IDEAS FOR A BETTER FUTURE INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2021
*Die
Zukunft
ist besser
als ihr
Ruf
Inspiriert eine
neue Generation:
Aktivistin und
Fair-Fashion-
Unternehmerin
DariaDaria
GREEN
THE
ISSUE *
01 21
AUSGABE
DEUTSCHLAND
EURO 2,50
Daria
Daria
und weitere
21 Pioniere
erklären,
wie auch
du die Welt
verbessern
kannst
ALPHATAURI.COM
© Jean Nouvel, Gilbert Lézénès, Pierre Soria et Architecture-Studio / Adagp, Paris, 2021
INNOVATOR
EDITORIAL
CONTRIBUTORS
Hilde van Mas
Um eine möglichst weibliche
Crew bat unsere Cover-Heldin
DariaDaria – ein Wunsch, den
wir unter anderem mit Fotografin
Hilde van Mas nur zu gerne erfüllten.
Sie lichtete die Aktivistin
DariaDaria kunstvoll vor eigens
installiertem Rollrasen ab. Das
Interview: AB SEITE 22
Tobias Moorstedt
Als junger Vater oft übermüdet,
als Autor (z. B. „Süddeutsche
Zeitung“) auf Technologie
spezialisiert: Mit diesen Schlüsselqualifikationen
widmete sich
Moorstedt der Zukunft des
Schlafens – im Gespräch mit
Forschern und beim Test aktueller
Gadgets. AB SEITE 68
SEIEN WIR EHRLICH!
Wer Großes bewegen will, braucht großen Mut.
Und was könnte größer sein als die Rettung
unseres Planeten vor dem Klimawandel? Damit
das gelingt, müssen alle mit anpacken: Unternehmen,
Politiker, aber auch jeder Einzelne.
Deshalb haben wir in diesem „Green Issue“
Vordenker wie Formel-1-Weltmeister und Nachhaltigkeits-Unternehmer
Nico Rosberg gefragt,
wie man den Mut zum ersten Schritt findet.
„Die Welt braucht mehr Ehrlichkeit“, meint die
Wiener Aktivistin DariaDaria und erklärt,
warum es nicht um die perfekte Öko-Bilanz
geht, sondern um menschliche Veränderung.
Ach ja: Jede Menge Weltretter-Ideen und grüne
Gadgets gibt’s natürlich auch, ab Seite 21.
Besonderen Mut zeigen auch die Mitglieder der
Copenhagen Suborbitals: Die dänischen Tüftler
wollen mit einer selbst gebauten Rakete ins
All fliegen. Bitte gut anschnallen ab Seite 58.
Viel Spaß bei der Lektüre!
Die Redaktion
HILDE VAN MAS (COVER)
4 INNOVATOR
Vienna
UP’21
digital
Let’s talk startups.
27.4. – 12.5.
2021
Join Europe’s most
authentic startup
experience!
viennaUP.com
INHALT
BULLEVARD
10
Volle Kraft voraus
Eine Gruppe junger Ingenieure
will den Speed-Rekord
im Segeln brechen.
16
Kabinen für alle
Münchener Techies wollen
den Stadtverkehr mit
Gondeln revolutionieren.
12
14
Smarte Strippe
Ein Trainingsband,
das Fitnessstudio und
Personal Trainer ersetzt.
Gesunder
Boxenstopp
Wie ein Start-up selbst
Kochmuffel zu Chefköchen
macht.
18
19
Master-Studium
in der U-Bahn
Zwei Gründer bieten
radikal neue Lösungen
für die Weiterbildung.
Ruf mich an!
Einsam? Eine App findet
den richtigen Gesprächspartner
für dich.
GUIDE
90
93
94
EVENTS
Auf Wiedersehen
Diese Konferenzen planen
2021 ihr Comeback –
digital und vor Ort.
WETTBEWERB
Kampf der Ideen
Red Bull Basement fördert
junge Vordenker.
FASHION
Innere Wärme
Eine AlphaTauri-Jacke,
die dir per App einheizt.
96
98
KOLUMNE
Nachhaltig
überrascht
Autor Christoph Koch
über erstaunliche Folgen
des Weltrettens.
TECH-HIGHLIGHT
Polar-Labor
Wie Forscher am Südpol
Geheimnisse des Universums
entschlüsseln.
58
REPORTAGE
Weltall, wir
kommen!
Wie Hobby-Astronauten
in Kopenhagen mit einer
selbst gebauten Rakete
durchstarten wollen.
6 INNOVATOR
INNOVATOR
FEATURES
58
RAUMFAHRT
Die Raketenbastler
Wie dänische Amateure ihren
Traum von der Reise ins Weltall
verwirklichen wollen.
68
74
82
GESUNDHEIT
Gute-Nacht-Zukunft
Unser Autor erkundet die
Zukunft des Schlafens – und
das auch am eigenen Leib.
VERKEHR
Visionen auf Rädern
Wie Hersteller das Konzept
Automobil neu denken und
die Lust am Fahren erhalten.
UNTERNEHMERTUM
Gegen jede Regel
Netflix-Star Sophia Amoruso
erklärt, welche Leitsätze du
ignorieren solltest.
GREEN ISSUE
DariaDaria und 21 weitere
Pioniere erklären, wie du die
Welt verbessern kannst.
22
COVERSTORY
Die Mut-Macherin
Aktivistin DariaDaria über
Ehrlichkeit als bestes Tool
für Veränderung.
30
32
40
ALISON TEAL
Die Kraft der Bilder
Wie die US-Amerikanerin
mit unterhaltsamen Videos
Müll im Meer bekämpft.
PRODUKTE
Gut und schön
Innovative Produkte, die
den Alltag erleichtern und
Ressourcen schonen.
START-UPS
Saubere Einfälle
Altkleider als Rohstoff,
digitale Kassenzettel:
10 Ideen, die Zukunft haben.
48
NICO ROSBERG
Vollgas-Revoluzzer
Warum der Formel-1-
Weltmeister E-Mobilität
zum Sieg verhelfen will.
ROBERT ORMEROD
56
CIRCULARITY
Runde Sache
Von recycelten Autos bis zu
innovativen Jobs: So funktioniert
die Kreislaufwirtschaft.
INNOVATOR 7
Glasflasche nur in ausgewählter Gastronomie
INNOVATOR
BULLEVARD
IDEEN
FÜR EINE
BESSERE
ZUKUNFT
JOHANNES LANG
INNOVATOR 9
BULLEVARD
MOBILITÄT
DIE RAKETENSEGLER
VOM GENFERSEE
Der Geschwindigkeitsrekord beim Segeln
liegt derzeit bei 121 km/h. Eine Gruppe
junger Ingenieure aus der Schweiz will nun
einen neuen Rekord aufstellen: 150 km/h!
Ihre Konstruktion dafür könnte sogar die
Transport-Schifffahrt revolutionieren.
Im November 2012
schrieb der Australier
Paul Larsen Geschichte.
Mit der „Vestas Sailrocket 2“,
einer Segelboot-Sonderanfertigung,
gelang es dem Skipper
vor der Küste Namibias
mit 121 km/h (65,45 Knoten)
über das Wasser zu preschen
– und damit einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord
im Segeln aufzustellen. Dieser
hat trotz zahlreicher späterer
Weltrekord-Versuche
bis heute gehalten.
DRACHEN STATT SEGEL
Wenn es nach drei Schweizer
Studenten vom Polytechnikum
Lausanne (EPFL) geht,
dürfte sich das schon bald
ändern: Xavier Lepercq, Mayeul
van den Broek und Benoît
Gau diot, Altersdurchschnitt
25 Jahre, sind fest entschlossen,
das schnellste Segelboot
der Geschichte zu bauen.
Und Larsens Weltrekord innerhalb
der nächsten zwölf
Monate zu pulverisieren.
Das vom EPFL-Team angepeilte
Weltrekord-Tempo:
150 km/h oder 80 Knoten
(worauf übrigens auch der
geheimnisvolle Projektname
„SP80“ hinweist).
Jet mit Wasserkontakt:
Der „SP80“
soll 2022 den Rekord
für Segelboote auf
150 km/h schrauben.
10 INNOVATOR
INNOVATOR
SP80-Team: Mayeul
van den Broek,
Xavier Lepercq,
Benoît Gaudiot
(v. l. n. r.)
GUILLAUME FISCHER SP80 AREK PIATEK JOHANNES LANG
„WIR WOLLEN MIT
UNSEREM BOOT
DIE CODES DES
SEGELNS
AUFBRECHEN.“
Der Schlüssel zu der angestrebten
Pionierleistung?
„Statt mit einem Segel angetrieben
zu werden, soll das
Boot von einem Drachen gezogen
werden“, sagt Mayeul
van den Broek, SP80-Projektmanager.
So ließe sich definitiv
mehr Geschwindigkeit herausholen.
Am Boot selbst –
einem Trimaran mit einem
Hauptrumpf und zwei kleineren
Tragflügeln – wird vor
allem an der Verbesserung
der Stabilität gearbeitet.
„Das Streben nach Stabilität
führt letztlich zum Erfolg“,
ist van den Broek überzeugt.
Die Besonderheit beim SP80
ist ein System, das die sogenannte
Kavitation (Bildung
von Luftblasen im Wasser
während des Segelns, Anm.)
verhindert und damit das
Boot bei hohen Geschwindigkeiten
ruhiger über das Wasser
gleiten lässt.
TESTS AM GENFERSEE
Nach dem offiziellen Start
des Projekts vor rund einem
Jahr hat das Team die vergangenen
Monate damit verbracht,
die Details des Konzepts
zu überprüfen und ein
verkleinertes Modell auf dem
Genfersee zu testen. Dutzende
Male waren die drei – bereits
rekordverdächtig schnell
– mit dem schwimmenden
Labor unterwegs und haben
dabei neue Rümpfe, Anhänger
oder Flügel ausprobiert.
Im Frühling dieses Jahres
wollen sie mit dem Bau des
Bootes in Originalgröße
(9 × 5 m) beginnen. Anfang
2022 soll der Prototyp dann
erstmals ins Wasser kommen
und in den Monaten darauf
einen ersten Rekordversuch
starten.
ZUKUNFT WINDKRAFT
Beim Projekt SP80 geht es
jedoch um mehr als nur um
Temporausch. „Wir wollen
mit diesem Boot die Codes
des Segelns aufbrechen“,
sagt van den Broek. „Und wir
wollen die Grenze dessen
ausloten, wie Wind als einzige
Energiequelle für künftige
Anwendungen zum Einsatz
kommen kann.“ Schnelles
Segeln bietet nämlich großes
Potenzial für den Transport
auf Wasser. Von SP80 soll
in Zukunft die ganze Welt
profitieren.
sp80.ch
INNOVATOR 11
BULLEVARD INNOVATOR
„Ein Trainingsband ist an
sich schon sehr vielseitig: Du
trainierst den ganzen Körper,
ohne ins Fitnessstudio zu müssen,
und kannst bis zu hundert
Übungen absolvieren. Aber
wir wollten einen zusätzlichen
Motivationsfaktor“, sagt Stefan
Weiß, 31, der das Start‐up
2019 mit Hanno Storz, 31, und
Torben Hellmuth, 29, gründete.
„Uns fehlte die Vergleichbarkeit.
Wie viel Gewicht bewegst
du, und wie verbesserst
du dich?“
FITNESS
ANSAGEN
VOM BAND
Dieses Trainingsband kann
die Geräte eines ganzen Gyms
ersetzen – und dank dieser
drei Gründer aus Kassel nun
auch noch den Personal Coach.
Eigentlich ist der Markt
der digitalen Trainingsgeräte
schon hoffnungslos
überfüllt. Umso erstaunlicher,
wenn ein neues Produkt erscheint,
das innovativ und
gleichzeitig selbsterklärend
ist: Straffr ist ein intelligentes
Fitnessband. Es funktioniert
wie ein normales elastisches
Trainingsband. Allerdings
misst das smarte Band dank
eines integrierten Sensors
Kraft und Geschwindigkeit,
mit der gezogen wird, und
es zählt die Wiederholungen.
Und eins und zwei …:
Ein Sensor misst
Kraft, Tempo und
Wiederholungen.
MEHR ALS SQUATS
Die Gründer tüftelten dafür
eine neue Hardware-Lösung
aus. „Ein Trainingsband
möchte man mal eng greifen,
mal lang lassen. Deshalb
musste der Sensor in das
Silikonband integriert sein.“
Gefüttert mit den Messwerten,
hilft eine App, effektiv zu trainieren.
