konstruiert. Gerade in der aktuellen Krise<br />

haben viele junge Naturfreund*innen solidarisch<br />

mit angepackt. Wir haben Mas<strong>ke</strong>n<br />

genäht und <strong>uns</strong>eren Großeltern Videokonferenzen<br />

erklärt, um mit ihnen in Kontakt<br />

zu bleiben. Um sie und andere Risikogruppen<br />

zu schützen, haben wir <strong>uns</strong>ere Seminare<br />

und Freizeiten abgesagt. Und genauso<br />

gibt es unter der älteren Generation coole<br />

Menschen, die sich gegen Faschismus und<br />

für Klimaschutz engagieren. Deswegen<br />

wollen wir mit diesem Heft zeigen, was <strong>uns</strong><br />

alle <strong>verbindet</strong>.<br />

Ein paar Fakten über interessante junge und<br />

alte Menschen gibt‘s auf Seite 3. Auf Seite<br />

8 schreiben wir darüber, warum wir <strong>uns</strong> als<br />

Naturfreundejugend dafür einsetzen, dass<br />

alle Menschen wählen gehen können – egal<br />

wie jung sie sind. Wer statt politischer Diskussion<br />

einfühlsame Fragen für eine Anregung<br />

zum Gespräch sucht, wird auf Seite<br />

9 fündig. Und wenn du dich schon immer<br />

mal gefragt hast, ob Alter was mit deinem<br />

Geburtsdatum zu tun hat, empfehlen wir dir<br />

<strong>uns</strong>eren Text auf Seite 11.<br />

Wir sind alle eine Familie. Im Großen wie<br />

im Kleinen. Das zeigt auch Seite 4, auf<br />

der drei Generationen von ihren schönsten<br />

Naturfreunde-Erlebnissen erzählen.<br />

Viel Spaß beim Lesen wünscht euch<br />

Eure [<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>] - Redaktion<br />

Faktenseite 3<br />

Über Generationen hinweg 4<br />

Wenn Erwachsene reden, haben Kinder Sendepause? 6<br />

Wählen ab null Jahren? 8<br />

Einfach mal fragen 9<br />

Wal<strong>ke</strong>n mit Naturfreund*innen 9<br />

Unter Cousinen 10<br />

Wie altern wir? 11<br />

Verbandskasten<br />

Ob du dich später noch daran erinnerst? 12<br />

Interview 13<br />

Digital #jungbuntaktiv 14<br />

Es muss endlich gehandelt werden! 15<br />

Ein schweizer Bär mit grünem Hut 16<br />

Mit Bounds die Natur erkunden 17<br />

Feuilleton<br />

Held*in der Arbeit – Svenja 18<br />

Da werd‘ ich manchmal zur Nostalgiesela 18<br />

125 Jahre Naturfreunde 19<br />

Speedy & Chillkröte 20<br />

Das Gendersternchen * - Wir sind überzeugt, dass Frauen und Männer das Recht auf Gleichberechtigung haben.<br />

Aber es gibt weit mehr als nur „männlich“ und „weiblich“. Wir sind der Meinung, dass alle Menschen<br />

ihr Geschlecht selbst bestimmen dürfen. Um dies auszudrüc<strong>ke</strong>n und ALLE einzubeziehen, nutzen wir das<br />

sogenannte Gendersternchen *.<br />

Impressum<br />

[<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>] – Die Jugendzeitschrift der<br />

Naturfreundejugend Deutschlands<br />

KidsPower – Die Kinderzeitschrift der Naturfreundejugend<br />

Deutschlands<br />

Herausgegeben durch das Kinder- und Jugendwerk<br />

der Naturfreunde, Verein zur Förderung der Naturfreundejugend<br />

Deutschlands e.V.,<br />

Adresse siehe unten<br />

Redaktionsanschrift und Verlag:<br />

Naturfreundejugend Deutschlands ||<br />

Warschauer Straße 59a || 10243 Berlin ||<br />

Telefon 030-297732-70 || Telefax 030-297732-80<br />

<strong>ke</strong><strong>onda</strong>@naturfreundejugend.de || www.<strong>ke</strong><strong>onda</strong>.de<br />

Mitglieder der Naturfreundejugend Deutschlands erhalten<br />

KidsPower/[<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>] kostenlos.<br />

KidsPower/[<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>] kann auch als Abo für 5 € pro<br />

Jahr inkl. Versandkosten bestellt werden.<br />

Redaktion [<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>]: Valerie Berghaus, Michèle<br />

Guyot, Frank Hoppe, Steffen Filz, Frau<strong>ke</strong> Gehrau,<br />

Lina Mombauer, Dennis Melsa (V.i.S.d.P)<br />

Redaktion KidsPower: Lina Mombauer, Valerie Berghaus,<br />

Dennis Melsa (V.i.S.d.P)<br />

Fotos [<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>]:<br />

xavier gallego morell/shutterstock.com (S. 1), Ljupco<br />

Smokovski/shutterstock.com (S. 1), Elvira Mohr (S.<br />

4/5), Sabrina Grösch<strong>ke</strong>/pixabay.com (S. 6/7), Flore W/<br />

pixabay.com (S. 8), klimkin/pixabay.com (S. 9), Michèle<br />

Guyot (S. 10/18), Annie Spratt/<strong>uns</strong>plash.com (S. 11),<br />

Naturfreundejugend Deutschlands (S. 12/13/14/17/19),<br />

Kevin Fuchs (S. 15), Naturfreundejugend Gottmadingen<br />

(S. 16), NaturFreunde Deutschlands (S. 17), Svenja<br />

Neumann (S. 18), Naturfreundejugend NRW (S. 19),<br />

Günter Berghaus (S. 20/21)<br />

Fotos Kids Power:<br />

pixabay.com (S. 1/2/3/6/10), Budimir Jevtic/shutterstock<br />

(S. 4), Phil Baum/<strong>uns</strong>plash.com (S. 4), Sine<br />

Schnitzer (S.4/5), Monthaye/<strong>uns</strong>plash.com (S. 5),<br />

Creatv Eight/<strong>uns</strong>plash.com (S. 5), Naturfreundejugend<br />

Niedersachsen (S.6/7), Studiocanal (S. 10),<br />

Valerie Berghaus (S. 11)<br />

Illustrationen und Gestaltung: Sabrina Grösch<strong>ke</strong> ||<br />

Formgefüge || www.formgefuege.de<br />

Druck: Druc<strong>ke</strong>rei Lokay e.K.<br />

Klimaneutral gedruckt auf 100 % Altpapier,<br />

ausgezeichnet mit dem Blauen Engel und dem EU<br />

Eco-Label.<br />

© Naturfreundejugend Deutschlands 2020<br />

KidsPower/[<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>] wird gefördert vom


#1000<br />

blackgirl<br />

books<br />

In Deutschland sind rund 17,8 Millionen<br />

Menschen 65 Jahre und älter. Das sind<br />

rund 21 % der Gesamtbevöl<strong>ke</strong>rung. Rund<br />

13,6 Millionen sind jünger als 18 Jahre.<br />

Marley Dias gründete mit 11 Jahren die<br />

Kampagne #1000blackgirlbooks und sorgte<br />

dafür, dass Bücher mit schwarzen weiblichen<br />

Hauptcharakteren endlich ihren Weg<br />

in die Öffentlich<strong>ke</strong>it fanden.<br />

Die 75jährige Irmela Mensah-Schramm<br />

entfernt oder übersprüht seit mehr als 30<br />

Jahren Hassparolen in ganz Deutschland.<br />

RYAN’S<br />

Recycling<br />

Bereits mit 3 Jahren begann Ryan Hickman<br />

Plastikflaschen zu sammeln und zum<br />

Recyclinghof zu bringen. Seitdem setzt<br />

er sich für Recycling in den USA und den<br />

Schutz der Meere ein.<br />

Oma’s<br />

gegen<br />

rechts<br />

Die jüngste Regierungschefin der Welt<br />

heißt Sanna Marin. Sie ist 34 Jahre alt und<br />

seit Dezember 2019 Ministerpräsidentin<br />

von Finnland.<br />

2,3 %<br />

17,3 %<br />

29,1 %<br />

34,9 %<br />

Alterstruktur der Abgeordneten im 17. Deutschen Bundestag<br />

Unter dem Namen „Omas gegen Rechts“<br />

engagieren sich ältere Frauen gegen Ausgrenzung<br />

und Hass sowie für Demokratie,<br />

soziale Standards und gleiche Rechte.<br />

15,4 %<br />

1 %<br />

Unter 30 Jahre 30 - 39 Jahre 40 - 49 Jahre 50 - 59 Jahre 60 - 69 Jahre 70 und älter


Seite 4<br />

<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Über Generationen hinweg<br />

