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Blauer Mond September

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vor mir auftürmt. Es ist die irrationale Furcht, den Text in die Welt zu schicken. Das Manuskript

ist die Vorlage für mein zwölftes Buch. Die Verträge sind unterschrieben, es wird gedruckt werden.

Routinevorgang, eigentlich.

Meine latente Angst, imaginärer Leserschaft nicht gerecht zu werden, habe ich zu akzeptieren

gelernt. Vor Kritik fürchte ich mich nicht. Wirkliche Kritik weiß ich zu schätzen und die ungerechte,

zu allen Zeiten meist ideologische, einzuordnen. Ich fürchte mich vor mir selber, vor der

fatalen Option, am Eigentlichen vorbeigeschwatzt zu haben.

Bei Spaniens Himmel kommt panische Angst dazu, Peinlichkeiten zu verbreiten. Zum erstenmal

habe ich ICH gesagt, wenn ich gemeint war – journalistische Äußerungen stehen auf einem

anderen Blatt. Auch im Verhältnis zu Friderico, der als (literarische) Person mitspielt, ließ sich

Privates kaum vermeiden.

Ich könnte die Entscheidung rückgängig machen und den Text in den Orkus schmeißen. Aber

wie dann den eigentlichen Text zu Picasso angehen? Und den muß ich schreiben! Selbstverdikt,

dem ich nicht entkomme. Rücknahme wird nichts bessern und mich mit doppelter Schmach

belasten. Zum Versagen kommt die Feigheit.

Den verregneten See vor Augen, der sich von nichts als Wind rühren läßt, kann ich nicht mehr

nachvollziehen, was mich getrieben hat, die Reisenotizen zu veröffentlichen. Geltungsdrang! Eitelkeit!

werfe ich mir vor. Weg vom Schreibtisch, bloß weg!

Ich tigere vor den Bootshäusern auf und ab. Regen rinnt mir über Kopf und Körper. Das Wasser

quitscht in den Schuhen. Komische Alte, die gegen sich selber tobt.

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