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MinD-Mag 139

Die Dezember-Ausgabe der offiziellen Zeitschrift von Mensa in Deutschland e.V.

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DIE M VON NEBENAN<br />

SILVIA MITTERMÜLLER<br />

Jenseits der Schanze<br />

liegt auch ein Weg<br />

Eine Profi-Snowboarderin auf der Suche<br />

nach neuen Glückshormonen.<br />

Wenn Silvia Mittermüller von ihrer großen Leidenschaft, dem<br />

Freestyle-Snowboarden erzählt, sprüht es regelrecht Funken.<br />

Man spürt das Herzblut und ihre ungebremste Lebensenergie.<br />

Doch Silvia kennt auch die andere Seite des Winter-<br />

Märchens: 2018 durchlebte sie eine schwere Depression<br />

und musste sich mühsam zurück ins Leben kämpfen. Im<br />

Interview erzählt sie ganz offen von den Höhen und Tiefen<br />

ihres Lebens als Ausnahme-Sportlerin und von ihrer Suche<br />

nach einer neuen Leidenschaft.<br />

Liebe Silvia, du fährst seit<br />

über 20 Jahren professionell<br />

Freestyle-Snowboard, warst<br />

eine der erfolgreichsten<br />

Fahrerinnen der Welt. Erzähl<br />

doch mal, wie es dazu kam, dass<br />

du eine solche Leidenschaft für<br />

diesen Sport entwickelt hast.<br />

Für mich hat das Snowboardfahren<br />

ganz viel mit Freiheit zu tun.<br />

Ich war vierzehn Jahre alt, als ich<br />

das erste Mal gefahren bin, mitten<br />

in der Pubertät. Davor hatte<br />

ich viele Jahre Ballett getanzt,<br />

wurde eine Zeit lang von der<br />

Heinz-Bosl-Stiftung in München<br />

gefördert. Daneben habe ich<br />

noch Klavier, Flöte, Altflöte, und<br />

Klarinette gespielt, mochte Pferde<br />

und war immer ziemlich gut<br />

in der Schule.<br />

Es blieb also nicht aus, dass<br />

ich in die Schublade des wohlbehüteten<br />

Ballett-Mädchens gesteckt<br />

wurde, aber das hat mich<br />

zunehmend erdrückt. Alles in<br />

meinem Leben war auf Perfektion<br />

getrimmt: das Tanzen, das<br />

Klavierspielen, die Schule. Beim<br />

Snowboardfahren hat mir endlich<br />

mal keiner gesagt, wie ich<br />

etwas zu tun habe. Das war wie<br />

ein Befreiungsschlag und hat bei<br />

mir Energien freigesetzt, es haben<br />

sich ganz neue Perspektiven<br />

eröffnet. Und natürlich waren<br />

da auch ein Haufen wilder Jungs<br />

dabei, das fand ich toll (lacht).<br />

Mein erster Gips war schon beinahe<br />

ein Statement an die Welt:<br />

„Achtung, jetzt weht hier ein anderer<br />

Wind!“<br />

Wusstest du damals schon,<br />

dass du hochbegabt bist?<br />

Meine Eltern haben darüber<br />

nachgedacht, mich testen zu lassen.<br />

Sie haben aber davon abgesehen,<br />

weil sie wollten, dass ich<br />

ein ganz „normales Leben“ führen<br />

kann. Heute finde ich das<br />

schade. Hätte ich von meiner<br />

Hochbegabung gewusst, hätte<br />

ich nicht krampfhaft versuchen<br />

müssen, mich anzupassen.<br />

Das ging so weit, dass ich Schulverweise<br />

gesammelt habe, um<br />

zu kompensieren, dass ich eine<br />

gute Schülerin war.<br />

War es nach der Schule<br />

ein logischer Schritt, das<br />

Snowboarden auch<br />

professionell zu betreiben?<br />

Nein, eher eine Übergangslösung.<br />

Als ich 2002 mein Abitur<br />

in der Tasche hatte, standen<br />

mir alle Wege offen. Jeder ging<br />

davon aus, dass ich jetzt Medizin<br />

oder Psychologie studieren<br />

würde. Aber ich wusste einfach<br />

nicht, was ich machen will. Ich<br />

bin dann ein Jahr Snowboard gefahren,<br />

wollte in dieser Zeit herausfinden,<br />

was ich mit meinem<br />

Leben anfangen möchte.<br />

8 | mind magazin <strong>139</strong>/dezember 2020

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