VSAO JOURNAL Nr. 5 - Oktober 2020
Raum - Aufräumen, heilen, malen, bloggen Orthopädie - Orthopädische «Kurvendiskussion» Schmerz - Analgetikaunverträglichkeit: Intoleranz oder Allergie? Politik - Neuer vsao-Präsident
Raum - Aufräumen, heilen, malen, bloggen
Orthopädie - Orthopädische «Kurvendiskussion»
Schmerz - Analgetikaunverträglichkeit: Intoleranz oder Allergie?
Politik - Neuer vsao-Präsident
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<strong>VSAO</strong><br />
<strong>Nr</strong>. 5, <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong><br />
Journal<br />
Das Journal des Verbandes Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />
Raum<br />
Aufräumen, heilen, malen, bloggen<br />
Seite 22<br />
Orthopädie<br />
Orthopädische «Kurvendiskussion»<br />
Seite 34<br />
Schmerz<br />
Analgetikaunverträglichkeit:<br />
Intoleranz oder Allergie?<br />
Seite 41<br />
Politik<br />
Neuer vsao-Präsident<br />
Seite 6
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Inhalt<br />
Raum<br />
Aufräumen, heilen, malen, bloggen<br />
Coverbild: Till Lauer<br />
Editorial<br />
5 Von Räumen, Zahlen und Wahlen<br />
Politik<br />
6 Endlich 50 oder besser 42 Stunden?<br />
9 «Bin immer als Angelo dabei»<br />
13 Auf den Punkt gebracht<br />
Weiterbildung /<br />
Arbeitsbedingungen<br />
14 Wie ein Guru Berichte schreiben<br />
17 Lesen lernen<br />
vsao<br />
19 Neues aus den Sektionen<br />
21 vsao-Rechtsberatung<br />
Fokus: Raum<br />
22 Im Weltraum könnte es eng werden<br />
26 Eines Bloggers Blick auf die Welt<br />
28 Von der Entdeckung des Raums<br />
31 Bauen für Körper und Seele<br />
Perspektiven<br />
34 Aktuelles aus der Orthopädie –<br />
Adoleszente Idiopathische Skoliose –<br />
Ätiologie und aktuelle Therapiekonzepte:<br />
Orthopädische «Kurvendiskussion»<br />
41 Aus der «Therapeutischen<br />
Umschau» – Übersichtsarbeit:<br />
Analgetika unverträglichkeit:<br />
Intoleranz oder Allergie?<br />
46 Der besondere Patient<br />
MEDISERVICE<br />
47 Bitte lesen Sie das Kleingedruckte:<br />
Die Verantwortung wächst<br />
53 Briefkasten<br />
54 «Mit gesundem Menschen verstand»<br />
56 Kinder und Jugendliche in der Krise<br />
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<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 3
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Editorial<br />
Von Räumen,<br />
Zahlen und<br />
Wahlen<br />
Catherine Aeschbacher<br />
Chefredaktorin <strong>VSAO</strong>-Journal<br />
46 m 2 – so gross war 2018 in der Schweiz die durchschnittliche Wohnfläche<br />
pro Person. 1980 betrug die Fläche noch 34 m 2 . Aktuell ist die<br />
Tendenz wieder rückläufig, nicht zuletzt weil vermehrt Familien in<br />
den städtischen Raum zurückkehren und wieder mehr Personen auf<br />
eine Wohnung entfallen. Mit deutlich weniger Raum müssen übrigens<br />
Legehennen auskommen: Auf Gitterflächen dürfen zwölfeinhalb Tiere<br />
pro m 2 gehalten werden.<br />
Wie gross das ideale Patientenzimmer sein sollte, wissen wir nicht.<br />
Dass die Umgebung sehr wohl zur Heilung beitragen kann, ist indes<br />
unbestritten. Wie man einen solchen Raum am besten gestaltet, ist<br />
Forschungsgegenstand der «Healing Architecture». Ihr ist ein Beitrag<br />
in unserem Schwerpunkt zum Thema Raum gewidmet.<br />
Ziemlich genau datieren lässt sich hingegen die «Entdeckung» des<br />
Raums in der Malerei. Im Jahr 1427 schuf der noch junge Maler Masaccio<br />
in der Kirche Santa Maria Novella in Florenz ein beachtliches<br />
Fresko. Dabei benutzte er zur Darstellung der Dreifaltigkeit die mathematisch<br />
korrekte Zentralperspektive. Das Gemälde war für seine<br />
Zeitgenossen eine Sensation, entsprach doch die Abbildung des<br />
Raums genau dem, was das Auge in der Realität wahrnimmt.<br />
1977 veröffentlichte der amerikanische Soziologe Richard Sennett sein<br />
Buch «The Fall of Public Man» («Verfall und Ende des öffentlichen<br />
Lebens. Die Tyrannei der Intimität»). Darin stellte er die These auf,<br />
dass die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Raum immer<br />
mehr verschwinde und die öffentliche Sphäre zunehmend «psychologisiert»<br />
werde. In einer Zeit, in der viele ihr ganzes Leben online<br />
zugänglich machen oder sich vor Fernsehkameras psychisch und<br />
physisch hemmungslos entblössen, ist man geneigt, Sennetts These<br />
zuzustimmen. Wie aber sieht das ein Blogger? Wie geht er mit privat<br />
und öffentlich um? Die Antwort findet sich ebenfalls im Schwerpunkt.<br />
Und schliesslich verlassen wir unsere Sphäre und begeben uns in den<br />
Weltraum. Allerdings wenden wir uns dabei einer sehr irdischen<br />
Tätigkeit zu: dem Aufräumen. Weil immer mehr Schrott im All unterwegs<br />
ist, muss auch dort für Ordnung gesorgt werden.<br />
Und nun zu den Wahlen. Seit Ende August hat der vsao einen neuen<br />
Präsidenten. Angelo Barrile, Nationalrat und bisheriger Vizepräsident<br />
vsao, hat die Nachfolge von Anja Zyska angetreten, die das Amt aus<br />
beruflichen Gründen abgibt. Wo Angelo Barrile seine Schwerpunkte<br />
setzen möchte, ist im Politikteil nachzulesen. Und was dem vsao<br />
Schweiz recht ist, kann den Sektionen nur billig sein. Im vsao-Teil<br />
zieht die scheidende Präsidentin der Sektion Zürich, Jana Siroka, ihre<br />
Bilanz. Die Sektion Bern hingegen erweitert ihr Präsidium. Neu steht<br />
Marius Grädel-Suter als Co-Präsident Nora Bienz zur Seite. Diese wird<br />
künftig auch als Vizepräsidentin vsao tätig sein. Wir wünschen allen<br />
Gewählten viel Freude und Erfolg im Amt!<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 5
Politik<br />
Endlich 50 oder<br />
besser 42 Stunden?<br />
Durchgreifen beim Arbeitsgesetz, sondieren für einen<br />
nationalen Gesamtarbeitsvertrag (GAV): Der vsao trifft neue Massnahmen,<br />
um die Arbeitsbedingungen seiner Mitglieder<br />
zu verbessern. Und das mit neuem Chef.<br />
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer vsao<br />
Der vsao interveniert wegen der Arbeitssituation seiner Mitglieder regelmässig im Bundeshaus. Oft ist dies eine Sisyphusaufgabe – zu<br />
oft, weshalb der Verband jetzt die Gangart verschärft.<br />
Knapp drei Jahre sind nicht genug<br />
– weder für den Verband<br />
noch für sie selber. Doch Anja<br />
Zyska hat aus beruflichen<br />
Gründen nicht mehr Zeit, das höchste<br />
Amt im vsao zu bekleiden. Denn seit Juni<br />
leitet sie die Abteilung Arbeitsmedizin bei<br />
der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt<br />
(Suva) in Lausanne. «Wegen<br />
meiner neuen Rolle als Chefärztin möchte<br />
ich auch Interessenkonflikte vermeiden»,<br />
ergänzt die 49-Jährige. Obwohl sie<br />
den Rücktritt vom Verbandspräsidium<br />
sehr bedaure.<br />
Dieses liegt nun in den Händen von Angelo<br />
Barrile, der vom Zentralvorstand an der<br />
jüngsten Sitzung einstimmig zum Nachfolger<br />
erkoren wurde. Der Zürcher Hausarzt<br />
war seit 2016 Zyskas Vize. 2015 wurde<br />
er für die SP in den Nationalrat gewählt<br />
und vor Jahresfrist im Amt bestätigt. Barrile,<br />
der nebst seinem Engagement beim<br />
vsao weitere und nicht nur gesundheitspolitische<br />
Mandate ausübt, kündigte an, «bei<br />
meinen Stellungnahmen klar zu deklarieren,<br />
in welcher Funktion ich spreche».<br />
Mehr zum Wechsel an der Verbandsspitze<br />
auf Seite 9.<br />
Bern soll eingreifen<br />
Die dritte Studie zur Arbeitssituation der<br />
Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte<br />
hat es im Frühling einmal mehr gezeigt:<br />
Die Misere in den Spitälern hält an. So verstossen<br />
die Arbeitszeiten bei 62 Prozent<br />
der fast 3000 teilnehmenden vsao-Mitglieder<br />
nach wie vor gegen das Gesetz. Jedes<br />
zweite Mitglied steht im Wochenschnitt<br />
länger als die rechtlich zulässigen<br />
50 Stunden im Dienst. Hochgerechnet auf<br />
ein Vollzeitpensum sind es im Mittel nach<br />
wie vor gegen 56 Stunden. 69 Prozent arbeiten<br />
zudem länger als vereinbart. Es<br />
Bilder: vsao<br />
6<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Politik<br />
An der jüngsten ZV-Sitzung im Zentralsekretariat in Bern waren 15 Sektionen vertreten, wegen der Coronkrise ausnahmsweise aber nur mit jeweils einer<br />
Person.<br />
werden allerdings gar nicht alle geleisteten<br />
Stunden erfasst.<br />
Einmal mehr? Einmal zu viel! Zu diesem<br />
Schluss kam der Zentralvorstand bei<br />
der Beratung eines Antrags der Sektion<br />
Aargau, der die geschilderten Zustände<br />
aufgriff. Deshalb erhielt der Dachverband<br />
den Auftrag, fallweise direkt zu intervenieren,<br />
um das Arbeitsgesetz durchzusetzen.<br />
Das heisst: Die Sektionen können ihm<br />
Spitäler oder Kliniken melden, welche die<br />
rechtlichen Bestimmungen missachten.<br />
Dann schaltet sich der Dachverband ein,<br />
um dem Gesetz Beachtung zu verschaffen<br />
– und bleibt am Ball, bis die Missstände<br />
behoben sind. Pro Jahr soll das in mindestens<br />
einem und maximal in vier Fällen geschehen,<br />
stets in enger Zusammenarbeit<br />
mit der jeweiligen Sektion.<br />
In der Diskussion stachen vor allem<br />
die Argumente, dass die vsao-Zentrale in<br />
Bundesbern mit ihrem Einschreiten nach<br />
aussen ein klares Zeichen setzt, den betroffenen<br />
Sektionen Rückendeckung geben<br />
kann und sie entlastet – gerade die<br />
kleineren Sektionen, sowohl hinsichtlich<br />
der Ressourcen als auch bei allfälligen<br />
Retourkutschen der betroffenen Einrichtungen.<br />
Umfrage zum nationalen GAV<br />
Damit aber nicht genug in Sachen Arbeitsgesetz.<br />
Die erwähnte Studie hat weiter belegt,<br />
dass eine klare Mehrheit der vsao-Mitglieder<br />
weniger arbeiten will. Und zwar<br />
Vollzeit- wie Teilzeiterwerbende gleichermassen.<br />
80 Prozent sprechen sich diesbezüglich<br />
für maximal 42 anstelle der gesetzlich<br />
erlaubten 50 Stunden pro Woche<br />
aus. Umgekehrt zeigt sich nur ein Prozent<br />
bereit, den Dienstkittel freiwillig länger,<br />
als es das Arbeitsgesetz zulässt, überzustreifen.<br />
Eine Gruppe von Assistenzärztinnen<br />
und -ärzten hat deshalb eine Umfrage für<br />
eine 42-Stunden-Woche lanciert, die ein<br />
grosses Echo fand. Der Zentralvorstand<br />
will nun die Idee weiterverfolgen. Im <strong>Oktober</strong><br />
findet eine Mitgliederbefragung<br />
statt, um die Idee eines nationalen Gesamtarbeitsvertrags<br />
(GAV) zu prüfen. «Es<br />
geht darum, auszuloten, wie der Vorschlag<br />
bei der Basis ankommt und unter welchen<br />
Bedingungen GAV-Verhandlungen möglich<br />
wären», präzisiert vsao-Geschäftsführer<br />
Simon Stettler. Zum Beispiel betreffend<br />
ärztliche Weiterbildung, Lohn und<br />
Ferien.<br />
Nach der Auswertung der Antworten<br />
beugt sich das oberste vsao-Gremium Ende<br />
November wieder über das Dossier. Gemäss<br />
Simon Stettler sollte dann ein definitiver<br />
Entscheid fallen, ob und wenn ja, wie<br />
an dem Projekt weitergearbeitet wird.<br />
Genauso wichtig<br />
Der Zentralvorstand hat auch die<br />
fünfköpfige vsao-Vertretung in der<br />
Delegiertenversammlung (DV) der<br />
FMH neu bestellt. Für die Amtsperiode<br />
<strong>2020</strong> bis 2024 übernimmt Angelo<br />
Barrile als frisch gekürter Verbandspräsident<br />
die Delegationsleitung. Ihm<br />
zur Seite stehen Marius Grädel-Suter<br />
(bisher), Philipp Rahm (neu), Jana<br />
Siroka (neu) und Aurore Verdon (neu).<br />
Als Ersatzdelegierte fungieren<br />
Aleksandra Porowska und Gert Printzen,<br />
beide mit DV-Erfahrung.<br />
Mit der Spitalrose – einer Skulptur<br />
samt Zertifikat – ehrt der vsao jährlich<br />
eine Klinik bzw. ein Spital für Verbesserungen<br />
bei den Arbeits- oder Weiterbildungsbedingungen.<br />
Die Nominationen<br />
für den Preis erfolgen durch die<br />
Sektionen. Diese konnten für einmal<br />
gleich aus vier Bewerbungen auswählen,<br />
wobei die Wahl dann klar auf …<br />
fiel. Nein, der Name sei noch nicht<br />
verraten! Mehr dann anlässlich der<br />
Preisverleihung auf unserer Website,<br />
in den sozialen Medien und natürlich<br />
im nächsten «<strong>VSAO</strong>-Journal».<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 7
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«Bin immer als<br />
Angelo dabei»<br />
Sie geht, er übernimmt. Sie blickt zurück, er nach vorn: Anja Zyska<br />
und Angelo Barrile über den Wechsel auf dem vsao-Chefsessel, Schmerz<br />
und Freude – und Fäden, die weitergesponnen werden.<br />
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer vsao<br />
Anja, nach fast drei Jahren<br />
hast Du das vsao-Präsidium<br />
in neue, wenn auch vertraute<br />
Hände gelegt. Mit welchen<br />
Gefühlen?<br />
Einerseits schweren Herzens – schliesslich<br />
war die Arbeit für den Verband während<br />
gut zehn Jahren meine ständige Begleiterin.<br />
Anderseits gehe ich aber guten<br />
Gewissens, weil ich weiss, dass Angelo den<br />
vsao engagiert und kompetent weiterführt.<br />
Bild: vsao<br />
Was waren Deine Ziele, als Du Ende November<br />
2017 Präsidentin geworden bist?<br />
Besonders motiviert hat mich, die Bedingungen<br />
für die ärztliche Weiterbildung zu<br />
verbessern sowie die Chancengleichheit<br />
zu erhöhen. Hierzu gehört die Förderung<br />
von Teilzeitarbeit, aber vor allem auch,<br />
dass Frauen mehr Chancen haben, Führungspositionen<br />
in der Medizin zu bekommen.<br />
Ebenso prägend waren in meiner<br />
Amtszeit die Zulassungssteuerung und<br />
die Tarifproblematik.<br />
Wenn Du Bilanz ziehst: Wie sieht sie<br />
aus?<br />
Wir haben sehr viel auf den Weg gebracht.<br />
Was einer der Gründe ist, warum mir der<br />
Abschied schwerfällt: Vieles, was ich nun<br />
an Angelo übergeben habe, läuft noch weiter.<br />
Zu den abgeschlossenen Projekten<br />
zählt hingegen die Zulassungssteuerung.<br />
Da konnten wir mit der FMH in einem politisch<br />
schwierigen Umfeld einiges erreichen<br />
– obschon wir von unserem ursprünglichen<br />
Ziel, dass es für in der<br />
Stabübergabe: An seiner jüngsten Sitzung hat der Zentralvorstand Angelo Barrile zum Verbandspräsidenten<br />
gewählt. Er folgt auf Anja Zyska, die aus beruflichen Gründen zurücktritt.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 9
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5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Politik<br />
Schweiz weitergebildete Ärztinnen und<br />
Ärzte keine Zulassungsbeschränkungen<br />
gibt, abrücken mussten. Nun liegt der Ball<br />
bei den Kantonen, mit denen unsere Sektionen<br />
bei der Umsetzung der neuen Regeln<br />
ab Mitte 2021 den Dialog suchen werden.<br />
Was ist für Dich der grösste Erfolg des<br />
vsao während Deiner Präsidentschaft?<br />
Sehr wichtig war für mich die Pflege unserer<br />
Netzwerke. Durch den breiten Dialog<br />
braucht zwar eine Idee vielleicht etwas länger,<br />
bis sie spruchreif ist. Dafür ist sie dann<br />
aber besser abgestützt, ganz nach dem<br />
Motto «Gemeinsam sind wir stark». Ich<br />
freue mich sehr, dass wir sowohl mit der<br />
FMH und ihren Dachorganisationen als<br />
auch mit dem SIWF, H+, einzelnen Spitälern,<br />
dem Verband des Pflegefachpersonals<br />
und den Gewerkschaften zahlreiche<br />
Initiativen lancieren und umsetzen konnten.<br />
Zum Beispiel?<br />
Spontan fallen mir unser erfolgreicher<br />
Vorstoss für die Absolvierung der ganzen<br />
Weiterbildung in Teilzeit ein und die aktuellen<br />
Pilotversuche bei unserer Kampagne<br />
«Medizin statt Bürokratie!». Oder die mit<br />
Partnern aus der Taufe gehobene Laufbahnberatung<br />
«Coach my Career». Nicht<br />
zu vergessen ist die Zusammenarbeit mit<br />
unseren Sektionen, eigentlich einer der<br />
Schwerpunkte im Rahmen unseres<br />
75-Jahr-Jubiläums – eigentlich, weil wir<br />
diverse Aktivitäten wegen Corona verschieben<br />
mussten. Doch Angelo wird auch<br />
da den Faden wieder aufnehmen.<br />
Gab es auch Misserfolge?<br />
Sicher nicht zufrieden sein dürfen wir mit<br />
den Arbeitszeiten: Die mangelnde Kenntnis<br />
und Umsetzung des Arbeitsgesetzes in<br />
den Spitälern bleibt für unsere Mitglieder<br />
ein Dauerbrenner. Was die Chancengleichheit<br />
betrifft, hat der Frauenstreik<br />
letztes Jahr den Weg aufgezeigt, den wir<br />
weiter beschreiten müssen – ein wohl<br />
noch langer Weg ...<br />
Wie hat sich der vsao in Deiner Amtszeit<br />
verändert?<br />
Wir sind heute kompetent organisiert und<br />
aufgestellt, mit einem professionell funktionierenden<br />
Zentralsekretariat und einer<br />
besseren Sichtbarkeit und Vernetzung.<br />
Dies ist eine gute Basis zum weiteren Aufund<br />
Ausbau unserer Aktivitäten.<br />
Wie siehst Du die weitere Entwicklung<br />
des Verbands?<br />
Grosse Bedeutung hat in meinen Augen<br />
das Fortführen unserer strategischen<br />
Massnahmen mit den Sektionen. Gerade<br />
weil sich die Grundthemen der Verbandsarbeit<br />
kaum ändern werden: Die ärztliche<br />
Weiterbildung und die Arbeitsbedingungen,<br />
damit es in der Schweiz auch in Zukunft<br />
gute, motivierte Medizinerinnen<br />
und Mediziner gibt.<br />
Was möchtest Du Deinem Nachfolger<br />
mit auf den Weg geben?<br />
Ich wünsche ihm natürlich Erfolg bei seiner<br />
neuen Aufgabe – und vor allem genauso<br />
viel Freude, wie es mir bereitet hat, sich<br />
für den vsao und dessen Ziele einzusetzen!<br />
Angelo, Du hast gehört, welche Ziele<br />
sich Anja beim Amtsantritt gesetzt hat.<br />
Was sind Deine?<br />
Mein Hauptziel ist, die Arbeit von Anja mit<br />
gleicher Energie, Leidenschaft und Kompetenz<br />
weiterzuführen und ihr meinen<br />
persönlichen Stempel aufzudrücken. Ich<br />
will mit meinen Vizes und der Geschäftsleitung<br />
für die Mitglieder fassbar und als<br />
Ansprechperson präsent sein. Es sollen<br />
sich alle vertreten fühlen.<br />
Mit welchen Themen befasst sich der<br />
vsao in den nächsten Jahren?<br />
Für mich ist ebenfalls klar, dass die von<br />
Anja genannten langjährigen Anliegen aktuell<br />
bleiben. Das Berufsbild des früher<br />
männlichen Arztes als Alleinkämpfer hat<br />
sich schon lange geändert, was sich in den<br />
Arbeits- und Weiterbildungsbedingungen<br />
widerspiegeln muss.<br />
Wie willst Du diese Herausforderungen<br />
in Deiner neuen Rolle angehen?<br />
Das geht nur im Team, also wie bisher ist<br />
es eine gemeinsame Herausforderung für<br />
Präsidium, Zentralsekretariat, Geschäftsausschuss<br />
und Sektionen. Denn als Präsident<br />
kann ich nur im Austausch und dank<br />
Vorbereitungsarbeit des ganzen Teams<br />
funktionieren. Die Erfahrung als bisheriger<br />
Vizepräsident ist dabei wichtig. Selbstverständlich<br />
eröffnet sich mir durch mein<br />
Nationalratsmandat zusätzlich die Möglichkeit,<br />
unsere Anliegen direkter in den<br />
politischen Prozess einzubringen. Der<br />
persönliche Kontakt und Austausch ist<br />
mir wichtig und meine Stärke. Das soll<br />
dem vsao zugutekommen.<br />
Du tönst es an: Du bist ein Mann mit<br />
verschiedenen Hüten und hast gerade<br />
als Politiker noch andere Themenschwerpunkte.<br />
Wie organisierst Du<br />
Dich – und wie erkennt man jeweils, in<br />
welcher Rolle/Funktion Du jetzt<br />
sprichst?<br />
Ich erlebe vor allem das Zeitmanagement<br />
als Herausforderung. Deshalb habe ich<br />
beispielsweise in den letzten Jahren mein<br />
Arbeitspensum in der Hausarztpraxis<br />
kontinuierlich reduziert, auf jetzt noch 20<br />
Prozent. Bezüglich der verschiedenen Rollen<br />
ist es nach meiner Erfahrung wichtig,<br />
klar zu deklarieren, in welcher Rolle ich<br />
spreche. Aber ob in Beruf, Politik, Vereinen<br />
oder privat bin ich immer als Angelo<br />
dabei. Ich verstelle mich nicht oder passe<br />
meine Meinung der Funktion an, die ich<br />
gerade bekleide. Das wäre nicht ich.<br />
Was wird sich unter Deiner Präsidentschaft<br />
im vsao ändern?<br />
Anja hat es auf den Punkt gebracht: Der<br />
Verband funktioniert grundsätzlich gut<br />
und professionell. Somit gibt es nicht viel<br />
zu ändern. Aber er wird sich natürlich weiterentwickeln.<br />
Dies und speziell die Zusammenarbeit<br />
und den Austausch des<br />
Zentralsekretariats mit den Sektionen<br />
sind Themen, die ich anpacken möchte.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 11
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Dieses Jahr ist irgendwie alles anders als sonst.<br />
Sars-CoV-2 hat das Leben auf den Kopf gestellt. Als<br />
im März langsam klar wurde, dass uns die Pandemie<br />
schneller und möglicherweise auch härter als von<br />
vielen erwartet treffen könnte, überstürzten sich die Ereignisse.<br />
Es galt die Empfehlung, das Haus nur für die Arbeit oder dringende<br />