Die Naturfreunde-Bewegung gibt es<br />

schon seit 125 Jahren. Genügend Zeit<br />

für verschiedenste Generationen sich zu<br />

engagieren und naturfreundlich aktiv zu<br />

sein. Wir haben eine Naturfreundefamilie<br />

aus Baden gefragt, wie so ein Engagement<br />

über Generationen hinweg aussieht.<br />

Erzählt <strong>uns</strong> doch mal etwas über euch.<br />

Warum engagiert ihr euch bei den Natur-<br />

Freunden?<br />

Elvira: Das älteste Naturfreundemitglied<br />

in <strong>uns</strong>erer Familie ist Peter und das seit 65<br />

Jahren. Für ihn war es wichtig mit Gleichgesinnten<br />

Sport in der Natur zu machen und<br />

mit Skifahren, Bergwandern und Wildwasserfahren<br />

seine Freizeit zu füllen. Dann kam<br />

ich dazu und kurz darauf <strong>uns</strong>er Sohn, später<br />

<strong>uns</strong>ere Tochter. Irgendwann vergrößerte sich<br />

<strong>uns</strong>ere Familie um meine drei En<strong>ke</strong>l und<br />

meine En<strong>ke</strong>lin. Die Freizeit meines Mannes<br />

wurde weniger, aber dafür mit der ganzen<br />

Familie verbracht. Uns ist es wichtig in einem<br />

Verein tätig zu sein, der sich für die Natur<br />

einsetzt und Menschen über alle Grenzen<br />

hinweg <strong>verbindet</strong>.<br />

Uns ist es wichtig in einem Verein<br />

tätig zu sein, der sich für die Natur<br />

einsetzt und Menschen über alle<br />

Grenzen hinweg <strong>verbindet</strong>.<br />

Hand aufs Herz: <strong>Was</strong> denkt ihr über das<br />

Engagement der jeweils anderen Generation?<br />

Peter Junior: Ohne Engagement seiner Mitglieder<br />

ist jeder Verein zum Sterben verurteilt.<br />

Dabei ist das Alter der sich Engagierenden<br />

völlig egal.<br />

Peter Senior und Elvira: Die Älteren können<br />

Wissen vermitteln und Werte weitergeben,<br />

während umge<strong>ke</strong>hrt die jüngere Generation<br />

frische Inspiration und neue Ideen einbringt.<br />

Es wird bei den NaturFreunden ja auch<br />

mal über die „Alten“ oder die „Jungen“<br />

gelästert. <strong>Was</strong> sagt ihr dazu?<br />

Peter Junior: Ganz egal, von welcher Seite<br />

„gelästert” wird – es darf jede*r zu jedem<br />

Thema seine Ansicht vertreten. Da gilt es<br />

dann einen gemeinsamen Konsens zu finden,<br />

also Kompromissbereitschaft, Respekt<br />

und Vertrauen in den jeweils anderen.<br />

Elvira: Solange der Naturfreundegedan<strong>ke</strong><br />

und das Ehrenamt weitergeführt werden,<br />

sollten alle Generationen mit ihren Mitteln<br />

und Wegen dazu beitragen und sich gegenseitig<br />

unterstützen.<br />

,<br />

Ganz egal, von welcher Seite<br />

„gelästert” wird - es darf jede*r zu<br />

jedem Thema seine Ansicht vertreten.<br />

Da gilt es dann einen gemeinsamen<br />

Konsens zu finden, also Kompromissbereitschaft,<br />

Respekt und<br />

Vertrauen in den jeweils anderen.<br />

Wie haben sich die NaturFreunde eurer<br />

Meinung nach verändert? <strong>Was</strong> findet<br />

ihr gut, was betrachtet ihr aber auch mit<br />

Sorge?<br />

Elvira: Es ist toll, dass sich Naturfreund*-<br />

innen immer noch für Klimaschutz, die<br />

Erhaltung der Naturfreundehäuser und für<br />

Freizeiten, Sport und Spiel engagieren. Das<br />

hat sich nicht geändert. Um die finanzielle<br />

Zukunft <strong>uns</strong>erer Häuser mache ich mir in<br />

Zeiten von Corona jedoch große Sorgen.<br />

Peter Junior: Alles ist „moderner”, technischer<br />

und schnelllebiger geworden. Das<br />

Angebotsspektrum ist inzwischen so riesig,<br />

dass sich niemand mehr festlegen will. Das<br />

macht die Planung enorm schwierig. Aber das<br />

ist ein gesellschaftliches Problem und <strong>ke</strong>in<br />

von den NaturFreunden geschaffenes. Positiv<br />

finde ich aber, dass wir trotz der großen<br />

Konkurrenz viele unterschiedliche Veranstaltungen<br />

anbieten.<br />

Gibt es einen Naturfreunde-Zyklus? Also<br />

verschiedene Phasen, die man von der<br />

Kindheit bis ins hohe Alter durchläuft?<br />

Peter Junior: Irgendwie schon. Man startet<br />

als Kind mit Freizeiten, wird dann irgendwann<br />

selbst Betreuer*in, um dann mit der<br />

eigenen Familie mitzugehen. Dabei lernt<br />

man immer mehr, Verantwortung zu übernehmen.<br />

<strong>Was</strong> waren eure schönsten Erlebnisse mit<br />

den NaturFreunden?<br />

Elvira: Eine Weihnachtsfeier im Naturfreundehaus<br />

Moosbronn. Nach dem Theaterspiel<br />

standen plötzlich die ganzen älteren<br />

Naturfreundinnen auf und sangen<br />

„Hohe Nacht der klaren Sterne“. Es war<br />

sehr bewegend.<br />

Marlene: Die Hausdienste, Übernachtungen<br />

mit Freundinnen und Kindergeburtstage im<br />

Naturfreundehaus Moosbronn.


Seite 5 <strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Fynn: Die Feldbergwanderungen. Und<br />

mein 10. Geburtstag mit Übernachtung im<br />

Naturfreundehaus.<br />

Anja: Die Familien- und später Jugendskifreizeiten<br />

als Betreuerin sowie viele tolle<br />

Hausdienste, erst mit meinen Eltern, mittlerweile<br />

mit meiner Familie.<br />

Peter Senior: Die Hundertjahrfeier der Ortsgruppe<br />

Karlsruhe in 2016.<br />

Emil: Flusskrebse fangen in der Moosalb,<br />

Staudämme bauen und Stöc<strong>ke</strong> schnitzen.<br />

Valentin: Die Familienfreizeiten.<br />

Peter Junior: Die vielen gemeinsamen Unternehmungen,<br />

aber auch Dienste im Naturfreundehaus<br />

oder die Feiern zum ersten<br />

Mai.<br />

Valentin, 17 Jahre, Geb. 20 03<br />

Peter Junior, 49 Jahre, Geb. 1971<br />

Fynn, 14 Jahre, Geb. 2006<br />

Marlene, 11 Jahre, Geb. 2009<br />

Emil, 6 Jahre, Geb. 2014<br />

Anja, 44 Jahre, Geb. 1976<br />

Peter Senior, 7 9<br />

Elvira, 69 Jahre Geb. 1951<br />

Jahre, Geb. 1941<br />

Zum Schluss: was wollt ihr zum Thema<br />

Generationen gerne noch loswerden?<br />

Peter Junior: Dan<strong>ke</strong> an die „älteren” Generationen<br />

für deren Engagement und die<br />

damit verbundenen schönen Erinnerungen<br />

und Erlebnisse. Ihr habt <strong>uns</strong> den Weg geebnet,<br />

den die „Jungen” nun auf ihre Weise<br />

weitergehen. Und das am besten gemeinsam<br />

mit allen Generationen.<br />

Alle: Gegenseitiger Respekt!!!!


Seite 6<br />

<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Wenn Erwachsene reden,<br />

