Städteplanung / Architektur / Religion Buch VII - China retour <strong>ST</strong>/A/R 49 Hollands höchster Berg Bergmuseum Ein Projekt von Gerngross und Werkstatt Wien Spiegelfeld Architektur Management MARKUS PRACHENSKY SENATUS CONSULTUM Visualisierung: Caballero Arteworks / Wien Senatus Consultum 2005, 130 x 115 cm, Acryl / Leinwand 21. Jänner bis 18. März 2006 GALERIE ULYSSES 1010 Wien, Opernring 21
50 <strong>ST</strong>/A/R Buch VII - China retour Nr. 08/2005 MARKUS PRACHENSKY Ein malerisches Werk voll Konzentration und Vitalität Interview mit Markus Prachensky – 07. 12. 2005 Thomas Redl.: Herr Prachensky, Sie waren ja zu Beginn, in den Aufbruchsjahren nach dem 2. Weltkrieg, bei dieser Gruppe um Monsignore Otto Mauer in der Galerie Nächst St. Stephan. Wie war damals die Stimmung, die Situation? Markus Prachensky: Also die Gruppe haben wir gegründet. Das war die Gruppe von Hollegha, Mikl, Rainer, Prachensky und sie hieß « Galerie St. Stephan » genauso wie damals noch die Galerie. Es wurde dann der Name verboten. Nachdem uns die Kirche anscheinend nicht so geliebt hat und wir uns nicht so gut benommen haben, wurde die Galerie in Nächst St. Stephan umgetauft. Wie die Situation war? Es war ein ganz furchtbar tiefes, schwarzes Loch nach dem 2. Weltkrieg. Es war alles abgeschnitten, wir hatten keine Idee, was im Ausland passierte. Überhaupt, es gab nichts. Wir sind praktisch vor Null gestanden, aber wir haben eine unerhörte Begeisterung gehabt, wir wollten da herauskommen wie der Baron Münchhausen, uns am eigenen Schopf aus dem Dreck ziehen. Und das ist, glaube ich, ganz gut gegangen. Ich war berstend vor Gier, etwas zu schaffen, etwas zu machen, und es hat sich gut gefügt, daß wir vier wohl überhaupt nie eine Richtungsgruppe waren, sondern nur eine Qualitätsgruppe. Wir haben uns so gefunden, indem wir gesagt haben: Hier sind vier Maler und wir sind die besten vier Maler. Du machst das, was du willst. Ich mache das, was ich will. Aber wir sind die besten vier Maler. Was anderes braucht man nicht. Man muß in der Jugend so sein. Wenn man nicht so denkt und wenn man nicht denkt, daß man etwas erreichen kann, braucht man gleich gar nicht anzufangen. Es geht nur mit der Gewißheit, daß man ganz hinauf kommt. Ich glaube das heute noch. Ich habe das auch oft mit meinen Studenten diskutiert. Die haben immer gesagt: Naja, komme ich halt zwei Tage nicht. Das geht nicht. Also, man muß das wollen, man muß das erreichen wollen. Und man muß malen, malen, malen. Das ist, war mein Weg hinauf. T.R.: Sie haben dann ziemlich bald den erweiterten Raum gesucht und auch die Kommunikation, sind auch von Wien weggegangen, waren in Paris, haben in deutschen Städten gelebt. M.P.: Richtig. Ich habe immer wieder Monate in Paris verbracht, dort gemalt, habe eine Menge Freunde gewonnen, die ich zum Teil bis heute habe, wie zum Beispiel Pierre Soulages. Ich habe aber auch Leute kennengelernt wie Giacometti oder Arp, das waren große Kaliber. So habe ich auch Ausstellungen in die Galerie St. Stephan gebracht ; also ich habe zum Beispiel mit dem Pierre Soulages gesprochen, daß er eine Ausstellung macht, oder mit dem Matthieu oder ähnlichen Leuten. Und dann in Deutschland ist mir ein