(Arzt-)Termine zu verlassen. Von einem Tag auf den<br />
anderen fanden meine Konsultationen mehrheitlich telefonisch<br />
statt. Insbesondere bei den älteren Menschen musste ich mich<br />
daran gewöhnen, dass ich für sie genauso da sein kann, auch<br />
wenn wir uns nur am Telefon hören. Es war mir<br />
deshalb besonders wichtig, zu erfahren, wie es<br />
ihnen physisch und psychisch geht, legte<br />
ihnen nahe, nicht selbst einkaufen zu<br />
gehen, und unterstützte sie dabei,<br />
Hilfe zu organisieren.<br />
Als dann unsere Gesellschaft –<br />
die ich bisher als mehrheitlich<br />
individualistisch und egoistisch<br />
gesehen habe – zusammenrückte<br />
und die Menschen solidarisch<br />
füreinander da waren, hat mich<br />
das richtig berührt. Innert kurzer<br />
Zeit hatten sich Verwandte, Nachbarschaft,<br />
aber auch junge Menschen<br />
organisiert – freiwillig und<br />
unentgeltlich, um die besonders<br />
gefährdeten Personen zu schützen und zu<br />
unterstützen. Dies half mir, mich etwas mit<br />
der Gesamtsituation zu versöhnen. Ich dachte<br />
mir: Die medizinischen, gesellschaftlichen, politischen<br />
und ökonomischen Herausforderungen sind zwar riesig, aber<br />
zusammen werden wir sie und die Pandemie bewältigen. Das<br />
kommt gut in den nächsten Jahren!<br />
Als diese spontane und uneigennützige Energie bei vielen<br />
schnell verpuffte, kam meine persönliche Enttäuschung dann<br />
doch schneller als erwartet. Schon nach wenigen Wochen<br />
wurden versprochene Einkäufe immer häufiger nicht erledigt<br />
oder Menschen zogen sich sogar ganz aus dem Freiwilligendienst<br />
zurück. Einige gaben neue Hobbys oder eine zeitintensive<br />
Sportaktivität als Grund an.<br />
Selbstverständlich darf jede Person selbst entscheiden, ob<br />
und wie lange sie freiwillig für andere Menschen da ist. Aber<br />
wenn ich mich für eine Hilfeleistung entscheide und die<br />
bedürftige Person zu unterstützen beginne, wird diese zumindest<br />
ein Stück weit von mir abhängig. Dieses Angebot kurzfristig<br />
Auf den<br />
Punkt<br />
gebracht<br />
wieder zurückzuziehen und den anderen Menschen im Stich zu<br />
lassen, erlebte ich in gewissen Situationen als herzloser, als<br />
wenn die Hilfe gar nie angeboten worden wäre.<br />
Gemäss Definition «bezeichnet Solidarität … als Grundprinzip<br />
des menschlichen Zusammenlebens ein Gefühl von Individuen<br />
und Gruppen, zusammenzugehören. Dies äussert sich in gegenseitiger<br />
Hilfe und dem Eintreten füreinander». Für mich bedeutet<br />
Solidarität auch, dass mein Engagement für andere mich etwas<br />
kostet, sei es Zeit, Kraft oder Geld. Und sie ist auch eine Verpflichtung<br />
und ein Versprechen ihnen gegenüber. Folglich<br />
waren in meinen Augen diejenigen nicht solidarisch,<br />
die sich im März in den sozialen Medien<br />
inszenierten, wie sie für die ältere Nachbarin<br />
den Einkauf erledigten oder Kinder<br />
hüteten, um selbst gut dazustehen,<br />
und ihren Einsatz wenige Wochen<br />
später stillschweigend zu Gunsten<br />
einer interessanteren Freizeitbeschäftigung<br />
abbrachen. Echte<br />
Solidarität kommt von Herzen und<br />
hält länger, auch länger als eine<br />
Pandemie!<br />
Um nicht alles nur schwarzzumalen:<br />
Ich erlebe auch heute<br />
noch – wie bereits vor Corona und<br />
fernab der Inszenierung in sozialen<br />
Medien – täglich zahlreiche Zeichen<br />
und Gesten der Solidarität, in Erzählungen<br />
meiner Patientinnen und Patienten, in<br />
der Nachbarschaft, im familiären Umfeld. Dies<br />
hält unsere Gesellschaft zusammen und stimmt mich<br />
doch weiterhin optimistisch für unsere gemeinsame Zukunft!<br />
Angelo Barrile<br />
Präsident vsao<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 13
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Wie ein<br />
Guru Berichte<br />
schreiben<br />
Sinnvoll oder Unsinn? An Vorlagen für Arztberichte scheiden sich die<br />
Geister. Das «<strong>VSAO</strong>-Journal» hat sich Pro und Kontra angehört – und<br />
stellt ein Online-Angebot vor.<br />
Marcel Marti, Leiter Politik und Kommunikation / stv. Geschäftsführer vsao<br />
Was die vsao-Mitglieder im<br />
Alltag erleben, fasst er in<br />
nackte Zahlen: «Innert<br />
zehn Jahren 30 Minuten<br />
mehr Büroarbeit jeden Tag», bilanzierte<br />
FMH-Präsident Jürg Schlup unlängst in<br />
der «Aargauer Zeitung» die administrative<br />
Belastung der Ärztinnen und Ärzte.<br />
Mit dieser befasst sich auch die Verbandskampagne<br />
«Medizin statt Bürokratie!».<br />
Aktuell läuft die dritte Etappe. Dabei unterstützt<br />
der vsao gemeinsam mit den lokalen<br />
Sektionen zwei Kliniken auf dem<br />
Weg zu weniger Administration. Die beiden<br />
Pilotversuche finden in der Allgemeinen<br />
Inneren Medizin am Kantonsspital<br />
Aarau und in der Abteilung für Alterspsychiatrie<br />
des Spitals Marsens (FR) statt.<br />
Ein Lösungsansatz könnten zum Beispiel<br />
Vorlagen für ärztliche Berichte sein.<br />
Wie eine Umfrage unter den Mitgliedern<br />
des vsao-Ressorts Weiterbildung zeigt, gehen<br />
die Meinungen dazu allerdings auseinander.<br />
Manchmal schlagen sogar zwei<br />
Herzen in einer Brust. Etwa bei Patrizia<br />
Kündig. «Einerseits finde ich es sinnvoll,<br />
dass nicht alle für sich versuchen, das Rad<br />
neu zu erfinden, und man von den Erfahrungen<br />
anderer profitieren kann. Andererseits<br />
wehre ich mich grundsätzlich gegen<br />
Standardisierung – und Berichte mit Textbausteinen<br />
schreiben, ist meines Erachtens<br />
schon eine Art Standardisierung»,<br />
argumentiert die Vizepräsidentin des Ver-<br />
Lukas Bachmann und Massimo Barbagallo, die beiden Väter von berichteguru.com. «Wir bieten eine<br />
Plattform, auf der man Vorlagen austauschen, begutachten und Vorschläge für Verbesserungen<br />
machen kann.»<br />
Bilder: zvg<br />
14<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
bands. Denn jede Patientin/jeder Patient<br />
sei verschieden, ebenso jede Krankengeschichte,<br />
und dies verdiene individuelle<br />
Aufmerksamkeit.<br />
Kopieren versus denken<br />
Kündig nennt noch einen weiteren Grund<br />
für ihre Skepsis: «Die Qualität der Vorlagen.<br />
Schreiben will schliesslich gelernt<br />
sein. Eine Qualitätskontrolle wäre also sicher<br />
sinnvoll.» Marie-Claire Flynn – sie<br />
korrigiert als Oberärztin selbst Berichte –<br />
teilt die Bedenken, wenn man sich einfach<br />
aus dem Setzkasten bediene. «Meist schaltet<br />
dann nämlich das Hirn auf kopieren<br />
und nicht auf denken.» In ihrer Klinik gebe<br />
es spezifische Textbausteine für Elemente,<br />
die man immer wieder benötige.<br />
Was sie als zielführender erachtet. Genau<br />
wie Anja Zyska. Warum? «Weil die Erwartungen<br />
an Berichte von Klinik zu Klinik<br />
unterschiedlich sind. Zudem sollte das Erarbeiten<br />
und Zurverfügungstellen von solchen<br />
klinikinternen Vorlagen zur Weiterbildung<br />
gehören und nicht ausgelagert<br />
werden», argumentiert die frühere Verbandspräsidentin.<br />
Auch Dina-Maria Jakobs Stirn legt<br />
sich beim Thema dieses Artikels in Falten.<br />
«Ich selbst brauche nie Textbausteine und<br />
war nie ein Fan davon. (Unter-)Assistentinnen<br />
und (Unter-)Assistenten hingegen<br />
schon, und es gibt in jeder Klinik, auf jedem<br />
Computer zig Vorlagen für Berichte<br />
– gefühlte 90 Prozent davon leider mit<br />
Rechtschreib- und inhaltlichen Mängeln.<br />
Darum doch lieber einheitliche, von Kaderärztinnen<br />
und -ärzten geprüfte Textelemente.»<br />
«Vermutlich extrem froh»<br />
Eine Lanze für Vorlagen bricht hingegen<br />
Helen Manser, Mitglied im Geschäftsausschuss.<br />
«Gerade Staatsabgängerinnen und<br />
-abgänger sind vermutlich extrem froh<br />
über eine solche Hilfestellung. Gleiches<br />
gilt für all jene, die beispielsweise eine Rotation<br />
in einem Spezialfach machen und<br />
ganz plötzlich eine andere Art von Berichten<br />
schreiben müssen als bisher.» Da könne<br />
man sehr viel Zeit und Energie sparen.<br />
Natürlich sei jede Patientin/jeder Patient<br />
ein Fall für sich, und natürlich würden<br />
Vorlagen dazu verleiten, selbst etwas weniger<br />
nachzudenken. «Die Berichte werden<br />
aber korrigiert, sodass letztlich doch<br />
die Klinik dafür verantwortlich ist, dass<br />
die Ärztinnen und Ärzte etwas lernen.»<br />
Wie ist es denn nun also mit der Qualität,<br />
um die sich letztlich alles dreht? «Die<br />
Qualitätskontrolle erfolgt im Austausch<br />
unter den Nutzerinnen und Nutzern unserer<br />
Website. Erstens durch eine Bewertungsfunktion<br />
(ein bis fünf Sterne) und<br />
zweitens über eine Kommentarfunktion,<br />
welche dazu dient, die Texte zu verbessern<br />
und ihre Qualität hoch zu halten.» Der das<br />
sagt, ist Massimo Barbagallo, einer der beiden<br />
Initianten von berichteguru.com. Zusammen<br />
mit Lukas Bachmann, wie er Assistenzarzt<br />
in der Inneren Medizin, hat er<br />
die Plattform vor rund einem Jahr ins<br />
Leben gerufen. Aktuell umfasst ihr kostenloses<br />
Angebot 22 Berichtsvorlagen aus<br />
unterschiedlichsten medizinischen Fachgebieten.<br />
Keine Zeit zum Teilen<br />
Und wie ist die Nachfrage? Derzeit seien<br />
rund 170 Personen registriert, berichtet<br />
Barbagallo, die meisten Assistenzärztinnen<br />
und -ärzte aus der Deutschschweiz.<br />
Ja, er erhalte verschiedentlich Rückmeldungen<br />
– «mehrheitlich positive». Textbausteine<br />
konzentriert an einem Ort zu<br />
finden und diese mit einem Klick übernehmen<br />
zu können, werde geschätzt. Dasselbe<br />
gelte für die Bewertungs- und Kommentarfunktion.<br />
Es gibt indes noch weitere<br />
Erkenntnisse: «Gemäss unserer Umfrage<br />
fehlt es vielen Nutzerinnen und Nutzern<br />
an der Zeit, um ihre persönlichen Vorlagen<br />
zu teilen. Andere scheinen selbst keine<br />
zu besitzen oder selten solche zu verwenden<br />
– bisher zumindest.»<br />
Das Stichwort Zeit führt zum Ursprung<br />
der Idee von berichteguru.com.<br />
«Massimo und ich haben darüber nachgedacht,<br />
wie sich unsere eigene Arbeit und<br />
die unserer Kolleginnen und Kollegen vereinfachen<br />
liesse», blickt Lukas Bachmann<br />
zurück. «Dabei sind wir auf die Idee mit<br />
den Vorlagen gekommen.» Zwar verfügten<br />
auch Spitäler oft über entsprechende<br />
Sammlungen. Diese seien jedoch nicht für<br />
alle, die sie einsetzen könnten, an einem<br />
Ort zugänglich. «Das wollten wir ändern,<br />
weil wir Textbausteine als zusätzliches<br />
Werkzeug zur Bewältigung der bürokratischen<br />
Hürden im Arbeitsalltag betrachten.<br />
Mit dem Effekt weniger Zeit im Arztbüro,<br />
dafür mehr im Patientenzimmer.»<br />
Wäre da noch die Sache mit dem Namen<br />
der Plattform. Bachmann erklärt,<br />
die Website solle ein Instrument zur<br />
Verfügung stellen, das Gelassenheit ins<br />
herausfordernde und häufig mühsame<br />
Berichtswesen bringt. «Entsprechend der<br />
stoischen Ruhe eines meditierenden<br />
Gurus. Deshalb ist im Logo ein meditierender<br />
Arzt über einem Stapel Dokumente<br />
dargestellt.»<br />
Gelassenheit ins ärztliche Berichtswesen<br />
bringen – entsprechend der stoischen Ruhe<br />
eines meditierenden Gurus: Das ist das Ziel von<br />
berichteguru.com.<br />
Die Probe aufs Exempel<br />
Genug der Worte – jetzt gehts ans Ausprobieren!<br />
Nora Bienz, langjähriges Mitglied<br />
im Geschäftsausschuss des vsao und dessen<br />
frisch gekürte zweite Vizepräsidentin,<br />
hats gemacht. «Die Seite funktioniert problemlos<br />
und ist einfach und sehr übersichtlich<br />
gestaltet», so ihr Eindruck. Man<br />
erkenne klar, wer hinter dem Angebot stehe<br />
und an wen man sich bei Fragen wenden<br />
könne. «Die Vorlagen sind inhaltlich gut<br />
und ergeben Sinn.» Trotzdem hegt Bienz<br />
Zweifel, ob das Konzept funktioniert, will<br />
heissen, sie bezweifelt, «dass genügend<br />
Textbausteine hochgeladen und zur Verfügung<br />
gestellt werden». Sie habe früher<br />
selbst zahlreiche verwendet. «Mit der Zeit<br />
braucht man das dann nicht mehr, weil<br />
man meist diktieren kann und einem die<br />
üblichen medizinischen Floskeln geläufig<br />
sind. Wenn Berichte aber selbst geschrieben<br />
werden müssen, ist es sehr hilfreich.»<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 15
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Weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />
Lesen lernen<br />
Standardisierung<br />
und Z-Scores<br />
In der Pädiatrie wird das Wachstum<br />
von Kindern oft mittels Perzentilenkurven<br />
verfolgt. Perzentilen<br />
entsprechen dem Prozentrang in<br />
der Normalverteilung, welche in repräsentativen<br />
Stichproben aus der Population<br />
ermittelt wurde. So bedeutet der<br />
Messwert eines Patienten auf der 10. Perzentile,<br />
dass 10 Prozent der Referenzpopulation<br />
einen kleineren Wert aufweisen<br />
und 90 Prozent einen grösseren Wert<br />
haben. Perzentilenkurven haben den<br />
Nachteil, dass sie bei sehr kleinen und<br />
sehr grossen Messwerten nicht sensitiv<br />
genug sind, da meist einfach ein Perzentilenwert<br />
3 angegeben wird.<br />
Ein besseres Mass sind die sogenannten<br />
Z-Scores, welche die statistische<br />
Abweichung eines Messwerts vom<br />
Erwartungswert beschreiben. Vereinfacht<br />
ausgedrückt gibt der Z-Score an, um wie<br />
viele Standardabweichungen ein Messwert<br />
von dem für gleichaltrige Kinder<br />
gleichen Geschlechts erwarteten Wert der<br />
Referenzpopulation abweicht. Mit dem<br />
kontinuierlichen Mass der Standardabweichung<br />
lassen sich die Verläufe bei<br />
Kindern auch am Rand der Verteilung<br />
viel genauer überwachen. Voraussetzung<br />
ist allerdings eine grosse Datenbasis, die<br />
auch viele Datenpunkte ausserhalb des<br />
«Normbereichs» enthält.<br />
Für statistisch Interessierte: Die<br />
Z-Scores werden durch eine Standardisierung<br />
(auch Z-Transformation genannt)<br />
ermittelt. Man berechnet den Quotienten<br />
der Differenz (Messwert minus erwarteter<br />
Wert der Population) und der Standardabweichung<br />
des Erwartungswerts mit der<br />
Formel<br />
Z = x– μ<br />
σ<br />
Dabei ist Z der Z-Score, x der individuelle<br />
Messwert, µ der Erwartungswert<br />
und σ die Standardabweichung der<br />
Referenzpopulation. Durch diese Standardisierung<br />
haben Z-transformierte<br />
Variablen einen Mittelwert von 0 und<br />
eine Streuung von 1, das heisst, die<br />
Normalverteilung wird in eine Standardnormalverteilung<br />
überführt, die für viele<br />
statistische Tests verwendet wird.<br />
Lukas Staub,<br />
klinischer Epidemiologe,<br />
Redaktionsmitglied<br />
des<br />
<strong>VSAO</strong>-Journals<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 17
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vsao<br />
Neues aus<br />
den Sektionen<br />
Bern<br />
Ein Co-Präsidium und drei<br />
neue Vorstände<br />
An der jüngsten Mitgliederversammlung<br />
im Berner Generationenhaus wurden die<br />
langjährige Präsidentin Nora Bienz und<br />
Marius Grädel-Suter per Applaus und<br />
einstimmig in das neu geschaffene<br />
Co-Präsidium gewählt. Diese Lösung hat<br />
viele Vorteile, können doch die vielfältigen<br />
Aufgaben des Präsidiums nun auf<br />
vier Schultern verteilt werden.<br />
Wir freuen uns sehr, konnten wir für<br />
die Mitarbeit im Vorstand gleich drei<br />
neue Mitglieder gewinnen. Alle drei<br />
haben uns in den vergangenen Monaten<br />
bereits engagiert als Gäste im Gremium<br />
unterstützt. Patrizia Rölli, Nicolas Arnold<br />
und Klaus Luchs verstärken den <strong>VSAO</strong><br />
Bern mit frischem Wind und neuen<br />
Ideen. Luzia Gisler und Nicolas Clément<br />
treten aus beruflichen Gründen aus dem<br />
Vorstand aus und wurden dankend verabschiedet.<br />
Im Anschluss an den statutarischen<br />
Teil, welcher wie üblich rasch über die<br />
Bühne ging, hielt Catherine Gebhard ein<br />
äusserst spannendes Referat zum Thema<br />
«Sex and Gender in Medicine». Sie zeigte<br />
eindrücklich auf, dass Sex (biologisches<br />
Geschlecht) und Gender (sozio-kulturelle<br />
Prägung des Geschlechts) einen massgeblichen<br />
Einfluss auf die Häufigkeit, Diagnostik<br />
und Behandlung von diversen<br />
Erkrankungen haben.<br />
Es war uns ein grosses Anliegen, dass im<br />
Anschluss an die Mitgliederversammlung<br />
auch in diesem Jahr ein Austausch unter<br />
Marius Grädel-Suter teilt sich neu mit Nora<br />
Bienz das Präsidium der Sektion vBern. (zvg)<br />
den Teilnehmenden möglich war. Bei<br />
einem Apéro riche und der legendären<br />
Tombola fanden rege Diskussionen und<br />
interessante Begegnungen statt.<br />
Janine Junker, Geschäftsführerin <strong>VSAO</strong> Bern<br />
Zürich /<br />
Schaffhausen<br />
Vieles auf den Weg gebracht<br />
Rückblick und Abschied als Präsidentin<br />
– wie soll ich meine Jahre beim <strong>VSAO</strong><br />
Zürich/Schaffhausen zusammenfassen?<br />
Gemeinsam mit Susanne Hasse und den<br />
zwölf Ärztinnen und Ärzten der Geschäftsleitung<br />
habe ich mich für Euch<br />
eingesetzt. Für faire Anstellungsbedingungen<br />
und Löhne; für anständige<br />
Karrierechancen und die Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Freizeit, gleich ob Mann<br />
oder Frau. Für eine gute Weiterbildung.<br />
Nun geht meine Zeit als Präsidentin zu<br />
Ende. Wegen eines neuen Traumjobs im<br />
Kanton Basel-Land trete ich an der<br />
Mitgliederversammlung Ende September<br />
<strong>2020</strong> von meinem Amt zurück.<br />
Als ich Anfang 2017 dieses Amt<br />
antrat, begann nicht nur für mich eine<br />
ganz neue Arbeit. Auch für den <strong>VSAO</strong><br />
Zürich brach eine neue Ära an: In der<br />
Vergangenheit war Ruedi Reck als Jurist<br />
Präsident und Geschäftsführer in Personalunion.<br />
Dieses Amt wurde gesplittet.<br />
Wir fanden mit der Anwältin Susanne<br />
Hasse eine neue Geschäftsführerin. Und<br />
mit mir als Ärztin eine neue Präsidentin.<br />
Wir waren ein starkes Frauenduo mit<br />
ähnlichem Tempo und Engagement.<br />
Gerade das erste Jahr war vor allem<br />
von «Kennenlernen» und Einarbeitung<br />
geprägt. Wir mussten uns einen Überblick<br />
verschaffen, wo der <strong>VSAO</strong> Zürich im<br />
Verbund mit den anderen Sektionen<br />
stand. Wer die grossen «Player» im<br />
Zürcher Gesundheitswesen waren. Und<br />
wie man Spitäler wie das USZ, das Spital<br />
Winterthur oder das Triemli zur Zusammenarbeit<br />
bewegt.<br />
Zwischen 2018 und 2019 lancierten<br />
wir in konstruktiver Zusammenarbeit mit<br />
der Geschäftsleitung den bekannten<br />
Zürcher Lohnrechner und die interne<br />
Plattform «docdoc», auf der sich Ärztinnen<br />
und Ärzte zu Themen wie Arbeitsklima,<br />
Gesundheitspolitik, Lohngleichheit<br />
persönlich austauschen können. Es<br />
entstanden bessere Vernetzungen<br />
national und kantonal, z.B. mit dem<br />
Züricher Studentenverband, der swimsa,<br />
dem SIWF und der Sektion Bern. Susanne<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 19
vsao<br />
Auf zu neuen Ufern: Jana Siroka tritt als<br />
Präsidentin des <strong>VSAO</strong> Zürich/Schaffhausen<br />
zurück. (Bild: Ariane Pochon)<br />
und ich sind politische Themen angegangen,<br />
bauten die Medienarbeit aus,<br />
führten mit Hilfe von Philipp Rahm<br />
Dienstplanberatungen durch und<br />
besuchten zunehmend auch kleinere<br />
Spitäler.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt meiner<br />
Amtszeit war es, der Diskriminierung von<br />
schwangeren Ärztinnen bei Ablauf des<br />
Arbeitsvertrages ein Ende zu setzen. Aber<br />
auch Männer werden diskriminiert –<br />
wenn sie beispielsweise Teilzeit arbeiten<br />
wollen. An unserer gut besuchten<br />
Veranstaltung zu Teilzeit haben wir<br />
unsere Mitgliedschaft bei «profawo»<br />
vorgestellt. Seit Januar <strong>2020</strong> erhalten<br />
unsere Mitglieder Unterstützung bei der<br />
Vereinbarkeit von Beruf und Familie.<br />
Viele Spitäler sehen uns nicht mehr<br />
als Gewerkschaft, sondern als ernstzunehmenden<br />
Berufsverband. Der <strong>VSAO</strong><br />
Zürich nimmt Einfluss. Wir sind als<br />
Sparringpartner anerkannt. Wir haben<br />
Brücken bauen können, zum Beispiel<br />
zwischen den unzufriedenen Oberärzten<br />
des Kinderspitals nach Einführung eines<br />
neuen Lohnmodells und der Geschäftsleitung.<br />
Und nun werden unsere Erfahrungen<br />
zum Thema Fixlohn bald auch<br />
anderen Spitälern weitergegeben. Immer<br />
vertreten wir Eure Interessen!<br />
Die Jahre im Präsidium des <strong>VSAO</strong><br />
