Red Bulletin - Innovator
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IDEAS FOR A BETTER FUTURE INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2021<br />
*Die<br />
Zukunft<br />
ist besser<br />
als ihr<br />
Ruf<br />
Inspiriert eine<br />
neue Generation:<br />
Aktivistin und<br />
Fair-Fashion-<br />
Unternehmerin<br />
DariaDaria<br />
GREEN<br />
THE<br />
ISSUE *<br />
01 21<br />
AUSGABE<br />
DEUTSCHLAND<br />
EURO 2,50<br />
Daria<br />
Daria<br />
und weitere<br />
21 Pioniere<br />
erklären,<br />
wie auch<br />
du die Welt<br />
verbessern<br />
kannst
ALPHATAURI.COM
© Jean Nouvel, Gilbert Lézénès, Pierre Soria et Architecture-Studio / Adagp, Paris, 2021
INNOVATOR<br />
EDITORIAL<br />
CONTRIBUTORS<br />
Hilde van Mas<br />
Um eine möglichst weibliche<br />
Crew bat unsere Cover-Heldin<br />
DariaDaria – ein Wunsch, den<br />
wir unter anderem mit Fotografin<br />
Hilde van Mas nur zu gerne erfüllten.<br />
Sie lichtete die Aktivistin<br />
DariaDaria kunstvoll vor eigens<br />
installiertem Rollrasen ab. Das<br />
Interview: AB SEITE 22<br />
Tobias Moorstedt<br />
Als junger Vater oft übermüdet,<br />
als Autor (z. B. „Süddeutsche<br />
Zeitung“) auf Technologie<br />
spezialisiert: Mit diesen Schlüsselqualifikationen<br />
widmete sich<br />
Moorstedt der Zukunft des<br />
Schlafens – im Gespräch mit<br />
Forschern und beim Test aktueller<br />
Gadgets. AB SEITE 68<br />
SEIEN WIR EHRLICH!<br />
Wer Großes bewegen will, braucht großen Mut.<br />
Und was könnte größer sein als die Rettung<br />
unseres Planeten vor dem Klimawandel? Damit<br />
das gelingt, müssen alle mit anpacken: Unternehmen,<br />
Politiker, aber auch jeder Einzelne.<br />
Deshalb haben wir in diesem „Green Issue“<br />
Vordenker wie Formel-1-Weltmeister und Nachhaltigkeits-Unternehmer<br />
Nico Rosberg gefragt,<br />
wie man den Mut zum ersten Schritt findet.<br />
„Die Welt braucht mehr Ehrlichkeit“, meint die<br />
Wiener Aktivistin DariaDaria und erklärt,<br />
warum es nicht um die perfekte Öko-Bilanz<br />
geht, sondern um menschliche Veränderung.<br />
Ach ja: Jede Menge Weltretter-Ideen und grüne<br />
Gadgets gibt’s natürlich auch, ab Seite 21.<br />
Besonderen Mut zeigen auch die Mitglieder der<br />
Copenhagen Suborbitals: Die dänischen Tüftler<br />
wollen mit einer selbst gebauten Rakete ins<br />
All fliegen. Bitte gut anschnallen ab Seite 58.<br />
Viel Spaß bei der Lektüre!<br />
Die <strong>Red</strong>aktion<br />
HILDE VAN MAS (COVER)<br />
4 INNOVATOR
Vienna<br />
UP’21<br />
digital<br />
Let’s talk startups.<br />
27.4. – 12.5.<br />
2021<br />
Join Europe’s most<br />
authentic startup<br />
experience!<br />
viennaUP.com
INHALT<br />
BULLEVARD<br />
10<br />
Volle Kraft voraus<br />
Eine Gruppe junger Ingenieure<br />
will den Speed-Rekord<br />
im Segeln brechen.<br />
16<br />
Kabinen für alle<br />
Münchener Techies wollen<br />
den Stadtverkehr mit<br />
Gondeln revolutionieren.<br />
12<br />
14<br />
Smarte Strippe<br />
Ein Trainingsband,<br />
das Fitnessstudio und<br />
Personal Trainer ersetzt.<br />
Gesunder<br />
Boxenstopp<br />
Wie ein Start-up selbst<br />
Kochmuffel zu Chefköchen<br />
macht.<br />
18<br />
19<br />
Master-Studium<br />
in der U-Bahn<br />
Zwei Gründer bieten<br />
radikal neue Lösungen<br />
für die Weiterbildung.<br />
Ruf mich an!<br />
Einsam? Eine App findet<br />
den richtigen Gesprächspartner<br />
für dich.<br />
GUIDE<br />
90<br />
93<br />
94<br />
EVENTS<br />
Auf Wiedersehen<br />
Diese Konferenzen planen<br />
2021 ihr Comeback –<br />
digital und vor Ort.<br />
WETTBEWERB<br />
Kampf der Ideen<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement fördert<br />
junge Vordenker.<br />
FASHION<br />
Innere Wärme<br />
Eine AlphaTauri-Jacke,<br />
die dir per App einheizt.<br />
96<br />
98<br />
KOLUMNE<br />
Nachhaltig<br />
überrascht<br />
Autor Christoph Koch<br />
über erstaunliche Folgen<br />
des Weltrettens.<br />
TECH-HIGHLIGHT<br />
Polar-Labor<br />
Wie Forscher am Südpol<br />
Geheimnisse des Universums<br />
entschlüsseln.<br />
58<br />
REPORTAGE<br />
Weltall, wir<br />
kommen!<br />
Wie Hobby-Astronauten<br />
in Kopenhagen mit einer<br />
selbst gebauten Rakete<br />
durchstarten wollen.<br />
6 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
FEATURES<br />
58<br />
RAUMFAHRT<br />
Die Raketenbastler<br />
Wie dänische Amateure ihren<br />
Traum von der Reise ins Weltall<br />
verwirklichen wollen.<br />
68<br />
74<br />
82<br />
GESUNDHEIT<br />
Gute-Nacht-Zukunft<br />
Unser Autor erkundet die<br />
Zukunft des Schlafens – und<br />
das auch am eigenen Leib.<br />
VERKEHR<br />
Visionen auf Rädern<br />
Wie Hersteller das Konzept<br />
Automobil neu denken und<br />
die Lust am Fahren erhalten.<br />
UNTERNEHMERTUM<br />
Gegen jede Regel<br />
Netflix-Star Sophia Amoruso<br />
erklärt, welche Leitsätze du<br />
ignorieren solltest.<br />
GREEN ISSUE<br />
DariaDaria und 21 weitere<br />
Pioniere erklären, wie du die<br />
Welt verbessern kannst.<br />
22<br />
COVERSTORY<br />
Die Mut-Macherin<br />
Aktivistin DariaDaria über<br />
Ehrlichkeit als bestes Tool<br />
für Veränderung.<br />
30<br />
32<br />
40<br />
ALISON TEAL<br />
Die Kraft der Bilder<br />
Wie die US-Amerikanerin<br />
mit unterhaltsamen Videos<br />
Müll im Meer bekämpft.<br />
PRODUKTE<br />
Gut und schön<br />
Innovative Produkte, die<br />
den Alltag erleichtern und<br />
Ressourcen schonen.<br />
START-UPS<br />
Saubere Einfälle<br />
Altkleider als Rohstoff,<br />
digitale Kassenzettel:<br />
10 Ideen, die Zukunft haben.<br />
48<br />
NICO ROSBERG<br />
Vollgas-Revoluzzer<br />
Warum der Formel-1-<br />
Weltmeister E-Mobilität<br />
zum Sieg verhelfen will.<br />
ROBERT ORMEROD<br />
56<br />
CIRCULARITY<br />
Runde Sache<br />
Von recycelten Autos bis zu<br />
innovativen Jobs: So funktioniert<br />
die Kreislaufwirtschaft.<br />
INNOVATOR 7
Glasflasche nur in ausgewählter Gastronomie
INNOVATOR<br />
BULLEVARD<br />
IDEEN<br />
FÜR EINE<br />
BESSERE<br />
ZUKUNFT<br />
JOHANNES LANG<br />
INNOVATOR 9
BULLEVARD <br />
MOBILITÄT<br />
DIE RAKETENSEGLER<br />
VOM GENFERSEE<br />
Der Geschwindigkeitsrekord beim Segeln<br />
liegt derzeit bei 121 km/h. Eine Gruppe<br />
junger Ingenieure aus der Schweiz will nun<br />
einen neuen Rekord aufstellen: 150 km/h!<br />
Ihre Konstruktion dafür könnte sogar die<br />
Transport-Schifffahrt revolutionieren.<br />
Im November 2012<br />
schrieb der Australier<br />
Paul Larsen Geschichte.<br />
Mit der „Vestas Sailrocket 2“,<br />
einer Segelboot-Sonderanfertigung,<br />
gelang es dem Skipper<br />
vor der Küste Namibias<br />
mit 121 km/h (65,45 Knoten)<br />
über das Wasser zu preschen<br />
– und damit einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord<br />
im Segeln aufzustellen. Dieser<br />
hat trotz zahlreicher späterer<br />
Weltrekord-Versuche<br />
bis heute gehalten.<br />
DRACHEN STATT SEGEL<br />
Wenn es nach drei Schweizer<br />
Studenten vom Polytechnikum<br />
Lausanne (EPFL) geht,<br />
dürfte sich das schon bald<br />
ändern: Xavier Lepercq, Mayeul<br />
van den Broek und Benoît<br />
Gau diot, Altersdurchschnitt<br />
25 Jahre, sind fest entschlossen,<br />
das schnellste Segelboot<br />
der Geschichte zu bauen.<br />
Und Larsens Weltrekord innerhalb<br />
der nächsten zwölf<br />
Monate zu pulverisieren.<br />
Das vom EPFL-Team angepeilte<br />
Weltrekord-Tempo:<br />
150 km/h oder 80 Knoten<br />
(worauf übrigens auch der<br />
geheimnisvolle Projektname<br />
„SP80“ hinweist).<br />
Jet mit Wasserkontakt:<br />
Der „SP80“<br />
soll 2022 den Rekord<br />
für Segelboote auf<br />
150 km/h schrauben.<br />
10 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
SP80-Team: Mayeul<br />
van den Broek,<br />
Xavier Lepercq,<br />
Benoît Gaudiot<br />
(v. l. n. r.)<br />
GUILLAUME FISCHER SP80 AREK PIATEK JOHANNES LANG<br />
„WIR WOLLEN MIT<br />
UNSEREM BOOT<br />
DIE CODES DES<br />
SEGELNS<br />
AUFBRECHEN.“<br />
Der Schlüssel zu der angestrebten<br />
Pionierleistung?<br />
„Statt mit einem Segel angetrieben<br />
zu werden, soll das<br />
Boot von einem Drachen gezogen<br />
werden“, sagt Mayeul<br />
van den Broek, SP80-Projektmanager.<br />
So ließe sich definitiv<br />
mehr Geschwindigkeit herausholen.<br />
Am Boot selbst –<br />
einem Trimaran mit einem<br />
Hauptrumpf und zwei kleineren<br />
Tragflügeln – wird vor<br />
allem an der Verbesserung<br />
der Stabilität gearbeitet.<br />
„Das Streben nach Stabilität<br />
führt letztlich zum Erfolg“,<br />
ist van den Broek überzeugt.<br />
Die Besonderheit beim SP80<br />
ist ein System, das die sogenannte<br />
Kavitation (Bildung<br />
von Luftblasen im Wasser<br />
während des Segelns, Anm.)<br />
verhindert und damit das<br />
Boot bei hohen Geschwindigkeiten<br />
ruhiger über das Wasser<br />
gleiten lässt.<br />
TESTS AM GENFERSEE<br />
Nach dem offiziellen Start<br />
des Projekts vor rund einem<br />
Jahr hat das Team die vergangenen<br />
Monate damit verbracht,<br />
die Details des Konzepts<br />
zu überprüfen und ein<br />
verkleinertes Modell auf dem<br />
Genfersee zu testen. Dutzende<br />
Male waren die drei – bereits<br />
rekordverdächtig schnell<br />
– mit dem schwimmenden<br />
Labor unterwegs und haben<br />
dabei neue Rümpfe, Anhänger<br />
oder Flügel ausprobiert.<br />
Im Frühling dieses Jahres<br />
wollen sie mit dem Bau des<br />
Bootes in Originalgröße<br />
(9 × 5 m) beginnen. Anfang<br />
2022 soll der Prototyp dann<br />
erstmals ins Wasser kommen<br />
und in den Monaten darauf<br />
einen ersten Rekordversuch<br />
starten.<br />
ZUKUNFT WINDKRAFT<br />
Beim Projekt SP80 geht es<br />
jedoch um mehr als nur um<br />
Temporausch. „Wir wollen<br />
mit diesem Boot die Codes<br />
des Segelns aufbrechen“,<br />
sagt van den Broek. „Und wir<br />
wollen die Grenze dessen<br />
ausloten, wie Wind als einzige<br />
Energiequelle für künftige<br />
Anwendungen zum Einsatz<br />
kommen kann.“ Schnelles<br />
Segeln bietet nämlich großes<br />
Potenzial für den Transport<br />
auf Wasser. Von SP80 soll<br />
in Zukunft die ganze Welt<br />
profitieren.<br />
sp80.ch<br />
INNOVATOR 11
BULLEVARD INNOVATOR<br />
„Ein Trainingsband ist an<br />
sich schon sehr vielseitig: Du<br />
trainierst den ganzen Körper,<br />
ohne ins Fitnessstudio zu müssen,<br />
und kannst bis zu hundert<br />
Übungen absolvieren. Aber<br />
wir wollten einen zusätzlichen<br />
Motivationsfaktor“, sagt Stefan<br />
Weiß, 31, der das Start‐up<br />
2019 mit Hanno Storz, 31, und<br />
Torben Hellmuth, 29, gründete.<br />
„Uns fehlte die Vergleichbarkeit.<br />
Wie viel Gewicht bewegst<br />
du, und wie verbesserst<br />
du dich?“<br />
FITNESS<br />
ANSAGEN<br />
VOM BAND<br />
Dieses Trainingsband kann<br />
die Geräte eines ganzen Gyms<br />
ersetzen – und dank dieser<br />
drei Gründer aus Kassel nun<br />
auch noch den Personal Coach.<br />
Eigentlich ist der Markt<br />
der digitalen Trainingsgeräte<br />
schon hoffnungslos<br />
überfüllt. Umso erstaunlicher,<br />
wenn ein neues Produkt erscheint,<br />
das innovativ und<br />
gleichzeitig selbsterklärend<br />
ist: Straffr ist ein intelligentes<br />
Fitnessband. Es funktioniert<br />
wie ein normales elastisches<br />
Trainingsband. Allerdings<br />
misst das smarte Band dank<br />
eines integrierten Sensors<br />
Kraft und Geschwindigkeit,<br />
mit der gezogen wird, und<br />
es zählt die Wiederholungen.<br />
Und eins und zwei …:<br />
Ein Sensor misst<br />
Kraft, Tempo und<br />
Wiederholungen.<br />
MEHR ALS SQUATS<br />
Die Gründer tüftelten dafür<br />
eine neue Hardware-Lösung<br />
aus. „Ein Trainingsband<br />
möchte man mal eng greifen,<br />
mal lang lassen. Deshalb<br />
musste der Sensor in das<br />
Silikonband integriert sein.“<br />
Gefüttert mit den Messwerten,<br />
hilft eine App, effektiv zu trainieren.<br />
„Sie passt die Übungen<br />
an deine Ziele an – als<br />
würde ein Trainer neben dir<br />
stehen.“ Egal, ob intensives<br />
Training oder nur die Erhaltung<br />
der Fitness gewünscht<br />
ist: Der Trainingsplan ist individuell<br />
und bietet, so Weiß,<br />
„viele Übungen abseits von<br />
Push-ups und Squats“.<br />
straffr.com<br />
HANNO STORZ,<br />
CHIEF<br />
O PERATING<br />
OFFICER<br />
TO RBEN<br />
HELLMUTH,<br />
CHIEF<br />
TECHNICAL<br />
OFFICER<br />
STEFAN WEISS,<br />
CHIEF<br />
EXECUTIVE<br />
OFFICER<br />
Kernkompetenz:<br />
Alle drei Straffr-<br />
Gründer sind<br />
Wirtschaftsingenieure.<br />
STRAFFR MARC DECKERT JOHANNES LANGW<br />
12 INNOVATOR
Eine Hommage an die allerersten Flieger und Entdecker<br />
— und ihre gemeinsame Geschichte mit Longines.<br />
Howard Hughes,<br />
einer der wichtigsten<br />
Aviatik-Pioniere,<br />
flog in Rekordzeit<br />
rund um die Welt.<br />
Für die Navigation<br />
über den Meeren<br />
und Kontinenten<br />
vertraute er auf die<br />
Aviatik-Chronometer<br />
und Chronographen<br />
von Longines.<br />
Im Jahr 1935 war Howard<br />
Hughes zu seiner Zeit der<br />
schnellste Flieger der Welt.<br />
Er stellte einen neuen<br />
Fluggeschwindigkeitsrekord<br />
von 566 km/h auf. Was die<br />
Geschichte von Hughes jedoch<br />
so besonders beeindruckend<br />
macht, ist die Tatsache, daß<br />
das Flugzeug, welches er<br />
flog, von ihm selbst entworfen<br />
worden war. Hughes war<br />
kein gewöhnlicher Pilot, der<br />
Rekorden hinterherjagte — er<br />
war auch Luftfahrtingenieur,<br />
Geschäftsmagnat und erfolgreicher<br />
Filmproduzent in<br />
Hollywood. Doch es waren sein<br />
Kampfgeist und sein Mut im<br />
Angesicht des Unbekannten,<br />
die ihn dazu bewogen, immer<br />
wieder an seine Grenzen zu<br />
gehen. Nur wenige Jahre später<br />
umrundete Hughes die Erde.<br />
Seine Reise dauerte nur 3 Tage,<br />
19 Stunden und 14 Minuten —<br />
und damit hatte er 1938 einen<br />
Weltrekord aufgestellt. Hughes<br />
vertraute stets auf seinen<br />
Longines-Chronometer für die<br />
Astronavigation, um die genaue<br />
Position seines Flugzeugs bei<br />
Nacht, in völliger Dunkelheit<br />
und über den riesigen Ozeanen<br />
zu bestimmen.<br />
Die Art und Weise, wie sie mit<br />
Herausforderungen umgehen,<br />
trennt die Pioniere vom Rest<br />
der Menschheit. Eleganz zeigen,<br />
wenn alle Chancen gegen einen<br />
stehen. Mit Eleganz alles versuchen,<br />
alles geben, vielleicht<br />
scheitern. Elegant kämpfen<br />
— und triumphieren. Das ist es,<br />
woran man sich erinnert. Das<br />
ist es, was bleibt — wenn alles<br />
andere nicht mehr zählt.<br />
Longines hat die Spirit<br />
Collection entwickelt, um<br />
genau dies zu verkörpern.<br />
Sie verbindet Eleganz, Tradition<br />
und Leistung — mit denselben<br />
unverwechselbaren<br />
Merkmalen, die speziell für<br />
die ersten Aviatik-Pioniere<br />
geschaffen wurden: von ihrer<br />
geprüften Ganggenauigkeit bis<br />
zur übergroßen Aufzugskrone,<br />
die mit Handschuhen leicht<br />
bedient werden kann; von den<br />
markanten, kontrastreichen<br />
Ziffern bis zu den Zeigern mit<br />
Leuchtmaßenbeschichtung<br />
für Nachtflüge.<br />
Die Spirit Collection ist<br />
der lebhafte Beweis, daß<br />
der Pioniergeist fortlebt.
BULLEVARD INNOVATOR<br />
Das bekommen<br />
selbst Kochanfänger<br />
gut hin: Tex-Mex-<br />
Salat nach<br />
HelloFresh-Rezept.<br />
ERNÄHRUNG<br />
BEREIT FÜR<br />
DEN BOXEN-<br />
STOPP?<br />
Das Berliner Start-up<br />
HelloFresh macht<br />
jeden Küchenmuffel<br />
zum Chefkoch.<br />
Kochen ist nicht gleich<br />
Kochen. Kochen heißt<br />
auch Lebensmittel einkaufen.<br />
Im Internet Rezepte suchen.<br />
Lebensmittel dosieren.<br />
Zurück ins Geschäft<br />
laufen, weil man die Eier<br />
vergessen hat. Wer oft Überstunden<br />
schiebt, weiß, wie<br />
nervig solche Extrarunden<br />
sind – und wie entspannend<br />
es ist, wenn man sich in der<br />
Küche auf das Wesentliche<br />
konzentrieren kann.<br />
Diesen Gedanken hatten<br />
Dominik Richter, Jessi ca<br />
Nilsson und Thomas Griesel,<br />
als sie 2011 mit der Ankündigung,<br />
„die Art des Essens<br />
zu revolutionieren“, ihr Unternehmen<br />
HelloFresh gründeten.<br />
Der Lösungs ansatz<br />
des Berliner Start-ups: Kochboxen.<br />
Individualisiert und<br />
auf jeden Geschmack abgestimmt<br />
– mit dem Versprechen,<br />
dem Kunden Zeit,<br />
Geld und Stress zu ersparen.<br />
HelloFresh ist heute ein<br />
Lebensmittellieferant, präziser:<br />
ein Zutatenlieferant.<br />
Wer per App (oder online)<br />
die gewünschten Speisen<br />
ordert, kriegt eine Kiste nach<br />
Hause geliefert. Darin befinden<br />
sich, neben genauen<br />
Kochrezepten, die erwähnten<br />
frischen Zutaten, die –<br />
und jetzt kommt’s – für die<br />
jeweiligen Speisen exakt<br />
dosiert sind, wie etwa ein<br />
20-Gramm-Würfel Butter.<br />
„So kann beim Kochen<br />
der Gerichte fast nichts<br />
schiefgehen – auch nicht<br />
DOMINIK<br />
RICHTER UND<br />
THOMAS<br />
GRIESEL ,<br />
GRÜNDER VON<br />
HELLOFRESH<br />
„Gesundes,<br />
selbst gekochtes<br />
Essen ist<br />
möglich – auch<br />
ohne in den<br />
Supermarkt<br />
zu hetzen, um<br />
frische Zutaten<br />
einzukaufen.“<br />
bei Kochanfängern. Außerdem<br />
wird Lebensmittelverschwendung<br />
vermieden“,<br />
sagt HelloFresh-Mitgründer<br />
Dominik Richter, „und viele<br />
Kunden finden einfach wieder<br />
Gefallen daran, sich ihr<br />
Essen selbst zuzubereiten.“<br />
Die in passender Menge<br />
gelieferten Lebensmittel<br />
kommen von ausgewählten<br />
Produzenten – Frische und<br />
Qualität sind auf diese Art<br />
garantiert – und sind in<br />
nahezu vollständig recycelbaren<br />
Materialien verpackt.<br />
NACHHALTIGER ERFOLG<br />
2017 zählte HelloFresh<br />
1,3 Millionen Kunden. Heute<br />
abonnieren schon 5 Millionen<br />
Menschen in 14 Ländern<br />
den Dienst. Im nächsten<br />
Schritt der Essensrevolution<br />
bietet HelloFresh Unternehmen<br />
und Betriebskantinen<br />
Kühlschränke als Essensautomaten<br />
an – gefüllt mit<br />
abwechslungsreicher und<br />
gesunder Kost …<br />
HelloFresh gibt’s im Abo<br />
ab 4,25 Euro pro Portion:<br />
hellofresh.de<br />
HELLO FRESH FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG<br />
14 INNOVATOR
3 TAGE, 19 STUNDEN,<br />
14 MINUTEN<br />
So lange benötigte Howard Hughes<br />
für seine Weltumrundung, die ihn<br />
1938 zum schnellsten Mann der<br />
Lüfte machte. Bei der Bestimmung<br />
der Position seines Flugzeugs in der<br />
Nacht und über dem Ozean vertraute<br />
er auf einen Longines-Chronometer,<br />
der speziell für die astronomische<br />
Navigation entwickelt worden war.<br />
Howard Hughes
BULLEVARD <br />
MOBILITÄT<br />
GONDELN<br />
FÜR ALLE<br />
Straßenbahn, next Level: Die Ingenieure<br />
von Ottobahn aus München wollen<br />
dem Stadtverkehr mit ihrem System<br />
neue Luft verschaffen.<br />
MARC<br />
SCHINDLER,<br />
MANAGING<br />
DIRECTOR<br />
OTTOBAHN<br />
Seit 2019 treibt<br />
der Wirtschaftsingenieur<br />
das<br />
Projekt mit<br />
einem Team<br />
aus Softwareentwicklern<br />
und Maschinenbauern<br />
voran.<br />
In unseren Städten wird<br />
es immer enger. Viele<br />
Verkehrsmittel – Autos, Lastwagen,<br />
Fahrräder, Straßenbahnen,<br />
Busse, E-Scooter und<br />
vielleicht bald autonome<br />
Fahrzeuge – konkurrieren<br />
um den Platz auf der Straße.<br />
Wohin soll das noch führen?<br />
„Wir müssen in die dritte<br />
Ebene gehen. Dort gibt es<br />
Raum, der heute noch nicht<br />
genutzt ist“, sagt Marc Schindler,<br />
41, Managing Director des<br />
Start-ups Ottobahn (er selbst<br />
bezeichnet sich als „Can Do<br />
Officer“). Das Unternehmen<br />
aus München hat ein komplett<br />
neues Verkehrskonzept entwickelt,<br />
in dem Gondeln die<br />
Verkehrsteilnehmer abholen<br />
und ohne anzuhalten an ihr<br />
Ziel bringen – eine Mischung<br />
aus Individualverkehr und<br />
öffentlichem Schienennetz,<br />
das die Vorteile beider Mobilitätsformen<br />
kombiniert.<br />
Die Gondeln rollen energieeffizient<br />
auf Schienen in 5 bis<br />
10 Meter Höhe. Am Ziel angekommen,<br />
sinken sie auf<br />
Straßenniveau herab.<br />
Autonome Straßenfahrzeuge<br />
seien, so Schindler,<br />
nicht in der Lage, das Problem<br />
verstopfter Städte zu<br />
lösen. „Außerdem ist unser<br />
Konzept viel einfacher. Das<br />
System Straßenverkehr beinhaltet<br />
ja neben den Autos<br />
„WIR MÜSSEN<br />
IN DIE DRITTE EBENE<br />
GEHEN. DORT GIBT ES<br />
UNGENUTZTEN RAUM.“<br />
In fünf bis zehn Meter Höhe sollen<br />
die Gondeln nach Marc Schindlers<br />
Plänen an Schienen hängen.<br />
OTTOBAHN GMBH MARC DECKERT JOHANNES LANG<br />
16 INNOVATOR
INNOVATOR<br />
auch noch Radfahrer und<br />
Fußgänger.“ Diese Variablen<br />
fallen beim „ottonomen Fahren“<br />
weg. Das bedeutet, dass<br />
die Rechenkraft ganz darauf<br />
verwendet werden kann, die<br />
Gondeln schnell und sicher<br />
zum Ziel zu bringen.<br />
Alle Zeichen auf Grün:<br />
Angetrieben von erneuerbaren<br />
Energien, soll Ottobahn<br />
emissionsfrei unterwegs sein.<br />
PROBLEME VOR ORT<br />
Ottobahn hat bereits einen<br />
Gondelprototyp, der in den<br />
300 m² großen Räumen des<br />
Unternehmens unterwegs ist.<br />
Die Planungen für eine Außen-<br />
Referenzstrecke laufen bereits<br />
auf Hochtouren. Das<br />
Start-up versteht sich hauptsächlich<br />
als Softwareschmiede<br />
mit zusätzlicher Ingenieurskompetenz.<br />
Die größte<br />
Herausforderung liegt für<br />
Schindler aber weder in der<br />
Technologie noch in der Software,<br />
sondern in der Umsetzung<br />
vor Ort: „Es wird nicht<br />
leicht werden, die Menschen<br />
davon zu überzeugen, dass<br />
eine Strecke vor ihrer Haustür<br />
gebaut wird.“<br />
Immerhin: Konzept und<br />
Prototyp von Ottobahn sehen<br />
schon jetzt so attraktiv aus,<br />
dass das Start-up über solche<br />
Hürden hinwegsausen könnte<br />
– in der dritten Ebene.<br />
ottobahn.de<br />
Gemeinsam unterwegs: In eine<br />
Gondel passen vier Passagiere,<br />
überdies soll es spezielle Frachttransport-Einheiten<br />
geben.<br />
Persönliches Shuttle: Fahrgäste<br />
können ihre Ottobahn per App<br />
bestellen, die autonom fahrenden<br />
Gondeln holen sie pünktlich ab.<br />
INNOVATOR 17
BULLEVARD INNOVATOR<br />
CHRISTIAN<br />
REBERNIK,<br />
THOMAS<br />
FUNKE,<br />
GRÜNDER<br />
Doppelt schlau:<br />
Rebernik bringt<br />
seine Erfahrung<br />
als mehrfacher<br />
Gründer ein,<br />
Funke seine Bildungsexpertise.<br />
BILDUNG<br />
DEIN UNI-<br />
ABSCHLUSS<br />
VIA PHONE<br />
Frontale Vorlesungen im<br />
Hörsaal? Oldschool! Zwei<br />
Berliner Gründer bieten ein<br />
Master-Studium via Handy,<br />
das seine Inhalte in der<br />
freien Wildbahn vermittelt.<br />
Noch einmal etwas Neues<br />
lernen – etwas, was<br />
mich auf die Arbeitswelt von<br />
morgen vorbereitet und vielleicht<br />
sogar den Planeten besser<br />
macht. Diesen Wunsch hegen<br />
viele Menschen. Wie aber<br />
soll das gehen, neben Berufsalltag<br />
und vielleicht noch Kinderbetreuung?<br />
Zum Beispiel<br />
mit Online-Lektionen zu Themen<br />
wie Nachhaltigkeit und<br />
Technologie, die eigens für<br />
Smartphones optimiert und<br />
in Häppchen unterteilt sind<br />
(„ bite-sized learning“), sodass<br />
ich sie auch in der U-Bahn konsumieren<br />
kann. Und mit einer<br />
Methode, nach der die Studierenden<br />
sämtliche In halte lernen,<br />
indem sie Herausforderungen<br />
(„Challenges“) lösen –<br />
mal alleine, mal in der Gruppe.<br />
So bieten es Seriengründer<br />
Christian Rebernik, 43, und<br />
Bildungsexperte Thomas<br />
Funke, 37, auf ihrer Plattform<br />
Tomorrow’s Education an.<br />
Schon im April startet der<br />
mit der Wirtschaftsuniversität<br />
Wien entwickelte zweijährige<br />
berufsbegleitende Master-<br />
Studiengang in SET (Sustai-<br />
Mit tomorrows.education<br />
verlegst du den Hörsaal<br />
jederzeit genau dorthin,<br />
wo du gerade bist.<br />
nability, Entrepreneurship<br />
and Technology). „Die Studierenden<br />
können lernen,<br />
wo sie gerade sind – zu einer<br />
Tageszeit, die ihnen passt.<br />
Und im eigenen Tempo“, sagt<br />
Christian Rebernik. Die Aufgaben<br />
reichen von Solo-Challenges<br />
bis zu komplexen Herausforderungen<br />
wie „Entwickle<br />
ein Geschäftsmodell,<br />
das den CO 2 -Fußabdruck reduziert“.<br />
Dank des radikalen<br />
Praxisbezugs sind die Studierenden<br />
anschließend optimal<br />
auf künftige Jobs vorbereitet.<br />
tomorrows.education<br />
MARC DECKERT JOHANNES LANG<br />
18 INNOVATOR
BULLEVARD INNOVATOR<br />
GETTY IMAGES FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG<br />
KOMMUNIKATION<br />
SO BLEIBST<br />
DU IM<br />
GESPRÄCH<br />
Du fühlst dich einsam? Oder<br />
möchtest einfach mit jemandem<br />
über dein ausgefallenes Hobby<br />
plaudern? Die Online-Plattform<br />
Ahoyly findet den richtigen<br />
Partner für dich.<br />
Die Vorstellung, Freunde<br />
und Familie wochenlang<br />
nicht sehen zu können, schien<br />
vor gut einem Jahr noch<br />
absurd. Dann kam Corona.<br />
Und vielen von uns wurde<br />
bewusst, wie wichtig der Austausch<br />
mit anderen Menschen<br />
für unser eigenes Wohlbefinden<br />
ist. Aus diesem Grund<br />
starteten Ania Krol und Fabian<br />
Henze im April 2020 Ahoyly –<br />
eine kostenlose Online-Plattform,<br />
auf der man sich mit<br />
Gleichgesinnten verbinden<br />
kann. Die Anmeldung dauert<br />
kaum zwei Minuten: Du gibst<br />
deine Interessen an (anhand<br />
dieser schlägt der Algorithmus<br />
Gesprächspartner vor)<br />
und einen bevorzugten Kommunikationskanal<br />
(Skype,<br />
Zoom etc.). Wirkt eine Person<br />
interessant, schickst du ihr<br />
eine Anfrage – und los geht’s!<br />
Warum das deutsche Start-up<br />
auch nach der Ausgangssperre<br />
relevant ist, erklärt Krol hier.<br />
innovator: Wie kam euch<br />
die Idee zu Ahoyly?<br />
ania krol: Die Corona-Ausgangssperre<br />
war der Auslöser.<br />
Obwohl wir uns gut kennen,<br />
gingen Fabian und mir irgendwann<br />
die Gesprächsthemen<br />
aus. Wir wollten uns mit neuen<br />
Menschen unterhalten –<br />
und andere Menschen miteinander<br />
vernetzen.<br />
Ist Telefonieren nicht out?<br />
Bei anregenden Unterhaltun-<br />
Neben ihrer Arbeit<br />
am Portal Ahoyly<br />
coacht Ania Krol<br />
andere Start-ups<br />
und Freelancer.<br />
gen bauen wir Stress ab, beim<br />
Texten fehlt es oft an tieferen<br />
Verbindungen. Deshalb ermutigen<br />
wir Nutzer zu Telefon-<br />
oder Videoanrufen.<br />
Wer verwendet Ahoyly?<br />
Männer und Frauen halten<br />
sich in etwa die Waage. Der<br />
Altersdurchschnitt liegt zwischen<br />
20 und 55 Jahren. Der<br />
älteste mir bekannte Nutzer<br />
ist 89 Jahre alt! Das am häufigsten<br />
diskutierte Thema<br />
war bis jetzt das Reisen.<br />
Wie sieht die Zukunft für<br />
Ahoyly nach der Corona-<br />
Krise aus?<br />
Viele von uns haben Interessen,<br />
die niemand im näheren<br />
Umfeld teilt. Was tun, wenn<br />
du dein Portugiesisch auffrischen<br />
willst, aber kein Portugiese<br />
in Sicht ist? Deshalb<br />
ist es unser Ziel, mehr internationale<br />
Dialoge zu fördern.<br />
ahoyly.com<br />
INNOVATOR 19
AUF DEM SPRUNG IN<br />
DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT?<br />
Wie Sie alle<br />
Hürden meistern:<br />
www.wingfinder.com<br />
F R E E A S S E S S M E N T
GRÜN<br />
IST<br />
DIE<br />
ZUKUNFT!<br />
Eine Digital-Aktivistin, die das Prinzip<br />
Fair Fashion auf die Spitze treibt, ein<br />
Formel-1-Weltmeister, der E-Mobilität<br />
zum Sieg verhelfen will, eine App,<br />
mit der du laufen und dabei Bäume<br />
pflanzen kannst – willkommen zu einem<br />
Umwelt-Spezial abseits des Alltäglichen!
