52 Buch X - AUTO<strong>ST</strong>AR Nr. <strong>25</strong>/2010 GEZIELTE SCHNAPPSCHÜSSE INS ZEITGEFÜGE Zur Ausstellung „Hyper Real. Die Passion des Realen in Malerei und Fotografie.“ TEXT: DAVID <strong>ST</strong>ARETZ / Fotos: MUMOK Spaziergang in Tanger. Ein Gemälde in der Auslage eines Antiquitätenhändlers beschäftigt mich lange: Fünf auf den Betrachter zureitende Berber feuern ihre Flinten ab und tun dies, wie das Mündungsfeuer bezeugt, absolut gleichzeitig. Wunderbare Welt der Malerei. Ich denke an Hockney, der sagte: „In einem Foto ist der Moment geronnen, in einem Gemälde die Zeit.“ Hier nun, in dieser formidablen Ausstellung HYPER-REAL des MUMOK (Stiftung Ludwig), lässt sich die Gegenprobe anstellen. Das Figurative der Malerei, die oftmals aufreizende Beliebigkeit der Sujets spielt mit dem Moment des fotografischen Schnappschusses, feiert die Dingfestmachung eines geradezu launenhaft der Verewigung ausgesetzten Momentes. Und doch bekommen die oft riesigen Formate etwas Ikonografisches, Gewaltiges – vermittelt auch durch den schieren Fleiss, der in der Arbeit steckt, im Handwerklichen, im künstlerischen Gestus zurückgenommenen Abmalens eines in der Regel per Projektor auf die Leinwand projizierten Fotodias. Dieser innige Prozess, dem scheinbar Ungefähren einen historischen Bestand zu verleihen, stellt natürlich Spannungen her, Momentanverschiebungen und Irritationen, deren künstlerischer Impact natürlich weit über Sujet und Darstellung hinausreichen. Dass es sich bei den Bildern von Richard Estes, Ralph Goings, Robert Bechtle, Malcolm Morley, Don Eddy, Robert Cottingham, Richard McLean oder Chuck Close um Bezugnahmen auf die Pop Art, vorgetragen von Protagonisten wie Roy Lichtenstein, James Rosenquist, Andy Warhol oder Tom Wesselmann handelt, stellt die Ausstellung sehr schön dar. (Ergänzend dazu sieht man Fotografien aus der Zeit der 1960er und 1970er Jahre von Saul Leiter, Stephen Shore, Joel Meyerowitz oder William Eggleston. Auch Europäer treten auf: Gerhard Richter, Domenico Gnoli, Jean Olivier Hucleux oder Richard Hamilton schaffen ein pointiertes Gegengewicht.) Die von den Hyperrealisten gewählten Sujets wirken heute in ihrem wie unbeholfen wirkenden Dokumentarismus wie Schaubilder in den American Way der sechziger und siebziger jahre, in Kodachrome-Farben, bei Sonnenschein aufgenommen, und immer wieder vom Traumtransporter Nummer eins beherrscht, der großen amerikanischen Limousine, abgelöst auch vom VW-Käfer oder dem Silver-Bullet-Wohnwagen, in dem sich Glanz und Glorie eines amerikanischen Traumes zu erfüllen scheinen. Dabei, wie im Pressetext so schön erläutert wird, „sind die fotorealistischen Bilder – obwohl speziell amerikanisch orientiert – der europäischen Geschichte der Malerei geschuldet und behaupten in ihrer traditionell malerischen Ausrichtung ein Fortführen der figurativen Tendenz der Moderne. Täuschung, Illusionismus oder andere Themen der Repräsentation werden als Malerei mit Bezug auf ihre Geschichte diskutiert.“ Sehenswerte Ausstellung, man gehe bald hin, der 13. 2. kommt dann eh schneller, als man dachte.
Städteplanung / Architektur / Religion Buch XI - WARAN 53 Dein Spiegelbild interessiert andere nicht. Chainsaw Massaker for Hosenkacker. Bruder Baum ist Tot. Mediale Séance, Waran – Husar 2010 Foto : Barbara Anna Husar