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2021_04_impuls

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Rudolf Juens geschichtliche Spurensuche …<br />

Landecks Bezirkschronist hat über 160.000 Bilder archiviert<br />

Rudolf Juen aus Flirsch ist seit<br />

seiner Kindheit an historischen<br />

Besonderheiten interessiert.<br />

2002 übernahm er die Arbeit als<br />

Chronist in Flirsch, seit fast 15<br />

Jahren ist er als Bezirkschronist<br />

von Landeck tätig. In dieser Zeit<br />

hat er über 160.000 Bilder archiviert,<br />

bedeutende Ausstellungen<br />

organisiert oder in verschiedensten<br />

Gemeindechroniken recherchiert.<br />

Rudolf Juen recherchiert als Chronist besonders oft in alten Schriften.<br />

„Geschichte ist mein Steckenpferd“,<br />

davon ist Rudolf Juen, der<br />

derzeit an einem besonderen Projekt<br />

arbeitet, fasziniert. „Momentan<br />

übersetze ich eine alte Chronik<br />

von Dekan Johann Lorenz über<br />

Strengen!“ Dekan Lorenz lebte<br />

zwischen 1871 und 1946, war genauso<br />

wie Rudolf Juen ein gebürtiger<br />

Strenger und hat in einem<br />

ganzen handgeschriebenen Buch<br />

mit 540 Seiten eine Chronik über<br />

Strengen verfasst. „Es ist unglaublich,<br />

was alles drinnen steht. Vieles<br />

habe ich selber nicht gewusst“, ist<br />

Juen begeistert, der seit dem Sommer<br />

2020 an der Übersetzung von<br />

Kurrentschrift in lateinische<br />

Schrift arbeitet. „Mittlerweile bin<br />

ich auf Seite 449 angekommen,<br />

anfangs war es sehr schwierig, aber<br />

inzwischen läuft es sehr gut“, freut<br />

sich der engagierte Chronist.<br />

Juen ist mit dem Tiroler Bildungsforum<br />

in Kontakt, die Chronik<br />

werde nach der Fertigstellung mit<br />

einem eigenen Programm eingelesen<br />

und dann gedruckt. Eine Reha<br />

und die Ausgangsbeschränkungen<br />

durch Covid-19 veranlassten Juen,<br />

die Zeit zu nützen und diese spezielle<br />

Chronik für die Nachwelt<br />

lesbar zu machen. Die Chronik<br />

umfasst auch Sagen, Almen, Pläne<br />

einer Taja, eine Beschreibung der<br />

Flurnamen und Weilern. „Es sind<br />

sogar die Hausnamen, die in<br />

Strengen noch eine große Bedeutung<br />

haben, erklärt und die Herkunft<br />

wird beschrieben“, erklärt<br />

Rudolf Juen, der damit ein wichtiges<br />

Zeitdokument transkribiert.<br />

Auch fand der Beginn der Besiedlung<br />

von Strengen ganz oben am<br />

Berg statt. Sagen, aber auch die<br />

Geschichte von Heinrich Findelkind<br />

in St. Christoph oder Zweidrittelgericht<br />

sind darin enthalten<br />

und zeugen von der Bedeutsamkeit<br />

in der damaligen wie heutigen<br />

Zeit.<br />

Bedeutende Chronik<br />

„Johann Lorenz war Kooperator<br />

und Pfarrer, später Dekan in Matrei<br />

und 20 Jahre in Prutz, ehe er<br />

als Frühmesser in Silz seinen Lebensabend<br />

verbrachte. 1945 übergab<br />

Lorenz, der auch eine Chronik<br />

über Prutz und das Kaunertal verfasste,<br />

die Chronik an den Strenger<br />

Roman Köll, der sie in der Folge<br />

dem damaligen Ortschronisten<br />

und Gemeindeamtsleiter Johann<br />

Alois Auer übergab und seit dieser<br />