G R E E N<br />
I S S U E<br />
DIE<br />
WELT<br />
Sie treibt das Prinzip<br />
Fair Fashion auf die Spitze,<br />
schrieb einen Bestseller<br />
übers Weltretten und<br />
inspiriert als<br />
DariaDaria<br />
auf Instagram Hunderttausende,<br />
besser zum Planeten<br />
und zu sich selbst zu sein.<br />
Hier erklärt Madeleine<br />
Alizadeh, 31, warum<br />
Ehrlichkeit das beste<br />
Werkzeug für Veränderung<br />
ist und wie jeder seinen<br />
ersten Schritt findet.
BRAUCHT<br />
MEHR<br />
EHRLICHKEIT<br />
TEXT: Waltraud Hable FOTOS: Hilde Van Mas<br />
INNOVATOR 23
Es kommt der Zeitpunkt, da kannst du deine innere<br />
Stimme nicht länger ignorieren. 2013 ist<br />
für Madeleine Alizadeh so ein Punkt. Und das<br />
ging so: Ihr privater Blog DariaDaria läuft gut.<br />
Mode firmen zahlen dafür, dass sie deren Produkte<br />
bewirbt. Dann stürzt in Bangladesch die<br />
Textil fabrik Rana Plaza ein. Mehr als tausend<br />
Menschen sterben. Fast zeitgleich sieht Made leine<br />
die Doku „Gift auf unserer Haut“ über Missstände<br />
in der Lederindustrie. Die Wienerin beschließt:<br />
Schluss mit Billigmode und Lifestyle-Blabla. Ab<br />
sofort will sie sich für Themen einsetzen, die ihren<br />
Moral- und Ethikvorstellungen besser entsprechen.<br />
Madeleine Alizadeh – Ex-Politikwissenschaft-Studentin<br />
und Tochter eines iranischen<br />
Menschenrechtsaktivisten – beginnt, über nachhaltige<br />
Mode, Umweltschutz und Flüchtlings hilfe<br />
zu schreiben. „Anfangs dachte ich: Wahrscheinlich<br />
muss ich mir damit einen neuen Job suchen.“<br />
Doch mit Offenheit und Verletzlichkeit wird<br />
Alizadeh zu einer starken Stimme, die sogar vor<br />
dem Europäischen Parlament reden darf. Ihr<br />
2019 erschienenes Buch „Starkes weiches Herz“<br />
– ein Plädoyer, sich mit Mut und Liebe für Themen<br />
wie Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung<br />
einzusetzen – landet in Deutschland auf Platz 3<br />
der „Spiegel“-Bestsellerliste. Ihr Podcast „a mindful<br />
mess“ verbindet Persönlichkeitsentwicklung<br />
mit Meditation. Und sie gründet ihr eigenes Öko-<br />
Modelabel dariadéh. Was man aus diesem kurzen<br />
Lebenslauf lernen kann? Erstens: Große Veränderungen<br />
sind machbar, wenn man sie wirklich<br />
will. Zweitens: Madeleine Alizadeh erreicht viele<br />
Menschen, weil sie vorlebt, dass man auch als<br />
Aktivistin keine Heilige sein muss. Es geht beides:<br />
Engagement und Fehler. Konsumkritisch und<br />
konsumfreudig sein. Wütend und optimistisch.<br />
inno vator: Du bist Vorbild von Beruf.<br />
Trotzdem ist dein ökologischer Fußabdruck<br />
alles andere als vorbildlich, sagst du.<br />
madeleine alizadeh: Er ist genau genommen<br />
eine Katastrophe. (Lacht.)<br />
Warum? Kein Ökostrom, kein Fahrrad statt<br />
dem Auto?<br />
Doch, ich beziehe Ökostrom, und ich<br />
ernähre mich zu 95 Prozent vegan.<br />
Aber man weiß ja: Je höher der<br />
Lebensstandard, desto gravierender<br />
der CO 2<br />
-Fußabdruck – und als<br />
jemand, der in einem der reicheren<br />
Länder lebt und zu den Besserverdienenden<br />
gehört, ist mein CO 2<br />
-<br />
Fußabdruck auch exponenziell größer.<br />
Konkret: Ich lebe in einer großen<br />
Wohnung. Ich besitze ein iPhone.<br />
Ich habe für mein Unternehmen<br />
ein Elektroauto angeschafft, mache<br />
Langstreckenflüge zu Freunden<br />
oder zu meiner Familie in den USA.<br />
Das mag viele irritieren. Aber nur<br />
weil ich aktivistisch tätig bin, heißt<br />
das nicht, dass ich keine Fehler<br />
mache oder in einer Höhle leben<br />
muss. Diese Erwartungshaltung finde<br />
ich auch falsch, denn sie lenkt vom<br />
eigentlichen Diskurs ab.<br />
Was ist der eigentliche Diskurs?<br />
Wir dürfen Nachhaltigkeit nicht nur<br />
auf die KonsumentInnen abwälzen.<br />
Mit dem Verzicht auf Plastikstrohhalme<br />
und mit dem Kauf von Bio-<br />
Baumwolle allein wird sich die Welt<br />
nicht retten lassen. Denn für die<br />
größten Treibhausgas-Emissionen<br />
sind nicht wir, sondern die Industrie<br />
verantwortlich. Laut einer Studie verursachen<br />
100 Unternehmen 71 Prozent<br />
der weltweiten Emissionen.<br />
Was schlägst du vor?<br />
Dass wir die Politik und die großen<br />
Konzerne in die Pflicht nehmen. Denn<br />
ich kann noch so viele Flugreisen aus<br />
meinem Alltag streichen – aber wenn<br />
jenen, die 70 Prozent der Emissionen<br />
verursachen, weiterhin das Geld in<br />
den Hintern geschoben wird und<br />
Gesetze im Interesse entsprechender<br />
Lobbys verabschiedet werden, ändert<br />
sich leider wenig.<br />
„Oft liegt es<br />
tatsächlich<br />
an der jüngeren<br />
Generation,<br />
mit neuen Ideen<br />
daherzukommen<br />
und ein System<br />
aufzubrechen.“<br />
24 INNOVATOR
Blick für andere:<br />
Alizadeh wirbt<br />
auch für ein<br />
herzlicheres Klima<br />
im täglichen<br />
Miteinander.<br />
SO WEIT,<br />
SO GUT<br />
2010<br />
DER START<br />
Alizadeh<br />
gründet ihren<br />
eigenen<br />
Modeblog<br />
dariadaria.com<br />
2013<br />
DER<br />
WECHSEL<br />
Von nun an<br />
konzentriert<br />
sie sich auf<br />
das Thema<br />
Nachhaltigkeit.<br />
2015<br />
DER APPELL<br />
In der Flüchtlingskrise<br />
engagiert<br />
sich Alizadeh<br />
öffentlich<br />
für Geflohene.<br />
2017<br />
DIE<br />
ERGÄNZUNG<br />
Podcast „a<br />
mindful mess“,<br />
Fashion-Label<br />
dariadéh.<br />
2019<br />
DAS BUCH<br />
Ihr Erstling<br />
„Starkes<br />
weiches Herz“<br />
erscheint.<br />
2019<br />
DIE WAHL<br />
Alizadeh<br />
unterstützt<br />
Die Grünen<br />
bei der österreichischen<br />
Nationalratswahl.<br />
25
26 INNOVATOR
DATEN <br />
ABFRAGE<br />
Über 310.000<br />
Menschen folgen<br />
Alizadehs Account<br />
DariaDaria auf<br />
Instagram, auf<br />
Facebook sind<br />
es rund 60.000.<br />
36<br />
verschiedene<br />
nachhaltige<br />
Fashion-Produkte<br />
bietet Alizadeh<br />
in ihrem Shop<br />
dariadeh.com<br />
10–15 Prozent<br />
beträgt Alizadehs<br />
Gewinnmarge,<br />
die sie langsam<br />
steigern will.<br />
50 Cent<br />
spendet Alizadeh<br />
bei jeder Bestellung<br />
an karitative<br />
Organisationen.<br />
Platz 3<br />
erreichte ihr Buch<br />
„Starkes weiches<br />
Herz“ in der<br />
Bestsellerliste.<br />
Wer sich engagieren will, kann also nicht<br />
unpolitisch bleiben?<br />
Absolut. Am Ende des Tages kommt es halt auch<br />
darauf an, die richtigen Parteien zu wählen.<br />
Trotzdem, lass uns einen Schritt zurückgehen:<br />
Was kann ich im Kleinen für den Planeten tun?<br />
Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Aktivismus ist immer<br />
auch eine Frage persönlicher Ressourcen<br />
– das muss ich vorausschicken. Eine alleinerziehende<br />
Mutter mit drei Kindern kann man nicht<br />
dafür verurteilen, dass sie ihre Baby-Bodys bei<br />
H & M kauft und nicht beim ökofairen Label. Ich<br />
finde, jeder soll machen, was er im Rahmen seiner<br />
Möglichkeiten machen kann – und will. Aber,<br />
um eine Antwort zu geben: Einen Impact auf<br />
unser Klima haben etwa Lebensmittel und Landwirtschaft.<br />
Ich kann mich etwa fragen: Will ich<br />
wirklich dreimal pro Woche Fleisch essen? Oder<br />
bloß einmal im Monat?<br />
Oder gleich vegetarisch essen?<br />
Vegetarier leben nicht automatisch nachhaltiger<br />
– mancher Schweizer Käse hat eine schlechtere<br />
Ökobilanz als eine Avocado. Es geht um das<br />
Bewusstsein, woher die Nahrung kommt und<br />
wie sie hergestellt wird.<br />
Was kann ich in Sachen Kleidung machen?<br />
Für mich fasst es ein Zitat von Designerin Vivienne<br />
Westwood gut zusammen: „Buy less. Choose<br />
well. Make it last.“ Konsumiere weniger. Hinterfrage:<br />
Wie viel Kleidung brauche ich wirklich?<br />
Welche Farben lassen sich vielfältig kombinieren?<br />
80 Prozent des Inhalts unseres Kleiderschranks<br />
hängen meist ungetragen herum. Und<br />
wenn ich mir etwas zulege, sollte ich die Sachen<br />
möglichst lange tragen können, sie richtig pflegen<br />
und gegebenenfalls reparieren. So kann<br />
auch Fast Fashion etwas „nachhaltiger“ werden.<br />
Auf Social Media beschränken viele ihr<br />
Engagement auf Hashtags. #greenplanet,<br />
#changetheworld. Entmutigt das?<br />
Nein. Natürlich ist dieser Pseudoaktivismus<br />
manchmal irritierend. Bei Black Lives Matter<br />
haben alle schwarze Kacheln auf Instagram<br />
gepostet und kundgetan, sie unterstützen Black<br />
Business. Ein, zwei Wochen später war nichts<br />
mehr davon zu hören. Aber das hat es schon<br />
immer gegeben. Es gibt Leute, die ketten sich<br />
tagelang an Bäume, andere tragen nur einen<br />
Anstecker mit „Rettet die Natur“.<br />
Warum kommen die einen in die Gänge,<br />
die anderen nicht?<br />
Wenn jemand sich nicht engagiert, heißt das<br />
nicht, dass er oder sie zwangsweise faul ist. Vielleicht<br />
stecken Ängste dahinter, Unwissenheit, ein<br />
Mangel an Zeit und Ressourcen. Das muss man<br />
evaluieren. Und es müssen auch nicht alle gleich<br />
stark aktiv werden. Wichtig finde ich letztlich<br />
nur, dass es Menschen gibt – vor allem in Machtpositionen<br />
–, die die Dinge ausbalancieren und<br />
für sozial-ökologische Gerechtigkeit<br />
sorgen.<br />
Du hast 2010 als Modebloggerin<br />
begonnen und bist nach drei Jahren<br />
zum Thema Nachhaltigkeit umgeschwenkt.<br />
Wie viele haben dich<br />
für diesen Schritt belächelt?<br />
Interessanterweise habe ich bis heute<br />
oft noch den Stempel des Modepüppchens<br />
– obwohl ich seit sieben Jahren<br />
als Unternehmerin, Aktivistin und<br />
Autorin tätig bin. Ich schätze, man<br />
denkt: „Ah, die ist auf Instagram, die<br />
sieht so und so aus“ – und schon hat<br />
man ein Bild im Kopf, was jemand<br />
macht oder nicht macht.<br />
Wie hast du anfangs den Mut gefunden,<br />
öffentlich Themen anzusprechen,<br />
für die es immer kompetentere<br />
ExpertInnen geben wird?<br />
Es ist ein Prozess. Man muss sich<br />
natürlich einlesen und sich an die<br />
Fakten halten, um keine gefährlichen<br />
Falschinformationen zu verbreiten.<br />
Einen Doktortitel braucht es aber<br />
nicht, um am Diskurs teilnehmen zu<br />
dürfen. Wer nicht gleich als <strong>Red</strong>nerIn<br />
auf die Bühne treten will, kann ja<br />
auch erst mal im Hintergrund einer<br />
Bewegung helfen. Für mich persönlich<br />
war sicherlich wichtig, ein Selbstverständnis<br />
dafür zu entwickeln, dass<br />
ich mir Raum in der Gesellschaft nehmen<br />
darf. Gerade als Frau wird man<br />
ja eher dazu sozialisiert, sich kleinzuhalten<br />
und nicht zu laut zu sein.<br />
Du schreibst in deinem Buch, dass<br />
es helfen würde, weniger elitär<br />
mit dem Mikrofon umzugehen.<br />
Was meinst du damit?<br />
Wir sprechen gerne jenen Menschen<br />
Expertenstatus zu, die ein gewisses<br />
Alter, Erfahrung, Titel oder Verbindungen<br />
haben. Aber diese Menschen<br />
haben nicht unbedingt das Richtige<br />
zu sagen. Oft liegt es tatsächlich an<br />
der jüngeren Generation, mit neuen<br />
Ideen daherzukommen und ein System<br />
aufzubrechen. Fridays for Future<br />
und die Klimaschutzbewegung sind<br />
ein schönes Beispiel dafür. Oder der<br />
TED-Talk mit einer 17-jährigen Schülerin,<br />
den ich auch im Buch zitiere.<br />
Sie sagt zu Beginn: „Ihr erwartet jetzt<br />
sicher, dass ich einen Jugendnobelpreis<br />
gewonnen habe, weil ich auf<br />
der Bühne stehen darf.“ Aber ihr<br />
Vortrag thematisiert bloß, dass wir<br />
jungen Menschen zuhören sollen,<br />
auch wenn sie vielleicht noch nichts<br />
„vollbracht“ haben.<br />
INNOVATOR 27
Auf Instagram hast du über 300.000 Follower.<br />
Wie wichtig sind die sozialen Medien fürs<br />
Weltretten?<br />
Ich würde da unterscheiden: <strong>Red</strong>en wir von<br />
einem Individuum oder von einer Bewegung?<br />
Als Einzelperson muss ich nicht unbedingt auf<br />
Instagram oder Twitter sein, obwohl es natürlich<br />
hilft, sein Anliegen bekannter zu machen. Es<br />
gibt Leute, die auch ohne soziale Medien viel bewirkt<br />
haben. Für Organisationen hingegen sind<br />
soziale Medien sicher wichtig – allein schon,<br />
um Veranstaltungen zu posten. Es braucht aber<br />
keinen perfekt betreuten Account – wichtiger<br />
ist eine gute Strategie, damit sich das Wort verbreitet<br />
und die Leute auf die Straße gehen.<br />
Fehler sind erlaubt:<br />
Wer sich für<br />
mehr Nachhaltigkeit<br />
engagiert,<br />
muss deswegen<br />
kein ökologisch<br />
makelloses Leben<br />
führen, findet<br />
Alizadeh.<br />
Weltretten braucht darüber hinaus viel<br />
Optimismus. Wie bewahrt man sich diesen?<br />
Ich glaube, indem man sich einer Sache verschreibt,<br />
aber sich nicht in ihr verliert oder sich<br />
selbst dafür aufgibt. Ich musste mich etwa besser<br />
abgrenzen lernen und mehr auf meine mentale<br />
Gesundheit achten. Das bedeutet, dass ich<br />
bewusst Dinge in meinen Alltag integriere, die<br />
ich liebe und die mich glücklich machen.<br />
„Liebe … oder lass es“ – dein Lebensmotto.<br />
Richtig. Mit dem Hund kuscheln. Freunde<br />
umarmen. Das herrliche Weißbrot essen, auch<br />
wenn das trockene Vollkornbrot wahrscheinlich<br />
ein bisschen gesünder wäre. Liebe ist für mich in<br />
vielen Kleinigkeiten des Lebens zu finden. Diese<br />
Kleinigkeiten ergeben eine Art Schutzmantel,<br />
sie geben mir Kraft. Pragmatisch-rational an<br />
die Dinge heranzugehen hilft aber auch. Luisa<br />
Neubauer, die deutsche Klimaschutzaktivistin,<br />
hat dazu mal gesagt, sie sei „Possibilistin“.<br />
Was ist denn das?<br />
Das heißt, sie ist weder Optimistin noch Pessimistin,<br />
aber sie glaubt an die „possibilities“,<br />
also an Möglichkeiten. Das fand ich sehr schön.<br />
Mit all diesen Möglichkeiten: Ist die Zukunft<br />
vielleicht besser als ihr Ruf?<br />
Ich denke: ja. Wir haben Lösungsansätze für<br />
viele Probleme. Jetzt gilt es nur noch, diese<br />
auch anzuwenden.<br />
Öko-Mode, Klimaschutz, Tierrechte, Flüchtlingshilfe.<br />
Was ist der gemeinsame Nenner<br />
bei all deinen Projekten?<br />
Gerechtigkeit! Ich hatte schon als Kind einen<br />
stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und<br />
ich schätze, in Summe geht es mir auch um ein<br />
wärmeres Klima in der Gesellschaft. Das beginnt<br />
schon mit kleinen Dingen. Mit Zivilcourage.<br />
Oder dass man der Frau mit dem Kinderwagen<br />
hilft. Jemanden, der verloren aussieht, fragt,<br />
ob sie oder er Hilfe braucht. Sich ehrenamtlich<br />
engagiert.<br />
Du hast mal in einem Vortrag gesagt: Wenn<br />
man übers Weltretten sprechen will, muss<br />
28 INNOVATOR
man auch über die großen Gefühle<br />
sprechen. Du meintest damit aber<br />
nicht etwa Mitgefühl, sondern Wut.<br />
Ich finde es wichtig, der Wut Raum<br />
zu geben, weil sie wie jedes Gefühl<br />
Raum braucht. Gerade Frauen laufen<br />
Gefahr, die zurückgehaltene Aggression<br />
gegen sich selbst zu richten –<br />
weil Wut eine Emotion ist, die ihnen<br />
oft nicht erlaubt wurde. Wut zeigt einem,<br />
wo etwas Ungerechtes passiert.<br />
Was macht dich wütend?<br />
Sehr vieles. Dass unsere Welt alles<br />
und jeden stereotypisieren will.<br />
Massentierhaltung. Die Zerstörung<br />
der Wälder. Oder wenn ich dafür angegangen<br />
werde, dass ich für meine<br />
Wohnung ein gebrauchtes Ikea-Regal<br />
kaufe, weil ich damit angeblich die<br />
Massenmöbel-Produktion unterstütze.<br />
Das macht mich wütend, denn es<br />
ist Kritik an der falschen Stelle. Zuallererst<br />
sollte man die angehen, die<br />
es den Unternehmen leicht machen,<br />
schnell und billig zu produzieren.<br />
Laut Studien erleben Menschen, die<br />
sich ehrenamtlich engagieren, mehr<br />
Gegenwind als Leute, die nichts tun.<br />
Kannst du das bestätigen?<br />
Ja. Als ich noch über Fast Fashion<br />
geschrieben habe, gab’s keine bösen<br />
Kommentare. Aber ich sage mal<br />
so: Wenn man sich von der Idee<br />
verabschiedet, dass alle immer nett<br />
zueinander sein werden, ist das<br />
recht befreiend. Trotzdem nehme ich<br />
manchmal Supervision und Coaching<br />
in Anspruch, um zu lernen, mich noch<br />
besser abgrenzen zu können.<br />
Neben Liebe und Wut ist ein weiteres<br />
Schlüsselthema für dich<br />
Ehrlichkeit. Warum?<br />
Ich glaube, wenn wir alle ehrlicher<br />
wären, hätten wir viele Probleme<br />
nicht: Korruption, Ressourcenverschwendung,<br />
Misstrauen in der<br />
Politik. Würden die Menschen zum<br />
Beispiel zugeben, „Hey, ich hab total<br />
Angst. Diese Sache mit dem Klima ist<br />
so komplex – ich verstehe nicht, was<br />
da passiert“, wäre es leichter, in einen<br />
Dialog zu treten, als wenn sich jemand<br />
im stillen Kämmerchen fürchtet und<br />
sich eine Verschwörungserzählung als<br />
Ventil sucht. Dann wird es schwierig,<br />
zu kommunizieren.<br />
Du hast in kurzer Zeit viel bewegt.<br />
Warum schaffen das deiner Meinung<br />
nach nicht auch Konzerne?<br />
Ich glaube, bei vielen hapert es daran,<br />
„Ich will zeigen:<br />
Ja, man kann ethisch<br />
und ökologisch verantwortungsbewusst<br />
ein Unternehmen<br />
aufziehen.“<br />
dass sie sich keine Hilfe holen. Sie meinen, sie<br />
hätten das Know-how innerhalb ihres Unternehmens<br />
und müssten alles selbst lösen. Und so<br />
passiert es, dass man den immer gleichen CEOs<br />
zuhört. Meine Frage ist: Wieso holt ihr euch nicht<br />
Nachhaltigskeits-ExpertInnen und beratende<br />
NGOs ins Boot? Neuer Input ist wichtig – denn<br />
darauf beruht ja Innovation. Bei dariadéh, meinem<br />
Mode label, arbeite ich etwa mit einer Agentur<br />
für nachhaltige Textilentwicklung zusammen,<br />
um nach neuen Rohstoffen zu suchen.<br />
Wie tief tauchst du in die Materie ein?<br />
Bist du bei dariadéh in jeden Knopf involviert?<br />
Ja, bis ins kleinste Detail. Es ist irre aufwendig,<br />
ein ökofaires Kleidungsstück herzustellen. Was<br />
mir hilft: Durch meine Blog-Erfahrung habe ich<br />
gelernt, vieles aus dem Blickwinkel der Kundin<br />
zu sehen. Mit diesem Wissen kann ich ganz<br />
andere Produkte entwickeln.<br />
Was heißt „andere“?<br />
Wir arbeiten viel mit Materialien, die wenig<br />
im konventionellen Bereich eingesetzt werden.<br />
Lyocell zum Beispiel, eine aus Zellulose bestehende<br />
Faser. Oder wir verwenden ein Garn,<br />
das schadstofffrei in der Natur zerfallen kann.<br />
Oder: Steinnüsse werden zu Knöpfen geschliffen.<br />
Das erfordert natürlich mehr Testläufe, in denen<br />
geprüft wird, wie das Gewebe aufs Waschen<br />
reagiert, aufs Färben, auf Reibung. Das Streben<br />
nach Perfektionismus muss man da ablegen.<br />
Es wird Reklamationen geben, aber am Ende<br />
bringt mich das weiter.<br />
Wie viel Idealismus braucht es, um ein<br />
nachhaltiges Business aufzuziehen?<br />
Sehr viel – zumal es bis jetzt noch keine steuerlichen<br />
Anreize gibt. Dabei sollte es meiner<br />
Mei nung nach genau umgekehrt sein: Jemand,<br />
der schlecht produziert und unfaire Arbeitsbedingungen<br />
schafft, sollte mehr Steuern zahlen<br />
müssen als jemand, der nachhaltig produziert.<br />
Trotzdem habe ich die Vision, dariadéh zu einem<br />
Konkurrenten für Fast Fashion und vor allem skalierbar<br />
zu machen. Ich will zeigen: Ja, man kann<br />
ethisch und ökologisch verantwortungsbewusst<br />
ein Unternehmen aufziehen.<br />
INNOVATOR 29
G R E E N<br />
I S S U E<br />
Blick nach vorn: Auf<br />
ihren Reisen (hier in<br />
Jordanien) zeigt Teal<br />
die Schönheit der<br />
Natur und warnt vor<br />
deren Zerstörung.<br />
Eins mit dem Ozean:<br />
In ihrer Wahlheimat<br />
Hawaii stürzt sich Teal<br />
oft in die Fluten. Unterwegs<br />
hat sie stets ein<br />
rosa Surfboard dabei.<br />
ALISON’S ADVENTURES/CONNER GUEST<br />
PHOTOGRAPHER, SARAH LEE<br />
30 INNOVATOR
ALISON IM<br />
WUNDERLAND<br />
Die Videos der Amerikanerin<br />
Alison Teal sind so<br />
unterhaltsam, dass sie<br />
die Welt verändern: Die<br />
30 Millionen Likes, die<br />
ihre Filme allein auf TikTok<br />
sammelten, können inzwischen<br />
ordentlich Druck<br />
aufbauen. So half ihre<br />
Arbeit etwa, ein Verbot<br />
von Plastiktüten in Kalifornien<br />
durchzusetzen.<br />
TEXT: Maximilian Reich<br />
E<br />
s war früh klar, dass Alison Teal Abenteurerin<br />
werden würde. Sehr früh.<br />
„Ich bin praktisch in ein Abenteuer<br />
hinein geboren“, sagt die Amerikanerin.<br />
„Meine Eltern waren in den Rocky<br />
Mountains. Ein Schneesturm tobte,<br />
und meine Mutter entschied, mich auf<br />
dem Boden einer Blockhütte zur Welt<br />
zu bringen. Das war wie eine Vorsehung<br />
für mein Leben.“<br />
Alison Teal ist heute Weltreisende<br />
in Sachen Umweltschutz. Ihren Videos<br />
(„Alison’s Adventures“) folgen allein<br />
auf TikTok inzwischen über eine Million<br />
Menschen. „Das Tolle an Social Media<br />
ist, dass mir niemand vorschreibt, was<br />
ich zeigen soll“, sagt sie. „Ich kann schockierende<br />
Bilder posten, die um die<br />
Welt gehen, und helfen, Umweltgesetze<br />
zu ändern.“<br />
Ein Video, in dem sie in Los Angeles<br />
auf ihrem Markenzeichen, einem rosa<br />
Surfbrett aus recycelten Kaffeekapseln,<br />