„Sie passt die Übungen
an deine Ziele an – als
würde ein Trainer neben dir
stehen.“ Egal, ob intensives
Training oder nur die Erhaltung
der Fitness gewünscht
ist: Der Trainingsplan ist individuell
und bietet, so Weiß,
„viele Übungen abseits von
Push-ups und Squats“.
straffr.com
HANNO STORZ,
CHIEF
O PERATING
OFFICER
TO RBEN
HELLMUTH,
CHIEF
TECHNICAL
OFFICER
STEFAN WEISS,
CHIEF
EXECUTIVE
OFFICER
Kernkompetenz:
Alle drei Straffr-
Gründer sind
Wirtschaftsingenieure.
STRAFFR MARC DECKERT JOHANNES LANGW
12 INNOVATOR
Eine Hommage an die allerersten Flieger und Entdecker
— und ihre gemeinsame Geschichte mit Longines.
Howard Hughes,
einer der wichtigsten
Aviatik-Pioniere,
flog in Rekordzeit
rund um die Welt.
Für die Navigation
über den Meeren
und Kontinenten
vertraute er auf die
Aviatik-Chronometer
und Chronographen
von Longines.
Im Jahr 1935 war Howard
Hughes zu seiner Zeit der
schnellste Flieger der Welt.
Er stellte einen neuen
Fluggeschwindigkeitsrekord
von 566 km/h auf. Was die
Geschichte von Hughes jedoch
so besonders beeindruckend
macht, ist die Tatsache, daß
das Flugzeug, welches er
flog, von ihm selbst entworfen
worden war. Hughes war
kein gewöhnlicher Pilot, der
Rekorden hinterherjagte — er
war auch Luftfahrtingenieur,
Geschäftsmagnat und erfolgreicher
Filmproduzent in
Hollywood. Doch es waren sein
Kampfgeist und sein Mut im
Angesicht des Unbekannten,
die ihn dazu bewogen, immer
wieder an seine Grenzen zu
gehen. Nur wenige Jahre später
umrundete Hughes die Erde.
Seine Reise dauerte nur 3 Tage,
19 Stunden und 14 Minuten —
und damit hatte er 1938 einen
Weltrekord aufgestellt. Hughes
vertraute stets auf seinen
Longines-Chronometer für die
Astronavigation, um die genaue
Position seines Flugzeugs bei
Nacht, in völliger Dunkelheit
und über den riesigen Ozeanen
zu bestimmen.
Die Art und Weise, wie sie mit
Herausforderungen umgehen,
trennt die Pioniere vom Rest
der Menschheit. Eleganz zeigen,
wenn alle Chancen gegen einen
stehen. Mit Eleganz alles versuchen,
alles geben, vielleicht
scheitern. Elegant kämpfen
— und triumphieren. Das ist es,
woran man sich erinnert. Das
ist es, was bleibt — wenn alles
andere nicht mehr zählt.
Longines hat die Spirit
Collection entwickelt, um
genau dies zu verkörpern.
Sie verbindet Eleganz, Tradition
und Leistung — mit denselben
unverwechselbaren
Merkmalen, die speziell für
die ersten Aviatik-Pioniere
geschaffen wurden: von ihrer
geprüften Ganggenauigkeit bis
zur übergroßen Aufzugskrone,
die mit Handschuhen leicht
bedient werden kann; von den
markanten, kontrastreichen
Ziffern bis zu den Zeigern mit
Leuchtmaßenbeschichtung
für Nachtflüge.
Die Spirit Collection ist
der lebhafte Beweis, daß
der Pioniergeist fortlebt.
BULLEVARD INNOVATOR
Das bekommen
selbst Kochanfänger
gut hin: Tex-Mex-
Salat nach
HelloFresh-Rezept.
ERNÄHRUNG
BEREIT FÜR
DEN BOXEN-
STOPP?
Das Berliner Start-up
HelloFresh macht
jeden Küchenmuffel
zum Chefkoch.
Kochen ist nicht gleich
Kochen. Kochen heißt
auch Lebensmittel einkaufen.
Im Internet Rezepte suchen.
Lebensmittel dosieren.
Zurück ins Geschäft
laufen, weil man die Eier
vergessen hat. Wer oft Überstunden
schiebt, weiß, wie
nervig solche Extrarunden
sind – und wie entspannend
es ist, wenn man sich in der
Küche auf das Wesentliche
konzentrieren kann.
Diesen Gedanken hatten
Dominik Richter, Jessi ca
Nilsson und Thomas Griesel,
als sie 2011 mit der Ankündigung,
„die Art des Essens
zu revolutionieren“, ihr Unternehmen
HelloFresh gründeten.
Der Lösungs ansatz
des Berliner Start-ups: Kochboxen.
Individualisiert und
auf jeden Geschmack abgestimmt
– mit dem Versprechen,
dem Kunden Zeit,
Geld und Stress zu ersparen.
HelloFresh ist heute ein
Lebensmittellieferant, präziser:
ein Zutatenlieferant.
Wer per App (oder online)
die gewünschten Speisen
ordert, kriegt eine Kiste nach
Hause geliefert. Darin befinden
sich, neben genauen
Kochrezepten, die erwähnten
frischen Zutaten, die –
und jetzt kommt’s – für die
jeweiligen Speisen exakt
dosiert sind, wie etwa ein
20-Gramm-Würfel Butter.
„So kann beim Kochen
der Gerichte fast nichts
schiefgehen – auch nicht
DOMINIK
RICHTER UND
THOMAS
GRIESEL ,
GRÜNDER VON
HELLOFRESH
„Gesundes,
selbst gekochtes
Essen ist
möglich – auch
ohne in den
Supermarkt
zu hetzen, um
frische Zutaten
einzukaufen.“
bei Kochanfängern. Außerdem
wird Lebensmittelverschwendung
vermieden“,
sagt HelloFresh-Mitgründer
Dominik Richter, „und viele
Kunden finden einfach wieder
Gefallen daran, sich ihr
Essen selbst zuzubereiten.“
Die in passender Menge
gelieferten Lebensmittel
kommen von ausgewählten
Produzenten – Frische und
Qualität sind auf diese Art
garantiert – und sind in
nahezu vollständig recycelbaren
Materialien verpackt.
NACHHALTIGER ERFOLG
2017 zählte HelloFresh
1,3 Millionen Kunden. Heute
abonnieren schon 5 Millionen
Menschen in 14 Ländern
den Dienst. Im nächsten
Schritt der Essensrevolution
bietet HelloFresh Unternehmen
und Betriebskantinen
Kühlschränke als Essensautomaten
an – gefüllt mit
abwechslungsreicher und
gesunder Kost …
HelloFresh gibt’s im Abo
ab 4,25 Euro pro Portion:
hellofresh.de
HELLO FRESH FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG
14 INNOVATOR
3 TAGE, 19 STUNDEN,
14 MINUTEN
So lange benötigte Howard Hughes
für seine Weltumrundung, die ihn
1938 zum schnellsten Mann der
Lüfte machte. Bei der Bestimmung
der Position seines Flugzeugs in der
Nacht und über dem Ozean vertraute
er auf einen Longines-Chronometer,
der speziell für die astronomische
Navigation entwickelt worden war.
Howard Hughes
BULLEVARD
MOBILITÄT
GONDELN
FÜR ALLE
Straßenbahn, next Level: Die Ingenieure
von Ottobahn aus München wollen
dem Stadtverkehr mit ihrem System
neue Luft verschaffen.
MARC
SCHINDLER,
MANAGING
DIRECTOR
OTTOBAHN
Seit 2019 treibt
der Wirtschaftsingenieur
das
Projekt mit
einem Team
aus Softwareentwicklern
und Maschinenbauern
voran.
In unseren Städten wird
es immer enger. Viele
Verkehrsmittel – Autos, Lastwagen,
Fahrräder, Straßenbahnen,
Busse, E-Scooter und
vielleicht bald autonome
Fahrzeuge – konkurrieren
um den Platz auf der Straße.
Wohin soll das noch führen?
„Wir müssen in die dritte
Ebene gehen. Dort gibt es
Raum, der heute noch nicht
genutzt ist“, sagt Marc Schindler,
41, Managing Director des
Start-ups Ottobahn (er selbst
bezeichnet sich als „Can Do
Officer“). Das Unternehmen
aus München hat ein komplett
neues Verkehrskonzept entwickelt,
in dem Gondeln die
Verkehrsteilnehmer abholen
und ohne anzuhalten an ihr
Ziel bringen – eine Mischung
aus Individualverkehr und
öffentlichem Schienennetz,
das die Vorteile beider Mobilitätsformen
kombiniert.
Die Gondeln rollen energieeffizient
auf Schienen in 5 bis
10 Meter Höhe. Am Ziel angekommen,
sinken sie auf
Straßenniveau herab.
Autonome Straßenfahrzeuge
seien, so Schindler,
nicht in der Lage, das Problem
verstopfter Städte zu
lösen. „Außerdem ist unser
Konzept viel einfacher. Das
System Straßenverkehr beinhaltet
ja neben den Autos
„WIR MÜSSEN
IN DIE DRITTE EBENE
GEHEN. DORT GIBT ES
UNGENUTZTEN RAUM.“
In fünf bis zehn Meter Höhe sollen
die Gondeln nach Marc Schindlers
Plänen an Schienen hängen.
OTTOBAHN GMBH MARC DECKERT JOHANNES LANG
16 INNOVATOR
INNOVATOR
auch noch Radfahrer und
Fußgänger.“ Diese Variablen
fallen beim „ottonomen Fahren“
weg. Das bedeutet, dass
die Rechenkraft ganz darauf
verwendet werden kann, die
Gondeln schnell und sicher
zum Ziel zu bringen.
Alle Zeichen auf Grün:
Angetrieben von erneuerbaren
Energien, soll Ottobahn
emissionsfrei unterwegs sein.
PROBLEME VOR ORT
Ottobahn hat bereits einen
Gondelprototyp, der in den
300 m² großen Räumen des
Unternehmens unterwegs ist.
Die Planungen für eine Außen-
Referenzstrecke laufen bereits
auf Hochtouren. Das
Start-up versteht sich hauptsächlich
als Softwareschmiede
mit zusätzlicher Ingenieurskompetenz.
Die größte
Herausforderung liegt für
Schindler aber weder in der
Technologie noch in der Software,
sondern in der Umsetzung
vor Ort: „Es wird nicht
leicht werden, die Menschen
davon zu überzeugen, dass
eine Strecke vor ihrer Haustür
gebaut wird.“
Immerhin: Konzept und
Prototyp von Ottobahn sehen
schon jetzt so attraktiv aus,
dass das Start-up über solche
Hürden hinwegsausen könnte
– in der dritten Ebene.
ottobahn.de
Gemeinsam unterwegs: In eine
Gondel passen vier Passagiere,
überdies soll es spezielle Frachttransport-Einheiten
geben.
Persönliches Shuttle: Fahrgäste
können ihre Ottobahn per App
bestellen, die autonom fahrenden
Gondeln holen sie pünktlich ab.
INNOVATOR 17
BULLEVARD INNOVATOR
CHRISTIAN
REBERNIK,
THOMAS
FUNKE,
GRÜNDER
Doppelt schlau:
Rebernik bringt
seine Erfahrung
als mehrfacher
Gründer ein,
Funke seine Bildungsexpertise.
BILDUNG
DEIN UNI-
ABSCHLUSS
VIA PHONE
Frontale Vorlesungen im
Hörsaal? Oldschool! Zwei
Berliner Gründer bieten ein
Master-Studium via Handy,
das seine Inhalte in der
freien Wildbahn vermittelt.
Noch einmal etwas Neues
lernen – etwas, was
mich auf die Arbeitswelt von
morgen vorbereitet und vielleicht
sogar den Planeten besser
macht. Diesen Wunsch hegen
viele Menschen. Wie aber
soll das gehen, neben Berufsalltag
und vielleicht noch Kinderbetreuung?
Zum Beispiel
mit Online-Lektionen zu Themen
wie Nachhaltigkeit und
Technologie, die eigens für
Smartphones optimiert und
in Häppchen unterteilt sind
(„ bite-sized learning“), sodass
ich sie auch in der U-Bahn konsumieren
kann. Und mit einer
Methode, nach der die Studierenden
sämtliche In halte lernen,
indem sie Herausforderungen
(„Challenges“) lösen –
mal alleine, mal in der Gruppe.
So bieten es Seriengründer
Christian Rebernik, 43, und
Bildungsexperte Thomas
Funke, 37, auf ihrer Plattform
Tomorrow’s Education an.
