23. März 2021
Ausgabe 23. März 2021
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10 Quartier <strong>23.</strong> <strong>März</strong> <strong>2021</strong><br />
UNSICHERE ZUKUNFT FÜR BÜMPLIZER FRIEDHOF<br />
«Eine Aufgabe für eine<br />
oder zwei Generationen»<br />
Der Gemeinderat der Stadt Bern<br />
hat entschieden: es muss gespart<br />
werden. Unter anderem<br />
auch in Bümpliz. Der Friedhof<br />
wird geschlossen und umgewandelt.<br />
Ab 2023 sind keine Bestattungen<br />
und Beisetzungen mehr<br />
möglich. Der zuständige Leiter<br />
Stadtgrün, Christoph Schärer,<br />
erklärt die Situation.<br />
Warum beabsichtigt der Gemeinderat<br />
auf Bestattungen und Beisetzungen<br />
ausgerechnet auf dem<br />
Friedhof Bümpliz zu verzichten?<br />
Für die Bümplizer wichtig zu<br />
wissen: Die nächsten zwei Jahre<br />
ändert sich auf dem Friedhof<br />
noch gar nichts. Erst ab dem 1.<br />
Januar 2023 sollen keine Bestattungen<br />
und Beisetzungen in<br />
neue Gräber mehr stattfinden.<br />
Und bestehende Gräber bleiben<br />
je nach Konzession die nächsten<br />
20 bis 40 Jahre bestehen und<br />
werden weiter gepflegt. Beisetzungen<br />
in bestehende Gräber<br />
bleiben auch nach dem 1. Januar<br />
2023 möglich. Wir sprechen also<br />
von einer langfristigen Umwandlung<br />
des Friedhofs.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Dazu gibt es mehrere Überlegungen.<br />
Die meisten Bestattungen<br />
der vergangenen Jahre waren<br />
Urnenbeisetzungen. Daher hat<br />
sich das Platzbedürfnis geändert<br />
und entspricht nicht mehr dem,<br />
was vor Jahrzehnten geplant worden<br />
ist. Der Friedhof Bümpliz ist<br />
im Vergleich zu den anderen städtischen<br />
Friedhöfen der mit Abstand<br />
kleinste. Der Bremgartenfriedhof<br />
ist sozusagen der Zentralfriedhof<br />
der Stadt mit Angeboten<br />
für die Weltreligionen, einem<br />
Anatomiegrabfeld, Soldatengräbern<br />
und dem Krematorium.<br />
Beim Schosshaldenfriedhof ist<br />
auch die Gemeinde Ostermundigen<br />
Miteigentümerin. Auf dem<br />
Friedhof Bümpliz müssten wir in<br />
den kommenden Jahren viel in<br />
die Infrastruktur investieren.<br />
Zum Beispiel ist der Aufbahrungsraum<br />
sehr in die Jahre gekommen,<br />
auch Einrichtungen für die<br />
Mitarbeitenden oder die Heizung<br />
müssten erneuert werden. Der<br />
Verzicht auf die Sanierung oder<br />
gar einen Neubau sind Teil der<br />
Sparmassnahmen.<br />
Christoph Schärer, Leiter Stadtgrün Bern, setzt auf Transparenz.<br />
Wie glauben Sie, reagiert die<br />
Bümplizer Bevölkerung auf die<br />
Sache?<br />
Eine solche Veränderung wird sicher<br />
Fragen auslösen. Ein Friedhof<br />
ist ein Ort, der von der Bevölkerung<br />
geschätzt wird. Deshalb ist<br />
es uns auch so wichtig, die Quartiervertretungen<br />
und die Betroffenen<br />
bereits jetzt einzubeziehen.<br />
Wie bereits gesagt, gilt der Entscheid<br />
erst ab dem Jahr 20<strong>23.</strong> Dies<br />
verschafft uns die Möglichkeit, Gespräche<br />
zu führen und mit allen<br />
Beteiligten zu sprechen sowie die<br />
Bevölkerung umfassend zu informieren.<br />
Einen Friedhof wie hier in<br />
eine Parkanlage umzuwandeln, ist<br />
immer etwas Aussergewöhnliches<br />
und eine Aufgabe für eine oder<br />
zwei Generationen.<br />
Ist es zumutbar, dass der Bümplizer<br />
Bevölkerung ihr Friedhof<br />
weggenommen wird?<br />
Das können nur die Bevölkerung<br />
