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Alkoholprävention in der Arbeitswelt Foto: Keystone - Sucht Schweiz

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Das berauschende Kraut<br />

sorgte im Parlament für<br />

heisse Köpfe und bei <strong>der</strong> SFA<br />

für heisse Drähte…<br />

<strong>Foto</strong>: SFA<br />

8 9<br />

Eltern<strong>in</strong>fo Cannabis<br />

Grosses Bedürfnis nach Beratung<br />

Die Nachfrage nach Beratung im Bereich Cannabis<br />

ist gross: Beim Beratungstelefon «Eltern<strong>in</strong>fo<br />

Cannabis» riefen <strong>in</strong> den ersten sechs Wochen<br />

nach <strong>der</strong> E<strong>in</strong>führung rund 300 Ratsuchende an.<br />

(jm) «Es s<strong>in</strong>d meist Eltern, die anrufen», erzählt die<br />

Projektverantwortliche Sab<strong>in</strong>e Dobler. «Vor allem<br />

Mütter, die sich Sorgen machen, weil ihr K<strong>in</strong>d Haschisch<br />

o<strong>der</strong> Marihuana raucht o<strong>der</strong> weil sie den<br />

Konsum zum<strong>in</strong>dest vermuten.» Dass Jugendliche<br />

selbst anrufen, um Informationen über Wirkungen<br />

und Risiken zu Cannabis zu erhalten, sei dagegen<br />

eher selten.<br />

Die Situationen, die dem sechsköpfigen Beratungsteam<br />

geschil<strong>der</strong>t werden, s<strong>in</strong>d sehr unterschiedlich:<br />

Manche <strong>der</strong> beschriebenen Jugendlichen konsumieren<br />

das berauschende Kraut ab und zu <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit,<br />

an<strong>der</strong>e regelmässig bis sehr oft. Die Mehrheit <strong>der</strong><br />

beschriebenen Cannabiskonsumierenden ist männlich.<br />

In den meisten Fällen liegt <strong>der</strong>en Alter zwischen<br />

15 und 20 Jahren.<br />

Im Beratungsgespräch wird versucht, die Situation<br />

geme<strong>in</strong>sam mit den Eltern e<strong>in</strong>zuschätzen. Dabei<br />

geht es oft nicht nur um den Cannabiskonsum, son<strong>der</strong>n<br />

um die Lebenssituation an sich. Gegebenenfalls<br />

vermittelt das Beratungsteam Adressen von regionalen<br />

<strong>Sucht</strong>- o<strong>der</strong> Jugendberatungsstellen. Manche<br />

Eltern erkundigen sich auch nach möglichen<br />

Vorkehrungen, die verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n können, dass es überhaupt<br />

zu e<strong>in</strong>em Cannabiskonsum kommt.<br />

Da die Beratungsgespräche im Mittel etwa e<strong>in</strong>e halbe<br />

Stunde dauern und nur e<strong>in</strong>e Telefonl<strong>in</strong>ie pro Sprache<br />

zur Verfügung steht, kommt es unweigerlich zu<br />

Wartezeiten. «Wir erwarten aber, dass die Anzahl<br />

<strong>der</strong> Anrufe nach dem ersten Ansturm allmählich<br />

etwas abnehmen wird», erklärt Sab<strong>in</strong>e Dobler. Das<br />

kostenlose Beratungsangebot «Eltern<strong>in</strong>fo Cannabis»<br />

kann auch weiterh<strong>in</strong> zu Bürozeiten <strong>in</strong> Anspruch genommen<br />

werden: Montag bis Freitag, 9 bis<br />

12 Uhr und 13.30 bis 16.30 Uhr.<br />

Tel. Deutsch: 0800 104 104 – Tel. Französisch: 0800 105 105<br />

KOMMENTAR<br />

Verpasste Chancen<br />

Revision des Betäubungsmittelgesetzes<br />

Lobbyieren lohnt sich. Wie kaum zuvor s<strong>in</strong>d unsere<br />

Nationalräte mit Pamphleten e<strong>in</strong>gedeckt worden, die<br />

gleichsam den Untergang des Abendlandes ankündigten,<br />

sollten Konsum und Besitz von Cannabis von<br />

Strafe befreit werden. Der Androhung folgend hat<br />

<strong>der</strong> Nationalrat e<strong>in</strong> klares Verdikt gefällt: Er weist die<br />