Schon im April startet der
mit der Wirtschaftsuniversität
Wien entwickelte zweijährige
berufsbegleitende Master-
Studiengang in SET (Sustai-
Mit tomorrows.education
verlegst du den Hörsaal
jederzeit genau dorthin,
wo du gerade bist.
nability, Entrepreneurship
and Technology). „Die Studierenden
können lernen,
wo sie gerade sind – zu einer
Tageszeit, die ihnen passt.
Und im eigenen Tempo“, sagt
Christian Rebernik. Die Aufgaben
reichen von Solo-Challenges
bis zu komplexen Herausforderungen
wie „Entwickle
ein Geschäftsmodell,
das den CO 2 -Fußabdruck reduziert“.
Dank des radikalen
Praxisbezugs sind die Studierenden
anschließend optimal
auf künftige Jobs vorbereitet.
tomorrows.education
MARC DECKERT JOHANNES LANG
18 INNOVATOR
BULLEVARD INNOVATOR
GETTY IMAGES FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG
KOMMUNIKATION
SO BLEIBST
DU IM
GESPRÄCH
Du fühlst dich einsam? Oder
möchtest einfach mit jemandem
über dein ausgefallenes Hobby
plaudern? Die Online-Plattform
Ahoyly findet den richtigen
Partner für dich.
Die Vorstellung, Freunde
und Familie wochenlang
nicht sehen zu können, schien
vor gut einem Jahr noch
absurd. Dann kam Corona.
Und vielen von uns wurde
bewusst, wie wichtig der Austausch
mit anderen Menschen
für unser eigenes Wohlbefinden
ist. Aus diesem Grund
starteten Ania Krol und Fabian
Henze im April 2020 Ahoyly –
eine kostenlose Online-Plattform,
auf der man sich mit
Gleichgesinnten verbinden
kann. Die Anmeldung dauert
kaum zwei Minuten: Du gibst
deine Interessen an (anhand
dieser schlägt der Algorithmus
Gesprächspartner vor)
und einen bevorzugten Kommunikationskanal
(Skype,
Zoom etc.). Wirkt eine Person
interessant, schickst du ihr
eine Anfrage – und los geht’s!
Warum das deutsche Start-up
auch nach der Ausgangssperre
relevant ist, erklärt Krol hier.
innovator: Wie kam euch
die Idee zu Ahoyly?
ania krol: Die Corona-Ausgangssperre
war der Auslöser.
Obwohl wir uns gut kennen,
gingen Fabian und mir irgendwann
die Gesprächsthemen
aus. Wir wollten uns mit neuen
Menschen unterhalten –
und andere Menschen miteinander
vernetzen.
Ist Telefonieren nicht out?
Bei anregenden Unterhaltun-
Neben ihrer Arbeit
am Portal Ahoyly
coacht Ania Krol
andere Start-ups
und Freelancer.
gen bauen wir Stress ab, beim
Texten fehlt es oft an tieferen
Verbindungen. Deshalb ermutigen
wir Nutzer zu Telefon-
oder Videoanrufen.
Wer verwendet Ahoyly?
Männer und Frauen halten
sich in etwa die Waage. Der
Altersdurchschnitt liegt zwischen
20 und 55 Jahren. Der
älteste mir bekannte Nutzer
ist 89 Jahre alt! Das am häufigsten
diskutierte Thema
war bis jetzt das Reisen.
Wie sieht die Zukunft für
Ahoyly nach der Corona-
Krise aus?
Viele von uns haben Interessen,
die niemand im näheren
Umfeld teilt. Was tun, wenn
du dein Portugiesisch auffrischen
willst, aber kein Portugiese
in Sicht ist? Deshalb
ist es unser Ziel, mehr internationale
Dialoge zu fördern.
ahoyly.com
INNOVATOR 19
AUF DEM SPRUNG IN
DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT?
Wie Sie alle
Hürden meistern:
www.wingfinder.com
F R E E A S S E S S M E N T
GRÜN
IST
DIE
ZUKUNFT!
Eine Digital-Aktivistin, die das Prinzip
Fair Fashion auf die Spitze treibt, ein
Formel-1-Weltmeister, der E-Mobilität
zum Sieg verhelfen will, eine App,
mit der du laufen und dabei Bäume
pflanzen kannst – willkommen zu einem
Umwelt-Spezial abseits des Alltäglichen!
G R E E N
I S S U E
DIE
WELT
Sie treibt das Prinzip
Fair Fashion auf die Spitze,
schrieb einen Bestseller
übers Weltretten und
inspiriert als
DariaDaria
auf Instagram Hunderttausende,
besser zum Planeten
und zu sich selbst zu sein.
Hier erklärt Madeleine
Alizadeh, 31, warum
Ehrlichkeit das beste
Werkzeug für Veränderung
ist und wie jeder seinen
ersten Schritt findet.
BRAUCHT
MEHR
EHRLICHKEIT
TEXT: Waltraud Hable FOTOS: Hilde Van Mas
INNOVATOR 23
Es kommt der Zeitpunkt, da kannst du deine innere
Stimme nicht länger ignorieren. 2013 ist
für Madeleine Alizadeh so ein Punkt. Und das
ging so: Ihr privater Blog DariaDaria läuft gut.
Mode firmen zahlen dafür, dass sie deren Produkte
bewirbt. Dann stürzt in Bangladesch die
Textil fabrik Rana Plaza ein. Mehr als tausend
Menschen sterben. Fast zeitgleich sieht Made leine
die Doku „Gift auf unserer Haut“ über Missstände
in der Lederindustrie. Die Wienerin beschließt:
Schluss mit Billigmode und Lifestyle-Blabla. Ab
sofort will sie sich für Themen einsetzen, die ihren
Moral- und Ethikvorstellungen besser entsprechen.
Madeleine Alizadeh – Ex-Politikwissenschaft-Studentin
und Tochter eines iranischen
Menschenrechtsaktivisten – beginnt, über nachhaltige
Mode, Umweltschutz und Flüchtlings hilfe
zu schreiben. „Anfangs dachte ich: Wahrscheinlich
muss ich mir damit einen neuen Job suchen.“
Doch mit Offenheit und Verletzlichkeit wird
Alizadeh zu einer starken Stimme, die sogar vor
dem Europäischen Parlament reden darf. Ihr
2019 erschienenes Buch „Starkes weiches Herz“
– ein Plädoyer, sich mit Mut und Liebe für Themen
wie Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung
einzusetzen – landet in Deutschland auf Platz 3
der „Spiegel“-Bestsellerliste. Ihr Podcast „a mindful
mess“ verbindet Persönlichkeitsentwicklung
mit Meditation. Und sie gründet ihr eigenes Öko-
Modelabel dariadéh. Was man aus diesem kurzen
Lebenslauf lernen kann? Erstens: Große Veränderungen
sind machbar, wenn man sie wirklich
will. Zweitens: Madeleine Alizadeh erreicht viele
Menschen, weil sie vorlebt, dass man auch als
Aktivistin keine Heilige sein muss. Es geht beides:
Engagement und Fehler. Konsumkritisch und
konsumfreudig sein. Wütend und optimistisch.
inno vator: Du bist Vorbild von Beruf.
Trotzdem ist dein ökologischer Fußabdruck
alles andere als vorbildlich, sagst du.
madeleine alizadeh: Er ist genau genommen
eine Katastrophe. (Lacht.)
Warum? Kein Ökostrom, kein Fahrrad statt
dem Auto?
Doch, ich beziehe Ökostrom, und ich
ernähre mich zu 95 Prozent vegan.
Aber man weiß ja: Je höher der
Lebensstandard, desto gravierender
der CO 2
-Fußabdruck – und als
jemand, der in einem der reicheren
Länder lebt und zu den Besserverdienenden
gehört, ist mein CO 2
-
Fußabdruck auch exponenziell größer.
Konkret: Ich lebe in einer großen
Wohnung. Ich besitze ein iPhone.
Ich habe für mein Unternehmen
ein Elektroauto angeschafft, mache
Langstreckenflüge zu Freunden
oder zu meiner Familie in den USA.
Das mag viele irritieren. Aber nur
weil ich aktivistisch tätig bin, heißt
das nicht, dass ich keine Fehler
mache oder in einer Höhle leben
muss. Diese Erwartungshaltung finde
ich auch falsch, denn sie lenkt vom
eigentlichen Diskurs ab.
Was ist der eigentliche Diskurs?
Wir dürfen Nachhaltigkeit nicht nur
auf die KonsumentInnen abwälzen.
Mit dem Verzicht auf Plastikstrohhalme
und mit dem Kauf von Bio-
Baumwolle allein wird sich die Welt
nicht retten lassen. Denn für die
größten Treibhausgas-Emissionen
sind nicht wir, sondern die Industrie
verantwortlich. Laut einer Studie verursachen
100 Unternehmen 71 Prozent
der weltweiten Emissionen.
Was schlägst du vor?
Dass wir die Politik und die großen
Konzerne in die Pflicht nehmen. Denn
ich kann noch so viele Flugreisen aus
meinem Alltag streichen – aber wenn
jenen, die 70 Prozent der Emissionen
verursachen, weiterhin das Geld in
den Hintern geschoben wird und
Gesetze im Interesse entsprechender
Lobbys verabschiedet werden, ändert
sich leider wenig.
„Oft liegt es
tatsächlich
an der jüngeren
Generation,
mit neuen Ideen
daherzukommen
und ein System
aufzubrechen.“
24 INNOVATOR
Blick für andere:
Alizadeh wirbt
auch für ein
herzlicheres Klima
im täglichen
Miteinander.
SO WEIT,
SO GUT
2010
DER START
Alizadeh
gründet ihren
eigenen
Modeblog
dariadaria.com
2013
DER
WECHSEL
Von nun an
konzentriert
sie sich auf
das Thema
Nachhaltigkeit.
2015
DER APPELL
In der Flüchtlingskrise
engagiert
sich Alizadeh
öffentlich
für Geflohene.
2017
DIE
ERGÄNZUNG
Podcast „a
mindful mess“,
Fashion-Label
dariadéh.
2019
DAS BUCH
Ihr Erstling
„Starkes
weiches Herz“
erscheint.
2019
DIE WAHL
Alizadeh
unterstützt
Die Grünen
bei der österreichischen
Nationalratswahl.
25
26 INNOVATOR
DATEN
ABFRAGE
Über 310.000
Menschen folgen
Alizadehs Account
DariaDaria auf
Instagram, auf
Facebook sind
es rund 60.000.
36
verschiedene
nachhaltige
Fashion-Produkte
bietet Alizadeh
in ihrem Shop
dariadeh.com
10–15 Prozent
beträgt Alizadehs
Gewinnmarge,
die sie langsam
steigern will.
50 Cent
spendet Alizadeh
bei jeder Bestellung
an karitative
Organisationen.
Platz 3
erreichte ihr Buch
„Starkes weiches
Herz“ in der
Bestsellerliste.
Wer sich engagieren will, kann also nicht
unpolitisch bleiben?
Absolut. Am Ende des Tages kommt es halt auch
darauf an, die richtigen Parteien zu wählen.
Trotzdem, lass uns einen Schritt zurückgehen:
Was kann ich im Kleinen für den Planeten tun?
Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Aktivismus ist immer
auch eine Frage persönlicher Ressourcen
– das muss ich vorausschicken. Eine alleinerziehende
Mutter mit drei Kindern kann man nicht
dafür verurteilen, dass sie ihre Baby-Bodys bei
H & M kauft und nicht beim ökofairen Label. Ich
finde, jeder soll machen, was er im Rahmen seiner
Möglichkeiten machen kann – und will. Aber,
um eine Antwort zu geben: Einen Impact auf
unser Klima haben etwa Lebensmittel und Landwirtschaft.
Ich kann mich etwa fragen: Will ich
wirklich dreimal pro Woche Fleisch essen? Oder
bloß einmal im Monat?
Oder gleich vegetarisch essen?
Vegetarier leben nicht automatisch nachhaltiger
– mancher Schweizer Käse hat eine schlechtere
Ökobilanz als eine Avocado. Es geht um das
Bewusstsein, woher die Nahrung kommt und
wie sie hergestellt wird.
Was kann ich in Sachen Kleidung machen?
Für mich fasst es ein Zitat von Designerin Vivienne
Westwood gut zusammen: „Buy less. Choose
well. Make it last.“ Konsumiere weniger. Hinterfrage:
Wie viel Kleidung brauche ich wirklich?
Welche Farben lassen sich vielfältig kombinieren?
