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Gesund & Leben 2021 / 01&02

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CORONA-NEWS<br />

AKTUELL<br />

COVID-19<br />

IMPFEN<br />

GEGEN DIE<br />

PANDEMIE<br />

Ab 27. Dezember gibt es auch in Österreich die<br />

ersten Impfdosen gegen das neue Coronavirus.<br />

Doch wer kann sich schon impfen lassen? Wie<br />

sicher ist der Impfstoff? Welche Wirkung und<br />

welche Nebenwirkungen sind zu erwarten?<br />

GESUND & LEBEN hat die wichtigsten Antworten.<br />

Endlich ist angesichts der monatelangen<br />

Pandemie Hoffnung in Sicht, denn<br />

ein wirksamer Impfstoff gegen das neue<br />

Coronavirus ist nun tatsächlich EU-weit zugelassen.<br />

Experten sprechen von einer „dringend benötigten<br />

Wende in der Krise“, betonen gleichzeitig aber auch,<br />

dass einige Dinge beachten werden müssen, wenn es<br />

um das Impfen gegen SARS-CoV-2 geht …<br />

WANN WIRD GEIMPFT?<br />

Ab 27. Dezember – und zwar in der gesamten EU.<br />

Entscheidend war die zentrale Zulassung durch die<br />

Europäische Arzneimittelbehörde EMA – denn nur<br />

dann entsprechen die Impfstoffe den äußerst strengen<br />

gesetzlichen Qualitätsvorgaben. Bei Redaktionsschluss<br />

Mitte Dezember war fix, dass diese Zulassung<br />

noch im Dezember erfolgen wird, so Ursula Wiedermann-Schmidt,<br />

Professorin für Impfstoffkunde<br />

an der MedUni Wien. Wenn Sie diese Zeilen lesen,<br />

müsste die Zulassung also bereits erfolgt sein.<br />

WERDEN ALLE MENSCHEN GLEICHZEITIG GEIMPFT?<br />

WIE VIEL MUSS ICH DAFÜR BEZAHLEN?<br />

Das Bundeministerium für Soziales, <strong>Gesund</strong>heit,<br />

Pflege und Konsumentenschutz findet klare Worte:<br />

„Glücklicherweise können wir davon ausgehen, dass<br />

– vorausgesetzt, der Impfstoff kann bei allen Personengruppen<br />

eingesetzt und empfohlen werden – in<br />

Österreich alle Personen gegen COVID-19 geimpft<br />

werden können, die sich impfen lassen möchten.“<br />

Der Impfstoff wird kostenfrei sein. Aber: „Am Anfang<br />

ist sicher nicht damit zu rechnen, dass der Impfstoff<br />

für alle Personen verfügbar sein wird“, meinte<br />

Wiedermann-Schmidt in der „ZIB 2“. Es wird dort zu<br />

impfen begonnen, „wo das größte persönliche und<br />

systemische Risiko besteht“, heißt es dazu aus dem<br />

Bundesministerium. Zuerst werden medizinisches<br />

Personal und Menschen in Alten- und Pflegeheimen<br />

geimpft, in der zweiten Phase (Februar, März, April)<br />

sollen Personen über 65 Jahren folgen sowie Personen<br />

aus den Bereichen Sicherheit, Justiz, Schule und Bildung<br />

sowie kritische Infrastruktur. Ab dem zweiten<br />

Quartal soll die Impfung dann breit angeboten werden.<br />

IST EINE IMPFUNG BEIM HAUSARZT MÖGLICH?<br />

Vorerst nicht. Der mRNA-Impfstoff von BioNTech/<br />

Pfizer muss bei minus 75 Grad Celsius gelagert werden,<br />

die Praxen von Hausärzten sind dafür nicht ausgestattet.<br />

„Daraus ergibt sich eine Strategie, dass man<br />

hier zentralisierter vorgehen wird müssen“, so Wiedermann-Schmidt.<br />

Geplant sind daher Impfstraßen<br />

