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Blauer Mond September

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Die Postfrau im gelben Auto kommt, fährt zum Briefkasten und leert ihn.

Zwei Stunden sind um.

Vielleicht kommt er heute gar nicht, spricht Heinz, gelassen, frei von Fatalismus, die allgemeine

Befürchtung aus. Auf nix mehr is Verlaß.

Heinz ist kein Alkoholiker, aber sicher jemand, der gern mal einen hinter die Binde gießt, einen

zwitschert, einen abhakt, einen kippt, einen nippt, einen abbeißt, einen zur Brust nimmt. Unerschöpflich

ist die Sprache im Erfinden von Umschreibungen für den Alkoholgenuß. Und. Und.

Und.

Friderico und ich beschließen, um vierzehn Uhr die Zelte abzubrechen. Noch zehn Minuten.

In der neunten Minute preschen zwei Jungen auf Fahrrädern herbei. Der Verkaufswagen, eine

weiße Fata Morgana, biegt um die Ecke. Die zierliche Fahrerin steigt aus und öffnet die Tür.

Bißchen später heute, sagt sie.

Von allen Seiten kommen Kunden. Männer und Kinder, keine Frau.

Der Wagen ist begehbar. Mit allem ausgestattet, was das Alltagsherz begehrt. Friderico und mir

wird höflich der Vortritt gelassen, wir sind ja Utlänners, wie in Mecklenburg die Fremden heißen.

Die Männer kaufen Bier, Kräuterschnaps und Klaren. Die Kinder Kekse, Süßigkeiten, Sticker.

Wir packen Schwarzbrot und Mischbrot ins Körbchen. Nach der langen Wartezeit finde ich es

unangemessen, nur das Notwendige zu erwerben. Ich lege zwei Plastebrettchen dazu. Werbeträger

eine Margarine-Marke, die es anderswo sicher umsonst gibt. Zwei unsäglich kitschige,

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