80 Prozent des Inhalts unseres Kleiderschranks
hängen meist ungetragen herum. Und
wenn ich mir etwas zulege, sollte ich die Sachen
möglichst lange tragen können, sie richtig pflegen
und gegebenenfalls reparieren. So kann
auch Fast Fashion etwas „nachhaltiger“ werden.
Auf Social Media beschränken viele ihr
Engagement auf Hashtags. #greenplanet,
#changetheworld. Entmutigt das?
Nein. Natürlich ist dieser Pseudoaktivismus
manchmal irritierend. Bei Black Lives Matter
haben alle schwarze Kacheln auf Instagram
gepostet und kundgetan, sie unterstützen Black
Business. Ein, zwei Wochen später war nichts
mehr davon zu hören. Aber das hat es schon
immer gegeben. Es gibt Leute, die ketten sich
tagelang an Bäume, andere tragen nur einen
Anstecker mit „Rettet die Natur“.
Warum kommen die einen in die Gänge,
die anderen nicht?
Wenn jemand sich nicht engagiert, heißt das
nicht, dass er oder sie zwangsweise faul ist. Vielleicht
stecken Ängste dahinter, Unwissenheit, ein
Mangel an Zeit und Ressourcen. Das muss man
evaluieren. Und es müssen auch nicht alle gleich
stark aktiv werden. Wichtig finde ich letztlich
nur, dass es Menschen gibt – vor allem in Machtpositionen
–, die die Dinge ausbalancieren und
für sozial-ökologische Gerechtigkeit
sorgen.
Du hast 2010 als Modebloggerin
begonnen und bist nach drei Jahren
zum Thema Nachhaltigkeit umgeschwenkt.
Wie viele haben dich
für diesen Schritt belächelt?
Interessanterweise habe ich bis heute
oft noch den Stempel des Modepüppchens
– obwohl ich seit sieben Jahren
als Unternehmerin, Aktivistin und
Autorin tätig bin. Ich schätze, man
denkt: „Ah, die ist auf Instagram, die
sieht so und so aus“ – und schon hat
man ein Bild im Kopf, was jemand
macht oder nicht macht.
Wie hast du anfangs den Mut gefunden,
öffentlich Themen anzusprechen,
für die es immer kompetentere
ExpertInnen geben wird?
Es ist ein Prozess. Man muss sich
natürlich einlesen und sich an die
Fakten halten, um keine gefährlichen
Falschinformationen zu verbreiten.
Einen Doktortitel braucht es aber
nicht, um am Diskurs teilnehmen zu
dürfen. Wer nicht gleich als RednerIn
auf die Bühne treten will, kann ja
auch erst mal im Hintergrund einer
Bewegung helfen. Für mich persönlich
war sicherlich wichtig, ein Selbstverständnis
dafür zu entwickeln, dass
ich mir Raum in der Gesellschaft nehmen
darf. Gerade als Frau wird man
ja eher dazu sozialisiert, sich kleinzuhalten
und nicht zu laut zu sein.
Du schreibst in deinem Buch, dass
es helfen würde, weniger elitär
mit dem Mikrofon umzugehen.
Was meinst du damit?
Wir sprechen gerne jenen Menschen
Expertenstatus zu, die ein gewisses
Alter, Erfahrung, Titel oder Verbindungen
haben. Aber diese Menschen
haben nicht unbedingt das Richtige
zu sagen. Oft liegt es tatsächlich an
der jüngeren Generation, mit neuen
Ideen daherzukommen und ein System
aufzubrechen. Fridays for Future
und die Klimaschutzbewegung sind
ein schönes Beispiel dafür. Oder der
TED-Talk mit einer 17-jährigen Schülerin,
den ich auch im Buch zitiere.
Sie sagt zu Beginn: „Ihr erwartet jetzt
sicher, dass ich einen Jugendnobelpreis
gewonnen habe, weil ich auf
der Bühne stehen darf.“ Aber ihr
Vortrag thematisiert bloß, dass wir
jungen Menschen zuhören sollen,
auch wenn sie vielleicht noch nichts
„vollbracht“ haben.
INNOVATOR 27
Auf Instagram hast du über 300.000 Follower.
Wie wichtig sind die sozialen Medien fürs
Weltretten?
Ich würde da unterscheiden: Reden wir von
einem Individuum oder von einer Bewegung?
Als Einzelperson muss ich nicht unbedingt auf
Instagram oder Twitter sein, obwohl es natürlich
hilft, sein Anliegen bekannter zu machen. Es
gibt Leute, die auch ohne soziale Medien viel bewirkt
haben. Für Organisationen hingegen sind
soziale Medien sicher wichtig – allein schon,
um Veranstaltungen zu posten. Es braucht aber
keinen perfekt betreuten Account – wichtiger
ist eine gute Strategie, damit sich das Wort verbreitet
und die Leute auf die Straße gehen.
Fehler sind erlaubt:
Wer sich für
mehr Nachhaltigkeit
engagiert,
muss deswegen
kein ökologisch
makelloses Leben
führen, findet
Alizadeh.
Weltretten braucht darüber hinaus viel
Optimismus. Wie bewahrt man sich diesen?
Ich glaube, indem man sich einer Sache verschreibt,
aber sich nicht in ihr verliert oder sich
selbst dafür aufgibt. Ich musste mich etwa besser
abgrenzen lernen und mehr auf meine mentale
Gesundheit achten. Das bedeutet, dass ich
bewusst Dinge in meinen Alltag integriere, die
ich liebe und die mich glücklich machen.
„Liebe … oder lass es“ – dein Lebensmotto.
Richtig. Mit dem Hund kuscheln. Freunde
umarmen. Das herrliche Weißbrot essen, auch
wenn das trockene Vollkornbrot wahrscheinlich
ein bisschen gesünder wäre. Liebe ist für mich in
vielen Kleinigkeiten des Lebens zu finden. Diese
Kleinigkeiten ergeben eine Art Schutzmantel,
sie geben mir Kraft. Pragmatisch-rational an
die Dinge heranzugehen hilft aber auch. Luisa
Neubauer, die deutsche Klimaschutzaktivistin,
hat dazu mal gesagt, sie sei „Possibilistin“.
Was ist denn das?
Das heißt, sie ist weder Optimistin noch Pessimistin,
aber sie glaubt an die „possibilities“,
also an Möglichkeiten. Das fand ich sehr schön.
Mit all diesen Möglichkeiten: Ist die Zukunft
vielleicht besser als ihr Ruf?
Ich denke: ja. Wir haben Lösungsansätze für
viele Probleme. Jetzt gilt es nur noch, diese
auch anzuwenden.
Öko-Mode, Klimaschutz, Tierrechte, Flüchtlingshilfe.
Was ist der gemeinsame Nenner
bei all deinen Projekten?
Gerechtigkeit! Ich hatte schon als Kind einen
stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und
ich schätze, in Summe geht es mir auch um ein
wärmeres Klima in der Gesellschaft. Das beginnt
schon mit kleinen Dingen. Mit Zivilcourage.
Oder dass man der Frau mit dem Kinderwagen
hilft. Jemanden, der verloren aussieht, fragt,
ob sie oder er Hilfe braucht. Sich ehrenamtlich
engagiert.
Du hast mal in einem Vortrag gesagt: Wenn
man übers Weltretten sprechen will, muss
28 INNOVATOR
man auch über die großen Gefühle
sprechen. Du meintest damit aber
nicht etwa Mitgefühl, sondern Wut.
Ich finde es wichtig, der Wut Raum
zu geben, weil sie wie jedes Gefühl
Raum braucht. Gerade Frauen laufen
Gefahr, die zurückgehaltene Aggression
gegen sich selbst zu richten –
weil Wut eine Emotion ist, die ihnen
oft nicht erlaubt wurde. Wut zeigt einem,
wo etwas Ungerechtes passiert.
Was macht dich wütend?
Sehr vieles. Dass unsere Welt alles
und jeden stereotypisieren will.
Massentierhaltung. Die Zerstörung
der Wälder. Oder wenn ich dafür angegangen
werde, dass ich für meine
Wohnung ein gebrauchtes Ikea-Regal
kaufe, weil ich damit angeblich die
Massenmöbel-Produktion unterstütze.
Das macht mich wütend, denn es
ist Kritik an der falschen Stelle. Zuallererst
sollte man die angehen, die
es den Unternehmen leicht machen,
schnell und billig zu produzieren.
Laut Studien erleben Menschen, die
sich ehrenamtlich engagieren, mehr
Gegenwind als Leute, die nichts tun.
Kannst du das bestätigen?
Ja. Als ich noch über Fast Fashion
geschrieben habe, gab’s keine bösen
Kommentare. Aber ich sage mal
so: Wenn man sich von der Idee
verabschiedet, dass alle immer nett
zueinander sein werden, ist das
recht befreiend. Trotzdem nehme ich
manchmal Supervision und Coaching
in Anspruch, um zu lernen, mich noch
besser abgrenzen zu können.
Neben Liebe und Wut ist ein weiteres
Schlüsselthema für dich
Ehrlichkeit. Warum?
Ich glaube, wenn wir alle ehrlicher
wären, hätten wir viele Probleme
nicht: Korruption, Ressourcenverschwendung,
Misstrauen in der
Politik. Würden die Menschen zum
Beispiel zugeben, „Hey, ich hab total
Angst. Diese Sache mit dem Klima ist
so komplex – ich verstehe nicht, was
da passiert“, wäre es leichter, in einen
Dialog zu treten, als wenn sich jemand
im stillen Kämmerchen fürchtet und
sich eine Verschwörungserzählung als
Ventil sucht. Dann wird es schwierig,
zu kommunizieren.
Du hast in kurzer Zeit viel bewegt.
Warum schaffen das deiner Meinung
nach nicht auch Konzerne?
Ich glaube, bei vielen hapert es daran,
„Ich will zeigen:
Ja, man kann ethisch
und ökologisch verantwortungsbewusst
ein Unternehmen
aufziehen.“
dass sie sich keine Hilfe holen. Sie meinen, sie
hätten das Know-how innerhalb ihres Unternehmens
und müssten alles selbst lösen. Und so
passiert es, dass man den immer gleichen CEOs
zuhört. Meine Frage ist: Wieso holt ihr euch nicht
Nachhaltigskeits-ExpertInnen und beratende
NGOs ins Boot? Neuer Input ist wichtig – denn
darauf beruht ja Innovation. Bei dariadéh, meinem
Mode label, arbeite ich etwa mit einer Agentur
für nachhaltige Textilentwicklung zusammen,
um nach neuen Rohstoffen zu suchen.
Wie tief tauchst du in die Materie ein?
Bist du bei dariadéh in jeden Knopf involviert?
Ja, bis ins kleinste Detail. Es ist irre aufwendig,
ein ökofaires Kleidungsstück herzustellen. Was
mir hilft: Durch meine Blog-Erfahrung habe ich
gelernt, vieles aus dem Blickwinkel der Kundin
zu sehen. Mit diesem Wissen kann ich ganz
andere Produkte entwickeln.
Was heißt „andere“?
Wir arbeiten viel mit Materialien, die wenig
im konventionellen Bereich eingesetzt werden.
Lyocell zum Beispiel, eine aus Zellulose bestehende
Faser. Oder wir verwenden ein Garn,
das schadstofffrei in der Natur zerfallen kann.
Oder: Steinnüsse werden zu Knöpfen geschliffen.
Das erfordert natürlich mehr Testläufe, in denen
geprüft wird, wie das Gewebe aufs Waschen
reagiert, aufs Färben, auf Reibung. Das Streben
nach Perfektionismus muss man da ablegen.
Es wird Reklamationen geben, aber am Ende
bringt mich das weiter.
Wie viel Idealismus braucht es, um ein
nachhaltiges Business aufzuziehen?
Sehr viel – zumal es bis jetzt noch keine steuerlichen
Anreize gibt. Dabei sollte es meiner
Mei nung nach genau umgekehrt sein: Jemand,
der schlecht produziert und unfaire Arbeitsbedingungen
schafft, sollte mehr Steuern zahlen
müssen als jemand, der nachhaltig produziert.
Trotzdem habe ich die Vision, dariadéh zu einem
Konkurrenten für Fast Fashion und vor allem skalierbar
zu machen. Ich will zeigen: Ja, man kann
ethisch und ökologisch verantwortungsbewusst
ein Unternehmen aufziehen.
INNOVATOR 29
G R E E N
I S S U E
Blick nach vorn: Auf
ihren Reisen (hier in
Jordanien) zeigt Teal
die Schönheit der
Natur und warnt vor
deren Zerstörung.
Eins mit dem Ozean:
In ihrer Wahlheimat
Hawaii stürzt sich Teal
oft in die Fluten. Unterwegs
hat sie stets ein
rosa Surfboard dabei.