Zürich waren mir eine Ehre und Freude!<br />
Mein Rücktritt wird erleichtert, da ich in<br />
Anna Wang eine hoch motivierte Nachfolgerin<br />
habe. Susanne Hasse bringt<br />
weiterhin ihr ganzes Know-how ein, und<br />
die zwölf Ärztinnen und Ärzte der<br />
Geschäftsleitung sind «junge und ältere<br />
Eingesessene», die eine tolle Teamarbeit<br />
leisten. Für den vsao insgesamt werde ich<br />
weiter einstehen. Als Mitglied des<br />
Geschäftsausschusses des vsao Schweiz<br />
nun mehr auf nationaler Ebene – aber<br />
dem <strong>VSAO</strong> Zürich bleibe ich mit Rat und<br />
Tat verbunden.<br />
Eure Jana Siroka<br />
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20<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
vsao<br />
vsao-Rechtsberatung<br />
Muss ich die während der<br />
Covid-19-Phase entstandenen<br />
Minusstunden nacharbeiten?<br />
Was passiert, wenn ich zu Beginn<br />
der Pandemie Überstunden hatte?<br />
Erste Hilfe<br />
für Menschen mit<br />
letzter Hoffnung<br />
Zu Beginn der Covid-19-Phase<br />
dominierte in der Rechtsberatung<br />
der Respekt vor drohenden<br />
Überstunden. Rasch hat<br />
sich gezeigt, dass aufgrund des Lockdowns<br />
und der damit verbundenen<br />
Auflage, keine elektiven Eingriffe mehr<br />
durchzuführen, und der zumindest in der<br />
Deutschschweiz flachen Welle zahlreiche<br />
Minusstunden anfallen, für die eine<br />
Lösung gefunden werden muss.<br />
Zudem war gestützt auf die Verordnung<br />
2 über Massnahmen zur Bekämpfung<br />
des Coronavirus (Covid-19) in<br />
denjenigen Abteilungen, die aufgrund<br />
von Covid-19 eine massive Zunahme der<br />
Arbeit erfahren hatten, vom 16. März<br />
<strong>2020</strong> bis 31. Mai <strong>2020</strong> das Arbeitsgesetz<br />
betreffend Arbeits- und Ruhezeiten<br />
ausser Kraft gesetzt. Diese Änderung<br />
ermöglichte insbesondere einen Zweischichtbetrieb<br />
und das Arbeiten in<br />
Teams, was aber zwangsläufig eine<br />
Unterplanung zur Folge hatte und<br />
zusätzliche Minusstunden generierte.<br />
Die Folgen der Covid-bedingten<br />
Minusstunden dürfen nicht auf das<br />
Personal überwälzt werden. Gemäss<br />
herrschender Lehre und Rechtsprechung<br />
handelt es sich um einen klassischen Fall<br />
des Annahmeverzugs des Arbeitgebers<br />
(Art. 324 OR), wenn die Arbeit angeboten<br />
wurde und die Arbeitgeberin keine Arbeit<br />
zuweisen konnte. Unter diesen Umständen<br />
ist der volle Lohn geschuldet und die<br />
Saldierung der Minusstunden ist die<br />
einzige korrekte Lösung – das unternehmerische<br />
Risiko darf auch während einer<br />
Pandemie nicht auf das Personal überwälzt<br />
werden.<br />
Es stellt sich häufig die Frage, was<br />
dies für die Mitarbeitenden bedeutet,<br />
deren Zeitsaldo zu Beginn der Pandemie<br />
positiv war. Die Kompensation von<br />
Überstunden ist nur im Einverständnis<br />
mit dem Arbeitnehmer möglich (Art. 321c<br />
Abs. 2 OR). Entsprechend kann die<br />
Arbeitgeberin grundsätzlich nicht<br />
einfach anordnen, Überstunden zu<br />
kompensieren, wenn eine Betriebsstörung<br />
auftritt. Aus Art. 321 OR ergibt sich<br />
aber die Pflicht des Arbeitnehmers, in<br />
guten Treuen bei der Kompensation von<br />
Überstunden mitzuwirken, wenn überwiegende<br />
Interessen der Arbeitgeberin<br />
dies erfordern und keine gewichtigen<br />
Interessen des Arbeitnehmers dagegensprechen.<br />
In aller Regel wird es dem<br />
Arbeitnehmer zumutbar sein, Überstunden<br />
zu kompensieren, wenn nun der<br />
Betrieb wegen der Pandemie schliesst<br />
oder die Arbeit reduzieren muss. Der<br />
Arbeitnehmer ist dann auch verpflichtet,<br />
der Kompensation zuzustimmen.<br />
Der vsao hat gemeinsam mit H+ und<br />
dem SBK für die betroffenen Betriebe und<br />
deren Mitglieder ein Merkblatt zum<br />
konkreten Vorgehen insbesondere in<br />
Bezug auf die Minusstunden erarbeitet.<br />
Die Sektionen sind bestrebt, im Rahmen<br />
der bestehenden Sozialpartnerschaften<br />
faire Lösungen gestützt auf diese Grundlage<br />
zu finden. Dafür sind die Sektionen<br />
auf Informationen von Ihnen angewiesen.<br />
Und sind folglich dankbar, wenn Sie<br />
sich melden, sollte es an Ihrem Arbeitsplatz<br />
nicht korrekt ablaufen und eine<br />
Intervention der lokalen vsao-Sektion<br />
notwendig werden oder wenn Sie andere<br />
Rechtsfragen haben.<br />
Janine Junker<br />
Rechtsanwältin, Geschäftsführerin<br />
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Kathrin Grüneis<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 21
Grafische Darstellung der Raumschrottteile,<br />
die grösser als 10 Zentimeter sind, gesehen aus einem Abstand von 10<br />
Erdradien<br />
Im Weltraum<br />
könnte es<br />
eng werden<br />
Das All scheint grenzenlos zu sein. Aber die Raumfahrt<br />
hinterlässt seit Beginn «Weltraumschrott», der zunehmend zu einem<br />
ernsthaften Problem wird. Ein bewussterer Umgang mit<br />
der «Ressource» Weltraum ist unabdingbar.<br />
Professor Thomas Schildknecht,<br />
Astronomisches Institut der Universität Bern, Direktor des Observatoriums Zimmerwald<br />
Bilder: ESA<br />
22<br />
5/20 VSA/ASMAC Journal
Fokus<br />
Am Nachmittag des 10. Februars<br />
2009 stiess über Sibirien in einer<br />
Höhe von rund 800 Kilometern<br />
der aktive Telefoniesatellit<br />
Iridium 33 mit dem ausgedienten<br />
Kommunikationssatelliten Kosmos 2251<br />
zusammen. Der Aufprall erfolgte mit einer<br />
Geschwindigkeit von 11,7 Kilometern<br />
pro Sekunde und erzeugte eine Trümmerwolke<br />
aus über 2000 Bruchstücken, die<br />
grösser als 10 Zentimeter waren. Innerhalb<br />
weniger Monate breiteten sich diese<br />
Trümmer weiträumig aus und drohen<br />
seither mit weiteren aktiven Satelliten zusammenzustossen.<br />
Dieses Ereignis war ein Weckruf für<br />
sämtliche Satellitenbetreiber, aber auch<br />
für die Politik. Die Problematik von so genanntem<br />
Weltraumschrott (engl. «space<br />
debris») – ausgedienten künstlichen Objekten<br />
im Weltraum – erhielt eine neue Dimension.<br />
Mit der Problematik befassen<br />
sich Experten und Weltraumagenturen<br />
jetzt bereits seit bald 50 Jahren. Schweizer<br />
Forschung liefert die wissenschaftlichen<br />
und empirischen Grundlagen für Modelle<br />
und Massnahmen, um die Anzahl der Objekte<br />
zu stabilisieren, damit auch in Zukunft<br />
eine sichere und nachhaltige Nutzung<br />
des Weltraums möglich ist.<br />
Vor allem Abfall im All<br />
Die Weltraumfahrt hat seit dem Start des<br />
ersten künstlichen Erdsatelliten Sputnik 1<br />
am 4. <strong>Oktober</strong> 1957 unweigerlich Weltraumschrott<br />
im erdnahen Raum hinterlassen.<br />
Bei jedem Start besteht nur ein<br />
sehr kleiner Teil der in den Weltraum gebrachten<br />
Gesamtmasse aus der aktiven<br />
Nutzlast. Oft wird ein grosser Teil der Masse<br />
innerhalb kurzer Zeit zu Weltraumschrott,<br />
da zum Beispiel die Oberstufe der<br />
Trägerrakete in einer Erdumlaufbahn belassen<br />
wird. Am Ende ihres Lebens wird<br />
auch die eigentliche Nutzlast, falls sie im<br />
Orbit belassen wird, zu Weltraumschrott.<br />
Somit ist es nicht verwunderlich, dass die<br />
derzeit rund 2500 aktiven Satelliten weniger<br />
als 10 Prozent der Gesamtzahl bekannter<br />
künstlicher Objekte, die grösser<br />
als 10 Zentimeter sind, im Weltraum ausmachen.<br />
Die meisten Schrottteile mit Durchmessern<br />
von mehr als einigen Zentimetern<br />
sind Fragmente, welche durch Explosionen<br />
und Kollisionen im Weltraum entstanden<br />
sind. Bis heute haben mehr als 300<br />
solche Ereignisse stattgefunden, darunter<br />
Explosionen von ausgedienten Raketenoberstufen,<br />
Hilfsmotoren und sogar von<br />
Satelliten. Dies kann geschehen, weil sich<br />
etwa Resttreibstoff noch nach vielen Jahren<br />
entzündet oder Batterien in toten<br />
Satelliten überladen werden und auseinanderbrechen.<br />
Bahnen von ca. 25 000 Objekten<br />
bekannt<br />
Um die aktuelle Population von Weltraumschrott<br />
besser zu verstehen, sind<br />
aufwändige Beobachtungen mit bodengestützten<br />
Radaranlagen und optischen<br />
Teleskopen nötig. Mit solchen Messungen<br />
können grössere Objekte regelmässig verfolgt<br />
und ihre Bahnen bestimmt werden.<br />
Heute kennen wir die Bahnen von etwa<br />
25 000 Objekten in Höhen von 300 bis<br />
40 000 Kilometern. Für Teile, die kleiner<br />
als etwa 10 Zentimeter sind, sind nur statistische<br />
Angaben möglich. Die Messungen<br />
deuten auf eine Gesamtzahl von ca.<br />
900 000 Raumschrottobjekten von zwischen<br />
1 und 10 Zentimetern Grösse hin.<br />
Die Teilchen mögen klein sein, sie sind<br />
aber keineswegs ungefährlich: Bei einer<br />
Kollision mit einem Teilchen von einem<br />
Zentimeter Durchmesser wird die Energie<br />
einer explodierenden Handgranate freigesetzt.<br />
In gewissen Bahnbereichen ist das<br />
Risiko für Kollisionen schon heute so<br />
hoch, dass aktive Satelliten regelmässig<br />
Manöver durchführen müssen, um Schrottteilen<br />
auszuweichen. Die Europäische<br />
Weltraumagentur ESA verarbeitet für ihre<br />
Satellitenflotte jede Woche etwa zwei<br />
Kolli sionswarnungen pro Satellit und<br />
führt entsprechend Dutzende von Manövern<br />
pro Jahr durch. Damit lassen sich<br />
zwar Kollisionen mit Objekten, die grösser<br />
als etwa 10 Zentimeter sind, die Satelliten<br />
vollständig zerstören und eine Unzahl von<br />
Bruchstücken erzeugen, verhindern, nicht<br />
aber «tödliche» Einschläge von kleineren<br />
Objekten, deren Bahnen wir nicht kennen.<br />
Für den Satellitenbetreiber wird das Risiko<br />
für die einzelne Mission also nur bedingt<br />
verkleinert, aber – und dies ist entscheidend<br />
– es wird verhindert, dass<br />
Trümmerteile entstehen, die wiederum<br />
mit anderen Objekten kollidieren können<br />
und somit eine verheerende Kettenreaktion<br />
auslösen können. Dieses sogenannte<br />
«Kessler-Syndrom», benannt nach Donald<br />
Kessler, der das Phänomen 1978 als Erster<br />
beschrieben hat, bleibt aber weiterhin eine<br />
Tatsache, da wir zurzeit Kollisionen<br />
zwischen grösseren Raumschrottteilen<br />
nicht verhindern können.<br />
Die Situation wird heute verschärft<br />
durch die extreme Zunahme von Kleinsatelliten,<br />
so startet zum Beispiel die private<br />
Firma SpaceX zurzeit jeden Monat mehr<br />
als 60 Satelliten. In diesem Fall ist das Ziel,<br />
eine sogenannte Konstellation von über<br />
1500 Satelliten zu erstellen, um weltweit<br />
schnelles Internet anzubieten. Andere<br />
Konstellationen mit mehreren Zehntausend<br />
Satelliten sind in Planung. Die Miniaturisierung,<br />
und die damit einhergehenden<br />
Einsparungen bei den Startkosten,<br />
haben es auch Schweizer Firmen und<br />
Universitäten erlaubt, ihre eigenen Kleinsatelliten<br />
in den Weltraum zu bringen.<br />
Auf der Suche nach Raumschrott<br />
Am Astronomischen Institut der Universität<br />
Bern suchen wir mit Teleskopen am<br />
«Swiss Optical Ground Station and Geodynamics<br />
Observatory» in Zimmerwald<br />
bei Bern sowie mit einem Teleskop der<br />
ESA im spanischen Teneriffa nach Raumschrottteilen,<br />
um die aktuelle Population<br />
(Anzahl, Grössen, Objekttypen, Bahnen<br />
usw.) genauer zu verstehen. Wir konzentrieren<br />
uns dabei auf kleine Raumschrottteile<br />
in hohen Erdumlaufbahnen. Neben<br />
den Bahnregionen der Navigationssatelliten<br />
(in ca. 20 000 km Höhe) wird die Region<br />
des so genannten geostationären Rings in<br />
36 000 Kilometern Höhe genauer untersucht.<br />
Dort stehen Satelliten «fest» über<br />
einem Punkt des Äquators und beobachten<br />
immer den gleichen Ausschnitt der<br />
Erdoberfläche (Wettersatelliten), oder sie<br />
strahlen immer in die gleiche Region Signale<br />
aus (Kommunikationssatelliten). Die<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 23
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Rückerstattungsfähig<br />
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Referenzen:<br />
1. Derry S et al. Topical NSAIDs for acute musculoskeletal pain in adults<br />
Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 6. Art. No.: CD007402.<br />
Voltaren Dolo forte Emulgel: Z: 100g Emulgel enthalten 2.32 g Diclofenac Diethylamin. I: Symptomatische Kurzzeittherapie von akuten Schmerzzuständen der Arthorse,<br />
Sport- und Unfallverletzungen. D: Nur zur äusserlichen Anwendung. ab 12 Jahren: 2x täglich 2-4 g Emulgel auftragen und leicht einreiben. Sollte nicht länger als 14<br />
Tage angewendet werden. KI: Überempfindlichkeit auf Diclofenac oder einen Hilfsstoff; Asthmaanfälle, Angioödem, Urticaria oder akute Rhinitis nach Anwendung<br />
von Acetylsalicylsäure oder anderen NSAR; 3. Trimenon der Schwangerschaft. S: Während Schwangerschaft und Stillzeit nicht anwenden. UW: Dermatitis (einschl.<br />
Kontaktdermatitis), Hautausschlag, Rötung, Ekzem, Pruritus. IA: Aufgrund der geringen systemischen Absorption ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering. Liste D.<br />
GSK Consumer Healthcare Schweiz AG, Risch.<br />
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Fokus<br />
Vermessung der Bahnen von Raumschrottteilen mit dem Laserstrahl des 1-Meter-Laser- und -Astrometrie-Teleskops am Swiss Optical Ground Station<br />
and Geodynamics Observatory in Zimmerwald bei Bern.<br />
geostationäre Bahn wird sehr stark genutzt,<br />
der Platz ist aber auch beschränkt,<br />
was zu Spannungen zwischen Satellitenbetreibern<br />
oder sogar Staaten führen<br />
kann.<br />
In den letzten 20 Jahren haben wir<br />
mit Hilfe dieser Messungen unzählige<br />
Schrottobjekte, darunter eine neue, unerwartete<br />
Population von sehr leichten<br />
Objekten, entdeckt. Genauere Untersuchungen<br />
von Einzelobjekten dieser neuen<br />
Population deuten darauf hin, dass es sich<br />
um Bruchstücke von Folien handelt, wie<br />
sie zur thermischen Isolation von Satelliten<br />
verwendet werden. Diese Resultate<br />
leisten einen wesentlichen Beitrag zu den<br />
Modellen, die die heutige Raumschrottpopulation<br />
beschreiben und die als Ausgangspunkt<br />
zur Berechnung von Zukunftsszenarien<br />
dienen.<br />
Nachhaltige Nutzung des Weltraums<br />
Die auf den oben erwähnten Daten basierenden<br />
Entwicklungsmodelle deuten alle<br />
auf eine starke Zunahme der Raumschrottpopulation<br />
in den nächsten Jahrzehnten<br />
hin. Um diese Zunahme zu begrenzen,<br />
werden zahlreiche Massnahmen<br />
notwendig sein wie z.B. das Vermeiden<br />
von Kollisionen, das Entfernen der Objekte<br />
aus den kritischen Regionen am Ende<br />
ihrer Mission (z.B. durch Verglühenlassen<br />
in der Erdatmosphäre) und möglicherweise<br />
das aktive Beseitigen alter, ausgedienter<br />
Satelliten und Raketen-Oberstufen mit<br />
Hilfe eines «Räumroboters».<br />
Umweltschutz kostet immer etwas,<br />
das ist im Weltraum nicht anders als hier<br />
auf der Erde. Andererseits zahlt sich dies<br />
mittel- und langfristig mehr als aus. Nur<br />
wenn wir die «Ressource» Weltraum nachhaltig<br />
nutzen, können wir auch in einigen<br />
Jahrzenten noch Weltraumfahrt betreiben.<br />
Unsere modernen Zivilgesellschaften<br />
sind in zunehmendem Masse von «Diensten»<br />
aus dem Weltraum abhängig. Das<br />
Navigationsgerät im Smartphone, die Wetterprognosen,<br />
die Steuerung von Stromnetzwerken,<br />
Verkehrsleitsysteme, die<br />
Über wachung von kritischen Bergsturz<br />
gebieten in unseren Alpen und über<br />
50 Prozent aller Informationen, die wir zur<br />
Modellierung der Klimaerwärmung benötigen,<br />
um nur einige Anwendungen zu<br />
nennen, sind auf Daten aus dem Weltraum<br />
angewiesen. Eine nachhaltige Entwicklung<br />
im Weltraum ist für unsere Zivilisation<br />
genauso zentral wie der schonende<br />
Umgang mit Ressourcen auf unserem Planeten<br />
selbst. Wie etwa der Klimaschutz<br />
kann diese Aufgabe nur global gelöst werden<br />
und stellt die internationale Gemeinschaft<br />
vor vergleichbar schwierige Herausforderungen.<br />
Es ist noch nicht zu spät,<br />
aber höchste Zeit, entschieden zu handeln.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 25
Fokus<br />
Eines Bloggers<br />
Blick auf die Welt<br />
Ein Klick – und ein Bild verbreitet sich rund um den Globus.<br />
Dank den sozialen Medien fallen die Schranken zwischen<br />
öffentlich und privat. Wie aber soll man den digitalen Raum nützen?<br />
Wie mit dieser Öffentlichkeit umgehen?<br />
Michael Schneider ist Hobbyblogger und betreibt den Photo-Lyric-Blog Michael’s Beers & Beans.<br />
Dieses Bild ging weltweit durch den digitalen Raum und landete schliesslich in den klassischen Medien.<br />
Foto: zvg<br />
26<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Fokus<br />
Der Eisnebel löste sich auf dem<br />
Hörnligrat oberhalb von Arosa<br />
auf. Die winterliche Morgensonne<br />
stand waagrecht zu<br />
mir und strahlte durch die Reste des Eisnebels.<br />
Instinktiv zückte ich mein Smartphone,<br />
denn in diesem Moment bildete<br />
sich ein unglaublich schöner Halo. Blitzschnell<br />
fotografierte ich mit dem Smartphone<br />
und brachte zur eigenen Überraschung<br />
diesen Lichteffekt in seiner<br />
Gesamtheit auf den Chip. Nur einige Minuten<br />
später ging eines der Bilder dieses<br />
Halos per WhatsApp und Twitter raus in<br />
den digitalen Raum. Was ich nie geahnt<br />
hätte: Genau dieser Tweet wurde tausendfach<br />
gelikt und retweetet und erreichte<br />
am Schluss viral über Blogs, Newsportale<br />
und Tageszeitungen Millionen<br />
von Lesern. «A photographer in the Swiss<br />
Alps has captured a remarkable image of<br />
an ice halo, the moment ice crystals freeze<br />
in midair, creating a halo effect around<br />
the Sun», schrieb beispielsweise der USamerikanische<br />
Nachrichtensender Fox<br />
News. Der kleine Raum meiner sozialen<br />
Medienwelt wurde über Stunden riesengross!<br />
Alles nur Narzissmus?<br />
Und jetzt? Die drei Minuten Ruhm hatte<br />
ich! Obendrein viel kostenlose Arbeit, um<br />
alle die Anfragen von Bildredaktionen zu<br />
bearbeiten. Warum habe ich dieses Bild<br />
überhaupt gepostet, warum teilen Menschen<br />
wie ich im Netz Fotos und Gedanken,<br />
und warum sehen/lesen wir so gerne<br />
von anderen Menschen? Natürlich kann<br />
man die Frage stellen, ob Menschen, die<br />
Fotos und Gedanken in den digitalen<br />
Raum posten, alle narzisstisch veranlagt<br />
sind. Brüten soziale Netzwerke allenfalls<br />
sogar Narzissten aus? Oder sind Instagram<br />
& Co. bloss die nötige Bühne für alle Selbstdarsteller?<br />
Für mich ist dies zu einfach. Nur weil<br />
ich gerne fotografiere und meine Werke<br />
zusammen mit kleinen Geschichten über<br />
meinen Blog und so über Twitter, Instagram<br />
& Co. weiterverbreite, bin ich doch<br />
deswegen nicht gleich selbstverliebt! Oder<br />
sogar narzisstisch! Ist es nicht eher, dass<br />
wir heute in einer Zeit leben, in welcher die<br />
Vermarktung des eigenen Ichs und Tuns<br />
von der Gesellschaft erwartet wird? Und<br />
zwar face to face wie auch online?<br />
Der Halo-Tweet zeigt eindrücklich auf,<br />
wie ich im digitalen Raum verschiedene<br />
Nutzer erreichen und mich mit ihnen austauschen<br />
kann. Ich kann mich in eigenen<br />
definierten Räumen bewegen. Darin nutze<br />
ich die Kommunikation und Vernetzung<br />
einerseits, um Wissen, Meinungen und Informationen<br />
auszutauschen, andererseits,<br />
um meine Fotografien bewerten zu lassen<br />
und um zu inspirieren. Natürlich gibt es<br />
auch Personengruppen, die sich in ihren,<br />
in anderen digitalen Räumen bewegen,<br />
sich in der Selbstpräsentation üben und<br />
sich überwiegend mit materiellen Dingen<br />
beschäftigen – wie im realen Leben auch.<br />
«Truly all photographs<br />
are self-portraits.»<br />
Elizabeth Opalenik,<br />
Photographic Artist<br />
Im digitalen Raum gehen lernen<br />
Den richtigen Umgang mit diesen sozialen<br />
Medien musste ich vor einigen Jahren allerdings<br />
zuerst lernen, denn anfänglich<br />
lockten mich Twitter und Instagram raffiniert<br />
immer tiefer in ihre Welt, nicht zuletzt,<br />
weil sie eine Schwäche von mir ausnutzen<br />
konnten: Meine Art, immer aktiv<br />
und produktiv zu sein, traf voll den Nerv.<br />
Zuletzt bin ich tatsächlich dem Spiel um<br />
Anerkennung erlegen. Aus einer schönen<br />
Zeitverschwendung wurde Zeitvernichtung!<br />
So habe ich die Schattenseite der Social<br />
Media kennengelernt und bin einfach<br />
ausgestiegen, habe diesen digitalen Raum<br />
verlassen, die Zugänge gekappt und die<br />
Kanäle einfach ohne mich weiterrauschen<br />