sowie mobile Impfteams in Alten- und Pflegeheimen.<br />

WELCHE IMPFSTOFFE WIRD ES IN ÖSTERREICH GEBEN?<br />

Die Weltgesundheitsorganisation WHO zählte Anfang<br />

Dezember 214 COVID-19-Impfstoffprojekte. Alle<br />

FOTO: ISTOCK-CLAUDIOVENTRELLA_ RLT_IMAGES<br />

Impfstoffkandidaten basieren auf dem Grundprinzip<br />

der Produktion von Antikörpern, die das Virus<br />

unschädlich machen sollen. Die vielversprechendsten<br />

Kandidaten, laut Paul-Ehrlich-Institut (Deutsches<br />

Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische<br />

Arzneimittel): mRNA/DNA-Impfstoffe sowie Vektorvirus-Impfstoffe.<br />

Bei jenem Impfstoff, der als Erstes in Österreich<br />

erhältlich war (also Ende 2<strong>02</strong>0), handelt es sich um<br />

einen sogenannten mRNA-Impfstoff. Als Hersteller<br />

fungiert unter anderem das deutsche Pharmaunternehmen<br />

BioNTech (in Kooperation mit Pfizer).<br />

Er gehört zur Gruppe der genetischen Imfstoffe:<br />

Das bedeutet, dass er nicht auf abgetöteten oder<br />

geschwächten Erregern basiert, sondern auf der Erbinformation<br />

des Virus. Anhand der Impfung wird der<br />

Körper dazu angeregt, in Zellen Proteine herzustellen,<br />

die wiederum eine Immunreaktion (u. a. in Form<br />

von schützenden Antikörpern) hervorrufen. Die<br />

mRNA (Boten-RNA) der Impfstoffe wird nach kurzer<br />

Zeit von den Zellen abgebaut,<br />

die Gefahr einer Beeinflussung<br />

der menschlichen DNA besteht<br />

nicht.<br />

DNA-Impfstoffe funktionieren<br />

sehr ähnlich wie mRNA-Impfstoffe,<br />

basieren allerdings auf der<br />

DNA als Trägerin der Erbinformation<br />

von SARS-CoV-2.<br />

Bei Vektorimpfstoffen wiederum<br />

dient ein für den Menschen<br />

harmloses, gut untersuchtes und<br />

gentechnisch verändertes Virus<br />

als Transportmittel für die genetische<br />

Information von SARS-CoV-2. Diese gelangt in<br />

die Zellen; Ziel ist die Bildung von Antikörpern. Voraussichtlich<br />

im Laufe des ersten Quartals <strong>2<strong>02</strong>1</strong> wird<br />

auch dieser Impfstoff in Österreich zur Verfügung stehen.<br />

„DIE IMPFUNG IST EIN<br />

ADÄQUATES MITTEL, UM<br />

DAS RISIKO ZU<br />

MINIMIEREN. LASSEN SIE<br />

SICH IMPFEN, SOBALD WIR<br />

EINEN GEPRÜFTEN<br />

IMPFSTOFF ZUR<br />

VERFÜGUNG HABEN!“<br />

WIE SICHER KANN EIN IMPFSTOFF SEIN, DESSEN ENT-<br />

WICKLUNG NUR EIN JAHR DAUERTE?<br />

Es stimmt zwar, dass vor COVID-19 mRNA sowie<br />

DNA-Impfstoffe noch nie in der Praxis angewandt<br />

wurden. Clemens Martin Auer, Sonderbeauftragter<br />

für <strong>Gesund</strong>heit im Sozialministerium, betont aber:<br />

„Sobald die Europäische Arzneimittelbehörde einen<br />

Impfstoff zulässt, können wir davon ausgehen, dass<br />

dieser wirksam und gut verträglich ist, da er äußerst<br />

gründlich geprüft wurde.“ Auch nach der Marktzulassung<br />

erfolgt eine ständige Kontrolle. Dass Impfstoffe<br />

gegen COVID-19 in einem Rekordtempo entwickelt<br />

wurden, hat mehrere Gründe: Zum einen konnte man<br />

auf neue Technologien und die jahrelange Erfahrung<br />