haben Kinder Sendepause?!<br />

„Das verstehst du nicht. Dafür bist du<br />

viel zu jung.“ Hast du diese Sätze als<br />

Kind auch schon mal gehört, wenn die<br />

Erwachsenen ‚wichtige Gespräche‘ geführt<br />

haben? Hast du selbst mal Jüngere<br />

mit ihren ‚dummen’ Fragen abgewimmelt?<br />

So sehr man es selbst hasst, ausgeschlossen<br />

zu werden, oft rutschen Sätze wie diese einfach<br />

heraus. Je mehr ich darauf achte, desto<br />

mehr fallen mir solche Situationen auf.<br />

Für einige klingen die oben genannten Sätze<br />

erstmal banal. Doch sie sind nur ein<br />

Teil des sogenannten Adultismus, einer<br />

Diskriminierung aufgrund des Alters. Der<br />

Adultismus (hergeleitet vom englischen<br />

“adult“) zieht sich durch viele Ebenen –<br />

von den Eltern, die entscheiden, wann das<br />

Kind zu Bett zu gehen hat, bis hin zum<br />

Mindestwahlalter. Das Alter entscheidet<br />

ganz grundlegend über Rechte, Pflichten<br />

und Mitsprache in der Gesellschaft. Warum<br />

wird die daraus entstehende soziale Ungleichheit<br />

einfach so akzeptiert?<br />

Das Problem beginnt bei dem Bild,<br />

das wir von Kindern haben. Wir<br />

sehen sie als unfertige Erwachsene<br />

– niedlich, albern, <strong>uns</strong>chuldig und<br />

<strong>uns</strong>elbstständig.<br />

Das Problem beginnt bei dem Bild, das<br />

wir von Kindern haben. Wir sehen sie als<br />

unfertige Erwachsene – niedlich, albern,<br />

<strong>uns</strong>chuldig und <strong>uns</strong>elbstständig. Auch in<br />

<strong>uns</strong>erer Sprache werden Kinder oft herabgewertet.<br />

Die Wörter „kindisch“ und<br />

„kindlich“ oder Sätze wie „Wir sind doch<br />

hier nicht im Kindergarten!“ spielen immer<br />

auf ein dummes und unpassendes Verhalten<br />

an. Jüngere müssen Ältere siezen, während<br />

sie von Älteren einfach so geduzt werden –<br />

eine klare Hierarchie.<br />

Diese zieht sich durch viele Teile der Gesellschaft.<br />

In Schulen und Kindergärten,<br />

aber auch in der Familie, entscheiden Erwachsene<br />

über Kinder. Natürlich sind feste<br />

Regeln in manchen Situationen auch sinnvoll<br />

und notwendig, zum Beispiel sollte ein<br />

Kind nachts nicht alleine rausgehen und<br />

sich regelmäßig waschen. Doch manchmal<br />

ist es vielleicht auch nur eine Bequemlich<strong>ke</strong>it<br />

der Erwachsenen. Muss ein Kind unbedingt<br />

jetzt gleich die Hausaufgaben machen,<br />

auch wenn es gerade <strong>ke</strong>ine Konzentration<br />

dazu hat? Oder etwas essen, obwohl es ihm<br />

nicht schmeckt oder es gar <strong>ke</strong>inen Hunger<br />

hat? <strong>Was</strong> hilft also dem Kind und was erleichtert<br />

nur den Erwachsenen das Leben?<br />

Wo ist die Grenze zwischen Fürsorge und<br />

Bevormundung?<br />

Wichtig ist hier vor allem auch das „wie“.<br />

Versucht man dem Kind zu erklären, warum<br />

es das gerade jetzt tun sollte, oder muss es<br />

das einfach tun, weil die erwachsene Person<br />

das so sagt? Wird eine Meinung einfach<br />

ignoriert mit der Begründung, das Kind sei<br />

noch zu unerfahren, unreif und uninformiert,<br />

um mitreden zu können? Statt etwas<br />

zu erklären und auch die eigenen Bedürfnisse<br />

transparent zu machen, heißt es oft<br />

einfach nur „Davon verstehst du noch<br />

nichts“, „Weil ich es dir sage“ oder „Wenn<br />

Erwachsene reden, haben Kinder Sendepause!“.<br />

Die Einordnung der Fähig<strong>ke</strong>iten<br />

erfolgt allein nach dem Alter. Dies gilt<br />

auch, wenn Kleinere in Schutz genommen<br />

werden mit der Begründung: „Das kannst<br />

du doch von einem Kind noch nicht erwarten!“.<br />

Doch was davon ist wirklich<br />

wahr und was gesellschaftlich konstruiert?<br />

Lässt sich wirklich allein vom Alter auf<br />

Fähig<strong>ke</strong>iten, Verhalten und Eigenschaften<br />

schließen?<br />

Wenn wir über Adultismus reden, geht<br />

es nicht nur um das Verhältnis von Kindern<br />

und Erwachsenen, sondern um eine<br />

generelle Grundhaltung in <strong>uns</strong>erer Gesellschaft.<br />

Wir bilden <strong>uns</strong> ein, aufgrund des<br />

Alters von vornherein zu wissen, was eine<br />

Person kann oder nicht kann. Oft behandeln<br />

wir eine Person schon anders, nur, weil sie<br />

jünger oder älter aussieht, als sie ist. Im Arbeitsleben<br />

gelten ältere Kolleg*innen teils<br />

als langsamer, junge Mitarbeiter*innen verstehen<br />

vieles angeblich noch nicht. Manche<br />

werden gar nicht erst zum Bewerbungsgespräch<br />

eingeladen, weil sie zu alt sind<br />

oder aber zu jung und unerfahren.<br />

<strong>Was</strong> hilft also dem Kind und was erleichtert<br />

nur den Erwachsenen das<br />

Leben? Wo ist die Grenze zwischen<br />

Fürsorge und Bevormundung?<br />

Je mehr ich mich mit Adultismus beschäftige,<br />

desto mehr wird mir bewusst, was für<br />

ein unterschätztes Thema das ist. Fast alle<br />

reagieren zunächst mit einem verwunderten<br />

„Adultismus? <strong>Was</strong> soll das denn sein?“ Das<br />

Problem ist den meisten überhaupt nicht<br />

bewusst – obwohl praktisch jede*r es selbst<br />

schon erlebt hat. Adultismus ist so alltäglich,<br />

dass er kaum hinterfragt wird und<br />

Kinder das Gefühl bekommen, Ältere seien<br />

tatsächlich wichtiger und hätten das Recht<br />

über sie zu bestimmen. Das kann dazu<br />

führen, dass sie auch selbst Jüngere nicht<br />

mehr richtig ernst nehmen oder resigniert<br />

und passiv werden. Adultismus bildet aber<br />

nicht nur die Grundlage für weiteren Adultismus,<br />

sondern auch für andere Diskriminierungsformen.<br />

Wenn wir schon von klein<br />

auf lernen, dass die Unterdrückung und<br />

Abwertung anderer normal ist, fällt es <strong>uns</strong><br />

auch leichter, das auf andere Gruppen zu<br />

übertragen.<br />

Wenn du das nächste Mal sagst<br />

„Das verstehst du noch nicht“,<br />

dann versuche es zu erklären, statt<br />

es einfach dem Alter zuzuschieben.<br />

Wir sollten also alle mal darüber nachden<strong>ke</strong>n,<br />

in welchen Situationen wir schon selbst<br />

Adultismus erfahren oder ausgeübt haben.<br />

Wenn du das nächste Mal sagst „Das verstehst<br />

du noch nicht“, dann versuche es zu<br />

erklären, statt es einfach dem Alter zuzuschieben.<br />

Und wenn jemand zu dir sagt<br />

„Dafür bist du noch zu jung“, dann lass dir<br />

das nicht einfach so gefallen, sondern versuche,<br />

Adultismus als solchen zu er<strong>ke</strong>nnen<br />

und zu benennen. Denn der*m anderen ist<br />

vielleicht gerade gar nicht bewusst, welche<br />

Folgen das eigene Verhalten auf lange Sicht<br />

haben kann und welche Vorurteile dahinterstehen.<br />

Anstatt Kinder systematisch auszuschließen,<br />

müssen wir <strong>uns</strong> überlegen, wie<br />

wir es schaffen können, diese soziale Ungleichheit<br />

zu beseitigen und junge Leute im<br />

Alltag und in der Politik mit einzubeziehen.


Seite 7<br />

Juni 2020<br />

Im Dezember 2019 hat der Sender<br />

WDR2 mit dem Lied „Meine Oma ist<br />

‘ne alte Umweltsau“ heftige Empörung<br />

ausgelöst.<br />

Die satirische Version des Kinderliedes<br />

„Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad“,<br />

gesungen vom WDR-Kinderchor,<br />

verursachte einen richtigen Shitstorm.<br />

Die Situation entwic<strong>ke</strong>lte sich zu einem<br />

Generationenkonflikt. In dem neuen Song<br />

fährt die Oma nicht nur Motorrad, sondern<br />

macht auch Kreuzfahrten und brät sich<br />

jeden Tag Discounterfleisch. Viele kritisierten<br />

den Begriff „Umweltsau“ als verletzend<br />

und destruktiv. Zudem würden die Kinder<br />

den Text nur ahnungslos nachsingen und<br />

so von Erwachsenen instrumentalisiert.<br />

Obwohl die Redakteure betont haben, dass<br />

der jungen Generation der Hintergrund<br />

erklärt wurde und die Teilnahme freiwillig<br />

war, wurde das Video sofort gelöscht und<br />

der WDR2-Chef entschuldigte sich – das<br />

Ganze sei wohl nicht so gemeint gewesen.<br />

Dem WDR wird ein respektloses Verhalten<br />

gegenüber Älteren vorgeworfen, während<br />

die Kinder rein aufgrund ihres Alters als<br />

nicht zurechnungsfähig oder gar lächerlich<br />

abgestempelt werden. Dabei zeigt sich<br />

doch an den Fridays For Future Demonstrationen,<br />

dass junge Menschen sehr wohl<br />

eine Meinung zu dem Thema haben und<br />

auch in der Lage sind, diese zu vertreten.<br />

Wenn jemand sagt, Jugendliche sollten sich<br />

aus der Politik heraushalten, ohne sich mit<br />

ihren Argumenten auseinanderzusetzen, ist<br />

das eindeutig Adultismus. Klar kann man<br />

nicht pauschal einer Generation die Schuld<br />

für den Klimawandel zuschieben. Alle<br />

Generationen müssen an einem Strang gegen<br />

den Klimawandel ziehen und sich gegenseitig<br />

mit Respekt behandeln, damit die<br />

Klimakrise nicht zu einem Generationenstreit<br />

ausartet. Doch da frage ich mich:<br />

warum werden Jüngere von Erwachsenen<br />

so oft nicht ernst genommen, aber die satirische<br />

Kritik der Kinder an Älteren wird als<br />

Skandal angesehen?<br />

von Valerie Berghaus


Seite 8<br />

<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Wählen ab null Jahren<br />

Die Grüne Jugend, die Jungen Liberalen<br />

aus Hamburg, die Jusos-Vorsitzende<br />

Johanna Ue<strong>ke</strong>rmann, die linksjugend<br />

[solid] und die Naturfreundejugend<br />

fordern es: Die Möglich<strong>ke</strong>it, ab null<br />

Jahren wählen zu können.<br />

Die Naturfreundejugend meint damit: Alle<br />

Menschen ab 14 Jahren sollen automatisch<br />

das Recht haben, bei Wahlen zu wählen.<br />

Menschen, die jünger sind, können sich<br />

mit einem persönlichen Antrag zur Wahl<br />

anmelden.<br />

<strong>Was</strong> spricht dafür, was dagegen?<br />

Die Wahlaltersgrenze von 18 Jahren ist<br />

beliebig. 1945 wurde das Wahlalter von<br />

20 auf 21 Jahre angehoben, 1970 dann auf<br />

18 Jahre gesenkt. Das Argument dahinter:<br />

Du musst reif genug für eine Wahl sein.<br />

Mal bist du es mit 18, mal mit 20, mal<br />

mit 21. Gleichzeitig bist du mit 14 Jahren<br />

strafmündig und der Staat traut dir zu, Verantwortung<br />

für deine Handlungen zu übernehmen.<br />

Du kannst sogar ins Gefängnis<br />

kommen. Aber wählen darfst du nicht? Das<br />

ist doch absurd!<br />

Sagen einige. Aber es ist doch auch irgendwie<br />

klar, dass du mit einem Jahr noch nicht<br />

lesen, schreiben, geschweige denn flüssig<br />

sprechen kannst. Wie sollst du dich dann<br />

informieren und eine Wahlentscheidung<br />

treffen?<br />

Die Wahlaltersgrenze wirkt deshalb beliebig,<br />

weil du ja nicht irgendwann aufwachst<br />

und denkst: „Boah, jetzt traue ich mir zu,<br />

eine Wahlentscheidung zu treffen.” Aber<br />

irgendwo muss sie gezogen werden. Deswegen<br />

fordert die Naturfreundejugend<br />

auch weiterhin eine Grenze. Doch wer sich<br />

reif genug fühlt und wählen will, soll per<br />

Formular früher wählen dürfen. Wenn du<br />

auf ein Amt gehen und ein Formular ausfüllen<br />

kannst, dann bist du bestimmt auch<br />

reif genug, dir eine Meinung zur Politik zu<br />

bilden.<br />

Aber wählst du dann nicht das, was deine<br />

Eltern wählen? Wirst du als Kind nicht stark<br />

von deinen Eltern beeinflusst? Tatsächlich<br />

lässt sich bis ins hohe Alter eine Parteivererbung<br />

von Eltern an Kinder beobachten.<br />

Dieser Effekt schwächt sich mit dem<br />

Alter jedoch nur geringfügig ab. Und sonstige<br />

Beeinflussungen gibt es in jedem Alter<br />

genug, zum Beispiel durch (Wahl-)Werbung,<br />

deinen Freundeskreis oder die Medien,<br />

über die du dich informierst.<br />

Andererseits – interessierst du dich als<br />

junger Mensch überhaupt schon für Politik?<br />

Mit diesem Argument werden viele<br />

Diskussionen abgebrochen. Doch warum<br />

solltest du dich für Politik interessieren,<br />

wenn du eh <strong>ke</strong>inen Einfluss nehmen<br />

kannst? In einigen Bundesländern bekommen<br />

Schüler*innen, die nicht auf ein<br />

Gymnasium gehen, erst mit 16 Jahren zum<br />

ersten Mal Politikunterricht. Dieses Un-<br />

wissen nutzt die NPD hemmungslos aus,<br />

indem sie Wahlwerbung an Schulen macht.<br />

Ob das wirklich besser ist? Vielleicht könnte<br />

ein früheres Wahlrecht ja auch den positiven<br />

Effekt haben, dass du dich eher für<br />

Politik interessierst und informierst. Und<br />

außerdem: Wahlrecht ist Menschenrecht!<br />

„Das Wahlrecht ist nach Arti<strong>ke</strong>l 21 der<br />

allgemeinen Erklärung der Menschenrechte<br />

und nach Arti<strong>ke</strong>l 25 des internationalen<br />

Paktes über bürgerliche und<br />

politische Rechte ein demokratisch legitimiertes<br />

Menschenrecht”<br />

Von Steffen Filz<br />

von Steffen Filz<br />

Wahlberechtigte und Wahlverhalten in Deutschland nach Alter bei der Europawahl 2019 in %<br />

