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Liudger - Ausgabe September 2020

Die 12. Ausgabe des Magazins für Mitarbeitende im Bistum Münster trägt den Titel "Alt & Neu". Entdecken Sie die unterschiedlichen Facetten dieses Wortpaares und reisen Sie mit uns zur Kirche St. Marien in Schillig und ins Museum Religio nach Telgte. Lesen Sei ein Interview mit Prof. Dr. Norbert Köster zum Thema Wendepunkte der Kirchengeschichte, erfahren Sie von Andrea Stachon-Groth, Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Münster, wie es ist, in einem generationsgemischten Team zu arbeiten und Vieles mehr.

Die 12. Ausgabe des Magazins für Mitarbeitende im Bistum Münster trägt den Titel "Alt & Neu". Entdecken Sie die unterschiedlichen Facetten dieses Wortpaares und reisen Sie mit uns zur Kirche St. Marien in Schillig und ins Museum Religio nach Telgte. Lesen Sei ein Interview mit Prof. Dr. Norbert Köster zum Thema Wendepunkte der Kirchengeschichte, erfahren Sie von Andrea Stachon-Groth, Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatung in Münster, wie es ist, in einem generationsgemischten Team zu arbeiten und Vieles mehr.

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Kirchliche Meilensteine<br />

aufzuhalten. Der Bischof kann jede Form von Leitung<br />

delegieren, wie er es möchte. Das ist übrigens<br />

auch rechtlich kein Problem. Zum Beispiel gibt es im<br />

Kirchenvorstandsrecht viele solcher Momente.<br />

Die Instruktion ist auf Deutsch verfasst, obwohl<br />

auch in anderen Ländern die Frage der Leitung<br />

auf der Agenda steht.<br />

Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Formen<br />

von Leitung – zum Beispiel seit 40 Jahren in Frankreich.<br />

So haben die Bischöfe in Tours und Poitiers<br />

längst Riten entwickelt, um Laien Gemeindeleitung<br />

zu übertragen. Das flog unter dem Radar und<br />

hat sich so etabliert.<br />

Der Prozess in Deutschland kommt jetzt in Rom<br />

auf, weil wir in Deutschland eine neue Schiene dazubekommen<br />

haben, nämlich die der Hauptberuflichkeit.<br />

Und das ist der entscheidende Punkt: Wir<br />

haben in Deutschland eine außerordentlich gut<br />

personell ausgestattete Kirche. Meine Wahrnehmung<br />

ist, dass wir zwischen Ehren- und Hauptamt<br />

eine sehr schwierige Konstellation haben.<br />

Zwischen Priestern und Pastoralreferenten hat sich<br />

viel zu einer positiven Zusammenarbeit entwickelt.<br />

Aber dass Hauptberufliche jetzt mit Ehrenamtlichen<br />

zusammen etwas entwickeln möchten, oder<br />

etwas an Ehrenamtliche abgeben sollen, das ist<br />

ein Konfliktprozess.<br />

Es ist also nicht nur so, dass jetzt aus Rom<br />

Gegenwind kommt. Den haben wir auch in den<br />

eigenen Reihen.<br />

Ich glaube, dass sich diese Frage nur langsam in<br />

einem Prozess klären wird und sich die Rollen von<br />

Hauptberuflichen nochmal neu klären müssen.<br />

Geht es um Macht? Oder geht es da um Unterstützung?<br />

Was ist also die Grundperspektive? Heißt<br />

Hauptberuflichkeit Unterstützung des Ehrenamts?<br />

Ich sehe die Konfliktlinie also nicht nur zwischen<br />

Rom und uns hier. Das ist alles noch gar nicht so<br />

abgemacht, wie es hier vor Ort aufgenommen und<br />

wie es am Ende umgesetzt wird.<br />

Offensichtlich sind also Wendepunkte immer<br />

Prozesse und keine Hauruckaktionen. Und es<br />

sind Prozesse, bei denen man auch Menschen<br />

verliert.<br />

Natürlich. Und in denen Menschen sich umstellen<br />

müssen. Hauptberufliche müssen sehen, dass<br />

sie eine andere Funktion haben werden. Umgekehrt<br />

waren Ehrenamtliche in einer durchaus<br />

bequemen Rolle, immer sagen zu können, dass<br />

die Hauptberuflichen das schon organisieren, wie<br />

zum Beispiel die Katechese. Und das hat ja auch<br />

so eine Mentalität hervorgebracht, die davon<br />

ausgeht, dass religiöse Erziehung zum Beispiel<br />

ausschließlich als Sache von Kitas oder Schulen –<br />

also durch Hauptberufliche – angesehen wird.<br />

Dieser Stab an Hauptberuflichen ist eine relativ<br />

junge Entwicklung, die wir erst seit 50 Jahren haben.<br />

Im 19. Jahrhundert hatten Ehrenamtliche den<br />

Großteil der Sache sowieso selbst in der Hand.<br />

In Vereinen, Nachbarschaften und Bruderschaften<br />

organisierten sie sich selbst, und den Priester<br />

brauchten sie nur für ein paar bestimmte Dinge –<br />

Sakramente eben. Jetzt müssen sich viele Leute<br />

neu orientieren, und einige werden sicherlich auch<br />

sagen, dass das so dann nicht mehr ihre Kirche sei.<br />

Zum Abschluss: Was kann die katholische Kirche<br />

heute aus der Geschichte ihrer eigenen Wendepunkte<br />

lernen?<br />

Es hat immer extreme Wandlungen in der Kultur<br />

gegeben. Und ich glaube, dass die Kirche es immer<br />

wieder geschafft hat, mit allen Schwierigkeiten<br />

und auch mit dem Verlust von Menschen fertig<br />

zu werden, aus einem solchen Kulturwandel zu<br />

lernen und sich neu aufzustellen. Wenn man das<br />

über die Jahrhunderte sieht, hat es immer wieder<br />

funktioniert. Ich denke, das wird auch jetzt so sein –<br />

auch wenn es langwierige Prozesse sind.<br />

Die Dinge werden anders sein, aber es wird immer<br />

Menschen geben, denen die Sache wichtig ist und<br />

die eine Form finden, sie in der gegenwärtigen<br />

Kultur zu platzieren.<br />

Fotos von Julia Geppert (1), Adobe Stock (3), Unsplash.com (1)<br />

Erst nach dem 5. Jahrhundert kommt die Heiligenverehrung auf.<br />

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