Leseprobe_Alles was bleibt oder Ein Haus in Wien
- Keine Tags gefunden...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Doris Fleischmann<br />
<strong>Alles</strong>, <strong>was</strong><br />
<strong>bleibt</strong> <strong>oder</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong><br />
<strong>Haus</strong> <strong>in</strong> <strong>Wien</strong><br />
Roman
<strong>Alles</strong>, <strong>was</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>oder</strong><br />
<strong>E<strong>in</strong></strong> <strong>Haus</strong> <strong>in</strong> <strong>Wien</strong>
Doris Fleischmann<br />
<strong>Alles</strong>, <strong>was</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>oder</strong><br />
<strong>E<strong>in</strong></strong> <strong>Haus</strong> <strong>in</strong> <strong>Wien</strong><br />
Roman<br />
Literaturgruppe Textmotor
Lektorat: Teresa Profanter<br />
Umschlaggestaltung: Nikola Stevanović<br />
Satz: Daniela Seiler<br />
Hergestellt <strong>in</strong> der EU<br />
Doris Fleischmann<br />
<strong>Alles</strong>, <strong>was</strong> <strong>bleibt</strong> <strong>oder</strong> <strong>E<strong>in</strong></strong> <strong>Haus</strong> <strong>in</strong> <strong>Wien</strong><br />
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung von:<br />
MA 7 – Kulturabteilung der Stadt <strong>Wien</strong><br />
Land Niederösterreich<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© HOLLITZER Verlag, <strong>Wien</strong> 2018<br />
www.hollitzer.at<br />
ISBN 978-3-99012-460-4
Wenn wir wollen, dass alles so <strong>bleibt</strong>, wie es ist, dann ist es<br />
nötig, dass sich alles verändert.<br />
Giuseppe Tomasi di Lampedusa (Der Leopard)
Prolog<br />
Christiane W<strong>in</strong>ter blieb vor ihrem Wohnhaus stehen.<br />
Auch Touristen taten dies oft, um die bereits verblasste<br />
Inschrift auf der Tafel zu entziffern, die l<strong>in</strong>ks neben<br />
dem <strong>E<strong>in</strong></strong>gang zur Buchhandlung angebracht war.<br />
Zur Er<strong>in</strong>nerung an den Lyriker Georg Trakl, der hier im Oktober<br />
1912 die Räumlichkeiten im vierten Stock bewohnte, um<br />
an se<strong>in</strong>en Herbstgedichten zu arbeiten.<br />
„Sonne, herbstlich dünn und zag,<br />
Und das Obst fällt von den Bäumen.<br />
Stille wohnt <strong>in</strong> blauen Räumen<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>en langen Nachmittag ...“<br />
Ob Trakl damals schon geahnt hatte, welche Tragödie<br />
sich viele Jahre später im vierten Stock ereignen sollte?<br />
Diese furchtbare Stille an jenem Nachmittag vor sieben<br />
Jahren war Christiane noch deutlich <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung.<br />
Es war e<strong>in</strong> eigenwilliges <strong>Haus</strong>, <strong>in</strong> dem sie wohnte. Anfang<br />
1912 war es als Hotel im ländlichen Stil eröffnet<br />
worden. Über der e<strong>in</strong>zigen Auslage der Buchhandlung<br />
war noch der schnörkelige Schriftzug „Weidmannsheil“<br />
zu lesen. Das Gebäude konnte schon damals nicht <strong>in</strong><br />
diese Straße gepasst haben, die heute den Autoverkehr<br />
7
mehrspurig <strong>in</strong> die Innenstadt führte. Das <strong>Haus</strong> war<br />
schmal und hoch, jede Partei bewohnte e<strong>in</strong>e eigene Etage,<br />
aber die Wohnungen waren nicht besonders groß. Es<br />
gab – sie e<strong>in</strong>geschlossen – fünf Eigentümer und Frau<br />
Wolf, die seit e<strong>in</strong>igen Jahren die Buchhandlung im Erdgeschoss<br />
betrieb.<br />
Lange Zeit war das Gebäude als Studentenwohnheim<br />
geführt worden, dass es zuvor auch e<strong>in</strong> Stundenhotel<br />
gewesen war, wussten nicht sehr viele. Sie war auch nur<br />
durch Zufall darauf gestoßen, bei ihrer Recherche im<br />
Bezirksmuseum Margareten. Vor Frau Wolf hatte es<br />
hier noch andere Gewerbetreibende gegeben. Vierzig<br />
