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MONEYINSIDE<br />
Ärgernisse, wohin man blickt<br />
Alles starrt auf Corona. Und dort, wo niemand hinschaut, kann<br />
man fröhlich vor sich hin murksen und Fakten schaffen. Eine Woche<br />
voller Ärgernisse.<br />
***<br />
Zum Beispiel heißt es, dass der „Europäische Stabilitätsmechanismus“<br />
(ESM) gestärkt worden sei. Zur Erinnerung: Der 2012 gegründete<br />
Fonds springt Euro-Staaten mit Notkrediten bei, sollten die keine<br />
Abnehmer für ihre Schulden, also ihre Staatsanleihen, finden.<br />
Schuldenschnitte sollen künftig einfacher werden – das ist sicher<br />
nichts, was dem Stabilitätsanker Deutschland hilft. Ebenso wenig,<br />
dass der ESM künftig einspringen wird, wenn dem Bankenabwicklungsfonds<br />
das Geld ausgeht, und das schon ab 2022. Deutsche Haftung<br />
beim ESM in der Spitze: 190 Milliarden Euro.<br />
***<br />
Das war mal ein Absatz ohne Corona. Gelingt nicht oft. Voilà: Die<br />
teure Krise muss in diesem Land zwanghaft den Ruf nach einem „Gesundheits-Soli“<br />
auslösen, kaum dass es dem Ur-Soli nach bald 30<br />
Jahren endlich teils an den Kragen geht. Steuererhöhung in der beginnenden<br />
Erholung nach der Krise, die natürlich von immer längeren<br />
Lockdowns (jetzt schon bis 10. Januar) gebremst und hinausgezögert<br />
wird? Wie ist Deutschland nach der Finanzkrise von einer<br />
Verschuldung in Höhe von 80 Prozent seiner Wirtschaftsleistung wieder<br />
auf unter 60 Prozent gekommen? Durch zehn Jahre Wachstum.<br />
***<br />
Und schon wieder Corona: Ständig lese ich, Ungarn und Polen blockierten<br />
die Corona-Hilfen, auf die sich die EU geeinigt hat. Drei<br />
Viertel der geplanten Corona-Hilfe haben mit der Pandemie nichts<br />
zu tun, wie wir schon einmal berichtet haben: Schließlich sind bei<br />
der Verteilung nur Indikatoren aus der Zeit VOR der Krise von Bedeutung.<br />
Stark begünstigt werden Mitgliedsstaaten, die vor der Krise<br />
relativ arm waren (geringes Pro-Kopf-Einkommen im Verhältnis<br />
zum EU-Durchschnitt) und eine im Vergleich zum EU-Durchschnitt<br />
hohe strukturelle Arbeitslosigkeit aufgewiesen haben. Daten aus der<br />
Zeit von 2015 bis 2019 spielen hier eine Rolle – nicht <strong>2020</strong>.<br />
***<br />
Es herrscht große Verwirrung nicht nur bei Inzidenzzahlen und R-<br />
Werten, sondern auch bei den simpelsten Finanzkennziffern. Das<br />
lässt für die Zeit nach der Krise nichts Gutes ahnen.<br />
Frank Mertgen,<br />
stellv. Chefredakteur<br />
Foto: S. Ugurlu/FOCUS-MONEY<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong><br />
3
MONEYINHALT<br />
Nr. <strong>51</strong> / 9. Dezember <strong>2020</strong> www.money.de<br />
6 Dax über 14 000 bis Silvester<br />
Ab jetzt gelten neue Regeln an der Börse:<br />
Mit dem angekündigten Corona-<br />
Impfstoff, dem neuen US-Präsidenten,<br />
der Konjunkturwende und der anhaltenden<br />
Geldschwemme stehen die<br />
Chancen für den Dax und andere<br />
Aktien weltweit hervorragend<br />
Titelthemen sind mit<br />
roten Seitenzahlen<br />
gekennzeichnet<br />
MONEYTITELTHEMA<br />
6 Dax über 14 000 bis Silvester: Corona abgehakt,<br />
US-Wahlen abgehakt, Konjunktur aufwärts und die<br />
