Redaktionsschluss „Niederbayerische Schule“ - Bayerischer Lehrer
Redaktionsschluss „Niederbayerische Schule“ - Bayerischer Lehrer
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Inklusive Schule<br />
Welche Folgen für die Förderschulen<br />
ergeben sich aus der Umstrukturierung<br />
der Hauptschulen zu Mittelschulen?<br />
Gamringer: Wir sollten zunächst im<br />
Förderschulbereich beobachten, wie<br />
sich die Umstrukturierung der Hauptschulen<br />
in der Praxis gestaltet. Der<br />
Mobile Sonderpädagogische Dienst<br />
wird auf alle Fälle gewohnte Einsatzpraktiken<br />
an Hauptschulen ändern<br />
müssen.<br />
Förderschulen bemängeln Schuljahr für<br />
Schuljahr die knappe Versorgung mit<br />
<strong>Lehrer</strong>stunden. Ihre Meinung dazu?<br />
Gamringer: Meine Meinung dazu deckt<br />
sich mit der Einschätzung von Herrn<br />
Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle, der<br />
bereits im vergangenen Schuljahr die<br />
Schwäche Bayerns bei der <strong>Lehrer</strong>stundenversorgung<br />
der Förderschulen im<br />
Vergleich zu anderen Bundesländern<br />
beklagte. Die größten Sorgen bereitet in<br />
allen Förderschulen – das gilt für alle<br />
Regierungsbezirke – die zu geringe<br />
Ausstattung mit Mobilen Reserven. Das<br />
heißt, dass an vielen Schulen eine<br />
zumindest zunächst geplante solide<br />
<strong>Lehrer</strong>stundenversorgung zur Kompensierung<br />
von Unterrichtsausfall ganz<br />
rasch zum Notprogramm mutiert, und<br />
dadurch notwendige und wünschenswerte<br />
Fördermöglichkeiten reduziert<br />
oder gestrichen werden müssen. Darüber<br />
hinaus gestaltete sich in Niederbayern<br />
der Ausbau der <strong>Lehrer</strong>stunden für<br />
den Mobilen Sonderpädagogischen<br />
Dienst auf Grund der großen Nachfrage<br />
seit Jahren intensiver als der Rückgang<br />
des <strong>Lehrer</strong>stundenbedarfs in den Förderschulen<br />
selbst.<br />
Eine qualitätsvolle Umsetzung des<br />
bayerischen Weges der Inklusion durch<br />
Kooperation geht nicht zum Nulltarif. Der<br />
Ausbau von Kooperationsklassen und<br />
von Außenklassen braucht klar definierte<br />
verlässliche Rahmenbedingungen und<br />
<strong>Lehrer</strong>stundenvolumina, die in den<br />
Klassenbildungs – KMS für Grund-<br />
Haupt und Förderschulen konzeptionell<br />
nicht nur gewollt sondern als gesonderte<br />
Zuweisung realisiert sind. Auch der<br />
unerlässliche Ausbau der sonderpädagogische<br />
Stütz- und Förderklassen<br />
kann nicht ausschließlich aus den bisher<br />
vorhandenen Ressourcen gestaltet<br />
Niederbayerische Schule Ausgabe 7 Dezember/2010<br />
werden. Auch er bedarf einer gesonderten<br />
Berücksichtigung bei der <strong>Lehrer</strong>stundenzuweisung<br />
seitens des Ministeriums.<br />
Haben sich die hohen Erwartungen in<br />
den Ausbau der Mobilen Dienste erfüllt?<br />
Gamringer: Niederbayern hat die Mobilen<br />
Sonderpädagogischen Dienste<br />
(MSD) sehr stark ausgebaut. Ein Proporzvergleich<br />
mit den anderen Regierungsbezirken<br />
belegt dies. Die ständig<br />
steigende Nachfrage nach MSD, obwohl<br />
die Schülerzahlen in den Förderschulen<br />
nur leicht zurückgehen und obwohl die<br />
durchschnittlichen Schülerzahlen der<br />
Klassen an Grund- und Hauptschulen<br />
kontinuierlich sinken, ist schwer zu<br />
begreifen. Ein denkbarer verkürzt dargestellter<br />
Erklärungsansatz: Der Anspruch<br />
den Kinder- und Jugendliche an Grundund<br />
Hauptschulen vor allem im Erzieherischen<br />
aber auch in den individuellen<br />
Lernvoraussetzungen an die Lehrkräfte<br />