durch einen zugemüllten Fluss paddelt,<br />
half dabei, ein Gesetz durchzubringen,<br />
das Plastiktüten in Kalifornien verbietet.<br />
Ein anderes sorgte dafür, dass in Hawaii<br />
erst jüngst bestimmte Sonnencremes,<br />
die im Verdacht stehen, das Korallensterben<br />
zu verursachen, aus dem Verkehr<br />
gezogen wurden. Erfolge, die nicht<br />
unbemerkt blieben: Das US-Nachrichtenmagazin<br />
„Time“ be zeichnete sie als<br />
„weiblichen Indiana Jones“. Und 2019<br />
wurde sie eingeladen, in einem TED Talk<br />
über ihr Projekt zu sprechen.<br />
Warum Alison die Rolle als Internet-<br />
Star so liegt, ist schnell erklärt: Die<br />
Be gabung liegt in der Familie. Papa arbeitete<br />
als Fotograf für das US-Magazin<br />
„National Geographic“. Auf Reisen nahm<br />
er die Familie mit und unterrichtete die<br />
Tochter selbst. In einem Alter, in dem<br />
andere Kinder Fahrradfahren üben, war<br />
Alison bereits im Basislager des Mount<br />
Everest, streichelte Alpakas in Peru und<br />
lernte, wie man mit Yak-Kot Feuer macht.<br />
Als Homebase baute sich die Familie<br />
eine Art Baumhaus auf Hawaii. „Unser<br />
Strom kommt von einer Solaranlage, und<br />
unser Truck läuft mit Gemüseöl“, sagt sie<br />
und lacht. Eigentlich lacht Alison ständig.<br />
Es scheint fast ausgeschlossen, dass sie je<br />
schlechte Laune hat. Kunststück, bei der<br />
Umgebung.<br />
Ein Schlüsselerlebnis in Sachen Job<br />
hatte Alison 2013: Da nahm sie bei<br />
„Naked and Afraid“ teil, einer Reality-<br />
Show auf Discovery Channel, in der sie<br />
21 Tage auf einer einsamen Insel der<br />
Malediven verbringen musste. „Ich saß<br />
fast einen Monat am Strand und sah,<br />
wie Plastikmüll aus der ganzen Welt<br />
angespült wurde.“ Nach dem Ende der<br />
Show kehrte sie mit einer Kamera zurück<br />
und drehte ein Video über „Trash Island“<br />
– eine künstliche Insel der Malediven,<br />
die als Mülldeponie genutzt wird. Sie<br />
postete den Film auf Facebook und landete<br />
prompt einen viralen Hit. Eine Aufräumaktion<br />
war die Folge. „Da merkte<br />
ich zum ersten Mal, was man mit Social<br />
Media bewegen kann.“<br />
Sie änderte daraufhin das Konzept<br />
von „Alison’s Adventures“ und legt seither<br />
den Fokus ihrer Filme auf die Naturschönheiten<br />
ihrer Reiseziele. „Wenn wir<br />
uns in die Natur verlieben, wollen wir<br />
sie auch schützen“, sagt sie.<br />
Egal, ob in der kanadischen Wildnis<br />
mit Grizzlybären oder auf einer<br />
Farm in Neuseeland: Witz und Augenzwinkern<br />
müssen immer dabei sein. „Ich<br />
bin schließlich keine Aktivistin, sondern<br />
Enter tainerin. Du musst die Sachen mit<br />
Humor machen, dann wollen die Menschen<br />
sie auch sehen.“<br />
Wie es weitergeht? Abwarten. Aber<br />
so, wie die Dinge bei Alison liegen, wird<br />
es sicher ein Abenteuer.<br />
INNOVATOR 31
G R E E N<br />
I S S U E<br />
TINY HOUSE<br />
RAUM<br />
KAPSEL<br />
Unser Wohnraum<br />
wird knapper, erste<br />
deutsche Politiker<br />
fordern das Verbot<br />
von Einfamilienhäusern.<br />
Die gute Nachricht:<br />
Fürs Leben auf<br />
kleinstem Raum gibt<br />
es smarte Lösungen<br />
– etwa Tiny Houses.<br />
Das Modell Ecocapsule<br />
misst 6,3 Quadratmeter,<br />
bietet mit<br />
Küche, Bad und Bett<br />
aber alles, was man<br />
braucht. Für ein autarkes<br />
Leben auf kleinem<br />
Fuß ist die Kapsel<br />
mit Solar anlage<br />
und Windrad ausgestattet.<br />
Der größte<br />
Vorteil: Sie lässt<br />
sich frei be wegen.<br />
Ab 79.000 Euro;<br />
ecocapsule.sk<br />
32 INNOVATOR
BESSER<br />
GRÜN<br />
LEBEN<br />
Lastenräder mit Extra-Power,<br />
Designerstühle aus Fischernetzen,<br />
klappbare To-go-Becher:<br />
Diese Produkte erleichtern<br />
unser Leben – und erfreuen<br />
gleichzeitig die Umwelt.<br />
TEXT Wolfgang Westermeier<br />
INNOVATOR 33
G R E E N<br />
I S S U E<br />
THERMOSKANNE<br />
GUTE<br />
FLASCHEN<br />
Eine Flasche gegen<br />
die Plastikflut: Wer<br />
eine Ocean Bottle<br />
kauft, finanziert<br />
das Sammeln von<br />
11,4 Kilo Plastikmüll,<br />
was etwa tausend<br />
Plastikflaschen entspricht.<br />
Ein Block-<br />
chain-Überweisungs-<br />
System garantiert,<br />
dass die Sammler<br />
fair bezahlt werden.<br />
Zusatzeffekt: Man<br />
ist selbst im Alltag<br />
noch weniger auf<br />
Plastikflaschen<br />
angewiesen. Die<br />
doppel wandige<br />
Thermos flasche aus<br />
Edelstahl ist clever<br />
konstruiert: Sie hält<br />
Temperaturen über<br />
Stunden konstant,<br />
im Verschlusssystem<br />
ist ein Trinkbecher<br />
integriert, in die<br />
Spülmaschine darf<br />
sie auch. Und im<br />
Boden steckt ein<br />
NFC-Chip, der auf<br />
Wunsch bei jeder<br />
Nachfüllung automatisch<br />
für die Plastiksammler<br />
spendet.<br />
47,95 Euro;<br />
oceanbottle.com<br />
SMARTPHONE-HÜLLE<br />
NATUR<br />
SCHUTZ<br />
Smartphones sind<br />
längst das Cockpit<br />
unseres Lebens. Um<br />
ihre Nachhaltigkeit<br />
ist es allerdings eher<br />
so lala bestellt. Gut,<br />
dass es erste Alternativen<br />
wie das Fairphone<br />
gibt. Mit dieser<br />
Schutzhülle des<br />
Labels 15:21 statt einer<br />
aus Kunststoff<br />
ist zumindest einmal<br />
ein Anfang gemacht.<br />
Diese ist nicht nur<br />
schockabsorbierend<br />
und besonders<br />
wider standsfähig,<br />
sondern darüber hinaus<br />
aus nachwachsendem<br />
und somit<br />
ressourcenschonendem<br />
Kork.<br />
39 Euro;<br />
1521store.com<br />
OCEAN BOTTLE, DIZZCONCEPT.COM, 1521STORE.COM, GOMI.DESIGN<br />
34 INNOVATOR
ARBEITSPLATZ<br />
ÖKO-<br />
NISCHE<br />
Wer noch nicht bereit<br />
fürs Tiny House<br />
ist, kann schon mal<br />
mit dem kleinen Büro<br />
anfangen: Dieser mit<br />
einer Schiebetür verschließbare<br />
Arbeitsplatz<br />
besteht komplett<br />
aus natürlichen<br />
Materialien wie Holz,<br />
Kork, Wolle und Linoleum.<br />
Smarte Technik<br />
wie ein Luftbefeuchter<br />
und UV-<br />
Strahlen zur Bakterienabwehr<br />
sorgen<br />
für ein angenehmes<br />
Klima. Gedacht ist<br />
die Nische etwa<br />
als Rückzugsort im<br />
Großraumbüro. Oder<br />
als Homeoffice?<br />
Preis auf Anfrage;<br />
dizzconcept.com<br />
POWERBANK<br />
KRAFT<br />
PAKET<br />
Perfektes Mitbringsel<br />
aus England:<br />
stylishe Powerbank<br />
aus recyceltem Plastik,<br />
wobei Farbe und<br />
Muster bei jedem<br />
Exemplar einzigartig<br />
sind. Zum Laden<br />
kommen ungenutzte<br />
Batteriezellen zum<br />
Einsatz – zum Beispiel<br />
aus ausrangierten<br />
E‐Scootern.<br />
Die Ladekapazität<br />
wird vorab geprüft<br />
und reicht aus, um<br />
ein Smartphone<br />
fünfmal aufzuladen.<br />
69 Pfund; gomi.design<br />
INNOVATOR 35
G R E E N<br />
I S S U E<br />
LASTEN-E-BIKE<br />
RAD<br />
LADER<br />
„Und wie soll ich meine<br />
Wasserkiste transportieren?“<br />
Wenn<br />
es um die Existenzberechtigung<br />
von<br />
Autos geht, zählt dieses<br />
Argument schon<br />
lange nicht mehr –<br />
schließlich gibt es<br />
Lasten räder mit<br />
E-Motor. Nun können<br />
diese sogar noch<br />
größere Transporte<br />
übernehmen, was sie<br />
auch für Betriebe<br />
interessant macht:<br />
Bis zu 200 Kilo können<br />
die Loadster-<br />
Modelle des Herstellers<br />
Citkar schleppen,<br />
eine Kabine schützt<br />
den Fahrer vor Wind<br />
und Wetter.<br />
Preis auf Anfrage;<br />
citkar.com<br />
BEWÄSSERUNG<br />
SMART<br />
GIESSEN<br />
tem. Der Haken: Die<br />
meisten Modelle werden<br />
von einer simplen<br />
Zeitschaltuhr gesteuert<br />
und wässern<br />
auch dann noch, was<br />
das Zeug hält, wenn<br />
längst der Donner<br />
grollt. Die Cloudrain<br />
hingegen denkt dagegen<br />
mit – und bezieht<br />
Wind, Temperatur,<br />
Feuchtigkeit und<br />
Sonne in ihren Be-<br />
Wer beim Gießen<br />
seines Gartens nicht<br />
immer den Schlauch<br />
in der Hand halten<br />
möchte, braucht ein<br />
Bewässerungssyswässerungsplan<br />
mit<br />
ein. So spart man bis<br />
zu 80 Prozent Wasser.<br />
Mit Kabeln oder<br />
Batterien muss man<br />
sich nicht rumschlagen:<br />
Der Controller<br />
speist sich aus Solarenergie,<br />
dazu gibt’s<br />
eine App.<br />
242,49 Euro;<br />
cloudrain.de<br />
CITKAR.COM, METTE JOHNSEN/WEHLERS, CLOUDRAIN.COM<br />
36 INNOVATOR
MÖBEL<br />
NETZ<br />
WERK<br />
„Rum“ heißt dieser<br />
Stuhl – und wer da<br />
zuerst an Schnaps,<br />
wettergegerbte<br />
Gesichter und Seemannslieder<br />
denkt,<br />
der liegt gar nicht so<br />
falsch. Denn für diese<br />
Sitzgelegenheit<br />
hat das Kopenhagener<br />
Label Wehlers<br />
sogenannte „Geisternetze“<br />
recycelt,<br />
also Fischernetze,<br />
die herrenlos durch<br />
die Weltmeere treiben.<br />
Daher auch der<br />
Name Rum, der für<br />
„Re-Used Materials“<br />
steht. Im Ozean verfangen<br />
sich Tiere in<br />
den Netzen, und ihre<br />
Fasern tragen zur Mikroplastik-Belastung<br />
bei. In jedem Stuhl<br />
stecken zwei Kilo<br />
Netze, die Stuhlbeine<br />
bestehen aus recyceltem<br />
Stahl. Und<br />
natürlich ist das Möbel<br />
selbst ebenfalls<br />
recycelbar – damit<br />
die nächste Generation<br />
auf Designklassikern<br />
und nicht auf<br />
Müllbergen sitzt.<br />
285,99 Euro;<br />
wehlers.com<br />
INNOVATOR 37
G R E E N<br />
I S S U E<br />
DESINFEKTION<br />
DUFTE<br />
LÖSUNG<br />
Endlich ein Desinfektionsmittel,<br />
das weder<br />
nach Operationssaal<br />
noch nach<br />
Schwarzbrennerei<br />
riecht. Die Produkte<br />
von Haan kommen<br />
stattdessen mit so<br />
exquisiten Düften<br />
wie „Dew of Dawn“<br />
oder „Sunset Fleur“<br />
daher. Ein kleines<br />
Licht gibt Signale,<br />
wie es um den Füllstand<br />
steht oder<br />
wann die Batterie<br />
aufgeladen werden<br />
möchte. Gut für die<br />
Umwelt ist der Spender<br />
nicht nur, weil<br />
sich das Desinfektionsmittel<br />
einfach<br />
und unter Vermeidung<br />
von Plastik<br />
nachfüllen lässt.<br />
Das Unternehmen<br />
unterstützt mit seinen<br />
Gewinnen Brunnenprojekte<br />
in Afrika<br />
und garantiert mit<br />
jedem verkauften<br />
Gerät 627 Liter sauberes<br />
Trinkwasser.<br />
Preis auf Anfrage;<br />
haanready.com<br />
38 INNOVATOR
HAANREADY.COM, EVERDROP.DE, WEAREHUNU.COM<br />
REINIGUNG<br />
SAUBER,<br />
SAUBER<br />
Der Sauereien, die in<br />
herkömmlichen Reinigungsmitteln<br />
lange<br />
enthalten waren (und<br />
teilweise noch immer<br />
sind), wird man sich<br />
erst bewusst, wenn<br />
man sich durchliest,<br />
was in diesen alternativen<br />
Produkten<br />
alles nicht drinnen<br />
ist. Mikroplastik,<br />
Acry late, Phosphate<br />
und Chlor etwa. Aber<br />
neben den umweltfreundlichen<br />
Inhaltsstoffen<br />
gibt es noch<br />
weitere Argumente<br />
für die nachhaltigen<br />
Saubermacher des<br />
Münchener Startups.<br />
Statt am Ende<br />
einer Lieferkette zu<br />
stehen, die hektoliterweise<br />
Glasreiniger<br />
in Einweg-Plastikflaschen<br />
durch die<br />
Nation fährt, lässt<br />
man sich hier einfach<br />
ein paar Tabs nach<br />
Hause schicken. Die<br />
löst man in 500 Milliliter<br />
Wasser – und<br />
wischt los. Das spart<br />
nicht nur jede Menge<br />
CO 2 , sondern obendrein<br />
noch Geld. Gibt<br />
es auch für Spülund<br />
Waschmaschine.<br />
Putzmittel-Starterset<br />
34,99 Euro;<br />
everdrop.de<br />
TRINKBECHER<br />
KLAPPT<br />
SUPER<br />
Hand aufs Herz: Wer<br />
hat im Alltag schon<br />
immer einen Mehrwegbecher<br />
dabei,<br />
um auch bei spontan<br />
auftretender Heißgetränkelust<br />
die Umwelt<br />
zu schonen? Der<br />
Hunu Cup macht es<br />
einem leichter denn<br />
je: Der faltbare und<br />
giftstofffreie Silikonbecher<br />
ist im eingeklappten<br />
Zustand<br />
nur zwei Zentimeter<br />
hoch, passt also<br />
wirklich in fast<br />
jede Hosentasche.<br />
Trotzdem fasst er<br />
Cappuccino-taugliche<br />
265 Milliliter.<br />
Und nach dem Trinken?<br />
Wandert der<br />
Becher bedenkenlos<br />
wieder zurück in die<br />
Tasche. Denn er ist<br />
so konstruiert, dass<br />
die Trinköffnung<br />
beim Zusammenfalten<br />
verschlossen<br />
wird. Entwickelt als<br />
Crowdfunding-Projekt<br />
in London, ist<br />
der Hunu-Becher nun<br />
in über 70 Ländern<br />
weltweit erhältlich.<br />
20,95 Euro;<br />
wearehunu.com<br />
INNOVATOR 39
G R E E N<br />
I S S U E<br />
10 IDEEN FÜR<br />
EINE BESSERE<br />
WELT<br />
Laufen und dabei Bäume pflanzen,<br />
Kaugummi aus biologischem<br />
Anbau, Altkleider als wertvoller<br />
Rohstoff: zehn inspirierende<br />
Geschäftsmodelle, die auch für<br />
unseren Planeten ein Gewinn sind.<br />
TEXT: MARC BAUMANN, DAVID MAYER<br />
GETTY IMAGES, MINDFUL MISSION<br />
40 INNOVATOR
MINDFUL MISSION<br />
PRIMA<br />
FÜRS KLIMA<br />
Karim Abdel-Baky ist ein bemerkenswert<br />
gut gelaunter<br />
Mensch. Nur eine Frage im<br />
Interview lässt ihn kurz ernst<br />
werden: „Glauben Sie, dass<br />
wir den Klimawandel noch<br />
rechtzeitig stoppen können?“<br />
Nach einer kurzen Nachdenkpause<br />
antwortet Abdel-Baky:<br />
„Ich bin überzeugt, durch<br />
Technologie und Verhaltensänderung<br />
können wir das<br />
gewaltige Problem lösen.“<br />
Der 24-Jährige und sein<br />
23-jähriger Mitgründer Christoph<br />
Rebernig wollen ihren<br />
Teil dazu beitragen – ihr Ziel<br />
sind eine Million Abonnenten<br />
für ihr Start-up „mindful<br />
mission“. Mit 8 Euro im Monat<br />
kann man damit seinen<br />
CO 2 -Fußabdruck ausgleichen.<br />
mindful mission berechnet,<br />
wie viel CO 2 man verbraucht,<br />
und finanziert im Gegenzug<br />
dann Klimaschutzprojekte, die<br />
CO 2 einsparen. „Unser Motto<br />
ist dabei: erst vermeiden,<br />
dann kompensieren.“ Als ein<br />
Kreuzfahrtunternehmen seine<br />
CO 2 -Bilanz mit mindful mission<br />
verbessern wollte, lehnten<br />
Sieht doch gleich<br />
besser aus: Auf der<br />
hübschen mindfulmission-App<br />
kann<br />
der Nutzer seine<br />
Fortschritte sehen.<br />
Männer mit Mission:<br />
Karim Abdel-Baky,<br />
24, (o.) und Christoph<br />
Rebernig, 23,<br />
wollen CO 2 -Fußabdrücke<br />
verkleinern.<br />
Abdel-Baky und Rebernig ab,<br />
weil sie keine Möglichkeit<br />
sahen, bei dem Konzern CO 2 -<br />
Emissionen zu reduzieren.<br />
„Wir haben viel Zeit in<br />
einen Algorithmus investiert,<br />
der jedem Nutzer regelmäßig<br />
Tipps gibt, wie er seinen Fußabdruck<br />
reduzieren kann“,<br />
sagt Abdel-Baky. Kurz vor dem<br />
Abitur nahm seine Klasse den<br />
Klimawandel durch, und er<br />
bemerkte: Niemand wusste,<br />
wie groß sein CO 2 -Fußabdruck<br />
ist. Aber wie soll man<br />
etwas bekämpfen, was man<br />
nicht kennt? Seither beschäftigt<br />
ihn das Thema.<br />
Und wie sparen die beiden<br />
CO 2 ? Abdel-Baky ernährt sich<br />
überwiegend vegan und fährt<br />
schon mal 15 Stunden Zug,<br />
um einen Flug zu sparen. Eine<br />
Fernreise gönnte er sich aber:<br />
nach Kalifornien, zu einer einmonatigen<br />
Start-up-Schulung.<br />
mindfulmission.earth<br />
INNOVATOR 41
Gesunder Kreislauf:<br />
Aus alter Kleidung<br />
recycelt Alina Bassi,<br />
31, ein Material, aus<br />
dem sich Mode<br />
oder Möbel<br />
fertigen lassen.<br />
KLEIDERLY<br />
GIB<br />
STOFF!<br />
Als Alina Bassi Verwandte im<br />
afrikanischen Tansania besuchte,<br />
fielen ihr Marktstände<br />
auf, die gebrauchte Kleidung<br />
aus Europa verkauften. „Werden<br />
die das alles los?“, fragte<br />
sich die in Berlin lebende<br />
Britin. Sie begann zu recherchieren<br />
und war geschockt:<br />
87 Prozent unserer Kleidung<br />
landet auf Müllhalden, ein<br />
voller Lastwagen pro Sekunde,<br />
wo sie wegen des hohen<br />
Plastikanteils bis zu 200 Jahre<br />
lang nicht verrottet, oder sie<br />
wird verbrannt und verursacht<br />
Unmengen CO 2 . Das kam der<br />
Chemieingenieurin so sinnlos<br />
vor, dass sie jahrelang an einer<br />
Recylingmethode tüftelte.<br />
Nun macht sie aus Altkleidern<br />
ein plastikähnliches Material,<br />
das sie als Rohstoff verkauft.<br />
Daraus entsteht neue<br />
Mode, aber auch Kleiderbügel<br />
oder Möbel. Kreislauf statt<br />
Vernichtung. Ihre 2018 gegründete<br />
Firma Kleiderly hat<br />
erst sieben MitarbeiterInnen,<br />
aber die Industrie signalisiert<br />
großes Interesse. Der Name<br />
Kleiderly ist eine Hommage<br />
an Deutschland, ihre neue<br />
Heimat. Dass das sehr niedlich<br />
klingt angesichts des<br />
Problems, das die Firma löst,<br />
erfuhr Bassi erst später. „So<br />
gut war mein Deutsch nicht.“<br />
kleiderly.com<br />
MIT EINER PATENTIERTEN<br />
METHODE VERWANDELN<br />
SICH ALTKLEIDER IN EINEN<br />
ROHSTOFF.<br />
JONAS HOLTHAUS, FORSUPERHEROES.COM<br />
42 INNOVATOR
FOR SUPER HEROES<br />
AB JETZT<br />
IMMER FLÜSSIG<br />
Das kann man als Jung-Unternehmer<br />
auch mal machen:<br />
auf seine Eltern hören. Ursprünglich<br />
wollten Friedrich<br />
Klinger und seine Mitstreiter<br />
eine Ernährungs-App starten.<br />
„Aber wenn selbst die Eltern<br />
nach zwei Wochen aufhören,<br />
sie zu nutzen, ist das bezeichnend“,<br />
erzählt er. Nach dem<br />
Rückschlag fiel ihnen auf,<br />
dass die Lebensmittel in ihren<br />
Kühlschränken oft vergammelten,<br />
weil sie nicht zum<br />
Kochen kamen.<br />
So entstand die Idee für<br />
For Super Heros: Trinkmahlzeiten<br />
für alle, die es eilig<br />
haben, sich trotzdem gesund<br />
ernähren und Ressourcen<br />
schonen wollen. Sie bestehen<br />
aus rein pflanzlichen Zutaten<br />
wie Beeren, Nüssen oder Algen,<br />
die nach saisonaler Ernte<br />
gefriergetrocknet werden.<br />
Das Pulver 30 Sekunden mit<br />
Wasser aufgießen, umrühren<br />
– fertig sind Smoothie<br />
oder Shake. Bislang sind ihre<br />
Mahlzeiten alle süß, bald<br />
sollen herzhafte Varianten<br />
folgen. „Eines Tages möchten<br />
wir alle Fast-Food-Produkte<br />
gesund herstellen“, so Klinger.<br />
Klingt nach einer Aufgabe<br />
für Superhelden.<br />
forsuperheroes.com<br />
Food-Revoluzzer (v. l.):<br />
die drei Gründer von<br />
For Super Heroes Friedrich<br />
Klinger, 25, Fabio<br />
Schasse de Araujo, 29,<br />
Simon Breidert, 36<br />
EPAP<br />
WEG<br />
MIT<br />
DEM<br />
WISCH<br />
Bei der Wahl zum deutschesten<br />
aller deutschen Worte<br />
hat die „Belegausgabepflicht“<br />
gute Siegchancen. Wie sehr<br />
das nach Amtsstube und<br />
Currywurstflecken auf Kurzarmhemden<br />
klingt! Man kann<br />
die 2020 eingeführte Belegausgabepflicht<br />
aber auch als<br />
Basis für ein Start-up nutzen,<br />
indem man die gedruckten<br />
Kassenzettel im Einzelhandel<br />
durch eine digitale Spielart er<br />
setzt. Man empfängt die Rechnung<br />
auf der epap-App und<br />
spart so bergeweise Papier.<br />
Die Idee dazu kam Mit-<br />
Gründer Sebastian Berger im<br />
Auslandssemester. Den Ordnungsfan<br />
machten insbesondere<br />
die langen Kassenzettel<br />
bei Ikea wahnsinnig. Das<br />
musste doch schlauer gehen.<br />
Drei andere Studenten dachten<br />
das auch, und so entstand<br />
das gemeinsame Start-up.<br />
epap funktioniert schon<br />
mit 18 der 20 großen Kassenhersteller<br />
in Deutschland.<br />
Die Integration erfolgt über<br />
die Kassensoftware, die Anschaffung<br />
oder Befestigung<br />
eines Zusatzgeräts ist nicht<br />
nötig. Händler, die epap einsetzen,<br />
zahlen eine Gebühr,<br />
für Kunden soll es bald kostenpflichtige<br />
Zusatzangebote<br />
geben – wie ein digitales<br />
Haushaltsbuch. epap.app<br />
Machen Kasse:<br />
die epap-Gründer<br />
Fabian Gruß, 27,<br />
Sebastian Berger,<br />
25, Gerd Trang, 28,<br />
und Jannis Dust, 20<br />
INNOVATOR 43
Athleten mit Vision: Laurent Petit, 33,<br />
(l.) und Till Harnos, 34, kombinieren<br />
Freizeitsport mit Umweltschutz.<br />
ACTIVE GIVING<br />
LAUFEND<br />
PFLANZEN<br />
Hat jemand die Handynummer<br />
von Cristiano Ronaldo?<br />
Dann bitte bei Laurent Petit<br />
melden. „Es wäre mein Traum,<br />
ihn für unseren guten Zweck<br />
zu gewinnen, aber noch traue<br />
ich mich nicht, jemand so<br />
Berühmten zu fragen“, sagt<br />
der 33-jährige Belgier. Beim<br />
Berühmtwerden ist es wie<br />
beim Laufen – kleine Schritte<br />
führen zum Ziel.<br />
Vor vier Jahren zog Petit<br />
nach Berlin. Er trat einer Laufgruppe<br />
bei und beschäftigte<br />
sich mit dem Thema Umweltschutz.<br />
So entstand die Idee,<br />
den Communitygedanken der<br />
Läufe mit Nachhaltigkeit zu<br />
verbinden. „Meine Freunde<br />
nutzten Fitness-Apps, die<br />
kein höheres Ziel hatten, als<br />
fit zu bleiben. Das wollte ich<br />
ändern.“<br />
Petit ging auf Betriebe zu:<br />
„Ich sagte, ich habe 250 Leute,<br />
die laufen wollen, wie<br />
wäre es, wenn ihr für die<br />
zurückgelegten Kilometer<br />
Bäume pflanzt?“ Die Idee<br />
kam an, zwei Mitgründer<br />
stießen dazu. Seit Juni 2020<br />
ist die App fertig, wer mit ihr<br />
läuft, kann laufend Bäume<br />
pflanzen – finanziert durch<br />
Unternehmen, die in der App<br />
Werbung schalten. Auch Radfahren,<br />
Surfen, Yoga oder<br />
Schwimmen zählen. Nach<br />
sechs Monaten hatten 13.000<br />
aktive User mehr als 160.000<br />