Jahre lang konnte man im Erdgeschoss e<strong>in</strong> plüschiges<br />
Programmk<strong>in</strong>o besuchen, danach jahrelang <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
Diskothek abtanzen, vorübergehend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Billigmarkt<br />
e<strong>in</strong>kaufen und zum Schluss <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em jugoslawischen<br />
Boxclub tra<strong>in</strong>ieren.<br />
Christiane öffnete die <strong>E<strong>in</strong></strong>gangstür und betrat das Foyer.<br />
Hier h<strong>in</strong>g e<strong>in</strong> Foto der ehemaligen Jugendboxmannschaft,<br />
allerd<strong>in</strong>gs et<strong>was</strong> schief. Sie rückte es gerade.<br />
Durch die Glastür konnte sie <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>en Innenhof<br />
sehen. <strong>E<strong>in</strong></strong>mal im Jahr traf man sich dort, um das <strong>Haus</strong>fest<br />
zu feiern, e<strong>in</strong> paar Tage noch, dann war es soweit.<br />
Der Wetterdienst hatte e<strong>in</strong> Hoch angekündigt, aber im<br />
Monat April konnte man nie sicher se<strong>in</strong> …<br />
Christiane hatte die <strong>E<strong>in</strong></strong>ladungen vom Copyshop geholt,<br />
um sie zu verteilen. Sie nahm e<strong>in</strong>e für Frau Wolf aus<br />
der Tasche und steckte sie <strong>in</strong> deren Postfach. Die Buchhandlung<br />
öffnete erst um zehn Uhr. Christiane musste<br />
an die Speisen denken, die Frau Wolf <strong>in</strong> den vergangenen<br />
Jahren zum Fest mitgebracht hatte. Wenigstens<br />
8
ernährte sie sich seit e<strong>in</strong>em Jahr nicht mehr vegan. Es<br />
war aber auch e<strong>in</strong> Spaß gewesen, das Essen von Frau<br />
Wolf zu bekritteln: ihre staubtrockenen Bröselkuchen,<br />
die sich bei der ersten Berührung pulverisierten; ihr<br />
Boeuf Stroganoff aus Fleischersatz, das wie Styropor<br />
quietschte, wenn man es zwischen den Zähnen zermalmte;<br />
ihre Vegiwürstchen, die man auf e<strong>in</strong>en eigenen<br />
Griller zu legen hatte, damit sie mit den Bratwürsten<br />
und Koteletts der anderen nicht <strong>in</strong> Berührung kamen.<br />
Christiane stieg die Stufen <strong>in</strong> den ersten Stock h<strong>in</strong>auf.<br />
Es war so still im <strong>Haus</strong>, dass sie das Gefühl hatte, alle<strong>in</strong>e<br />
auf der Welt zu se<strong>in</strong>. Das Gebäude war leider zu<br />
schmal, um nachträglich noch e<strong>in</strong>en Lift e<strong>in</strong>zubauen,<br />
und ihr Atem g<strong>in</strong>g et<strong>was</strong> schneller, wie immer, wenn<br />
sie die Stufen h<strong>in</strong>auf- <strong>oder</strong> h<strong>in</strong>unterlief.<br />
Im ersten Stock wohnte Frau Bäumer, die um diese Zeit<br />
noch schlief. Christiane warf die <strong>E<strong>in</strong></strong>ladung durch den<br />
Türschlitz. Frau Bäumer war seit zwanzig Jahren verwitwet.<br />
Als junge Frau war sie e<strong>in</strong>e hübsche Baller<strong>in</strong>a<br />
gewesen, noch heute ließen sie ihre modische Garderobe<br />
und ihre perfekte Frisur weit jünger ersche<strong>in</strong>en, als sie<br />
tatsächlich war.<br />
Christiane stieg die Stufen zum zweiten Stock h<strong>in</strong>auf.<br />
Hier wohnte sie selbst. Sie war Schriftsteller<strong>in</strong>, leider<br />
ke<strong>in</strong>e sehr erfolgreiche. Ihre Eltern hatten ihr et<strong>was</strong> Geld<br />
h<strong>in</strong>terlassen, damit bestritt sie ihre täglichen Ausgaben,<br />
nahm immer wieder Nebenjobs an. Wenn sie darüber<br />
nachdachte, war es früher auch nicht besser gewesen.<br />
Warum war sie nur so lange bei ihrem depressiven Mann,<br />
e<strong>in</strong>em glücklosen Baumeister, geblieben? Schlussendlich<br />
war er gegangen und hatte ihr die Wohnung überlassen.<br />
9
Christiane g<strong>in</strong>g weiter <strong>in</strong> den dritten Stock h<strong>in</strong>auf. Hier<br />