mit Impfstoffen gegen ähnliche oder verwandte Viren<br />

(beispielsweise MERS-CoV) zurückgreifen. Auch<br />

Plattform-Technologien kamen dieses Mal zum Einsatz,<br />

die es in Form eines Baukastenprinzips ermöglichen,<br />

gleiche Grundstrukturen und Technologien von<br />

bereits etablierten und „entschärften“ Viren zu verwenden<br />

und nur die erregerspezifische Komponente<br />

(z. B. das Antigen) auszutauschen. Obendrein wurde<br />

ein sogenanntes „Rolling Review“ angewandt, bei<br />

dem die Arzneimittelbehörden bei vielversprechenden<br />

Kandidaten schon während der noch laufenden<br />

Entwicklung parallel zu begutachten beginnen. Aber:<br />

„Die Schnelligkeit ging nicht auf Kosten der Sicherheit<br />

und Wirksamkeit!“, so Wiedermann-Schmidt.<br />

WELCHE NEBENWIRKUNGEN SIND ZU ERWARTEN?<br />

Über mögliche Langzeitfolgen ist freilich bis dato<br />

nichts bekannt. Es ist generell möglich, dass sehr<br />

seltene Nebenwirkungen erst im Verlauf der ständigen<br />

Kontrolle erfasst werden. Jedoch sind bereits<br />

Berichte über kurzfristige Nebenwirkungen von<br />

mRNA- und Vektorimpfstoffen bekannt – die meisten<br />

davon können auch bei anderen Impfungen auftreten:<br />

u. a. Rötung und Schwellungen<br />

an der Einstichstelle,<br />

Kopf- und Muskelschmerzen,<br />

Unwohlsein und Abgeschlagenheit.<br />

Bei knapp zwei Prozent<br />

der BioNTech/Pfizer- und<br />

Moderna-Probanden (auch<br />

dieses Pharmaunternehmen<br />

entwickelte einen COVID-<br />

19-mRNA-Impfstoff) kam es<br />

zu temporärem Fieber von<br />

über 39 Grad. Die britische<br />

Arzneimittelaufsicht MHRA<br />

(in Großbritannien wird<br />

bereits seit Anfang Dezember geimpft!) warnte zudem<br />

davor, den BioNTech/Pfizer-Impfstoff bei Personen<br />

anzuwenden, die eine Vorgeschichte eines schweren<br />

allergischen Schocks in Bezug auf Impfungen, Arzneioder<br />

<strong>Leben</strong>smitteln aufweisen.<br />

WERDEN SICH DIE ÖSTERREICHER IMPFEN LASSEN?<br />

Laut einer aktuellen Umfrage des österreichischen<br />

Gallup-Instituts sind 56 Prozent der Österreicher prinzipiell<br />

bereit, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen.<br />

Die höchste Zustimmung gibt es bei den über 50-Jährigen<br />

(64 Prozent) und Personen mit höheren Bildungsabschlüssen<br />

(66 Prozent). Das klingt zwar nicht<br />

schlecht, ist aber immer noch zu wenig: Um das Virus<br />

tatsächlich eindämmen zu können, ist eine Durchimpfungsrate<br />

zwischen 60 und 65 Prozent notwendig,<br />

betont Auer. Der Experte appelliert an die Bevölkerung:<br />

„Die Impfung ist ein adäquates Mittel, um<br />

das Risiko zu minimieren. Ich bitte alle Menschen in<br />

diesem Land, sich impfen zu lassen, sobald wir einen<br />

entsprechend geprüften Impfstoff haben. Nur so können<br />

wir im Laufe des Jahres <strong>2<strong>02</strong>1</strong> wieder zu unserem<br />

gewohnten <strong>Leben</strong> zurückkehren.“ MANUEL SIMBÜRGER n<br />

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GESUND & LEBEN 01+<strong>02</strong>/21<br />

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