Bäume gepflanzt. Das müsste<br />
mal jemand Cristiano Ronaldo<br />
erzählen. activegiving.de<br />
FOREST GUM<br />
KAU DICH<br />
GLÜCKLICH<br />
Manchmal lohnt es sich, in<br />
Vorlesungen aufzupassen<br />
(okay, fast immer). Thomas<br />
Krämer, 40, jedenfalls hörte<br />
gut zu, als sein Professor in<br />
einem Seminar über Forstwirtschaft<br />
über Chicle sprach,<br />
einen Baumsaft, den man in<br />
Zentralamerika schon vor<br />
500 Jahren wie Kaugummis<br />
kaute. Das, sagt Krämer, hat<br />
sich leider geändert: „99 Prozent<br />
der Leute wissen nicht,<br />
dass wir bei heutigen Kaugummis<br />
auf Plastik rumkauen,<br />
hergestellt aus Erdöl. Denn die<br />
Inhaltsstoffe werden maximal<br />
verschleiert.“ Krämer wollte<br />
es besser machen: „Niemand<br />
hinters Licht führen, keine<br />
Müllberge, fair produzieren.“<br />
Knapp eine halbe Milliarde<br />
Euro ist der Kaugummimarkt<br />
in Deutschland groß, 80 Prozent<br />
davon räumt der US-Konzern<br />
Mars mit verschiedenen<br />
Marken ab. Krämers Konkurrenz-Idee:<br />
zurück zur Natur.<br />
Er begann, selbst Kaugummi<br />
zu kochen. Dass man Pfefferminze<br />
sanft dosieren muss,<br />
lernte er auf die harte Tour –<br />
mit tränenden Augen und aufgerissenen<br />
Fenstern. Er reiste<br />
zu Chicle-Produzenten, gewann<br />
deren Vertrauen. 2019<br />
gründete er Forest Gum – zur<br />
Herstellung von Kaugummi<br />
aus nachhaltiger Forstwirt-<br />
44 INNOVATOR
Beauty-Pionierin:<br />
Jennifer Baum-Minkus,<br />
36, will Nachhaltigkeit<br />
in der Kosmetikbranche<br />
vorantreiben.<br />
PATRYCIA LUKAS/AL-PR.DE<br />
Rock ’n’ Chew: Diese beiden<br />
Herren sind nicht die<br />
Gründer von Forest Gum,<br />
verkörpern den disruptiven<br />
Spirit des Start-ups<br />
aber auf den Punkt.<br />
schaft. Heute gibt es Forest<br />
Gum in zwei Geschmacksrichtungen<br />
(Minze und Beeren)<br />
bereits bei großen Ketten wie<br />
Rewe, Rossmann und Müller.<br />
Dass Forrest Gump bestimmt<br />
Forest Gum kauen<br />
würde, war Thomas Krämer<br />
bei der Namensfindung übrigens<br />
gar nicht bewusst. An<br />
den berühmten, fast gleichnamigen<br />
Hollywood-Hit hatte<br />
er überhaupt nicht gedacht.<br />
forestgum.de<br />
GITTI<br />
GOOD<br />
LACK<br />
Manchmal ist die innere Stimme<br />
der beste Karriere-Coach.<br />
Etwa im Fall von Jennifer<br />
Baum-Minkus. Als sie Anfang<br />
2018 mit Freunden in einem<br />
Berliner Lokal saß und die<br />
Frage aufkam, was jeder tun<br />
würde, wenn er keine Angst<br />
hätte, schoss ihr – zur eigenen<br />
Überraschung – „Glitzernagellack“<br />
in den Kopf.<br />
Es auszusprechen traute<br />
sie sich nicht, doch gleich<br />
nach ihrer Heimkehr morgens<br />
um vier recherchierte sie und<br />
konnte kaum fassen, wie viele<br />
Schadstoffe gängige Produkte<br />
beinhalten, die im Verdacht<br />
stehen, Krebs und Unfruchtbarkeit<br />
zu verursachen. Vom<br />
CO 2 -Fußabdruck der Verpackungen<br />
ganz zu schweigen.<br />
Ihren Konzern-Job bei Coca-<br />
Cola hatte sie – ebenfalls aus<br />
dem Bauch heraus – ohnehin<br />
gerade gekündigt, also machte<br />
sie sich an die Arbeit. Eineinhalb<br />
Jahre entwickelte sie mit<br />
einem Labor eine Nagelfarbe,<br />
die zu 55 Prozent auf Wasser<br />
basiert. „Damit er sich genauso<br />
gut auftragen lässt wie konventionelle<br />
Produkte, müssen<br />
die Farbpigmente im Wasser<br />
stabil bleiben können“, erklärt<br />
Baum-Minkus. Das chemische<br />
Kunststück gelang, die<br />
erste Kollektion ihres Labels<br />
Gitti war 2019 binnen zwei<br />
Wochen ausverkauft. Ohne<br />
16 giftige Stoffe kommen<br />
die Nagelfarben bereits aus,<br />
100 Prozent Schadstofffreiheit<br />
ist das Ziel. Über 20 Mitarbeiter<br />
zählt das Team, zum Sortiment<br />
zählen auch Handpflegeprodukte.<br />
Derzeit arbeitet<br />
Baum-Minkus an der ultimativ<br />
nachhaltigen und dennoch<br />
stylischen Verpackung. Ihrer<br />
inneren Stimme gefällt das.<br />
gitticonsciousbeauty.de<br />
INNOVATOR 45
Höhenflug: Als Mit-<br />
Gründerin eines<br />
Space-Start-ups<br />
schaffte es Kristina<br />
Nikolaus, 26, in die<br />
„30 under 30“-Liste<br />
des US-Magazins<br />
Forbes.<br />
OKAPIORBITS.SPACE<br />
ALL STARS<br />
Ein Metallstück mit einem<br />
Durchmesser von einem<br />
Zentimeter wirkt nicht sehr<br />
bedrohlich. Außer es rast<br />
mit 28.000 km/h durch<br />
die Gegend. Rund 900.000<br />
Teilchen Elektroschrott wie<br />
inaktive Satelliten, Raketenoberstufen<br />
oder eben kleinste<br />
Kollisions fragmente umkreisen<br />
die Erde inzwischen.<br />
Sie können Satelliten stören<br />
oder zer stören. So sehen also<br />
Abfallprobleme im All aus –<br />
und erste Start-ups arbeiten<br />
bereits an Lösungen.<br />
Zum Beispiel okapiorbits.<br />
space, hervorgegangen aus<br />
der Technischen Universität<br />
Braunschweig. Gegen Bezahlung<br />
bietet das Forscher-Team<br />
Kollisionswarnungen und<br />
Empfehlungen für Ausweichmanöver<br />
mit einer Sicherheit<br />
von stolzen 99,999 Prozent.<br />
Dafür wertet eine Künstliche<br />
Intelligenz GPS-Daten von<br />
Satelliten aus, Datenkataloge<br />
und Observationsdaten.<br />
„Im Low Earth Orbit zwischen<br />
400 und 900 Kilometer<br />
Höhe um die Erde ist super<br />
viel los“, sagt Mit-Gründerin<br />
Kristina Nikolaus. Kollisionen<br />
sind selten, die kommerzielle<br />
Raumfahrt dürfte das Risiko<br />
aber erhöhen. Für noch mehr<br />
Nachhaltigkeit im Erd-Orbit<br />
könnten eines Tages Roboterarme<br />
den Schrott einsammeln,<br />
aber hier steht die Forschung<br />
noch am Anfang.<br />
okapiorbits.space<br />
EINES TAGES KÖNNTEN IM<br />
WELTALL ROBOTERARME DEN<br />
SCHROTT EINSAMMELN.<br />
46 INNOVATOR
SIRPLUS<br />
ESSEN<br />
RETTEN<br />
RUEDIGER GLATZ, JULIAN GLAAB, MARKTHALLE NEUN/SIRPLUS GMBH<br />
Drei Isländer in<br />
Berlin (v. o.): die<br />
Klang-Gründer<br />
Oddur Snær Magnússon,<br />
40, Mundi<br />
Vondi, 34, und Ívar<br />
Emilsson, 36<br />
KLANG GAMES<br />
NEUE WELT<br />
Ívar Emilsson ist Experte für<br />
Neuanfänge. Aufgewachsen in<br />
Island, studierte er in Schottland,<br />
arbeitete in Shanghai<br />
und landete im Winter 2012<br />
als Spieleentwickler in Berlin.<br />
Sein erster Eindruck? „Grau,<br />
morbid, furchtbar.“ Doch mit<br />
dem Frühling erwachte seine<br />
Liebe zur Stadt und er startete<br />
mit zwei Co-Gründern<br />
die Gaming-Schmiede Klang<br />
Games. Seit 2017 entwickeln<br />
sie „Seed“ – ein Spiel, das,<br />
Überraschung!, von einem<br />
Neuanfang handelt.<br />
Überlebende einer Erdkatastrophe<br />
gründen eine<br />
Weltraum-Kolonie mit diversen<br />
Ökosystemen und<br />
Wetterkapriolen. Die Spieler<br />
entwickeln eine eigene Gesellschaftsform<br />
und müssen Wege<br />
finden, mit den Ressourcen<br />
umzugehen. Ein Versuchslabor,<br />
eine Vision, „eine nischige<br />
Nische“, so Emilsson. Aber<br />
daraus entstehen ja oft die<br />
größten Hits. 2022 soll „Seed“<br />
als Beta-Version starten.<br />
klang-games.com<br />
Verkäufer mit<br />
Botschaft:<br />
Raphael Fellmer,<br />
37, verhindert<br />
Lebensmittelverschwendung.<br />
Eine Weltreise ohne Geld, ein<br />
Konsumstreik mit Frau und<br />
zwei Kindern, ein Buch über<br />
das Leben mit bewusstem<br />
Verzicht: An Ideen mangelt<br />
es Raphael Fellmer, 37, nicht,<br />
um für sein Herzensthema zu<br />
werben – den Kampf gegen die<br />
Verschwendung von Lebensmitteln.<br />
„Mit nur einem Viertel<br />
unserer Nahrungsabfälle<br />
könnten wir alle Hungernden<br />
der Erde versorgen“, sagt er.<br />
Allein in Deutschland<br />
werden pro Jahr 18 Millionen<br />
Tonnen Lebensmittel<br />
verschwendet, das verursacht<br />
vier Prozent der bundesweit<br />
produzierten Treibhausgase.<br />
„Manche Produkte landen nur<br />
im Müll, weil etwa das Design<br />
ihrer Verpackung veraltet ist<br />
oder weil ihr Mindesthaltbarkeitsdatum<br />
abzulaufen<br />
droht“, sagt Fellmer, dabei<br />
sei vieles sogar noch Jahre<br />
später genießbar. Die von ihm<br />
mitgegründete Bewegung<br />
foodsharing.de vermittelt<br />
nun aussortierte, aber noch<br />
genießbare Lebensmittel<br />
kostenlos weiter. Tausende Betriebe<br />
spenden entsprechende<br />
Produkte, über 100.000 Freiwillige<br />
helfen.<br />
Und weil trotzdem noch<br />
Millionen Tonnen übrig<br />
bleiben, gründete Fellmer<br />
Sirplus, einen Supermarkt mit<br />
Filialen in Berlin und einem<br />
bundesweit liefernden Online-<br />
Shop, in dem jeder die vorab<br />
auf Qualität kontrollierten<br />
Lebensmittel günstig kaufen<br />
oder im Abo beziehen kann.<br />
So kann wirklich jeder dabei<br />
helfen, das von der Bundesregierung<br />
ausgerufene Ziel<br />
zu erreichen, bis 2030 die<br />
Lebensmittelverschwendung<br />
um 50 Prozent zu reduzieren.<br />
sirplus.de<br />
47
Klarer Fahrplan:<br />
Seinen Weg als<br />
Nachhaltigkeits-<br />
Entrepreneur<br />
plante Nico Rosberg<br />
noch als<br />
Formel-1-Pilot.<br />
48 INNOVATOR
G R E E N I S S U E<br />
ICH WAR BEI<br />
FRIDAYS<br />
Text Werner Jessner<br />
Fotos Tom Ziora<br />
FOR<br />
FUTURE<br />
Nico Rosberg, 35, ist der letzte Rennfahrer, der Lewis<br />
Hamilton in der Formel-1-WM besiegen konnte. Danach trat<br />
er zurück und vertritt jetzt als Unternehmer und Gründer<br />
„ grüne“ Werte. Interview mit einem geläuterten Egoisten.
Tthe red bulletin inno vator:<br />
Du bezeichnest dich als „Nachhaltigkeitsunternehmer“.<br />
Was<br />
genau verstehst du darunter?<br />
nico rosberg: Das ist ein wertebasierter<br />
Unternehmer. Jemand,<br />
der nicht nur gewinnorientiert<br />
denkt, sondern versucht, mit seinen<br />
Investments positiv auf die<br />
Gesellschaft oder auch auf die<br />
Umwelt zu wirken.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Dieses Versprechen habe ich mir<br />
noch während meiner Formel-1-<br />
Karriere gegeben: Nach der egogetriebenen<br />
Phase würde eine<br />
kommen, in der ich etwas fürs<br />
große Ganze tue. Ich spürte, dass<br />
etwas fehlte.<br />
Man wacht eines Tages auf<br />
und denkt plötzlich an die Allgemeinheit<br />
statt nur an den<br />
eigenen Erfolg?<br />
Es ist ein Prozess, der schon während<br />
meiner aktiven Karriere begann. Ich arbeitete<br />
eng mit einem Psychologen zusammen,<br />
und in der gemeinsamen Arbeit<br />
wurde deutlich, wie viel Kraft man daraus<br />
beziehen kann, wenn man Gutes tut und<br />
an andere denkt. Heute weiß ich: Es fühlt<br />
sich unglaublich toll an, etwas gegen den<br />
Klimawandel zu unternehmen, und es<br />
reißt meine gesamte Mannschaft mit.<br />
Kann man sich als Rennfahrer, der<br />
gegen Lewis Hamilton um die WM<br />
kämpft, Altruismus überhaupt leisten?<br />
Als Sportler musst du Egoist sein, um<br />
Erfolg zu haben. Aber selbst da kann<br />
man versuchen, eine gewisse Balance zu<br />
finden. Man braucht die Rückendeckung<br />
des Teams, der Fans. Ganz allein geht<br />
gar nichts.<br />
War auch schlechtes Gewissen dabei,<br />
das dich vom Im-Kreis-Fahren zur<br />
Nachhaltigkeit gebracht hat?<br />
Ganz klar: nein. Ich bin stolz auf meine<br />
Erfolge im Rennsport. Und man darf<br />
nicht vergessen, wie viele Innovationen<br />
in der Mobilität ihren Ursprung im Motorsport<br />
haben. Sparsame, kompakte Turbomotoren,<br />
Hybridantrieb, Leichtbau durch<br />
Carbonfasern – all das hat in der Formel 1<br />
begonnen.<br />
Welche Idee steckt hinter der Rennserie<br />
Extreme E?<br />
In der Extreme E fahren wir mit Elektro-<br />
Buggies Rennen in fünf Weltregionen, die<br />
vom Klimawandel unmittelbar betroffen<br />
sind. Im Amazonas, wo Wälder gerodet<br />
werden, oder im Senegal, wo die Plastikverschmutzung<br />
der Meere ein riesiges<br />
Thema ist. Extreme E verbindet meine<br />
zwei Leidenschaften: Nachhaltigkeit und<br />
Rennsport. Wir sind ein wertebasiertes<br />
Rennteam und somit hoffentlich eine Inspiration<br />
für andere Sportmannschaften.<br />
Sport hat eine unglaubliche Emotionalität,<br />
und die sollte man für das große Ganze<br />
nutzen: Gutes tun, die große Masse<br />
auf den richtigen Weg leiten, Vorbild sein.<br />
Was sind die Kernwerte, die Extreme E<br />
vertritt?<br />
Ein Beispiel: Wir garantieren, dass wir<br />
die Orte, an denen wir unsere Rennen<br />
fahren, in einem besseren Zustand verlassen,<br />
als wir sie vorgefunden haben.<br />
Aufmerksamkeit für den Klimawandel ist<br />
das eine, aber die unmittelbare Aktion<br />
vor Ort, die Unterstützung der Menschen<br />
dort ist mindestens ebenso wichtig.<br />
Ende 2020 waren wir in Spanien beim<br />
Testen. Wir als Team haben das führende<br />
Aufforstungsunternehmen des Landes<br />
Stets im Bild:<br />
Heute ist Nico<br />
Rosberg auch<br />
als Investor<br />
der TV-Show<br />
„Die Höhle der<br />
Löwen“ bekannt.<br />
50 INNOVATOR
„Das Potenzial,<br />
Geld zu verdienen,<br />
ist genauso<br />
wichtig wie<br />
das Potenzial,<br />
Gutes zu tun.“<br />
INNOVATOR 51
kontaktiert und eine Partnerschaft geschlossen.<br />
Ein Deal mit der Rennstrecke<br />
stellt sicher, dass ein Teil mit Bäumen bepflanzt<br />
wird. Die ersten 100 haben wir eigenhändig<br />
gesetzt. Ein kleiner Schritt, zugegeben,<br />
aber er illustriert, wie wir denken.<br />
Auffällig viele deiner Investments drehen<br />
sich um Mobilität. Meinst du, man<br />
sollte sich nur in Bereichen engagieren,<br />
von denen man eine Ahnung hat?<br />
Mobilität ist natürlich mein Zuhause. Hier<br />
ist meine Leidenschaft, mein Netzwerk,<br />
meine Glaubwürdigkeit. Und es wird im<br />
nächsten Jahrzehnt ein riesiges Thema<br />
bleiben: Energiewende, Elektromobilität,<br />
vielleicht auch Wasserstoff. Von meinen<br />
20 Investments sind drei auf dem Weg<br />
zum Unicorn (Investoren-Fachbegriff für<br />
Unternehmen mit einem Wert von über<br />
einer Milliarde Dollar, Anm. d. <strong>Red</strong>.).<br />
Alle drei haben mit Mobilität zu tun:<br />
Formula E, Lilium (elektrisches Lufttaxi)<br />
und Tier (E-Scooter-Sharing). Aber ich<br />
blicke durchaus über den Tellerrand:<br />
Der Food-Bereich interessiert mich sehr,<br />
auch das aus innerer Überzeugung. Ich<br />
bin Gesundheitsfanatiker.<br />
Gibt es ein Lieblingsprojekt, das<br />
unverhofft zum Erfolg wurde?<br />
Der E-Scooter-Bereich mit Tier war so<br />
eine Geschichte. Der Markt ist wahnsinnig<br />
umkämpft, amerikanische Konzerne<br />
pumpen da Milliarden rein. Anfangs gab<br />
es keine Regulierungen in den Städten,<br />
daher war das Risiko enorm. Vor kurzem<br />
ist der japanische Riesenkonzern Softbank<br />
bei uns eingestiegen, und zwar mit<br />
250 Millionen Dollar. Tier ist weltweit<br />
auf Platz 2 in seiner Branche und Marktführer<br />
in Europa. Es ist schon irre, wie<br />
das abgegangen ist in den letzten Jahren.<br />
Und es zeigt die Kompetenz der Gründer,<br />
in einem so umkämpften Markt so erfolgreich<br />
zu sein.<br />
Mit welcher Geschäftsidee, mit welchen<br />
Qualitäten kann ein neues Projekt<br />
Nico Rosberg als Investor gewinnen?<br />
Die Geschäftsidee muss erstens funktionieren<br />
und zweitens wertebasiert sein.<br />
Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist genauso<br />
wichtig wie das Potenzial, Gutes<br />
zu tun. Darüber hinaus muss ich mit den<br />
Gründern auf einer Wellenlänge sein.<br />
Und sie dürfen nicht stur und von sich<br />
selbst eingenommen sein. Jedes junge<br />
Unternehmen wird sein Geschäftsmodell<br />
mindestens einmal umbauen müssen, um<br />
sich an das eigene Wachstum anzupassen.<br />
Dafür braucht es Flexibilität. Dann interessiert<br />
mich, welche Co-Investoren<br />
bereits an Bord sind.<br />
Siehst du dich denn als reinen<br />
Investor?<br />
Nein, ich bin auch selbst Gründer.<br />
Das Greentech-Festival, eine<br />
Messe für grüne Technologien,<br />
stammt von mir, und auch hier<br />
sind wir in kürzester Zeit zu einem<br />
der führenden Festivals in<br />
Europa geworden. Von Google-<br />
CEO Sundar Pichai bis EU-Kommissionspräsidentin<br />
Ursula von<br />
der Leyen sind echte Hochkaräter<br />
bei uns aufgetreten.<br />
Sind Solarparks und alternative<br />
Antriebe inzwischen bereits<br />
bessere Investments als Tabak<br />
und Waffen?<br />
Ja, absolut. Der Hype in der Investment-Branche<br />
sind genau solche<br />
Unternehmen. Und das ist so cool,<br />
denn das wird die Energie wende<br />
dramatisch beschleunigen! In<br />
den nächsten fünf bis zehn Jahren<br />
liegt die größte Rendite genau in<br />
diesen Themenfeldern. Und letzten<br />
Endes spielt hier auch „ Fridays<br />
for Future“ rein.<br />
Wie genau?<br />
Ich kenne das aus meinem persönlichen<br />
Umfeld: Die Kids eines<br />
großen CEO kommen am Freitag<br />
von der Demo nach Hause und<br />
fragen: „Papa, welchen Beitrag<br />
leistest du zur Klimawende? Du<br />
hast doch alle Möglichkeiten! So<br />
kann das nicht weitergehen!“ Und<br />
prompt wird das in der Vorstandssitzung<br />
in der Woche darauf zum<br />
Top-Thema. Man darf die Power<br />
der Kids nicht unterschätzen.<br />
Die Kids würden schön schauen,<br />
wenn plötzlich mit Nico<br />
„Sport hat eine<br />
unglaubliche<br />
Emotionalität,<br />
und die sollte man<br />
für das grosse<br />
Ganze nutzen.“<br />
DATEN -<br />
ABFRAGE<br />
6<br />
Alter, in dem<br />
Nico Rosberg<br />
erstmals in<br />
einem Kart saß.<br />
23<br />
Siege fuhr<br />
Rosberg in<br />
der Formel 1 in<br />
zehn Jahren ein.<br />
910.000<br />
Abonnenten<br />
zählt Rosbergs<br />
YouTube-Kanal.<br />
35.000<br />
Besucher kamen<br />
2019 zur Premiere<br />
seines Greentech-Festivals.<br />
20<br />
Mal investierte<br />
Rosberg bereits<br />
in verschiedene<br />
Start-ups.<br />
52 INNOVATOR
ein guter Indikator, wie weit wir auf dem<br />
Weg bereits sind, wie akzeptiert E‐Mobilität<br />
mittlerweile ist. Jetzt müssen wir<br />
nur noch den allerletzten Petrolhead<br />
überzeugen, nämlich Rallye-Weltmeister<br />
Walter Röhrl. Aber das schaffen wir auch<br />
noch. (Lacht.)<br />
Was kann man Leuten raten, die nicht<br />
sicher sind, ob E-Mobilität für sie das<br />
Passende ist?<br />
Sich mit dem Thema auseinanderzusetzen<br />
und sich undogmatisch zu informieren.<br />
Nicht jeder muss ein E-Auto<br />
kaufen. In vielen Bereichen ist E-Mobilität<br />
heute der konventionellen bereits<br />
überlegen, aber es hängt immer von den<br />
persönlichen Bedürfnissen ab. Im innerstädtischen<br />
Bereich kann ein E-Auto bereits<br />
heute über fünf Jahre gerechnet die<br />
günstigste Variante sein.<br />
GEPA PICTURES/RED BULL CONTENT POOL, TEAM NICO ROSBERG<br />
Oben: Rosberg nach seinem<br />
Formel-1-Sieg 2014 in Österreich.<br />
Unten: Mit diesem<br />
voll elektrischen SUV startet<br />
Rosbergs Team aktuell<br />
in der Rennserie Extreme E.<br />
Rosberg, ein ehemaliger<br />
Formel‐1‐ Weltmeister, bei<br />
„Fridays for Future“ mitmarschieren<br />
würde.<br />
Hab ich doch schon gemacht! Das<br />
war in Berlin, im Zuge meines<br />
Greentech-Festivals. Ich gebe zu,<br />
da war ich erst mal raus aus meiner<br />
Komfortzone. Als dann ein<br />
neunjähriger Junge neben mir auf<br />
der Bühne stand, war es faszinierend,<br />
zu spüren, mit welcher Leidenschaft<br />
er bei der Sache war.<br />
Das war Enthusiasmus wie in der<br />
Formel 1! Ich versuche, mit meiner<br />
Bekanntheit und meinem<br />
Netzwerk einen Beitrag zu leisten,<br />
dass diese Leidenschaft im<br />
breiten Publikum rüberkommt.<br />
Wie reagieren die Petrolheads<br />
auf einen grünen Abtrünnigen?<br />
Mein Vater (Keke Rosberg, F1-<br />
Weltmeister 1982, Anm.) ist der<br />
ultimative Petrolhead. Als ich<br />
mich an der Formel E beteiligt<br />
habe, hat er mir auf den Kopf<br />
zugesagt, ich sei bescheuert. Inzwischen<br />
stellt er sich für jedes<br />
Rennen den Wecker, so ist er<br />
reingekippt. Leute wie er sind<br />
Was soll mit all den schönen alten<br />
Porsches und Ferraris passieren, die<br />
in den Garagen stehen?<br />
Ich hoffe sehr, dass es nach wie vor einen<br />
Platz dafür geben wird, Klassiker zu genießen.<br />
Das ist unsere Historie, da kommen<br />
wir her. Vielleicht gibt es einmal<br />
einen synthetischen Kraftstoff, der Benzin<br />
ersetzen kann. Ich finde, man muss<br />
altes Kulturgut erhalten. Wir sollten immer<br />
bessere Lösungen suchen, statt mit<br />
Verboten zu agieren.<br />
Besitzt du ein altes Auto?<br />
Ja, einen Mercedes 300 SL Gullwing.<br />
Daheim in Monaco bin ich im Alltag allerdings<br />
meist mit Mobee (Sharing-Dienst,<br />
Anm.) unterwegs, wo man kleine, elektrisch<br />
betriebene Renault Twizy mieten<br />
kann, die man auf Motorrad-Parkplätzen<br />
abstellen darf.<br />
Was kann die Mobilitätsbranche<br />
vom Motorsport lernen?<br />
Perfektion. Keine halben Lösungen.<br />
Und die Investment-Welt?<br />
Geschwindigkeit in den Entscheidungen.<br />
Gerade auch in der Politik wird zu<br />
viel geredet und zu wenig entschieden.<br />
Im Sport läuft es so: Diskussion – Entscheidung.<br />
Diskussion – Entscheidung.<br />
Das ist eine Stärke, die ich aus dem<br />