lebte Familie Hartmann. Er war Abteilungsleiter <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>ternationalen Pharmakonzern, se<strong>in</strong>e Frau arbeitete<br />
<strong>in</strong> derselben Firma als Sekretär<strong>in</strong>. Langweilige<br />
Menschen, stets auf Distanz, nahmen nie am <strong>Haus</strong>fest<br />
teil, bis auf ihren Sohn Sebastian, der mit se<strong>in</strong>en neunzehn<br />
Jahren der jüngste <strong>Haus</strong>bewohner war. Christiane<br />
schrieb Sebastians Namen auf die <strong>E<strong>in</strong></strong>ladung und warf<br />
sie durch den Türschlitz. Sie hatte ke<strong>in</strong>e Lust zu kl<strong>in</strong>geln<br />
und eventuell auf das Ehepaar Hartmann zu treffen.<br />
Sebastian war um diese Zeit bereits <strong>in</strong> der Schule.<br />
Er wiederholte die letzte Klasse der Handelsakademie<br />
und mittlerweile zweifelte jeder im <strong>Haus</strong> daran, ob er<br />
diese jemals mit Matura abschließen würde. Ihm selbst<br />
schien das egal zu se<strong>in</strong>. Er engagierte sich <strong>in</strong> sozialen<br />
Projekten, wusste aber nicht, <strong>was</strong> er später e<strong>in</strong>mal beruflich<br />
machen wollte.<br />
Im vierten Stock angekommen, legte Christiane die<br />
<strong>E<strong>in</strong></strong>ladung auf den Fußabstreifer. Der Türschlitz war seit<br />
Jahren zugeklebt. Hier wohnten Selma und Sofia, zwei<br />
junge Student<strong>in</strong>nen. Selma schlief höchstwahrsche<strong>in</strong>lich<br />
noch, Sofia war wohl bereits auf dem Weg zur Uni.<br />
Selmas Mutter Kathar<strong>in</strong>a war Christianes beste Freund<strong>in</strong><br />
gewesen. Sie hatten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bäckerei gearbeitet,<br />
waren e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespieltes Team gewesen, das sich gegenseitig<br />
Halt gab, wenn es zu <strong>Haus</strong>e wieder e<strong>in</strong>mal krachte.<br />
Selma war e<strong>in</strong> schwieriges K<strong>in</strong>d gewesen. Kathar<strong>in</strong>a,<br />
als Alle<strong>in</strong>erzieher<strong>in</strong>, war nie gut mit ihr zurechtgekommen,<br />
und Christiane hatte regelmäßig als Ersatzmutter<br />
e<strong>in</strong>spr<strong>in</strong>gen müssen. Der Aufdruck „My home is my<br />
castle“ auf dem alten Fußabstreifer war be<strong>in</strong>ahe nicht<br />
10
mehr zu lesen. Christiane hatte diese Matte vor Jahren<br />
gekauft und sie Kathar<strong>in</strong>a geschenkt. Nachdem Selma<br />
mit vierzehn ihren ersten Nervenzusammenbruch hatte,<br />
wurde sie lange Zeit psychiatrisch betreut. Als endlich<br />
der <strong>E<strong>in</strong></strong>druck entstand, Selma wäre wieder gesund,<br />
passierte das Unglück mit ihrer Mutter. Kathar<strong>in</strong>a<br />
sprang aus dem Küchenfenster im vierten Stock. Sie<br />
könne ihr Leben nicht mehr länger ertragen, die f<strong>in</strong>anziellen<br />
Schwierigkeiten und die Sorgen um ihre kranke<br />
Tochter seien ihr über den Kopf gewachsen, so hatte sie<br />
es zum<strong>in</strong>dest auf den Küchenblock gekritzelt.<br />
Am Tag nach Kathar<strong>in</strong>as Begräbnis verabschiedete sich<br />
Christianes Mann aus ihrem Leben. Roberts jahrelanger<br />
Alkoholkonsum hatte se<strong>in</strong> Wesen so stark verändert,<br />
dass e<strong>in</strong> Zusammenleben mit ihm unerträglich<br />
geworden war – nicht nur für Christiane. Niemand im<br />
<strong>Haus</strong> fragte jemals wieder nach ihm, <strong>was</strong> auch nicht<br />
verwunderlich war, vor allem nach dem Skandal mit<br />
der Belüftungsanlage.<br />
Unter dem Dach wohnte Daniel Goldmann, sofern<br />
er <strong>in</strong> der Stadt war. Als Antiquitätenhändler reiste er<br />
viel herum. Christiane erledigte se<strong>in</strong>e Korrespondenz<br />
und Buchhaltung.<br />