stellen, wächst ständig. Aber auch der<br />
Leistungsdruck im Blick auf den Übertritt<br />
an das Gymnasium oder an die<br />
Realschule, unter den die Schülerinnen<br />
und Schüler in der Grundschule geraten,<br />
ist als Auslöser für erhöhten Förderbedarf<br />
nicht zu negieren.<br />
Womit begründen Sie die relativ stabilen<br />
Schülerzahlen in den Förderschulen?<br />
Gamringer: Ein Grund für die kaum<br />
nachlassende Schülerzahl an den<br />
Förderschulen ist sicher die gesteigerte<br />
Akzeptanz dieser Schulart bei den<br />
Eltern. Ein anderer Grund ist die noch zu<br />
wenig vorhandene Inklusionsfähigkeit<br />
der Regelschulen.<br />
Muss sich etwas an der Ausbildung<br />
zukünftiger Sonderpädagogen ändern?<br />
Gamringer: Ich wünsche mir eine solidere<br />
und breitere Auseinandersetzung<br />
und den Erwerb von Basiskompetenzen<br />
bereits in der 1. Ausbildungsphase bei<br />
allen Lehramtsstudiengängen im Bereich<br />
der Erziehung. Jede angehende Studienreferendarin<br />
und jeder angehende Studienreferendar<br />
sollte Grundkenntnisse im<br />
Umgang verhaltensoriginellen und auch<br />
verhaltensauffälligen Schülern mitbringen,<br />
da es diese in allen Schularten gibt.<br />
Ebenso sollten behinderungsspezifische<br />
Grundkenntnisse jede zukünftige Lehr-<br />
kraft besitzen, da sie in einem zukünftigen<br />
inklusiven Schulsystem zumindest<br />
Verständnis für Schülerinnen und Schüler<br />
mit Behinderung aufbringen soll. Bei<br />
den Sonderpädagogen könnte die<br />
manchmal sehr praxisferne Spezialisierung<br />
in der jeweiligen studierten Fachrichtung<br />
zu Gunsten der gerade genannten<br />
Basiskompetenzen, vor allem aber<br />
auch im Blick auf die grundlegenden<br />
methodischen und didaktischen Anforderung<br />
der Förderschulwirklichkeit<br />
etwas reduziert werden. In der 2. Ausbildungsphase<br />
muss der Austausch der<br />
sonderpädagogischen Fachrichtungen<br />
untereinander und mit den Volksschulseminaren<br />
noch intensiver gestaltet werden.<br />
Ebenso gilt es, die Anforderungen<br />
des Mobilen Sonderpädagogischen<br />
Dienstes als zentrales Ausbildungsanliegen<br />
zu gestalten.<br />
Welche Innovationen im Förderschulwesen<br />
sehen sie als am wertvollsten an?<br />
Gamringer: Es ist gelungen, den Automatismus,<br />
der bei Zurückstellung und<br />
Wiederholung an den allgemeinen Volksschulen<br />
ehemals in großer Regelmäßigkeit<br />
zur Überweisung an die damals<br />
noch Sonderschulen genannten Einrichtungen<br />
zur Folge hatte, aufzubrechen.<br />
Die Zusammenarbeit zu Gunsten der<br />
Schülerinnen und Schüler hat sich zwischen<br />
den allgemeinen Schulen und den<br />
Förderschulen spürbar verbessert. Eltern<br />
werden immer mehr als gleichwertige<br />
Partner im Beratungsvorgang von den<br />
Lehrkräften akzeptiert. Ich selbst habe<br />
am meisten von der Arbeit in den Sonderpädagogischen<br />
Diagnose- und Förderklassen<br />
profitiert, deren sonderpädagogisches<br />
Grundkonzept als Beispiel<br />
gebend für die Schule zu Zukunft sehe.<br />
Sie selbst gehen im Oktober in den Ruhestand,<br />
sehen sie es als realistisch an, dass<br />
<strong>Lehrer</strong> zukünftig bis 67 arbeiten sollen?<br />
Gamringer: Seit meinem Eintritt in den<br />
Schuldienst habe ich nicht mehr als 5<br />
Kolleginnen und Kollegen kennen gelernt,<br />
die über das 65. Lebensjahr<br />
hinaus an der pädagogischen Front –<br />
also in er Klasse unterrichtend tätig sein<br />
wollten, jedoch auch weit mehr als 5,<br />
die für Sondermaßnahmen, wie Kleingruppen<br />
– und Einzelförderung aber