Geldschwemme geht weiter – die besten Aktien<br />
8 Interview: Manfred Schlumberger über das Ende<br />
der Corona-Krise und den nächsten Börsen-Boom<br />
11 SHW: Der Autozulieferer kommt glimpflich durch die<br />
Krise und bietet jetzt Potenzial<br />
12 Der neue Dax: Der Dax wird auf 40 Werte<br />
aufgestockt! Das sind die heißesten Kandidaten<br />
16 DEAG: Der Konzertveranstalter erlebte dank Corona<br />
ein Horrorjahr – und gehört deshalb zu den<br />
spannendsten Aktien für 2021<br />
18 Banken: Etliche Finanzhäuser gelten seit Jahren als<br />
die Sorgenkinder der Börse. Folgt die Wende?<br />
21 Alzchem: Wie ein kleiner Spezialchemie-Konzern<br />
mit Erfolg durch die Corona-Krise navigiert<br />
24 Impfstoff: Der Impfstoff ist da! Aber wie wird er in<br />
die Welt transportiert? Diese Logistiker profitieren<br />
28 Deutsche Beteiligungs-AG: Der Vorstand nutzt die<br />
Krise, investiert kräftig – und legt damit die Saat für<br />
eine deutliche Kurserholung<br />
30 Rohstoffe: Ein Ende des Rohstoffbooms ist nicht<br />
abzusehen. So verdienen Sie mit<br />
34 Adler Mode: Der Modehändler stellt sein gesamtes<br />
Geschäft um. Eine einmalige Chance für mutige<br />
Anleger? Die Antwort<br />
36 Airbnb: Endlich ist es so weit! Der Wohnungsvermittler<br />
geht an die Börse. Was Sie jetzt wissen müssen<br />
40 Datadog: Ein Cloud-Newcomer macht sich in den<br />
Staaten einen Namen. Die Analyse<br />
44 Europäische Konjunkturgewinner: Neue Anlageregeln<br />
dank der Impfstoffe – diese Aktien heben<br />
ab, wenn die Konjunktur nach oben dreht<br />
48 Technotrans: Kühlmittelspezialist mit Corona-<br />
Fantasie<br />
50 Reisebranche: Keine Branche hat mehr gelitten<br />
– keine Branche bietet deshalb größeres Aufholpotenzial.<br />
Die Favoriten<br />
54 Royal Dutch Shell: Die Ölmultis stehen am Umweltpranger.<br />
Warum sich der Einstieg trotzdem lohnen<br />
kann, wenn es zu einem Aufschwung kommt<br />
56 Luxus: LVMH, Kering, Hermès & Co. sind gut<br />
durch die Corona-Krise gekommen und starten<br />
jetzt so richtig durch<br />
60 Rexel: Die Aktie des Elektronikgroßhändlers aus<br />
Frankreich bietet 30-Prozent-Chance<br />
62 Honeywell: Der amerikanische Industrie- und<br />
Mischkonzern setzt auf Hightech – die Aktie bleibt<br />
auf Rekordkurs<br />
64 US-Gewinner: Diese Aktien starten jetzt mit der<br />
erwarteten Konjunkturerholung eine Aufholjagd<br />
– von Coca-Cola bis Liberty Media<br />
4 Titel: Foto: Depositphotos Composing: FOCUS-MONEY<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong>
12 Pimp my Dax!<br />
Der deutsche Leitindex wird künftig 40 Werte beinhalten.<br />
Wer sind die heißesten Kandidaten für<br />
den Aufstieg? FOCUS-MONEY gibt die Antwort<br />
MONEYMARKETS<br />
68 ETFs: Diese Branchen sind jetzt wieder gefragt<br />
– Industrie, Autos, Grundstoffe und Deutscher<br />
Mittelstand feiern ein Comeback<br />
72 Musterdepots: Hoffnung auf Kurserholung bei<br />
Goldminenaktien<br />
74 Chartanalyse: SDax auf Rekordjagd, TecDax<br />
muss Kanal sprengen<br />
DSW ANLEGERSCHUTZ<br />
76 Vorstandssaläre: Vorbildliches Vergütungssystem<br />
bei der Allianz ausgezeichnet<br />
76 Standpunkt: Aktionärsfragen sollten bis in die<br />