Sie betrat die Dachwohnung, für die sie mittlerweile<br />
e<strong>in</strong>en Schlüssel besaß. Goldmann war e<strong>in</strong> Gewohnheitsmensch,<br />
er tat nie et<strong>was</strong> Unvorhergesehenes. Sie<br />
arbeitete gerne für ihn, obwohl er sich nach wie vor<br />
weigerte, e<strong>in</strong> Handy zu benützen. Goldmann hatte ihr<br />
<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Wohnung e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Büroecke mit e<strong>in</strong>em<br />
atemberaubenden Blick über die Stadt e<strong>in</strong>gerichtet.<br />
Auch wenn sie nichts für ihn zu tun hatte, verbrachte sie<br />
11
e<strong>in</strong>ahe täglich e<strong>in</strong>ige Stunden dort, um an ihren eigenen<br />
Texten zu arbeiten. Es war s<strong>in</strong>nlos, Goldmann<br />
e<strong>in</strong>e <strong>E<strong>in</strong></strong>ladung zum <strong>Haus</strong>fest zu h<strong>in</strong>terlegen. Er würde<br />
sowieso nicht kommen.<br />
Christiane setzte sich an den Büroschreibtisch, fuhr<br />
den Computer hoch und erwartete, e<strong>in</strong>e Nachricht von<br />
Goldmann vorzuf<strong>in</strong>den. Aber da war nichts. Planmäßig<br />
hätte er gestern <strong>in</strong> London ankommen müssen. Zwei<br />
Kunden fragten nach, wie es mit den gewünschten Bildern<br />
aussehe, aber es gab ke<strong>in</strong>e Nachricht von ihm, ob<br />
er erfolgreich gewesen war. Das war noch nie vorgekommen.<br />
Jetzt wäre e<strong>in</strong> Handy wirklich von Nutzen!<br />
Jedesmal, wenn Christiane Goldmanns Wohnung betrat,<br />
war es für sie wie e<strong>in</strong>e Reise <strong>in</strong> die Vergangenheit.<br />
Selbstverständlich lebte e<strong>in</strong> Antiquitätenhändler<br />
<strong>in</strong>mitten alter Möbel und Kunstwerke, e<strong>in</strong> m<strong>oder</strong>nes<br />
Loft mit viel Stahl und Glas wäre doch für e<strong>in</strong>en Mann<br />
se<strong>in</strong>es Berufs höchst unpassend gewesen.<br />
Bei manchen Menschen hatte Christiane das Gefühl,<br />
sie wären schon so zur Welt gekommen, mit all ihren<br />
charakterlichen Stärken und Schwächen, die sie im<br />
Erwachsenenleben e<strong>in</strong>zigartig machten. Goldmanns<br />
Eltern waren bei se<strong>in</strong>er Geburt bereits fünfundvierzig<br />
Jahre alt gewesen, hatte er ihr erzählt. Er war e<strong>in</strong><br />
spätgeborenes K<strong>in</strong>d zweier früh alt gewordener<br />
Menschen, die nach dem Schrecken des Holocausts ke<strong>in</strong>e<br />
Heimat mehr f<strong>in</strong>den konnten. Vielleicht rührte daher<br />
se<strong>in</strong>e Liebe zu Antiquitäten? Se<strong>in</strong>e Eltern hatten sich<br />
damals <strong>in</strong> ihrer Wohnung e<strong>in</strong>e eigene Welt geschaffen,<br />
e<strong>in</strong> Refugium, das ihnen Geborgenheit vermittelte<br />
und Sicherheit geben sollte. Es hatte Jahre gedauert, bis<br />
12
Goldmann soweit Vertrauen gefasst hatte, dass er außer<br />
se<strong>in</strong>er damaligen <strong>Haus</strong>hälter<strong>in</strong> auch Christiane die<br />
Schlüssel zu se<strong>in</strong>er Wohnung anvertraut hatte, und es<br />
waren weitere Jahre <strong>in</strong>s Land gezogen, bis er ihr auch<br />
Privates erzählt hatte. Sie schloss die Tür zur Dachwohnung<br />
ab, g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> ihre eigene Wohnung zurück. Sie versuchte<br />
sich ihrem Romanprojekt zu widmen, aber es war<br />
ihr nicht möglich, sich aufs Schreiben zu konzentrieren.<br />
Am Nachmittag nahm sie nochmals die Stufen zu Goldmanns<br />
Wohnung <strong>in</strong> Kauf, um sich zu vergewissern, ob<br />
er sich vielleicht doch noch gemeldet hatte. Aber nach<br />
wie vor ke<strong>in</strong>e Nachricht von ihm, weder am Anrufbeantworter<br />
noch bei den Geschäfts-E-Mails. Sie schrieb<br />
Goldmann, dass sie sich Sorgen mache und dass er sich<br />
