Mittelstandsmagazin 01-2021
Corona beschleunigt Verödung: Wie retten wir die Innenstädte? | Armin Laschet im Interview: "Bürokratieabbau muss ein Kernthema im Wahlkampf sein" | Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: MIT legt umfassendes Reformkonzept vor
Corona beschleunigt Verödung: Wie retten wir die Innenstädte? | Armin Laschet im Interview: "Bürokratieabbau muss ein Kernthema im Wahlkampf sein" | Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: MIT legt umfassendes Reformkonzept vor
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MIT:EDITORIAL
Schwarz
oder Weiß
Foto: Thorsten Schneider vielbauch.de
die Stimmung im deutschen Mittelstand hat sich dramatisch
verschlechtert. Ein Jahr nach Ausbruch der Corona-
Pandemie stehen vor allem kleine Händler, Gastronomen,
Soloselbstständige und viele mehr mit dem Rücken zur
Wand. Corona donnert wie eine Dampfwalze durch die
deutschen Innenstädte und zerstört ganze Existenzen und
Lebensentwürfe.
Die Politik hat vieles richtig gemacht und zuletzt beispielsweise
bei der steuerlichen Verlustverrechnung oder
bei den Abschreibungsmöglichkeiten für Saisonware nachgebessert.
Schnell aus dem Bewusstsein gerät auch die
Tatsache, dass es die jahrelange solide Haushaltspolitik der
Bundesregierung samt Schwarzer Null und Schuldenbremse
überhaupt erst möglich gemacht hat, dass jetzt so
viel Spielraum besteht. Es kann jedoch nicht sein, dass notleidende
Unternehmen monatelang auf die angekündigten
November- und Dezemberhilfen warten müssen. Genauso
kann ich den Frust jedes Kaufmanns verstehen, der Mitte
Dezember ein weiteres Mal in den Lockdown geschickt
wird – und die Bundesregierung es erst Mitte Februar
schafft, die Antragsstellung für die Überbrückungshilfen III
freizuschalten, von der Auszahlung will ich erst gar nicht
reden.
Klar ist: In jeder Krise passieren Fehler. Zur Glaubwürdigkeit
der Politik gehört es jedoch, zu Fehlern zu stehen
und sie sofort zu korrigieren. Das Verwaltungsversagen bei
den Hilfsauszahlungen und die misslungene europäische
Impfstoffbeschaffung zeigen, dass eben nicht im Großen
und Ganzen alles gut gelaufen ist.
Leider haben es Bund und Länder im Februar abermals
versäumt, eine Perspektive für eine stufenweise Öffnung
der Wirtschaft zu geben. Es scheint nur noch zwei Pole zu
geben: Für die einen kann der Lockdown nicht hart genug
sein, für die anderen sollte am besten morgen alles wieder
öffnen. So verstärkt die Krise das Schwarz-Weiß-Denken
und die vielen möglichen Grautöne dazwischen geraten
aus dem Blickfeld. Warum ermöglicht man es Einzelhändlern
beispielsweise nicht, indivuelle Termine an Kunden zu
vergeben? Alles wäre gesichert: Datenerfassung, Nachverfolgung,
Hygieneanforderungen. So etwas sollte in einen
Stufenplan einfließen, der festlegt, wer, wann und unter
welchen Auflagen öffnen darf, aber eventuell auch wieder
schließen muss. Mittelständler können mit diesen Risiken
umgehen, aber nicht damit, dass man ihnen jegliche Perspektive
nimmt.
Entsprechend sehe ich die Ministerpräsidenten wie
auch die Bundeskanzlerin in der Pflicht. Beim nächsten
Treffen am 3. März braucht es mehr als neue Durchhalteparolen
und eine erneute Absenkung der als kritisch betrachteten
Inzidenzwerte. Das gilt nicht nur mit Blick auf
die Wirtschaft, sondern auf die Gesellschaft insgesamt.
Laut Umfragen sinkt in der Bevölkerung die Akzeptanz für
ein „Weiter so“ und ich selbst spüre in vielen Gesprächen
mit Bürgern, dass auch die Aggressivität zunimmt.
Es wird also höchste Zeit, dass die Corona-Politik überdacht
und auch korrigiert wird. Und es wird unsere Aufgabe
als MIT sein, uns in diese Debatte einzumischen. Als
Mahner und als Impulsgeber.
Herzliche Grüße
Carsten Linnemann
MIT-Bundesvorsitzender
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