virtuelle Hauptversammlung hinein möglich sein<br />
MONEYSERVICE<br />
78 Rechtsschutzversicherungen: Welche Policen<br />
leistungsstarke Tarife zu attraktiven Preisen bieten<br />
MONEYRUBRIKEN<br />
3 MONEYInside<br />
82 Leserbriefe • Impressum<br />
98 Terminkalender: Zahlen von Carl Zeiss Meditec,<br />
Metro, Oracle und Stabilus<br />
MONEYKURSTEIL<br />
83 Fonds • 86 Aktien Deutschland<br />
92 Aktien international • 96 Zertifikate<br />
97 Neuemissionen<br />
64<br />
Diese Nachzügler starten durch<br />
Mit dem Human-Ingenuity-Trade – dem<br />
gesellschaftlichen Erkenntnisgewinn –<br />
zu den Profiteuren gehören. Diese Re-<br />
Opening-Aktien zählen in den Vereinigten<br />
Staaten jetzt zu den Favoriten an<br />
der Börse<br />
56<br />
Asien, Jugend und der E-Commerce<br />
Wie kann das sein? Pandemie! Wirtschaftskrise!<br />
Und Luxus-Aktien steigen auf neue Rekordhochs?<br />
Dank Asien und der Nachfrage im Internet,<br />
insbesondere von der Generation U40. Diese<br />
Trends beschleunigen die Aktienkurse noch weiter<br />
Ein gigantisches Comeback<br />
Zieht die Wirtschaft wieder an, profitiert vor allem die Rohstoffbranche. FOCUS-<br />
MONEY mit dem großen Überblick – wo die besten Chancen für Anleger liegen<br />
30<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong><br />
Inhalt: Fotos: Depositphotos (2), iStock (3), Louis Vuitton/Tagwalk, VectorStock (2), 123RF Composing: FOCUS-MONEY 5
M NEYMARKETS<br />
Manfred Schlumberger: Der Anlageprofi<br />
ist Chef der Fondsboutique<br />
Starcapital. Zuvor leitete er die Vermögensverwaltung<br />
von BHF Trust<br />
und das Wertpapiergeschäft der<br />
Frankfurter Volksbank. Seine Karriere<br />
startete er bei der Dresdner Bank<br />
INTERVIEW<br />
ICH ER<br />
Ausufernde Fiskalprogramme<br />
Rekordsumme: Die US-Staatsverschuldung liegt derzeit<br />
bei mehr als 27 Billionen Dollar. Das sind über 128 Prozent<br />
des Bruttoinlandsprodukts.<br />
US-Staatsverschuldung<br />
in Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />
2. Quartal <strong>2020</strong><br />
2000 02 04 06 08 10 12 14 16 18 <strong>2020</strong><br />
Quelle: Starcapital AG<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Ultralockere Geldpolitik<br />
Die ultralockere Geldpolitik der vergangenen Jahre blähte<br />
die Bilanzsumme der Notenbanken auf. Sie hält die Zinsen<br />
niedrig und lässt die Vermögenspreise weiter steigen.<br />
Aktien global und Notenbankbilanz<br />
18<br />
14<br />
10<br />
6<br />
MSCI-Welt-Aktien-Index<br />
Bilanzsumme der größten<br />
Notenbanken in Billionen US-Dollar<br />
2010 11 12 13 14 15 16 17 18 19 <strong>2020</strong><br />
Quelle: Starcapital AG<br />
Pkte<br />
2200<br />
1800<br />
1400<br />
1000<br />
8 Foto: J. Werner-Hohensee<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong>
MONEY: Das 1,8 Billionen Euro starke Hilfspaket der EU<br />
wird ja ebenfalls blockiert – von Ungarn und Polen . . .<br />
Schlumberger: Das ist richtig, aber nicht weiter schlimm.<br />
Durch den Lockdown ist es ohnehin nicht möglich, das<br />
Geld auszugeben. Von einem Rechtsstaat und der Demokratie<br />
hält einer wie der ungarische Premierminister Viktor<br />
Orban nicht allzu viel. Die polnische Regierung auch<br />