bitte rasch melden solle.<br />
Wo mochte er se<strong>in</strong>? Im nächsten Monat stand se<strong>in</strong> siebzigster<br />
Geburtstag an. War es möglich, dass er deshalb<br />
<strong>in</strong> Panik geraten war? Christiane war ratlos.<br />
13
Daniel Goldmann<br />
Daniel Goldmann wurde <strong>in</strong> den Sitz gedrückt, die Masch<strong>in</strong>e<br />
gewann rasch an Höhe, flog e<strong>in</strong>e leichte Kurve.<br />
Er sah aus dem Kab<strong>in</strong>enfenster auf das nächtliche London<br />
unter ihm. War es Zufall gewesen, dass er am Morgen<br />
e<strong>in</strong> Schreiben se<strong>in</strong>er Cous<strong>in</strong>e Elsa im Briefkasten<br />
vorgefunden hatte? Normalerweise sah er nie nach der<br />
Post, schon gar nicht, wenn er sich mit Koffer und Mantel<br />
auf den Weg zum Flughafen machte. Se<strong>in</strong>e Assistent<strong>in</strong><br />
Christiane W<strong>in</strong>ter kümmerte sich um alles. Es gab<br />
nichts <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Leben, <strong>was</strong> nicht hätte warten können.<br />
Am Gate <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> war noch Zeit gewesen, und er hatte<br />
zum wiederholten Mal den Brief gelesen. Unglaublich,<br />
sie hatte ihm geschrieben, Elsa, se<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige lebende<br />
Verwandte, zehn Jahre älter als er, die er seit sechzig<br />
Jahren nicht mehr gesehen hatte.<br />
„Kaddisch musst ke<strong>in</strong>es für mich sprechen, nicht beten. Aber<br />
so gern möcht ich dich noch mal sehen, lieber Dani. Weißt, ich<br />
hab mich schon fast <strong>in</strong> der Erd.“<br />
Nachdem er am Flughafen Heathrow gelandet war, hatte<br />
Daniel auf der Anzeigetafel gesehen, dass e<strong>in</strong> Abendflug<br />
nach Rio de Janeiro angesetzt war. Sollte er sofort<br />
weiter zu Elsa reisen <strong>oder</strong>, wie geplant, zuerst die beiden<br />
Auktionen <strong>in</strong> London besuchen? Er verspürte e<strong>in</strong><br />
15
flaues Gefühl im Magen. Se<strong>in</strong> ganzes Leben lang hatte<br />
er sich noch nie zu e<strong>in</strong>er spontanen Aktion h<strong>in</strong>reißen<br />
lassen. Es widersprach se<strong>in</strong>em Naturell und doch spürte<br />
er e<strong>in</strong>e aufkommende Abenteuerlust. Was sollte schon<br />
passieren? Die Kunden konnten warten, und Frau W<strong>in</strong>ter<br />
würde gut ohne ihn zurechtkommen. Aber Elsa?<br />
Elsa konnte vielleicht nicht mehr lange warten. Daniel<br />
überlegte h<strong>in</strong> und her und se<strong>in</strong>e Neugierde siegte.<br />
Er hatte den letzten Sitzplatz für den Flug nach Rio ergattert.<br />
Das nächtliche London war se<strong>in</strong>em Blick längst<br />
entschwunden, nun blätterte er <strong>in</strong> dem bunten Magaz<strong>in</strong><br />
der Flugl<strong>in</strong>ie. Südamerika! Er war noch nie dort gewesen.<br />
Das Austeilen des Abendessens dauerte lange. Daniel<br />
verspürte Hunger, se<strong>in</strong> Magen knurrte. Am Nachmittag<br />
hatte er nur e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Snack am Flughafen zu<br />
sich genommen. Nachdem die Flugbegleiter<strong>in</strong> endlich<br />
auch ihm das Tablett gegeben hatte, konnte er nur wenige<br />
Bissen essen. Es gab Gemüseauflauf, wie früher<br />
bei ihm zu <strong>Haus</strong>e jeden Freitag. Die Er<strong>in</strong>nerung an<br />
se<strong>in</strong>e Eltern war mit e<strong>in</strong>em Mal da, ganz klar sah er<br />
die beiden vor sich, obwohl sie bereits vor langer Zeit<br />
verstorben waren.<br />
Sie hatten nie mit ihm darüber geredet, aber er wusste<br />
von Elsa, dass alle drei Auschwitz überlebt hatten und<br />
danach nach Paläst<strong>in</strong>a übersiedelt waren. Daniel war <strong>in</strong><br />
Tel Aviv zur Welt gekommen und viel später, als sie bereits<br />