ALISON’S ADVENTURES/CONNER GUEST
PHOTOGRAPHER, SARAH LEE
30 INNOVATOR
ALISON IM
WUNDERLAND
Die Videos der Amerikanerin
Alison Teal sind so
unterhaltsam, dass sie
die Welt verändern: Die
30 Millionen Likes, die
ihre Filme allein auf TikTok
sammelten, können inzwischen
ordentlich Druck
aufbauen. So half ihre
Arbeit etwa, ein Verbot
von Plastiktüten in Kalifornien
durchzusetzen.
TEXT: Maximilian Reich
E
s war früh klar, dass Alison Teal Abenteurerin
werden würde. Sehr früh.
„Ich bin praktisch in ein Abenteuer
hinein geboren“, sagt die Amerikanerin.
„Meine Eltern waren in den Rocky
Mountains. Ein Schneesturm tobte,
und meine Mutter entschied, mich auf
dem Boden einer Blockhütte zur Welt
zu bringen. Das war wie eine Vorsehung
für mein Leben.“
Alison Teal ist heute Weltreisende
in Sachen Umweltschutz. Ihren Videos
(„Alison’s Adventures“) folgen allein
auf TikTok inzwischen über eine Million
Menschen. „Das Tolle an Social Media
ist, dass mir niemand vorschreibt, was
ich zeigen soll“, sagt sie. „Ich kann schockierende
Bilder posten, die um die
Welt gehen, und helfen, Umweltgesetze
zu ändern.“
Ein Video, in dem sie in Los Angeles
auf ihrem Markenzeichen, einem rosa
Surfbrett aus recycelten Kaffeekapseln,
durch einen zugemüllten Fluss paddelt,
half dabei, ein Gesetz durchzubringen,
das Plastiktüten in Kalifornien verbietet.
Ein anderes sorgte dafür, dass in Hawaii
erst jüngst bestimmte Sonnencremes,
die im Verdacht stehen, das Korallensterben
zu verursachen, aus dem Verkehr
gezogen wurden. Erfolge, die nicht
unbemerkt blieben: Das US-Nachrichtenmagazin
„Time“ be zeichnete sie als
„weiblichen Indiana Jones“. Und 2019
wurde sie eingeladen, in einem TED Talk
über ihr Projekt zu sprechen.
Warum Alison die Rolle als Internet-
Star so liegt, ist schnell erklärt: Die
Be gabung liegt in der Familie. Papa arbeitete
als Fotograf für das US-Magazin
„National Geographic“. Auf Reisen nahm
er die Familie mit und unterrichtete die
Tochter selbst. In einem Alter, in dem
andere Kinder Fahrradfahren üben, war
Alison bereits im Basislager des Mount
Everest, streichelte Alpakas in Peru und
lernte, wie man mit Yak-Kot Feuer macht.
Als Homebase baute sich die Familie
eine Art Baumhaus auf Hawaii. „Unser
Strom kommt von einer Solaranlage, und
unser Truck läuft mit Gemüseöl“, sagt sie
und lacht. Eigentlich lacht Alison ständig.
Es scheint fast ausgeschlossen, dass sie je
schlechte Laune hat. Kunststück, bei der
Umgebung.
Ein Schlüsselerlebnis in Sachen Job
hatte Alison 2013: Da nahm sie bei
„Naked and Afraid“ teil, einer Reality-
Show auf Discovery Channel, in der sie
21 Tage auf einer einsamen Insel der
Malediven verbringen musste. „Ich saß
fast einen Monat am Strand und sah,
wie Plastikmüll aus der ganzen Welt
angespült wurde.“ Nach dem Ende der
Show kehrte sie mit einer Kamera zurück
und drehte ein Video über „Trash Island“
– eine künstliche Insel der Malediven,
die als Mülldeponie genutzt wird. Sie
postete den Film auf Facebook und landete
prompt einen viralen Hit. Eine Aufräumaktion
war die Folge. „Da merkte
ich zum ersten Mal, was man mit Social
Media bewegen kann.“
Sie änderte daraufhin das Konzept
von „Alison’s Adventures“ und legt seither
den Fokus ihrer Filme auf die Naturschönheiten
ihrer Reiseziele. „Wenn wir
uns in die Natur verlieben, wollen wir
sie auch schützen“, sagt sie.
Egal, ob in der kanadischen Wildnis
mit Grizzlybären oder auf einer
Farm in Neuseeland: Witz und Augenzwinkern
müssen immer dabei sein. „Ich
bin schließlich keine Aktivistin, sondern
Enter tainerin. Du musst die Sachen mit
Humor machen, dann wollen die Menschen
sie auch sehen.“
Wie es weitergeht? Abwarten. Aber
so, wie die Dinge bei Alison liegen, wird
es sicher ein Abenteuer.
INNOVATOR 31
G R E E N
I S S U E
TINY HOUSE
RAUM
KAPSEL
Unser Wohnraum
wird knapper, erste
deutsche Politiker
fordern das Verbot
von Einfamilienhäusern.
Die gute Nachricht:
Fürs Leben auf
kleinstem Raum gibt
es smarte Lösungen
– etwa Tiny Houses.
Das Modell Ecocapsule
misst 6,3 Quadratmeter,
bietet mit
Küche, Bad und Bett
aber alles, was man
braucht. Für ein autarkes
Leben auf kleinem
Fuß ist die Kapsel
mit Solar anlage
und Windrad ausgestattet.
Der größte
Vorteil: Sie lässt
sich frei be wegen.
Ab 79.000 Euro;
ecocapsule.sk
32 INNOVATOR
BESSER
GRÜN
LEBEN
Lastenräder mit Extra-Power,
Designerstühle aus Fischernetzen,
klappbare To-go-Becher:
Diese Produkte erleichtern
unser Leben – und erfreuen
gleichzeitig die Umwelt.
TEXT Wolfgang Westermeier
INNOVATOR 33
G R E E N
I S S U E
THERMOSKANNE
GUTE
FLASCHEN
Eine Flasche gegen
die Plastikflut: Wer
eine Ocean Bottle
kauft, finanziert
das Sammeln von
11,4 Kilo Plastikmüll,
was etwa tausend
Plastikflaschen entspricht.
Ein Block-
chain-Überweisungs-
System garantiert,
dass die Sammler
fair bezahlt werden.
Zusatzeffekt: Man
ist selbst im Alltag
noch weniger auf
Plastikflaschen
angewiesen. Die
doppel wandige
Thermos flasche aus
Edelstahl ist clever
konstruiert: Sie hält
Temperaturen über
Stunden konstant,
im Verschlusssystem
ist ein Trinkbecher
integriert, in die
Spülmaschine darf
sie auch. Und im
Boden steckt ein
NFC-Chip, der auf
Wunsch bei jeder
Nachfüllung automatisch
für die Plastiksammler
spendet.
47,95 Euro;
oceanbottle.com
SMARTPHONE-HÜLLE
NATUR
SCHUTZ
Smartphones sind
längst das Cockpit
unseres Lebens. Um
ihre Nachhaltigkeit
ist es allerdings eher
so lala bestellt. Gut,
dass es erste Alternativen
wie das Fairphone
gibt. Mit dieser
Schutzhülle des
Labels 15:21 statt einer
aus Kunststoff
ist zumindest einmal
ein Anfang gemacht.
Diese ist nicht nur
schockabsorbierend
und besonders
wider standsfähig,
sondern darüber hinaus
aus nachwachsendem
und somit
ressourcenschonendem
Kork.
39 Euro;
1521store.com
OCEAN BOTTLE, DIZZCONCEPT.COM, 1521STORE.COM, GOMI.DESIGN
34 INNOVATOR
ARBEITSPLATZ
ÖKO-
NISCHE
Wer noch nicht bereit
fürs Tiny House
ist, kann schon mal
mit dem kleinen Büro
anfangen: Dieser mit
einer Schiebetür verschließbare
Arbeitsplatz
besteht komplett
aus natürlichen
Materialien wie Holz,
Kork, Wolle und Linoleum.
Smarte Technik
wie ein Luftbefeuchter
und UV-
Strahlen zur Bakterienabwehr
sorgen
für ein angenehmes
Klima. Gedacht ist
die Nische etwa
als Rückzugsort im
Großraumbüro. Oder
als Homeoffice?
Preis auf Anfrage;
dizzconcept.com
POWERBANK
KRAFT
PAKET
Perfektes Mitbringsel
aus England:
stylishe Powerbank
aus recyceltem Plastik,
wobei Farbe und
Muster bei jedem
Exemplar einzigartig
sind. Zum Laden
kommen ungenutzte
Batteriezellen zum
Einsatz – zum Beispiel
aus ausrangierten
E‐Scootern.
Die Ladekapazität
wird vorab geprüft
und reicht aus, um
ein Smartphone
fünfmal aufzuladen.
69 Pfund; gomi.design
INNOVATOR 35
G R E E N
I S S U E
LASTEN-E-BIKE
RAD
LADER
„Und wie soll ich meine
Wasserkiste transportieren?“
Wenn
es um die Existenzberechtigung
von
Autos geht, zählt dieses
Argument schon
lange nicht mehr –
schließlich gibt es
Lasten räder mit
E-Motor. Nun können
diese sogar noch
größere Transporte
übernehmen, was sie
auch für Betriebe
interessant macht:
Bis zu 200 Kilo können
die Loadster-
Modelle des Herstellers
Citkar schleppen,
eine Kabine schützt
den Fahrer vor Wind
und Wetter.
Preis auf Anfrage;
citkar.com
BEWÄSSERUNG
SMART
GIESSEN
tem. Der Haken: Die
meisten Modelle werden
von einer simplen
Zeitschaltuhr gesteuert
und wässern
auch dann noch, was
das Zeug hält, wenn
längst der Donner
grollt. Die Cloudrain
hingegen denkt dagegen
mit – und bezieht
Wind, Temperatur,
Feuchtigkeit und
Sonne in ihren Be-
Wer beim Gießen
seines Gartens nicht
immer den Schlauch
in der Hand halten
möchte, braucht ein
Bewässerungssyswässerungsplan
mit
ein. So spart man bis
zu 80 Prozent Wasser.
Mit Kabeln oder
Batterien muss man
sich nicht rumschlagen:
Der Controller
speist sich aus Solarenergie,
dazu gibt’s
eine App.
242,49 Euro;
cloudrain.de
CITKAR.COM, METTE JOHNSEN/WEHLERS, CLOUDRAIN.COM
36 INNOVATOR
MÖBEL
NETZ
WERK
„Rum“ heißt dieser
Stuhl – und wer da
zuerst an Schnaps,
wettergegerbte
Gesichter und Seemannslieder
denkt,
der liegt gar nicht so
falsch. Denn für diese
Sitzgelegenheit
hat das Kopenhagener
Label Wehlers
sogenannte „Geisternetze“
recycelt,
also Fischernetze,
die herrenlos durch
die Weltmeere treiben.
Daher auch der
Name Rum, der für
„Re-Used Materials“
steht. Im Ozean verfangen
sich Tiere in
den Netzen, und ihre
Fasern tragen zur Mikroplastik-Belastung
bei. In jedem Stuhl
stecken zwei Kilo
Netze, die Stuhlbeine
bestehen aus recyceltem
Stahl. Und
natürlich ist das Möbel
selbst ebenfalls
recycelbar – damit
die nächste Generation
auf Designklassikern
und nicht auf
Müllbergen sitzt.
285,99 Euro;
wehlers.com
INNOVATOR 37
G R E E N
I S S U E
DESINFEKTION
DUFTE
LÖSUNG
Endlich ein Desinfektionsmittel,
das weder
nach Operationssaal
noch nach
Schwarzbrennerei
riecht. Die Produkte
von Haan kommen
stattdessen mit so
exquisiten Düften
wie „Dew of Dawn“
oder „Sunset Fleur“
daher. Ein kleines
Licht gibt Signale,
wie es um den Füllstand
steht oder
wann die Batterie
aufgeladen werden
möchte. Gut für die
Umwelt ist der Spender
nicht nur, weil
sich das Desinfektionsmittel
einfach
und unter Vermeidung
von Plastik
nachfüllen lässt.
Das Unternehmen
unterstützt mit seinen
Gewinnen Brunnenprojekte
in Afrika
und garantiert mit
jedem verkauften
Gerät 627 Liter sauberes
Trinkwasser.
