1970
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M an schrieb das J a h r 1907. In Köln am Rhein h a lte Prinz Karneval w ieder seinen E inzug
gehalte n . Es w ar e in gem ütllchos Fest, d ie se r w e ltb e rü h m te K ö ln e r Karnoval.
Die d re i to lle n Tage g e hörten ganz und gar dem V olke, jedoch trafen sich vie le B ürger
d e r S ta d t schon W ochen vo rh e r in d e n S itzungen der K ölner Karnevalsgesellschaften,
um u n to r d e r vie rfarbenen N arrenm ütze in fröh lich e m K re ise den R eden u n d Liedern
zu lauschen, d ie von d e r B ühne des F rohsinns d argeboten w urden.
In d ioson Z e ita b sch n itt des K ö ln e r K arnevals h in e in kn a tto rto d e r R iesenerfolg eines
harm losen neuen K ö ln e r K arnovalsliedes _Däm Schm itz sin g Frau es durch g e b ra n n t“ .
Ganz Köln u n d d a rü b e r h inaus das ganze R heinland sang d ie T ra g iko m ö d ie von der
durchgobrannten Frau Schm itz.
E in ganz neuer M ann, d o n m an b is dahin in den S itzungon des K ölner Karnevals nur
w onig gekannt, hatte d io berühm te N arrenbühne bestiogon und dieses Lied d o n K öln
e rn beschert. D ieser M ann w ar W illi O sterm ann, von dem m an bis dahin eigentlich
nur das Lied vom D eutzer S chützenfest u n d e in ig e a n dere L ie d e r aus kölnischem
M ilieu g e h ö rt hatte.
A ls K rätzchonsänger m it e in e r ganz neuen u n d eigenon V ortragsw eise hatte man
O sterm ann noch n ic h t gekannt H e lle Freude löste sein neues Lied übera ll, w o es
erklang, aus. Die größ te Freude a b e r h e rrsch te in d e n K reisen d e r M änner, in deren
Händen sein e rze it d ie L eitung d e s großen kölnischon V o lksfe ste s lag. W ußten sie
doch, daß W illi O sterm ann u n d seinem über N acht zum S chlager gew ordenen Lied
e in n e u e r W og gew iesen w orden w ar, d e r a lle in es erm ö g lich te , n u nm ehr dom o rd i
nären G assenhauer das L obonslicht auszublascn u n d dom harm losen K ö ln o r Karnevalsschlager
P latz zu machen. D or unerh ö rte B e ifa ll, der ihm im Jahre 1909 lü r das
kö stlich e F a m ilie n id yll „E t S tinn m uß 'n e M ann han" ontgegenbrauste, s te llt das v o r
h in G esagte ganz eindeutig unter B ew eis. E in M ann, d o r so w a h rh a ftig d ie Elternsorgon
d e r dam aligen Z eit um d ie V erehelichung d e r T ochter in Liedform dem V olke
verm ittelte, m ußte schon d ie -H e ira tsm ä rkte * von K ö ln p ersönlich häufig besucht
habon. um in so tre fflic h e r W oise d ie G epflogenheiten d e r sich in H eiratsnöton befin
d lich e n K ö ln e r F am ilie n s child e rn zu können. So h a t W illi O sterm ann J a h r fü r Jahr
E rfolg an E rfolg g e re ih t. Es w a r e in e S e lb stve rstä n d lich ke it d e r V orkriegszeit, daß der
K ö ln o r K arneval m it den K längon e in e s neuen O storm nnn-Liodcs e in g e lä u te t wurde
und im m er w ieder h a t e r sich tragen und zu neuer A rb o it anfeuern lassen von der
a lljä h rlichen B egeisterungsw ollo, d ie ihm entgegenbrnndoto.
A ber zw eierlei d a rf m it G enugtuung fe s tg e s tc llt w e rd o n : O sterm ann ist trotz d o r gew
onnenen ungew öhnlich großon P o p u la ritä t stets e in bescheidener, schlichtor M ensch
geblie be n , u n d n ie h a t e r d io g e rade L in ie des harm losen Textes verlassen. N icht ein
einziges se in e r außerordentlich zahlre ich e n L ie d e r kann auch n u r in etw a zw eideutig
a u sg ele g t w e rd e n . S eine A ble h n u n g d e r Z ote w a r k o in o bew ußte M ethode, sondern
e in S p ie g e lb ild se in e r einfachen persönlichen H altung, von der e r auch dann n ic h t abw
ich, w enn d e r E rfolg zw e id e u tiger K onku rre n zsch io ge r schon e in m a l d e n A nreiz
hierzu g ebon m ochte.
A ls im Jahre 1914 fü r lange Z eit der K ö ln e r Karneval zum letzten M ale g e folort wurde,
w ar d e r Ruf W illi O sterm anns lö s t begründet. D am als schon stand e r u n b estritte n auf
einsam er Höhe. E r w ar d o r L iebling des K ö ln e r V olkes, d e r p o p ulä rste B ürger Kölns.
A ber nicht etw a, daß O sterm ann hierdurch seine Lebensgow ohnheiten g e ändert und
ve ille ich t seine P o p u la ritä t m it e in e r falschen W ü rde zur Schau g e tragen h ä tte; e r hat
seine goradezu ve rb in d lich e N a ivitä t s te ts b e w a h rt u n d n ie aufgegeben, m ochten auch
andere, h ö here Z iele locken, a b e r hiernach g in g sein Ehrgeiz niem als. Im m er w ieder,
w enn e r fü r e in e Z e itla n g einem R uf nach a u sw ä rts in d ie deutschen G e fild e u n d dar-
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