Sport ins Business mitbringe: Ich entscheide.<br />
Diese lähmende Betulichkeit<br />
gerade in großen Konzernen kann ich<br />
gar nicht leiden.<br />
INNOVATOR 53
Neue Perspektiven:<br />
Auch mit<br />
der Rennserie<br />
Extreme E<br />
engagiert sich<br />
Rosberg für<br />
Umweltschutz.<br />
„Was die Investment-Welt<br />
vom Motorsport lernen kann?<br />
Geschwindigkeit<br />
in den Entscheidungen.“<br />
54 INNOVATOR
Warum bloß fällt mir jetzt dein ehemaliger<br />
Teamchef Toto Wolff ein?<br />
Toto ist ein tolles Beispiel für einen Manager,<br />
der Entscheidungen trifft. Ein echter<br />
Leader. Und er setzt sehr stark auf<br />
das Empowerment seiner Mitarbeiter.<br />
Er agiert nicht wie ein Diktator, sondern<br />
gibt seinen Leuten Vertrauen und Verantwortung.<br />
Jeder fühlt sich stark und mutig<br />
– davon profitiert die gesamte Firma.<br />
Empathie und Anerkennung vom Chef<br />
sind ganz starke Triebfedern. Etwas, was<br />
ich in meiner Firma ebenfalls vorzuleben<br />
versuche.<br />
Wie konkret?<br />
Kleines Beispiel: Wir haben komplettes<br />
Homeoffice eingeführt, und das wird<br />
auch nach der Corona-Pandemie so bleiben.<br />
Das erlaubt zum Beispiel meinen<br />
deutschen Mitarbeitern, bei ihren Familien<br />
leben zu können und nicht nach Monaco<br />
oder Frankreich pendeln zu müssen.<br />
Sie fühlen sich wohl, und das ist in der<br />
Produktivität messbar.<br />
Wie werden wir 2040 unterwegs sein?<br />
Wir werden – jedenfalls in der westlichen<br />
Welt – überwiegend komplett emissionsfrei<br />
unterwegs sein, und zwar tatsächlich,<br />
nicht nur rechnerisch mithilfe von Kompensationsmaßnahmen.<br />
Darüber hinaus<br />
wird es Mobilitätsketten geben. Wir werden<br />
eine einzige Mobilitäts-App haben,<br />
ein Von-A-nach-B-Abo, so wie Netflix.<br />
Dieses Mobilitäts-Netflix wird mir die<br />
Transportkette bereitstellen. Von Berlin<br />
nach Hamburg? E-Scooter bis zum Zug,<br />
in Hamburg steht die autonome Drohne<br />
bereit für den Weg zum Zielort, der etwas<br />
außerhalb der Stadt liegt. Am Abend fahre<br />
ich mit Car-Sharing zum Grillabend mit<br />
meinen Kumpels.<br />
Was löst diese Vorstellung bei dir aus?<br />
Ich freue mich drauf. Es wird uns allen<br />
einen großen Mehrwert geben.<br />
Diese Mobilitätskette führt – anders als<br />
heute – konsequent von Tür zu Tür.<br />
Exakt. Und genau hier muss man wach<br />
sein als Autoland Deutschland: Die Power<br />
des Geschäftsmodells liegt dann in der<br />
App, in der Software. Die Hardware<br />
Hersteller verlieren genau wie einst die<br />
Handy-Industrie viel an Power. Deutsche<br />
Autohersteller müssen saumäßig aufpassen,<br />
dass es ihnen nicht so geht wie<br />
seinerzeit Nokia. Ich möchte ihnen raten,<br />
dieses Software-Thema nicht von den<br />
Amerikanern oder Chinesen besetzen zu<br />
lassen, sondern dringend eigene<br />
Kompetenz aufzubauen.<br />
Werden wir 2040 so viel unterwegs<br />
sein wie in Zeiten vor<br />
Covid-19?<br />
Bis dahin wird es eine weitere Innovation<br />
geben, auf die ich mich<br />
sehr freue: Wir werden virtuelle<br />
Konferenzen mit Hologrammen<br />
haben. Die fehlende menschliche<br />
Nähe bei Conference Calls werden<br />
wir damit virtuell hinkriegen.<br />
Aber wenn Reisen eines Tages<br />
komplett emissionsfrei sein werden,<br />
spricht auch nichts dagegen,<br />
wieder unterwegs zu sein wie<br />
früher. Es macht ja auch Spaß!<br />
Wie wird man auf die heutige<br />
Gegenwart zurückblicken?<br />
Vielleicht so, wie wir heute auf<br />
die Formel 1 der 1960er-Jahre<br />
zurückschauen. Oder auf eine<br />
Zeit, in der man ohne Sicherheitsgurte<br />
unterwegs war. Wir<br />
werden froh sein, dass die Wende<br />
gekommen ist, und sagen, dass es<br />
viel sinnvoller ist als damals.<br />
Deine Töchter sind heute drei<br />
und fünf Jahre alt. Werden<br />
sie noch einen Führerschein<br />
machen?<br />
Ich vermute: die eine schon, die<br />
andere nicht. Aber das liegt eher<br />
an ihren unterschiedlichen Charakteren.<br />
Die eine ist eher draufgängerisch<br />
und mutig, die andere<br />
eher vorsichtig und zurückhaltend.<br />
Gut, vielleicht sind 50 Prozent<br />
ja auch ein Indikator für die Geschwindigkeit<br />
des Wandels.<br />
Was wäre das Äquivalent zum<br />
Weltmeister-Titel in deiner<br />
Karriere als Nachhaltigkeitsunternehmer?<br />
Die Größe des Impacts all meiner<br />
Projekte. Wie viele Menschen ich<br />
damit bewegt und inspiriert habe.<br />
Wie viel ich dazu beigetragen<br />
habe, etwas zum Besseren zu verändern.<br />
Die Latte liegt mit einem<br />
Formel-1-Titel natürlich hoch,<br />
aber die gute Nachricht ist, dass<br />
meine Karriere als Unternehmer<br />
deutlich länger dauern wird als<br />
die als Rennfahrer.<br />
INNOVATOR 55
JETZT GEHT’S<br />
RICHTIG RUND ... 700.000<br />
Recycelte Autos, ewig haltbare Materialien,<br />
innovative Jobs – die Kreislaufwirtschaft<br />
hat ein großes Ziel: die Rettung unseres<br />
Planeten. Diese Zahlen zeigen, wie diese<br />
Vision Wirklichkeit werden kann.<br />
Wie können wir Produkte entwickeln,<br />
die keine Ressourcen<br />
mehr verbrauchen? Wie dafür sorgen,<br />
dass Materialien nie weggewor<br />
fen, sondern immer wiederverwertet<br />
werden? Und wie können<br />
wir der Natur dabei helfen, sich von<br />
jenen Schäden zu erholen, die wir<br />
ihr durch hohen CO 2 -Verbrauch zugefügt<br />
haben? Indem sie auf diese<br />
Fragen Antworten finden, wollen<br />
die Pioniere der Kreislaufwirtschaft<br />
einen Weg aus der Klima krise finden.<br />
Ein ehrgeiziges Ziel, aber<br />
ein machbares. Wenn alle mit anpacken.<br />
Die Zahlen nebenan zeigen,<br />
welches Potenzial in den Ansätzen<br />
steckt, welche Fortschritte<br />
es heute schon gibt, was jeder tun<br />
kann und warum die Kreislaufwirtschaft<br />
nicht nur für den Planeten<br />
eine gute Nachricht ist.<br />
NEUE ARBEITSPLÄTZE<br />
könnten in der Europäischen<br />
Union auf dem Weg zur<br />
Kreislaufwirtschaft bis 2030<br />
geschaffen werden – etwa<br />
in digitalen Feldern wie Internet<br />
der Dinge, Big Data<br />
oder Künstlicher Intelligenz.<br />
70<br />
MINUTEN<br />
braucht es, um die besonders<br />
langlebigen Jeans des Labels<br />
Hiut Denim in Handarbeit zu<br />
fertigen (statt der industrieüblichen<br />
11 Minuten). Nutzen<br />
sie sich ab, bietet der junge<br />
Waliser Betrieb Reparaturen<br />
und schont so Ressourcen<br />
wie Wasser und Baumwolle.<br />
Text David Mayer<br />
24.000<br />
LITER<br />
Getränke kann ein Lkw transportieren,<br />
wenn diese in<br />
PET-Flaschen oder Alu-Dosen<br />
abgefüllt sind, deren Material<br />
wiederverwertet werden<br />
kann. Weniger als die Hälfte<br />
(11.000 l) ist mit Glasflaschen<br />
möglich. Somit sind bei Variante<br />
eins weniger Fahrten<br />
nötig – was CO 2 einspart und<br />
damit im Sinne des Effizienzgedankens<br />
der Kreislaufwirtschaft<br />
ist.<br />
PROZENT<br />
CO 2 -EMISSIONEN<br />
kann die Kreislaufwirtschaft bis zum Jahr 2030 einsparen.<br />
JOHANNES LANG<br />
56 INNOVATOR
3000<br />
EURO<br />
mehr Haushaltseinkommen<br />
pro Jahr könnte EU-Bürgern<br />
2030 dank Kreislaufwirtschaft<br />
zur Verfügung stehen – etwa<br />
weil Produkte durch effizientere<br />
Fertigung günstiger werden<br />
und Menschen weniger<br />
unproduktive Zeit in Staus<br />
verbringen.<br />
700<br />
METER<br />
unter der Erde deponiert das<br />
Start-up Climeworks in Island<br />
CO 2 , das es zuvor mit eigenen<br />
Filtern aus der Luft geholt hat.<br />
Weltweit stehen schon 14 solcher<br />
Anlagen, und weitere<br />
Gründer verfolgen ähnliche<br />
Konzepte. Ganz nach der Idee<br />
der Kreislaufwirtschaft: Lasst<br />
uns die Natur mit Innovationen<br />
aktiv heilen.<br />
TONNEN<br />
GOLD<br />
befinden sich verbaut in ausgedienten Smartphones<br />
in Deutschlands Schubladen. Wer die<br />
Geräte verkauft oder recyceln lässt, hilft,<br />
ihre Wertstoffe weiter sinnvoll einzusetzen.<br />
PROZENT<br />
DES ALUMINIUMS,<br />
das je produziert wurde, sind immer noch in<br />
Gebrauch, da es – ganz im Sinne der Kreislauf wirtschaft<br />
– lange hält und fast endlos recycelt<br />
werden kann. Übrigens: Die Recyclingrate für Alu-<br />
Getränke dosen in Deutschland beträgt 99 Prozent.<br />
25.000.000<br />
TONNEN<br />
Kunststofffasern werden<br />
jährlich aus PET-Flaschen gewonnen,<br />
aus denen die Textilindustrie<br />
in der Folge Kleidung<br />
herstellen kann. Aktuell<br />
arbeiten Forscher daran,<br />
die Qualität der recycelten<br />
Fasern zu erhöhen.<br />
30<br />
PROZENT<br />
eines in Europa gebauten<br />
Renault bestehen aus<br />
Recycling material. In einem<br />
neuen Werk will der Autohersteller<br />
künftig pro Jahr<br />
10.000 alte E-Autos<br />
zur Wiederverwertung<br />
demontieren.<br />
5TAGE<br />
wächst das Pilzgeflecht heran,<br />
aus dem das Start-up-Unternehmen<br />
Ecovative styroporähnliche<br />
Verpackungen<br />
fertigt. Nach Gebrauch<br />
können sie einfach kompostiert<br />
werden und hinterlassen<br />
so keinen Müll.<br />
QUELLEN<br />
Bund Getränkeverpackungen<br />
der Zukunft, Ecovative, Renault,<br />
Hiut Denim, Ellen MacArthur<br />
Foundation, EU-Kommission,<br />
Textil+Mode, Climeworks, NABU,<br />
Sphera, HDE, European Aluminium,<br />
Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung<br />
STÜCK<br />
PLASTIKTÜTEN<br />
haben die Menschen in Deutschland 2019 im<br />
Schnitt verbraucht. Das macht Mut: 2015 waren<br />
es noch 68. Kreislaufwirtschaft will Materialien<br />
wie herkömmliches Plastik vermeiden, weil ihre<br />
Herstellung viel Energie verschlingt und sie<br />
als Abfall Umweltprobleme verursachen.<br />
INNOVATOR 57
Erde an Rakete<br />
Noch keinen Föhn<br />
– der kommt erst<br />
etwas später zum<br />
Einsatz – bedient<br />
hier Suborbitals-<br />
Mitarbeiter Peter<br />
Scott. Dafür aber<br />
eine Antenne,<br />
die die Kommunikation<br />
mit<br />
der Rakete<br />
ermöglicht.<br />
58 INNOVATOR
MIT DEM<br />
HAARFÖHN<br />
INS ALL<br />
TEXT: Reiner Kapeller<br />
FOTOS: Robert Ormerod<br />
Das Amateur-Raumfahrtprogramm<br />
Copenhagen Suborbitals will bis 2030<br />
eine bemannte Rakete ins All schicken –<br />
ohne Geld und Hightech-Materialien, aber<br />
mit unkonventionellen Ideen und einem Motto,<br />
das kein Nein akzeptiert: Gib dich nicht mit<br />
Ausreden zufrieden, sondern finde einen Weg.<br />
INNOVATOR 59
KOPENHAGEN,<br />
ZENTRALE<br />
SCHWEDEN<br />
OSTSEE<br />
DÄNEMARK<br />
E<br />
BORNHOLM,<br />
DÄNEMARK<br />
SPACEPORT<br />
NEXØ<br />
ABSCHUSS-<br />
BASIS<br />
würde Wochen dauern. Die Männer<br />
vor der Rakete sind Maschinisten<br />
und Ingenieure des Amateur-Raumfahrtprogramms<br />
Copenhagen Suborbitals.<br />
In den vergangenen Wochen<br />
haben sie die Nexø-II-Rakete für<br />
einen Testlauf vorbereitet. Jetzt droht<br />
er zu scheitern. Einer der Ingenieure<br />
streicht sich nachdenklich über seinen<br />
Dreitagebart: „Ich habe mal ein Kabel<br />
in meinem Auto repariert. Das sah<br />
genauso aus. Vielleicht funktioniert<br />
es damit.“ Eine Stunde später kommt<br />
er vom Schrottplatz zurück. In der<br />
Hand hält er ein Bremskabel eines<br />
Fiat-Ducato-Lieferwagens. Das Kabel<br />
passt, die Ventile funktionieren. Die<br />
Tests können wie geplant starten.<br />
EIN SONNTAGVORMITTAG IM SOMMER 2018<br />
AUF DER HALBINSEL REFSHALEØEN. Aus einer<br />
Lagerhalle im Hafen der dänischen Hauptstadt<br />
Kopenhagen tönt aufgeregtes Streitgespräch. Im<br />
Inneren der Halle stehen groß gewachsene Männer<br />
in ölverschmierten Blaumännern vor einer weißen,<br />
knapp sieben Meter hohen Rakete mit oranger<br />
Spitze. Auf der Rakete steht in großen schwarzen<br />
Buchstaben „Nexø II“.<br />
Eigentlich sollte die Rakete bereits die interne Freigabe<br />
für die kommende Woche haben, doch jetzt hat<br />
ein Spezialkabel den Geist aufgegeben. Die Wartezeit<br />
für das neue Kabel beträgt eine Woche. Zu spät<br />
für die bereits von der Stadt erteilte Raketentest-<br />
Genehmigung. Das Fixieren eines neuen Termins<br />
Für Mads Wilson erzählt diese Anekdote,<br />
wie bei Copenhagen Suborbitals<br />
gearbeitet wird: „Wir akzeptieren<br />
keine Ausreden. Wir suchen einen<br />
Weg, wie etwas doch funktionieren<br />
kann. Das ist Teil unserer DNA.“<br />
Mads ist Sprecher und Vorstandsmitglied<br />
des 2008 gegründeten Vereins<br />
Copenhagen Suborbitals. Sechs<br />
unbemannte Raketen haben die gut<br />
hundert Vereinsmitglieder bereits<br />
gestartet. Meist funktionierte alles<br />
nach Plan, etwa bei den Raketenstarts<br />
der HEAT-1X (2011), Sapphire<br />
(2013) oder Nexø II (2018). Manchmal<br />
gab es Teilerfolge. Die Nexø I<br />
(2016) lieferte Messdaten für ein<br />
neues Raketenleitsystem, erreichte<br />
aber nie die erhoffte Geschwindigkeit.<br />
3, 2, 1 – Liftoff!<br />
Die 9,38 Meter<br />
hohe und<br />
1630 Kilogramm<br />
schwere HEAT-1X-<br />
Rakete startete<br />
am 3. Juni 2011<br />
von der mobilen<br />
Plattform Sputnik<br />
in der Ostsee.<br />
THOMAS PEDERSEN<br />
60
1 FALLSCHIRM<br />
Der gut 150 m 2<br />
große Fallschirm<br />
der Raumkapsel<br />
Tycho Deep<br />
Space hängt nun<br />
im Suborbital-<br />
Museum.<br />
2 TRIEBWERK<br />
Beim TM65-<br />
Antrieb wurde<br />
erstmals die<br />
Treibstoff-Kombi<br />
Ethanol und<br />
Flüssigsauerstoff<br />
eingesetzt.<br />
3 RAUMKAPSEL<br />
Die Tycho Deep<br />
Space („Beautiful<br />
Betty“) bietet<br />
Platz für einen<br />
Astronauten.<br />
1<br />
2<br />
3<br />
INNOVATOR 61
Einmal gab es eine Niederlage: 2014<br />
ging der Antrieb der HEAT-2X-Rakete<br />
bei einem Teststart in Flammen auf.<br />
Mads Wilson: „Wir mussten zusehen,<br />
wie zwei Jahre Arbeit verbrannten.<br />
Aber fünf Minuten nach dem Feuer<br />
sahen wir schon wieder nach vorn:<br />
Okay, bauen wir halt noch eine.“<br />
Mit den Erfahrungen von sechs Raketenstarts<br />
gehen die Suborbitals jetzt<br />
ihr größtes Projekt an. Mit der Spica-<br />
Rakete möchten sie bis 2030 einen<br />
Astronauten in einer Rakete auf<br />
100 Kilometer Höhe bringen. Dort<br />
markiert die Kármán-Linie den Beginn<br />
des Weltraums. Auf die Erde<br />
zurück soll es in einer Kapsel gehen,<br />
die auf den letzten Kilometern vor<br />
„DER STEUERCOMPUTER<br />
DER RAKETE BERECHNETE<br />
FRÜHER DIE KOSTEN<br />
FÜR EXTRA MAYO.“<br />
der Landung von einem Fallschirm<br />
gebremst wird. Gelingt das Projekt,<br />
wäre Dänemark nach Russland, den<br />
USA und China die vierte Nation,<br />
die einen Astronauten in einer selbst<br />
gebauten Rakete ins Weltall schießt.<br />
Die Teammitglieder von Copenhagen<br />
Suborbitals kommen aus den unterschiedlichsten<br />
Bereichen. Manche<br />
haben einen professionellen Weltraum-Hintergrund.<br />
Es gibt einen<br />
Ex-NASA- und einen Ex-ESA-Angestellten.<br />
Ein paar Mitarbeiter haben<br />
Satelliten-Komponenten für Dänemarks<br />
Technische Universität gebaut.<br />
90 Prozent der Suborbitals besitzen<br />
jedoch keine Weltraumerfahrung.<br />
Unter ihnen finden sich Techniker,<br />
Ingenieure, Programmierer und<br />
PR-Leute. Auch ein Kindergartenpädagoge<br />
und ein Physiotherapeut<br />
gehören zum Team. Sie alle haben<br />
ein Faible dafür, Dinge zu sammeln,<br />
auseinander zunehmen und neu<br />
zusammenzubauen. Oft sitzen sie<br />
am Abend nach der Arbeit oder am<br />
Wochenende in zwei insgesamt<br />
tausend Quadratmeter großen und<br />
bis oben hin mit Technikschrott und<br />
Ersatz teilen vollgepackten Hallen.<br />
„Alle arbeiten unbezahlt. Wir veranstalten<br />
an zwei bis drei Tagen pro<br />
Woche Open Workshops und halten<br />
die Gruppen klein. Das macht uns<br />
effi zient“, erklärt Mads.<br />
In den Workshops werden Geräte<br />
repariert, umfunktioniert oder für<br />
den Gebrauch in einer Rakete optimiert,<br />
zum Beispiel ein alter Haarföhn.<br />
Im Inneren der Nexø-II-Rakete<br />
sorgt die warme Luft aus dem Gerät<br />
dafür, dass Schläuche bei Minusgraden<br />
nicht einfrieren. Auch der<br />
Steuercomputer der Rakete wurde<br />
ursprünglich anders eingesetzt.<br />
Einst berechnete er als Teil eines<br />
Burger-King-Kassenterminals die<br />
Kosten für extra Mayo. Verwendung<br />
findet auch eine auf dem Schrottplatz<br />
gefundene Radarkuppel. Sie<br />
verstärkt das Signal des Wi-Fi-Funknetzwerks<br />
auf dem Mission- Control-<br />
Schiff. Damit die Suborbitals bei<br />
einem Start niemanden gefährden,<br />
heben ihre Raketen von einer Plattform<br />
in der Ostsee ab. Den Countdown<br />
starten sie aus sicherer Entfernung<br />
vom Schiff. Manchmal<br />
dienen alte Autos als Ersatzteillager.<br />
Das Bremskabel aus dem Fiat-Ducato-<br />
Kasten wagen ist ein Beispiel dafür.<br />
Die Gaskartuschen, die in Airbags<br />
verbaut werden, ebenso. Damit können<br />
die Suborbitals bei der Landevorbereitung<br />
den Fallschirm aus der<br />
Rakete schießen. Es gibt zwei Gründe,<br />
Sicherheitscheck<br />
Jop Nijenhuis<br />
fixiert die Spitze<br />
der HEAT-2X-<br />
Rakete, in der sich<br />
der zusammengefaltete<br />
Fallschirm<br />
befindet.<br />
62 INNOVATOR
„DIE SUBORBITALS<br />
MÖCHTEN VER-<br />
STEHEN, WIE DINGE<br />
FUNKTIONIEREN.<br />
DAFÜR MÜSSEN SIE<br />
SIE ZUERST MAL<br />
ZERLEGEN.“<br />
warum sie Geräte auseinanderbauen<br />
oder in Elektroschrott nach Ersatzteilen<br />
suchen. Der erste hat mit der<br />
Begeisterung für das Basteln zu tun;<br />
die Suborbitals möchten verstehen,<br />
wie Dinge funktionieren – dafür müssen<br />
sie sie auseinandernehmen. Der<br />
zweite Grund hat mit Geld zu tun.<br />
Das Jahresbudget der NASA beträgt<br />
22,6 Milliarden Dollar. Das der Weltraum-Dänen<br />
100.000 Dollar. Copenhagen<br />
Suborbitals bezahlt damit<br />
Mieten für die Hallen, Material und<br />
anfallende Reparaturen. Zur Verfügung<br />
gestellt wird das Geld von einer<br />
Crowdfunding-Community aus über<br />
600 Personen. Jeder von ihnen überweist<br />
monatlich 10 oder 20 Dollar<br />
auf das Kopenhagener Vereinskonto.<br />
Allein aus Budgetgründen gibt es für<br />
die All-Amateure also Grenzen. Beim<br />
Bau einer Rakete lassen sich diese<br />
aber umgehen: „Es ist mir ein Rätsel,<br />
wie die Falcon-9-Raketen von SpaceX<br />
(Unternehmen von Elon Musk, Anm.)<br />
mit Boostern selbständig landen<br />
und somit wiederverwendet werden<br />
können. Zum Glück machen wir das<br />
nicht. Unsere Rakete muss zwei Dinge<br />
können: in den Weltraum kommen<br />
und ins Meer stürzen.“<br />
Seine Überzeugung bringt Mads so<br />
auf den Punkt: „Wir können bis 2030<br />
mit der Spica-Rakete (benannt nach<br />
einem Stern, Anm.) einen Menschen<br />
ins Weltall bringen, weil Rocket Science<br />
gar nicht immer Rocket Science<br />
ist.“ Das Selbstvertrauen für solche<br />
INNOVATOR 63
64 INNOVATOR
Grenzgänger<br />
Der Niederländer<br />
Jop Nijenhuis zog<br />
der Suborbitals<br />
wegen sogar nach<br />
Kopen hagen. Hier<br />
hält er einen Teil<br />
der Verkleidung<br />
der Nexø-I-Rakete.<br />
Workshop<br />
Viele Materialund<br />
Maschinentests<br />
finden<br />
vor Ort statt. Im<br />
blauen Container<br />
im Hintergrund<br />
ist das offizielle<br />
Büro zu sehen.<br />
1<br />
2<br />
Fallschirmtest<br />
Viele Ideen werden<br />
zuerst im<br />
kleinen Maßstab<br />
umgesetzt. Verlaufen<br />
die Tests<br />
wie erwartet, wird<br />
ein großer Fallschirm<br />
genäht.<br />
Raketenbauer<br />
Thomas Madsen<br />
gehört zum Konstruktionsteam.<br />
Der Ingenieur<br />
entwirft und<br />
designt Bauteile<br />
mit dem 3D-<br />
Programm.<br />
SolidWorks.<br />
1<br />
VERKLEIDUNG<br />
Um Gewicht zu<br />
sparen, wurde<br />
die Außenhülle<br />
der HEAT-2X-<br />
Rakete fast<br />
komplett aus<br />
Aluminium<br />
gefertigt. Über<br />
das Loch haben<br />
die Inge nieure<br />
Zugang zum<br />
Raketenantrieb.<br />
2<br />
FLOSSEN<br />
Anhand der<br />
Z ahlen auf den<br />
Raketen flossen<br />
kann das Team<br />
bei einem Start<br />
mittels Video<br />
feststellen, wie<br />
schnell sich die<br />
Rakete dreht.<br />
INNOVATOR 65
„MIT DEM<br />
FORTSCHRITT<br />
DER TECHNIK IST<br />
DER RAUMFLUG<br />
SOGAR EINFACHER<br />
GEWORDEN.“<br />
Ansagen finden die Hobbybastler<br />
in der Geschichte der Raumfahrt.<br />
Fast alles, was in Kopenhagen<br />
zusammengeschweißt wird, baut<br />
auf der Arbeit der NASA und der<br />
UdSSR der 1950er- und 1960er-<br />
Jahre auf. Konzepte und Theorien<br />
der „Space Race“-Periode sind<br />
seit Jahrzehnten bekannt und<br />
ausführlich beschrieben.<br />
Mit dem Fortschreiten der Technik<br />
ist die Raumfahrt sogar ein facher<br />
geworden. Früher musste eine Raketenhülle<br />
mit maximal 0,1 Millimeter<br />
Toleranz gebaut werden. Das<br />
heißt, das Metall musste an jedem<br />
Punkt der Hülle praktisch gleich<br />
dick sein. War es an einer Stelle<br />
dicker oder dünner, verließ die<br />
Rakete nach dem Start die vorberechnete<br />
Flugbahn. Heute liegt die<br />
Toleranz bei 1 Millimeter. Den zusätzlichen<br />