Preis auf Anfrage;
haanready.com
38 INNOVATOR
HAANREADY.COM, EVERDROP.DE, WEAREHUNU.COM
REINIGUNG
SAUBER,
SAUBER
Der Sauereien, die in
herkömmlichen Reinigungsmitteln
lange
enthalten waren (und
teilweise noch immer
sind), wird man sich
erst bewusst, wenn
man sich durchliest,
was in diesen alternativen
Produkten
alles nicht drinnen
ist. Mikroplastik,
Acry late, Phosphate
und Chlor etwa. Aber
neben den umweltfreundlichen
Inhaltsstoffen
gibt es noch
weitere Argumente
für die nachhaltigen
Saubermacher des
Münchener Startups.
Statt am Ende
einer Lieferkette zu
stehen, die hektoliterweise
Glasreiniger
in Einweg-Plastikflaschen
durch die
Nation fährt, lässt
man sich hier einfach
ein paar Tabs nach
Hause schicken. Die
löst man in 500 Milliliter
Wasser – und
wischt los. Das spart
nicht nur jede Menge
CO 2 , sondern obendrein
noch Geld. Gibt
es auch für Spülund
Waschmaschine.
Putzmittel-Starterset
34,99 Euro;
everdrop.de
TRINKBECHER
KLAPPT
SUPER
Hand aufs Herz: Wer
hat im Alltag schon
immer einen Mehrwegbecher
dabei,
um auch bei spontan
auftretender Heißgetränkelust
die Umwelt
zu schonen? Der
Hunu Cup macht es
einem leichter denn
je: Der faltbare und
giftstofffreie Silikonbecher
ist im eingeklappten
Zustand
nur zwei Zentimeter
hoch, passt also
wirklich in fast
jede Hosentasche.
Trotzdem fasst er
Cappuccino-taugliche
265 Milliliter.
Und nach dem Trinken?
Wandert der
Becher bedenkenlos
wieder zurück in die
Tasche. Denn er ist
so konstruiert, dass
die Trinköffnung
beim Zusammenfalten
verschlossen
wird. Entwickelt als
Crowdfunding-Projekt
in London, ist
der Hunu-Becher nun
in über 70 Ländern
weltweit erhältlich.
20,95 Euro;
wearehunu.com
INNOVATOR 39
G R E E N
I S S U E
10 IDEEN FÜR
EINE BESSERE
WELT
Laufen und dabei Bäume pflanzen,
Kaugummi aus biologischem
Anbau, Altkleider als wertvoller
Rohstoff: zehn inspirierende
Geschäftsmodelle, die auch für
unseren Planeten ein Gewinn sind.
TEXT: MARC BAUMANN, DAVID MAYER
GETTY IMAGES, MINDFUL MISSION
40 INNOVATOR
MINDFUL MISSION
PRIMA
FÜRS KLIMA
Karim Abdel-Baky ist ein bemerkenswert
gut gelaunter
Mensch. Nur eine Frage im
Interview lässt ihn kurz ernst
werden: „Glauben Sie, dass
wir den Klimawandel noch
rechtzeitig stoppen können?“
Nach einer kurzen Nachdenkpause
antwortet Abdel-Baky:
„Ich bin überzeugt, durch
Technologie und Verhaltensänderung
können wir das
gewaltige Problem lösen.“
Der 24-Jährige und sein
23-jähriger Mitgründer Christoph
Rebernig wollen ihren
Teil dazu beitragen – ihr Ziel
sind eine Million Abonnenten
für ihr Start-up „mindful
mission“. Mit 8 Euro im Monat
kann man damit seinen
CO 2 -Fußabdruck ausgleichen.
mindful mission berechnet,
wie viel CO 2 man verbraucht,
und finanziert im Gegenzug
dann Klimaschutzprojekte, die
CO 2 einsparen. „Unser Motto
ist dabei: erst vermeiden,
dann kompensieren.“ Als ein
Kreuzfahrtunternehmen seine
CO 2 -Bilanz mit mindful mission
verbessern wollte, lehnten
Sieht doch gleich
besser aus: Auf der
hübschen mindfulmission-App
kann
der Nutzer seine
Fortschritte sehen.
Männer mit Mission:
Karim Abdel-Baky,
24, (o.) und Christoph
Rebernig, 23,
wollen CO 2 -Fußabdrücke
verkleinern.
Abdel-Baky und Rebernig ab,
weil sie keine Möglichkeit
sahen, bei dem Konzern CO 2 -
Emissionen zu reduzieren.
„Wir haben viel Zeit in
einen Algorithmus investiert,
der jedem Nutzer regelmäßig
Tipps gibt, wie er seinen Fußabdruck
reduzieren kann“,
sagt Abdel-Baky. Kurz vor dem
Abitur nahm seine Klasse den
Klimawandel durch, und er
bemerkte: Niemand wusste,
wie groß sein CO 2 -Fußabdruck
ist. Aber wie soll man
etwas bekämpfen, was man
nicht kennt? Seither beschäftigt
ihn das Thema.
Und wie sparen die beiden
CO 2 ? Abdel-Baky ernährt sich
überwiegend vegan und fährt
schon mal 15 Stunden Zug,
um einen Flug zu sparen. Eine
Fernreise gönnte er sich aber:
nach Kalifornien, zu einer einmonatigen
Start-up-Schulung.
mindfulmission.earth
INNOVATOR 41
Gesunder Kreislauf:
Aus alter Kleidung
recycelt Alina Bassi,
31, ein Material, aus
dem sich Mode
oder Möbel
fertigen lassen.
KLEIDERLY
GIB
STOFF!
Als Alina Bassi Verwandte im
afrikanischen Tansania besuchte,
fielen ihr Marktstände
auf, die gebrauchte Kleidung
aus Europa verkauften. „Werden
die das alles los?“, fragte
sich die in Berlin lebende
Britin. Sie begann zu recherchieren
und war geschockt:
87 Prozent unserer Kleidung
landet auf Müllhalden, ein
voller Lastwagen pro Sekunde,
wo sie wegen des hohen
Plastikanteils bis zu 200 Jahre
lang nicht verrottet, oder sie
wird verbrannt und verursacht
Unmengen CO 2 . Das kam der
Chemieingenieurin so sinnlos
vor, dass sie jahrelang an einer
Recylingmethode tüftelte.
Nun macht sie aus Altkleidern
ein plastikähnliches Material,
das sie als Rohstoff verkauft.
Daraus entsteht neue
Mode, aber auch Kleiderbügel
oder Möbel. Kreislauf statt
Vernichtung. Ihre 2018 gegründete
Firma Kleiderly hat
erst sieben MitarbeiterInnen,
aber die Industrie signalisiert
großes Interesse. Der Name
Kleiderly ist eine Hommage
an Deutschland, ihre neue
Heimat. Dass das sehr niedlich
klingt angesichts des
Problems, das die Firma löst,
erfuhr Bassi erst später. „So
gut war mein Deutsch nicht.“
kleiderly.com
MIT EINER PATENTIERTEN
METHODE VERWANDELN
SICH ALTKLEIDER IN EINEN
ROHSTOFF.
JONAS HOLTHAUS, FORSUPERHEROES.COM
42 INNOVATOR
FOR SUPER HEROES
AB JETZT
IMMER FLÜSSIG
Das kann man als Jung-Unternehmer
auch mal machen:
auf seine Eltern hören. Ursprünglich
wollten Friedrich
Klinger und seine Mitstreiter
eine Ernährungs-App starten.
„Aber wenn selbst die Eltern
nach zwei Wochen aufhören,
sie zu nutzen, ist das bezeichnend“,
erzählt er. Nach dem
Rückschlag fiel ihnen auf,
dass die Lebensmittel in ihren
Kühlschränken oft vergammelten,
weil sie nicht zum
Kochen kamen.
So entstand die Idee für
For Super Heros: Trinkmahlzeiten
für alle, die es eilig
haben, sich trotzdem gesund
ernähren und Ressourcen
schonen wollen. Sie bestehen
aus rein pflanzlichen Zutaten
wie Beeren, Nüssen oder Algen,
die nach saisonaler Ernte
gefriergetrocknet werden.
Das Pulver 30 Sekunden mit
Wasser aufgießen, umrühren
– fertig sind Smoothie
oder Shake. Bislang sind ihre
Mahlzeiten alle süß, bald
sollen herzhafte Varianten
folgen. „Eines Tages möchten
wir alle Fast-Food-Produkte
gesund herstellen“, so Klinger.
Klingt nach einer Aufgabe
für Superhelden.
forsuperheroes.com
Food-Revoluzzer (v. l.):
die drei Gründer von
For Super Heroes Friedrich
Klinger, 25, Fabio
Schasse de Araujo, 29,
Simon Breidert, 36
EPAP
WEG
MIT
DEM
WISCH
Bei der Wahl zum deutschesten
aller deutschen Worte
hat die „Belegausgabepflicht“
gute Siegchancen. Wie sehr
das nach Amtsstube und
Currywurstflecken auf Kurzarmhemden
klingt! Man kann
die 2020 eingeführte Belegausgabepflicht
aber auch als
Basis für ein Start-up nutzen,
indem man die gedruckten
Kassenzettel im Einzelhandel
durch eine digitale Spielart er
setzt. Man empfängt die Rechnung
auf der epap-App und
spart so bergeweise Papier.
Die Idee dazu kam Mit-
Gründer Sebastian Berger im
Auslandssemester. Den Ordnungsfan
machten insbesondere
die langen Kassenzettel
bei Ikea wahnsinnig. Das
musste doch schlauer gehen.
Drei andere Studenten dachten
das auch, und so entstand
das gemeinsame Start-up.
epap funktioniert schon
mit 18 der 20 großen Kassenhersteller
in Deutschland.
Die Integration erfolgt über
die Kassensoftware, die Anschaffung
oder Befestigung
eines Zusatzgeräts ist nicht
nötig. Händler, die epap einsetzen,
zahlen eine Gebühr,
für Kunden soll es bald kostenpflichtige
Zusatzangebote
geben – wie ein digitales
Haushaltsbuch. epap.app
Machen Kasse:
die epap-Gründer
Fabian Gruß, 27,
Sebastian Berger,
25, Gerd Trang, 28,
und Jannis Dust, 20
INNOVATOR 43
Athleten mit Vision: Laurent Petit, 33,
(l.) und Till Harnos, 34, kombinieren
Freizeitsport mit Umweltschutz.
ACTIVE GIVING
LAUFEND
PFLANZEN
Hat jemand die Handynummer
von Cristiano Ronaldo?
Dann bitte bei Laurent Petit
melden. „Es wäre mein Traum,
ihn für unseren guten Zweck
zu gewinnen, aber noch traue
ich mich nicht, jemand so
Berühmten zu fragen“, sagt
der 33-jährige Belgier. Beim
Berühmtwerden ist es wie
beim Laufen – kleine Schritte
führen zum Ziel.
Vor vier Jahren zog Petit
nach Berlin. Er trat einer Laufgruppe
bei und beschäftigte
sich mit dem Thema Umweltschutz.
So entstand die Idee,
den Communitygedanken der
Läufe mit Nachhaltigkeit zu
verbinden. „Meine Freunde
nutzten Fitness-Apps, die
kein höheres Ziel hatten, als
fit zu bleiben. Das wollte ich
ändern.“
Petit ging auf Betriebe zu:
„Ich sagte, ich habe 250 Leute,
die laufen wollen, wie
wäre es, wenn ihr für die
zurückgelegten Kilometer
Bäume pflanzt?“ Die Idee
kam an, zwei Mitgründer
stießen dazu. Seit Juni 2020
ist die App fertig, wer mit ihr
läuft, kann laufend Bäume
pflanzen – finanziert durch
Unternehmen, die in der App
Werbung schalten. Auch Radfahren,
Surfen, Yoga oder
Schwimmen zählen. Nach
sechs Monaten hatten 13.000
aktive User mehr als 160.000
Bäume gepflanzt. Das müsste
mal jemand Cristiano Ronaldo
erzählen. activegiving.de
FOREST GUM
KAU DICH
GLÜCKLICH
Manchmal lohnt es sich, in
Vorlesungen aufzupassen
(okay, fast immer). Thomas
Krämer, 40, jedenfalls hörte
gut zu, als sein Professor in
einem Seminar über Forstwirtschaft
über Chicle sprach,
einen Baumsaft, den man in
Zentralamerika schon vor
500 Jahren wie Kaugummis
kaute. Das, sagt Krämer, hat
sich leider geändert: „99 Prozent
der Leute wissen nicht,
dass wir bei heutigen Kaugummis
auf Plastik rumkauen,
hergestellt aus Erdöl. Denn die
Inhaltsstoffe werden maximal
verschleiert.“ Krämer wollte
es besser machen: „Niemand
hinters Licht führen, keine
Müllberge, fair produzieren.“
Knapp eine halbe Milliarde
Euro ist der Kaugummimarkt
in Deutschland groß, 80 Prozent
davon räumt der US-Konzern
Mars mit verschiedenen
Marken ab. Krämers Konkurrenz-Idee:
zurück zur Natur.