<strong>in</strong> <strong>Wien</strong> gewohnt hatten, ohne Elsa, war e<strong>in</strong>es Tages<br />
das Gerücht aufgekommen, Hitler wäre noch am Leben.<br />
Das hätte se<strong>in</strong>e Eltern fast um den Verstand gebracht,<br />
er<strong>in</strong>nerte sich Daniel. Sie verließen die Wohnung nicht<br />
mehr, und er durfte nicht mehr zur Schule gehen.<br />
16
Nach e<strong>in</strong> paar Tagen hatte es an der Wohnungstür geläutet.<br />
Daniel hatte durch das Guckloch geblickt, direkt<br />
<strong>in</strong> die Augen se<strong>in</strong>er Klassenlehrer<strong>in</strong> Frau Klauser.<br />
Aus der zeitlichen Distanz erschien ihm das alles sehr<br />
lächerlich. Das Missverständnis war auch rasch aufgeklärt<br />
gewesen, aber es änderte nichts am Misstrauen se<strong>in</strong>er<br />
Eltern. In Tel Aviv waren die Türen offen gestanden,<br />
<strong>in</strong> <strong>Wien</strong> hielt man sie fest verschlossen.<br />
„Bald bist der letzte Goldmann, Dani. Reden wir Tacheles.<br />
Unsre Familie, alle s<strong>in</strong>d gstorbn, viel zu früh. Den Hitler haben<br />
nur wir überlebt. Weißt du, warum?“<br />
Das hatten sich se<strong>in</strong>e Eltern auch bis an ihr Lebensende<br />
gefragt, bei der Suche nach e<strong>in</strong>er Antwort hatte er<br />
ihnen nicht behilflich se<strong>in</strong> können – und sie ihm nicht<br />
dabei zu leben. Er wäre gerne wie se<strong>in</strong>e Mitschüler am<br />
Wochenende mit se<strong>in</strong>en Eltern <strong>in</strong> den Prater gegangen<br />
<strong>oder</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Gasthaus <strong>oder</strong> zu e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>dergeburtstagsfest,<br />
aber er hatte gewusst, dass sie dafür ke<strong>in</strong> Verständnis<br />
gehabt hätten.<br />
Daniel tat sich schwer, Freundschaften zu knüpfen,<br />
mit e<strong>in</strong>er Ausnahme: Hannah Katz. Aber das war <strong>in</strong><br />
Tel Aviv gewesen, und er hatte sie nie wiedergesehen.<br />
Nicht e<strong>in</strong>mal se<strong>in</strong>en Eltern hatte er jemals von se<strong>in</strong>er<br />
großen Liebe zu Hannah erzählt.<br />
„Die deutsche Schul <strong>in</strong> Rio hat mich e<strong>in</strong>gladn. Hab das erste<br />
Mal von unsrer Familie erzählt. Andre jiddische Familien<br />
haben auch diesen Kuddelmuddel! Zwei Schüler kommen noch<br />
zu mir. S<strong>in</strong>d wie me<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der. Hab nie welche ghabt. Wie<br />
ist der Name von dem kle<strong>in</strong>en Mädel gwesen <strong>in</strong> Tel Aviv,<br />
<strong>in</strong> das du so verliebt warst? Wie alt warst du damals, Dani?<br />
Fünf? Sechs?“<br />
17
Auf diese Briefstelle hatte Daniel beim ersten Lesen<br />
besonders emotional reagiert. Elsa er<strong>in</strong>nerte sich an<br />
Hannah Katz! <strong>Haus</strong> an <strong>Haus</strong> hatten sie damals <strong>in</strong> Tel<br />
Aviv gewohnt, <strong>in</strong> derselben Straße. Wie konnte Elsa<br />
bemerkt haben, dass er bereits als kle<strong>in</strong>er Junge <strong>in</strong> die<br />
gleichaltrige Hannah verliebt gewesen war? Er hatte<br />
nie mit ihr darüber gesprochen.<br />
Endlich wurde es ruhig im Flieger. Es war sehr kühl <strong>in</strong><br />
der Kab<strong>in</strong>e, Daniel zog se<strong>in</strong>en Mantel an. Er versuchte<br />
zu schlafen, aber die Sprüche se<strong>in</strong>er Mutter spukten <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>em Kopf herum:<br />
„Wenn du aus dem <strong>Haus</strong> gehst, me<strong>in</strong> Junge, nimm immer<br />
de<strong>in</strong>en Mantel mit. Du weißt nicht, <strong>was</strong> geschehen wird.“<br />
Oder:<br />
„Bitte zieh nie schwarze Socken an, versprich mir das, sie<br />
br<strong>in</strong>gen den Tod aus Dachau. Wie bei de<strong>in</strong>em Großvater.“<br />