Wahlberechtigte<br />

Wahlverhalten<br />

38<br />

48<br />

60 Jahre<br />

und mehr<br />

30 - 59<br />

Jahre<br />

Unter 25 Jahre<br />

34<br />

Grüne<br />

12 Union 41<br />

8<br />

8<br />

SPD<br />

Lin<strong>ke</strong><br />

13<br />

22<br />

5<br />

60 Jahre und älter<br />

14<br />

2019<br />

18 - 29 Jahre<br />

8<br />

5<br />

FDP<br />

AfD<br />

5<br />

9<br />

Quelle: Der Bundeswahlleiter, Repräsentative Wahlstatistik zur Europawahl 2019; Quelle: www.infratest-dimap.de


Seite 9 <strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Einfach mal fragen<br />

Das Verhältnis von Jung und Alt ist nicht<br />

immer einfach. Dies liegt auch daran,<br />

dass wir viel zu oft gar nicht miteinander<br />

reden.<br />

Kleine Gespräche mit älteren Menschen<br />

gehen häufig im Alltag unter. Dabei sind<br />

sie so wichtig. Für die älteren Menschen,<br />

die sich freuen Gesellschaft zu haben, aber<br />

auch für <strong>uns</strong>, da wir ihnen nah sein können<br />

und von ihren Erinnerungen und Erfahrungen<br />

lernen können.<br />

Deswegen geben wir euch hier mal ein paar<br />

Anregungen für ein kleines Gespräch mit<br />

einem Menschen, der euch nahe steht!<br />

<strong>Was</strong> möchtest du noch gemeinsam mit mir<br />

unternehmen oder ausprobieren?<br />

Wofür bist du mir dankbar?<br />

<strong>Was</strong> von dem, was ich in der Vergangenheit<br />

zu dir gesagt oder für dich getan habe,<br />

ist dir besonders in Erinnerung geblieben?<br />

<strong>Was</strong> vermisst du besonders, wenn wir <strong>uns</strong><br />

längere Zeit nicht sehen?<br />

In welcher Situation oder Lebensphase<br />

hast du dir schon einmal größere Sorgen<br />

um mich gemacht?<br />

In welcher Situation habe ich deiner Meinung<br />

nach Mut bewiesen?<br />

Wenn ich etwas an meiner Persönlich<strong>ke</strong>it<br />

ändern könnte, wäre dies... <strong>Was</strong> denkst du<br />

darüber?<br />

Fällt es dir meistens eher leicht oder<br />

schwer einzuschätzen, wie es mir geht?<br />

<strong>Was</strong>, glaubst du, schätzt die ältere Generation<br />

an der jüngeren? <strong>Was</strong> die jüngere an<br />

der älteren?<br />

<strong>Was</strong> ist es deiner Meinung nach, was <strong>uns</strong><br />

<strong>verbindet</strong>?<br />

Generationenspiel:<br />

Für alle, die nicht nur reden, sondern auch<br />

gemeinsam aktiv werden wollen, haben wir<br />

diese und weitere Fragen in einem Spiel<br />

verpackt. Dieses könnt ihr auf <strong>uns</strong>erer Webseite<br />

herunterladen unter<br />

nfjd.de/go/generationenspiel<br />

Wal<strong>ke</strong>n mit Naturfreund*innen<br />

Das schlechte Wetter konnte sie nicht<br />

abhalten: morgens früh erschienen zahlreiche<br />

Naturfreund*innen im Alter von<br />

68 bis 85 Jahren zum Walking-Treff in<br />

Berlin.<br />

Zweimal die Woche gehen sie mit etwa 20<br />

Personen gemeinsam raus. Wir sind mitgegangen<br />

und haben ihnen einfach mal ein<br />

paar Fragen gestellt.<br />

Wo kommt ihr in Kontakt mit anderen<br />

Generationen außerhalb der Familie?<br />

C.: Sport <strong>verbindet</strong>: ich treffe Leute jeden<br />

Alters bei Yoga und Gymnastik, beim Eisstockschießen<br />

und Kegeln.<br />

H.: Auf Zugfahrten nehme ich „Privatstunden“,<br />

indem ich hilfsbereite junge Leute im<br />

Zug um Hilfe bei Schwierig<strong>ke</strong>iten mit meinem<br />

Handy frage.<br />

<strong>Was</strong> wünscht oder erhofft ihr euch von der<br />

jüngeren Generation?<br />

U.: Ich hoffe, dass sie es schaffen, dass es<br />

friedlich bleibt auf der Welt.<br />

C.: Schwer zu sagen und vorzustellen in<br />

so schwierigen und veränderlichen Zeiten.<br />

Man kann nur hoffen, dass sie gut auf <strong>uns</strong>eren<br />

Planeten aufpassen.<br />

Mal ganz unironisch: <strong>Was</strong> war eurer<br />

Meinung nach früher wirklich „besser“?<br />

J.: Der berufliche Werdegang war früher unproblematischer.<br />

Heute ist es schwerer von<br />

der eigenen Arbeit wirklich bis zur Rente<br />

leben zu können.<br />

U.: Vielleicht gab es früher mehr Zusammenhalt<br />

in den Familien.<br />

C.: Nichts! Anders auf jeden Fall, aber<br />

besser nicht unbedingt. Es gab vielleicht<br />

ein bisschen mehr Rücksicht untereinander,<br />

heute sind die Menschen ein bisschen<br />

gedan<strong>ke</strong>nloser. Es ist aber auch einfach viel<br />

mehr los in der Stadt als früher.<br />

H.: Da wüsste ich eigentlich nichts, weil alles<br />

in jeder Generation anders ist. Als Kind<br />

musste ich beispielsweise noch viel mehr<br />

Verantwortung übernehmen als Kinder heutzutage.<br />

Woran merkt ihr, dass ihr alt seid?<br />

J.: Wenn ich die Redewendungen der Jugend<br />

nicht verstehe, da müssen mir dann die<br />

En<strong>ke</strong>linnen ein bisschen auf die Sprünge<br />

helfen.<br />

U.: Ach Gott, dit zwickt mal hier und mal<br />

da, was früher nicht war. Aber sonst fühl ich<br />

mich noch ziemlich jung geblieben.<br />

C.: Man wird langsamer und ab der Rente<br />

automatisch ruhiger. Ich bin positiv und<br />

sehe das Alter gelassen.<br />

H.: Wenn man beim Skifahren hinfällt und<br />

wieder aufstehen muss.<br />

<strong>Was</strong> vermisst ihr von eurer Jugend?<br />

J.: Jede Altersphase ist schön und hat ihre<br />

Vorzüge, da trauere ich nichts nach.<br />

U.: Ich hatte eine schöne Kindheit. Wir hatten<br />

nie viel, aber „wir hatten <strong>uns</strong>“ haben wir<br />

immer gesagt. <strong>Was</strong> ich früher nicht verreist<br />

bin, haben wir dann später nachgeholt.<br />

C.: Familienmitglieder, die zu der Zeit noch<br />

da waren.<br />

H.: Die Zeit hat sich geändert. Man kann nicht<br />

im gestern leben, wenn man im heute ist.<br />

Interview von Michèle Guyot


Seite 10<br />

<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Unter Cousinen<br />

Meine Cousine und ich sind im selben<br />

Sommer vor zwanzig Jahren geboren.<br />

Seitdem haben wir zusammen viele kleine<br />

und größere Lebensetappen gemeistert<br />

– mal besser und mal mit größerer Herausforderung.<br />

Unsere Träume haben<br />

<strong>uns</strong> dabei immer begleitet.<br />

Als die Schulzeit zu Ende ging, war<br />

der struggle ziemlich real. Wir mussten<br />

Entscheidungen treffen, für die ich gerne<br />

vorher in die Kristallkugel geschaut oder<br />

die magische Miesmuschel befragt hätte.<br />

Beides habe ich bis heute noch nicht gefunden,<br />

aber vielleicht ja auch nie gebraucht.<br />

Zukunftsentscheidungen und Träume können<br />

ziemlich Angst machen. Oft wird Mut<br />

aber auch belohnt und in nullkommanichts<br />

wird das ach so ungewohnte Neuland doch<br />

recht kuschelig. Und wenn nicht… geht die<br />

Reise auf dem fliegenden Traumteppich<br />

einfach weiter, so wie sonst ja auch alles.<br />

Ich finde, wir schauen viel zu selten zufrieden<br />

zurück, wie gut sich manche Dinge<br />

eigentlich entwic<strong>ke</strong>lt haben. Dies wollte<br />

ich ändern. Mit meiner Cousine zusammen<br />

habe ich mich in die großen Fragen und<br />

bisherigen Antworten des Lebens hineingeträumt…<br />

Michèle: Denkst du gerne über deine<br />

Zukunft nach?<br />

Tinka: Oft wurde ich eher dazu gezwungen,<br />

zum Beispiel bei der Frage, wo<br />

es nach der Schulzeit hingehen<br />

soll. Natürlich kann ich mich<br />

umentscheiden, trotzdem ist<br />

das eine große Entscheidung.<br />

Denn Ausbildung,<br />

Studiengang oder Job<br />

gestalten einen ziemlich<br />

großen Teil vom<br />

Leben. Beim ganzen<br />

Rest guck ich eher,<br />

wie’s kommt, à la<br />

„planlos geht mein<br />

Plan los.“<br />

Michèle: Glaubst du an Schicksal, Horoskope<br />

oder Karten legen?<br />

Tinka: Horoskope sind für mich persönlich<br />

nichts, aber Schicksal und den Gedan<strong>ke</strong>n<br />

von Vorbestimmtheit finde ich ein schönes<br />

Konzept. Karten legen habe ich noch nie<br />

gemacht, aber wer weiß, vielleicht wär’s ja<br />

ganz unterhaltsam.<br />

Michèle: Hast du Angst vor dem Alter?<br />

Tinka: Man sagt ja so schön „Altwerden ist<br />

nichts für Feiglinge“. Angst habe ich nicht,<br />

aber Respekt vorm Alter schon. Das wird<br />

bestimmt nicht einfach. Zum Glück gibt es<br />

aber genug Beispiele von Leuten, die das<br />