Spielraum verdanken<br />
die Suborbitals einem Computer-Leitsystem,<br />
das selbständig Korrekturen<br />
vornimmt. Herz dieses<br />
Systems ist ein Arduino-Computer,<br />
den es um 100 Euro im Elektrofachgeschäft<br />
zu kaufen gibt. Wissens-<br />
und Technologiefortschritte<br />
haben den Bau einer Rakete erleichtert<br />
und demokratisiert. Trotzdem<br />
bleibt er eine Wissenschaft.<br />
Wie sehr Details entscheiden,<br />
erfuhren die Suborbitals 2016<br />
beim Liftoff der Nexø-I-Rakete.<br />
Die Rakete entfaltete nie ihre<br />
volle Leistung und schlug nach<br />
kurzem Flug im Wasser auf. Der<br />
Grund: Das Mischverhältnis des<br />
Treibstoffs war nicht perfekt. Suborbital-Raketen<br />
fliegen mit einer<br />
66 INNOVATOR
INFO<br />
So kannst du Copenhagen<br />
Suborbitals<br />
unterstützen.<br />
CROWDFUNDING<br />
Damit die Spica-<br />
Rakete 2030 abheben<br />
kann, ist finanzielle<br />
Unter stützung von<br />
Weltraum-Fans<br />
weltweit erforderlich.<br />
So geht’s:<br />
MACH 2<br />
Bereits mit 10 Dollar<br />
monatlich können die<br />
Suborbitals Bauteile<br />
erstehen. „Mach 2“-<br />
Förderer erhalten<br />
Zugang zu allen<br />
öffentlichen Tests.<br />
MACH 3<br />
Für 20 Dollar pro<br />
Monat steht dein<br />
Name zusätzlich<br />
auf jeder Rakete,<br />
die gestartet wird.<br />
Alle Infos: copenhagen<br />
suborbitals.com<br />
Rocket Man<br />
Mads Wilson vertritt<br />
Copen hagen<br />
Suborbitals<br />
nach außen.<br />
Er ist Sprecher,<br />
TED- Keynote-<br />
Speaker und<br />
Vorstandsmitglied<br />
des Vereins.<br />
Mischung aus 75-prozentigem<br />
Alkohol und Flüssigsauerstoff.<br />
Alkohol ist einfach. Man gibt ihn<br />
in ein Gefäß und weiß, wie viel<br />
drinnen ist. Flüssigsauerstoff ist<br />
heikel. Bei –183 °C ist er flüssig.<br />
Wird er wärmer, beginnt er sofort<br />
zu verdampfen. Das kann gefährlich<br />
werden. In gasförmigem Zustand<br />
braucht Flüssig sauerstoff<br />
860-mal mehr Platz. Damit das<br />
Gas entweichen kann, muss bei<br />
der Befüllung einer Rakete der<br />
Tank ständig belüftet werden.<br />
Weil das Betanken einer Rakete so<br />
komplex ist, wird es erst kurz vor<br />
dem Start gemacht. Man befüllt<br />
den Tank, kühlt den Flüssigsauerstoff,<br />
so gut es geht, schließt das<br />
Ventil und drückt den Startknopf.<br />
Es brauchte drei Versuche, bis die<br />
Ingenieure genau sagen konnten,<br />
wie viel Flüssigsauerstoff gerade<br />
im Tank war.<br />
Zuerst wollten sie die exakte<br />
Menge Flüssigsauerstoff mit einer<br />
Gewichtsmessung berechnen.<br />
„Wir haben unsere Rakete mit<br />
und ohne Treibstoff gewogen.“<br />
An Land hat das funktioniert. Die<br />
Suborbitals starteten ihre Raketen<br />
aber von einer schwimmenden<br />
Plattform. Es klappte nicht.<br />
Dann haben sie in der Mitte des<br />
Tanks einen Stab eingebaut. Alle<br />
fünf Zentimeter wurde darauf<br />
ein Sensor angebracht, der die<br />
Temperatur misst. Damit lässt<br />
sich die aktuelle Menge an Flüssigsauerstoff<br />
berechnen. Die Daten<br />
waren aber nicht genau genug.<br />
Mit ihrem dritten Versuch kopierten<br />
die Suborbitals einen Füllstandssensor<br />
der NASA. Aber<br />
anstatt ihn um 8000 Dollar zu<br />
kaufen, packte das den Ehrgeiz<br />
der Bastler. Also nahmen sie den<br />
alten Flüssigsauerstofftank eines<br />
Spitals unter die Lupe. „Wir zerlegten<br />
ihn und bauten ein kleineres<br />
Gerät, das in den Tank passte.“<br />
Dass jede Sackgasse einen Ausweg<br />
hat, hilft nicht nur den<br />
Weltraum-Dänen. Von ihrem<br />
Mindset profitieren Menschen<br />
weltweit. Mehr als 300 YouTube-<br />
Videos über die Grundsätze von<br />
Physik und Maschinenbau haben<br />
die Suborbitals online gestellt.<br />
„WAS WIR<br />
HIER TUN, IST<br />
GRÖSSER ALS<br />
JEDER EINZELNE<br />
VON UNS.“<br />
Sie halten Universitätskurse im<br />
Raketenbau. Ein Start-up holte<br />
sich jüngst Design- und Test-<br />
Know-how. Und EUROC, Europas<br />
ein ziger Raketen-Wettbewerb,<br />
nahm Suborbitals-Mitglied Jacob<br />
Skov Larsen in die Jury.<br />
„Wir wollen mit unserer Arbeit<br />
Menschen weltweit inspirieren“,<br />
sagt Mads, „und sie ermuntern,<br />
Dinge zu tun, die unmöglich<br />
erscheinen. Wir wollen sagen:<br />
Mach es! Und du wirst staunen,<br />
was mit Leidenschaft alles möglich<br />
wird.“<br />
Seit 2008 verfolgen die Hobbyingenieure<br />
und Weltraum-Fans<br />
aus Kopenhagen unbeirrbar ihren<br />
Traum vom suborbitalen Flug.<br />
Einmal langsamer, einmal schneller,<br />
aber immer mit derselben<br />
unbeirrbaren Überzeugung. Tatsächlich<br />
haben sie einen großen<br />
Teil des Weges bereits zurückgelegt.<br />
Jetzt beginnt der letzte<br />
und schwierigste Teil. Dass sie<br />
es schaffen können, steht für<br />
die Suborbitals außer Frage. Alle<br />
glauben hier fest daran. Für sie<br />
ist es nicht eine Frage der Einstellung.<br />
Für sie ist es maximal<br />
eine Frage der Zeit.<br />
INNOVATOR 67
SCHLAFEN<br />
SMARTES LICHT, TIEFSCHLAF- CHALLENGES,<br />
SCHLAFPHASEN-ANALYSE: HIGHTECH-<br />
GADGETS SOLLEN UNSERE NACHTRUHE<br />
OPTIMIEREN. UNSER AUTOR HAT<br />
AM EIGENEN LEIB ÜBERPRÜFT, OB SIE<br />
IHR VERSPRECHEN HALTEN, UND FRAGT<br />
FORSCHER, WIE WIR UNS ÜBERMORGEN<br />
GUTE NACHT SAGEN WERDEN.<br />
FÜR<br />
68 INNOVATOR
Text:<br />
Tobias Moorstedt<br />
FORTGESCHRITTENE<br />
ALAMY<br />
INNOVATOR 69
Schlaf war lange ein Geheimnis. Fast so, als würde der<br />
menschliche Geist die Kränkung, dass er ein Drittel<br />
seines Lebens quasi ausgeschaltet ist, damit zurückzahlen,<br />
das Phänomen hartnäckig zu ignorieren. Erst<br />
seit Erfindung des EEG (Elektroenzephalogramm)<br />
und bildgebender Verfahren wie etwa MRT (Magnet-<br />
Das Ding auf meinem Nachttisch<br />
sieht aus wie eine Requisite aus<br />
einem Science-Fiction-Film: ein<br />
weißes Oval, unter dessen glänzender<br />
Oberfläche kryptische<br />
Symbole orange schimmern. Eine<br />
Lampe? Ein Lautsprecher? Ein<br />
Wecker? Irgendwie alles. Und<br />
mehr. Fünfzehn Minuten nachdem<br />
ich das Smart-Sleep-Gerät<br />
auf meinen Nachttisch gestellt<br />
und eingeschaltet habe, bin ich auch<br />
schon eingeschlafen. Weg. Wow. Allerdings<br />
war ich halt echt hundemüde.<br />
Schlaf gut! Gute Nacht! Träum schön!<br />
Gibt es freundlichere, friedlichere Aufforderungen<br />
in der deutschen Sprache?<br />
Aber wenn ich abends gegen 22 Uhr<br />
meiner Frau einen Gute-Nacht-Kuss gebe,<br />
haben diese Sätze oft einen fast ängstlichen<br />
Unterton: Schlaf gut. Mach’s gut.<br />
Hoffentlich wird’s nicht so schlimm.<br />
Denn: Unser Baby und die dreijährige<br />
Tochter leben nach dem Rock-’n’-Roll-<br />
Motto „Schlafen kann ich, wenn ich tot<br />
bin“. Schlafentzug gilt nach der Genfer<br />
Konvention als Folter. Gerade weil ich<br />
weiß, wie zerschmettert man sich nach<br />
einer kurzen Nacht mit vielen Unterbrechungen<br />
fühlt, will ich die wenigen<br />
Stunden Schlaf, die uns bleiben, maximal<br />
effizient zur Erholung nutzen – und<br />
teste deshalb ein paar Wochen lang neue<br />
aktuelle Schlaf-Apps und -Gadgets. Meine<br />
Erwartungen sind hoch. „Fühlen Sie<br />
sich ausgeruhter und fitter“, wirbt Philips<br />
für seine Schlaf-Technologien. Wäre das<br />
nicht schön?<br />
In unserem Gästezimmer richten wir ein<br />
temporäres Schlaflabor ein. Im ersten<br />
Schritt muss ich erst einmal eine Menge<br />
Apps auf dem Smartphone installieren,<br />
Nutzerkonten einrichten und AGBs<br />
ab nicken. Das Basis-Set-up: eine Sensor-<br />
Matte von Withings, die ich unter die<br />
Matratze lege, um meine Schlafdauer<br />
und -qualität zu messen. Die anfangs<br />
bereits erwähnte intelligente Lautsprecher<br />
lampe von Philips, die mittels<br />
Lichtstimmung und Geräuschen das<br />
E inschlafen und Aufwachen managen<br />
soll. Dazu noch eine Suunto-Smart-<br />
watch, die meine Schrittzahl und Körperdaten wie Puls<br />
und Blutdruck misst. Natürlich werden all diese Geräte<br />
mit WLAN, Apple Health und meiner Lauf-App Strava<br />
verbunden. Macht doch mit meinen Daten, was ihr<br />
wollt, ich muss ins Bett.<br />
80 Prozent der erwerbstätigen Menschen in Deutschland<br />
schlafen schlecht – seit 2010 ist der Anteil der 35-<br />
bis 65-Jährigen, die von Schlafstörungen betroffen sind,<br />
um 66 Prozent gestiegen. Die WHO rät, dass Erwachsene<br />
regelmäßig sieben Stunden pro Nacht ruhen sollen –<br />
und bezeichnet den verbreiteten Schlafmangel als „globale<br />
Gesundheitskrise“. Wer zu wenig schläft, hat eine<br />
geringere Lebenserwartung und Lebenszufriedenheit –<br />
und eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für folgende<br />
Schicksalsschläge: Herzinfarkt, Autounfall, Diabetes,<br />
Scheidung, Depression, Krebs und Demenz. Diese<br />
Fakten sind bekannt, aber weil das Problem – „Wann<br />
soll ich schlafen? Ich hab so viel zu tun!“ – so enorm erscheint<br />
wie der Plastikmüllkontinent im Pazifik oder der<br />
Klimawandel, machen wir weiter wie bisher, schlagen<br />
morgens die Augen auf, spüren die bleierne Müdigkeit<br />
in Knochen und Geist und denken für einen Moment,<br />
dass das mit dem Sterben vielleicht doch nicht ganz so<br />
schlimm ist. Kein Wunder, dass Schlafforscher wie<br />
Matthew Walker, Neuropsychiater an der kalifornischen<br />
Universität Berkeley und Autor des Bestsellers „Why We<br />
Sleep“, versuchen, die Menschen aus ihrer Sorglosigkeit<br />
aufzurütteln. „Wer zu wenig schläft, betreibt eine Art<br />
Selbst-Euthanasie“, schreibt er und fügt trocken hinzu:<br />
„Männer, die weniger als sechs Stunden schlafen, haben<br />
kleinere Hoden und das Testosteronlevel eines zehn<br />
Jahre älteren Mannes.“ Vielleicht denkt der Professor ja,<br />
er könne die Wahnsinnigen auf die Art aufwecken?<br />
Auch ich gehe regelmäßig viel zu spät ins Bett. Weil die<br />
To-do-Liste nie leer ist – oder eher: weil ich die seltene<br />
Ruhe und Leere in den späten Stunden des Tages genieße.<br />
Nun aber gehe ich brav um 22.30 Uhr in unser<br />
„Schlaflabor“, die Bedingungen sind laut Health Mate-<br />
App optimal: 18 Grad Celsius, geringe Luftfeuchtigkeit.<br />
Und auch mein Smartphone habe ich in den Schrank<br />
verbannt, weil das blaue Licht des LED-Bildschirms die<br />
Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin unterdrückt.<br />
Ich starte die Lautsprecher-Lampe, die mich in 30 Minuten<br />
in den Schlaf begleiten soll. Man kann zwischen<br />
Regen-Geräuschen, Blätterrascheln und Ozeanwellen<br />
wählen. Das Licht, das das Science-Fiction-Oval aussendet,<br />
ist samtig warm und wird langsam schwächer wie<br />
ein natürlicher Sonnenuntergang (Menüpunkt „ Tropical<br />
Island“). Den Moment, in dem meine künstliche Sonne<br />
ins Meer eintaucht, erlebe ich schon nicht mehr. Die<br />
Nacht jedoch ist unruhig, ich wache dreimal auf. Um<br />
6.15 Uhr ist das Baby wach. Die Health Mate-App zeigt,<br />
dass ich nur zwei kurze Tiefschlafphasen hatte, und<br />
spuckt einen Score von 62 von 100 aus. Dunkelorange.<br />
Ich denke: Herzinfarkt. Demenz. Kleine Hoden. Hilfe!<br />
70 INNOVATOR
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
BOSE, MYDODOW, SUUNOTO, MUSE, WITHINGS, PHILIPPS<br />
5<br />
6<br />
SCHLUMMER- TECH<br />
Zumal Gadgets schon unsere<br />
(Sport-)Aktivitäten tracken<br />
und verbessern, ist nun auch<br />
der Schlaf dran. Eine Auswahl<br />
aktueller Technik, teilweise<br />
getestet von unserem Autor:<br />
(1) Traumflüsterer: Relax-Töne<br />
und Noise-Masking-Funktion<br />
der Kopfhörer helfen beim<br />
Ein- und Durchschlafen. Bose<br />
Sleepbuds II, 269,95 Euro;<br />
bose.com<br />
(2) Atemcoach: Wirft blaues<br />
Licht an die Decke, an dessen<br />
Bewegung der Nutzer seinen<br />
Atem anpasst und sich so<br />
in den optimalen Einschlafzustand<br />
begibt. 49,90 Euro;<br />
mydodow.com<br />
(3) Aufzeichner: Die High-<br />
End-Smartwatch misst neben<br />
verschiedenen Sport arten<br />
auch Schlafdauer und Schlafqualität.<br />
Suunto 9, 499 Euro;<br />
suunto.com<br />
(4) Kopfsache: Trackt Gehirnwellen,<br />
ermöglicht es, Stress<br />
zu steuern – für effektiveres<br />
Meditieren und Schlafen.<br />
Muse 2, 269 Euro;<br />
choosemuse.com<br />
(5) Unterlage: Sensoren unter<br />
der Matratze werten Atmung,<br />
Herzfrequenz und Bewegung<br />
aus – und das Ganze mündet<br />
in Schlaftipps. Withings<br />
Sleep Analyzer, 129,95 Euro;<br />
withings.com<br />
(6) Erleuchtung: pulsierendes<br />
Licht zum Einschlafen, simulierter<br />
Sonnenaufgang zum<br />
Aufwachen. Philips Sleep &<br />
Wake-up Light, 269,99 Euro;<br />
philips.de<br />
INNOVATOR 71
Der Schlaf,<br />
hier meisterhaft<br />
von Bernini<br />
(1598–1680) in<br />
Stein gemeißelt,<br />
galt lange als<br />
Zei chen der Faulheit.<br />
Zu Unrecht.<br />
J<br />
resonanztomografie) können Forscher in den Kopf hineinschauen<br />
– und zwischen verschiedenen Schlafphasen<br />
wie dem REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), in dem<br />
man träumt, oder dem Delta-Schlaf, der besonders tief<br />
und wichtig ist, unterscheiden. Schlaf, erklärt Matthew<br />
Walker, ist der „bislang beste Versuch von Mutter Natur,<br />
den Tod abzuwehren“. Im Schlaf ruhen Körper und<br />
Geist nicht nur, sondern werden aktiv reorganisiert –<br />
als würde man eine Software über das System jagen, die<br />
Viren killt, den Körper-Cache leert und Junk-Files löscht.<br />
eden Tag bekomme ich Push-Nachrichten von<br />
meinen digitalen Schlaf-Coaches, die sich nicht<br />
nur für mein Nachtleben interessieren. „An einem<br />
gesunden Tag macht man 10.000 Schritte“, mahnt<br />
die App. Wenn der Bewegungsradius zwischen<br />
Home, Home-Kita und Home-Office auf 50 bis<br />
100 Quadratmeter schrumpft, ist das gar nicht<br />
so einfach: Die Updates machen mir jedoch gute<br />
Laune. Bis ich sehe, dass meine Frau, mit der ich mich<br />
im Schlaflabor abwechsle, einen Score von 92 hat –<br />
fünf Stunden Tiefschlaf! Keine Unterbrechung. Sofort<br />
sinkt meine Bereitschaft, nach der Arbeit den Müll rauszubringen.<br />
Mach du das doch, du hast ja so gut geschlafen!<br />
Kurz denke ich darüber nach, ob ich eine Privatsphären-Richtlinie<br />
verletze, wenn ich derart über ihren<br />
Schlaf informiert werde. Aber: Mein Ehrgeiz ist geweckt.<br />
Ich schlafe mich noch in den grünen Bereich!<br />
Schlaf muss man nicht lernen. Eigentlich. Schlaf ist ganz<br />
natürlich. Eigentlich. Aber natürlich ist nichts, was der<br />
Mensch macht, wirklich natürlich. Die innere Uhr, die<br />
Tiere und Pflanzen leitet, wird durch unseren freien Willen<br />
und die Einflüsse der Kultur permanent umgestellt<br />
und verdreht. Durch die Bändigung des Feuers, die Erfindung<br />
von Öllampen und später künstlichem Licht wurde<br />
die Schlafphase immer weiter nach hinten verschoben.<br />
Während die Bauern im 19. Jahrhundert im Rhythmus<br />
von Tag und Nacht lebten, konnte man ab der Industrialisierung<br />
in den erleuchteten Fabrikhallen zu jeder Stunde<br />
ICH BRAUCHE NUR VIER<br />
BIS SECHS STUNDEN<br />
SCHLAF. „ DAS IST<br />
HUMBUG“, SO EXPERTEN.<br />
arbeiten. Kein Wunder, dass Schlaf bald<br />
mit Faulheit und Unproduktivität asso ziiert<br />
wurde. Donald Trump rühmt sich<br />
gern, dass er nur vier bis sechs Stunden<br />
Schlaf bräuchte – Schlafmangel war lange<br />
Statussymbol für Leistungsfähigkeit.<br />
Die Forschung hat all das als Humbug<br />
enttarnt. „Lange dachte man, dass Schlaf<br />
dem Gedächtnis nur deshalb hilft, weil<br />
man keine neuen Informationen aufnimmt“,<br />
sagt Professor Jan Born, Neurowissenschaftler<br />
an der Universität Tübingen<br />
und der renommierteste Schlafforscher<br />
im deutschsprachigen Raum.<br />
Heute weiß man, dass im Schlaf neu aufgenommene<br />
Daten auf neuronaler Ebene<br />
bearbeitet und ins Langzeitgedächtnis<br />
verschoben werden. „Und das ist nicht<br />
nur Copy & Paste“, sagt Born. „Es wird<br />
der Kern der Erinnerung gespeichert –<br />
während Details vergessen werden. Wir<br />
beginnen erst, das genau zu verstehen.“<br />
ALAMY<br />
72 INNOVATOR
Und diese Funktion des Schlafs kann<br />
man nutzen. Wenn er eine wichtige <strong>Red</strong>e<br />
halten muss, liest Born sich das Skript<br />
vor dem Einschlafen laut vor.<br />
Nach zwei Wochen des Schlaf-Experiments<br />
fühle ich mich nicht un bedingt<br />
ausgeschlafen, aber gut, weil ich meine<br />
Müdigkeit nicht hinnehme, sondern<br />
versuche, durch minimalinvasives Biohacking<br />
mein Leben (und meine Lebenserwartung)<br />
zu verbessern. Auf den ersten<br />
Blick sind Hightech und guter Schlaf<br />
zwar ein Widerspruch. „The future of<br />
sleep is a return to the past“ – die<br />
Zukunft des Schlafens liegt in einer Rückkehr<br />
in die Vergangenheit, schreibt auch<br />
Matthew Walker. Der Mensch müsse<br />
wieder lernen, wie ein Tier zu schlafen –<br />
einfach regelmäßig und ausreichend die<br />
Augen schließen, im Einklang mit der<br />
inneren Uhr. Schlaf-Papst Walker sagt:<br />
„Eine Möglichkeit, eine gesunde neue<br />
Gewohnheit dauerhaft zu leben, ist die<br />
Auseinandersetzung mit den eigenen<br />
Daten.“ Selbst wenn man so die Schlafmenge<br />
nur um 15 Minuten pro Tag<br />
erhöhe, mache dies einen signi fikanten<br />
Unterschied über die gesamte Lebensspanne<br />
aus und würde Billionen von<br />
Dollar in der Weltwirtschaft ein sparen,<br />
schreibt er in „Why We Sleep“.<br />
D<br />
ie Zukunft des Schlafs kann man<br />
schon heute im Weltraum bewundern.<br />
Die Astronauten der International<br />
Space Station (ISS) litten<br />
lange unter Schlaflosigkeit, weil sie<br />
alle 90 Minuten um die Erde rasen<br />
und so in 24 Stunden 16 Son nenauf-<br />
und -untergänge erleben. Die<br />
NASA installierte deshalb spezielle Lampen<br />
in der Raumstation, die die sich verändernde<br />
Lichtstimmung eines Erdentages<br />
simulieren. Diese Technologie kostete<br />
die NASA bestimmt Unsummen – aber<br />
weil es bald erschwingliche Geräte geben<br />
wird, die den Schlaf und den zirkadianen<br />
Rhythmus einer Person aufzeichnen, kann<br />
man diese mit Smart-Home-Lösungen<br />
verbinden. Schlafforscher träumen von<br />
einem Haus, in dem alle Bildschirme und<br />
Leuchtmittel über den Biorhythmus des<br />
Bewohners informiert sind – und, je näher<br />
die Schlafenszeit rückt, das blaue<br />
Licht durch rotes, warmes Licht ersetzen.<br />
Das Smart Home kommuniziert direkt<br />
mit unserem vegetativen Nervensystem.<br />
Wir alle werden Terranauten in unserer<br />
maßgeschneiderten Raum-Station sein.<br />
Die größten Fortschritte für den Schlaf<br />
werden allerdings nicht im Weltraum<br />
und Hightech-Laboren erreicht, sondern<br />
IN DER NACHT SICKERN<br />
NEUE DATEN INS<br />
LANGZEITGEDÄCHTNIS.<br />
auf der Schulbank. „Wir unterrichten Kinder und Jugendliche<br />
in Sexualität und Ernährung“, sagt Jan Born,<br />
Schlaf hingegen tauche in den Lehr büchern kaum auf.<br />
Zwar könne jeder Einzelne auf sein Verhalten achten,<br />
aber am Ende seien Veränderungen auf der gesellschaftlichen<br />
Ebene nötig. Es sei ja absurd, wenn man den Kindern<br />
in der Schule erklärt, dass es Menschen gibt, die<br />
eher Frühaufsteher (Lerchen) oder eher Nachtmenschen<br />
(Eulen) sind – und der Schulgong trotzdem für<br />
alle um 8 Uhr läutet. Warum also nicht: Unterricht zwischen<br />
10 und 16 Uhr? Gleitzeit in der Schule? Individualisierte<br />
Stundenpläne? Eine ähnliche Flexibilität müsste<br />
genauso auf dem Arbeitsmarkt ent stehen. Vielleicht<br />
ist die aktuelle Homeoffice-Erfahrung ein guter Impuls.<br />
In einer Kernzeit zwischen 12 und 15 Uhr finden die<br />
meisten (Video-)Konferenzen statt – ansonsten organisieren<br />
sich alle die Arbeit nach ihren Bedürfnissen.<br />
Vor ein paar Jahren hätte ich mit einem Sleep Score von<br />
69 noch im Büro angeben können: Guckt, was für ein<br />
harter Workaholic ich bin! Durch den Achtsamkeitstrend<br />
ändert sich das. Der US-Gesundheitskonzern Aetna<br />
etwa zahlt Mitarbeitern eine Prämie, wenn sie mehr<br />
als 20 Nächte am Stück mehr als 7 Stunden schlafen –<br />
maximal 500 Dollar. Auch Matthew Walker denkt über<br />
ein „sleep credit system“ nach, in dem Unter nehmen vernünftiges<br />
Schlafmanagement durch Boni oder zusätzliche<br />
Urlaubstage belohnen könnten. Dazu müsste man<br />
seinen Sleep Score allerdings mit dem Arbeitgeber teilen<br />
oder mit der Krankenkasse – datenschutztechnisch<br />
eine gruselige Vorstellung. Aus medi zinischer Sicht aber<br />
interessant, um Schlafstörungen mit therapeutischen<br />
Apps und Schulungen zu bekämpfen. Meine Schlaf-App<br />
bietet bereits die Funktion an, meine Daten mit meinem<br />
Arzt zu teilen. Wir leben in der Gegenwart der Zukunft.<br />
In der vierten Woche erreiche ich einen Score im grünen<br />
Bereich. 92. Obwohl ich nur 7 Stunden und 3 Minuten<br />
in Morpheus’ Armen war. Weil ich regelmäßig ins Bett<br />
gehe, weniger Alkohol trinke und das Smartphone in<br />