Vertrag angeboten worden, 1959 oder 60, also sehr früh. Ich habe dort gelebt, gemalt und habe enorm viel verkauft. Da hat es große Sammler gegeben, und es war für mich so, wie wenn auf einmal eine Rakete losgegangen wäre. Daß dann aber auch wieder eine Depression kommen kann, das wußte man ja nicht im Vollgefühl der Begebenheiten. T.R.: Wenn man die Geschichte der 50er, 60er Jahre sieht, zählen Sie ja auch zu den Malern des Informellen, also gibt es auch eine Anlehnung an den Tachismus, an die gestische Malerei. Was waren die wichtigsten Einflüsse für Ihre Arbeit? M.P.: Naja, das ist sehr schwer zu sagen. Wenn Sie meine Arbeiten aus der Mitte der 50er Jahre anschauen, sind da eigentlich keine Einflüsse festzustellen Die Bilder sind sehr eigenständig. Wenn Sie wollen, gibt es sicher irgendwelche Einflüsse, weil jeder Mensch irgendwelchen Einflüsse ausgesetzt ist. T.R.: Aber es gibt Querverbindungen? M.P.: Querverbindungen? In irgendeiner Form sicher. Querverbindungen hat es mit Soulages gegeben, aber wenn Sie seine Bilder und meine Bilder aus dieser Zeit hernehmen, so sind sie zeitgleich entstanden ; es ist eine Parallelität. Und « informell » und « Tachismus », das sind Begriffe, mit denen man sehr sparsam umgehen sollte, weil für mich ist es einfach Malerei. T.R.: Ja, es ist sozusagen ein Versuch einer Zuordnung. M.P.: Ich begreife das vollkommen, daß Kunsthistoriker so etwas brauchen, daß es vielfach gewünscht ist. Ich für meine Person lehne es ab, weil ich finde, daß es fast nie stimmt. Zum Beispiel bei Jackson Pollock, hier paßt « informell » sicherlich auf eine Art, aber ich kenne keinen zweiten, der in diese Kategorie noch hineinpassen würde. T.R.: Sie haben damals auch experimentiert. Da gab es die « Peinture liquide », die Sie im Theater am Fleischmarkt gemacht haben. M.P.: Die habe ich ein Jahr darauf, 1960, auch in Deutschland im Stadttheater Aschaffenburg vorgeführt. Da lief Farbe, furchtbar viel Farbe, rote Farbe, über eine Leinwand herunter, es war eine weiße Leinwand. Es gab immer mehr Farbe und als alles voll Rot war, war die Aktion aus, und ich habe das Bild zerstören lassen im Unterschied zu einem anderen Herrn, der das nach mir gemacht hat und bis heute in Wien ähnliche Sachen macht. Die Leinwand wurde nicht verkauft. Die Leute haben gesagt: Um Gottes Willen, das kannst du noch verkaufen. Nein, das ist nichts, das ist nichts und ich weigere mich. T.R.: Das heißt, es ist Ihnen rein um den Prozeß gegangen, um die Performance. M.P.: Ja, und ich frage mich heute noch ab und zu bei dem anderen Herrn, wenn ich ausgeschnittene Stücke aus irgendeinem Prozeß sehe, was das ist. Ich finde, es ist ein Stück herausgeschnittenes Irgendwas. Man muß halt ehrlich sein, so ist es. T.R.: Es hat das Werk bei Hermann Nitsch vielleicht auch einen anderen Gedanken. M.P.: Das ist möglich. T.R.: Vielleicht ist der malerische Aspekt gar nicht so im Zentrum, wobei das Ergebnis, das verkauft wird, ja Malerei ist. M.P.: Es ist eben keine Malerei. Ich meine nur, wenn er Farben schüttet und er macht das für sich und das bleibt dann so, ist das in Ordnung. Nur finde ich es nicht richtig, aus einer Leinwand etwas herauszuschneiden. Eine riesige Leinwand zu bearbeiten