Se<strong>in</strong> Vater hatte nie et<strong>was</strong> dazu gesagt, aber se<strong>in</strong> Blick war<br />
<strong>in</strong> diesen Momenten besonders traurig und leer gewesen.<br />
Daniel lehnte sich im Sitz zurück, rund um ihn schliefen<br />
<strong>oder</strong> dösten die anderen Passagiere, <strong>in</strong> der Ferne<br />
hörte er die Flugbegleiter<strong>in</strong>nen hantieren, bestimmt<br />
würde demnächst das Frühstück serviert werden. Mühsam<br />
stand er auf, <strong>in</strong> der Früh brauchte er jetzt mehr<br />
Zeit, um se<strong>in</strong>en Körper <strong>in</strong> Schwung zu br<strong>in</strong>gen. Er zog<br />
se<strong>in</strong>en Mantel aus, legte ihn sorgfältig zusammen und<br />
verstaute ihn <strong>in</strong> der Ablage über se<strong>in</strong>em Sitz. Aus der<br />
Umhängetasche holte er se<strong>in</strong>en Waschbeutel heraus.<br />
Die Katzenwäsche <strong>in</strong> der kle<strong>in</strong>en Flugzeugtoilette war<br />
e<strong>in</strong>e Herausforderung für e<strong>in</strong>en Mann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Alter,<br />
zweimal fiel ihm die Tube mit Gesichtscreme auf den<br />
Boden, beim Frisieren stieß er mit der Hüfte hart gegen<br />
18
das Waschbecken. Er brauchte lange. Als er die Toilette<br />
verließ, hatte sich bereits e<strong>in</strong>e Menschenschlange gebildet,<br />
<strong>was</strong> ihm sehr unangenehm war. Rasch g<strong>in</strong>g er zu<br />
se<strong>in</strong>em Sitz zurück.<br />
Um sieben Uhr Ortszeit landete das Flugzeug <strong>in</strong> Rio<br />
de Janeiro. Es war Sonntag und Daniel verspürte e<strong>in</strong><br />
Kribbeln <strong>in</strong> der Magengegend. Elsa hatte geschrieben,<br />
dass er sich im W<strong>in</strong>dsor Plaza e<strong>in</strong>quartieren solle, das<br />
sehr nahe zur Copacabana liege, wenige M<strong>in</strong>uten von<br />
ihrer Wohnung entfernt sei und außerdem e<strong>in</strong> wirklich<br />
schöner Flecken <strong>in</strong> Rio.<br />
Am Weg vom Flughafen <strong>in</strong> die Stadt fuhr das klapprige<br />
Taxi durch ärmliche Viertel. Die Favelas h<strong>in</strong>gen wie<br />
bunte Geschwüre an den Bergen. Der erste <strong>E<strong>in</strong></strong>druck<br />
von Rio war wirklich nicht der beste, die Häuser <strong>in</strong> den<br />
Außenbezirken sahen allesamt desolat aus, vor allem an<br />
e<strong>in</strong>em so wolkenverhangenen Tag. In den <strong>E<strong>in</strong></strong>gangsbereichen<br />
der protzigen Kaufhäuser und Büros schliefen<br />
Menschen, <strong>in</strong> schmutzige Decken gehüllt. Daniel<br />
bemerkte Schuhputzer, Bettler, Autofensterputzer an<br />
den Straßenkreuzungen.<br />
Im W<strong>in</strong>dsor Plaza war e<strong>in</strong> sofort beziehbares Zimmer<br />
frei. Daniel buchte es für e<strong>in</strong>e Woche. Mit Hilfe der<br />
Rezeptionist<strong>in</strong> schickte er e<strong>in</strong>e kurze E-Mail an Frau<br />
W<strong>in</strong>ter <strong>in</strong> <strong>Wien</strong>.<br />
Nach e<strong>in</strong> paar Stunden Schlaf im Hotelbett war Daniel<br />
zwar ausgeruht, aber se<strong>in</strong>e Hände zitterten. Er war<br />
hungrig. Die Rezeptionist<strong>in</strong> empfahl ihm e<strong>in</strong>e Churrascaria<br />
gleich um die Ecke. Noch e<strong>in</strong>e neue Erfahrung<br />
für Daniel. Alle paar M<strong>in</strong>uten kam e<strong>in</strong> Kellner mit<br />
19
e<strong>in</strong>em Spieß vorbei und schnetzelte kle<strong>in</strong>e Fleischteile<br />
auf Daniels Teller, dazu gab es Brot, Bratkartoffeln<br />
und Pommes. Zum Abschluss wurden gebratene Bananen<br />
mit Zimt und Kristallzucker serviert. Daniels<br />
Zittern ließ langsam nach. Bevor er sich auf den Weg<br />
zu Elsa machte, spazierte er zum Strand h<strong>in</strong>unter und<br />
g<strong>in</strong>g die Copacabana entlang bis zur Festung. Auf der<br />
