STADTJournal September 2020
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STADTJournal In eigener Sache
Es ist schwer zu ertragen –
aber wir sollten nicht verzagen
Das Jahr 2020 wird als Corona-Jahr in
die Geschichte eingehen. Das darauffolgende
2021 wird ein Wahljahr sein, aber
wohl kaum in die Geschichte eingehen.
Dabei gäbe es, gerade durch die erheblichen
Einschnitte zurzeit, reichlich Gründe, um
das eine oder andere, nein, sogar vieles zu
überdenken. Dafür müssten aber in weiten
Teilen jetzt schon Weichen gestellt werden.
Und was passiert? Nun, es gab zum Beispiel
die Möglichkeit, eine Wahlrechtsreform auf
den Weg zu bringen. Aber was hat die große
Koalition beschlossen? Wir schieben die
himmelschreiende Korrektur der Mandate
im Bundestag von derzeit unfassbaren 709
zurück in Richtung der Regelgröße von einst
598, einfach in das Jahr 2025. Da kann man
dann ja mal sehen. Das ist ein unfassbarer
Skandal und ein Armutszeugnis zugleich.
Den Verzicht auf eigene Mandate hätte
dies für CDU und SPD bedeutet, das geht
natürlich nicht. Auf dem Ast zu sägen, auf
dem man selbst sitzt, wäre auch nicht clever.
Oder doch, in einer Zeit der Neuverschuldung,
überzogener Haushalte und frischen
Löchern, die die Corona Panik gerissen hat?
Die Bürgerschaft wird verhonepiepelt,
nicht ernst genommen – so sehe ich das!
Pro Bundestagsmandat bedeutet das ja
nicht nur fette Gehälter für die Abgeordneten.
Die haben alle einen eigenen Stab, eine
eigene Logistik. Überdimensionierte Mehrkosten,
die ausschließlich mit Steuergeldern
finanziert werden.
Das wäre ein Grund zu protestieren, finde
ich. Aber das wird durch die Corona Diskussionen
alles übertüncht. Da finde ich nach wie
vor, es wäre alles nicht so schwer, wenn man
sich an die einfachsten Regeln halten würde.
Gegen die vorübergehende Maskenpflicht
zu protestieren, ist doch albern.
Die rechten Gruppen, die dies unterwandern,
sind einfach nur peinlich, aber
nicht ungefährlich. Gar nicht auszudenken,
das Wahljahr 2021 würde doch noch
ein geschichtsträchtiges, wenn die linken
und rechten Extremen weiter Zuwachs
generieren könnten. Die Ansätze sind da
und gerade deshalb bin ich so erschüttert,
dass die etablierten Parteien der eigentlich
starken Mitte, die Zeichen der Zeit nicht
erkennen.
Es wäre an der Zeit, weniger machtbesessen
zu sein, weniger an Posten und
Pöstchen zu klammern. Es gibt übrigens
Tausende Staatsbedienstete, die sich seit
Monaten im Saft suhlen. Gemütlich im
Homeoffice oder im Büro verschanzen,
„stressige“ Videokonferenzen – keine Einbußen
– keine Kurzarbeit.
Es gibt Posten und Ausschüsse, die braucht
kein Mensch. Es wird die Verwaltung der
Verwaltung verwaltet. Stellen Sie mal für
irgendwas einen Antrag in diesem Land.
Zum Beispiel für Corona-Hilfen soll das ja
problemlos möglich sein, für Firmen, aber
auch für Vereine. Da werden Zahlen veröffentlicht,
die abzurufen wären. Jedoch werden
diese nie abgerufen, das kommt nun
peu a peu ans Tageslicht.
Vereine sollen beim Landessportbund
Gelder beantragen können, die das
Land zur Verfügung stellt. Die Arbeit, die
dafür vom Ehrenamt investiert werden
müsste, steht in keinem Verhältnis zur
Chance, irgendwann überhaupt nur einen
Cent zu bekommen. Ganz abgesehen von
der Androhung von Haftstrafen für Unterzeichner.
Meinem Verein, der SG 2000
gingen durch die Verbote von März bis
Juli Tausende von Euros durch die Lappen.
Aber okay, da konnten wir auch sparen.
Nun rollt der Ball wieder, auch der Rubel.
Alle Kosten poppen sofort wieder auf, aber
nicht die Einnahmen.
Die Sponsoren stehen zum Verein, das ist
außerordentlich und bemerkenswert
und das wünsche ich allen Vereinen. Für
uns steht nun diese spannende Oberliga-
Saison an. Zum ersten Spiel gegen Engers,
bei perfektem Wetter, wurden nur 350
Zuschauer erlaubt, inklusive aller Helfer
und Funktionäre von zwei Vereinen. Woher
kommt eigentlich diese Zahl? Sinn machen
würde eine Zahl gemessen an Regeln, aber
auch vorhandenem Raum. Es bringt nichts,
sich darüber aufzuregen, dass in Berlin
bis zu 5000 Menschen im Freien zusammenkommen
dürfen, in Rheinland-Pfalz
350. Aber es regt mich auf, dass wir auf
Politik ist wie Hitze, manchmal schwer
zu ertragen, aber ohne geht's auch nicht.
Abkühlungen tun gut und Meinungsäußerungen
zuweilen auch.
eine begründete, durchdachte Anfrage bei
den Behörden keine Erlaubnis bekommen
haben, wenigstens 500 Zuschauer zuzulassen.
Es dauerte mehr als eine Woche, um
uns mitzuteilen, dass das nicht genehmigt
würde, weil wir ja rein finanzielle Interessen
hätten?! Die Anfrage ging über ein paar
Dutzend Schreibtische. Wer soll eigentlich
entscheiden, war die Frage?
Ich stelle die Gegenfrage: Gibt es dafür
vielleicht zu viele Optionen? Von der Verbandsgemeinde
ging es zur Kreisverwaltung.
Da waren ein paar in Urlaub, ein paar
eigentlich nicht zuständig. Am Ende die
Absage mit einer Begründung, die ich nicht
akzeptieren kann. Übrigens: Der Entscheider
kennt unsere weitläufige Anlage gar
nicht. Man hätte ja mal schauen können.
Natürlich wollten wir über mehr Zuschauer
mehr Einnahmen generieren. Wir brauchen
diese Einnahmen und wir haben
nichts Unverschämtes verlangt. In Engers,
drei Kilometer Luftlinie entfernt, waren vor
drei Wochen 500 Zuschauer auf wesentlich
kleinerem Raum zugelassen. Dabei
wird ja immer PR-trächtig präsentiert, wie
wichtig das Ehrenamt wäre, die Vereinsarbeit.
Hier hätte man mal unbürokratisch
helfen können, ohne ein Fass aufzumachen,
ohne Leben zu gefährden. Ich stelle
die Frage: Was hätte passieren können,
wenn es genehmigt worden wäre? Natürlich
haben wir nachgehakt, dazu haben uns
auch hier unsere Verwaltungschefs geraten.
Die mündliche, inoffizielle Mitteilung war,
„da wolle jemand keinen Präzedenzfall
schaffen“ – aha?! Zwei Tage später gestat-
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