lassen.<br />
In der Folge habe ich Zeit gewonnen.<br />
Zum Nachdenken. Zum Lesen. Oder einfach<br />
so. Ich habe besser geschlafen, nach<br />
ein paar Tagen fühlte ich mich ruhiger<br />
und konzentrierter. Mein Verstand verlangsamte<br />
sich, und ich wurde präsenter<br />
in dem, was ich tat.<br />
Meine Räume beschränkten sich nur<br />
noch auf die reale Welt. So erkannte ich<br />
nach einigen Wochen, dass es ganz ohne<br />
digitales Leben nicht geht. Die totale Abstinenz<br />
für mich nicht der richtige Weg ist.<br />
WhatsApp ist Teil meiner persönlichen<br />
Kommunikation, und als Hobbyblogger<br />
stehe ich sowieso im digitalen Raum. Ein<br />
Blog ohne die Kanäle der sozialen Medien<br />
macht in der heutigen Zeit wenig Sinn.<br />
Zurück in mein altes Schema wollte<br />
ich nicht mehr, da war einiges falsch gelaufen.<br />
Und meine kostbar gewonnene<br />
Zeit wollte ich behalten. Positiv kam mir<br />
entgegen, dass ich von vielen Lesern und<br />
Leserinnen meines Blogs Anregungen erhalten<br />
habe, wie man mit den Social Media<br />
«gesund» umgehen kann. Daraus habe<br />
ich meinen eigenen digitalen Kodex zusammengebastelt,<br />
und heute macht mir<br />
der Umgang mit den sozialen Medien immer<br />
noch Spass.<br />
Mein Aroser Halo-Tweet zeigte mir<br />
eindrücklich auf, was die sozialen Medien<br />
für Möglichkeiten und Überraschungen<br />
bieten. Und während der Coronapandemie<br />
fing ich an, das Ganze noch mehr zu<br />
schätzen. Klar, die klassischen Medien,<br />
beispielsweise die Tagespresse, waren<br />
meine Informationsquellen. Doch über<br />
die sozialen Medien konnte ich meine persönlichen<br />
Kontakte aufrechterhalten. Und<br />
neben meinem harten Berufsalltag war da<br />
gleichzeitig ein Raum, in welchem ich Ablenkung,<br />
Hoffnung und Inspiration fand.<br />
Und zwischendurch die Welt durch andere<br />
Augen sehen konnte.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 27
Fokus<br />
Von der<br />
Entdeckung des<br />
Raums<br />
Wie bringt man das Dreidimensionale auf die Leinwand?<br />
Die Malerei kennt verschiedene Wege. Die mathematisch genaue Zentralperspektive<br />
wurde jedoch erst in der Renaissance entwickelt.<br />
Riccardo Legena, Kunsthistoriker<br />
In der Kirche Santa Maria Novella in<br />
Florenz befindet sich ein äusserst<br />
imposantes, mehr als sechs Meter<br />
grosses Fresko einer Dreifaltigkeitsdarstellung.<br />
Zu sehen ist Gottvater,<br />
der über dem Boden einer Halle schwebt<br />
und den gekreuzigten Jesus stützt. Vor ihnen<br />
stehen die Jungfrau Maria und Johannes<br />
der Evangelist sowie zwei nicht<br />
weiter bekannte, betende Personen. Dieses<br />
epische Gemälde wurde von dem noch<br />
sehr jungen, aber bereits bekannten Florentiner<br />
Maler Masaccio im Jahre 1427 gemalt.<br />
Trotz der enormen Grösse des Gemäldes,<br />
der sanften Farben und der anatomischen<br />
Genauigkeit der Figuren sollte<br />
das Werk aus einem ganz anderen Grund<br />
als Meilenstein in die Kunstgeschichte<br />
eingehen: Es handelt sich um das erste<br />
Gemälde mit einer mathematisch korrekten<br />
Zentralperspektive.<br />
Zur Erklärung: Bei der Zentralperspektive<br />
kreuzen sich alle in den Raum gehenden<br />
Linien in einem Fluchtpunkt auf<br />
Augenhöhe des Betrachters. Alle vertikalen<br />
und horizontalen Linien verschieben<br />
sich somit anhand dieser fliehenden Linien<br />
mit kleinerem Abstand, je tiefer im<br />
Raum sich die Linien befinden. Wenn Sie<br />
also ein Schachbrett in der Zentralperspektive<br />
zeichnen möchten, müssen Sie<br />
die Linien der hinteren Felder enger beieinander<br />
ziehen als die der vorderen, obwohl<br />
sie alle gleich weit voneinander entfernt<br />
sind.<br />
Neuartiges Konstrukt<br />
Dass weiter entfernte Objekte kleiner und<br />
im Raum versetzt dargestellt werden müssen,<br />
war bereits lange vorher bekannt. Jedoch<br />
war noch nie jemandem die genaue<br />
Ausmessung des Raumes und die erneute<br />
Konstruktion auf der Bildfläche in einem<br />
mathematisch korrekten System gelungen<br />
– bis zu Masaccios Dreifaltigkeit.<br />
Die Zentralperspektive war nicht die<br />
Erfindung Masaccios, sondern die seines<br />
guten Freundes und Kunsttheoretikers<br />
Leon Battista Alberti, der sich wiederum<br />
auf den Architekten Filippo Brunelleschi<br />
berief, der zeitgleich am Florentiner Dom<br />
die damals grösste und höchste Kuppel<br />
der Welt baute. Masaccio war es aber, der<br />
als Erster die Theorien Albertis und Brunelleschis<br />
umzusetzen wagte. Mit Hilfe<br />
eines Nagels fixierte er den Fluchtpunkt<br />
des Gemäldes und zog davon ausgehend<br />
mit dicken Schnüren ein Konstrukt auf,<br />
das ihm half, jede Linie genau zu setzen.<br />
Anschliessend ritzte er die skizzierten<br />
Konstruktionslinien in die noch frische<br />
Grundierung. Der Aufwand war gewaltig:<br />
Masaccio brauchte Wochen, wofür er normalerweise<br />
Stunden benötigte. Doch<br />
schliesslich war er erfolgreich, und in Florenz<br />
verbreitete sich blitzschnell die Kunde:<br />
Masaccio war eine Sensation gelungen.<br />
Die Natur erschaffen<br />
Im ewigen Rangstreit zwischen Malerei<br />
und Skulptur musste die Malerei stets den<br />
Das Thema ist nicht neu, die Umsetzung jedoch<br />
schon: Dank der räumlich genauen Darstellung<br />
gelang Masaccio eine Sensation.<br />
Bilder: Wikimedia / Shutterstock<br />
28<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Fokus<br />
Kürzeren ziehen. Eine Statue kann man<br />
bemalen, dass sie naturgetreuer wirkt,<br />
aber eine Malerei lässt sich nicht in den<br />
dreidimensionalen Raum erweitern. Doch<br />
nun, mit der Erfindung der Zentralperspektive,<br />
sollte es endlich möglich sein,<br />
den Raum künstlich zu erschaffen: ihn im<br />
flachen Bild zu konstruieren und ihn<br />
schliesslich täuschend echt zu malen.<br />
Die Faszination, die die italienischen<br />
Maler für die exakte Geometrie hegten,<br />
mag heute absurd erscheinen, aber dahinter<br />
verbarg sich die Vorstellung, dass man<br />
mit diesem neuerworbenen Wissen die<br />
Natur noch genauer berechnen und somit<br />
auch noch realistischer darstellen könnte.<br />
Als Ideal galten die Maler der griechischen<br />
Antike: Zeuxis, der eine Weinrebe so echt<br />
malen konnte, dass die Vögel daran herumpickten;<br />
oder Parrhasios, der einen feinen<br />
Schleier über sein Bild malte, so dass<br />
ein Betrachter ihn bat, er solle doch endlich<br />
diesen Vorhang wegziehen. Dieses Talent,<br />
das man nur aus Überlieferung kannte,<br />
hoffte man in der Renaissance mit der<br />
Zentralperspektive wiederzuerlangen.<br />
Bisweilen konnte der Drang zur mathematisch<br />
genauen Perspektive auch in<br />
den Exzess führen, wie beispielsweise<br />
beim talentierten Maler Paolo Uccello, der<br />
sich so ausladend mit der Erschaffung<br />
neuer Perspektivmodelle beschäftigte,<br />
dass selbst hart gesottene Kunsttheoretiker<br />
fanden, er hätte mit seinen «schrecklich<br />
übertriebenen Studien die Natur vergewaltigt».<br />
Kunst und Geometrie<br />
Ausserhalb von Florenz wurde die Zentralperspektive<br />
lange belächelt. Viele Maler<br />
von Amsterdam über Paris und Venedig<br />
bis nach Istanbul hatten bereits ihre Methoden,<br />
um die Raumtiefe darzustellen,<br />
ohne sich in zeitraubende Mathematik zu<br />
verlieren. Sie erzeugten die Perspektive<br />
ausschliesslich mit der Farbe, indem sie<br />
beispielsweise entferntere Gegenstände<br />
dunkler malten oder grösser werdende<br />
Schatten zogen oder die Lichtreflektionen<br />
auf Flächen perfekt imitierten. Weshalb<br />
sollte man sich stundenlang mühselig mit<br />
der Berechnung von Fluchtlinien beschäftigen,<br />
wenn man das Problem auch mit<br />
den Mitteln lösen konnte, die die Malerei<br />
sowieso schon bot? Selbstverständlich war<br />
die Perspektive mathematisch unkorrekt,<br />
aber das Raumgefühl war trotzdem da.<br />
Doch trotz aller Kritik konnte sich die<br />
Zentralperspektive durchsetzen. In ganz<br />
Europa begann man die Theorien Albertis<br />
und Brunelleschis zu studieren, damit zu<br />
Nicht nur Räume wirken dank der Zentralperspektive echt, auch neue Blickwinkel werden möglich<br />
wie bei Mantegnas Darstellung des Leichnams Christi.<br />
experimentieren und sie zu erweitern.<br />
Andrea Mantegna malte den Leichnam<br />
Christi aus der Froschperspektive, so als<br />
würde man selbst vor der Totenbahre knien<br />
und weinen. Albrecht Dürer baute eine<br />
Camera Obscura mit Fäden und Schnüren,<br />
die ihm helfen sollte, die Perspektive haargenau<br />
darzustellen. Seinen Berechnungen<br />
entsprang auch das erste Geometriebuch<br />
in deutscher Sprache.<br />
Doch selbst stark mathematisch veranlagte<br />
Künstler wie Leonardo da Vinci<br />
verliessen sich nicht ausschliesslich auf<br />
die Zentralperspektive, um Raum zu erzeugen.<br />
Leonardo studierte jahrelang die<br />
dreidimensionale Wirkung von Licht und<br />
Schatten. Er malte Hintergründe blasser<br />
und bläulicher, je weiter sie entfernt waren<br />
und schliesslich erfand er auch die<br />
«Sfumato»-Technik, mit der er die Konturlinien<br />
im Hintergrund verwischte, so dass<br />
die Ferne langsam in Nebel zu verschwinden<br />
scheint. Alle drei Methoden sind völlig<br />
unabhängig von der Zentralperspektive,<br />
erzeugen aber ebenso einen Eindruck<br />
von Räumlichkeit.<br />
In den darauffolgenden Jahrhunderten<br />
sind sowohl die Perspektivenlehre wie<br />
auch andere Methoden zur Raumillusion<br />
in den Kanon der Künstlerausbildung eingegangen.<br />
Die Zentralperspektive ist nicht<br />
in Vergessenheit geraten, ganz im Gegenteil<br />
zu Masaccios Dreifaltigkeit. Das Bild<br />
sollte bereits in den 1570er-Jahren übermalt<br />
werden. Der beauftragte Künstler<br />
aber erkannte die historische Wichtigkeit<br />
von Masaccios Werk und liess eine neue<br />
Wand mit einem Spalt Abstand einziehen,<br />
so dass die Dreifaltigkeit der Nachwelt erhalten<br />
blieb. Sie wurde erst 1860 per Zufall<br />
wiederentdeckt, nur ein paar Jahre vor der<br />
nächsten grossen Erfindung in der Malerei:<br />
der Abstraktion in der modernen<br />
Kunst.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 29
Anzeigen<br />
Das effektivste topische NSAR für<br />
akute Schmerzbehandlung<br />
Bei akuten Gelenkschmerzen und muskuloskelettalen Schmerzen bietet sich die lokale Applikation nichtsteroidaler<br />
Antirheumatika (NSAR) an 1 . Doch welcher Wirkstoff bzw. welche Galenik wirkt am besten? Das renommierte<br />
Cochrane Institut hat in einer Metastudie 61 Studien verglichen und die verschiedenen Therapien für muskuloskelettale<br />
Schmerzen bewertet. Ein Schweizer Produkt macht das rennen!<br />
Untersucht wurde, wie viele Patienten behandelt werden müssen bis 1 Patient eine Schmerzreduktion um mindestens 50% innerhalb<br />
von 7 Tagen erfährt, die mit einem Placebo nicht erreicht worden wäre (= NNT Wert) 3 . Je näher der NNT Wert bei 1 liegt, desto besser ist<br />
das Ergebnis. Dazu wurden insgesamt 61 Studien von den Experten ausgewertet. Verglichen wurden topische NSAR in Form von Gel,<br />
Creme, Spray oder Patch mit einem gleichen topischen Placebo. 5311 Patienten wurden mit einem topischen NSAR behandelt und 3470<br />
Patienten wurden mit einem Placebo behandelt.<br />
Auf die Galenik kommt es an<br />
Es stellte sich heraus, dass die besten Effekte mit Gelformulierungen von Diclofenac, Ibuprofen und Ketoprofen sowie mit einigen<br />
Diclofenac-Pflastern erzielt werden. Nur 2 Wirkstoff und Galenik Kombinationen zeigten einen NNT Wert kleiner als 3. Alle anderen<br />
Kombinationen schnitten schlechter ab. Ibuprofen Gele wiesen einen NNT Wert von 3,9 auf. Diclofenac Patches zeigten einen NNT Wert<br />
von 3,2. Ketoprofen Gele erzielten einen NNT Wert von 2,5. Das beste Ergebnis zeigte sich bei einem Produkt aus der Schweiz, Voltaren<br />
Dolo Emulgel ® , mit einem NNT Wert von 1,8. Laut diesem Ergebnis müssen somit 2 (1,8) Patienten mit einem Diclofenac Gel von<br />
Voltaren Dolo ® behandelt werde bis ein Patient eine signifikante Schmerz linderung erreicht, die mit einem Placebo nicht erreicht werden<br />
würde, während bei einem Diclofenac Patch erst nach 3 (3,2) Patienten ein solcher Erfolg auftritt 2 . Es kommt also neben dem Wirkstoff<br />
auch stark auf die Galenik an.<br />
Literatur<br />
1. Hagen M, Alchin J: Pain Manag <strong>2020</strong>;10(2):117–129<br />
2. Derry S et al. Topical NSAIDs for acute musculoskeletal pain in adults Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 6. Art. No.: CD007402.<br />
3. Moore A, McQuay HJ. Was ist die Number Needed to Treat (NNT)? Z Allg Med 2008 ; 84: 161–164<br />
Voltaren Dolo forte Emulgel: Z: 100g Emulgel enthalten 2.32g Diclofenac Diethylamin. I: Symptomatische Kurzzeittherapie von akuten Schmerzzuständen der Arthorse, Sport- und Unfallverletzungen. D: Nur zur äusserlichen Anwendung.<br />
ab 12 Jahren: 2x täglich 2–4 g Emulgel auftragen und leicht einreiben. Sollte nicht länger als 14 Tage angewendet werden. KI: Überempfindlichkeit auf Diclofenac oder einen Hilfsstoff; Asthmaanfälle, Angioödem, Urticaria oder akute<br />
Rhinitis nach Anwendung von Acetylsalicylsäure oder anderen NSAR; 3. Trimenon der Schwangerschaft. S: Während Schwangerschaft und Stillzeit nicht anwenden. UW: Dermatitis (einschl. Kontaktdermatitis), Hautausschlag, Rötung,<br />
Ekzem, Pruritus. IA: Aufgrund der geringen systemischen Absorption ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering. Liste D. Ausführliche Informationen entnehmen Sie bitte der Arzneimittelinformation auf www.swissmedicinfo.ch. GSK Consumer<br />
Healthcare Schweiz AG, Risch.
Fokus<br />
Bauen für<br />
Körper und Seele<br />
Niemand ist gerne krank, niemand gerne im Spital. Eine heilsame<br />
Umgebung kann nachweislich das Wohlbefinden stärken<br />
und die Genesung beschleunigen. Die «Healing Architecture» verfolgt<br />
neben planerischen auch wissenschaftliche Ziele.<br />
Ute Ziegler, Senior Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Forschungsgruppe Innenarchitektur,<br />
Hochschule Luzern – Technik & Architektur<br />
Bild: © Nicole Hartmann, Forschungsgruppe Innenarchitektur Hochschule Luzern<br />
Die Erkenntnis, dass die Gestaltung<br />
des Umfeldes einen<br />
Einfluss auf die Genesung hat<br />
und sogar therapeutisch eingesetzt<br />
werden kann, reicht bis in die antiken<br />
Tempelanlagen des Asklepieion von<br />
Kos zurück. Bereits im 5. Jahrhundert vor<br />
Christus war der Arzt Hippokrates davon<br />
überzeugt, dass Krankheiten von äusseren<br />
Faktoren ausgehen. Als therapeutische<br />
Mittel berücksichtigte er in seinem<br />
antiken Krankenhaus neben Diät, Gymnastik,<br />
Baden im Meer und beruhigenden<br />
Balsamen deshalb auch Umgebungsfaktoren<br />
wie die geografische Lage und die Architektur.<br />
Im 19. Jahrhundert, genauer<br />
1863, verfasste die britische Krankenschwester<br />
Florence Nightingale mit ihrer<br />
Schrift «Notes on Hospitals» 1 ein Standardwerk<br />
für die Gestaltung von Spitälern,<br />
die die Genesung unterstützt. Dabei<br />
hat sie bis heute gültige Faktoren wie die<br />
Zufuhr von frischer Luft, Wärme, gute Beleuchtung,<br />
sauberes Wasser und die Eliminierung<br />
von Geräuschen identifiziert.<br />
Die in den 1970er Jahren durchgeführte<br />
Pilotstudie «View through a window<br />
may influence recovery from surgery» 2<br />
von Roger Ulrich zeigt sehr deutlich, dass<br />
bereits eine minimale Intervention, wie<br />
der visuelle Kontakt von Patientinnen und<br />
Patienten mit Pflanzen und Landschaften<br />
eine positive, die Heilung unterstützende<br />
Wirkung hat. Diese Studie ist der Beginn<br />
des sogenannten Evidence-based-Designs<br />
Die Illustration zeigt in abstrahierter Form, wie rein funktionalistische Aspekte eines Patientenzimmers<br />
mit forschungsbasierten emotionalen und atmosphärischen Qualitäten überlagert werden<br />
können.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 31
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Telefon 031 350 44 22<br />
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Fokus<br />
(EBD). Bei diesem forschungsbasierten<br />
Ansatz werden die Auswirkungen von<br />
räumlichen Gestaltungsfaktoren auf die<br />
Gesundheit und Genesung von Patienten 3<br />
seit über 30 Jahren systematisch wissenschaftlich<br />
untersucht und sind damit ein<br />
wichtiger Bestandteil von Healing Architecture.<br />
Patienten, Personal und Besucher<br />
Evidence-based-Design strebt Gestaltungsentscheidungen<br />
an, die auf der<br />
Grundlage von gut dokumentierter Forschung<br />
und Best Practice getroffen werden<br />
und für den Bau von Spitälern und<br />
Pflegeeinrichtungen eingesetzt werden<br />
können. Ziel ist es, die Genesungsprozesse<br />
durch eine spezifische Kombination von<br />
Gestaltungsfaktoren zu unterstützen und<br />
zu verbessern. Durch den Einsatz von EBD<br />
wurden unter anderem die Reduktionen<br />
von Aufenthaltsdauer, Medikamenteneinnahme,<br />
Infektionen und Stürzen sowie<br />
die Vermeidung von Ängsten, Stress und<br />
Delir nachgewiesen. Darüber hinaus stehen<br />
bei EBD auch die Verbesserung und<br />
die Optimierung der Arbeitsprozesse und<br />
Abläufe des Personals sowie die Steigerung<br />
der Aufenthaltsqualität von Angehörigen<br />
bei ihren Besuchen im Fokus. Neben<br />
der Gestaltung von Oberflächen und Räumen<br />
zielt diese ganzheitliche Herangehensweise<br />
darauf ab, positive Erlebnisse<br />
und Erfahrungen zu schaffen. Diese sind<br />
notwendig, weil sich Patienten, unabhängig<br />
von Alter, Geschlecht oder Krankheitsbild,<br />
im Spital tendenziell ausgeliefert<br />
fühlen, da sie Verantwortung und Kontrolle<br />
oft abgeben müssen. Deutlich wird<br />
dies beispielsweise vor einer Operation,<br />
wenn sie durch lange gleichförmige und<br />
funktionalistisch gestaltete Korridore geführt<br />
werden, die keinerlei positive Abwechslung<br />
und Ablenkung bieten. Bei<br />
Healing Architecture werden diese rein<br />
funktionalistischen Aspekte bei der Gestaltung<br />
von Innenräumen in Spitälern<br />
hinterfragt. Neben Funktion und Effizienz<br />
geht es um die emotionalen und atmo <br />
sphärischen Qualitäten von Räumen, die<br />
durch adäquate Farbgestaltung, warme<br />
Materialien wie Holz und Textilien sowie<br />
abgestimmte Lichtqualitäten und akustisch<br />
wirksame Oberflächen erreicht<br />
werden. Die gezielte Nutzung von wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen stellt wirkungsvolle<br />
Werkzeuge für die Planung und Gestaltung<br />
von Innenräumen zur Verfügung,<br />
die in Forschungsprojekten auch empirisch<br />
überprüfbar sind.<br />
Neben den empirischen Gestaltungsansätzen,<br />
die auf Evidence-based-Design<br />
beruhen, stehen bei Healing Architecture<br />
auch die Bedürfnisse der Patienten im<br />
Vordergrund. Je nach Krankheitsbild, Medikation,<br />
Alter und psychischem Zustand<br />
nehmen diese ihr Umfeld unterschiedlich<br />
wahr. Überträgt man diese Erkenntnisse<br />
auf die Gestaltung von Spitalumgebungen,<br />
so kann ein und dasselbe standardisiert<br />
gestaltete Patientenzimmer unterschiedlich<br />
auf die jeweiligen Patienten<br />
und ihre Besucher wirken. Das stellt alle<br />
Beteiligten, die bei Neubauten oder Sanierungen<br />
von Gesundheitsbauten involviert<br />
sind, vor ungewöhnliche Herausforderungen,<br />
da es keine verbindlichen Standards<br />
gibt. Diesen Umstand berücksichtigt die<br />
bedürfnisorientierte Planung als einen<br />
wesentlichen Teil von Healing Architecture.<br />
Eine Methode, die die Bedürfnisse<br />
der Menschen, die sich vor allem bei<br />
schwerer Krankheit ändern, im Fokus hat.<br />
In Workshops mit Patienten, Pflegenden<br />
und Ärzten werden gemeinsam Ideen und<br />
Lösungsvorschläge für Räume, Versorgungen<br />
und Dienstleistungen entwickelt<br />
und für die Planung und Gestaltung nutzbar<br />
gemacht. So können vielfältige Bedürfnisse<br />
und Probleme adressiert werden,<br />
die den Planern und Gestaltern oft<br />
nicht bewusst zugänglich sind. Die positiven<br />
Effekte beziehen sich auf Themen wie<br />
unter anderem Patientenautonomie, Kontrolle,<br />
Selbstverantwortung, Schutz der<br />
Privatsphäre, die das Wohlbefinden und<br />
nachgelagert die Genesung entscheidend<br />
beeinflussen.<br />
Keine Patentlösung<br />
Ein einfaches Rezept für die Gestaltung<br />
von Innenräumen in Spitälern und Pflegeeinrichtungen,<br />
das für jede Situation<br />