Altwerden gut meistern. Ich bin zuversichtlich.<br />

Michèle: Kannst du dich häufig an deine<br />

Träume erinnern? Inspirieren sie dich?<br />

Tinka: Leider erinnere ich mich oft gar<br />

nicht an meine Träume. Als Kind hatte ich<br />

manchmal nächtelang dieselben Träume.<br />

Leider waren die selten positiv, sondern<br />

gingen eher Richtung Monster- oder Dinosaurier-Verfolgung.<br />

*lach* Momentan vergesse<br />

ich Träume einfach zu häufig, als dass<br />

sie mich bewusst beeinflussen könnten.<br />

Michèle: Haben sich deine Wünsche mit<br />

dem Alter verändert? <strong>Was</strong> glaubst du,<br />

wovon du in 50 Jahren träumen wirst?<br />

Tinka: Einige Wünsche hatte ich schon immer,<br />

wie zum Beispiel Kinder zu kriegen.<br />

Meine Berufswünsche, Reiseziele oder<br />

Träume von Wohnorten haben sich jedoch<br />

total verändert. Viele Träume entstehen<br />

auch erst jetzt. Da habe ich mir als Kind<br />

noch <strong>ke</strong>ine Gedan<strong>ke</strong>n zu gemacht. Wenn<br />

ich in Rente bin, habe ich hoffentlich einen<br />

Großteil meiner Träume schon erfüllt. Dann<br />

kann ich mich entspannt zurücklehnen…<br />

nur noch ein wenig reisen, mit meinen Liebsten<br />

in Kontakt bleiben und entspannen!<br />

Allzu viele Gedan<strong>ke</strong>n habe ich mir aber<br />

auch noch nicht gemacht. Und wer weiß,<br />

wie <strong>uns</strong>ere Welt überhaupt in 50 Jahren<br />

aussieht? Naja, „viel Kuchen bac<strong>ke</strong>n“ wäre<br />

ein Ziel fürs Alter, auf das ich mich jetzt<br />

schon festlegen kann. ;)<br />

Michèle: Von der Zukunft in die Vergangenheit:<br />

Du hast eine Zeitreisemaschine,<br />

mit der du zwar nicht die Geschichte<br />

umschreiben kannst, aber sie miterleben<br />

kannst: Welche Zeit wählst du?<br />

Tinka: Die Achtziger, definitiv! Ich würde<br />

zu gerne wissen, wie meine Eltern in ihrer<br />

Jugend so drauf waren, das stell ich mir<br />

echt witzig vor. Außerdem ist es bestimmt<br />

spannend, die Zeitgeschichte und Kultur<br />

von einem anderen Jahrzehnt mitzuerleben.<br />

David Bowie, Queen & Co live zu sehen,<br />

das wäre schon echt nice.<br />

Michèle: Ich muss dich leider enttäuschen<br />

– ich habe <strong>ke</strong>in Tic<strong>ke</strong>t in die Achtziger<br />

für dich, dafür aber noch ein bisschen<br />

träumerische Philosophie zum Schluss:<br />

Ist der Weg das Ziel? Und was ist für dich<br />

das eigentlich Wichtige?<br />

Tinka: *seufz* Man geht ja eigentlich auch<br />

den Weg, um das Ziel zu erreichen. Der<br />

Weg soll natürlich auch schön sein, wo<br />

auch immer du hinwillst, aber ohne Ziel<br />

<strong>ke</strong>in Weg, find ich. Das allgemeine Ziel<br />

wäre für mich dann Glücklichsein – das,<br />

was das Leben lebenswert macht.<br />

von Michèle Guyot


Seite 11<br />

<strong>Was</strong> <strong>uns</strong> <strong>verbindet</strong><br />

Juni 2020<br />

Wie altern wir?<br />

Als ich für diese Ausgabe über das Thema<br />

Generationen nachdachte, fing ich<br />

an, vermehrt das Alter von Personen in<br />

meiner Umgebung zu schätzen. Dabei<br />

stellte ich mir die Frage, woran ich diese<br />

Schätzungen eigentlich festmachte. Das<br />

waren nicht nur die Falten im Gesicht<br />

oder die grauen Haare, sondern auch<br />

das Verhalten. Die Frage kam auf: <strong>Was</strong><br />

bestimmt eigentlich <strong>uns</strong>er Alter? Wie altern<br />

wir?<br />

Aus fachlicher Sicht unterscheidet man<br />

zwischen dem chronologischen und dem<br />

biologischen Alter. Das chronologische Alter<br />

bezeichnet dabei das Alter, das immer<br />

bei irgendwelchen Anmeldungen und Kontrollen<br />

verlangt wird, nach dem die Verwandten<br />

immer fragen und das auf <strong>uns</strong>erem<br />

Personalausweis steht. Beim chronologischen<br />

Alter handelt es sich also einfach<br />

um die Tage, Wochen und Jahre nach der<br />

Geburt, stur aus dem Kalender abgelesen.<br />

Es misst also die Zeit.<br />

Das biologische Alter hingegen gibt den<br />

Gesundheitszustand im Vergleich zum<br />

Durchschnitt an. Zwei Personen, die am selben<br />

Tag geboren sind, können also ein verschiedenes<br />

biologisches Alter haben, zum<br />

Beispiel, weil eine*r weniger Sport treibt<br />

oder sich ungesünder ernährt. Das biologische<br />

Alter kann sogar nur auf einzelne<br />

Körperteile bezogen werden. Beispielsweise<br />

kann ein*e 30 Jahre alte*r Läufer*in<br />

durch das Training ein fitteres Herz haben<br />

als viele Gleichaltrige, die nicht joggen.<br />

Doch die Gelen<strong>ke</strong> sind durch die Belastung<br />

biologisch mehr gealtert und somit älter als<br />

beim Durchschnitt.<br />

Ist es komisch, wenn ich mit 60 Jahren<br />

noch mit 20-Jährigen meine Freizeit<br />

verbringe? <strong>Was</strong> traut mir meine Familie<br />

an Selbstständig<strong>ke</strong>it zu?<br />

Am meisten erstaunt hat mich jedoch,<br />

dass das biologische Alter auch durch<br />

<strong>uns</strong>ere Denkweise beeinflusst wird. Der<br />

wohl berühmteste Versuch hierzu wurde<br />

1979 von Ellen Langer durchgeführt. Sie<br />

teleportierte acht Versuchspersonen quasi<br />

in ihre Vergangenheit, indem sie eine<br />

Wohnung so herrichtete wie im Jahr 1959.<br />

Es wurden auch alte Fernsehsendungen gezeigt<br />

und alte Zeitungen verteilt. Außerdem<br />

gab es <strong>ke</strong>ine Spiegel, damit die Personen ihr<br />

wahres Alter nicht sehen konnten. Vor und<br />

nach dem fünf Tage andauernden Experiment<br />

führte sie Tests durch. Und siehe da<br />

– der gesundheitliche Zustand der Personen<br />

hatte sich verbessert, was sich beispielsweise<br />

an einer besseren Sehfähig<strong>ke</strong>it<br />

zeigte.<br />

Alter ist also ein sehr vielfältiger Begriff,<br />

der von vielen Faktoren beeinflusst wird.<br />

Meine Einstellung zum Alter wird auch<br />

von meiner Rolle in der Gesellschaft und<br />

den mit verschiedenen Lebensabschnitten<br />

verknüpften gesellschaftlichen Bildern<br />

beeinflusst. Bedeutet der Übergang in den<br />

Ruhestand, dass ich alt und nutzlos für die<br />

Gesellschaft bin? Ist es komisch, wenn ich<br />

mit 60 Jahren noch mit 20-Jährigen meine<br />

Freizeit verbringe? <strong>Was</strong> traut mir meine<br />

Familie an Selbstständig<strong>ke</strong>it zu?<br />

Obwohl viele von <strong>uns</strong> vermutlich alt<br />

werden wollen, wollen die Wenigsten wohl<br />

wirklich alt sein. Am besten scheint es mir<br />

daher, ein Leben lang eine positive Einstellung<br />

im Alltag zu leben. Damit helfen<br />

wir dann auch anderen, denn gute Laune<br />

steckt an. Versuchen wir also mit gesunder<br />

Ernährung, Sport und einer positiven Einstellung<br />

zwar chronologisch alt zu werden,<br />

aber biologisch und psychisch möglichst<br />

jung zu bleiben!<br />

Wer sein biologisches Alter herausfinden<br />

möchte, findet viele Tests dazu im Internet.<br />

Diese geben natürlich nur bedingt<br />

aussagekräftige Ergebnisse, aber eine erste<br />

Orientierung, ob man eher auf die 60<br />

zugeht oder für immer 18 bleibt.<br />

Das hilft ja auch schon!<br />

von Frank Hoppe


Seite 12<br />

Verbandskasten<br />

Juni 2020<br />

Ob du dich später noch<br />

daran erinnerst?<br />

Irina (zeigt ein digitales Fotoalbum auf<br />

dem Tablet): Guck mal, Oma. Ich hab‘ ein<br />

digitales Fotoalbum von meinem Geburtstag<br />

gemacht. Das ist super praktisch! Ich<br />

kann es überall hin mitnehmen und allen<br />

zeigen, ohne viel schleppen zu müssen. Ich<br />

kann es sogar an Freunde verschic<strong>ke</strong>n, die<br />

gerade nicht hier sind!<br />

Oma Valerie: Das soll ein Fotoalbum sein?<br />

In so einem kleinen Ding? Ich zeige dir<br />

jetzt mal ein richtiges Fotoalbum! (holt ein<br />

dic<strong>ke</strong>s, altes Fotoalbum aus dem Schrank).<br />

Das war mein 18. Geburtstag… Den werd‘<br />

ich nie vergessen…<br />

Irina: Aber wie willst du so ein dic<strong>ke</strong>s,<br />

schweres Buch allen deinen Freunden<br />

zeigen? Ich habe 1067 Follower auf Instagram,<br />

die das alle sehen möchten.<br />

Oma Valerie: Sind all diese Leute wirklich<br />

deine Freunde? Du <strong>ke</strong>nnst sie doch kaum!<br />

<strong>Was</strong> geht die Öffentlich<strong>ke</strong>it denn dein Privatleben<br />