Gesetzesvorlage sec an den Stän<strong>der</strong>at zurück. Repression<br />

ist angesagt, obgleich <strong>der</strong> dissuasive Effekt<br />

<strong>der</strong> Strafandrohung erwiesenermassen gleich Null<br />

ist, bei <strong>der</strong> Durchsetzung des Verbots Willkür herrscht<br />

und sich eigentlich nur die Dummen beim Kiffen<br />

erwischen lassen.<br />

Welch verpasste Chance, um endlich Realitäten<br />

Rechnung zu tragen, um klare Signale für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> sich<br />

stimmige Prävention zu setzen und um Ordnung <strong>in</strong><br />

den chaotischen Markt zu br<strong>in</strong>gen! We<strong>in</strong> sei gastronomisch,<br />

doch Cannabiskonsum trübe lediglich das<br />

Bewusstse<strong>in</strong>, me<strong>in</strong>te gar e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Ratsherren, <strong>der</strong><br />

ansonsten stets mit <strong>der</strong> liberalen Flagge wedelt.<br />

Fragt sich nur, wer da leicht benebelt ist. Die Weigerung,<br />

auf e<strong>in</strong>e Gesetzesvorlage, die viel mehr bezweckt<br />

als die blosse Strafbefreiung des Cannabiskonsums,<br />

e<strong>in</strong>zutreten und den Gesetzesentwurf <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Gesamtheit zu debattieren, ist e<strong>in</strong> Rückfall <strong>in</strong><br />

den «Krieg gegen die Drogen», e<strong>in</strong> Krieg, dessen<br />

Hauptgew<strong>in</strong>nler nicht potenzielle Konsumenten,<br />

son<strong>der</strong>n vielmehr <strong>der</strong> Schwarzmarkt ist, <strong>der</strong> aufs<br />

Neue erblüht. Dabei ist e<strong>in</strong>es gewiss: Illegalität,<br />

Schwarzmarkt und Jugendschutz lassen sich nicht<br />

vere<strong>in</strong>baren.<br />

Gewiss, die Ängste <strong>der</strong> Eltern um ihre Sprössl<strong>in</strong>ge<br />

und die Sorge <strong>der</strong> Lehrerschaft um bekiffte Schüler<br />

und Schüler<strong>in</strong>nen s<strong>in</strong>d nur allzu gut verständlich.<br />

Doch zuweilen sche<strong>in</strong>t es, als ob pädagogisch Tätige<br />

sich vor <strong>der</strong> Erkenntnis verschliessen, dass nicht die<br />

Bestimmungen des Strafgesetzbuches, son<strong>der</strong>n<br />

vielmehr ver<strong>in</strong>nerlichte Werte, soziale Kontrolle und<br />

kontrollierbare sowie durchsetzbare Regeln im <strong>in</strong>stitutionellen<br />

Rahmen es s<strong>in</strong>d, die K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche<br />

Normen e<strong>in</strong>halten lassen.<br />

Die Situation habe sich drastisch geän<strong>der</strong>t, so habe<br />

sich <strong>der</strong> THC-Gehalt <strong>der</strong> Cannabispflanzen erhöht<br />

und neue Studien zeigten die Gefährlichkeit des<br />

Cannabiskonsums auf, <strong>der</strong> Entscheid des Stän<strong>der</strong>ates<br />

müsse darum rückgängig gemacht werden. So<br />

die Argumentation <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>erstarkten Gegner<br />

e<strong>in</strong>er Strafbefreiung des Konsums. Nur, höhere THC-<br />

Gehalte können sich unter Umständen auch schadensm<strong>in</strong><strong>der</strong>nd<br />

auswirken, weil um e<strong>in</strong>e Wirkung zu<br />

erzielen, weniger gekifft werden muss. Nachdenklich<br />

stimmt auch, wie leicht sich die<br />

Medien e<strong>in</strong>spannen lassen, wenn es darum geht,<br />

isolierte wissenschaftliche Befunde dramatisch <strong>in</strong><br />

Szene zu setzen.<br />

Doch wer weiss, vielleicht kommt bei <strong>der</strong> neuerlichen<br />

Beratung <strong>der</strong> Gesetzesvorlage im neuen Parlament<br />

den Weisen Rat o<strong>der</strong> vielmehr Mut.<br />

Richard Müller, Leiter <strong>der</strong> SFA

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