nicht. Doch im Corona-Hilfstopf befinden sich auch 23<br />
Milliarden Euro für Polen und sechs Milliarden Euro für<br />
Ungarn. Auf die wollen die beiden sicher nicht verzichten.<br />
Deshalb werden sie nach ein paar virtuellen Nachtsitzungen<br />
und Zugeständnissen durch die Bundeskanzlerin<br />
am Ende sicherlich einlenken.<br />
MONEY: Ökonomen haben ausgerechnet, dass sich die<br />
Wirtschaft Ende 2021 wieder auf dem Stand von Ende<br />
2019 befinden könnte – ist das gut oder schlecht?<br />
Schlumberger: Letztlich ist es Kaffeesatzleserei, ob es<br />
schon Ende 2021 der Fall sein wird oder später. Entscheidend<br />
ist: Sobald die meisten Menschen geimpft sind,<br />
WARTE EINEN BOOM<br />
Manfred Schlumberger, Leiter des Portfolio-Managements bei Starcapital, über die Hoffnung auf<br />
ein baldiges Ende der Corona-Krise und einen Wirtschaftsboom ab der Mitte kommenden Jahres<br />
FOCUS-MONEY: Wir stecken in der tiefsten Rezession der<br />
Nachkriegszeit, die halbe Welt steht still und die Börsen<br />
haussieren. Wie passt das zusammen?<br />
Manfred Schlumberger: Für die Börsen sind zwei Faktoren<br />
entscheidend: die Gewinnentwicklungen der Unternehmen.<br />
Das ist die konjunkturelle Seite. Da sieht es verheerend aus.<br />
Doch bei der monetären und fiskalpolitischen Seite sieht es<br />
gut aus, also bei der ultralockeren Geldpolitik, die die Zinskurve<br />
nach unten manipuliert, und einem Fiskalprogramm,<br />
das wir in diesem Ausmaß noch nicht gesehen haben. Einige<br />
Amerikaner sind arbeitslos, haben jetzt aber mehr Geld, als<br />
sie zuvor verdient haben. Die Sparquote in den USA hat sich<br />
verdoppelt. Das Geld wartet darauf, ausgegeben zu werden.<br />
MONEY: Oberflächlich gesehen, könnte man sagen: Klingt<br />
gut, der aufgeschobene Konsum kurbelt die Wirtschaft an . . .<br />
Schlumberger: So muss man es sehen. Die Märkte blicken<br />
voraus. Die Umsatzeinbrüche durch die Corona-Pandemie<br />
hat die Börse mit dem Einbruch von März verarbeitet.<br />
Noch fährt die Wirtschaft zwar unterausgelastet in Europa<br />
um zehn bis 15 Prozent, in den USA zwischen acht<br />
und zehn Prozent und in China noch um die fünf Prozent.<br />
Doch das ist abgehakt. Die Impfstoffe sind nun der Katalysator.<br />
Nach Biontech und Moderna warten wir jetzt auf<br />
AstraZeneca und Johnson & Johnson. Gelingt es, haben<br />
wir gute Chancen, dass ein Drittel bis zur Hälfte der impfwilligen<br />
Bevölkerung in Europa zum Sommer geimpft ist.<br />
Dann wird das Geld ausgegeben, nicht für den Garten,<br />
sondern fürs Reisen. Wir werden einen gewaltigen Wirtschaftsboom<br />
bekommen. Der wird zwar nicht ewig dauern,<br />
aber durchaus über sechs bis neun Monate.<br />
MONEY: Ist die Vorfreude so groß, dass Anleger schon mit<br />
einer Jahresendrally rechnen können?<br />
Schlumberger: Da bin ich mir nicht so sicher. Der Markt<br />
ist weitestgehend gelaufen. Die Institutionellen haben<br />
sich zurückgezogen. Die sind mit ihrer Jahresbilanz beschäftigt.<br />
Und wir haben in den letzten vier Wochen gut<br />
1800 Punkte im Dax zugelegt. Doch bei den niedrigen<br />
Umsätzen können die großen Investmentanbieter die Kurse<br />
