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MinD-Mag 139

Die Dezember-Ausgabe der offiziellen Zeitschrift von Mensa in Deutschland e.V.

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UNPROMINENTE PROMINENTE<br />

LARS-HENDRIK SCHILLING<br />

Die unfreiwillige Mutter<br />

unsterblicher Zellen<br />

Henrietta Lacks: Keine Entschädigung,<br />

dafür posthume Ehrungen.<br />

Name: Henrietta Lacks,<br />

ursprünglich: Loretta Pleasant<br />

Lebensdaten: 1. August 1920 in<br />

Roanoke, Virginia bis 4. Oktober<br />

1951 in Baltimore, Maryland<br />

In aller Kürze: Im Jahre 1951<br />

wurde Henrietta Lacks einer Biopsie<br />

unterzogen, in der Hoffnung,<br />

ihren Gebärmutterhalskrebs<br />

zu behandeln. Zellen aus<br />

dieser Probe wurden verwendet,<br />

um den ersten unsterblichen<br />

Zellstamm (nach ihr „He-<br />

La-Zellen“ genannt) für die medizinische<br />

Forschung zu gewinnen.<br />

Das war nicht nur für die<br />

Forschung eine wichtige Entwicklung,<br />

sie wirft auch zentrale<br />

Fragen der Medizinethik auf,<br />

denn die Afroamerikanerin war<br />

weder gefragt noch entschädigt<br />

worden für die Verwendung ihrer<br />

Zellen.<br />

Im Detail: Henrietta Lacks wurde<br />

geboren als Loretta Pleasant.<br />

Sie wuchs bei ihrem Großvater<br />

auf, weil ihre Mutter verstarb,<br />

als sie vier Jahre alt war, und der<br />

Vater die zehn Kinder nicht allein<br />

erziehen konnte. Bei ihrem<br />

Opa arbeitete sie als Tabakbäuerin.<br />

Wann Loretta Pleasant ihren<br />

Vornamen änderte, ist unbekannt.<br />

Ihren neuen Nachnamen<br />

bekam sie durch die Ehe mit David<br />

Lacks.<br />

Mit diesem zeugte sie bereits<br />

früh ein Kind: Ihren Sohn Lawrence<br />

brachte sie 1935, mit 14,<br />

zur Welt. Eine Tochter folgte<br />

1939. 1941 heirateten David und<br />

Henrietta schließlich. Durch<br />

Davids Kriegsdienst wurden die<br />

beiden für eine Weile getrennt.<br />

Nach seiner Rückkehr brachten<br />

Henrietta und er noch drei eheliche<br />

Kinder zur Welt.<br />

Erst nach dieser Familiengründung<br />

ging Henrietta Lacks<br />

in die Annalen der Medizingeschichte<br />

ein. Im Jahre 1951 wurde<br />

bei ihr ein Tumor im Gebärmutterhals<br />

diagnostiziert. Aus<br />

diesem Tumor wurde in einer<br />

Biopsie Lacks Zellmaterial entnommen,<br />

in der Hoffnung, sie<br />

heilen zu können. Für die junge<br />

Frau kam die Hilfe leider zu spät.<br />

Sie verstarb am 4. Oktober desselben<br />

Jahres.<br />

Tödlich für Menschen,<br />

gut für die Forschung<br />

Doch ein Teil von ihr lebte auf<br />

makabre Weise weiter: Aus der<br />

Zellprobe wurde der wichtigste<br />

unsterbliche Zellstamm der Medizingeschichte<br />

gewonnen: der<br />

HeLa-Stamm. Normale Zellen<br />

können sich nur eine begrenzte<br />

Anzahl von Malen teilen, bevor<br />

sie diese Fähigkeit verlieren.<br />

(Das ist einer der Gründe dafür,<br />

dass Menschen altern.)<br />

Doch durch einen Defekt kann<br />

eine Zellart entstehen, die sich<br />

unbegrenzt teilen kann. Das ist<br />

mitnichten der Stein der Weisen,<br />

sondern der Weg in den<br />

Krebstumor. (Genau deswegen<br />

können sich normale Zellen<br />

übrigens nicht unbegrenzt teilen.<br />

Diese Begrenzung reduziert<br />

drastisch das Krebsrisiko.)<br />

Für die Forschung ist so ein<br />

unsterblicher Zellstamm aller-<br />

34 | mind magazin <strong>139</strong>/dezember 2020

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