der letzten wachen Stunde nicht mehr anfasse. „Was<br />
könnten wir noch machen?“, frage ich Professor Born.<br />
„Eine aktuelle Innovation“, erklärt er, „sind Sensoren-<br />
Bänder, die man sich um den Kopf legt und die die langsamen<br />
EEG-Wellen des Tiefschlafs messen. Damit kann<br />
man dann, präzise auf diese langsamen Wellen getaktet,<br />
das Gehirn stimulieren, um gezielt den Schlaf zu vertiefen.“<br />
So könne man bald Menschen mit Schlafstörungen<br />
besser helfen als mit Medikamenten. Eine Zukunft, in<br />
der wir alle verkabelt und mit Metallbändern um den<br />
Kopf im Bett liegen, sieht Born trotzdem nicht. „Die Daten<br />
sind alle gut und schön“, sagt er, „aber wer zu viel<br />
Kontrolle ausüben will, bleibt wach. Wir müssen lernen,<br />
uns fallen zu lassen.“ Das wäre wirklich ein Traum.<br />
INNOVATOR 73
WIE WIR MORGEN FAHREN<br />
WERDEN: REVOLUTIONÄRE<br />
KONZEPTE UND NACHHALTIGE<br />
LÖSUNGEN, ALTERNATIVE<br />
ANTRIEBE UND SPANNENDE<br />
NORMALITÄT. SELTEN WAR<br />
DIE ZUKUNFT DER MOBILITÄT<br />
SO AUFREGEND WIE JETZT.<br />
EINSTEIGEN ,<br />
BITTE!<br />
HERSTELLER<br />
74 INNOVATOR
Wasserstoff extrem:<br />
Der von einer Brennstoffzelle<br />
angetriebene Hyperion XP-1<br />
ist 355 km/h schnell<br />
und hat 1600 km Reichweite.<br />
INNOVATOR 75
MORGEN<br />
MERCEDES<br />
VISION AVTR<br />
Der Name deutet<br />
darauf hin, dass diese<br />
fahrbare Studie im<br />
kommenden „Avatar“-Film<br />
auftauchen könnte.<br />
Statt mit Lenkrad und<br />
Pedalen steuert man über<br />
eine zentrale Kommandoeinheit.<br />
Funktionen<br />
aus dem ehemaligen<br />
Armaturenbrett werden<br />
als Icons auf die<br />
Hand fläche projiziert.<br />
TREND<br />
SCHNELLER<br />
LADEN<br />
Vorbei die Zeiten, als man<br />
E-Auto-Fahrer an den Ladestationen<br />
Zeit totschlagen sah.<br />
Dank 800-Volt-Technologie<br />
wird man künftig eher in Minuten<br />
statt Stunden rechnen.<br />
HERSTELLER<br />
76 INNOVATOR
HEUTE<br />
FORD<br />
MUSTANG<br />
MACH-E<br />
Heck- oder Allradantrieb,<br />
198 bis<br />
258 PS, Reichweite<br />
je nach Modell<br />
von 400 bis 610 km:<br />
Fords erster<br />
E-Schuss sitzt.<br />
Batterietechnisch?<br />
Da ist die 198-PS-<br />
Version schon nach<br />
10 Minuten Ladezeit<br />
für die nächsten<br />
100 Kilometer<br />
bereit. Über diese<br />
Daten hinaus glänzt<br />
das Auto mit dem<br />
Pferd als Logo mit<br />
so smarten Details<br />
wie einem zweiten<br />
Kofferraum vorn und<br />
einem mit 39 cm<br />
Bildschirm diagonale<br />
rekordverdächtig<br />
großen Touchscreen.<br />
Als Schlüssel wird<br />
das Smartphone des<br />
Besitzers verwendet:<br />
Über Bluetooth<br />
erkennt der Mustang<br />
seinen Reiter und<br />
entriegelt die Türen.<br />
Gestartet wird<br />
per Knopf.<br />
HEUTE<br />
BMW<br />
IX3<br />
Die Alltagstauglichkeit<br />
eines E-Autos<br />
steht und fällt mit<br />
Ladegeschwindigkeit<br />
und Reichweite.<br />
Der Akku des neuen<br />
iX3 hat eine um<br />
20 Prozent gesteigerte<br />
Energiedichte<br />
gegenüber den bislang<br />
verwendeten<br />
Modellen, man kann<br />
ihn also kleiner und<br />
leichter bauen.<br />
Die Reichweite<br />
beträgt trotzdem<br />
alltagstaugliche<br />
460 km. Die Hochvolt-Batterie<br />
ist<br />
in 34 Minuten zu<br />
80 Prozent voll, in<br />
schlanken 10 Minuten<br />
sind 100 km<br />
Reichweite nachgeladen.<br />
Leistung:<br />
286 PS, die Höchstgeschwindigkeit<br />
ist auf 180 km/h<br />
beschränkt.<br />
INNOVATOR 77
MORGEN<br />
HYPERION<br />
XP-1<br />
Das kalifornische Start-up<br />
verpackt Wasserstoff-<br />
Technologie in ein Hypersportler-Kleid.<br />
1031 kg,<br />
schnell lad- und entladbare<br />
Superkondensatoren<br />
statt einer Batterie, Carbon,<br />
Titan. 2022 soll die<br />
Produktion beginnen.<br />
TREND<br />
BRENNSTOFFZELLE<br />
An Bord wird Wasserstoff in<br />
elek trische Energie umgewandelt,<br />
der Rest funktioniert<br />
wie bei heutigen E-Autos –<br />
allerdings ohne große und<br />
schwere Batterie, was die Fahrleistungen<br />
auf ein neues Level<br />
hebt. Und aus dem Auspuff<br />
kommt statt CO 2 Wasserdampf.<br />
HERSTELLER<br />
78 INNOVATOR
GESTERN<br />
MERCEDES<br />
GLC F-CELL<br />
Und schon wieder<br />
vorbei: Nach 3000<br />
gebauten Exemplaren<br />
lief jüngst die<br />
Produktion des einzigen<br />
europäischen<br />
Serien-Pkw mit<br />
Brennstoffzelle<br />
aus. War bloß die<br />
Reichweite mit<br />
rund 300 km zu<br />
knapp ausgelegt?<br />
Das Netz an<br />
Wasser stoff-<br />
Tankstellen zu<br />
gering, um einen<br />
globalen Hit zu<br />
landen? Oder haben<br />
die Akkus einen<br />
so großen Schritt<br />
nach vorn gemacht,<br />
dass konventionelle<br />
E-Autos der komplizierten<br />
Brennstoffzelle<br />
den Garaus<br />
gemacht haben?<br />
Vermutlich war es<br />
eine Kombination<br />
aller drei Faktoren.<br />
HEUTE<br />
HYUNDAI<br />
NEXO<br />
Im Unterboden und<br />
unter der Rückbank<br />
sind drei Tanks mit<br />
einer Wandstärke<br />
von 4,5 cm verbaut,<br />
in die der Wasserstoff<br />
mit 700 Bar (!)<br />
strömt. Das dauert<br />
nicht länger, als<br />
würde man Erdgas<br />
tanken. Sind die<br />
Tanks voll, kommt<br />
der 163 PS starke<br />
Hyundai 666 km<br />
weit – das ist<br />
deutlich mehr als<br />
die meisten konventionellen<br />
E-SUV<br />
dieser Klasse. Da<br />
die Brennstoffzelle<br />
extrem saubere<br />
Luft braucht, werden<br />
Mikro partikel<br />
durch einen Hochleistungsfilter<br />
aufgefangen. Die<br />
Außenluft ist<br />
danach also reiner<br />
als zuvor!<br />
INNOVATOR 79
HEUTE<br />
VW<br />
ID.4<br />
Sieht man den<br />
kleineren ID.3 als<br />
E-Golf, ist der ID.4<br />
das Pendant zum<br />
SUV Tiguan. Mit<br />
204 PS und einer<br />
Reichweite von<br />
522 km lässt sich<br />
im Alltag problemlos<br />
auskommen.<br />
Der Fahrer entscheidet,<br />
ob das<br />
Auto frei rollen soll,<br />
wenn er vom Gas<br />
geht, oder doch<br />
lieber abbremsen<br />
und Energie zurückgewinnen.<br />
Kluges<br />
Detail bei den<br />
Assistenz systemen:<br />
Sie greifen auch<br />
auf Navi-Daten zurück,<br />
reduzieren so<br />
vor Ortsgebieten,<br />
Kreisverkehren<br />
oder Kreuzungen<br />
selbständig vorab<br />
die Geschwindigkeit<br />
und sparen<br />
Strom.<br />
HEUTE<br />
ŜKODA<br />
ENYAQ IV<br />
Die Tschechen<br />
waren schon immer<br />
die Meister von<br />
schlauen Details.<br />
Man denke nur an<br />
den integrierten<br />
Regenschirm in<br />
der Fahrertür. Wie<br />
legt man das in die<br />
digitale Welt um?<br />
Zwei Beispiele:<br />
Die Innenraumtemperatur<br />
lässt<br />
sich fernbedient<br />
übers Smartphone<br />
steuern. Heiß, kalt?<br />
Wohltemperiert!<br />
Oder: Ein Tür-Alarm<br />
erkennt, wenn Sie<br />
aussteigen wollen,<br />
während ein Radfahrer<br />
daherkommt,<br />
und warnt. Das<br />
erste E-SUV von<br />
Škoda ist ein enger<br />
Verwandter des<br />
VW ID.4, maximal<br />
204 PS stark<br />
und kommt bis<br />
zu 510 km weit.<br />
80 INNOVATOR
MORGEN<br />
RENAULT<br />
EZ- GO<br />
Die Studie kommt ohne<br />
konventionelles Cockpit aus<br />
und bietet sechs Personen<br />
Platz, die bequem über<br />
eine Front-Tür einsteigen –<br />
dank Rampe barrierefrei.<br />
Der E-Antrieb steckt in<br />
der Bodenplatte. Einsatzbereich:<br />
selbstfahrendes<br />
Shuttle in Ballungszentren.<br />
TREND<br />
AUTOMATISIERTES<br />
FAHREN<br />
Selbstfahrende Autos sind<br />
ein alter Traum der Techniker.<br />
Schritt für Schritt hat man in<br />
den letzten Jahren Erfahrungen<br />
mit Steuer- und Kontrollsystemen<br />
gewonnen. Auf dem<br />
fünfstufigen Fahrplan zum<br />
voll autonomen Fahren kommen<br />
dieser Tage die ersten Modelle<br />
mit Stufe 3. Hier lenken,<br />
bremsen und beschleunigen<br />
Autos erstmals für einen<br />
definierten Zeitraum ganz<br />
selbständig. Der Fahrer muss<br />
nur eingreifen, wenn das<br />
System ein Problem erkennt.<br />
HERSTELLER<br />
INNOVATOR 81
I N N O V A T O R<br />
W I S S E N<br />
9 REGELN,<br />
DIE DU<br />
IGNORIEREN<br />
SOLLTEST …<br />
… UND DREI REGELN, AUF DIE ES WIRKLICH ANKOMMT:<br />
START-UP-MYTHEN IM REALITY-CHECK VON<br />
NETFLIX-STAR SOPHIA AMORUSO.<br />
SOPHIA AMORUSO, 36<br />
Gründerin, Coach,<br />
Unternehmensberaterin<br />
Aufgezeichnet von<br />
Arek Piatek<br />
„Als Start-up musst du deinen Job kündigen“,<br />
„Du musst getrieben sein“,<br />
„Hör nur auf den Bauch, nicht auf den Kopf“. –<br />
„Alles Unsinn“, sagt Sophia Amoruso,<br />
Gründerin des Mode labels „Vintage Gal“,<br />
deren außergewöhnliche Erfolgsstory sogar als<br />
Netflix-Serie verfilmt wurde. Hier verrät uns<br />
die US-Top-Entre preneurin die größten<br />
Start-up-Irrtümer – und welche Regeln<br />
wirklich wichtig sind.<br />
GETTY IMAGES<br />
82 INNOVATOR
MYTHOS<br />
Du musst für deine<br />
Idee brennen – und<br />
sie stur umsetzen.<br />
Unsinn. Für deine Idee solltest du<br />
nicht brennen. Damit behinderst<br />
du dich selbst und hörst automatisch<br />
auf keine gut gemeinten<br />
Vorschläge mehr – von Experten,<br />
die sich auskennen. Und die dir<br />
sehr wohl sagen könnten, dass<br />
deine Idee die eine oder andere<br />
Kursänderung braucht, um in der<br />
realen Welt wirklich zu funktionieren.<br />
Also: Zuzuhören und deine<br />
Idee zu hinterfragen ist smarter,<br />
als stur mit dem Kopf durch<br />
die Wand zu gehen. Deshalb: Sei<br />
leidenschaftlich und brenne für<br />
das, was du tust, aber brenne niemals<br />
für eine fixe Idee!<br />
MYTHOS<br />
Nur neue Ideen<br />
führen zum Erfolg.<br />
Auch das ist Unsinn! Ich bin<br />
das beste Beispiel dafür. Als ich<br />
anfing, Klamotten auf eBay zu<br />
verkaufen, war die Konkurrenz<br />
nicht nur längst da, sie war auch<br />
riesengroß. Der Trick bei der<br />
Sache ist nur: Du musst dich von<br />
den anderen abheben, dich markant<br />
unterscheiden. Das geht auf<br />
viele Arten: mit dem Produkt, das<br />
du verkaufst, wie du es verkaufst<br />
– oder mit dem Image, das du<br />
verkörperst. Als ich mein damals<br />
neues Modelabel „Nasty Gal“ (böses<br />
Mädchen, Anm.) nannte, war<br />
das sicher kein Fehler – weil der<br />
Name provoziert. Und Aufmerksamkeit<br />
erregt. Und das ist die<br />
halbe Miete im Business: Kunden<br />
auf dich aufmerksam zu machen.<br />
MYTHOS<br />
Jage Investoren<br />
und erzähle<br />
von deiner Idee.<br />
Nein. Ein Investor – selbst wenn<br />
er dir Gehör schenkt – wird sich<br />
von einer bloßen Idee kaum beeindrucken<br />
lassen. Das ist nun<br />
mal so. Würdest du an seiner<br />
Stelle wahrscheinlich auch nicht.<br />
Was einen Investor hingegen beeindruckt?<br />
Deine Erfolge! Also:<br />
Zu einem Investor zu gehen zahlt<br />
sich aus – doch nur, wenn du als<br />
Business(wo)man etwas Handfestes<br />
vorzuweisen hast. Dann<br />
hört er zu und wird auch was<br />
von deiner Idee erfahren wollen.<br />
„HALTE DEINE<br />
IDEE NICHT<br />
GEHEIM.<br />
POSAUNE SIE<br />
RUHIG IN DIE<br />
WELT HINAUS.<br />
DAS FEEDBACK<br />
ANDERER<br />
IST IMMENS<br />
WICHTIG.“<br />
MYTHOS<br />
Erzähle niemandem<br />
von deiner Idee<br />
– sonst stiehlt<br />
man sie dir.<br />
Das ist eine wirklich unbegründete<br />
Angst. Es mag jetzt ernüchternd<br />
sein, aber erstens: Deine<br />
in deinen Augen so tolle Idee ist<br />
vermutlich nicht so toll, wie du<br />
glaubst. Allein aus dem Grund<br />
wäre es wichtig, mit anderen<br />
darüber zu reden – um schon im<br />
Vorfeld gewarnt zu werden oder<br />
deine Idee neu zu definieren.<br />
Und zweitens, selbst wenn es so<br />
wäre: Niemand klaut so schnell<br />
deine Idee, patentiert sie – und<br />
wird zum Millionär. Ich selbst<br />
habe immer – und mache es heute<br />
noch – Ratschläge und Tipps<br />
von anderen eingeholt. Immer.<br />
Das ist wertvoll und bringt dich<br />
viel weiter, als allein an deinem<br />
eigenen Projekt zu brüten. Denn<br />
du siehst nicht, was andere Leute<br />
sehen – und du weißt nicht, was<br />
andere wissen. Also: Posaune<br />
dein Vorhaben ruhig in die Welt<br />
hinaus und warte, was zurückkommt.<br />
Das Feedback von anderen<br />
– auch von Fremden – ist<br />
immens wichtig.<br />
INNOVATOR 83
MYTHOS<br />
Bauchgefühl ist<br />
im Business<br />
wichtiger als Logik.<br />
Nein! Denn: Beides ist gleich<br />
wichtig. Der Punkt ist nur:<br />
Bauchgefühl ist immens wichtig<br />
am Beginn deiner Karriere. Quasi<br />
vor deinem richtigen Start. Es ist<br />
ein guter Ratgeber für das, was<br />
du wirklich machen willst – und<br />
wofür dein Herz schlägt. Doch<br />
später, wenn Ausgaben, Einnahmen<br />
und Verluste ins Spiel<br />
kommen, zählen nur mehr Zahlen<br />
und Hard Facts – und der<br />
blanke Hausverstand. Wenn dann<br />
deine Logik sagt: Finger weg von<br />
diesem Business-Model – dann<br />
halt dich daran und lass es. Egal,<br />
was dein Bauchgefühl sagt.<br />
MYTHOS<br />
Wenn du ein Unternehmen<br />
gründen<br />
willst, kündige<br />
deinen Job.<br />
Nein! Das ist nicht smart. Das<br />
sollten nur Leute, die entweder<br />
Kohle ohne Ende haben – oder<br />
erst zwanzig sind und noch<br />
nichts zu verlieren haben. Allen<br />
anderen rate ich: zweigleisig<br />
fahren. Ich weiß aus Erfahrung:<br />
Viele erfolgreiche Gründer<br />
begannen ihre zweite Karriere<br />
mit einem „Side Hustle“, also<br />
einem Neben geschäft zu ihrer<br />
Arbeit. Das hat jede Menge Vorteile<br />
und hält das Risiko, auf<br />
die Schnauze zu fallen, gering.<br />
Konkret: Man kann sich langsam<br />
und ohne Druck an ein Business<br />
herantasten. Mein Tipp daher:<br />
Kündige nicht deinen Job, aber<br />
reserviere regelmäßig Zeit für<br />
deinen Side Hustle. Sei bereit,<br />
privat Überstunden zu machen,<br />
aber gehe Dinge langsam an.<br />
Recherchiere, probiere aus,<br />
arbeite … ganz ohne Druck.<br />
Denn wer unter Druck ist,<br />
macht Fehler. Und überhaupt:<br />
Man muss ja nicht gleich über<br />
Nacht die Welt erobern, oder?<br />
MYTHOS<br />
Ungeduld ist<br />
ein guter Antrieb<br />
für Gründer<br />
Wenn mit Ungeduld ein hoher<br />
Adrenalinpegel gemeint ist, dann<br />
yes! Ich selbst war in meiner Karriere<br />
ungeduldig und getrieben.<br />
Das ist positiv und pusht dich.<br />
Aber nur solange du selber damit<br />
klarkommst. Deshalb Vorsicht:<br />
Wenn du deine Ungeduld auf<br />
deine Partner überträgst, kann<br />
das rasch in die Hose gehen.<br />
Denn nicht jeder arbeitet auf die<br />
gleiche Art … und manche Menschen<br />
könnten durch deine Ungeduld<br />
rasch gehemmt werden.<br />
„WAS ALS<br />
BOSS WIRK<br />
LICH ZÄHLT,<br />
IST, DIE STÄR<br />
KEN DEINER<br />
LEUTE ZU<br />
FÖRDERN.“<br />
BUSINESS-GIRL-POWER<br />
Sophia Amoruso ist eine Entrepreneurin aus San Diego, USA.<br />
In ihrem Buch „#Girlboss“ schildert sie ihre außergewöhnliche<br />
Erfolgsstory, wie sie ihren Vintage-Mode-Versand („Nasty<br />
Gal“) zu einem Millionen-Unternehmen machte. „#Girlboss“<br />
wurde inzwischen auch als Serie verfilmt – und ist unter<br />
diesem Titel auf Netflix zu sehen. 2020 war Sophia Keynote<br />
Speaker am Global Workshop von <strong>Red</strong> Bull Basement.<br />
sophiaamoruso.com<br />
84 INNOVATOR
BUCHTIPPS<br />
Pflichtlektüre für angehende Gründer<br />
„Das 4-Stunden-<br />
Startup“<br />
Wie setze ich meine Idee professionell<br />
um? Smarte Tipps für Berufstätige,<br />
die „nebenher“ gründen wollen.<br />
„Werde, was du kannst“<br />
Das Buch ermutigt, vor allem die<br />
eigenen Fähigkeiten zu nutzen,<br />
um Ideen unternehmerisch erfolgreich<br />
umzusetzen – mit 21 wahren<br />
Success- Storys als Inspiration.<br />
„GRIT“<br />
Nicht IQ und Talent, sondern Leidenschaft<br />
und Ausdauer entscheiden<br />
über Erfolg, sagt Psychologin Angela<br />
Duckworth. Und belegt dies mit Beispielen<br />
aus der realen (Business-)Welt.<br />
MYTHOS<br />
Die Basis von<br />
gutem Teamwork<br />
ist: Einigkeit.<br />
Nein. Wenn im Team ständig<br />
Einigkeit herrscht, dann stimmt<br />
was nicht! Einigkeit ist Stillstand.<br />
Ein guter Output basiert immer<br />
auf Meinungsvielfalt, heftigen<br />
Diskussionen, gern auch Streitereien<br />
in der Gruppe. Letzten<br />
Endes fördert das die Qualität<br />
dessen, was du tust. Und das ist<br />
verdammt wichtig: dass am Ende<br />
ein gesunder Kompromiss herausschaut.<br />
Ich sage immer:<br />
Wirklich gute Qualität ist ohne<br />
Konflikte nicht möglich.<br />
MYTHOS<br />
Als Boss hast du<br />
immer das letzte<br />
Wort im Team.<br />
Wenn du deine Leute unterdrücken,<br />
schlechte Stimmung<br />
in der Gruppe machen oder die<br />
Stärken der Teammitglieder<br />
beschneiden willst, dann ja. Im<br />
Ernst: Es ist in der heutigen Zeit<br />
nicht mehr smart, ein Team wie<br />
ein Diktator anzuführen. Was<br />
wirklich zählt, ist, die Stärken<br />
deiner Leute maximal zu fördern,<br />
sie einzubinden, wo es nur geht<br />
– und auch entscheiden zu lassen,<br />
wenn du der Meinung bist,<br />
sie wissen es besser. Denn sie<br />
wissen es manchmal besser. Sich<br />
dies einzugestehen ist als Boss<br />
eine Stärke. Und bringt allen nur<br />
Vorteile.<br />
„SCHEITERN<br />
IST WICHTIG,<br />
DENN MAN<br />
LERNT NUR<br />
AUS DEM<br />
SCHEITERN.<br />
AUS ERFOLGEN<br />
LERNST DU<br />
GAR NICHTS.“<br />
INNOVATOR 85
WAS ZÄHLT:<br />
3 REGELN<br />
ZUM ERFOLG<br />
1. Scheitern ist<br />
normal. Nur musst<br />
du jedes Mal<br />
besser scheitern.<br />
100 Prozent Zustimmung! Die<br />
Menschen denken oft, dass Scheitern<br />
etwas ist, was nur ihnen zustößt.<br />
Dabei ist es wichtig, sich<br />
aufs Scheitern einzulassen und<br />
dafür bereit zu sein. Es ist für<br />
viele eine neue Art, die Welt zu<br />
sehen, aber es ist wirklich so,<br />
und das ist kein Klischee: Nichts<br />
bringt dich weiter als Niederlagen<br />
und die Learnings daraus! Denn<br />
aus Erfolgen lernst du gar nichts.<br />
2. Netzwerke, wo<br />
du nur kannst!<br />
Ja, ja, ja! Und nochmals ja. Und<br />
noch etwas: Netzwerken bedeutet<br />
überall netzwerken. Nicht nur<br />
bei Start-up-Events, Festivals und<br />
dergleichen. Sondern im Fitnesscenter,<br />
beim Einkaufen oder auf<br />
der Straße … überall. Ich hatte<br />
an den ungewöhnlichsten Orten<br />
die wichtigsten Begegnungen<br />
meiner Karriere. Ein Gespräch,<br />
ein Tipp, ein Handshake, eine<br />
Telefonnummer … Du weißt<br />
nie, wo du eine Bekanntschaft<br />
machst, die sich später als<br />
Sprungbrett herausstellen wird.<br />
3. Prüfe deine<br />
Business-Idee<br />
im Vorfeld<br />
gründlich!<br />
Stimmt 100-prozentig! Das<br />
ist die Regel Nummer eins.<br />
Nichts ist wichtiger als eine<br />
profunde Vorab-Recherche<br />
deines angedachten Business-<br />
Models. Stöbere also zunächst<br />
gründlich im Netz. Ist deine<br />
Idee völlig neu oder gibt es<br />
schon Leute, die das machen?<br />
Wenn ja, wie machen sie es?<br />
Tauche ein in ihre Welt. Stelle<br />
dir vor, du bist ihr Kunde. Was<br />
gefällt dir an ihrem Angebot?<br />
Was gefällt dir nicht? Was fehlt<br />
deiner Meinung nach? Wenn<br />
du die Chance hättest, das<br />
Unternehmen zu führen, was<br />
würdest du anders machen?<br />
Solche Gedanken sind wichtiger,<br />
als du glaubst. Denn sie<br />
schärfen mit der Zeit deinen<br />
Blick auf das, was wichtig ist:<br />
dein eigenes Business-Model.<br />
SERIENTIPPS<br />
Von genialen Geistern und Business-Rebellen –<br />
hier sind 3 Netflix-Serien mit hohem Inspirationsfaktor<br />
„Inside Bill’s Brain –<br />
Decoding Bill Gates“<br />
Ein Einblick in die Psyche des<br />
Microsoft-Gründers. Von Davis Guggenheim<br />
(„An Inconvenient Truth“).<br />
„The Mind, Explained“<br />
Wie tickt unsere Psyche? Wie können<br />
wir mithilfe unseres Verstandes besser<br />
leben – und besser performen?<br />
Diese Doku liefert Antworten.<br />
„Girlboss“<br />
Angelehnt an die Sophia-Amoruso-<br />
Erfolgsstory. Die Serie begleitet eine<br />
junge Rebellin bei der Gründung ihres<br />
Online-Geschäfts. Extrem kurzweilig!<br />
NETFLIX<br />
86 INNOVATOR
WIR LAUFEN FÜR ALLE,<br />
DIE ES NICHT KÖNNEN.<br />
9. MAI 2021 – 13 UHR<br />
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getredbulletin.com
INNOVATOR<br />
GUIDE<br />
Konferenzen, Messen,<br />
Festivals: Diese<br />
Innovations-Events<br />
planen ein Comeback //<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement:<br />
Studenten, die die Welt<br />
verändern //<br />
Fashion: Diese Jacke<br />
wärmt per App //<br />
Kolumne: Überraschende<br />
Folgen von<br />
Nachhaltigkeit //<br />
Tech -Highlight: Das Labor<br />
am Ende der Welt //<br />
INNOVATOR 89
DO IT <br />
BOCK AUF INNOVATION?<br />
Dann bist du hier richtig, Wir präsentieren eine Auswahl<br />
der spannendsten Events 2021 in Deutschland. Die finden statt –<br />
je nach Lage – in echt und/oder digital.<br />
Talk um das Phänomen TikTok:<br />
Moderatorin Jennifer Sarah<br />
Boone im Gespräch mit TikTok-<br />
Star Onkel Banjou (r.) und Agentur-Gründer<br />
Adil Sbai.<br />