und dann davon 100 Stücke zu verkaufen? T.R.: Ein Stückwerk zu machen. M.P.: Ja, das ist ein Andenkenhandel. Das ist das, was mich ein bißchen stört. Aber wenn er komponiert, zum Beispiel eine Kreuzesform mit Pölstern darauf, das hat er ja komponiert, da ist ja nichts dagegen einzuwenden. T.R.: Noch einmal zur Gruppe damals, Hollegha, Mikl, Rainer und Sie. Es ist ja dann jeder doch seinen eigenen Weg gegangen. Inwieweit besteht jetzt noch Kontakt zueinander? M.P.: Er ist immer noch da. Es ist nur so, daß Hollegha in der Steiermark auf einem Berg wohnt und fast nie nach Wien kommt. Aber wir haben ja alle zusammen hier in Wien an der Akademie der bildenden Künste gelehrt und da haben wir uns natürlich häufig wiedergesehen. Der Mikl lebt auch in Wien, den sehe ich natürlich öfters. Den Rainer, der kommt immer wieder, den sehe ich auch. Nein, der Kontakt ist absolut da. Es gibt keine Verstimmungen, wie es bei anderen oft der Fall war, wie zum Beispiel bei den Futuristen, die sich am liebsten duelliert hätten. T.R.: Um konkret auf Ihre Malerei zu kommen. Sie benennen viele Ihrer Arbeiten nach dem Entstehungsort. Ist das so etwas wie der Versuch einer örtlichen Festlegung? M.P.: Es ist so. Früher war es der Entstehungsort, jetzt ist es die Entstehungsidee. Also früher hat ein Bild geheißen « Sebastianplatz », das habe ich am Sebastianplatz gemalt. Dann hat es Bilder gegeben: « Berlin », die habe ich in Berlin gemalt, dann Bilder « Wiesbaden », die habe ich in Wiesbaden gemalt, « Aschaffenburg », die habe ich in Aschaffenburg gemalt. In den letzten Jahren, die römische Serie zum Beispiel, das ist eine Sache, mit der ich mich wirklich seit langer Zeit beschäftige, und jetzt habe ich mich darübergetraut und bin glücklich, wie immer bei solchen Sachen. Die vielen Jahre vorher sind schon diejenigen, wo die Bilder im Kopf konzipiert und natürlich zum Teil auch schon konkretisiert werden. Es wächst ja doch alles in irgendeiner Form im Hirn heran bevor man die ersten Skizzen macht, bei mir jedenfalls. T.R.: Es hat immer mit Eindrücken von Orten zu tun, also mit einer Inspiration, die direkt am Ort passiert. M.P.: Ganz richtig, ja. Bei dieser römischen Serie kann man das wirklich sehen, oder bei den Arbeiten vorher. Zum Beispiel « Cinque Terre », Cinque Terre ist eine italienische Landschaft, das wissen Sie vielleicht. T.R.: Bei Genua, an der italienischen Riviera? M.P.: Ja, etwas weiter herüben, von Rapallo nach Osten, ein 30 Kilometer-Stück, eine unheimlich schöne Felslandschaft am Meer. Ich bin da mit dem Boot hinauf und hinunter und hinauf und hinunter gefahren. T.R.: Da ist die Natur auch Inspirationsquelle. M.P.: Sicherlich, in irgendeiner Form. Die Natur, die kann man ja nicht ganz verleugnen. Ich will sie ja auch nicht ganz verleugnen, nur ich male halt nicht nach der Natur. Ich male nach meinem Kopf, nach meinem Hirn. Wo es mich hintreibt, das male ich. T.R.: Mich interessiert noch stark der Aspekt «Zeit in Ihrer Arbeit. Sie sprechen ja auch von einer Art äußerster Konzentration beim Malakt. Ich sehe die Bilder so, sie wirken so auf mich, als ob sie in einem Moment entstehen und diesen Moment einfrieren und diesem damit auch eine Zeitlosigkeit geben.