passt, gibt es nicht. Es ist vielmehr ein<br />
komplexer Prozess, der immer wieder aufs<br />
Neue angegangen werden muss mit detaillierten<br />
Bestandsaufnahmen und Analysen,<br />
um daraus adäquate Gestaltungskriterien<br />
ableiten zu können. Im Sinne von<br />
Healing Architecture hilft jedoch eine<br />
ganzheitliche Sicht, bei der nicht nur die<br />
Prozesse und technische Infrastruktur im<br />
Zentrum stehen, sondern auch die Bedürfnisse<br />
von Patienten, Besuchern und Personal<br />
bei der Umsetzung berücksichtigt<br />
werden.<br />
1<br />
Vgl. Nightingale, F.: Notes on Hospitals, 3. Aufl.<br />
London 1863<br />
2<br />
Ulrich, R. S. (1984). View through a window may<br />
influence recovery from surgery. Science 1984<br />
April 27<br />
3<br />
Aus Gründen der Lesbarkeit wird nachfolgend<br />
bei Personenbezeichnungen die männliche Form<br />
gewählt, die weibliche Form ist immer mitgemeint.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 33
Perspektiven<br />
Aktuelles aus der Orthopädie – Adoleszente Idiopathische Skoliose –<br />
Ätiologie und aktuelle Therapiekonzepte<br />
Orthopädische<br />
«Kurvendiskussion»<br />
Die genetische Ursache der meisten Skoliosen ist unbestritten, wenn auch die<br />
genauen Erbgänge noch nicht entschlüsselt sind. Das Korsett ist weiterhin das Mittel<br />
der Wahl zur konservativen Therapie mittelgradiger Skoliosen in Kombination<br />
mit Physiotherapie. Für die Zukunft zeichnen sich neue operative Verfahren ab.<br />
Dr. med. Christian Tinner und Dr. med. Moritz C. Deml,<br />
Klinik für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Universität Bern<br />
Eine Skoliose ist eine komplexe,<br />
dreidimensionale Deformität<br />
der Wirbelsäule, des Thorax<br />
und des Rumpfes. Sekundäre<br />
Skolioseformen, wie bei neuromuskulären<br />
Erkrankungen, syndromal oder kongenital<br />
bedingt, machen ca. 20 Prozent<br />
aller Skoliosefälle aus. Rund 80 Prozent<br />
sind idiopathisch – mit bislang unbekannter<br />
Ursache. Mit zwei bis drei Prozent<br />
Inzidenz ist die Adoleszente Idiopathische<br />
Skoliose (AIS) die häufigste Form<br />
und betrifft weltweit Millionen von Jugendlichen<br />
ab dem zehnten Lebensjahr.<br />
Mädchen sind hierbei häufiger und mit<br />
stärkerer Ausprägung der Skoliose als<br />
Jungen betroffen, wobei sich das Verhältnis<br />
w:m von 1,4:1 bei milden Formen von<br />
einem Cobb-Winkel unter 20 ° deutlich<br />
verschiebt auf w:m 7:1 in schweren Formen<br />
über 30 °. Eine sichere und plausible<br />
Erklärung für diesen Unterschied in der<br />
Geschlechterverteilung konnte bisher<br />
nicht gefunden werden [1].<br />
Verschiedenste Faktoren mit Einfluss<br />
auf die Ätiologie der AIS wurden untersucht.<br />
Die positive Familienanamnese<br />
liegt nach Daten des dänischen Zwillingsregisters<br />
bei etwa 40 Prozent und ist ein<br />
offensichtlicher Risikofaktor für Auftreten<br />
und Schwere einer Skoliose [2]. Zwar konnten<br />
für einzelne ethnische Gruppen häufig<br />
vorkommende genetische Prädispositionen<br />
gefunden werden, aber die exakte genetische<br />
Vererbung bleibt vorerst ungeklärt<br />
[1]. Neben der reinen genetischen<br />
Veranlagung werden epigenetische Prozesse<br />
diskutiert, die u.a. in Abhängigkeit<br />
von Umwelteinflüssen unterschiedliche<br />
Genaktivierungen und/oder -deaktivierungen<br />
bewirken können [3]. Zahlreiche<br />
Einflussgrössen wurden in unterschiedlichen<br />
Studien untersucht. So scheint die<br />
Wachstumsgeschwindigkeit einen Einfluss<br />
auf die Entstehung einer AIS zu haben,<br />
denn Auftreten und Progression sind<br />
oft während des adoleszenten Wachstumsschubes<br />
zu sehen. Dennoch konnte in Bezug<br />
auf Wachstumsmuster und Laxizität<br />
kein sicherer Zusammenhang gefunden<br />
werden. Dasselbe gilt für anatomische und<br />
biomechanische Theorien, woraus lediglich<br />
resultiert, dass bei bereits bestehender<br />
Skoliose die ungleichen Belastungen der<br />
Wachstumsfugen der Wirbelköper zur<br />
schnelleren Zunahme der Skoliose im jugendlichen<br />
Wachstumsschub mit asymmetrischem<br />
Wachstum der Wirbelkörper<br />
führen können – entsprechend dem Hueter-Volkmann-Gesetz<br />
[4]. Eine neuere Arbeit<br />
wirft die Theorie auf, dass evtl. der<br />
Aufbau der Darmflora in einem Zusam-<br />
menhang mit der Entwicklung einer AIS<br />
stehen könnte. Dabei wurden in AIS-Patienten<br />
einzelne Bakterienstämme signifikant<br />
häufiger gefunden als bei gesunden<br />
Probanden desselben Alters [5]. Es konnte<br />
darüber hinaus eine positive Korrelation<br />
bzgl. der Konzentration des Bakterienstammes<br />
und der Schwere des<br />
Cobb-Winkels gezeigt werden [6]. In derselben<br />
Arbeit wurde eine fragliche Beteiligung<br />
von mit der Muskelfunktion in Verbindung<br />
stehenden Proteinen gefunden,<br />
die fraglich mit der Entstehung einer AIS<br />
zusammenhängen. Dies sind erste Forschungsergebnisse,<br />
die die Theorie der<br />
epigenetischen Einflussfaktoren unterstützen<br />
können, die allerdings in der Zukunft<br />
noch bestätigt und weiter untersucht<br />
werden müssen, um die genaue Bedeutung<br />
auf die Entwicklung einer Skoliose zu<br />
verstehen. Zusammenfassend gibt es zahlreiche<br />
Hinweise, dass genetische Faktoren<br />
sicher und einzelne Umweltfaktoren evtl.<br />
einen Einfluss auf die Ätiologie einer AIS<br />
haben. Die Entschlüsselung der genauen<br />
Zusammenhänge ist aber weiterhin Teil<br />
zukünftiger Forschungsprojekte.<br />
Diagnose<br />
Eine Skoliose fällt oft bei einem Routineuntersuch<br />
aufgrund sekundärer Hin-<br />
Bilder: zvg<br />
34<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Perspektiven<br />
weise wie Schulter- oder Beckenschiefstand,<br />
Beinlängendifferenz, aber insbesondere<br />
einem Rippenbuckel oder Lendenwulst<br />
im Adams-Test (Vorbeugetest)<br />
auf. Bei längerem Bestehen können bereits<br />
chronische Schmerzen oder gar Kompromittierung<br />
von Organfunktionen imponieren,<br />
wobei dies bei der AIS in höherem<br />
Masse in entwickelten Ländern sehr<br />
selten geworden ist. Klinisch ist eine einfache<br />
Messung an dem vornübergebeugten<br />
Patienten mit dem Scoliometer möglich<br />
(Adams-Test). Eine Abweichung von<br />
7 ° kann einer Skoliose von bis zu 20 ° entsprechen<br />
und sollte zwingend weiter beurteilt<br />
und mittels weiterer Diagnostik objektiviert<br />
werden [7]. Die meisten AIS sind<br />
rechtsthorakal-konvexe Kurven. Die sehr<br />
viel seltenere linksthorakale Konvexität<br />
kann mit syndromalen Erkrankungen<br />
oder anderen Grunderkrankungen vergesellschaftet<br />
sein, weshalb ein MRI zur weiterführenden<br />
Diagnostik im Rahmen des<br />
Gesamtkontexts diskutiert werden sollte<br />
[8, 9].<br />
Die Quantifizierung der Skoliose erfolgt<br />
mittels Messung des Cobb-Winkels<br />
an einer stehenden Röntgenaufnahme antero-posterior<br />
der gesamten Wirbelsäule<br />
(Abb. 1a). Der Cobb-Winkel wird durch<br />
Verbindung der Verlängerung der Endplatten<br />
der jeweiligen Endwirbel (Wirbelkörper<br />
mit der stärksten Abkippung) gezeichnet<br />
[10]. Für die Bestimmung des<br />
Schweregrades einer Deformität sind die<br />
früher vernachlässigten sagittalen Parameter<br />
ebenso relevant (Abb. 1b) [11]. Die<br />
Rotationskomponente wird mit der Methode<br />
nach Nash&Moe in vier Grade eingeteilt<br />
[12] .<br />
Ab einem Cobb-Winkel von 10 °<br />
spricht man von einer Skoliose, darunter<br />
in der Regel von einer skoliotischen Fehlhaltung,<br />
wobei dieser Begriff insbesondere<br />
bei sehr jungen Patienten irreführend<br />
sein kann. Unabhängig vom Schweregrad<br />
bedarf jede Skoliose im Wachstumsalter<br />
einer weiteren Observation bis zum Abschluss<br />
der Adoleszenz.<br />
Konservative Therapie<br />
Bei einem Cobb-Winkel von über 10 ° empfiehlt<br />
sich die regelmässige Physiotherapie<br />
mit Haltungsschulung. Leider liegt<br />
keine klare Evidenz für eine spezifische<br />
Physiotherapieform vor, weshalb grundsätzliche<br />
Massnahmen und Übungen für<br />
die Kräftigung der Muskelbalance bzw.<br />
den Ausgleich von Muskeldysbalancen<br />
empfohlen sind, die nach Möglichkeit so<br />
häufig wie möglich auch in Eigentherapie<br />
a b<br />
Abb. 1<br />
a) Röntgenbild Wirbelsäule ap mit thorakolumbaler Skoliose mit thorakalem Cobb-Winkel von 55 °<br />
(rot), lumbaler Gegenkrümmung von 30 ° (blau) und Verlagerung des Lots von C7 nach rechts<br />
(grün). E: Endwirbel, A: Apex-/Scheitelwirbel.<br />
b) Röntgenbild Wirbelsäule seitlich mit thorakaler Kyphose (rot) und lumbaler Lordose (blau) und<br />
Lot von C7 auf S1 (grün).<br />
absolviert werden sollten. Für Krümmungen<br />
ab 20 ° und nachgewiesenem bzw. zu<br />
erwartendem Progress umfasst die bisherige<br />
Standardtherapie eine konservative<br />
Behandlung mit Physiotherapie in Kombination<br />
mit einer Korsetttherapie. Im letzten<br />
Jahrhundert konnten unterschiedliche<br />
Korsettkonzepte entwickelt und etabliert<br />
werden. In Mitteleuropa hat sich das<br />
Konzept des Cheneau-Korsetts durchgesetzt,<br />
das eine dreidimensionale Rotationskorrektur<br />
der Skoliose mit Druck von<br />
aussen über so genannte Pelotten im Korsett<br />
erreichen soll. Das Korsett soll nach<br />
Möglichkeit mindestens 18–22 Stunden<br />
am Tag getragen werden, wobei es für<br />
Sport, Physiotherapie und Körperpflege<br />
abgenommen werden kann [13]. Die Möglichkeiten<br />
einer Korrektur im HWS- und<br />
oberen BWS-Bereich bleiben weiterhin<br />
sehr beschränkt. Grundsätzlich werden<br />
die Korsettschalen an einer Positivform<br />
aus Styropor oder ähnlichem Material mit<br />
Polyethylen (PE) angepasst. Fortschreitende<br />
Materialentwicklungen ermöglichen<br />
inzwischen dreidimensional gedruckte<br />
Modelle, die in ersten klinischen<br />
Anwendungen etabliert werden konnten<br />
(Abb. 2). Diesbezüglich weisen erste, sehr<br />
begrenzte, nicht standardisierte Untersuchungen<br />
auf einen verbesserten Tragekomfort<br />
und eine damit potenziell erhöhte<br />
Tragezeit hin. Die Gleichwertigkeit und<br />
gar eine Überlegenheit ist jedoch bisher<br />
nicht sicher nachgewiesen, weswegen die<br />
Standardversorgung weiterhin mittels<br />
PE-Korsett erfolgt.<br />
Operative Therapie<br />
Schreitet die Krümmung trotz konservativer<br />
Therapie rasch voran oder wurde sie zu<br />
spät diagnostiziert, muss eine operative<br />
Therapie diskutiert werden, um die Deformität<br />
zu reduzieren und eine weitere Progression<br />
zu verhindern. Damit sollen u.a.<br />
die kranialen und kaudalen Anschlusssegmente<br />
geschützt und indirekt korrigiert<br />
werden.<br />
Zur Bewertung des Wachstumsfortschrittes<br />
wurden lange die Risser-Stadien<br />
als führendes Instrument definiert, das<br />
den Fortschritt der Verknöcherung von<br />
der Beckenkammapophyse beurteilt [15].<br />
Daneben gibt es weitere radiologische<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 35
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Perspektiven<br />
Abb. 2: 3-D-Planung eines dreidimensional<br />
gedruckten Cheneau-Mesh-Korsetts (mit<br />
freundlicher Genehmigung der Firma<br />
Ortho-Team Bern).<br />
Klassifikationen. In den letzten Jahren hat<br />
sich insbesondere die Sanders-Klassifikation<br />
zur Beurteilung des Wachstumspotenzials<br />
am Röntgen der linken Hand etabliert.<br />
Sie beinhaltete acht Stadien, wobei<br />
das Stadium kombiniert mit dem<br />
Cobb-Winkel unabhängig von der Therapie<br />
das Progressionsrisiko auf einen<br />
Cobb-Winkel von über 50 ° und somit eine<br />
sehr wahrscheinliche Operationsnotwendigkeit<br />
zeigt. Die Stadien 1–5 beschreiben<br />
das Wachstumsalter bereits vor der Ossifikation<br />
der Beckenkammapophyse (Risser<br />
0). Zum Beispiel hat ein adoleszenter Patient<br />
mit einem Cobb-Winkel von 25 ° mit<br />
Risser 0 und Sanders-Stadium 2 ein hundertprozentiges<br />
(CI 92–100 Prozent) Risiko,<br />
eine Progression der Skoliose auf einen<br />
Cobb-Winkel von über 50° zu erreichen,<br />
trotz Korsetttherapie. Andererseits hat ein<br />
adoleszenter Patient mit derselben Kurve<br />
von 25 ° mit Risser 0, aber Sanders-Stadium<br />
4 praktisch null Prozent (CI 0–5 Prozent)<br />
Risiko, einen Progress auf einen<br />
Cobb-Winkel von über 50 ° zu erreichen<br />
[16].<br />
Ab einem thorakalen Cobb-Winkel<br />
von 45° oder rascher Progression bei noch<br />
starkem Wachstumspotenzial wird eine<br />
operative Korrektur empfohlen. In solchen<br />
Fällen mit zusätzlichem Überschreiten<br />
des 10.–11. Lebensjahres wird aktuell<br />
meist eine dorsale Spondylodese mit Pedikelschraubensystemen<br />
unter kontinuierlichem<br />
Neuromonitoring durchgeführt<br />
(Abb. 4). Dies ist die aktuell effizienteste<br />
und etablierteste Methode zur operativen<br />
Skoliosebehandlung und kann im Vergleich<br />
zu den nicht behandelten Fällen einen<br />
weiteren Progress der Deformität aufhalten.<br />
Insbesondere kann bei zeitgerechter<br />
operativer Korrektur eine noch längerstreckigere<br />
Versteifungsoperation bei<br />
sekundärer Korrektur und Stabilisierung<br />
der Anschlussbereiche kaudal und kranial<br />
der Hauptkurve langfristig vermieden werden.<br />
In Langzeitresultaten über 20 Jahre<br />
nach Operation wird über gute Lebensqualität<br />
der Patienten mit hohen Aktivitäts-<br />
und tiefen Schmerzniveaus berichtet<br />
[17].<br />
Neben der konventionellen Fusionsoperation<br />
sind in den letzten Jahren Verfahren<br />
entwickelt worden, die eine dynamische<br />
Korrektur der Krümmung zulassen<br />
sollen. Bei der Anterioren Dynamischen<br />
Skoliosekorrektur (DSK) werden an<br />
der konvexen Seite der Wirbelkörper<br />
Schrauben implantiert, die mit einem flexiblen<br />
Band aus Polyethylenterephthalat<br />
(PET) komprimiert werden (Abb. 5). Durch<br />
das Spannen des Bandes kann die Skoliose<br />
korrigiert werden. Das Ausmass der Korrektur<br />
ist abhängig von der vorliegenden<br />
Abb. 3a: Röntgenbild der Wirbelsäule ap/seitlich im Stehen eines<br />
prä menarchalen 12,5-jährigen Mädchens mit idiopathischer linkskonvexer<br />
lumbaler Skoliose mit einem Cobb-Winkel von 25 °, Risser-Stadium 0 und<br />
nicht vollständig verschlossenen Y-Fugen des Acetabulums. Die Y-Fugen<br />
verschliessen sich üblicherweise vor Risser-Stadium 1 [14].<br />
Abb. 3b: Röntgenbild der Wirbelsäule ap/seitlich im Stehen desselben<br />
Mädchens wie in Abb. 3a mit suffizienter Korrektur der Skoliose auf<br />
einen Cobb-Winkel von 8 ° in einem dreidimensional gedruckten<br />
Cheneau-Korsett, ein Jahr nach Erstversorgung. Weiterhin Risser-<br />
Stadium 0 mit nun aber fast vollständig verschlossener Y-Fuge.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 37
Perspektiven<br />
Abb. 4a: Röntgenbild der Wirbelsäule ap/seitlich im Stehen eines<br />
15-jährigen Mädchens mit einer rechtskonvexen Thorakolumbalskoliose<br />
von 47 °.<br />
Abb. 4b: Röntgenbild der Wirbelsäule ap/seitlich im Stehen des<br />
15-jährigen Mädchens postoperativ nach dorsaler Korrekturspondylodese<br />
BWK 3 – LWK 1.<br />
Abb. 5a: Röntgenbild der Wirbelsäule ap/seitlich im Stehen eines<br />
13-jährigen Mädchens mit dominanter lumbaler Skoliose mit einem<br />
Cobb-Winkel von 56 ° lumbal und 31° thorakal (mit freundlicher<br />
Genehmigung von Herrn PD Dr. P. Trobisch).<br />
Abb. 5b: Röntgenbild der Wirbelsäule im Stehen nach der Operation mit<br />
lateraler Instrumentierung der Wirbelkörper BWK 10 – LWK 3 mit<br />
Korrektur der Skoliose auf lumbal 8° und thorakal 14 ° (mit freundlicher<br />
Genehmigung von Herrn PD Dr. P. Trobisch).<br />
38<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Perspektiven<br />
Flexibilität, dem Ausmass der Skoliosekurve<br />
und der Bandscheibenhöhe. Dieses<br />
Verfahren wurde vornehmlich in den USA<br />
entwickelt, es ist aufgrund begrenzter klinischer<br />
Erfahrungen und eingeschränkter<br />
Anwendbarkeit jedoch noch nicht im klinischen<br />
Alltag etabliert.<br />
Insgesamt sind die publizierten Ergebnisse<br />
zum Beleg der Funktion des Verfahrens<br />
bisher zwar vielversprechend,<br />
aber sehr limitiert, und es sind nur kleine<br />
Follow-up-Studien über ein bis zwei Jahre<br />
vorhanden [18]. Eine Hyperkyphose der<br />
BWS von mehr als 40 °, ein Rippenbuckel<br />
von mehr als 20 °, Skoliosen von 60 bis 70 °,<br />
eine geringe Flexibilität der Wirbelsäule<br />
und ein zu junges oder zu hohes Alter gelten<br />
bisher als relative Kontraindikationen<br />
für eine dynamische Korrektur. Noch in<br />
diesem Jahr soll eine Studie mit Ergebnissen<br />
von ca. 200 Patienten veröffentlicht<br />
werden. Erste Langzeitergebnisse werden<br />
aber frühestens in ca. zehn Jahren erwartet.<br />
So ist das ideale Anwendungsspektrum<br />
momentan noch nicht sicher eingegrenzt.<br />
Aktuell scheint die DSK jedoch das<br />
einzige Verfahren, das wahrscheinlich eine<br />
begrenzt bewegungserhaltende Korrektur<br />
der AIS zumindest über die ersten<br />
Jahre nach der Operation erlaubt, und es<br />
scheint ein zukunftsweisendes Verfahren<br />
in der operativen Skoliosekorrektur zu<br />
sein. Insbesondere können hiervon wahrscheinlich<br />
prä-adoleszente Kinder profitieren,<br />
die bereits eine stark ausgeprägte<br />
Skoliosekurve von 30 bis 40 ° aufweisen,<br />
den adoleszenten Wachstumsschub jedoch<br />
noch vor sich haben. Hier ist eine<br />
Korsetttherapie häufig frustran, da sehr<br />
hohe Drücke aufgewendet werden müssen,<br />
um die Skoliose zu korrigieren und<br />
die Therapie dadurch mit Schmerzen und<br />
Druckstellen verbunden sein kann. Potenziell<br />
interessant bleibt auch die Anwendung<br />
im lumbalen Bereich (Abb. 5), da insbesondere<br />
hier ein potenzieller Bewegungserhalt<br />
eine frühe Anschlusssegmentdegeneration<br />
vermeiden könnte.<br />
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<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 39
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Perspektiven<br />
Aus der «Therapeutischen Umschau» * – Übersichtsarbeit<br />
Analgetikaunverträglichkeit:<br />
Intoleranz<br />
oder Allergie?<br />
Barbara K. Ballmer-Weber,<br />
Fachbereich Allergologie, Klinik für Dermatologie und Allergologie, Kantonsspital St. Gallen<br />
* Der Artikel erschien ursprünglich in der<br />
«Therapeutischen Umschau» 2019; 76(1), 23–27.<br />
MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-Mitglieder können die<br />
«Therapeutischen Umschau» zu äusserst<br />
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Dem Chemiker Felix Hoffmann<br />
gelang es 1897 Acetylsalicylsäure<br />
in einer chemisch stabilen<br />
und reinen Form zu produzieren.<br />
1899 wurde Acetylsalicylsäure<br />
unter dem Namen Aspirin patentrechtlich<br />
geschützt und durch die Firma Bayer<br />
vermarktet. Weltweit werden ca. 50 000<br />
Tonnen Aspirin pro Jahr konsumiert. Die<br />
erste Unverträglichkeitsreaktion auf Aspirin<br />
wurde bereits 1902 publiziert. Ein Patient<br />
entwickelte ein periorbitales Angioödem<br />
und eine Urtikaria drei Stunden<br />
nach Einnahme des Medi kamentes. Widal<br />
und Mitarbeiter beschrieben 1922 das<br />
«Aspirin-idiosyncrasy-asthma-nasal polyposis-syndrome<br />
(plus urticaria)». Max<br />
Samter wies in seiner Publikation 1967 auf<br />
das häufige Auftreten von Angioödem,<br />
Rhinitis und Asthma bei Patienten unter<br />
Aspirin-Therapie hin und erörterte, dass<br />
es sich dabei nicht um eine Allergie handle.<br />
Er beschrieb ca. 1000 Patienten mit<br />
diesem Symp tomenkomplex. Die Erkrankung<br />
wurde in der Folge über viele Jahre<br />
als Samter-Trias, Morbus Samter oder<br />
Morbus Widal benannt [1].<br />
Einteilung der nicht-opioiden<br />
Schmerzmittel<br />
Nicht-opioide Schmerzmittel gehören<br />
zu den weltweit am häufigsten eingenommenen<br />
und auch verordneten Medikamenten.<br />
Sie haben nicht nur eine schmerzlindernde<br />
(analgetische) Wirkung, sondern<br />
teilweise auch einen fiebersenkenden<br />
(antipyretischen) und entzündungshemmenden<br />
(antiphlogistischen) Effekt. Sie<br />
werden eingeteilt in die Gruppe der<br />
nicht-selektiven NSAID (englisch non-steroidal<br />
anti-inflammatory drugs, nichtsteroidale<br />
Analgetika), deren Vertreter eine<br />
analgetische, antipyretische und antiphlogistische<br />
Wirkung haben und die aus den<br />
Untergruppen der sauren, antipyretisch<br />
antiphlogistischen Analgetika (z. B. Aspirin)<br />
sowie der selektiven COX-2-Hemmern<br />