7und 8. September<br />
dmexco<br />
Wie kann ich Menschen über digitale Kanäle so begeistern,<br />
dass sie für meine Sache brennen? Um diese Frage<br />
dreht sich diese internationale Marketing-Konferenz<br />
zwei Tage lang. Von Machine Learning über Audio-Content<br />
bis zu TikTok-Influencern: Renommierte Speaker –<br />
zuletzt etwa Facebooks Werbe-Chef David Fischer, SAP-<br />
Marketing-Leiterin Alicia Tillman und Alexander Birken,<br />
der CEO der Otto Group – erzählen, auf welche Strategien<br />
und Technologien sie aktuell setzen und was jeder,<br />
der digital Menschen erreichen will, davon lernen kann.<br />
2021 soll die dmexco nun in hybrider Form ablaufen –<br />
vor Ort in den Kölner Messehallen und gleichzeitig als<br />
Online-Event für Zuschauer auf der ganzen Welt.<br />
Koelnmesse; dmexco.com<br />
KOELNMESSE GMBH/MAX HAMPEL, ALEX FETTICH<br />
90 INNOVATOR
SAVE THE DATE<br />
2September<br />
Growth Marketing<br />
Summit<br />
Ob als Familienbetrieb oder Großkonzern:<br />
Wer in der digitalen Welt<br />
wachsen will, muss seine Kunden<br />
möglichst genau kennen. Auf dieser<br />
Konferenz erklären Experten,<br />
wie etwa Daten dabei helfen können,<br />
jedem Nutzer maßgeschneiderte<br />
Angebote zu machen und das<br />
Geschäft auf diese Art auszubauen.<br />
Unter den <strong>Red</strong>nern in diesem Jahr:<br />
Verhaltensökonom und Bestseller-<br />
Autor Dan Ariely sowie Spotify-<br />
Wachstums-Chef Simon Dahla.<br />
Alte Oper, Frankfurt am Main;<br />
growthmarketingsummit.com<br />
Gefragter Speaker:<br />
Ruppert Bodmeier,<br />
CEO der Plattform<br />
Disrooptive<br />
16<br />
bis 17. September<br />
Impact Festival<br />
Wenn wir den Planeten schützen wollen,<br />
müssen wir miteinander kooperieren: Aus<br />
dieser Überzeugung heraus will das Impact<br />
Festival potenzielle Weltverbesserer miteinander<br />
vernetzen – etwa junge Start-ups<br />
mit innovativen Konzepten mit Investoren,<br />
die ihren Ideen die nötige Durchschlagskraft<br />
verleihen können; oder mit Konzernen,<br />
die nach Konzepten für ihre eigene nachhaltige<br />
Zukunft suchen.<br />
Frankfurt/Offenbach; impact-festival.earth<br />
6<br />
Mai<br />
German Start-up<br />
Awards<br />
Hinter jedem Start-up stecken Helden, die ihr<br />
ganzes Herzblut in eine Idee stecken: Dieses<br />
Event will herausragenden Gründern eine Bühne<br />
bieten und ihren Einsatz würdigen. Nach der<br />
Nominierungsphase im vergangenen Jahr entscheidet<br />
eine Jury über die Gewinner 2021.<br />
Zu den Juroren zählen etwa Ina Remmers, Mit-<br />
Gründerin von nebenan.de, und Ecosia-Gründer<br />
Christian Kroll.<br />
Tipi am Kanzleramt, Berlin; germanstartupawards.de<br />
bis 28. Mai<br />
FitTech Summit<br />
Vorbei die Zeiten, in denen es Fitness<br />
nur im Fitnessstudio gab: Die in diesem<br />
Jahr rein digitale Konferenz Fit-<br />
Tech Summit ergründet, wie das Thema<br />
unseren Alltag bewegt – sei es<br />
durch neue Smartwatches und andere<br />
Wearables oder durch innovatives<br />
Training vor dem Bildschirm. Und natürlich<br />
spielen auch die Studios eine<br />
Rolle. Etwa wenn es darum geht, wie<br />
ihre Betreiber Technologien nutzen<br />
können, um Kunden zu begeistern.<br />
25München; fittechsummit.com<br />
INNOVATOR 91
DO IT SAVE THE DATE<br />
3<br />
bis 7. September<br />
IFA<br />
Von Gaming über Heimkino bis zur<br />
smarten Wohnzimmer-Beleuchtung:<br />
Auf der Internationalen<br />
Funkausstellung in Berlin präsentieren<br />
Hersteller aus der ganzen<br />
Welt ihre Innovationen. Eine einzigartige<br />
Gelegenheit, mit eigenen<br />
Augen zu sehen (und oft auch auszuprobieren),<br />
wie die Zukunft in<br />
unseren eigenen vier Wänden bald<br />
aussehen könnte. Berliner<br />
Messe gelände; ifa-berlin.com<br />
Nachhaltiger Wandel:<br />
Sustainability-Expertin<br />
Nicole de Paula vernetzt<br />
Frauen, die sich für Um-<br />
30<br />
weltfragen einsetzen.<br />
Juni bis 2. Juli<br />
Pirate Summit<br />
Star-Investor Frank Thelen ist Fan, unter<br />
Europas Start-ups ist die Konferenz<br />
längst kein Geheimtipp mehr: Auf dem<br />
Pirate Summit treffen Jung-Gründer<br />
auf Möglichmacher wie eben Investoren<br />
und Manager. Wichtigste Bedingung<br />
für eine Einladung: Du willst nicht<br />
nur reden, sondern bedeutende Probleme<br />
unserer Zeit wirklich anpacken.<br />
Köln; piratesummit.com<br />
21<br />
bis<br />
22. Juni<br />
Global Female Leaders<br />
Lange wurde nur darüber gesprochen, nun kommt die Entwicklung<br />
endlich ins Rollen: Immer mehr Frauen übernehmen Führungsrollen<br />
in Start-ups und Konzernen – und bereichern diese mit neuen<br />
Sichtweisen und Ansätzen. Wie genau diese aussehen und wie sich<br />
Frauen weiterhin gegenseitig unterstützen können, darum geht es<br />
auf der Konferenz „Global Female Leaders“ in Berlin. Zwei Tage<br />
lang berichten internationale Expertinnen und Top-Führungskräfte<br />
über ihre Erfolgsstorys und wichtige Lektionen – darunter Taiwans<br />
Digital-Ministerin Audrey Tang, Google-Designerin Sara Ortloff<br />
oder Tech-Unternehmerin und Bestseller-Autorin Aya Jaff (zuletzt<br />
zu Gast in unserem Podcast „INNOVATOR Sessions“).<br />
Hotel Adlon Kempinski Berlin; globalfemaleleaders.com<br />
MESSE BERLIN GMBH, DAN TAYLOR/PIRATE SUMMMIT<br />
92 INNOVATOR
DO IT RED BULL BASEMENT<br />
Die <strong>Red</strong> Bull Basement-<br />
Hosts Daniel Cronin und<br />
Caroline de Moraes „überreichen“<br />
dem Team Lava<br />
die Siegertrophäe.<br />
Lava Aqua X<br />
SUPER SMART<br />
WÄSCHE WASCHEN<br />
<strong>Red</strong> Bull Basement<br />
DER TURBO FÜR<br />
GUTE EINFÄLLE<br />
Die Sieger des <strong>Red</strong> Bull Basement<br />
Global Workshop 2020 Joanna Power<br />
und Paramveer Bhachu erfanden<br />
eine Waschmaschine, die Wäsche<br />
mit recyceltem Duschwasser und<br />
noch dazu stromsparend reinigt.<br />
PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, MARK ROE/RED BULL CONTENT POOL GÜNTHER KRALICEK<br />
Du bist Student und hast eine<br />
Idee, die die Welt zu einem<br />
besseren Ort macht? Dann<br />
bist du hier goldrichtig.<br />
Neue Ideen gesucht! Seit 2018<br />
gibt die Plattform Bull Basement<br />
Studenten weltweit<br />
die Chance, Lösungen zu<br />
Problemen zu präsentieren.<br />
3800 Teilnehmer waren es bei der<br />
Challenge im Vorjahr. Durch Public<br />
Voting und einer Jury wurden<br />
die vielversprechendsten 38 Ideengeber<br />
ausgewählt und zum <strong>Red</strong><br />
Bull Global Workshop – der im<br />
Dezember ausnahmsweise virtuell<br />
über die Bühne ging – eingeladen.<br />
Joanna Power und Paramveer<br />
Bhachu, zwei junge Pioniere aus<br />
London, machten schließlich das<br />
Rennen. Sie haben eine Waschmaschine<br />
entwickelt, die Wäsche<br />
mit recyceltem Duschwasser säubert,<br />
und dabei weniger Wasser<br />
verbraucht und das in nur einem<br />
Drittel der gewöhnlichen Zeit (siehe<br />
Infokasten rechts). Den Erfolg<br />
beim <strong>Red</strong> Bull Basement Global<br />
Workshop nützt das Duo nun als<br />
Startrampe, um die Erfindung so<br />
rasch wie möglich auf den Markt<br />
zu bringen.<br />
Hier kannst du einreichen<br />
Nach dem Wettbewerb ist vor<br />
dem Wettbewerb: 2021 geht <strong>Red</strong><br />
Bull Basement in die nächste<br />
Runde. Wenn also auch du eine<br />
Idee hast, die unbedingt verwirklich<br />
werden sollte, dann bereite<br />
sie bis Herbst diesen Jahres vor.<br />
Die genauen Termine und Infos<br />
findest du unter<br />
redbullbasement.com<br />
Nachhaltig<br />
Das Wasser wird am Boden der<br />
Dusche gesammelt, gefiltert und<br />
für den nächsten Waschgang der<br />
„Lava Aqua X“ wiederverwendet.<br />
Praktisch<br />
Die transportable Waschmaschine<br />
hat Platz in jeder Studentenbude.<br />
2,5 kg Wäsche können damit pro<br />
Waschgang gewaschen werden.<br />
Effizient<br />
Die kugelförmige Waschtrommel<br />
arbeitet deutlich effizienter als<br />
herkömmliche Zylindertrommeln.<br />
Das spart Zeit und Strom.<br />
INNOVATOR 93
DO IT <br />
Smart Fashion<br />
Die Heatable<br />
Capsule Collection<br />
verbindet Hightech<br />
mit urban-sportlichem<br />
Design.<br />
DIESE MODE<br />
HEIZT UNS EIN<br />
Hier kommt die Smart-Fashion-<br />
Lösung gegen Kälte: Die Jacken<br />
und Westen der Heatable Capsule<br />
Collection von AlphaTauri wärmen<br />
auf Knopfdruck oder per App. Und<br />
wenn der Akku des Smartphones<br />
leer ist, laden sie ihn auf.<br />
Manchmal ermöglichen<br />
innovative Technologien,<br />
dass wir bekannte<br />
Dinge auf völlig neue<br />
Art und mit völlig<br />
neuen Funktionen einsetzen.<br />
Oder aber die innovativen<br />
Technologien verbessern die<br />
ursprünglichen Funktionen<br />
dramatisch.<br />
Ein gutes Beispiel dafür ist<br />
Smart Fashion: In der Mode<br />
können Kleider mit Einsatz<br />
von Hightech mittlerweile<br />
ihre Farbe im Einklang mit<br />
den Gefühlen ihrer TrägerInnen<br />
wechseln. Gürtel geben<br />
Erschütterungen in Computerspielen<br />
mit Vibrationen<br />
an die Gamer weiter. Und<br />
Bikinis warnen, wenn wir<br />
uns zu lange in der Sonne<br />
aufhalten.<br />
Die Spezialisten des Modelabels<br />
AlphaTauri, der Deutschen<br />
Telekom und des Zulieferers<br />
Schöller Textil haben<br />
indes gemeinsam an der<br />
Verbesserung einer sehr ursprünglichen,<br />
ziemlich entscheidenden<br />
Funktion unserer<br />
Kleidung gearbeitet: der<br />
Aufgabe, uns zu wärmen. Zu<br />
diesem Zweck verknüpften<br />
sie Hightech-Textilien mit digitaler<br />
Steuerung und smarter<br />
Technik. Das Ergebnis: die in<br />
diesem Winter vorgestellte<br />
Heatable Capsule Collection,<br />
deren Jacken und Westen uns<br />
auf Knopfdruck oder per App-<br />
Befehl aktiv einheizen.<br />
So können die TrägerInnen<br />
über eine eigens entwickelte<br />
App auf ihrem Smartphone<br />
die gewünschte Wärmestufe<br />
einstellen, ein Sensor im<br />
Inneren des Kleidungsstücks<br />
misst die Temperatur und<br />
wärmt bei Bedarf mittels<br />
heizbarer Elemente in den<br />
Taschen und am unteren Rücken<br />
nach (die genaue Funktionsweise:<br />
siehe rechte Seite).<br />
Zusatzfeature: Wenn die<br />
Jacke gerade nicht einheizt,<br />
kann der integrierte Akku<br />
das Smartphone aufladen.<br />
Diese Kollektion ist erst<br />
der Anfang: Weitere gemeinsame<br />
Innovationen werden<br />
folgen. Genaueres darf noch<br />
nicht verraten werden. Nur so<br />
viel: Konnektivität und Künstliche<br />
Intelligenz werden dabei<br />
Schlüsselrollen einnehmen.<br />
Jacken und Westen gibt es für<br />
Damen und Herren in den Farben<br />
Kreide und Navy. 699,90 Euro<br />
(Jacke), 399,90 Euro (Weste);<br />
alphatauri.com<br />
94 INNOVATOR
FASHION<br />
HOT STUFF<br />
Tolle Textilien, smarte<br />
Bedienung und effiziente<br />
Technik machen diese Jacke<br />
zur Wärmequelle. Und so<br />
funktioniert sie im Detail.<br />
Der Akku<br />
Untergebracht in einer kleinen<br />
Extratasche am unteren Rücken,<br />
liefert diese Batterie die für die Heizung<br />
benötigte Energie. Dank ihres<br />
Federgewichts von 175 Gramm ist<br />
sie am Körper kaum spürbar. Wird<br />
die Power des Akkus gerade nicht<br />
gebraucht, kann er zum Beispiel<br />
ein Smartphone aufladen.<br />
Die Steuerung<br />
Neben der eigens entwickelten App<br />
fürs Smartphone lässt sich die Wärme<br />
auch auf Knopfdruck über ein<br />
Bedienelement am Innenfutter regulieren.<br />
Hier können die TrägerInnen<br />
zwischen je zwei Wärmestufen wählen<br />
– sowohl für die Taschen als auch<br />
für die Zonen am unteren Rücken.<br />
Das Material<br />
Die sogenannte E-Soft-Shell Heiztechnologie<br />
ist für die Verteilung der<br />
Wärme entwickelt worden. Entscheidend<br />
ist ein neuartiger beheizbarer<br />
Futterstoff, der ein Netzwerk leitfähiger<br />
Garne enthält. Weitere Stoffe<br />
wie etwa Corkshell bieten zusätzliche<br />
Wärmeisolation.<br />
ALPHA TAURI<br />
INNOVATOR 95
KOLUMNE <br />
NACHHALTIG<br />
ÜBERRASCHT<br />
Bestseller-Autor Christoph Koch schreibt<br />
über spannende bis verblüffende Zusammenhänge,<br />
die wir beim Weltverbessern<br />
mitdenken dürfen.<br />
Christoph<br />
Koch<br />
46, ist Autor für Titel<br />
wie „Die Zeit“, „brand<br />
eins“ oder „Geo“. Mit<br />
seinem Buch „Ich bin<br />
dann mal offline“ über<br />
digitalen Verzicht<br />
landete er einen<br />
„Spiegel“-Bestseller.<br />
P<br />
läne sind nutzlos, aber Planung<br />
ist unersetzlich.“ Dieser<br />
Satz wird meist US-Präsident<br />
Dwight D. Eisenhower zugeschrieben.<br />
Vermutlich ist er<br />
schon viel älter. Er stimmt<br />
aber nach wie vor. Wer Pläne<br />
macht, wer Szenarien entwirft, wer also<br />
in Möglichkeiten denkt, der ist gezwungen,<br />
sich mit der Zukunft und ihren verschiedenen<br />
Varianten auseinanderzusetzen.<br />
Manche Entwicklungen erscheinen<br />
fast sicher, andere wirken unwahrscheinlicher.<br />
Doch selbst beim Nachdenken<br />
über die unwahrscheinlichen lässt sich<br />
etwas lernen – schon allein, weil Zusammenhänge<br />
sichtbar werden, von denen<br />
man vorher vielleicht nicht wusste. Denn<br />
jede Veränderung hat weitere Konsequenzen,<br />
zieht andere Umwälzungen<br />
nach sich. Hier habe ich ein paar der<br />
überraschenderen Folgen großer möglicher<br />
Veränderungen rund um das Thema<br />
Nachhaltigkeit zusammengestellt.<br />
1. Mehr E-Autos, weniger Raucher<br />
Mit der Umstellung unserer Autos auf<br />
Elektromotor sinkt der weltweite Benzinbedarf,<br />
logisch. Aber vermutlich dürfte<br />
auch der Zigarettenkonsum zurückgehen,<br />
wenn alle Menschen in E-Autos unterwegs<br />
sind. Denn derzeit werden in<br />
den USA rund die Hälfte aller Zigaretten<br />
an Tankstellen verkauft, in Deutschland<br />
machen die Tankstellen 62 Prozent ihres<br />
Shop-Umsatzes mit Tabakwaren. Studien<br />
zeigen, dass das Angebot durchaus die<br />
Nachfrage bestimmen kann – und Menschen<br />
weniger Zigaretten kaufen, wenn<br />
sie weniger oft die Gelegenheit bekommen.<br />
Und mit dem E-Auto entfällt auch<br />
der Tankstellenstopp und somit der Blick<br />
aufs Zigarettenregal: Denn E-Autos tanken<br />
dort, wo sie parken – also vor allem<br />
zu Hause oder in der Bürogarage.<br />
2. Weniger Bares, weniger Emission<br />
Noch sind die Deutschen strikt dagegen<br />
(84 Prozent, um genau zu sein), aber<br />
falls das Bargeld irgendwann doch abgeschafft<br />
wird, hätte das auch positiven<br />
Einfluss auf die Umwelt: Erstens, weil das<br />
Metall des Hartgelds wiederverwendet<br />
werden könnte – ein Münzquetscher vom<br />
Modell „Decoiner“ schafft pro Stunde bis<br />
zu fünf Tonnen, die anschließend eingeschmolzen<br />
werden. Und zweitens würden<br />
die Emissionen durch Geldtransporter<br />
entfallen – sie stoßen besonders viele<br />
Abgase aus, weil Kleingeld so schwer ist.<br />
3. Weniger Fleisch, ein Kontinent<br />
mehr Platz<br />
Wenn niemand mehr Fleisch äße, wäre<br />
das bekanntermaßen gut fürs Klima:<br />
Eine vierköpfige Durchschnittsfamilie in<br />
den USA beispielsweise verursacht durch<br />
ihren Fleischkonsum mehr Treibhausgase<br />
als durch ihre beiden Autos. Gleichzeitig<br />
würde die Welt aber auch eine<br />
Nutzfläche in der Größe des afrikanischen<br />
Kontinents dazugewinnen. So viel<br />
Raum wird derzeit nämlich für den Anbau<br />
von Futtermitteln benötigt, die nur<br />
der Fleischerzeugung dienen.<br />
4. Weniger Tempo auf der Autobahn,<br />
kaum weniger Lärm<br />
Würde Deutschland – das als einzige<br />
westliche Industrienation kein generelles<br />
Tempolimit auf der Autobahn hat – die<br />
Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzen,<br />
gäbe es den meisten Studien nach<br />
weniger Verkehrstote und Verletzte.<br />
Auch rund drei Millionen Tonnen CO ²<br />
würden vermieden. Viel leiser würde es<br />
überraschenderweise jedoch nicht: Das<br />
Umweltbundesamt geht an Werktagen<br />
bei einem Tempolimit auf der Autobahn<br />
von einem halben Dezibel weniger Verkehrslärm<br />
aus. Zum Vergleich: Der sogenannte<br />
Flüsterasphalt reduziert die<br />
Lautstärke um etwa drei Dezibel.<br />
URBAN ZUNTEL<br />
96 INNOVATOR
READ IT<br />
IMPRESSUM <br />
EISENHOWERS DILEMMA:<br />
„ PLÄNE SIND NUTZLOS,<br />
ABER PLANUNG IST<br />
UNERSETZLICH.“<br />
5. Weniger Subventionen, mehr<br />
Umweltschutz<br />
Gäbe es keinerlei Subventionen für Individualverkehr<br />
mehr, verschwände zwar<br />
die E-Auto-Prämie, die Umwelt könnte<br />
aber trotzdem profitieren: Der Internationale<br />
Währungsfonds (IWF) hat berechnet,<br />
dass sich der weltweite Schaden<br />
durch Kraftstoffsubventionen auf jährlich<br />
5300 Milliarden Dollar summiert. Das<br />
sind sechs Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes<br />
und fast so viel wie die<br />
weltweiten Gesundheitsausgaben. Würde<br />
der Staat Kraftstoffe nicht fördern,<br />
gewännen umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel<br />
Attraktivität – wie Fahrrad<br />
statt Moped oder U-Bahn statt Auto.<br />
Treibstoffpreise werden gern mit der<br />
Begründung subventioniert, Menschen<br />
mit geringem Einkommen würden entlastet.<br />
Dabei profitieren in Wirklichkeit<br />
oft die Reichen: In einem typischen<br />
Schwellenland gehen 40 Prozent solcher<br />
Entlastungen an das reichste Fünftel der<br />
Haushalte. Beim ärmsten Fünftel kommen<br />
nur sieben Prozent an.<br />
6. Weniger Menschen, mehr Elefanten,<br />
weniger Stubenfliegen<br />
Wenn es die Menschheit nicht mehr<br />
gäbe, würde sich die Elefantenpopulation<br />
binnen hundert Jahren verzwanzigfachen,<br />
da natürlich auch Wilderer und<br />
Elfenbeinhandel wegfielen. Auch die<br />
Zahl an Vögeln nähme wieder stark zu:<br />
Allein in den USA sterben nach Schätzungen<br />
80 Millionen Vögel jährlich durch<br />
Autos und eine weitere Milliarde durch<br />
Pestizide und Stromleitungen. Ratten,<br />
Stubenfliegen oder Kopfläuse – also Tiere,<br />
die sich stark an den Menschen angepasst<br />
haben – hätten es jedoch schwerer<br />
und würden ohne uns nahezu aussterben.<br />
Mehr überraschende Erkenntnisse und<br />
spannende Szenarien finden sich in dem<br />
Buch „Was wäre, wenn …? 33 Szenarien,<br />
die unsere Welt neu denken“ von Christoph<br />
Koch, erschienen im Tropen Verlag<br />
(176 Seiten, 15 Euro). Mehr Infos unter:<br />
christoph-koch.net<br />
Gesamtleitung The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
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INNOVATOR 97
DESIGN - HIGHLIGHT <br />
Misst kosmische<br />
Strahlung und spürt<br />
ihre Herkunft auf:<br />
das IceCube-<br />
Observatorium<br />
am Südpol<br />
Neutrino-Suche<br />
auf dem Südpol<br />
Schon mal was von „Neutrinos“ gehört?<br />
Es sind Elementarteilchen, kleinste Einheiten<br />
unserer Materie, die täglich als<br />
kosmische Strahlung auf die Erde prallen.<br />
Wo sie herkommen, ist unbekannt.<br />
Um diese Frage zu beantworten, wurde<br />
2010 in der Antarktis der größte Neutrino<br />
Detektor der Welt fertig gestellt:<br />
das IceCube Neutrino Observatory. Und<br />
dort gelang den Forschern 2017 eine<br />
Sensation: Sie orteten sie ein Milliarden<br />
Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch<br />
als ein Ursprung der Neutrino-Strahlung<br />
– und erlangten dadurch fundamentale<br />
Erkenntnisse zur Entstehung kosmischer<br />
Strahlen sowie einen wichtigen<br />
Schritt im Verständnis des Universums<br />
energetischer Prozesse. Gerade wurde<br />
der IceCube up-gegradet und mit mehr<br />
Detektoren ausgestattet – um künftig<br />
die Geheimnisse des Alls noch intensiver<br />
zu ergründen.<br />
icecube.wisc.edu<br />
DIESE STATION<br />
ENTSCHLÜSSELT<br />
DIE GEHEIMNISSE<br />
DES UNIVERSUMS<br />
SVEN LIDSTROM/ICECUBE/NATIONAL SCIENCE FOUNDATION<br />
98 INNOVATOR
3 TIPPS<br />
VON JEDEM GAST<br />
FÜR DEINEN ALLTAG<br />
Pioniere unserer Zeit sprechen über<br />
die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg.<br />
Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt.<br />
Jetzt reinhören und am besten gleich abonnieren:<br />
Die Welt von INNOVATOR by The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> täglich erleben:<br />
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redbulletininnovator.com
EINE NEUE DEFINITION VON MEHR.<br />
Unser Crossover SUV begeistert mit mehr Flexibilität, mehr<br />
Effizienz, mehr Technologie. Dafür sorgen unter anderem<br />
die innovative Ford MegaBox, der Hybrid-Antrieb und die<br />
wegweisenden Assistenzsysteme. Im Ergebnis bedeutet das<br />
für uns das Goldene Lenkrad 2020 und für Sie viel Fahrspaß.<br />
Kraftstoffverbrauch (in l/100 km nach § 2 Nrn. 5, 6, 6 a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung):<br />
5,3–5,1 (innerorts), 4,0–3,8 (außerorts), 4,5–4,3 (kombiniert); CO2-Emissionen: 102–97 g/km (kombiniert).<br />
* Ausgezeichnet von Bild am Sonntag, Ausgabe 45/20 und Auto Bild, Ausgabe 45/20, mit dem Goldenen Lenkrad 2020 in der Fahrzeugkategorie kleine SUVs.