durchaus dahin bringen, wo sie sie haben wollen.<br />
MONEY: Wie sind die Anleger positioniert?<br />
Schlumberger: Die Put-Call-Ratio befindet sich auf einem<br />
Tiefststand. Doch wir haben noch zwei Katalysatoren, die<br />
den Markt nach oben treiben könnten, die EZB und die<br />
Fed. Die europäische Zentralbank wird am 10. Dezember<br />
liefern, indem sie noch mehr Anleihenaufkäufe zusagt.<br />
Auch die US-Notenbank wird nachlegen, nachdem das<br />
US-Konjunkturpaket von Donald Trump vor der US-Präsidentschaftswahl<br />
aufgeschoben wurde.<br />
nimmt die Wirtschaft wieder Fahrt auf. Spätestens im dritten<br />
Quartal werden wir Normalität haben. Man darf nicht<br />
vergessen, dass die Industrie momentan nicht mehr so leidet,<br />
weil unser Exportpartner China wieder durchstartet.<br />
MONEY: Gut für den deutschen Aktienmarkt?<br />
Schlumberger: Absolut. Die deutschen Industrieaktien heben<br />
ja bereits ab. Der Dax hat sich gegenüber dem S&P-<br />
500 in den vergangenen Wochen besser geschlagen. Das<br />
gilt auch für Japan und die Emerging Markets. Die Zahlen<br />
der deutschen Automobilwerte fielen besser aus als<br />
erwartet. Auch Chemie läuft gut. Nachkaufen lohnt sich,<br />
denn sie sind immer noch günstiger als vor der Pandemie.<br />
MONEY: Seit Jahren hinken Value-Werte den Wachstumswerten<br />
hinterher. Kommt es jetzt zu einem Comeback?<br />
Schlumberger: Sagen wir es einmal so: Die konjunktursensitiven<br />
zyklischen Werte holen auf. Ich glaube nicht,<br />
dass wir nach zwölf Jahren Outperformance durch Wachstumsaktien<br />
vor einer Value-Dekade stehen. Die bereits<br />
vor der Krise hoch bewerteten Technologie- und Gesundheitsunternehmen<br />
hatten das Glück, dass sie die Pandemiegewinner<br />
waren. Die sind noch teurer geworden. Doch<br />
momentan spricht in der Tat einiges dafür, dass diese in<br />
einem sich bessernden wirtschaftlichen Umfeld schlechter<br />
abschneiden als zyklisch konjunktursensitive Werte.<br />
MONEY: Ein Grund, sich von FAANG-Aktien zu trennen?<br />
Schlumberger: Gewinne bei den FAANGs, den „fantastischen<br />
Fünf“, mitzunehmen, wäre jetzt keine schlechte<br />
Idee. Doch im Gegensatz zur Technologieblase im Jahr<br />
2000 verdienen diese heute ja richtig viel Geld.<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong><br />
9
MONEYMARKETS<br />
Europäische Aktien<br />
Die Impfstoff-Gewinner<br />
Das absehbare Ende der Corona-Einschränkungen verbessert die Aussichten für<br />
Europas Value-Aktien, die ganz reale Dinge herstellen – und für Mobilitätsdienstleister<br />
Containerschiff: Die erwartete<br />
synchrone Erholung<br />
in allen Wirtschaftsräumen<br />
beflügelt den<br />
Welthandel<br />
44 Foto: 123RF<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong>
BNT162b2, mRNA-1273 und AZD1222 – so heißen die<br />
Gamechanger aus der Biopharma-Branche. Die entsprechenden<br />
Unternehmen Biontech, Moderna und mit<br />
etwas Abstand AstraZeneca scheinen bei der Entwicklung<br />
eines Impfstoffs gegen das Coronavirus das Rennen<br />
zu machen. Wie zuversichtlich die Unternehmen für ihre<br />
Vakzine sind, zeigt die Tatsache, dass sie die Produktion<br />
bereits angeschmissen haben und teils die ersten Anträge<br />
