Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Hörbuchti<br />
nuar <strong>2020</strong> nichts wissen. Und so bekommt der geneigte Leser nicht nur<br />
eine Familien-Saga mit allen Irrungen und Wirrungen, die dazu gehören,<br />
sondern auch einen Einblick in die wohl interessanteste Epoche Kaliforniens.<br />
Ort der Handlung ist zunächst San Francisco und die Waterfront,<br />
die berüchtigte Barbary Coast mit ihren Dutzenden Landungsbrücken,<br />
Werften, Fabriken und Lagerhallen. Sie sind der Lebensmittelpunkt und<br />
die Lebensader der Familie Caldwell und ihrer Reederei. Hier ringt Harriet<br />
Caldwell, die älteste Tochter des Firmengründers, mit aller Macht um die<br />
Vorherrschaft im Familien-Unternehmen. Hier begegnet sie dem jungen<br />
Abenteurer Frank Maynard, der ihr Leben mitbestimmen wird. Hier werden<br />
Liebe und Hass, Ehrgeiz, Skrupellosigkeit und Opferbereitschaft zum<br />
Schicksal einer Dynastie. »Stadt der Träume«, erschienen als Taschenbuch<br />
bei Knaur, 10,99 Euro, bildet den ersten Teil der Caldwell-Saga über <strong>das</strong><br />
Schicksal einer Reederei-Familie im Kalifornien der Jahre 1898 bis 1926.<br />
Harriet Caldwell erlebt skrupellosen Verrat, aber auch die große Liebe zum<br />
Abenteurer Frank sowie die wechselvolle Geschichte San Franciscos, vom<br />
großen Erdbeben, als die Stadt vier Tage und Nächte in Flammen stand,<br />
bis zur Planung der berühmten Golden Gate Bridge.<br />
Doch ihre große Liebe erfüllt sich nicht. Frank verlässt San Francisco<br />
und landet schließlich in einem verschlafenen, staubig-heißen Nest in<br />
den Hügeln Kaliforniens, der 1911 als idealer Ort für die Produktion billiger<br />
»nickel movies« entdeckt wird. Der Name des Kaffs: Hollywood. Im<br />
zweiten Teil der opulenten Caldwell-Saga, »Tal der Illusionen« erfahren<br />
wir mehr von Franks Geschichte. Gleichzeitig wird die Geschichte der Reederei-Familie<br />
weitererzählt. Der mittellose Abenteurer hat sich gemacht.<br />
Als einer der Ersten hat Frank den richtigen Riecher für Hollywood und<br />
steigt in der noch jungen Film-Industrie schnell zum Studio-Boss auf. Im<br />
zweiten Teil ihrer Familien-Saga verknüpft Kate O'Hara <strong>das</strong> dramatische<br />
Schicksal der Reederei-Familie Caldwell im Kalifornien der Jahre 1898 bis<br />
1926 mit dem Aufstieg Hollywoods zum Zentrum der Film-Industrie. Die<br />
große Liebe zwischen Harriet Caldwell und Frank Maynard wird, wie könnte<br />
es anders sein, auf eine harte Probe gestellt. Bleibt zu hoffen, <strong>das</strong>s es<br />
auch noch einen dritten Teil geben wird.<br />
seit 1998<br />
Telefon: 54822<br />
Telefon: 964545<br />
Jan Weiler<br />
»Die Ältern«<br />
A comic says funny things;<br />
a comedian says things funny.<br />
Ich finde, <strong>das</strong>s Jan Weiler<br />
nach dieser Definition, die<br />
wohl aus dem New York der<br />
Sechziger Jahre kommt, eindeutig<br />
ein Comedian ist, denn<br />
er sagt keine lustigen Sachen<br />
und erzählt schon gar keine<br />
Witze. Im Gegenteil, seine Themen sind im Grunde sehr ernst. Jan Weiler,<br />
1967 in Düsseldorf geboren, lebt als Journalist und Schriftsteller in<br />