(z. B. Etoricoxib) besteht, und in die Gruppe<br />
der nichtsauren antipyretischen Analgetika<br />
(Paracetamol, Metamizol), welche<br />
eine analgetische und antipyretische Wirkung<br />
haben. Ihnen allen gemeinsam ist die<br />
Hemmung der Cyclooxygenase. Der Einfachheit<br />
halber werden diese Substanzen<br />
in der Folge unter dem Überbegriff der<br />
NSAID zusammengefasst. Tabelle 1 gibt einen<br />
Überblick zur Einteilung der NSAID<br />
gemäss ihren chemischen Strukturen [2].<br />
Die Pathogenese der NSAID-Intoleranz<br />
Die Pathogenese der NSAID-Intoleranz ist<br />
bis heute nicht definitiv geklärt. Die nicht<br />
selektiven NSAID hemmen beide Isoformen<br />
der Cyclooxygenase (COX-1 und COX-<br />
2), wobei diese Hemmung zentral ist für die<br />
analgetische, antipyretische und antiphlogistische<br />
Wirkung dieser Medikamente.<br />
Die Arachidonsäure wird v. a. durch die<br />
Cylcooxy ge nase-1 zu protektiven Prostaglandinen<br />
abgebaut, während die Lipoxygenase<br />
die Arachidonsäure zu proinflammatorischen<br />
Leukotrienen metabolisiert<br />
(Abb. 1). V. a. NSAID mit starker COX-1-<br />
Hemmung können bei genetisch prädisponierten<br />
Patienten zu einem Ungleichgewicht<br />
führen zwischen Prostaglandinen<br />
und Leuktotrienen und so u. a. eine Bronchokonstriktion<br />
wie auch weitere Beschwerden<br />
in duzieren [3]. Schwache COX-1<br />
Cylcooxygenase<br />
Prostaglandine<br />
z.B. PgE 2<br />
Phospholipid<br />
Phospholipase A 2<br />
Arachidonsäure<br />
5-Lipoxygenase<br />
NSAID<br />
Leukotriene<br />
z.B. LTC 4 /LTD 4 /LTE 4<br />
Abbildung 1. Indem die NSAID die Cyclooxygenase<br />
(COX), v. a. die COX-1 hemmen, kommt<br />
es zu einem Ungleichgewicht im<br />
Arachidonsäure metabolismus und bei<br />
genetisch prädisponierten Patienten zu einer<br />
Intoleranzreaktion.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 41
Perspektiven<br />
Chemische Gruppe<br />
Salicylsäure Derivate<br />
Para-Aminophenol<br />
Propionsäure Derivate<br />
Arylessigsäure Derivate<br />
Enolsäure Derivate<br />
Fenaminsäure Derivate<br />
Selektive COX-2 Hemmer<br />
(Coxibe)<br />
Hemmer und v. a. COX-2 Hemmer werden<br />
von Patienten mit einer NSAID- Intoleranz<br />
häufig (aber nicht immer!) gut toleriert, da<br />
letztere die COX-1 in ihrer Funktion wenig<br />
oder nicht beein flussen. Tabelle 2 zeigt die<br />
Klassifikation der NSAID entsprechend ihrer<br />
COX-1-Hemmung [4 – 5]. Zu erwähnen<br />
ist, dass die Inoleranzreaktion dosisabhängig<br />
ist. Zum Beispiel ist Paracetamol zwar<br />
nur ein schwacher COX-1 Hemmer, kann in<br />
hohen Dosen aber trotzdem bei einem Teil<br />
der Patienten mit einer NSAID-Intoleranz<br />
zu Beschwerden führen. Da der Wirkmechanismus<br />
der nicht-selektiven NSAID,<br />
nämlich die Hemmung der COX-1 auch die<br />
Ursache für die Intoleranzreaktion auf<br />
NSAID ist, ist bei vielen Patienten eine Un-<br />
Beispiele: Medikamente<br />
Aspirin (Acetylsalicylsäure)<br />
Sulfasalazin<br />
Acetaminophen / Paracetamol<br />
Ibuprofen<br />
Naproxen<br />
Ketoprofen<br />
Flurbiprofen<br />
Diclofenac<br />
Etodolac<br />
Ketolorac<br />
Indomethacin<br />
Pyrazolone<br />
• Metamizol<br />
Oxicame<br />
• Piroxicam<br />
• Tenoxicam<br />
• Lornoxicam<br />
Mefenaminsäure<br />
Celecoxib<br />
Etoricoxib<br />
Tabelle 1. Einteilung der NSAID gemäss ihrer chemischen Struktur (angepasst nach [1])<br />
verträglichkeit auf die meisten COX-1-<br />
Hemmer zu befürchten (sogenannte breite<br />
NSAID-Intoleranz).<br />
Es gibt Patienten, die auf NSAID eine<br />
«echte» Allergie entwickeln. Diese kann<br />
sich als Soforttypallergie manifestieren<br />
und führt hauptsächlich zu kutanen (Urtikaria,<br />
Angioödme), teils aber auch respiratorischen<br />
Beschwerden bis zur Anaphylaxie.<br />
Andererseits werden auch seltener<br />
Spättypallergien (T-Zell-vermittelt) beobachtet,<br />
welche zu Arzneimittelexanthemen<br />
führen. Bei Patienten mit einer «echten»<br />
Allergie ist in der Regel nur eine einzige<br />
Substanzgruppe (auslösendes Medikament<br />
und dazu strukturverwandte<br />
Medikamente) betroffen.<br />
Um die Sache zu komplizieren, werden Patienten<br />
beobachtet, die nur auf ein NSAID<br />
reagieren (z. B. Iburprofen, Diclofenac, Aspirin,<br />
Paracetamol oder Pyrazolone [2]),<br />
bei denen jedoch eine «echte» Allergie diagnostisch<br />
nicht erfasst werden kann. Die<br />
Pathogenese ist hier nicht geklärt.<br />
Das klinische Erscheinungsbild<br />
Der Begriff NSAID-Intoleranz oder NSAID-<br />
Hypersensi tivität bezog sich ursprünglich<br />
auf die von Widal oder Samter beschriebene<br />
Symptomen-Trias. Das klinische Bild<br />
der von Samter und Widal beschriebenen<br />
Erkrankung ist relativ gut definiert. Der Beginn<br />
liegt meistens im dritten Lebensjahrzehnt<br />
und setzt mit einer chronischen Rhinitis<br />
ein, welche häufig nach einem viralen<br />
Infekt des Respirationstraktes beginnt.<br />
Häufig finden sich bereits in dieser Phase<br />
nasale Polypen. Über Monate bis Jahre entwickelt<br />
sich ein Asthma bronchiale und<br />
eine NSAID- Intoleranz. Die Einnahme von<br />
NSAID führt bei diesen Patienten nach einer<br />
bis mehreren Stunden häufig zu einer<br />
bronchialen Obstruktion, Rhinitis, konjunktivaler<br />
Injek tion, sowie zu einem Flush<br />
von Gesicht und Nacken. Trotz Vermeiden<br />
der NSAID persistieren die Polyposis nasi<br />
und das Asthma bronchiale. Häufig findet<br />
sich eine Blut- Eosinophilie sowie eine Gewebe-Eosinophilie<br />
der nasalen und bronchialen<br />
Mukosa.<br />
Da sich NSAID-Unverträglichkeiten<br />
aber auch ausserhalb dieser von Widal<br />
und Samter beschriebenen eosinophilen<br />
Erkrankung der Atemwege finden und wie<br />
auch von beiden Autoren beschrieben neben<br />
respiratorischen Symp tomen auch zu<br />
Urtikaria und Angioödemen führen können,<br />
sowie pathogenetisch nicht nur aufgrund<br />
einer Intoleranzreaktion, sondern<br />
auch aufgrund einer «echten» Allergie<br />
entstehen können, wurde in der neuen Literatur,<br />
u. a. durch die EAACI (European<br />
Academy of Allergy and Clinical Immunology)<br />
eine Einteilung vorgeschlagen, die<br />
COX-Hemmung COX-1-Hemmung COX-2-Hemmung Medikamente<br />
Starke COX-1-Hemmung +++ Bei hoher Dosis Nicht-selektive NSAID (z. B. Aspirin,<br />
Ibuprofen, Mefenaminsäure)<br />
Schwache COX-1-Hemmung Bei hoher Dosis (–) Paracetamol<br />
Stärkere COX-2 als<br />
COX-1-Hemmung<br />
Bei hoher Dosis + Nimesulid, Meloxicam<br />
Selective COX-2-Hemmung (–) +++ Etoricoxib. Celecoxib<br />
Tabelle 2. Einteilung der NSAID gemäss ihrer Hemmung der COX-Isoformen (angepasst nach [1,5])<br />
42<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Perspektiven<br />
auf fünf klinischen Entitäten der Unverträglichkeitsreak<br />
tionen auf NSAID beruht<br />
[2, 6]. Dabei werden die NSAID-Intoleranz-Reaktionen,<br />
die nicht immunologisch<br />
bedingt sind und auf einer Störung<br />
im Arachidonsäure-Metabolismus beruhen,<br />
von echten allergischen Reaktionen<br />
(Allergie vom Soforttyp und Allergie vom<br />
Spättyp) abgegrenzt. Aufgrund des klinischen<br />
Erscheinungsbildes kann eine<br />
Intoleranzreaktion von einer Allergie<br />
nicht unterschieden werden.<br />
Gemäss der neuen Einteilung werden<br />
folgende fünf Untergruppen unterschieden,<br />
die in Tabelle 3 zusammengefasst<br />
sind. Zu erwähnen ist, dass Intoleranzreaktionen<br />
(1 – 3) viel häufiger auftreten als<br />
echte allergische Reak tionen (4 – 5).<br />
1. Patienten mit chronisch spontaner Urtikaria<br />
oder Angioödeme, die nach Einnahme<br />
von NSAID aufgrund einer Intoleranz<br />
eine Exazerbation ihrer Grundkrankheit<br />
erfahren.<br />
2. Patienten ohne Grunderkrankung, die<br />
nach Einnahme von NSAID aufgrund<br />
einer Intoleranz eine Urtikaria oder ein<br />
Angioödemen entwickeln.<br />
3. Patienten mit einem Asthma bronchiale<br />
und / oder einer Polyposis nasi (entsprechend<br />
der ursprünglichen Widal / Samter<br />
Trias), die aufgrund einer Intoleranz<br />
eine Exazerbation ihrer respiratorischen<br />
Erkrankung erfahren.<br />
4. Patienten, die aufgrund einer IgE-vermittelten<br />
Allergie eine Allergie vom Soforttyp<br />
erfahren.<br />
5. Patienten, die aufgrund einer T-Zell-vermittelten<br />
Allergie eine Allergie vom<br />
Spättyp erfahren. Diese kann sich als<br />
banales makulopapulöses Exanthem bis<br />
zur schweren Arzneimittelreaktion, wie<br />
z. B. toxisch epidermale Nekro lyse<br />
(TEN), Steven-Johnson-Syndrom, akute<br />
generalisierte exanthematische Pustulose<br />
(AGEP) oder einer «Drug reaction<br />
with eosinophila and systemic symptoms<br />
(DRESS)» manifestieren.<br />
Die Abklärung bei Patienten mit einer<br />
Unverträglichkeitsreaktion auf NSAID<br />
Wichtig bei der Diagnostik von Unverträglichkeitsreak<br />
tionen auf NSAID ist die<br />
Anamnese [7]. Sie kann bereits richtungsweisend<br />
sein. Insbesondere relevant ist die<br />
Frage nach dem Vorliegen von Grunderkrankungen,<br />
wie Asthma bronchiale, nasale<br />
Polypen oder einer chronisch spon tanen<br />
Urtikaria / Angioödemen. Ebenso ist die<br />
Abbildung 2. Patientin mit Urtikaria und<br />
Bronchospasmus 15 Minuten nach Einnahme<br />
von Metamizol. Die positive Intrakutantestung<br />
war hinweisend für das Vorliegen einer<br />
Soforttypallergie auf Metamizol. Parallel dazu<br />
verlief auch ein Basophilenaktivierungstest<br />
positiv. Für diese Patientin sind Metamizol<br />
resp. alle Pyrazolone gesperrt, alle anderen<br />
NSAID stehen ihr zur Verfügung.<br />
Untergruppen der<br />
NSAID-Unverträglichkeit<br />
Pathogenese Symtptome Zugrundeliegende<br />
Erkrankung<br />
Kreuzreaktionen<br />
zu anderen NSAID<br />
zu erwarten?<br />
NSAID-exacerbated<br />
respiratory disease<br />
(NERD)<br />
COX-1-Hemmung<br />
(Intoleranz)<br />
Respirationstrakt<br />
Asthma, nasale<br />
Kongestion<br />
Rhinorrhoe<br />
Asthma bronchiale<br />
Nasale Polypen<br />
ja<br />
NSAID-exacerbated<br />
cutaneous disease<br />
(NECD)<br />
COX-1-Hemmung<br />
(Intoleranz)<br />
Hautbeschwerden<br />
Quaddeln,<br />
Angioödeme<br />
Chronisch spontane<br />
Urticaria oder Angioödeme<br />
ja<br />
NSAID-induced<br />
urticaria / angioedema<br />
(NIUA)<br />
COX-1-Hemmung<br />
(Intoleranz)<br />
Quaddeln,<br />
Angioödeme<br />
keine<br />
ja<br />
Single NSAID induced<br />
urticaria, angioedema<br />
or anaphylaxis<br />
(SNIUAA)<br />
Allergie vom Soforttyp<br />
möglich<br />
(IgE vermittelt)<br />
Urtikaria, Angioödem,<br />
Bronchospasmus,<br />
Rhinitis, Conjunctivitis,<br />
Blutdruckabfall,<br />
Schock<br />
keine<br />
nein<br />
(nur innerhalb der<br />
gleichen chemischen<br />
Gruppe, bei verwandter<br />
Struktur)<br />
Single NSAID induced<br />
delayed reaction<br />
(SNIDR)<br />
Allergie vom Spättyp<br />
(T-Zell vermittelt)<br />
Makulopapulöses<br />
Exanthem, Kontaktallergie,<br />
fixes toxisches<br />
Arzneimittelexanthem,<br />
schwere kutane<br />
Arzneimittelreaktion<br />
keine<br />
nein<br />
(nur innerhalb der<br />
gleichen chemischen<br />
Gruppe, bei verwandter<br />
Struktur)<br />
Tabelle 3. Die fünf Manifestationsformen der NSAID-Unverträglichkeit (angepasst gemäss [2,6])<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 43
Perspektiven<br />
anamnes tische Angabe, ob andere NSAID<br />
toleriert werden oder nicht, wichtig.<br />
Mittels Hauttestung wird in einem nächsten<br />
Schritt durch den Allergologen eine<br />
«echte» Allergie ausgeschlossen bzw.<br />
nachgewiesen (Abb. 2). In Einzelfällen<br />
können zusätzliche Labortests hilfreich<br />
sein: Der Basophilenaktivierungstest<br />
(BAT) zum Ausschluss / Nachweis der Soforttypallergie<br />
oder der Lymphozytentransformationstest<br />
(LTT) bei Verdacht<br />
auf eine Spättypallergie (siehe Beitrag<br />
Müller et al. in diesem Themenheft).<br />
Das oberste Ziel der Abklärung ist die<br />
Austestung von gut verträglichen Alternativmedikamenten,<br />
welche unter kontrollierten,<br />
titrierten, meist oralen Provokationen<br />
und meist im klinischen Setting erfolgt.<br />
Bei Patienten mit der Anamnese einer<br />
breiten NSAID-Intoleranz werden<br />
Provokationen mit schwachen COX-1-<br />
Hemmern und v. a. auch mit COX-2-Hemmern<br />
durchgeführt. Da auch diese Substanzgruppen<br />
zu Unverträglichkeitsreaktionen<br />
führen können, ist eine kontrollierte<br />
Provokation unerlässlich.<br />
Besteht der Verdacht auf eine Intoleranz<br />
auf ein einzelnes NSAID, wird in der<br />
Regel im klinischen Setting eine Provokation<br />
mit Aspirin in hohen Dosen durchgeführt.<br />
Wenn der Patient diese hochdosierte<br />
Provokation gut toleriert, kann eine<br />
breite NSAID-Intoleranz ausgeschlossen<br />
werden. In der Folge können alternative<br />
NSAID ausgetestet werden.<br />
Wichtig ist die Abgabe eines Allergiepasses,<br />
in dem einerseits die unverträglichen<br />
NSAID notiert werden, andererseits<br />
aber auch die vom Patienten gut tolerierten<br />
Analgetika festgehalten werden.<br />
Therapeutische Ansätze<br />
Die NSAID-Intoleranz kann nicht ursächlich<br />
therapiert werden. Es hat sich jedoch<br />
gezeigt, dass mit langsamer Dosissteigerung<br />
beginnend mit kleinsten Mengen an<br />
Aspirin eine Gewöhnung an das Medikament<br />
bei einem Teil der Patienten erzielt<br />
werden kann. Dieses Vorgehen der Toleranzinduktion<br />
wird auch adaptive Desaktivierung<br />
genannt. Die Toleranz wird jedoch<br />
nur aufrechterhalten, wenn der Patient<br />
das Medikament täglich einnimmt<br />
und wird nach 2 bis 5 Tagen nach Therapiestopp<br />
durchbrochen. Die Indikation<br />
für eine adaptive Desaktivierung mit Aspirin<br />
ist v. a. bei Patienten mit breiter<br />
NSAID-Intoleranz resp einer Aspirin-Unverträglichkeit<br />
und Indikation für eine<br />
niedrigdosierte Aspirin-Therapie gegeben.<br />
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5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
Perspektiven<br />
sissteigerung im klinischen Setting unter<br />
optimaler Monitorisierung der Vitalparameter<br />
eine Dosis von 100 mg Aspirin in<br />
mehreren Schritten an ge strebt.<br />
Bei Patienten mit einer Samter- oder<br />
Widal Trias, resp. einer «NSAID-exacerbated<br />
respiratory disease (NERD)» kann eine<br />
adaptive Desaktivierung bis zu 1.3 g Aspirin<br />
versucht werden mit dem Ziel sowohl<br />
die Asthma-Exazerbationen also auch die<br />
Rezidive der nasalen Polyposis zu durchbrechen<br />
[1]. Bei erfolgreichem Ansprechen<br />
wird die Dosis auf ca. 600 mg pro Tag gesenkt.<br />
Aufgrund der häufigen Nebenwirkungen<br />
wird diese Therapieform kontrovers<br />
beurteilt [7].<br />
Diätische Implikationen bei Aspirin-<br />
Unverträglichkeit?<br />
Acetylsalicylsäure kommt in der Natur<br />
nicht vor, jedoch ihre Ausgangssubstanz,<br />
die sogenannte Salicylsäure oder das Salicylat,<br />
welches ausser in alkoholischen<br />
Getränken, in Früchten, Gemüsen, Kräutern<br />
und Gewürzen zu finden sind. Eine<br />
Evidenz für eine Relevanz dieser in<br />
Lebens mittel enthaltenen Salicylate auf<br />
den Verlauf einer Aspirin-Unverträglichkeit<br />
resp. einer «NSAID-exacerbated respiratory<br />
disease (NERD)» ist nicht gegeben.<br />
Mit einer normalen Diät werden pro Tag ca<br />
3 – 5 mg Salicylat ein genommen. Diese Dosis<br />
liegt weit unter der Aspirindosis, welche<br />
zu Beschwerden führen kann und hat<br />
keine direkte Wirkung auf die COX-1 und<br />
COX-2. Die meisten Patienten mit Aspirin-Intoleranz<br />
entwickeln nach Einnahme<br />
von ca. 100 mg Aspirin Beschwerden. Umgerechnet<br />
auf die Dosis an Salicylaten in<br />
Lebensmitteln würde dies einer Menge<br />
von 20 kg Kirschen oder 3 kg Rosinen entsprechen<br />
[8]. Aufgrund dieser Tatsachen<br />
ist eine Salicylatreduktion in der Nahrungs<br />
zur Therapie der Aspirin- resp.<br />
NSAID-Unverträglichkeit weder pathogenetisch<br />
begründbar noch zu empfehlen.<br />
Diese Sachverhalte wurden in einer Stellungsnahme<br />
der deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft<br />
für Nahrungsmittelallergie<br />
kürzlich zusammengefasst (Artikel<br />
in press).<br />
Prof. Dr. med. Barbara K. Ballmer-Weber<br />
Fachbereich Allergologie<br />
Klinik für Dermatologie und Allergologie<br />
Kantonsspital St. Gallen<br />
Rorschacherstr. 95<br />
9007 St. Gallen<br />
barbara.ballmer-weber@kssg.ch<br />
Literatur<br />
1. White AA, Stevenson DD. Aspirin-Exacerbated<br />
Respiratory Disease. N Engl J Med 2018; 379:<br />
1060 – 70.<br />
2. Kowalski ML, Asero R, Bavbek S et al.<br />
Classification and practical approach to the<br />
diagnosis and management of hypersensitivity to<br />
nonsteroidal anti-inflammatory drugs. Allergy<br />
2013; 68: 1219 – 32.<br />
3. Wedi B. Aktuelle Diagnostik der NS-<br />
AR-Überempfindlichkeit. Allergo J 2017; 26:<br />
204 – 11.<br />
4. Warner TD, Mitchell JA. Cyclooxygenases:<br />
new forms, new inhibitors, and lessons from the<br />
clinic. FASEB J 2004; 18: 790 – 804.<br />
5. Thong BY. Nonsteroidal anti-inflammatory<br />
drug hypersensi tivity in the Asia-Pacific. Asia Pac<br />
Allergy 2018; 23: e38.<br />
6. Wöhrl S. NSAID hypersensitivity – recommendations<br />
for diagnostic work up and patient<br />
management. Allergo J Int 2018; 27: 114 – 21.<br />
7. Kowalski ML, Agache I, Bavbek S et al.<br />
Diagnosis and management of NSAID-Exacerbated<br />
Respiratory Disease (N-ERD)-a EAACI position<br />
paper. Allergy. 2019; 74: 28 – 39.<br />
8. Plank-Habibi S, Dölle S, Schäfer C.<br />
Diätische Implikationen: Salicylsäure und<br />
ASS-Unverträglichkeit. Allergologie 2018; 41:<br />
261 – 272.<br />
Zusammenfassung<br />
Nichtsteroidale Analgetika (NSAID) können sowohl nicht immunologisch vermittelte<br />
Intoleranzreak tionen als auch allergische Reaktionen auslösen. Die Intoleranzreaktionen<br />
sind häufiger. Klinisch lassen sich Intoleranzreaktionen nicht von allergischen<br />
Reaktionen vom Soforttyp unterscheiden. Sie äussern sich hauptsächlich mit kutanen<br />
und respirato rischen Symptomen. Da der Wirkmechanismus der nicht-selektiven<br />
NSAID, nämlich die Hemmung der Cylclooxygease (COX), v. a. der COX-1, auch die<br />
Ursache für die Intoleranzreaktion auf NSAID ist, ist bei vielen Patienten eine Unverträglichkeit<br />
auf verschiedene strukturell nicht verwandte COX-1-Hemmer zu befürchten<br />
(breite NSAID-Intoleranz). Bei der Allergie auf ein NSAID ist jedoch nur eine Kreuzreaktion<br />
zu strukturverwandten NSAID zu erwarten. Wichtig für den Patienten ist es,<br />
im Rahmen der allergologischen Abklärung für ihn gut verträgliche Ausweichanalgetika<br />
zu identifizieren.<br />
Summary: Hypersensitivity to Analgesics: intolerance<br />
or allergy?<br />
Abstract: Nonsteroidal anti-inflammatory drugs (NSAID) can induce not immunologically<br />
mediated intolerance reaction and allergic reactions. Intolerance reactions are<br />
more prevalent than allergic reactions. The clinical manifestation does not differentiate<br />
between an intolerance reaction and an immediate type allergy. They usually induce<br />
either cutaneous and / or respiratory symptoms. The pathogenesis of NSAID intolerance<br />
is based on the inhibition of the cyloclooxygenase (COX), particularly the COX-1,<br />
which is, however, the mechanism of action on which NSAIDs exert their intended<br />
effects. Therefore, cross-reactivity to many structurally nonrelated NSAIDs has to be expected<br />
(broad NSAID intolerance). In case of an allergy to a NSAID, however, only<br />
cross-reactivity to structurally related drugs occurs. It is very important for the patient<br />
with intolerance reactions to NSAIDs to identify well tolerated alternative analgesics.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 45
Perspektiven<br />
Der besondere Patient<br />
Ein Husar<br />
mit Räude<br />
Das rötlich braune Fell und die<br />
enorme Geschwindigkeit<br />
beim Rennen sind namensverursachend<br />
bei einer<br />
Affenart aus der Gruppe der Meerkatzen.<br />
Der im Sozialverband in den Steppen<br />
Afrikas heimische Husarenaffe ähnelt in<br />
seinem in sich gekehrten selbstsicheren<br />
Auftritt nicht nur chromosomal, sondern<br />
eben auch habituell sehr der Spezies<br />
Homo sapiens. Sich seiner überlegenen<br />
Geschwindigkeit voll bewusst, lässt er<br />
tolerant Tier und Mensch in seine Nähe<br />
gelangen. Nicht aber so die Husarendame,<br />
wegen der mich der Affenpfleger<br />
anruft. Er beschreibt sie als somnolent,<br />
