Redaktionsschluss „Niederbayerische Schule“ - Bayerischer Lehrer
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Pädagogik<br />
Pferdebegegnung und Selbsterfahrung<br />
Was Pädagogen im Umgang mit Pferden für die Schule lernen können<br />
„Die Erfahrungen mit dem Pferd auf<br />
dem Platz sind meiner Meinung gleichzusetzen<br />
mit den ersten Erfahrungen,<br />
die man mit einer Klasse macht, das<br />
heißt, wie man dort auftritt und wie<br />
man sich von Anfang an durchsetzen<br />
kann.“ Diese Erfahrung machte<br />
Bernadette Mayer, eine Junglehrerin, in<br />
dem Workshop „Pferdebegegnung und<br />
Selbsterfahrung“.<br />
Für die Systemtherapeutin Eva Winter<br />
eigneten sich gerade Pferde für die<br />
Arbeit mit „Führungskräften“. Pferde,<br />
betont Winter, seien Herdentiere und<br />
lebten eine Rangordnung. Instinktiv<br />
ordneten sie ihrem Gegenüber eine<br />
ranghöhere oder rangniedrigere Position<br />
zu als sich selbst. Ein rangniedriges<br />
Pferd darf den Intim- oder Individualraum<br />
des anderen nur „auf Einladung“<br />
betreten. Auch bei uns Menschen<br />
spielten Intimraum, persönlicher, sozialer<br />
und öffentlicher Raum eine große<br />
Rolle für den respektvollen Umgang<br />
miteinander. Pferde helfen, sich dieser<br />
Räume und adäquater Körpersprache<br />
bewusst zu werden.<br />
Bernadette Mayer erzählt: „Ich habe<br />
noch nie mit Pferden zu tun gehabt und<br />
vor diesen großen Tieren auch immer<br />
großen Respekt gehabt. Schon allein<br />
deshalb wollte ich mich dieser Herausforderung<br />
stellen. Der Kontakt mit<br />
Pferden war für mich also etwas völlig<br />
Neues. Anfangs war ich sehr unsicher,<br />
wie ich mich bewegen und verhalten<br />
sollte. Ich fragte mich, wie der Charakter<br />
des Pferdes sei und ob mir das große<br />
Tier überlegen sein würde. Tatsächlich<br />
hat das Pferd dann meine Unsicherheit<br />
auch gespürt und mich geneckt, zwar<br />
auf sehr liebevolle Art und Weise, aber<br />
doch permanent, sodass ich schnell<br />
merkte, ich muss mich mit ganzer Kraft<br />
durchsetzen.“<br />
Für Mayer lässt sich dieser Umgang mit<br />
Pferden gut auf die Schule übertragen.<br />
Es gäbe, schildert sie, Schüler, die seien<br />
Niederbayerische Schule Ausgabe 7 Dezember/2010<br />
sehr nett und man möchte sie nicht<br />
sanktionieren, gleichzeitig störten sie<br />
aber und man tue sich schwer damit, sie<br />
zu bremsen. So ähnliche Erfahrungen<br />
machte sie mit dem Pferd, das sie<br />
geneckt habe. Man müsse bei Pferden<br />
sehr deutlich die klare Absicht zeigen,<br />
was man möchte, dies klar körpersprachlich<br />
äußern und vor allem, klarmachen,<br />
wer den Ton angäbe. „Dies ist<br />
auch die Situation, mit dem wir <strong>Lehrer</strong><br />
tagtäglich konfrontiert sind, da es in der<br />
Klasse oft aufgrund von unklaren Arbeitsanweisungen<br />
oder beispielsweise<br />
bei nicht genauer Trennung von Gruppenarbeit<br />
und Zusammenführung im<br />
Unterrichtsgespräch zu Unruhe kommt<br />
und für einen oft nicht sofort greifbar ist,<br />
woran das liegt.“ Ihr habe diese Fortbildung<br />
sehr viel gebracht, betonte Bernadette<br />
Mayer: „Ich habe mit den Pferden<br />
gelernt, sehr klar zu sein und sehr<br />
deutlich meine Absichten zu zeigen.“<br />
Das sei für die Schule durchaus wichtig.<br />
Führen heißt Dienen<br />
Ziele des Workshops mit Pferden<br />
Eva Winter verfolgte mit dem Workshop<br />
vor allem das Ziel, die Sensibilität für den<br />
Augenblick zu erhöhen und damit Präsens<br />
zeigen. Jeder Teilnehmer könne sich<br />
auf der Koppel das Pferd, das ihn „an-<br />
spreche“ und mit dem er arbeiten wolle,<br />
aussuchen. Die Teilnehmer arbeiteten<br />
dann sowohl in Gruppen als auch einzeln,<br />
während alle anderen beobachten. Bei<br />
der Beobachtung formulierten sie sich<br />
gegenseitig ihre Wahrnehmungen. Durch<br />
viel Reflexion und Videoaufnahmen werde<br />
zudem die Selbstwahrnehmung gefördert,<br />
die Sensibilität für den eigenen und<br />
fremden Raum erweitert. Durch den<br />
bewussten Einsatz der Körpersprache<br />
werde Entschlossenheit und natürliche<br />
Autorität gefördert und könne Lebensfreude<br />
und Energie erlebt werden.<br />
Anhand der Bilder „Leitstute“ und<br />
„Leithengst“ würden Führungsprinzipien<br />
analysiert um einen bewussten Umgang<br />
mit eigenen Führungsstilen finden.<br />
Eva Winter erklärt: „In der Persönlichkeitsarbeit<br />
mit Pferden wird immer<br />
wieder das „Pferd als Spiegel“ unserer<br />
inneren Wirklichkeit erwähnt. Ich hatte<br />
ein Erlebnis mit einer erwachsenen, sehr<br />
ehrgeizigen Reitschülerin, welches<br />
dieses Phänomen besonders eindrücklich<br />
zeigte. Die Frau sollte zum ersten<br />
Mal frei auf dem Reitplatz reiten (lange<br />
war sie an einem Seil im Kreis geritten,<br />
um sich in der körperlichen Kunst des<br />
Reitens zu üben). Trotz sichtlich körperlicher<br />
Anstrengung und mit Einsatz aller