an? Interessiert das überhaupt so<br />

viele Leute?<br />

Irina: Du verstehst das nicht. Wenn ich<br />

meine Fotos direkt teile und verschic<strong>ke</strong>,<br />

kann jede*r an meinem Leben teilnehmen,<br />

auch wenn wir <strong>uns</strong> nicht jeden Tag treffen.<br />

Außerdem kann ich digital unendlich viele<br />

Bilder und sogar Filme aufbewahren, ohne<br />

viel Platz für Fotoalben zu brauchen!<br />

Oma Valerie: Ich mache Fotos als Erinnerung<br />

für mich und für die Familie. Da<br />

reichen ein paar schöne Fotos. Früher<br />

hatten wir auch nur Filme mit 24 Bildern<br />

und mussten <strong>uns</strong> genau überlegen, was wir<br />

fotografieren und was nicht. Dafür haben<br />

wir diese Bilder viel mehr wertgeschätzt.<br />

Wofür brauchst du denn so viele?<br />

Irina: Es ist doch toll, wenn man mehr Erinnerungen<br />

einfangen kann. Mit meinem<br />

Handy geht das unglaublich schnell und<br />

unkompliziert. Ich kann die Fotos sofort<br />

posten und sehen, wie viele Leute das angeschaut<br />

haben.<br />

Oma Valerie: Hm, es ist schon schön, dass<br />

du so viele Fotos in so einem kleinen Gerät<br />

aufbewahren kannst und sie nicht mit der<br />

Post an Freund*innen verschic<strong>ke</strong>n musst!<br />

Das war in meiner Jugend viel komplizierter,<br />

aufwendiger und vor allem teurer!<br />

Irina: Ja, genau! So spart man total viel<br />

Zeit! Es dauert mir viel zu lange, die Fotos<br />

erst zu entwic<strong>ke</strong>ln und in ein Fotoalbum<br />

zu kleben. Wie viel Zeit hast du damit verbracht,<br />

dieses Fotoalbum zu gestalten?<br />

Oma Valerie: Das ist doch vollkommen<br />

unwichtig. Dabei kann ich mir die Bilder<br />

nochmal richtig anschauen und in Erinnerungen<br />

schwelgen. Das macht viel<br />

Spaß und du musst es ja auch nicht alleine<br />

machen. Du kannst auch andere Erinnerungsstüc<strong>ke</strong><br />

dazu kleben oder etwas<br />

dazuschreiben.<br />

Irina: Ja, ich verstehe, was du meinst. Trotzdem<br />

hat es auch viele Vorteile, die Fotos<br />

digital aufzubewahren. Schau, die Fotos in<br />

deinem Album sind zum Teil schon ganz<br />

gelb geworden. Digitale Fotos werden<br />

nicht alt oder gehen kaputt.<br />

Oma Valerie: Ich finde, gerade die alten<br />

Bilder haben einen besonderen Charme.<br />

Schau mal, das ist dein Urgroßvater. Ist es<br />

nicht schön, wie man jedes Bild anfassen<br />

und herausnehmen kann?<br />

Irina: Ja schon, aber digital ist es einfach<br />

praktischer! Man kann sie nicht nur aufbewahren,<br />

sondern auch bearbeiten und verbessern…<br />

Oma Valerie: Aber nein! Wieso willst du<br />

denn ein Foto verändern? Es muss so bleiben,<br />

wie es aufgenommen wurde! Es geht<br />

doch um den Moment und nicht darum, ob<br />

es gut aussieht und was die anderen davon<br />

den<strong>ke</strong>n.<br />

Irina: Hm, so habe ich es noch nie betrachtet.<br />

Manchmal erinnere ich mich gar<br />

nicht mehr daran, wie ich ein Foto gemacht<br />

habe. Ich habe nur darauf geachtet,<br />

ob es schön aussieht… Bei mir geht alles<br />

so schnell. Wenn ich etwas poste, kommt<br />

sofort am nächsten Tag das nächste Foto.<br />

Ich habe gar <strong>ke</strong>ine richtige Verbindung zu<br />

dem Bild, weil es jeden Tag weitergeht…<br />

Oma Valerie: Kannst du den Moment<br />

überhaupt noch richtig genießen,<br />

oder siehst du alles nur<br />

noch durch die Kamera? Hast du<br />

schon digitale Augen? Ich verstehe<br />

nicht, warum man ständig<br />

mit dem Handy alles fotografieren<br />

muss.<br />

Irina: Manchmal fühle ich<br />

mich wirklich unter Druck<br />

gesetzt, ständig etwas Neues<br />

posten zu müssen. Manches<br />

geht auch unter, weil ich einfach<br />

zu viele Fotos habe. So<br />

ein richtiges Fotoalbum hat<br />

schon irgendwie einen besonderen<br />

Charme… Vielleicht<br />

sollte ich auch mal<br />

versuchen mehr im Moment<br />

zu leben.