ohne grossen Appetit und von der Gruppe<br />
seit mehreren Tagen separiert. «Ich habe<br />
sie dann schon mal in einer Absperranlage<br />
separiert», so sein lakonischer Kommentar.<br />
Aus halb geschlossenen Augenlidern<br />
fixiert mich der Affe sofort nach Betreten<br />
der Anlage. Seine Fluchtreaktion scheint<br />
aber deutlich reduziert. Dem herannahenden<br />
narkosemittelbeladenen Pfeil<br />
weicht er nur halbherzig aus, so als hätte<br />
er sich schon länger seinem Schicksal<br />
ergeben. Schon bei der klinischen<br />
Adspektion wird die Dimension dieses<br />
Schicksals klar und die reduzierte<br />
Reaktion auf äussere Reize verständlich.<br />
Ein krustiges, grau verfärbtes Exanthem<br />
zieht sich konfluierend über beide<br />
Ohrmuscheln und fast den gesamten<br />
Gesichtsschädel. Der scheinbar betrübliche<br />
Blick mit gesenkten Augenlidern ist<br />
einfach der krustösen Veränderung<br />
geschuldet. Sie verhindert ein konsequentes<br />
Anheben der Augenlider.<br />
Vergleichbare Veränderung sind an den<br />
Unterarmen, den Armbeugen und im<br />
Anogenitalbereich offensichtlich.<br />
«Nun, mein lieber Herr P., hat sich<br />
das Tier in den letzten Tagen und Wochen<br />
nicht erheblich gekratzt?», so meine<br />
vorsichtige Frage, die eigentlich eine<br />
Anklage ob der späten Meldung des<br />
Patienten war. «Nein, Herr Doktor, gar<br />
nicht», ertönt prompt die wenig glaubhafte<br />
Antwort. Erst die Nachfrage nach<br />
eigenem Juckreiz an den Ohren, in der<br />
Armbeuge oder im Genitalbereich<br />
zeitigte einen Erfolg hinsichtlich der<br />
Aufmerksamkeit beim sekundären oder<br />
vielleicht eben auch primären Wirt.<br />
Noch bevor die Untersuchung des<br />
Hautgeschabsels die Diagnose Sarcoptes-Räude<br />
verifizieren kann, wird der<br />
leidende Patient behandelt. Und dies ist<br />
aus tierschützerischen Gründen auch<br />
obligat. Die geneigte Leserschaft möge<br />
sich die Dimension des Juckreizes und<br />
Schmerzes bei den dokumentierten<br />
Veränderungen vorstellen. Kaum machbar.<br />
Die subkutane Applikation von<br />
Ivermectine und die zusätzliche Waschung<br />
mit Permethrin eliminiert die<br />
Ursache der Erkrankung.<br />
Die Sarcoptes-Milbe ist ein plumper,<br />
kleiner Parasit aus der Gruppe der<br />
Spinnentiere. Das Weibchen, ca. 0,5 mm<br />
klein, bohrt, nachdem es auf der Hautoberfläche<br />
des Wirtes begattet worden ist<br />
und das männlich Tiere danach sein<br />
Leben verloren hat, kurze Gänge in das<br />
Stratum granulosum der Epidermis,<br />
defäkiert und legt hier seine Eier. Daraus<br />
schlüpfen nach drei bis fünf Tagen die<br />
Larven, deren Entwicklung über die<br />
Nymphen ca. 12 bis 21 Tage dauert.<br />
Während seines sechswöchigen Lebens<br />
reproduziert sich das weibliche Tier ca.<br />
50-mal.<br />
Das Augenrollen des Tierpflegers,<br />
nachdem ich ihm offenbart habe, dass er<br />
vermutlich die Affen angesteckt habe und<br />
sich besser vom Arzt seines Vertrauens<br />
untersuchen lassen solle, bewegt mich<br />
dazu, das Affenhaus schnell zu verlassen.<br />
Prof. Dr. med. vet. Bernd Schildger,<br />
Direktor Tierpark Dählhölzli Bern<br />
Die Fallberichte stammen aus Bernd Schildgers<br />
Zeit als Tierarzt im Zoo Frankfurt.<br />
Das Husarenaffenweibchen mit massiven krustösen Veränderungen durch Sarcoptes-Milben. Rechts dasselbe Tier unter dem Föhn nach der Waschung<br />
mit Permethrin.<br />
Bilder: zvg<br />
46<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
MEDISERVICE<br />
Bitte lesen Sie das Kleingedruckte (4)<br />
Die<br />
Verantwortung<br />
wächst<br />
Als Oberärztin bzw. Oberarzt arbeitet man in leitender<br />
Funktion in einem Spital und steht hierarchisch zwischen dem Chefarzt<br />
und den Assistenzärzten. Man trägt in dieser Position Verantwortung<br />
für die Patienten und für das Team.<br />
Christoph Bohn, freier Mitarbeiter MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />
Ausserhalb des Gesundheitswesens<br />
würde man eine Oberärztin<br />
oder einen Oberarzt am<br />
ehesten als «Abteilungsleiter»<br />
oder «Teamleiter» bezeichnen. Eine erste<br />
Hierarchiestufe hat man mit dem Titel<br />
«Oberarzt» in der ärztlichen Laufbahn<br />
also erklommen. Doch was gehört alles<br />
dazu, um diesen Titel tragen zu können?<br />
Primär ist selbstverständlich der fachliche<br />
medizinische Bereich wichtig. Die<br />
Weiterbildungszeit als Assistenzarzt und<br />
damit die Spezialisierung auf eine medizinische<br />
Fachrichtung (z.B. Chirurgie, Innere<br />
Medizin, Gastroenterologie etc.) dauert<br />
in der Regel fünf bis sechs Jahre. Während<br />
dieser Zeit muss man sich als Assistenzarzt<br />
mit überdurchschnittlichen Leistungen<br />
profilieren, wenn man eine Kaderposition<br />
als Oberarzt anstrebt. Die hohe Fachkompetenz<br />
im medizinischen Bereich ist<br />
dabei unabdingbare Grundvoraussetzung<br />
– in seinem Bereich muss man top sein<br />
und allenfalls bereits eine oder mehrere<br />
Schwerpunkt- oder Zusatzweiterbildungen<br />
absolviert haben. Selbstverständlich<br />
werden aber noch ganz andere Kompetenzen<br />
von einem Oberarzt erwartet.<br />
Verantwortung übernehmen<br />
Oberärzte haben ein umfangreicheres Tätigkeitsgebiet<br />
als Assistenzärzte. Ihnen<br />
wird die Verantwortung für einen Zuständigkeitsbereich<br />
übertragen. Assistenzärzte<br />
arbeiten unter ihrer Anleitung, der<br />
Oberarzt steht dabei für Rückfragen der<br />
ihm unterstellten Ärzte zur Verfügung, er<br />
überwacht die Tätigkeit der Assistenzärzte<br />
(z.B. bei regelmässigen Oberarztvisiten)<br />
und er leistet in der Nacht oder an Wochenenden<br />
auch Pikett- bzw. Notfalldienst.<br />
Fachliche und menschliche<br />
Qualitäten<br />
Neben ihrer Arbeit im medizinischen Bereich<br />
sind Oberärzte auch für die Weiterbildung<br />
der Assistenzärzte im praktischen<br />
Bereich zuständig. Mit anderen Worten:<br />
Sie müssen ihr umfangreiches Wissen in<br />
ihrem Spezialgebiet gut verständlich und<br />
memorierbar an die Assistenzärzte weitergeben.<br />
Manchen liegen Führungsaufgaben<br />
im Blut, anderen etwas weniger – das<br />
zeigt die Erfahrung. Oberärzte können<br />
sich solche Kompetenzen aber heute gut<br />
erarbeiten, zum Beispiel in externen Seminaren<br />
und Kursen oder – wo vorhanden –<br />
in einer innerbetrieblichen Schulung.<br />
Darüber hinaus sind noch weitere<br />
Kompetenzen wichtig. In der Schweiz gehört<br />
zum Beispiel die Beherrschung jener<br />
Landessprache dazu, in deren Gebiet man<br />
arbeitet. Niemand kann Oberarzt in der<br />
deutschen Schweiz sein, ohne die deutsche<br />
Sprache zu beherrschen. Dasselbe<br />
gilt entsprechend für die französische und<br />
die italienische Schweiz. Überhaupt gehört<br />
Kommunikationsstärke zu den wichtigen<br />
Skills eines Oberarztes – einerseits<br />
natürlich im Umgang mit den Patienten,<br />
anderseits aber auch im Umgang mit den<br />
Mitgliedern im Team. Von Oberärzten<br />
werden immer ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen,<br />
ein offenes Ohr und<br />
Die Serie «Das Kleingedruckte» geht weiter:<br />
Thema<br />
Familiengründung/<br />
Wohneigentum<br />
Ausgabe<br />
06/<strong>2020</strong><br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 47
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info@mediservice-vsao.ch<br />
48<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
MEDISERVICE<br />
selbstverständlich auch Diskretion erwartet<br />
– und zwar gerade auch dann, wenn<br />
eine Situation überaus anspruchsvoll und<br />
stressig ist.<br />
Man ist als Oberarzt aber nicht einfach<br />
nur in leitender Funktion tätig, sondern<br />
sollte diese Führungsposition im Berufsalltag<br />
auch vorleben. Dazu gehören<br />
spezielle Eigenschaften wie hohe Einsatzbereitschaft,<br />
physische und psychische<br />
Belastbarkeit und ausgeprägte Genauigkeit.<br />
Als Oberarzt hat man wichtige, zum<br />
Teil sogar lebenswichtige Entscheidungen<br />
zu treffen und dafür Verantwortung zu<br />
übernehmen. Dieses Bewusstsein begleitet<br />
Oberärzte jeden Tag.<br />
Arbeit hinter den Kulissen<br />
Auf Oberärzte warten relativ häufig auch<br />
Arbeiten im organisatorischen und administrativen<br />
Bereich. Wie das eben in einer<br />
Kaderfunktion üblich ist. Es sind verschiedenste<br />
Verwaltungsarbeiten zu erledigen,<br />
die Kommunikation mit Krankenversicherungen<br />
wird zu einem wichtigen Thema,<br />
Koordinations- und Organisationsaufgaben<br />
nehmen zu. Es liegt in der Natur<br />
der Sache, dass der direkte Patientenkontakt<br />
dadurch etwas zurückgehen kann.<br />
Zukunftsaussichten für Oberärzte<br />
Der Bedarf an gut ausgebildeten Ärzten ist<br />
gross, er wird sogar weiter wachsen. Neben<br />
einer klassischen Anstellung in einem<br />
Spital können Mediziner eine eigene Praxis<br />
eröffnen und so ihre berufliche Zukunft<br />
selber gestalten. Gerade Oberärzte<br />
werden aber auch in Zukunft wichtig bleiben,<br />
um in Spitälern die Arbeit der Assistenzärzte<br />
zu organisieren und zu koordinieren,<br />
im Kontakt mit den Patienten zu<br />
stehen und moderne Behandlungskonzepte<br />
zu entwickeln.<br />
Darüber hinaus gibt es aber auch faszinierende<br />
Tätigkeiten ausserhalb von<br />
Spitälern. Mit dem über viele Jahre in Studium<br />
und praktischer Arbeit angeeigneten<br />
Wissen steht Oberärzten zum Beispiel<br />
auch eine Karriere im Pharmabereich oder<br />
als Berater von Krankenversicherungen<br />
offen. Überhaupt haben heute zahlreiche<br />
Branchen konkrete Berührungspunkte<br />
mit dem grossen Thema «Gesundheit/Medizin».<br />
Dabei kommt es oft zu fachspezifischen<br />
Fragen, auf die nur hochqualifizierte<br />
Ärzte die richtigen Antworten geben<br />
können.<br />
Vorteile der Mitgliedschaft<br />
vsao- und MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC-<br />
Mitglieder profitieren bekanntlich von<br />
zahlreichen Vorteilen und Privilegien. Besonders<br />
erwähnenswert ist die in der<br />
vsao-Mitgliedschaft automatisch integrierte<br />
Rechtsschutzversicherung für den<br />
beruflichen Bereich. Sie gibt ihnen das beruhigende<br />
Gefühl, im Falle einer arbeitsrechtlichen<br />
Auseinandersetzung gut geschützt<br />
zu sein.<br />
Sehr empfehlenswert ist auch der neutrale,<br />
kostenlose Versicherungs-Check- up,<br />
den MEDISERVICE <strong>VSAO</strong> für die speziellen<br />
Bedürfnisse seiner Mitglieder entwickelt<br />
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Ist-Zustand der eigenen Sach-, Vermögens-<br />
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und das Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
verglichen werden. Schliesslich möchte<br />
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<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 49
MEDISERVICE<br />
Bitte lesen Sie das Kleingedruckte (4)<br />
«Ein natürlicher<br />
Schritt»<br />
Sophie Yammine ist Oberärztin an der Kinderklinik des Inselspitals<br />
Bern. In ihrer Funktion hat sie mehr Entscheidungskompetenz und<br />
kann eine aktive Rolle in der Weiterbildung übernehmen. Speziell<br />
Freude macht ihr, dass sie Klinik und Forschung verbinden kann.<br />
Catherine Aeschbacher, Chefredaktorin <strong>VSAO</strong>-Journal. Bild: Severin Nowacki<br />
Wenn Du Dich an Deinen<br />
ersten Tag als Oberärztin<br />
erinnerst, mit welchen<br />
Gefühlen bist Du<br />
zur Arbeit gegangen?<br />
Es war ein voller Sprechstundentag auf<br />
der Poliklinik in der Kinderpneumologie.<br />
Ich habe mich auf den Funktionswechsel<br />
gefreut und war gleichzeitig aufgeregt,<br />
vermehrt als Entscheidungsträgerin zu<br />
fungieren.<br />
Hast Du spezielle Vorsätze gefasst?<br />
Die Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen<br />
wahrzunehmen, die Freude daran<br />
zu bewahren und schwierige Fälle im<br />
Team zu besprechen.<br />
Bild: zvg<br />
Hast Du Deine Vorstellungen wenigstens<br />
teilweise verwirklichen können?<br />
Ich habe den Übergang als positiv erlebt.<br />
Es gefällt mir, über Entscheidungen nachzudenken,<br />
zusammen mit den betroffenen<br />
Familien zu diskutieren und komplexere<br />
Fälle im Team zu besprechen. Nach einer<br />
längeren Zeit als Assistenzärztin war es<br />
schön, diesen Schritt umsetzen zu können<br />
und nochmals bewusster eine Lernkurve in<br />
meiner beruflichen Tätigkeit zu verspüren.<br />
Hast Du eine neue Stelle angetreten<br />
oder hast Du in Deiner Abteilung eine<br />
neue Funktion?<br />
Ich wurde in derselben Abteilung Oberärztin,<br />
in der ich meine Weiterbildung als Assistenzärztin<br />
absolviert habe. Dies empfand<br />
ich als sehr angenehm, da man die Abläufe<br />
Die neue Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen, schwierige Fälle im Team zu<br />
besprechen und die Freude zu bewahren – mit diesem Vorsatz trat Sophie Yammine ihre Funktion<br />
als Oberärztin an.<br />
50<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
MEDISERVICE<br />
kennt und mir vorher bereits die Möglichkeit<br />
gegeben wurde, die neue Funktion einzuüben.<br />
So war der Schritt nicht so gross.<br />
Wie hat Dein Team reagiert?<br />
Durchaus positiv. Ich wurde in meiner<br />
neuen Funktion wahrgenommen. Gleichzeitig<br />
wird im Team ein reger Austausch<br />
gepflegt, im Rahmen der Dienstübergaben,<br />
aber auch als Teil der Weiterbildung<br />
für das ganze Team. Dies kommt der Patientenversorgung<br />
und uns zugute.<br />
Wie hat sich Dein Aufgabenbereich<br />
verändert?<br />
Man übernimmt einen aktiven Part in der<br />
Weiterbildung und Betreuung der Assistenzärzte<br />
und Medizinstudenten. Dabei<br />
wird viel anhand der direkten Patientenbetreuung<br />
vermittelt und besprochen. Als<br />
Oberarzt übernimmt man zudem Aufgaben<br />
im strukturierten Weiterbildungsblock<br />
der Klinik, sei es in Form von Vorträgen,<br />
Studentenunterricht in Kleingruppen beim<br />
Patienten sowie als Tutor für die Assistenzärzte.<br />
Innerhalb der Abteilung übernimmt<br />
man zudem einen Themenbereich, für den<br />
man sowohl organisatorisch als auch inhaltlich<br />
mitverantwortlich ist. In meinem<br />
Fall war dies die Mitorganisation einer interdisziplinären<br />
Sprechstunde, welche wir<br />
zu diesem Zeitpunkt neu mit den Ärzten<br />
der HNO geführt haben. Zu guter Letzt ist<br />
man als Oberärztin einer bestimmten Fachdisziplin<br />
Teil der Dienstequipe, so dass ich<br />
in meinem Fall neu Dienste für die Kinderpneumologie<br />
wahrgenommen habe.<br />
Hast Du zusätzliche Ausbildungen<br />
für gewisse Bereiche gemacht?<br />
Die medizinische Fakultät der Universität<br />
Bern bietet kleine Kurse an, die einen beispielsweise<br />
speziell auf die Anforderungen<br />
des Studentenunterrichts oder die<br />
Abnahme von Medizinprüfungen vorbereiten.<br />
Ich habe zudem einen Hochschuldidaktik-Kurs<br />
der Uni besucht, was sehr<br />
spannend und hilfreich war.<br />
Welches sind die Vorzüge gegenüber<br />
der Tätigkeit als Assistenzärztin? Und<br />
welches sind die Nachteile?<br />
Ich würde nicht unbedingt von Vorzügen<br />
oder Nachteilen sprechen. Ich empfinde<br />
beide Aufgaben als zwei gleichberechtige<br />
Phasen im beruflichen Werdegang, und<br />
jede hat zum gegebenen Zeitpunkt ihre<br />
Berechtigung. Als grössten Unterschied<br />
empfand ich, als primäre Entscheidungsträgerin<br />
dazustehen. Dadurch ist man automatisch<br />
eigenständiger, was sehr angenehm<br />
ist in der täglichen Arbeit, aber<br />
gleichzeitig mit einer gewissen Verantwortung<br />
verbunden ist.<br />
Wie hat sich die neue Funktion auf<br />
Dein Privatleben ausgewirkt?<br />
Die Dienste müssen gut besprochen und<br />
organisiert sein. Wenn man mal später<br />
nach Hause kommt oder wieder in die Klinik<br />
muss, muss es zuhause trotzdem rund<br />
laufen mit den Kindern.<br />
Was rätst Du Deinen Kollegen, die diesen<br />
Schritt noch vor sich haben?<br />
Sich grundsätzlich zu freuen. Es kommt alles<br />
zum rechten Zeitpunkt, und ist an und<br />
für sich ein «natürlicher» nächster Schritt<br />
im beruflichen Werdegang. Man bleibt<br />
stets Teil eines Teams, mit dem man sich<br />
austauscht und gemeinsam diskutiert.<br />
Wo stehst Du heute und wie geht<br />
es weiter?<br />
Zurzeit bin ich nebst meiner klinischen<br />
Tätigkeit als Oberärztin auch in der Forschung<br />
tätig. Durch Forschungsgelder des<br />
Schweizerischen Nationalfonds ergab sich<br />
für mich die Möglichkeit, ein grösseres<br />
Forschungsprojekt in der Kinderklinik zu<br />
betreuen. Es ist spannend, den Bogen von<br />
der Klinik zur Forschung und wieder zurück<br />
zu spannen und bleibt eine schöne<br />
Herausforderung. Voraussichtlich werde<br />
ich versuchen, in beiden Gebieten tätig zu<br />
bleiben und die Verbindung zwischen Klinik<br />
und Forschung beizubehalten.<br />
Zur Person<br />
Sophie Yammine hat 2005 das Studium<br />
der Humanmedizin an der<br />
Universität Bern abgeschlossen.<br />
Später hat sie einen PhD an der Universität<br />
Bern absolviert. Sie ist Kinderärztin<br />
und Kinderpneumologin,<br />
Forscherin, Mutter zweier Kinder,<br />
Partnerin, Natur- und Musikliebhaberin<br />
und Redaktionsmitglied des<br />
<strong>VSAO</strong>-Journals.<br />
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Zusatzversicherungen künden?<br />
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letzter Hoffnung<br />
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Falls Sie über eine Zusatzversicherung zu Ihrer Krankenkasse verfügen (Krankenpflegeversicherung/Spital<br />
halbprivat bzw. privat) und mit einem Wechsel liebäugeln, müssen<br />
Sie die Kündigungsfristen beachten. Im Gegensatz zur Grundversicherung gelten<br />
andere, längere Fristen. In der Regel betragen diese Fristen drei bis sechs Monate.<br />
Zunehmend werden jedoch längere Vertragsdauern (mehrjährig) vereinbart. Daher<br />
sollte man rechtzeitig eine Überprüfung seiner Zusatzversicherung vornehmen. Eine<br />
Kündigung ist unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Frist jederzeit möglich.<br />
Im Gegensatz zur Grundversicherung sind die Leistungen in der Zusatzversicherung<br />
von Krankenkasse zu Krankenkasse verschieden. In der Zusatzversicherung können die<br />
Krankenkassen die Prämie risikogerecht, d.h. abgestuft nach Alter und Geschlecht,<br />
gestalten. Entsprechend dürfen Vorbehalte angebracht werden oder es kann eine Ablehnung<br />
erfolgen. Daher sollte man auf keinen Fall die bestehende Zusatzversicherung<br />
künden, ohne dass eine Aufnahmebestätigung des künftigen Versicherers vorliegt.<br />
Wir arbeiten mit zahlreichen Krankenversicherer zusammen und können Ihnen dank<br />
unsern Kollektivverträgen vorteilhafte Angebote unterbreiten.<br />
Für Auskünfte wenden Sie sich bitte an MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC: Tel. 031 350 44 22,<br />
info@mediservice-vsao.ch.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 51
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Gegründet vom Berufsverband <strong>VSAO</strong> bieten wir Ihnen seit 1986 Vorsorgelösungen, die sich an Ihre<br />
individuelle Lebenssituation anpassen lassen – von der Praxiseröffnung bis zur Pensionierung.<br />
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<strong>VSAO</strong> Stiftung 12,6 % 5,2 %<br />
<strong>VSAO</strong> Stiftung 116,8 % 114,2 %<br />
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1,0 % 1,2 %<br />
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Risiko leistung sowie des vorteilhaften Verhältnisses zwischen<br />
aktiv Versicherten und Rentenbezügern (10:1) liegen<br />
die Prämien tief – und für beide Geschlechter gleich.<br />
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Gratis kann teuer<br />
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Ich habe im Internet eine Gratissoftware<br />
für meine neue Kamera<br />
heruntergeladen – einige Tage<br />
später erhalte ich per E-Mail eine<br />
Rechnung. Angeblich habe ich bei der<br />
Registrierung als User ein Zweijahresabonnement<br />
abgeschlossen. Der Internetanbieter<br />
droht mit rechtlichen<br />
Schritten, falls ich die Rechnung nicht<br />
bezahle. Was kann ich tun?<br />
Sie sind in eine sogenannte Abo- oder<br />
Kostenfalle getappt. Von einer solchen<br />
wird gesprochen, wenn sich ein angeblich<br />
kostenloses Angebot – sei es ein Kochrezept,<br />
eine Glückwunschkarte oder eine<br />
Software – nach Vertragsabschluss als<br />
kostenpflichtig entpuppt. So verstecken<br />