auf Zulassung eingereicht haben – in den USA und in<br />
Europa.<br />
Anfassbar und attraktiv. Gleichzeitig beginnen die Staaten,<br />
die notwendige Logistik aufzubauen. Dabei geht es<br />
vor allem um tiefgekühlte Lieferketten und Impfzentren.<br />
Wie immer reagieren die Börsianer prompt. Sie kauften<br />
zuletzt vor allem Aktien aus der Realwirtschaft, die nicht<br />
nur Daten produzieren und analysieren, sondern ganz reale<br />
Güter herstellen. Sie dürften, wenn Corona im Griff<br />
ist, von einer Erholung der verschiedenen Volkswirtschaften<br />
im kommenden Jahr am stärksten profitieren. Verschiedene<br />
Prognosen sagen für das Konjunkturwachstum<br />
in Deutschland und den USA für 2021 eine Vier vor dem<br />
Komma voraus.<br />
Die sogenannten Stay-at-home-Aktien könnten dagegen<br />
eher unter Druck geraten. Wenn die Menschen sich<br />
wieder uneingeschränkt bewegen können, dürfte die<br />
Nachfrage nach Essenslieferungen oder die Zahl der Videokonferenzen<br />
tendenziell abnehmen oder zumindest<br />
nicht mehr sprunghaft steigen. Damit ist die Wachstumsfantasie<br />
erst einmal etwas gebremst. Die entsprechenden<br />
Aktien sind in den zurückliegenden Monaten angesichts<br />
von Corona stark gestiegen, was sie korrekturanfällig<br />
macht. So hat sich der Kurs von Delivery Hero auf Sicht<br />
der vergangenen zwölf Monate mehr als verdoppelt.<br />
Zoom ist in diesem Zeitraum sogar um rund 400 Prozent<br />
explodiert.<br />
Favoritenwechsel absehbar. Doch je mehr Corona seinen<br />
Schrecken verliert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die Anleger von stark wachsenden Tech-Werten zu<br />
substanzstarken Value-Titeln wechseln. Diese Entwicklung<br />
hat sich bereits im November abgezeichnet, als insbesondere<br />
Biontech und Moderna überraschend gute<br />
Testergebnisse veröffentlichten. Der S&P-500-Value-Index<br />
stieg in diesem Monat um elf Prozent. Sein Growth-<br />
Pendant gab dagegen um fast acht Prozent nach.<br />
Die Fondsgesellschaft DWS meint zwar, dass Tech-Werte<br />
langfristig gefragt bleiben. Gleichzeitig rechnen die<br />
Fondsmanager aber auch mit einem Aufholen der konjunktursensiblen<br />
Aktien. Das sehen die Analysten der<br />
Deutschen Bank ähnlich. Sie haben ihr Aktienuniversum<br />
nach Titeln durchsucht, die jetzt „ordentliche Kaufgelegenheiten“<br />
bieten. FOCUS-MONEY nennt fünf Post-Corona-Favoriten.<br />
LUDWIG BÖHM<br />
Weniger Nachfrage, aber höhere Preise<br />
In der Gewinn- und Verlustrechnung von A.P. Moeller Maersk hinterließ<br />
Corona zuletzt kaum noch Spuren. Zwar nahm der Umsatz der weltweit<br />
größten Containerschiff-Reederei im dritten Quartal um 1,4 Prozent ab.<br />
Dafür konnte Maersk aber höhere Preise durchsetzen. Die operative Gewinnmarge,<br />
also das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen<br />
(Ebitda) im Verhältnis zum Umsatz, verbesserte Maersk von 16,5 auf 23,2<br />
Prozent. Unter dem Strich stieg der Nettogewinn von 520 Millionen auf<br />
947 Millionen Dollar.<br />
Noch wichtiger war womöglich die Entwicklung der Barmittelzuflüsse.<br />
So erhöhte sich der freie Cashflow von Anfang Juli bis Ende September<br />
