Download (7,4MB) - Abteilung und Poliklinik für Sportorthopädie
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I 28<br />
JATROS Orthopädie & Rheumatologie 5I 2012<br />
S. Nehrer, Krems<br />
Eisenmangel rechtzeitig<br />
erkennen <strong>und</strong> frühzeitig<br />
therapieren<br />
| interview<br />
Mehrere Faktoren können das chirurgische Ergebnis schmälern. Dazu zählen unter anderem ein präope-<br />
rativer Eisenmangel <strong>und</strong> Anämie, wie aktuelle Studien untermauern. Wir sprachen mit dem Präsidenten<br />
der Österreichischen Gesellschaft <strong>für</strong> Orthopädie <strong>und</strong> orthopädische Chirurgie (ÖGO), Univ.-Prof. Dr. Stefan<br />
Nehrer, Krems, über die klinische Bedeutung <strong>und</strong> Möglichkeiten der Intervention bei anämischen Patienten.<br />
Eine präoperative Anämie scheint das<br />
postoperative Ergebnis negativ zu<br />
beeinflussen. Wie sehen Sie das?<br />
S. Nehrer: Die vor Kurzem von Mussalam<br />
et al in der „Lancet“ publizierte Studie<br />
mit über 220.000 operativen Eingriffen<br />
zeigt tatsächlich, dass sogar eine<br />
milde Anämie (Hämatokrit zwischen 30<br />
<strong>und</strong> 39% bei Männern <strong>und</strong> 30 <strong>und</strong> 36%<br />
bei Frauen) als unabhängiger Faktor die<br />
postoperative 30-Tage-Morbidität <strong>und</strong><br />
-Mortalität signifikant erhöht. Dies wurde<br />
unabhängig von der Art <strong>und</strong> Akuität<br />
der operativen Eingriffe beobachtet. 1<br />
Weiters konnte eine Arbeitsgruppe aus<br />
Zürich zeigen, dass gerade bei elektiven<br />
chirurgischen Eingriffen wie Hüft- <strong>und</strong><br />
Kniegelenksersatz präoperativ anämische<br />
Patienten schlechtere Karten in Bezug<br />
auf Spitalsaufenthaltsdauer <strong>und</strong> Transfusionswahrscheinlichkeit<br />
hatten als jene,<br />
die präoperativ keine Anämie aufwiesen.<br />
2 Somit scheint die präoperative<br />
Verbesserung der Anämie tatsächlich von<br />
Vorteil zu sein.<br />
Wie beurteilen Sie den Stellenwert<br />
des Eisenmangels bei elektiven orthopädischen<br />
Eingriffen?<br />
S. Nehrer: Eisenmangel ist die häufigste<br />
Ursache der Anämie. Somit ist naheliegend,<br />
dass die präoperative Behandlung<br />
von Eisenmangelanämie erstrebenswert<br />
ist. Inwieweit der Eisenmangel ohne Anämie<br />
in orthopädischen Disziplinen eine<br />
Rolle spielt, bleibt eine spannende Frage,<br />
auch wenn die pleiotropen Effekte von<br />
Eisen sehr gut beschrieben sind. 3 Die<br />
europäisch-amerikanischen NATA-Leitlinien<br />
4 empfehlen die Detektion <strong>und</strong><br />
Behandlung der Eisenmangelanämie vor<br />
der Operation, während die australischen<br />
Leitlinien 5 die Behandlung von<br />
Eisenmangel auch ohne Anämie empfehlen,<br />
wenn bei einem bevorstehenden<br />
Eingriff mit großem Blutverlust zu rechnen<br />
ist. In Österreich gibt es zurzeit diesbezüglich<br />
noch keine Leitlinien.<br />
Wie sieht die optimale Behandlung<br />
der Eisenmangelanämie aus Ihrer<br />
Sicht aus?<br />
S. Nehrer: Wichtig ist, dass die Ursache<br />
einer Eisenmangelanämie immer vor der<br />
Operation geklärt wird. Dies ist eine<br />
Domäne der inneren <strong>und</strong> der Allgemeinmedizin.<br />
Zur Behandlung stehen uns<br />
orale (diätetische bzw. medikamentöse)<br />
<strong>und</strong> intravenöse Substitutionsformen zur<br />
Verfügung. Die Substitution per os ist<br />
günstig, was die Kosten anlangt, eine<br />
sinnvolle Behandlung dauert aber mehrere<br />
Monate <strong>und</strong> kann mit gastrointestinalen<br />
Beschwerden nach der Einnahme<br />
vergesellschaftet sein. Zu intravenösen<br />
Präparaten gibt es Publikationen mit<br />
Eisen-Saccharose <strong>und</strong> Eisen-Carboxymaltose.<br />
6, 7 Jedoch stellen die zwingend<br />
vorgeschriebene Gabe einer Testdosis<br />
<strong>und</strong> die geringere Maximaldosierung<br />
von Eisen-Saccharose Nachteile gegenüber<br />
der Eisen-Carboxymaltose dar.<br />
Der Punkt, der meiner Ansicht nach<br />
wichtiger ist als die Frage nach der rich-<br />
tigen Therapie, ist vielmehr, den Eisenmangel<br />
rechtzeitig zu erkennen <strong>und</strong> gegebenfalls<br />
auch effektiv zu behanden. Da<br />
es sich dabei um ein multidisziplinäres<br />
Thema handelt, sind sowohl orthopädische<br />
Kollegen gefragt, die den Eingriff<br />
planen, als auch Internisten <strong>und</strong> All -<br />
ge meinmediziner, die üblicherweise die<br />
Behandlung durchführen. Auch die Patien<br />
ten sind aufgefordert, sich aktiv über<br />
ihren Anämie- <strong>und</strong> Eisenstatus zu informieren,<br />
da ihre Ges<strong>und</strong>heit im Mittelpunkt<br />
unseres Interesses steht.<br />
Literatur:<br />
1 Musallam KM et al, published online: Lancet 2011 Oct 15; 378(9800): 1396-407<br />
2 Spahn DR et al, Anesthesiology 2010; 113: 482-95<br />
3 Hörl WH, Nephro News 3/12<br />
4 Goodnough LT, BJA 2011; 106(1): 13-22<br />
5 Australian Patient Blood Management Guidelines, Guidelines,<br />
Modul 2<br />
6 Kotze A et al, BJA 2012; 108(6): 943-52<br />
7 Bisbe E et al: Letter to the editor. BJA 2011; DOI: 10.1<br />
Danke <strong>für</strong> das Gespräch!<br />
●<br />
Das Gespräch führte Dr. Christine Dominkus<br />
Unser Interviewpartner:<br />
Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Präsident der ÖGO<br />
Dekan der Fakultät <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Medizin<br />
Zentrum <strong>für</strong> Regenerative Medizin<br />
Donau-Universität Krems<br />
Dr.-Karl-Dorrek-Str. 30, 3500 Krems<br />
E-Mail: stefan.nehrer@donau-uni.ac.at<br />
ort120528<br />
universimed.com