Seite 13<br />

Verbandskasten<br />

Juni 2020<br />

Interview<br />

In dieser Ausgabe berichten wir mal<br />

nicht aus der aktuellen Bundesleitung,<br />

sondern lassen eine andere Generation<br />

zu Wort kommen.<br />

Dazu haben wir mit Clara Wengert gesprochen.<br />

Sie ist von kleinauf bei der<br />

Naturfreundejugend dabei und war von<br />

2013 bis 2015 Mitglied der Bundesleitung<br />

und danach eineinhalb Jahre <strong>uns</strong>ere<br />

Bundesleiterin. Nun ist sie Mitglied<br />

im Bundesvorstand des Erwachsenenverbandes.<br />

<strong>Was</strong> hat den Verband bewegt, als du in der<br />

Bundesleitung warst? <strong>Was</strong> waren deine<br />

Projekte?<br />

Ich bin über den neugegründeten Fachbeirat<br />

Reisen und Sport in die Bundesleitung gekommen.<br />

Deshalb stand für mich die Ausgestaltung<br />

dieses Bereiches im Mittelpunkt.<br />

Außerdem habe ich die Überarbeitung des<br />

Logos und die Entwicklung einer neuen<br />

Corporate Design Strategie verantwortet.<br />

Als ich dann in meiner zweiten Amtszeit<br />

Bundesleiterin wurde, habe ich mich vor<br />

Die Frau, die das<br />

Logo veränderte<br />

allem um die Gewinnung von Projekten<br />

gekümmert und den ersten Austausch mit<br />

jungen Naturfreund*innen im Senegal angestoßen<br />

und vorbereitet.<br />

Jetzt bist du im Bundesvorstand der Erwachsenen.<br />

War der Wechsel für dich<br />

schwierig?<br />

Eigentlich nicht, denn ich wurde persönlich<br />

für eine Mitarbeit angefragt. An die deutlich<br />

veränderte Arbeits- und Kommunikationskultur<br />

musste ich mich dann aber doch<br />

erst gewöhnen.<br />

Einige <strong>uns</strong>erer Leser*innen sind bald offiziell<br />

zu alt für den Jugendverband. Wie<br />

kann der Wechsel für alle gut gelingen?<br />

Ich glaube, <strong>uns</strong>ere Strukturen sind<br />

inzwischen an vielen Stellen so weit,<br />

dass junge Menschen mit offenen Armen<br />

im Erwachsenenverband aufgenommen<br />

werden. Wenn dann allerdings tatsächlich<br />

Veränderungen oder neue Wege anstehen,<br />

dann ist das nicht immer so einfach<br />

umzusetzen. Und vor allem muss jeder<br />

junge Mensch seine persönlichen Grenzen<br />

und Belastbar<strong>ke</strong>iten sehr deutlich kommunizieren,<br />

denn <strong>uns</strong>ere Strukturen richten<br />

sich an vielen Stellen stark nach der Verfügbar<strong>ke</strong>it<br />

von Personen im Ruhestand.<br />

Wo, glaubst du, sollten wir Jugendlichen<br />

mit den Erwachsenen stär<strong>ke</strong>r zusammen<br />

arbeiten?<br />

Ich glaube, die Zusammenarbeit hat in den<br />

letzten Jahren schon große Fortschritte<br />

gemacht. Dennoch ist die Vernetzung an<br />

einigen Stellen noch deutlich ausbaufähig.<br />

Insbesondere in der Verbandsentwicklung<br />

müssen wir gemeinsame Wege finden, da<br />

sie sonst weitgehend ins Leere laufen wird.<br />

Svenja Schulze bemerkte mit Blick auf<br />

die Gleichstellung, dass es nur männliche<br />

Vorsitzende bei den Umweltverbänden<br />

gäbe. Sind Frauen in den Vorständen<br />

unterrepräsentiert?<br />

Ja, eindeutig. Leider haben zumindest die<br />

NaturFreunde da auch noch <strong>ke</strong>inen guten<br />

Ansatz gefunden. Die Mehrheit des Verbandes<br />

sieht hier sogar <strong>ke</strong>ine Notwendig<strong>ke</strong>it<br />

zur Veränderung. Es braucht also<br />

zunächst ein Umden<strong>ke</strong>n im Verband. Ich<br />

selbst werde oft für bestimmte Aufgaben<br />

Ich selbst werde oft für bestimmte<br />

Aufgaben gefragt mit dem Argument,<br />

dass ich ja jung und weiblich<br />

sei und daher besonders passend<br />

für diese Aufgabe bin.<br />

gefragt mit dem Argument, dass ich ja jung<br />

und weiblich sei und daher besonders passend<br />

für diese Aufgabe bin. Sexistischer<br />

und damit weniger für die NaturFreunde<br />

passend kann eine Anfrage kaum sein.<br />

Und zum Schluss: <strong>Was</strong> bedeutet der Begriff<br />

Generationengerechtig<strong>ke</strong>it für dich?<br />

Generationengerechtig<strong>ke</strong>it bedeutet für<br />

mich, dass auf die Belange aller Generationen<br />

gleichermaßen geachtet wird, unabhängig<br />

von der Gruppengröße. Es findet<br />

<strong>ke</strong>in Ausspielen der Gruppen gegeneinander<br />

statt, sondern es werden faire und für<br />

alle gangbare Wege gefunden.<br />

Das Interview führte Frau<strong>ke</strong> Gehrau


Seite 14<br />

Juni 2020<br />

Digital #jungbuntaktiv<br />

In der aktuellen Zeit müssen wir alle<br />

kreativ werden, um den Austausch und<br />

die Zusammenarbeit aufrecht zu erhalten.<br />

Auch wir waren und sind nicht untätig.<br />

Hier ein Überblick für euch, wie wir aktuell<br />

arbeiten und was wir anbieten.<br />

Social-Media<br />

Über Facebook, Instagram, Twitter und<br />

Youtube versorgen wir euch mit aktuellen<br />

Infos, Anleitungen für Aktionen daheim<br />

und Videos zu <strong>uns</strong>eren Aktivitäten.<br />

Online-Aktivitäten<br />

Workshops, Gruppenstunden, Veranstaltungen<br />

– all das findet jetzt auch digital statt.<br />

Alle Angebote und Termine findet ihr auf<br />

<strong>uns</strong>erer Webseite unter:<br />

nfjd.de/termine/online<br />

Solidarität ist <strong>ke</strong>ine Einbahnstraße<br />

Nach der Corona-Krise darf es <strong>ke</strong>in Zurück<br />

zum alten System mit all seinen Ungerechtig<strong>ke</strong>iten<br />

und ökologischen Problemen<br />

geben. Wir brauchen einen Neustart<br />

und einen sozial-ökologischen Wandel.<br />

Dafür kämpfen wir und haben <strong>uns</strong>ere<br />

Forderungen in einem Positionspapier<br />

veröffentlicht. Schau doch mal rein unter:<br />

nfjd.de/go/<strong>ke</strong>ine_einbahnstrasse<br />

facebook.com/natur<br />

freundejugend.<br />

deutschlands<br />

instagram.com/<br />

naturfreundejugend<br />

twitter.com/<br />

naturfreundeju<br />

youtube.com/<br />

naturfreundejugend<br />

deutschlands<br />

Politisch aktiv im Netz<br />

Wir waren beim #NetzstreikFürsKlima mit<br />

dabei, haben Video-Statements produziert<br />

und Positionspapiere verfasst. Wir haben<br />

Briefe an Politi<strong>ke</strong>r*innen geschrieben und<br />

stehen im digitalen Austausch mit anderen<br />

Jugendverbänden. Unser politisches Engagement<br />

geht weiter! Macht mit und folgt<br />

<strong>uns</strong> auf Social Media.<br />

Austausch per Video<br />

Unsere Bundesleitung und <strong>uns</strong>ere<br />

Hauptamtlichen stehen über regelmäßige<br />

Video-Konferenzen im engen Austausch<br />

miteinander. Unsere Hauptamtlichentagung<br />

fand online mit fast 30 Teilnehmenden statt.<br />

Mehrere landesverbandsübergreifende Arbeitsgruppen<br />

treffen sich regelmäßig und<br />

entwic<strong>ke</strong>ln neue Formate und Ideen.<br />

Webinare<br />

Unsere Fachstelle Radikalisierungsprävention<br />

und Engagement im Naturschutz<br />

(FARN) bietet viele ihrer beliebten Vorträge<br />

und Workshops jetzt auch als digitale<br />

Formate an. Eine Übersicht gibt es hier:<br />

nf-farn.de/workshops-vortraege<br />

Impulse<br />

Ihr wollt selber ein Webinar gestalten und<br />

anbieten? In <strong>uns</strong>erer neuen Impulse-Ausgabe<br />

findet ihr nützliche Hinweise und<br />

Methoden, um selber online aktiv zu<br />

werden. Jetzt lesen unter<br />

nfjd.de/go/webinareanbieten


Seite 15 Verbandskasten<br />

Juni 2020<br />

Es muss endlich gehandelt werden!<br />

Wofür möchtest du dich besonders einsetzen<br />

und was möchtest du in deiner<br />

Amtszeit erreichen?<br />

Mein Stec<strong>ke</strong>npferd ist Bildung für nachhaltige<br />

Entwicklung. Diese sollte in Schulen,<br />

in Lehrplänen, aber auch in Ausbildungszentren<br />

veran<strong>ke</strong>rt werden. Das ist ein sehr<br />

langfristig angesetztes Projekt, aber Bildung<br />

ist nun mal die Wurzel für jede gute<br />

Entwicklung.<br />

Ein weiteres Thema sind soziale Ungleichheiten.<br />

Ich bin fest davon überzeugt, dass<br />

der Rechtsruck, den wir gerade erleben, auf<br />

soziale Ungleichheiten zurückzuführen ist.<br />

Da möchte ich versuchen die Zusammenhänge<br />

aufzuzeigen.<br />

Wie kann die Naturfreundejugend dich<br />

und die Umsetzung der SDGs unterstützen?<br />

Natürlich ist für <strong>uns</strong> als Jugenddelegierte<br />

die Jugendpartizipation super wichtig. Ich<br />

finde, die Naturfreundejugend ist der perfekte<br />

Rahmen, um sich selbst zu organisieren<br />

und einfach mal was zu machen. Da<br />

gibt es ein ganz breites Handlungsspektrum:<br />

man kann als Teamer*in dabei sein,<br />

Umweltbewusstsein stär<strong>ke</strong>n, oder guc<strong>ke</strong>n,<br />

wie soziale Ungleichheiten mit <strong>uns</strong>erer<br />

Wirtschaftsweise zusammenhängen, vielleicht<br />

Referent*innen einladen und eine Veranstaltung<br />

machen – da sind der Kreativität<br />

<strong>ke</strong>ine Grenzen gesetzt.<br />

Hallo Sophia. Du bist Naturfreundin<br />

und seit Dezember 2019 Jugenddelegierte<br />

für nachhaltige Entwicklung. Erzähl<br />

<strong>uns</strong> doch mal, was genau machst du als<br />

Jugenddelegierte?<br />

Als Jugenddelegierte haben wir drei große<br />

Hauptaufgaben: zum einen sind wir offizieller<br />

Teil der deutschen Regierungsdelegation<br />

und begleiten diese auf internationale<br />

Konferenzen.<br />

Denn wir unterstützen die Regierungsdelegation<br />

zwar, können sie<br />

aber auch kritisieren und sagen, da<br />

fehlt‘s noch und die Position müssen<br />

wir noch mit einbringen.<br />

Der zweite große Pfeiler sind Gespräche<br />

mit der Jugend. Wir fahren in ganz<br />

Deutschland rum und halten Vorträge<br />

und Workshops bei Verbänden, Vereinen,<br />

Schulen oder Konferenzen. Dabei sammeln<br />

wir auch selber Input – wie stellt sich die<br />

Jugend die Umsetzung der Agenda 2030<br />

vor und was können wir von diesen Ideen<br />

in die Arbeit der Regierungsdelegation mit<br />

einbringen. Denn wir unterstützen die Regierungsdelegation<br />

zwar, können sie aber<br />

auch kritisieren und sagen, da fehlt‘s noch<br />

und die Position müssen wir noch mit einbringen.<br />

In der dritten Funktion sprechen wir mit<br />

Politi<strong>ke</strong>r*innen und versuchen für die<br />

Umsetzung der Agenda 2030 zu werben.<br />

Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen,<br />

dass jetzt, nachdem viel beschlossen<br />

wurde, in den letzten zehn Jahren auch endlich<br />

gehandelt werden muss.<br />

Mein Stec<strong>ke</strong>npferd ist Bildung für<br />

nachhaltige Entwicklung. Diese sollte<br />

in Schulen, in Lehrplänen, aber<br />

auch in Ausbildungszentren veran<strong>ke</strong>rt<br />

werden.<br />

Warum sollten wir als Naturfreund*innen<br />

<strong>uns</strong> mit den UN Nachhaltig<strong>ke</strong>itszielen,<br />

kurz SDGs, beschäftigen?<br />

Ich glaube, es liegt in der Natur der Naturfreundejugend<br />

und der NaturFreunde, sich<br />

damit auseinanderzusetzen. Die Naturfreundejugend<br />

ist ein sehr breiter Verband<br />

mit einem unglaublich großen Angebot an<br />

Sport, aber auch an Politischem und Sozialem.<br />

Und genau das macht die SDGs ja<br />

auch aus, dass sie sich nicht nur auf einen<br />

Bereich konzentrieren, sondern die ökonomischen,<br />

ökologischen und sozialen Ziele<br />

zusammenfassen. Und vor allem auch im<br />

Bereich Jugendbildung ist es einfach super<br />

wichtig, die SDGs mit einzubeziehen.<br />

Die Bertelsmann Stiftung hat untersucht,<br />

welche Länder die UN-Nachhaltig<strong>ke</strong>itsziele<br />

am besten erfüllen. Dabei<br />

stellte sich heraus, dass die ersten 10<br />

Länder alle europäische Länder sind. Wie<br />

stehst du dazu, dass die SDGs hauptsächlich<br />

von Europa umgesetzt werden?<br />

Dieses Ergebnis ist meiner Meinung nach<br />

nicht überraschend. Die europäischen<br />

Länder sind aufgrund der globalen Wirtschaftsweise<br />

einfach bessergestellt und<br />

können viel mehr finanzielle und technologische<br />

Mittel nutzen. Und da sehen wir<br />

schon, wie globale Ungerechtig<strong>ke</strong>itsstrukturen<br />

reproduziert werden. Um das zu ändern,<br />

brauchen wir finanzielle und strukturelle<br />

Hilfe im globalen Süden, aber auch<br />

einen strukturellen Wandel in <strong>uns</strong>erer<br />

Wirtschaftsweise, damit die Länder im<br />

globalen Süden gestärkt werden und nicht<br />

von den europäischen, vor allem westeuropäischen,<br />

Ländern ausgebeutet werden.<br />

Die europäischen Länder sind aufgrund<br />

der globalen Wirtschaftsweise<br />

einfach bessergestellt und<br />

können viel mehr finanzielle und<br />

technologische Mittel nutzen. Und<br />

da sehen wir schon, wie globale Ungerechtig<strong>ke</strong>itsstrukturen<br />