Er begann, selbst Kaugummi
zu kochen. Dass man Pfefferminze
sanft dosieren muss,
lernte er auf die harte Tour –
mit tränenden Augen und aufgerissenen
Fenstern. Er reiste
zu Chicle-Produzenten, gewann
deren Vertrauen. 2019
gründete er Forest Gum – zur
Herstellung von Kaugummi
aus nachhaltiger Forstwirt-
44 INNOVATOR
Beauty-Pionierin:
Jennifer Baum-Minkus,
36, will Nachhaltigkeit
in der Kosmetikbranche
vorantreiben.
PATRYCIA LUKAS/AL-PR.DE
Rock ’n’ Chew: Diese beiden
Herren sind nicht die
Gründer von Forest Gum,
verkörpern den disruptiven
Spirit des Start-ups
aber auf den Punkt.
schaft. Heute gibt es Forest
Gum in zwei Geschmacksrichtungen
(Minze und Beeren)
bereits bei großen Ketten wie
Rewe, Rossmann und Müller.
Dass Forrest Gump bestimmt
Forest Gum kauen
würde, war Thomas Krämer
bei der Namensfindung übrigens
gar nicht bewusst. An
den berühmten, fast gleichnamigen
Hollywood-Hit hatte
er überhaupt nicht gedacht.
forestgum.de
GITTI
GOOD
LACK
Manchmal ist die innere Stimme
der beste Karriere-Coach.
Etwa im Fall von Jennifer
Baum-Minkus. Als sie Anfang
2018 mit Freunden in einem
Berliner Lokal saß und die
Frage aufkam, was jeder tun
würde, wenn er keine Angst
hätte, schoss ihr – zur eigenen
Überraschung – „Glitzernagellack“
in den Kopf.
Es auszusprechen traute
sie sich nicht, doch gleich
nach ihrer Heimkehr morgens
um vier recherchierte sie und
konnte kaum fassen, wie viele
Schadstoffe gängige Produkte
beinhalten, die im Verdacht
stehen, Krebs und Unfruchtbarkeit
zu verursachen. Vom
CO 2 -Fußabdruck der Verpackungen
ganz zu schweigen.
Ihren Konzern-Job bei Coca-
Cola hatte sie – ebenfalls aus
dem Bauch heraus – ohnehin
gerade gekündigt, also machte
sie sich an die Arbeit. Eineinhalb
Jahre entwickelte sie mit
einem Labor eine Nagelfarbe,
die zu 55 Prozent auf Wasser
basiert. „Damit er sich genauso
gut auftragen lässt wie konventionelle
Produkte, müssen
die Farbpigmente im Wasser
stabil bleiben können“, erklärt
Baum-Minkus. Das chemische
Kunststück gelang, die
erste Kollektion ihres Labels
Gitti war 2019 binnen zwei
Wochen ausverkauft. Ohne
16 giftige Stoffe kommen
die Nagelfarben bereits aus,
100 Prozent Schadstofffreiheit
ist das Ziel. Über 20 Mitarbeiter
zählt das Team, zum Sortiment
zählen auch Handpflegeprodukte.
Derzeit arbeitet
Baum-Minkus an der ultimativ
nachhaltigen und dennoch
stylischen Verpackung. Ihrer
inneren Stimme gefällt das.
gitticonsciousbeauty.de
INNOVATOR 45
Höhenflug: Als Mit-
Gründerin eines
Space-Start-ups
schaffte es Kristina
Nikolaus, 26, in die
„30 under 30“-Liste
des US-Magazins
Forbes.
OKAPIORBITS.SPACE
ALL STARS
Ein Metallstück mit einem
Durchmesser von einem
Zentimeter wirkt nicht sehr
bedrohlich. Außer es rast
mit 28.000 km/h durch
die Gegend. Rund 900.000
Teilchen Elektroschrott wie
inaktive Satelliten, Raketenoberstufen
oder eben kleinste
Kollisions fragmente umkreisen
die Erde inzwischen.
Sie können Satelliten stören
oder zer stören. So sehen also
Abfallprobleme im All aus –
und erste Start-ups arbeiten
bereits an Lösungen.
Zum Beispiel okapiorbits.
space, hervorgegangen aus
der Technischen Universität
Braunschweig. Gegen Bezahlung
bietet das Forscher-Team
Kollisionswarnungen und
Empfehlungen für Ausweichmanöver
mit einer Sicherheit
von stolzen 99,999 Prozent.
Dafür wertet eine Künstliche
Intelligenz GPS-Daten von
Satelliten aus, Datenkataloge
und Observationsdaten.
„Im Low Earth Orbit zwischen
400 und 900 Kilometer
Höhe um die Erde ist super
viel los“, sagt Mit-Gründerin
Kristina Nikolaus. Kollisionen
sind selten, die kommerzielle
Raumfahrt dürfte das Risiko
aber erhöhen. Für noch mehr
Nachhaltigkeit im Erd-Orbit
könnten eines Tages Roboterarme
den Schrott einsammeln,
aber hier steht die Forschung
noch am Anfang.
okapiorbits.space
EINES TAGES KÖNNTEN IM
WELTALL ROBOTERARME DEN
SCHROTT EINSAMMELN.
46 INNOVATOR
SIRPLUS
ESSEN
RETTEN
RUEDIGER GLATZ, JULIAN GLAAB, MARKTHALLE NEUN/SIRPLUS GMBH
Drei Isländer in
Berlin (v. o.): die
Klang-Gründer
Oddur Snær Magnússon,
40, Mundi
Vondi, 34, und Ívar
Emilsson, 36
KLANG GAMES
NEUE WELT
Ívar Emilsson ist Experte für
Neuanfänge. Aufgewachsen in
Island, studierte er in Schottland,
arbeitete in Shanghai
und landete im Winter 2012
als Spieleentwickler in Berlin.
Sein erster Eindruck? „Grau,
morbid, furchtbar.“ Doch mit
dem Frühling erwachte seine
Liebe zur Stadt und er startete
mit zwei Co-Gründern
die Gaming-Schmiede Klang
Games. Seit 2017 entwickeln
sie „Seed“ – ein Spiel, das,
Überraschung!, von einem
Neuanfang handelt.
Überlebende einer Erdkatastrophe
gründen eine
Weltraum-Kolonie mit diversen
Ökosystemen und
Wetterkapriolen. Die Spieler
entwickeln eine eigene Gesellschaftsform
und müssen Wege
finden, mit den Ressourcen
umzugehen. Ein Versuchslabor,
eine Vision, „eine nischige
Nische“, so Emilsson. Aber
daraus entstehen ja oft die
größten Hits. 2022 soll „Seed“
als Beta-Version starten.
klang-games.com
Verkäufer mit
Botschaft:
Raphael Fellmer,
37, verhindert
Lebensmittelverschwendung.
Eine Weltreise ohne Geld, ein
Konsumstreik mit Frau und
zwei Kindern, ein Buch über
das Leben mit bewusstem
Verzicht: An Ideen mangelt
es Raphael Fellmer, 37, nicht,
um für sein Herzensthema zu
werben – den Kampf gegen die
Verschwendung von Lebensmitteln.
„Mit nur einem Viertel
unserer Nahrungsabfälle
könnten wir alle Hungernden
der Erde versorgen“, sagt er.
Allein in Deutschland
werden pro Jahr 18 Millionen
Tonnen Lebensmittel
verschwendet, das verursacht
vier Prozent der bundesweit
produzierten Treibhausgase.
„Manche Produkte landen nur
im Müll, weil etwa das Design
ihrer Verpackung veraltet ist
oder weil ihr Mindesthaltbarkeitsdatum
abzulaufen
droht“, sagt Fellmer, dabei
sei vieles sogar noch Jahre
später genießbar. Die von ihm
mitgegründete Bewegung
foodsharing.de vermittelt
nun aussortierte, aber noch
genießbare Lebensmittel
kostenlos weiter. Tausende Betriebe
spenden entsprechende
Produkte, über 100.000 Freiwillige
helfen.
Und weil trotzdem noch
Millionen Tonnen übrig
bleiben, gründete Fellmer
Sirplus, einen Supermarkt mit
Filialen in Berlin und einem
bundesweit liefernden Online-
Shop, in dem jeder die vorab
auf Qualität kontrollierten
Lebensmittel günstig kaufen
oder im Abo beziehen kann.
So kann wirklich jeder dabei
helfen, das von der Bundesregierung
ausgerufene Ziel
zu erreichen, bis 2030 die
Lebensmittelverschwendung
um 50 Prozent zu reduzieren.
sirplus.de
47
Klarer Fahrplan:
Seinen Weg als
Nachhaltigkeits-
Entrepreneur
plante Nico Rosberg
noch als
Formel-1-Pilot.
48 INNOVATOR
G R E E N I S S U E
ICH WAR BEI
FRIDAYS
Text Werner Jessner
Fotos Tom Ziora
FOR
FUTURE
Nico Rosberg, 35, ist der letzte Rennfahrer, der Lewis
Hamilton in der Formel-1-WM besiegen konnte. Danach trat
er zurück und vertritt jetzt als Unternehmer und Gründer
„ grüne“ Werte. Interview mit einem geläuterten Egoisten.
Tthe red bulletin inno vator:
Du bezeichnest dich als „Nachhaltigkeitsunternehmer“.
Was
genau verstehst du darunter?
nico rosberg: Das ist ein wertebasierter
Unternehmer. Jemand,
der nicht nur gewinnorientiert
denkt, sondern versucht, mit seinen
Investments positiv auf die
Gesellschaft oder auch auf die
Umwelt zu wirken.
Wie kam es dazu?
Dieses Versprechen habe ich mir
noch während meiner Formel-1-
Karriere gegeben: Nach der egogetriebenen
Phase würde eine
kommen, in der ich etwas fürs
große Ganze tue. Ich spürte, dass
etwas fehlte.
Man wacht eines Tages auf
und denkt plötzlich an die Allgemeinheit
statt nur an den
eigenen Erfolg?
Es ist ein Prozess, der schon während
meiner aktiven Karriere begann. Ich arbeitete
eng mit einem Psychologen zusammen,
und in der gemeinsamen Arbeit
wurde deutlich, wie viel Kraft man daraus
beziehen kann, wenn man Gutes tut und
an andere denkt. Heute weiß ich: Es fühlt
sich unglaublich toll an, etwas gegen den
Klimawandel zu unternehmen, und es
reißt meine gesamte Mannschaft mit.
Kann man sich als Rennfahrer, der
gegen Lewis Hamilton um die WM
kämpft, Altruismus überhaupt leisten?
Als Sportler musst du Egoist sein, um
Erfolg zu haben. Aber selbst da kann
man versuchen, eine gewisse Balance zu
finden. Man braucht die Rückendeckung
des Teams, der Fans. Ganz allein geht
gar nichts.
War auch schlechtes Gewissen dabei,
das dich vom Im-Kreis-Fahren zur
Nachhaltigkeit gebracht hat?
Ganz klar: nein. Ich bin stolz auf meine
Erfolge im Rennsport. Und man darf
nicht vergessen, wie viele Innovationen
in der Mobilität ihren Ursprung im Motorsport
haben. Sparsame, kompakte Turbomotoren,
Hybridantrieb, Leichtbau durch
Carbonfasern – all das hat in der Formel 1
begonnen.
Welche Idee steckt hinter der Rennserie
Extreme E?
In der Extreme E fahren wir mit Elektro-
Buggies Rennen in fünf Weltregionen, die
vom Klimawandel unmittelbar betroffen
sind. Im Amazonas, wo Wälder gerodet
werden, oder im Senegal, wo die Plastikverschmutzung
der Meere ein riesiges
Thema ist. Extreme E verbindet meine
zwei Leidenschaften: Nachhaltigkeit und
Rennsport. Wir sind ein wertebasiertes
Rennteam und somit hoffentlich eine Inspiration
für andere Sportmannschaften.
Sport hat eine unglaubliche Emotionalität,
und die sollte man für das große Ganze
nutzen: Gutes tun, die große Masse
auf den richtigen Weg leiten, Vorbild sein.
Was sind die Kernwerte, die Extreme E
vertritt?
