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dielinde

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Und rings an den Wänden hockten die Armenhäusler und starrten

Malin trübsinnig an, und sie dachte: Wer möchte hier wohl toben und

tollen, ich nicht und auch niemand sonst.

Sie kannte sie gut, die Armenhäusler von Norka, denn sie zogen ja tagtäglich

mit ihren Bettelsäcken im Kirchspiel umher und baten und flehten

um Gottes Barmherzigkeit willen um ein Stückchen Brot. Ja, sie

kannte sie alle. Da war Schiefmaul, der Hässlichste im ganzen Dorf,

mit dem man die Kinder gruseln machte, obwohl er so harmlos und gut

war und niemandem etwas zuleide tat. Da war Jocke Kis, dem der liebe

Gott den Verstand genommen hatte, und Ola auf Jola, der zehn Wecken

essen konnte, ohne satt zu werden. Da war Sommer-Nisse mit seinem

Holzbein und Hühner-Hilma mit ihrem Plierauge und Krücken-

Anna und Liebe Güte und Keif-Marja und über ihnen allen die grossmächtige

Pompadulla, vom Kirchspiel ausersehen, im Armenhaus zu

herrschen.

Malin stand an der Tür und sah sich um in der Not und im Elend des

Armenhauses und dachte, dass sie hier ihr junges Leben verbringen

müsse, bis sie alt genug sei, irgendwo als Magd zu dienen. Da wurde

ihr das Herz schwer, denn sie wusste nicht, wie sie es ertragen sollte,

hier zu leben, wo es nichts Schönes gab und keine Freude. Auch daheim

waren sie arm gewesen, aber ganz gewiss hatte es dort Schönes gegeben

und Freude. Ach, der Apfelbaum vor dem Fenster, wenn er im Frühling

blühte, ach, die Maiglöckchen im Wald, ach, der Schrank mit den gemalten

Rosen auf der Tür und der grosse blaue Leuchter mit den Talgkerzen

darin, ach, Mutters braune Brotlaibe, wenn sie frisch gebacken

aus dem Ofen kamen, und ach, die Küchendielen am Samstagabend,

weiss gescheuert und mit gehacktem Wachholder bestreut! Ja, alles war

schön und froh gewesen daheim, ehe die Krankheit kam.

Aber hier im Spittel war es so hässlich, dass man weinen konnte, und

vor dem Fenster lag nur ein karger Kartoffelacker, da war kein Mai -

glöck chenwald und kein blühender Apfelbaum.

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