reproduziert<br />

werden.<br />

Wie sieht deine persönliche Utopie aus?<br />

Meine persönliche Utopie wäre, dass bis<br />

2030 die SDGs umgesetzt sind und wir in<br />

einer Welt leben, in der alle Menschen die<br />

gleichen Lebensverhältnisse und die gleichen<br />

Chancen haben. Es gibt <strong>ke</strong>ine Armut<br />

mehr, <strong>ke</strong>inen Hunger und alle Menschen<br />

haben den gleichen Zugang zu Bildung und<br />

Ressourcen, egal welcher Art.<br />

Zum Abschluss: <strong>Was</strong> möchtest du <strong>uns</strong><br />

Naturfreund*innen mit auf den Weg geben?<br />

Immer mobil bleiben, nicht aufgeben. Ich<br />

finde, wir als Naturfreundejugend sind da<br />

auf einem sehr guten Weg.<br />

Ich würde sagen, einfach weitermachen<br />

und Leute mobilisieren, sich an Demovorbereitungen<br />

beteiligen und immer schön<br />

aufmerksam bleiben.<br />

Das Interview führte Valerie Berghaus


Seite 16<br />

Verbandskasten<br />

Juni 2020<br />

Ein Schweizer Bär mit grünem Hut<br />

Nicht weit vom Bodensee, direkt an der<br />

Schweizer Grenze, liegt die Stadt Gottmadingen.<br />

Bereits seit 1920 gibt es hier<br />

eine Ortsgruppe der NaturFreunde.<br />

Wie alle Naturfreunde-Gruppen wurde sie<br />

jedoch 1933 von den Nationalsozialisten<br />

verboten. Dennoch starb der Naturfreundegedan<strong>ke</strong><br />

nicht aus. Im Januar 1949 wurde<br />

die Ortsgruppe wiederbelebt und besteht<br />

bis heute weiter. Mittlerweile gibt es hier<br />

sowohl eine Seniorengruppe, als auch eine<br />

Familien- und eigene Teenygruppe.<br />

Die Teenygruppe trifft sich einmal im Monat<br />

zu verschiedenen Aktivitäten, indoor<br />

sowie outdoor. Zum Beispiel zum Stand Up<br />

Paddling, ins Kino gehen, Basteln, Zelten<br />

oder Schlittschuhfahren. Die Aktiven sind<br />

zwischen 12 und 15 Jahren alt. Wir haben<br />

ihnen für die [<strong>ke</strong>:<strong>onda</strong>] ein paar Fragen<br />

gestellt.<br />

<strong>Was</strong> macht eure Gruppe so besonders?<br />

Unsere Gruppe ist besonders, weil jede*r<br />

den Anderen so respektiert und akzeptiert<br />

wie er ist und wir ein super Team sind.<br />

Erzählt <strong>uns</strong> von eurem Lieblingsmoment<br />

in der Gruppe.<br />

Unser Highlight ist jedes Jahr das Pfingstcamp<br />

der Naturfreundejugend Baden, da<br />

wir einfach weit weg von Zuhause sind und<br />

dort die besten und lustigsten Geschichten<br />

passieren.<br />

<strong>Was</strong> wäre/ist euer Maskottchen?<br />

Ein Schweizer Bär mit grünem Hut.<br />

<strong>Was</strong> ist die Aktivität, die euch am wichtigsten<br />

ist?<br />

Lachen und Spaß haben.<br />

<strong>Was</strong> wollt ihr bewegen?<br />

Wir wollen die Natur mit anderen Augen<br />

sehen und zeigen, dass man draußen viel<br />

mehr Spaß haben kann, als nur drinnen<br />

herumzusitzen.<br />

Das Interview führte Lina Mombauer


Mit Bounds die<br />

Natur erkunden<br />

In Deutschland laden viele tolle Naturgebiete<br />

zum Erkunden ein. Hilfreich für<br />

eine Entdeckungstour können dabei die<br />

Actionbound-Touren der NaturFreunde<br />

sein.<br />

Actionbound ist eine App, die neben einer<br />

Kartenfunktion auch die Möglich<strong>ke</strong>it für<br />

Quizfragen, Informationen, Schnitzeljagden<br />

und Rallyes bietet. Die NaturFreunde<br />

haben mit der App mehrere Routen angelegt,<br />

die euch interaktiv und informativ<br />

durch einige der schönsten Naturgegenden<br />

in Deutschland führen. Ihr könnt mehr über<br />

den Schutzstatus des jeweiligen Gebietes,<br />

über Flora und Fauna sowie historische Aspekte<br />

lernen. Daneben müsst ihr Standorte<br />

finden, Quizfragen beantworten und Herausforderungen<br />

meistern.<br />

Um einen „Bound” zu spielen, müsst ihr<br />

die kostenfreie App herunterladen.<br />

Alle Naturfreunde-Touren findet ihr unter<br />

www.naturfreunde.de/actionbound-trails


Seite 18<br />

Feuilleton<br />

Juni 2020<br />

HeldIN der Arbeit – Svenja<br />

Die Naturfreundejugend begleitet Svenja<br />

schon ziemlich lange. Zunächst war<br />

sie in der Kinderklettergruppe und<br />

nahm an Freizeiten teil, dann gehörte<br />

sie zum Kinderrat beim Kindergipfel,<br />

besuchte verschiedene Konferenzen<br />

und Bundestreffen. Schließlich wurde sie<br />

Landesleitungsmitglied und dann Bundesfreiwillige<br />

bei der Naturfreundejugend<br />

Hessen. Außerdem teamt sie Freizeiten und<br />

schreibt für die HessenInfo, ein Infoblatt<br />

der NaturFreunde Hessen.<br />

Wer bist du?<br />

Moin! Ich bin Svenja, 21 Jahre alt und<br />

komme ursprünglich aus der Nähe von<br />

Frankfurt. Vor circa zwei Jahren bin ich ins<br />

schöne Lübeck gezogen und studiere hier<br />

Humanmedizin. Ich mache gerne Musik,<br />

bin dem Urban Jungleing absolut verfallen<br />

und versuche mich auf Demos oder in<br />

Diskussionen für naturfreundliche Themen<br />

stark zu machen.<br />

Mit wem würdest du gerne einmal frühstüc<strong>ke</strong>n<br />

und warum?<br />

Mir fällt leider gerade <strong>ke</strong>ine prominente<br />

Person ein. Allerdings gibt es einige Freund-<br />

*innen und auch Familienmitglieder, die<br />

ich schon viel zu lange nicht mehr gesehen<br />

habe…<br />

Dein Rezept gegen Stress und zu viel<br />

Arbeit?<br />

Ausflüge ans Meer mit Freund*innen, Radtouren<br />

zu den Fairteilern der Stadt und vor<br />

allem Musik! Egal ob Konzertbesuche,<br />

Chorproben oder auch alleine mit der Ukulele<br />

rumklimpern. „In this world of troubles<br />

my music pulls me through”, um es<br />

mit den Worten von John Miles zu sagen.<br />

Ohne was kannst du nicht leben?<br />

In der momentanen Lage nicht ohne Tablet<br />

und WLAN! Zum einen, um mit Freund-<br />

*innen und Familie vernetzt zu bleiben und<br />

studieren zu können. Aber auch, um weiterhin<br />

laut zu bleiben und mich nun eben online<br />

politisch zu engagieren.<br />

<strong>Was</strong> willst du der Welt mit auf den Weg<br />

geben?<br />

Basilikumblätter nicht einzeln abzupfen,<br />

sondern ganze Spitzen knapp über einem<br />

Blattpaar abschneiden, sodass mindestens<br />

eine Verzweigung übrigbleibt. Dann kann<br />

die Pflanze weiterwachsen und man hat<br />

länger Freude daran.<br />

Für mich ist die Naturfreundejugend?<br />

Ein sehr prägender Teil meines Lebens. Ich<br />

verbinde mit der Naturfreundejugend viele<br />

schöne Erinnerungen, tolle Menschen und<br />

Freund*innen, die sich für wichtige Dinge<br />

einsetzen, von denen man viel lernen kann<br />

und die einen motivieren sich weiter zu engagieren.<br />

Auch wenn immer unterschiedliche<br />

Naturfreund*innen aufeinandertreffen,<br />

wird jede*r akzeptiert, so wie sie*er<br />

ist. Ich bin sehr dankbar, Teil dieser großen<br />

Naturfreundejugendfamilie sein zu können.<br />

Das Interview führte Frank Hoppe<br />

Da werd‘ ich manchmal zur Nostalgiesela<br />

Meine Oma Clara hat gleich zwei Fluchtgeschichten<br />

durchlebt. Diese sind auch<br />

nach all den Jahren noch sehr präsent.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg musste sie<br />

ihre Heimat im heutigen Polen verlassen<br />

und zur Zeit der deutschen Teilung ist sie<br />

aus der DDR „abgehauen“.<br />

Heute erzählt sie mir von der zweiten:<br />

1964, also drei Jahre nach dem Mauerbau,<br />

wagte meine Oma die riskante Flucht nach<br />

Westberlin zu ihrem Verlobten, meinem<br />

Opa. Dieser wartete schon sehnsüchtig<br />

auf sie und schrieb jeden Sonntag einen<br />

Brief. Wenn sie damals jemand nach ihrer<br />

Flucht fragte – ob Bekannte oder Familie<br />

– antwortete Oma Clara stets „Ich bin<br />

ein Englein geworden, mir sind Flügel gewachsen.“<br />

Nur eine einzige Freundin zuhause<br />

in Ostdeutschland wusste von ihrem<br />

Vorhaben. Mit ihr steht Oma Clara bis heute<br />

in Kontakt.<br />

In der Nacht vor dem Tag der Tage verbrannte<br />

Clara alle Briefe ihres Verlobten, um<br />

sie nicht der Stasi zu überlassen. Außerdem<br />

schickte sie ein Pa<strong>ke</strong>t mit allem, was<br />

nicht niet- und nagelfest war, zur Familie<br />

nach Sachsen-Anhalt. Denn wäre sie bei<br />

der Flucht erwischt worden, hätte Clara<br />

nicht nur um ihre Freiheit gebangt, sondern<br />

auch um die meines Opas, der Clara<br />

im Osten suchen gegangen wäre. Claras<br />

„Flügel“ wuchsen ihr am Tag darauf in der<br />

Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße.<br />

Dieser Ort wurde vom Volk „Tränenpalast“<br />

genannt, weil die DDR-Bürger*innen<br />

hier ihren West-Besuch verabschieden<br />

mussten. Auch für Oma Clara ist der Ort<br />

seitdem mit vielen gemischten Gefühlen<br />

verbunden.<br />

Wie das damals mit ihrem Fluchthelfer aus<br />

dem Westen genau ablief, möchte sie auch<br />

heute noch nicht erzählen. „Aber der liebe<br />

Gott hat’s schon gut gemeint, es hat alles<br />

geklappt“, sagt sie stattdessen. „So viel, wie<br />

ich in den Tagen geschwindelt hab’, habe<br />

ich in meinem ganzen Leben nicht mehr<br />

gelogen.“ Erst 1972 durfte Oma Clara wieder<br />

die Familie im Osten besuchen, in dem<br />

Jahr wurde auch meine Mama geboren.<br />

Ein Glück, dass meiner Oma „Flügel“ gewachsen<br />

sind.<br />

von Michèle Guyot

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