und die Politik beantworten. Wir<br />
sehen einerseits das Sparpotential<br />
bei den Betriebs-, Unterhalts- und<br />
Investitionskosten. Andererseits<br />
Foto: zvg<br />
aber auch die Chance, dass die<br />
Umwandlung des Friedhofs längerfristig<br />
dem Stadtteil dient.<br />
Bümpliz wird in den nächsten<br />
Jahren und Jahrzehnten weiter<br />
baulich verdichtet. Und Bümpliz<br />
hat heute noch keine eigentliche<br />
öffentliche Parkanlage. Auch andere<br />
Schweizer Städte sind in der<br />
gleichen Situation. So verfügt zum<br />
Beispiel Basel heute noch über einen<br />
einzigen Friedhof, das Hörnli.<br />
Gibt es Alternativen zur Planung?<br />
Kann man den Bümplizer<br />
Friedhof irgendwie retten?<br />
Diese Frage haben wir uns natürlich<br />
auch gestellt. Eine Teilumwandlung<br />
kommt aus Kostengründen<br />
nicht in Frage, weil Kosten<br />
für die Infrastruktur und den<br />
Betrieb weiterhin bestehen bleiben<br />
würden. Einen anderen Friedhof<br />
können wir nicht umwandeln.<br />
Aufgrund der notwendigen Bestattungsfläche<br />
für die Stadtberner<br />
Bevölkerung brauchen wir die<br />
beiden grossen Friedhöfe. Grössere<br />
Betriebe können zudem wirtschaftlicher<br />
betrieben werden.<br />
Was tun Sie, wenn der Stadtrat<br />
dem Vorschlag des Gemeinderates<br />
nicht zustimmt, und der Friedhof<br />
bleibt? Wo wird dann gespart?<br />
Der Friedhof Bümpliz ist nur ein<br />
Teil der Einsparungen die Stadtgrün<br />
Bern zu erbringen hat. Unsere<br />
Möglichkeiten zu sparen<br />
sind beschränkt: Die Stadt wächst,<br />
aber sie braucht genügend Grünflächen<br />
und Biodiversität, damit<br />
wir dem Klimawandel entgegenwirken<br />
können und damit die Lebensqualität<br />
hoch bleibt. Wir<br />
können einzig schauen, dass wir<br />
Infrastrukturkosten einsparen –<br />
und das geht eben zum Bespiel<br />
beim Friedhof Bümpliz.<br />
Wie sieht das weitere konkrete<br />
Vorgehen aus? Sind die Quartierorganisationen<br />
bereits in den<br />
Prozess involviert worden?<br />
Der Gemeinderat hat vorvergangene<br />
Woche informiert. Wir sind<br />
momentan dabei, eine Arbeitsgruppe<br />
zu bilden. In dieser soll<br />
unter anderem die Quartierkommission<br />
QBB zusammen mit verschiedenen<br />
Kirchgemeinden und<br />
uns vertreten sein. Wir möchten<br />
gerne auch noch andere Beteiligte<br />
mit ins Boot holen. Einen Bestatter<br />
zum Beispiel, oder auch<br />
andere Interessierte. Mit der Arbeitsgruppe<br />
wollen wir Fragen,<br />
Probleme und Bedürfnisse aller<br />
Beteiligten klären. Daher ist es<br />
gut, kommen die Änderungen<br />
auf dem Friedhof erst Anfang<br />
20<strong>23.</strong> Bis dahin haben wir noch<br />
genug Zeit, in Ruhe zu planen,<br />
wie es weitergeht. Wir sind in<br />
diesem Sinne auch sehr offen für<br />
Beiträge. Jeder, der möchte, kann<br />
sich unter friedhof.administration@bern.ch<br />
an uns wenden und<br />
sich mitteilen.<br />
Was soll in Zukunft, nach Auslaufen<br />
der Konzessionsdauer mit<br />
dem Friedhof passieren?<br />
Auch hier möchten wir die Bevölkerung<br />
mit einbeziehen. Ziemlich<br />
sicher wird es eine Parkanlage geben.<br />
Vor gut 100 Jahren ist das<br />
Gleiche mit dem Rosengarten geschehen.<br />
Wir suchen nach einer<br />
einvernehmlichen Lösung mit<br />
der Bevölkerung und wollen daher<br />
offen und transparent arbeiten<br />
und kommunizieren.<br />
Dennis Rhiel