von 946 Millionen auf 1486 Millionen Dollar. Das gelang vor allem durch<br />
Zurückhaltung bei den Investitionen, die unter den Abschreibungen lagen.<br />
Analysten rechnen weiter mit einer hohen Kostendisziplin des Managements.<br />
Vor diesem Hintergrund kann sich Maersk auch ein neues Aktienrückkaufprogramm<br />
leisten. Ab Dezember will das Unternehmen 15<br />
Monate lang für 1,6 Milliarden Dollar eigene Anteilscheine erwerben. Das<br />
entspricht immerhin knapp vier Prozent des Börsenwerts.<br />
Die Unternehmensanalysten erwarten, dass das Schlussquartal entgegen<br />
der üblichen Saisonalität in diesem Jahr noch besser als das dritte<br />
Quartal ausfallen wird. Darauf weisen die Containerdaten der weltweiten<br />
Häfen hin, die die Experten der Deutschen Bank fast in Echtzeit auswerten<br />
können. Danach ist das Frachtvolumen im Oktober um ein Prozent<br />
gestiegen. Auch das Management zeigte sich zuletzt zuversichtlich<br />
und hob Mitte November die Jahresprognose für den operativen Gewinn<br />
(Ebitda) vor Kosten für Restrukturierungen und Integrationen um 500<br />
Millionen auf jetzt 8,0 Milliarden bis 8,5 Milliarden Dollar an.<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong><br />
Kein Ende der Fahnenstange<br />
Die Aktie zeigt seit März ein starkes Aufwärtsmomentum.<br />
Eine gute operative Entwicklung und das<br />
Aktienrückkaufprogramm liefern weitere Unterstützung<br />
für die Notierung. Die immer noch moderate<br />
Bewertung spricht zudem für weiteres Kurspotenzial.<br />
A.P. Moeller Maersk<br />
2015 16 17 18 19 <strong>2020</strong><br />
e = erwartet<br />
Euro<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
WKN/ISIN:<br />
861837/DK0010244508<br />
Börsenwert:<br />
33,6 Milliarden Euro<br />
Kurs-Gewinn-Verhältnis <strong>2020</strong>/21: 13,7/14,2<br />
Dividendenrendite <strong>2020</strong>/21e:<br />
2,0/2,3 Prozent<br />
Kursziel/Stoppkurs:<br />
2015,00/1480,00 Euro<br />
45<br />
Quellen: Onvista, eigene Schätzungen
M NEYSERVICE<br />
Rechtsschutzpolicen<br />
RECHT<br />
HABEN &<br />
RECHT<br />
BEKOMMEN<br />
Streitfall: In vielen Fällen<br />
müssen die Gerichte entscheiden.<br />
Das kann für<br />
Betroffene teuer werden<br />
Bereiche der Rechtsschutzversicherung<br />
Bei Ärger mit Handwerkern, Nachbarn<br />
oder im Beruf, bei Streit mit<br />
dem Sozial- oder Finanzamt, bei<br />
Zoff mit dem Verkäufer über Mängel<br />
am Auto – eine Rechtsschutzversicherung<br />
bezahlt die Anwaltsund<br />
Gerichtskosten. Wer zusätzlich<br />
Rechtsschutz für Mieter und Eigentümer<br />
sucht, muss ihn meist extra<br />
buchen. Rechtsschutz wird nach<br />
variablen Bausteinen angeboten.<br />
Kündigung des<br />
Arbeitsplatzes<br />
ausstehende<br />
Gehaltszahlung<br />
Streit über Schuldfrage<br />
nach einem Unfall<br />
vorgeworfene<br />
Ordnungswidrigkeit<br />
Kündigung der<br />
Wohnung<br />
Arbeitsrechtsschutz<br />
Verkehrsrechtsschutz<br />
Privatrechtsschutz<br />
Wohnrechtsschutz<br />
Bußgeldbescheid<br />
Schadenersatzanspruch<br />
Mieterhöhung<br />
offene Forderungen<br />
aus einem Kaufvertrag<br />
Nachbarschaftsstreit<br />
78 Fotos: iStock, Adobe Stock<br />
Composing: FOCUS-MONEY<br />
FOCUS-MONEY <strong>51</strong>/<strong>2020</strong>