Leseprobe_Marmorstein und Eisen
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Kranken haus versorgt worden war <strong>und</strong> sich in der Obhut<br />
seines Vaters befand, <strong>und</strong> dass Sie keine Ahnung hatten,<br />
was während Ihrer Abwesenheit passiert war, weil<br />
Sie nur Ihr eigenes Wohlbefinden im Kopf hatten?“<br />
Petersen sprang auf. „Euer Ehren, das geht zu weit!“,<br />
schnarrte er. Doch der Richter winkte ab. „Ich möchte<br />
das jetzt hören“, erklärte er. „Also, Mrs. Lincoln, beantworten<br />
Sie bitte die Frage. Verhält es sich so, wie<br />
Counselor <strong>Marmorstein</strong> gesagt hat?“ Bambi, die jetzt<br />
keine Ähnlichkeit mit einem scheuen Reh mehr hatte,<br />
sondern eher einer egoistischen Furie glich, knirschte<br />
vor Zorn mit den Zähnen, konnte aber an der Wahrheit<br />
nicht länger vorbei. Ihr Nicken war nur angedeutet <strong>und</strong><br />
ihr „Ja“ kaum zu verstehen. Trotzdem hatte der Richter<br />
es gehört. „Ich habe vergessen, dass mein Telefon ausgeschaltet<br />
war“, maulte sie dann, „so etwas kann doch<br />
einmal passieren.“<br />
Nun, nicht wenn man das alleinige Sorgerecht für ein<br />
Kind anstrebte. Dann nicht. „Euer Ehren, die Leiterin<br />
der Vorschule, Mrs. Magda Webber, ist bereit auszusagen,<br />
dass Mrs. Lincoln bei mehr als nur einer Gelegenheit<br />
ihren Sohn zu spät oder sogar gar nicht abgeholt hat,<br />
weil sie vergaß oder mit anderen Dingen beschäftigt war,<br />
sodass das Kind in der Vorschule warten musste, bis sein<br />
Vater seine Arbeit verlassen konnte“, stellte ich kühl fest.<br />
Auf der Stirn des Richters bildeten sich tiefe Falten.<br />
„Hochinteressant“, grollte er. „Und was bringt Sie<br />
dann dazu, Mrs. Lincoln, das alleinige Sorgerecht für<br />
Ihr Kind zu beantragen, wenn Sie doch offensichtlich<br />
bereits während Ihrer Ehe mit der Aufgabe überfordert<br />
waren, sich um den kleinen Michael zu kümmern?“<br />
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