Anbieter Preisinformationen zumeist in<br />
sehr kleiner Schrift an kaum einsehbarer<br />
AXA-ARAG bietet MEDISERVICE<br />
<strong>VSAO</strong>-Mitgliedern eine Rechtsschutzversicherung<br />
zu vorteilhaften Konditionen<br />
an. Haben Sie noch weitere<br />
Fragen? Wenden Sie sich an Ihren<br />
Ansprechpartner bei MEDISERVICE<br />
<strong>VSAO</strong>-ASMAC unter Telefon 031 350<br />
44 22 oder per E-Mail an info@mediservice-vsao.ch.<br />
Stelle. Oft richten sich die Angebote<br />
gezielt an Kinder oder Jugendliche.<br />
Wie können Sie nun vorgehen? In<br />
solchen Fällen sollten Sie in einem<br />
knappen Schreiben kurz schriftlich auf<br />
die Zahlungsaufforderung reagieren und<br />
die Forderung bzw. den Abschluss eines<br />
kostenpflichtigen Vertrags bestreiten.<br />
Dieses Schreiben können Sie per Einschreiben<br />
oder auch per Mail schicken.<br />
Erst wenn die Gegenseite einen solchen<br />
Vertragsabschluss mit Belegen nachweisen<br />
kann, sollten Sie die Rechnung<br />
gemäss Vertrag begleichen.<br />
Sollte die Belästigung mit unbegründeten<br />
Zahlungsaufforderungen anhalten,<br />
können Sie die Firma bei der Polizei<br />
anzeigen – möglich ist auch eine Anzeige<br />
beim SECO (Staatssekretariat für Wirtschaft).<br />
Sollte die Gegenseite die Betreibung<br />
einleiten, ist unbedingt innerhalb<br />
der kurzen Frist von zehn Tagen Rechtsvorschlag<br />
zu erheben. Mit dem Rechtsvorschlag<br />
wird das Vollstreckungsverfahren<br />
unterbrochen und die Gegenseite<br />
muss das Verfahren mit Belegen zum<br />
Bestand der Forderung und des Vertrages<br />
weitertreiben.<br />
Sie werden sich fragen, ob Sie in<br />
Zukunft auf den Download von Gratissoftware<br />
verzichten sollten. Per se<br />
müssen Sie nicht verzichten. Es ist jedoch<br />
immer wichtig, das Kleingedruckte, die<br />
AGB, genau zu lesen. So lassen sich<br />
spätere Auseinandersetzungen vermeiden.<br />
Wichtige Tipps fürs Onlineshopping<br />
• Phishing-Mails: Geben Sie Ihre Daten<br />
nie per E-Mail weiter.<br />
• Probeabos: Vorsicht bei Probeabos mit<br />
automatischer Verlängerung. Denken<br />
Sie an die Kündigungsfrist – oder<br />
kündigen Sie am besten sofort auf den<br />
nächstmöglichen Termin.<br />
• Geschenkaktionen: Drei Monate lang<br />
ein Gratisabo? Achtung: Prüfen Sie<br />
solche Angebote genau – und gehen Sie<br />
nie auf Aktionen unseriöser Anbieter<br />
ein.<br />
Isabelle Näf<br />
Internet-Rechtsexpertin<br />
bei der<br />
AXA-ARAG<br />
Bild: zvg<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 53
MEDISERVICE<br />
Auf Spass und Abenteuer<br />
muss man nicht verzichten.<br />
Aber ob hier oder im Ausland –<br />
man sollte sich nicht Hals über<br />
Kopf ins Wagnis stürzen.<br />
«Mit gesundem<br />
Menschen verstand»<br />
Tauchen, Fallschirmspringen oder Downhillbiken − was für die<br />
meisten Personen Spass und Abenteuer bedeutet, kann<br />
in der Versicherungswelt ein Wagnis darstellen. Crescenzo Savignano,<br />
Bereichsleiter im Departement Leistungsprüfung der<br />
CONCORDIA, klärt auf.<br />
Bild: Getty Images<br />
54<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
MEDISERVICE<br />
Herr Savignano, was genau<br />
ist ein Wagnis?<br />
Bei einem Wagnis setzt man<br />
sich bewusst besonders grossen<br />
Risiken oder Gefahren aus. Das ist<br />
meist beim Sport und in der Freizeitgestaltung<br />
ein Thema.<br />
Worauf muss ich als Versicherter achten,<br />
wenn ich einen Sport ausübe oder<br />
in den Ferien ein Abenteuer erleben<br />
möchte?<br />
Es gibt eine Grundregel, die uns durch unser<br />
gesamtes Leben begleiten sollte: Betrachten<br />
Sie die Dinge mit gesundem Menschenverstand.<br />
Es heisst nicht, dass Sie in<br />
den Ferien keinen Spass haben sollen oder<br />
dass Sie Ihr sportliches Hobby nicht ausüben<br />
dürfen. Wenn Sie die nötigen Vorkehrungen<br />
treffen, sich auf Ihr Vorhaben<br />
vorbereiten, so sollte es kein Problem geben.<br />
Muss ich meine Versicherung über geplante<br />
Abenteuer informieren?<br />
Nein, das müssen Sie nicht. Informieren<br />
Sie sich über Ihr Abenteuer und fragen Sie<br />
im Zweifel bei Ihrem Versicherer nach.<br />
Wir werden zum Beispiel häufig zum Thema<br />
Tauchen gefragt. Das ist erst ein Wagnis<br />
ab 40 Metern Tiefe. Sie sehen also, ein<br />
Wagnis ist nicht die Regel, sondern die<br />
Ausnahme. Wenn Sie beim Bungee-Jumping<br />
eine Verzichtserklärung ausfüllen<br />
müssen, bedeutet das auch nicht automatisch,<br />
dass Sie ein Wagnis eingehen.<br />
Seriöse Veranstalter bereiten ihre<br />
Teilnehmer gut vor und bieten manchmal<br />
automatisch eine Versicherung für gewisse<br />
Risiken an, die eine Sportart mit sich<br />
bringt. Beim Tauchen wäre ein Beispiel<br />
das zu schnelle Auftauchen, was die sogenannte<br />
Dekompressionskrankheit oder<br />
ein Barotrauma auslöst. Diese Versicherung<br />
übernimmt dann die Behandlung in<br />
einer Druckkammer.<br />
man die Mehrleistungen der Zusatzversicherungen,<br />
zum Beispiel der Spitalzusatzversicherungen,<br />
nicht in Anspruch nehmen.<br />
Leistungen können auch gekürzt<br />
werden. Ebenfalls sind die Leistungen an<br />
Transport- und Rettungskosten in der<br />
Grundversicherung sehr bescheiden. Ohne<br />
Zusatzversicherung ist das Limit<br />
schnell erreicht.<br />
Nochmals anders sieht es bei einem<br />
Unfall im Ausland aus: Die Grundversicherung<br />
bezahlt maximal die doppelten<br />
Heilungskosten, die in der Schweiz angefallen<br />
wären. Das klingt nach viel, ist aber<br />
manchmal nicht ausreichend. Hier kann<br />
es einen Unterschied machen, ob Wagnis<br />
oder nicht Wagnis. Im Ausland übernimmt<br />
die Grundversicherung keine Rettungskosten.<br />
Diese können sehr hoch sein und<br />
werden bei einem Wagnis von der Zusatzversicherung<br />
nicht oder nur teilweise gedeckt.<br />
Generell gilt: Bei den Heilungskosten<br />
werden Sie sicher nicht im Stich gelassen.<br />
Bei Geldleistungen, beispielsweise<br />
dem Taggeld, und bei Leistungen aus den<br />
Zusatzversicherungen könnten jedoch<br />
namhafte Kürzungen stattfinden.<br />
Was gibt es beim Thema «Wagnis» noch<br />
zu beachten?<br />
Haben Sie keine Angst, wenn Sie einen<br />
neuen Sport ausprobieren möchten oder<br />
im Ausland unterwegs sind. Ein Wagnis<br />
geht man selten ein. Bereiten Sie sich gut<br />
vor, informieren Sie sich über die Risiken<br />
und verlassen Sie sich auf Ihren gesunden<br />
Menschenverstand. Dann steht Ihrem<br />
Abenteuer nichts im Wege!<br />
Mit freundlicher Genehmigung von<br />
CARE, dem Magazin der CONCORDIA.<br />
Crescenzo Savignano<br />
ist Bereichsleiter im Departement<br />
Leistungsprüfung der CONCORDIA.<br />
Sein Bereich wickelt ambulante und<br />
stationäre Leistungen ab und prüft sie<br />
auf Richtigkeit, Gesetzmässigkeit und<br />
Wirtschaftlichkeit. In seiner Freizeit<br />
ist er leidenschaftlicher Pilot. Bei<br />
Fragen zum Thema Wagnis wenden<br />
Sie sich bitte an info@concordia.ch.<br />
Kann ich durch gute Vorbereitung ein<br />
Wagnis verhindern?<br />
Natürlich! Wenn Sie eine Bergtour planen,<br />
sehen Sie sich den Wetterbericht an, informieren<br />
sich über die Route oder holen Rat<br />
bei einem erfahrenen Wanderer ein und<br />
nehmen das nötige Equipment mit – Sie<br />
planen mit gesundem Menschenverstand!<br />
Was passiert im Ernstfall?<br />
In der Grundversicherung hat man bei den<br />
Heilungskosten innerhalb der Schweiz<br />
keine Einbussen. Die gesetzlichen Leistungen<br />
gelten weiterhin. Allerdings kann<br />
CONCORDIA<br />
MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />
und die CONCORDIA arbeiten seit<br />
vielen Jahren erfolgreich zusammen.<br />
Ihr Mehrwert als Mitglied bei MEDI-<br />
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Konditionen beim Abschluss einer<br />
Versicherung bei der CONCORDIA.<br />
Sind Sie interessiert an vorteilhaften<br />
Versicherungslösungen? Kontaktieren<br />
Sie MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC unter<br />
Telefon 031 350 44 22 oder per E-Mail<br />
info@mediservice-vsao.ch.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 55
MEDISERVICE<br />
Kinder<br />
und Jugendliche<br />
in der Krise<br />
Wegen der Coronakrise waren die meisten Jugendlichen zuhause<br />
und von ihrem Freundeskreis isoliert und durch neuartige<br />
Unterrichtsformen zusätzlich herausgefordert. Pro Juventute war und<br />
ist für Jugendliche rund um die Uhr erreichbar.<br />
Bernhard Bürki, Leiter Kommunikation & Marketing Pro Juventute<br />
Konflikte zuhause, Getrenntsein von Freunden und Kollegen: Die Coronakrise hat dem Beratungsteam von Pro Juventute deutlich<br />
mehr Arbeit verschafft.<br />
Bild: Pro Juventute<br />
56<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
MEDISERVICE<br />
In Notsituationen brauchen Kinder<br />
und Jugendliche Menschen, denen<br />
sie sich anvertrauen können.<br />
Manchmal auch ausserhalb der<br />
Familie. Jeden Tag suchen rund 400 Kinder<br />
und Jugendliche bei den über 70 professionellen<br />
Beraterinnern und Beratern<br />
von Beratung + Hilfe 147 nach Rat. Die<br />
Coronakrise ist für viele Jugendliche<br />
nach wie vor zusätzlich belastend. Pro<br />
Juventute hat zwischen März und Mai<br />
<strong>2020</strong> zehn Prozent mehr Anfragen zum<br />
Thema Konflikte mit Eltern und 33 Prozent<br />
mehr Beratungen, in denen es um<br />
Gewalt in der Familie ging, registriert.<br />
Aber auch die Sorge wegen der fehlenden<br />
Kontakte mit Gleichaltrigen hat viele Jugendliche<br />
belastet. Unsere Berater haben<br />
zu diesem Thema 92 Prozent mehr Beratungen<br />
durchgeführt. Der Gedanke, sich<br />
nicht frei bewegen zu können, soziale<br />
Kontakte nicht mehr pflegen zu können<br />
und dadurch viel stärker auf sich alleine<br />
gestellt zu sein, war für viele junge Menschen<br />
etwas sehr Bedrohliches – sie waren<br />
zuhause, getrennt von ihrem Freundeskreis,<br />
abgekoppelt von der gewohnten<br />
Tagesstruktur und auf engerem Raum<br />
mit Eltern und Geschwistern, was neue<br />
Konflikte provoziert hat. Zudem kann<br />
niemand voraussehen, wie sich die<br />
Wirtschaft entwickeln wird – eine Unsicherheit,<br />
die vor allem Jugendliche, die<br />
vor dem Berufseinstieg stehen, sehr belasten<br />
kann. Deshalb war in der Coronakrise<br />
das Angebot Beratung + Hilfe 147<br />
von Pro Juventute als niederschwellige<br />
Anlaufstelle noch wichtiger als sonst,<br />
und die Be ratungskapazität musste ausgebaut<br />
werden.<br />
Beratungschat mit Gleichaltrigen<br />
Ein wichtiger Faktor auf dem Weg hin zu<br />
einer Beratung, welche noch niederschwelliger<br />
den Bedürfnissen von Kindern<br />
und Jugendlichen Rechnung trägt, sind<br />
die Jugendlichen selbst. Mit dem Prinzip<br />
des Peer-Involvement – dem Einbezug von<br />
Jugendlichen – entwickelte Pro Juventute<br />
das Beratungsangebot weiter und wendet<br />
dieses Prinzip auch in der Beratung selbst<br />
an. Seit 2018 stehen Peer-Beraterinnen<br />
und -Berater ein bis zwei Mal pro Woche<br />
anderen Jugendlichen zur Verfügung für<br />
einen persönlichen Chat. Die jugendlichen<br />
Berater werden dabei begleitet von Beratungsprofis<br />
der Beratung + Hilfe 147. Aufgrund<br />
des Erfolgs dieses Angebots wurde<br />
es 2019 weiter ausgebaut und steht nun in<br />
Deutsch, Französisch und Italienisch zur<br />
Verfügung. 2019 wurde diese Chatberatung<br />
von 2057 Jugendlichen in Anspruch<br />
genommen. Auch während der Coronakrise<br />
stand der «Chat mit Gleichaltrigen» Jugendlichen<br />
in der Deutschschweiz jeden<br />
Montag und Dienstag zwischen 19 und 22<br />
Uhr sowie Jugendlichen in der Romandie<br />
und dem Tessin jeden Montag zwischen 19<br />
und 22 Uhr offen.<br />
Weitere Informationen: 147.ch und<br />
projuventute.ch.<br />
Eine soziale<br />
Partnerschaft<br />
innova ist soziale Partnerin der Stiftung<br />
Pro Juventute Schweiz. Dank<br />
dem Engagement konnte ein Fonds<br />
für Kinder und Jugendliche nach<br />
überstandenem Spitalaufenthalt<br />
geäufnet werden. Gemeinsam mit der<br />
Familie dürfen die Kinder eine Erholungswoche<br />
im Engadiner Hotel Chesa<br />
Spuondas verbringen. Nicht nur das<br />
nach dem Spitalaufenthalt genesene<br />
Kind kann so eine erholsame Auszeit<br />
geniessen, sondern auch seine Eltern<br />
und Geschwister.<br />
Persönliche Probleme bestimmen<br />
die Beratungen<br />
In der Beratung per Telefon, SMS, E-Mail<br />
oder Chat spitzt sich auch in normalen<br />
Zeiten die Zunahme schwerwiegender<br />
persönlicher Probleme zu. Sie machten<br />
2019 mit 35,6 Prozent bereits mehr als ein<br />
Drittel der Beratungen aus (gegenüber<br />
10,9 Prozent im Jahr 2009). Dabei geht es<br />
vor allem um Suizidgedanken (9,3 Prozent),<br />
depressive Verstimmung (4,6 Prozent),<br />
Krisen (3,8 Prozent), Angst (3,6 Prozent)<br />
oder psychische Erkrankungen (3,5<br />
Prozent). Hier zeigt sich, dass die Jugendlichen<br />
gerade bei schwerwiegenden persönlichen<br />
Problemen weiterhin ein direktes<br />
Gegenüber suchen, welches ihnen zuhört<br />
und auf ihr individuelles Problem<br />
eingehen kann, und Antworten nicht nur<br />
im digitalen Raum zu finden sind.<br />
MEDISERVICE<br />
<strong>VSAO</strong>-ASMAC und<br />
innova Versicherungen<br />
arbeiten seit vielen Jahren erfolgreich<br />
zusammen. Die beiden Unternehmen<br />
haben gemeinsam eine einzigartige<br />
Lohnausfallversicherung entwickelt,<br />
welche sich an der jeweiligen Lohnfortzahlung<br />
des Arbeitgebers/Spitals<br />
anpasst und garantiert, dass das<br />
Einkommen während der ersten zwei<br />
Jahre einer Arbeitsunfähigkeit gesichert<br />
ist. Sind Sie interessiert an dieser<br />
innovativen Versicherungslösung?<br />
Kontaktieren Sie MEDISERVICE<br />
<strong>VSAO</strong>-ASMAC unter Telefon 031 350<br />
44 22 oder per E-Mail an info@mediservice-vsao.ch.<br />
<strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal 5/20 57
Logo_Q-Publikation_D_2018_CMYK.pdf 1 03.04.18 11:40<br />
Impressum<br />
Kontaktadressen der Sektionen<br />
<strong>Nr</strong>. 5• 39. Jahrgang • <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong><br />
Herausgeber/Verlag<br />
AG<br />
<strong>VSAO</strong> Sektion Aargau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier, Auf der<br />
Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch, Tel. 044 250 43 23,<br />
Fax 044 250 43 20<br />
MEDISERVICE <strong>VSAO</strong>-ASMAC<br />
Bollwerk 10, Postfach, 3001 Bern<br />
Telefon 031 350 44 88<br />
journal@vsao.ch, journal@asmac.ch<br />
www.vsao.ch, www.asmac.ch<br />
Im Auftrag des vsao<br />
Redaktion<br />
Catherine Aeschbacher (Chefredaktorin),<br />
Giacomo Branger, Franziska Holzner-<br />
Arnold, Kerstin Jost, Fabian Kraxner, Léo<br />
Pavlopoulos, Lukas Staub, Anna Wang,<br />
Sophie Yammine<br />
Geschäfts ausschuss vsao<br />
Angelo Barrile (Präsident), Patrizia Kündig<br />
(Vize präsidentin), Nora Bienz (Vizepräsidentin),<br />
Christoph Bosshard (Gast),<br />
Marius Grädel, Dina-Maria Jakob (Gast),<br />
Helen Manser, Gert Printzen, Patrizia Rölli,<br />
Miodrag Savic (Gast), Jana Siroka, Michael<br />
Burkhardt (swimsa)<br />
Druck, Herstellung und Versand<br />
Stämpfli AG, Wölflistrasse 1, CH-3001 Bern<br />
Telefon +41 31 300 66 66<br />
info@staempfli.com, www.staempfli.com<br />
Layout<br />
Tom Wegner<br />
Titelillustration<br />
Till Lauer<br />
Inserate<br />
Zürichsee Werbe AG, Fachmedien,<br />
Markus Haas, Laubisrütistrasse 44, 8712 Stäfa<br />
Telefon 044 928 56 53<br />
E-Mail vsao@fachmedien.ch<br />
Auflagen<br />
Druckauflage: 22 200 Expl.<br />
WEMF/SW-Beglaubigung <strong>2020</strong>: 21 829 Expl.<br />
Erscheinungshäufigkeit: 6 Hefte pro Jahr.<br />
Für vsao-Mitglieder im Jahresbeitrag<br />
inbegriffen.<br />
ISSN 1422-2086<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 6/<strong>2020</strong> erscheint im Dezember<br />
<strong>2020</strong>. Thema: Verwandtschaft<br />
© <strong>2020</strong> by vsao, 3001 Bern<br />
Printed in Switzerland<br />
BL/BS<br />
<strong>VSAO</strong> Sektion beider Basel, Geschäftsleiterin und Sekretariat:<br />
lic. iur. Claudia von Wartburg, Advokatin, Hauptstrasse 104,<br />
4102 Binningen, Tel. 061 421 05 95, Fax 061 421 25 60,<br />
sekretariat@vsao-basel.ch, www.vsao-basel.ch<br />
BE <strong>VSAO</strong> Sektion Bern, Schwarztorstrasse 7, 3007 Bern, Tel. 031 381 39 39,<br />
info@vsao-bern.ch, www.vsao-bern.ch<br />
FR<br />
ASMAC Sektion Freiburg, Gabriela Kaufmann-Hostettler,<br />
Wattenwylweg 21, 3006 Bern, Tel. 031 332 41 10, Fax 031 332 41 12,<br />
info@gkaufmann.ch<br />
GE Associations des Médecins d’Institutions de Genève, Postfach 23,<br />
Rue Gabrielle-Perret-Gentil 4, 1211 Genf 14, amig@amig.ch, www.amig.ch<br />
GR<br />
JU<br />
NE<br />
<strong>VSAO</strong> Sektion Graubünden, 7000 Chur, Samuel B. Nadig, lic. iur. HSG,<br />
RA Geschäftsführer/Sektionsjurist, Tel. 078 880 81 64, info@vsao-gr.ch,<br />
www.vsao-gr.ch<br />
ASMAC Jura, 6, chemin des Fontaines, 2800 Delémont,<br />
marie.maulini@h-ju.ch<br />
ASMAC Sektion Neuenburg, Joël Vuilleumier,<br />
Jurist, Rue du Musée 6, Postfach 2247, 2001 Neuenburg,<br />
Tel. 032 725 10 11, vuilleumier@valegal.ch<br />
SG/AI/AR <strong>VSAO</strong> Sektion St. Gallen-Appenzell, Bettina Surber, Oberer Graben 44,<br />
9000 St. Gallen, Tel. 071 228 41 11, Fax 071 228 41 12,<br />
Surber@anwaelte44.ch<br />
SO<br />
TI<br />
TG<br />
VD<br />
VS<br />
<strong>VSAO</strong> Sektion Solothurn, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier, Auf der<br />
Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch, Tel. 044 250 43 23,<br />
Fax 044 250 43 20<br />
ASMAC Ticino, Via Cantonale 8-Stabile Qi, 6805 Mezzovico-Vira,<br />
segretariato@asmact.ch<br />
<strong>VSAO</strong> Sektion Thurgau, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier, Auf der<br />
Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch, Tel. 044 250 43 23,<br />
Fax 044 250 43 20<br />
ASMAV, case postale 9, 1011 Lausanne-CHUV,<br />
asmav@asmav.ch, www.asmav.ch<br />
ASMAVal, p.a. Maître Valentine Gétaz Kunz,<br />
Ruelle du Temple 4, CP 20, 1096 Cully, contact@asmaval.ch<br />
Zentralschweiz (LU, ZG, SZ, GL, OW, NW, UR)<br />
<strong>VSAO</strong> Sektion Zentralschweiz, Geschäftsstelle: lic. iur. Eric Vultier,<br />
Auf der Mauer 2, 8001 Zürich, vultier@schai-vultier.ch,<br />
Tel. 044 250 43 23, Fax 044 250 43 20<br />
ZH/SH<br />
<strong>VSAO</strong> ZH/SH, RA lic. iur. Susanne Hasse,<br />
Geschäftsführerin, Rämistrasse 46, 8001 Zürich, Tel. 044 941 46 78,<br />
susanne.hasse@vsao-zh.ch, www.vsao-zh.ch<br />
Publikation<strong>2020</strong><br />
FOKUSSIERT<br />
KOMPETENT<br />
TRANSPARENT<br />
Gütesiegel Q-Publikation<br />
des Verbandes Schweizer Medien<br />
58<br />
5/20 <strong>VSAO</strong> /ASMAC Journal
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Schwangerschaft, bei Eklampsie und Präeklampsie, tetanischem Syndrom, bei Wadenkrämpfen, Muskelzuckungen, restless legs. D: 4.5 mg Magnesium (= 0.185 mmol) bis 9 mg Magnesium<br />
(= 0.37 mmol) pro kg Körpergewicht / 10 – 20 mmol Magnesium täglich, entsprechend der Darreichungsform (Granulat, Brausetabletten, Filmtabletten), aufgeteilt in 1 – 3 orale Einzeldosen.<br />
KI: Überempfindlichkeit auf einen der Inhaltsstoffe des Arzneimittels. Magnesiocard 7.5 mmol nicht bei Phenylketonurie. VM: Eingeschränkte Nierenfunktion. Bei Niereninsuffizienz ist eine<br />
Überwachung des Serum-Magnesium-Spiegels unerlässlich. IA: Keine gleichzeitige Gabe von Magnesium und Tetrazyklinen (gegenseitige Resorptionsbeeinträchtigung). Tendenz zur Hypercalcämie<br />
bei gleichzeitiger Gabe von Magnesium und Cholecalciferol. S/S: Kann angewendet werden. UW: Gelegentlich: Gastrointestinale Beschwerden. P: Filmtabletten (2.5 mmol) 50, 100; Granulat (5 mmol)<br />
Citron und Granulat (5 mmol) Orange 20 *, 50; Brausetabletten (7.5 mmol) 20 *, 60; Granulat (10 mmol) Grapefruit und Granulat (10 mmol) Orange 20 *, 50 *. Kat. B.<br />
Ausführliche Angaben siehe www.swissmedicinfo.ch. * kassenzulässig<br />
V010918<br />
ergoasw.ch<br />
Referenzen: 1: Classen, H.G. et al. Vergleichende tierexperimentelle Untersuchungen über die Resorption von Magnesium als Sulfat, Chlorid, Aspartat und Aspartat-Hydrochlorid aus dem Magen-<br />
Darm-Trakt. Arzneim.-Forsch., 23, 267-271, 1973. 2: www.swissmedicinfo.ch, abgerufen am 18.02.<strong>2020</strong>. 3: www.spezialitätenliste.ch, abgerufen am 18.02.<strong>2020</strong>.<br />
Biomed AG, Überlandstrasse 199, CH-8600 Dübendorf<br />
© Biomed AG. 03/<strong>2020</strong>. All rights reserved.