Zeit wird sie in Strengen aufbewahrt.“<br />

Rudolf Juen schreibt seine<br />

Übersetzung von einer CD herunter.<br />

„Chronist Roland Mair hat<br />

jede Seite fotografiert und ich<br />

schreibe das jetzt!“ Aber auch historisch<br />

Bedeutsames von Flirsch<br />

weiß Juen zu berichten. Bis 1814<br />

gab es Flirsch gar nicht, es gehörte<br />

zur damaligen Gemeinde Rallsberg<br />

(Strengen) und Pettneu.<br />

Auch gibt es Naturereignisse, wie<br />

Lawinenabgänge, die Flirsch sehr<br />

geprägt haben. „Im Kirchturm,<br />

der 1815 errichtet wurde, sind<br />

Zeitdokumente erhalten, wir haben<br />

bei der Renovierung wichtiges<br />

Zeitgeschehen dokumentiert und<br />

wieder in der Kugel verwahrt!“, so<br />

Juen, der noch über eine weitere<br />

Besonderheit berichten kann,<br />

nämlich, dass in der Kirchturmkugel<br />

ein Gewehreinschuss war.<br />

„Man weiß nicht, wie oder wann<br />

das passiert ist, die Kirchturmkugel<br />

wurde wieder gerichtet und gut<br />

verschlossen“, weiß Juen zu erzählen,<br />

der auch schon verschiedene<br />

Vorträge hielt.<br />

Überall Geschichtliches<br />

Juen lernte Elektriker bei der Tiwag<br />

in Zams, arbeitete nach der<br />

Gesellenprüfung im Paznaun und<br />

Pettneu, ehe er eine Stelle als Techniker,<br />

nach der Meisterprüfung<br />

ebenfalls bei der Tiwag, in Landeck<br />

antrat, die er bis zu seiner Pensionierung<br />

ausübte. Fotografieren<br />

ist ein weiteres Hobby des 73-Jährigen,<br />

der damit auch seine Chroniken<br />

ergänzt. „Geschichte kann<br />

man immer und überall kombinieren!“<br />

Vielseitig interessiert<br />

„Meine Frau Melitta und ich<br />

machten Kulturreisen mit dem Tiroler<br />

Bildungsforum auf den Spuren<br />

der Habsburger in die<br />

Foto: privat<br />

Schweiz, auf den Spuren der Fugger<br />

nach Deutschland und an die<br />

Front des Ersten Weltkrieges in die<br />

Dolomiten und an den Isonzo. In<br />

Zeiten wie diesen ist es aber derzeit<br />

nicht möglich!“, bedauert Juen,<br />

der sich mindestens ein Jahr auf<br />

seine Reisen – oft zu historisch bedeutenden<br />

Orten – vorbereitet.<br />

Rumänien, Siebenbürgen, dreimal<br />

Israel oder Indien zählen ebenfalls<br />

zu den Höhepunkten, die Juen<br />

mit seiner Frau erlebt hat. „Wenn<br />

man im Vorfeld gut recherchiert,<br />

sieht man viel“, ist Rudolf überzeugt,<br />

der auch 10 Jahre bei der<br />

Schützengilde Oberschützenmeister<br />

war. Seit vielen Jahren singt er<br />

auch im Kirchenchor und ist seit<br />

mehr als 48 Jahren bei der Bergrettung.<br />

12 Jahre lang war er auch bei<br />

der Volkstumsgruppe „Die lustigen<br />

Arlberger“ dabei. „Schifahren,<br />

Sport und Schießen, aber auch E-<br />

Biken gehören zu meinen weiteren<br />

Lieblingsbeschäftigungen“, freut<br />

sich Juen, der mit dem E-Bike gerne<br />

die Strecke Flirsch bis nach St.<br />

Anton, Verwall und retour zurücklegt.<br />

Seine Frau und er schätzen<br />

aber auch die gemeinsame Zeit<br />

mit ihren mittlerweile drei erwachsenen<br />

Söhnen Martin, Thomas<br />

und Stefan. (jota)<br />

9. März <strong>2021</strong> 3

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