München. Er war viele Jahre Chefredakteur des SZ Magazins. Seinen<br />
Durchbruch auf dem Buchmarkt schaffte er 2003 mit seinem ersten Buch<br />
»Maria, ihm schmeckt’s nicht!«, <strong>das</strong> zu den erfolgreichsten Büchern der<br />
vergangenen Jahrzehnte zählt. In diesem wirklich herrlichen Buch, <strong>das</strong><br />
<strong>das</strong> Wiederlesen unbedingt lohnt, geht es um interkulturelle Unterschiede.<br />
Sprich, der Ich-Erzähler, der so weit vom Autor nicht entfernt zu liegen<br />
scheint, berichtet über die Irrungen und Wirrungen die ihm widerfahren<br />
sind, als er seine Frau und damit ihre italienische Familie geheiratet hat.<br />
Dabei nimmt er gekonnt die teutonisch-italienischen Besonderheiten mit<br />
großem Humor und jeder Menge Selbstironie auf die Schippe.<br />
Diese Verfahrensweise verwendet er auch in seinen späteren Büchern.<br />
Was nicht allen Autoren gegeben ist, nämlich <strong>das</strong>s sie die eigenen Texte<br />
auch gekonnt vortragen können, ist für Weiler kein Problem, die Lesungen<br />
sind ein Genuss. So auch seine soeben erschienene vollständige<br />
Lesung von »Die Älteren«. Dieser Band ist im Grunde die Fortsetzung<br />
seiner Bücher über seine Kinder. Seine heranwachsenden Kinder, die Pubertiere.<br />
Jeder, der Kinder großgezogen hat, weiß, <strong>das</strong>s der Umgang mit<br />
Heranwachsenden meist nur im Nachhinein richtig witzig ist. Was in<br />
erster Linie gefordert ist, sind gute Nerven. Ob der Autor gute Nerven hat,<br />
weiß ich nicht, aber er hat eine Gabe, nämlich die, auch den nervigsten<br />
Situationen noch ein komisches Element abzugewinnen. Ohne Ironie<br />
und Selbstironie ist <strong>das</strong> kaum möglich.<br />
Das ist auch in seinem letzten Werk der Fall. Es geht um <strong>das</strong>, was die<br />
Psychologen <strong>das</strong> »empty nest syndrome« nennen, also die Einsamkeit<br />
und Trauer, die sich nach dem Weggang der Kinder aus dem elterlichen<br />
Haus einstellen kann. Die Einsamkeit und Trauer werden bekanntlich nur<br />
sehr wenig von der Erleichterung gemildert, <strong>das</strong>s man als Erwachsener<br />
nunmehr nicht mehr die gruselige Musik des Nachwuchses ertragen<br />
muss. Denn wenn aus Pubertieren Erwachsene werden, ist es völlig unerwarteter<br />
Weise auch an Papa und Mama, sich zu verwandeln. Eben<br />
noch Gegner Minderjähriger mutieren sie zu den milde belächelten, ahnungslosen:<br />
Ältern. Und <strong>das</strong> ist nicht schön: Man ist 49, fühlt sich wie<br />
29 – wird aber behandelt, als sei man 79. Und sieht einer ungewissen<br />
Zukunft ohne Wäscheberge, Jungs-Deo, leergefuttertem Kühlschrank<br />
und herumfliegenden Chipstüten entgegen. Beunruhigt fragt man sich<br />
vielleicht: Werden die in die Freiheit entlassenen Pubertiere noch einmal<br />
den Weg zurück in den heimischen Stall finden? Und was wird eigentlich,<br />
wenn sämtliche Lastschriftaufträge für die Kinder einmal erloschen sein<br />
werden? Ist man dann für immer allein?<br />
Auch wenn Jan Weiler natürlich ein wenig übertreibt, ist er dennoch<br />
stets sehr wahr und sehr komisch. Erschienen ist <strong>das</strong> Hörbuch im hörverlag,<br />
drei Stunden Laufzeit, 15 Euro.<br />
44<br />
Das Stadtgespräch