Esplanade wurde gelaufen, gewalkt und am Strand<br />
Beach-Volleyball gespielt. Daniel beobachtete, dass<br />
auch viele ältere Männer unter den Sportlern waren. So<br />
et<strong>was</strong> konnte man <strong>in</strong> <strong>Wien</strong> nicht sehen, nicht e<strong>in</strong>mal auf<br />
der Donau<strong>in</strong>sel.<br />
Auf dem Rückweg bemerkte Daniel <strong>in</strong> der Ferne den<br />
Zuckerhut, der bei se<strong>in</strong>er Ankunft noch h<strong>in</strong>ter den<br />
Wolken verborgen gewesen war. Er g<strong>in</strong>g die Esplanade<br />
entlang bis zum Copacabana Hotel. Auf e<strong>in</strong>er Tafel<br />
beim Hotele<strong>in</strong>gang las er, dass hier 1933 der Film<br />
„Fly<strong>in</strong>g Down to Rio“ mit Fred Astaire gedreht worden<br />
war. Diesen Film hatte se<strong>in</strong>e Mutter mehrmals im<br />
K<strong>in</strong>o gesehen, fiel ihm e<strong>in</strong>, damals, <strong>in</strong> der noch nicht<br />
ganz so schlechten Zeit, wie sie es genannt hatte.<br />
Nervös bog er <strong>in</strong> die Rua Santa Clara e<strong>in</strong>, gleich neben<br />
dem Hotel. Bald würde er vor Elsas Wohnung stehen,<br />
e<strong>in</strong>er achtzigjährigen Elsa allerd<strong>in</strong>gs. War es klug gewesen,<br />
spontan nach Rio zu fliegen? Er stolperte über<br />
e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en Ste<strong>in</strong>, der am Weg lag. Vielleicht hätte er<br />
Elsa se<strong>in</strong> Kommen doch vorher ankündigen sollen? Er<br />
atmete durch, e<strong>in</strong> paar Schritte noch, dann läutete er<br />
bei Nummer 30.<br />
„Servus, Dani“, sagte e<strong>in</strong>e alte, gebückte Frau, die vorsichtig<br />
die Tür öffnete. Daniel war erstaunt. Die Ähn-<br />
20
lichkeit mit der jungen Elsa war verblüffend, selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
großen Menschenmenge hätte er sie sofort erkannt.<br />
„Elsa, mach ke<strong>in</strong>e G’schichten, <strong>was</strong> red’st denn du vom<br />
Sterben?“, brach es aus Daniel hervor. Er wusste nicht,<br />
ob er we<strong>in</strong>en <strong>oder</strong> lachen sollte. Elsa nahm ihm diese Entscheidung<br />
ab. Sie strahlte ihn an und umarmte ihn fest.<br />
„Wo bist so lang blieben? Nix als Zores hat man mit dir!“<br />
Die Wiedersehensfreude überwältigte Daniel, Fragen<br />
und Bilder schossen ihm durch den Kopf.<br />
Elsa schloss die Tür und g<strong>in</strong>g weiter <strong>in</strong>s Wohnzimmer.<br />
Er folgte ihr langsam, um sich wieder zu beruhigen. An<br />
den Wänden h<strong>in</strong>gen unzählige Fotos. Daniel erkannte<br />
se<strong>in</strong>e Eltern, die alte Wohnung <strong>in</strong> Tel Aviv, die hübsche,<br />
junge Elsa, w<strong>in</strong>kend beim Abschied im Jahr 1958, und<br />
sich selbst als K<strong>in</strong>d, das sich we<strong>in</strong>end am Rockzipfel<br />
se<strong>in</strong>er Mutter festhielt.<br />
„Da schaust, <strong>was</strong>? Die ganze Mischpoche vere<strong>in</strong>t!“<br />
Elsa setzte sich langsam auf e<strong>in</strong>en gepolsterten Sessel,<br />
dessen beste Tage lange vorbei waren. Generell fiel<br />
Daniel die Schäbigkeit des Raumes auf, ja die des ganzen<br />
<strong>Haus</strong>es, aber man konnte Südamerika nicht mit<br />
Mitteleuropa vergleichen, das war ihm bewusst.<br />
„Mit achtzig braucht man noch nicht sterben“, sagte<br />
Daniel <strong>in</strong> die Stille h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, „außerdem: Unkraut vergeht<br />
nicht.“<br />
Elsa lachte auf: „Frech wie früher, der Dani. Sag, <strong>was</strong>’d<br />
willst. Ich hab mich schon fast <strong>in</strong> der Erd’.“<br />
Daniel zog e<strong>in</strong>en zweiten Stuhl heran, setzte sich Elsa<br />
gegenüber und hielt ihre Hände fest.<br />
„Ich hätte nie gedacht, dass wir uns nochmals sehen, Elsa.“<br />
„Fesch bist word’n, Dani!“<br />
21