Ein Beispiel: Wir garantieren, dass wir
die Orte, an denen wir unsere Rennen
fahren, in einem besseren Zustand verlassen,
als wir sie vorgefunden haben.
Aufmerksamkeit für den Klimawandel ist
das eine, aber die unmittelbare Aktion
vor Ort, die Unterstützung der Menschen
dort ist mindestens ebenso wichtig.
Ende 2020 waren wir in Spanien beim
Testen. Wir als Team haben das führende
Aufforstungsunternehmen des Landes
Stets im Bild:
Heute ist Nico
Rosberg auch
als Investor
der TV-Show
„Die Höhle der
Löwen“ bekannt.
50 INNOVATOR
„Das Potenzial,
Geld zu verdienen,
ist genauso
wichtig wie
das Potenzial,
Gutes zu tun.“
INNOVATOR 51
kontaktiert und eine Partnerschaft geschlossen.
Ein Deal mit der Rennstrecke
stellt sicher, dass ein Teil mit Bäumen bepflanzt
wird. Die ersten 100 haben wir eigenhändig
gesetzt. Ein kleiner Schritt, zugegeben,
aber er illustriert, wie wir denken.
Auffällig viele deiner Investments drehen
sich um Mobilität. Meinst du, man
sollte sich nur in Bereichen engagieren,
von denen man eine Ahnung hat?
Mobilität ist natürlich mein Zuhause. Hier
ist meine Leidenschaft, mein Netzwerk,
meine Glaubwürdigkeit. Und es wird im
nächsten Jahrzehnt ein riesiges Thema
bleiben: Energiewende, Elektromobilität,
vielleicht auch Wasserstoff. Von meinen
20 Investments sind drei auf dem Weg
zum Unicorn (Investoren-Fachbegriff für
Unternehmen mit einem Wert von über
einer Milliarde Dollar, Anm. d. Red.).
Alle drei haben mit Mobilität zu tun:
Formula E, Lilium (elektrisches Lufttaxi)
und Tier (E-Scooter-Sharing). Aber ich
blicke durchaus über den Tellerrand:
Der Food-Bereich interessiert mich sehr,
auch das aus innerer Überzeugung. Ich
bin Gesundheitsfanatiker.
Gibt es ein Lieblingsprojekt, das
unverhofft zum Erfolg wurde?
Der E-Scooter-Bereich mit Tier war so
eine Geschichte. Der Markt ist wahnsinnig
umkämpft, amerikanische Konzerne
pumpen da Milliarden rein. Anfangs gab
es keine Regulierungen in den Städten,
daher war das Risiko enorm. Vor kurzem
ist der japanische Riesenkonzern Softbank
bei uns eingestiegen, und zwar mit
250 Millionen Dollar. Tier ist weltweit
auf Platz 2 in seiner Branche und Marktführer
in Europa. Es ist schon irre, wie
das abgegangen ist in den letzten Jahren.
Und es zeigt die Kompetenz der Gründer,
in einem so umkämpften Markt so erfolgreich
zu sein.
Mit welcher Geschäftsidee, mit welchen
Qualitäten kann ein neues Projekt
Nico Rosberg als Investor gewinnen?
Die Geschäftsidee muss erstens funktionieren
und zweitens wertebasiert sein.
Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist genauso
wichtig wie das Potenzial, Gutes
zu tun. Darüber hinaus muss ich mit den
Gründern auf einer Wellenlänge sein.
Und sie dürfen nicht stur und von sich
selbst eingenommen sein. Jedes junge
Unternehmen wird sein Geschäftsmodell
mindestens einmal umbauen müssen, um
sich an das eigene Wachstum anzupassen.
Dafür braucht es Flexibilität. Dann interessiert
mich, welche Co-Investoren
bereits an Bord sind.
Siehst du dich denn als reinen
Investor?
Nein, ich bin auch selbst Gründer.
Das Greentech-Festival, eine
Messe für grüne Technologien,
stammt von mir, und auch hier
sind wir in kürzester Zeit zu einem
der führenden Festivals in
Europa geworden. Von Google-
CEO Sundar Pichai bis EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von
der Leyen sind echte Hochkaräter
bei uns aufgetreten.
Sind Solarparks und alternative
Antriebe inzwischen bereits
bessere Investments als Tabak
und Waffen?
Ja, absolut. Der Hype in der Investment-Branche
sind genau solche
Unternehmen. Und das ist so cool,
denn das wird die Energie wende
dramatisch beschleunigen! In
den nächsten fünf bis zehn Jahren
liegt die größte Rendite genau in
diesen Themenfeldern. Und letzten
Endes spielt hier auch „ Fridays
for Future“ rein.
Wie genau?
Ich kenne das aus meinem persönlichen
Umfeld: Die Kids eines
großen CEO kommen am Freitag
von der Demo nach Hause und
fragen: „Papa, welchen Beitrag
leistest du zur Klimawende? Du
hast doch alle Möglichkeiten! So
kann das nicht weitergehen!“ Und
prompt wird das in der Vorstandssitzung
in der Woche darauf zum
Top-Thema. Man darf die Power
der Kids nicht unterschätzen.
Die Kids würden schön schauen,
wenn plötzlich mit Nico
„Sport hat eine
unglaubliche
Emotionalität,
und die sollte man
für das grosse
Ganze nutzen.“
DATEN -
ABFRAGE
6
Alter, in dem
Nico Rosberg
erstmals in
einem Kart saß.
23
Siege fuhr
Rosberg in
der Formel 1 in
zehn Jahren ein.
910.000
Abonnenten
zählt Rosbergs
YouTube-Kanal.
35.000
Besucher kamen
2019 zur Premiere
seines Greentech-Festivals.
20
Mal investierte
Rosberg bereits
in verschiedene
Start-ups.
52 INNOVATOR
ein guter Indikator, wie weit wir auf dem
Weg bereits sind, wie akzeptiert E‐Mobilität
mittlerweile ist. Jetzt müssen wir
nur noch den allerletzten Petrolhead
überzeugen, nämlich Rallye-Weltmeister
Walter Röhrl. Aber das schaffen wir auch
noch. (Lacht.)
Was kann man Leuten raten, die nicht
sicher sind, ob E-Mobilität für sie das
Passende ist?
Sich mit dem Thema auseinanderzusetzen
und sich undogmatisch zu informieren.
Nicht jeder muss ein E-Auto
kaufen. In vielen Bereichen ist E-Mobilität
heute der konventionellen bereits
überlegen, aber es hängt immer von den
persönlichen Bedürfnissen ab. Im innerstädtischen
Bereich kann ein E-Auto bereits
heute über fünf Jahre gerechnet die
günstigste Variante sein.
GEPA PICTURES/RED BULL CONTENT POOL, TEAM NICO ROSBERG
Oben: Rosberg nach seinem
Formel-1-Sieg 2014 in Österreich.
Unten: Mit diesem
voll elektrischen SUV startet
Rosbergs Team aktuell
in der Rennserie Extreme E.
Rosberg, ein ehemaliger
Formel‐1‐ Weltmeister, bei
„Fridays for Future“ mitmarschieren
würde.
Hab ich doch schon gemacht! Das
war in Berlin, im Zuge meines
Greentech-Festivals. Ich gebe zu,
da war ich erst mal raus aus meiner
Komfortzone. Als dann ein
neunjähriger Junge neben mir auf
der Bühne stand, war es faszinierend,
zu spüren, mit welcher Leidenschaft
er bei der Sache war.
Das war Enthusiasmus wie in der
Formel 1! Ich versuche, mit meiner
Bekanntheit und meinem
Netzwerk einen Beitrag zu leisten,
dass diese Leidenschaft im
breiten Publikum rüberkommt.
Wie reagieren die Petrolheads
auf einen grünen Abtrünnigen?
Mein Vater (Keke Rosberg, F1-
Weltmeister 1982, Anm.) ist der
ultimative Petrolhead. Als ich
mich an der Formel E beteiligt
habe, hat er mir auf den Kopf
zugesagt, ich sei bescheuert. Inzwischen
stellt er sich für jedes
Rennen den Wecker, so ist er
reingekippt. Leute wie er sind
Was soll mit all den schönen alten
Porsches und Ferraris passieren, die
in den Garagen stehen?
Ich hoffe sehr, dass es nach wie vor einen
Platz dafür geben wird, Klassiker zu genießen.
Das ist unsere Historie, da kommen
wir her. Vielleicht gibt es einmal
einen synthetischen Kraftstoff, der Benzin
ersetzen kann. Ich finde, man muss
altes Kulturgut erhalten. Wir sollten immer
bessere Lösungen suchen, statt mit
Verboten zu agieren.
Besitzt du ein altes Auto?
Ja, einen Mercedes 300 SL Gullwing.
Daheim in Monaco bin ich im Alltag allerdings
meist mit Mobee (Sharing-Dienst,
Anm.) unterwegs, wo man kleine, elektrisch
betriebene Renault Twizy mieten
kann, die man auf Motorrad-Parkplätzen
abstellen darf.
Was kann die Mobilitätsbranche
vom Motorsport lernen?
Perfektion. Keine halben Lösungen.
Und die Investment-Welt?
Geschwindigkeit in den Entscheidungen.
Gerade auch in der Politik wird zu
viel geredet und zu wenig entschieden.
Im Sport läuft es so: Diskussion – Entscheidung.
Diskussion – Entscheidung.
Das ist eine Stärke, die ich aus dem
Sport ins Business mitbringe: Ich entscheide.
Diese lähmende Betulichkeit
gerade in großen Konzernen kann ich
gar nicht leiden.
INNOVATOR 53
Neue Perspektiven:
Auch mit
der Rennserie
Extreme E
engagiert sich
Rosberg für
Umweltschutz.
„Was die Investment-Welt
vom Motorsport lernen kann?
Geschwindigkeit
in den Entscheidungen.“
54 INNOVATOR
Warum bloß fällt mir jetzt dein ehemaliger
Teamchef Toto Wolff ein?
Toto ist ein tolles Beispiel für einen Manager,
der Entscheidungen trifft. Ein echter
Leader. Und er setzt sehr stark auf
das Empowerment seiner Mitarbeiter.
Er agiert nicht wie ein Diktator, sondern
gibt seinen Leuten Vertrauen und Verantwortung.
Jeder fühlt sich stark und mutig
– davon profitiert die gesamte Firma.
Empathie und Anerkennung vom Chef
sind ganz starke Triebfedern. Etwas, was
ich in meiner Firma ebenfalls vorzuleben
versuche.
Wie konkret?
Kleines Beispiel: Wir haben komplettes
Homeoffice eingeführt, und das wird
auch nach der Corona-Pandemie so bleiben.
Das erlaubt zum Beispiel meinen
deutschen Mitarbeitern, bei ihren Familien
leben zu können und nicht nach Monaco
oder Frankreich pendeln zu müssen.
Sie fühlen sich wohl, und das ist in der
Produktivität messbar.
Wie werden wir 2040 unterwegs sein?
Wir werden – jedenfalls in der westlichen
Welt – überwiegend komplett emissionsfrei
unterwegs sein, und zwar tatsächlich,
nicht nur rechnerisch mithilfe von Kompensationsmaßnahmen.
Darüber hinaus
wird es Mobilitätsketten geben. Wir werden
eine einzige Mobilitäts-App haben,
ein Von-A-nach-B-Abo, so wie Netflix.
Dieses Mobilitäts-Netflix wird mir die
Transportkette bereitstellen. Von Berlin
nach Hamburg? E-Scooter bis zum Zug,
in Hamburg steht die autonome Drohne
bereit für den Weg zum Zielort, der etwas
außerhalb der Stadt liegt. Am Abend fahre
ich mit Car-Sharing zum Grillabend mit
meinen Kumpels.
Was löst diese Vorstellung bei dir aus?
Ich freue mich drauf. Es wird uns allen
einen großen Mehrwert geben.
Diese Mobilitätskette führt – anders als
heute – konsequent von Tür zu Tür.
Exakt. Und genau hier muss man wach
sein als Autoland Deutschland: Die Power
des Geschäftsmodells liegt dann in der
App, in der Software. Die Hardware
Hersteller verlieren genau wie einst die
Handy-Industrie viel an Power. Deutsche
Autohersteller müssen saumäßig aufpassen,
dass es ihnen nicht so geht wie
seinerzeit Nokia. Ich möchte ihnen raten,
dieses Software-Thema nicht von den
Amerikanern oder Chinesen besetzen zu
lassen, sondern dringend eigene
Kompetenz aufzubauen.
Werden wir 2040 so viel unterwegs
sein wie in Zeiten vor
Covid-19?
Bis dahin wird es eine weitere Innovation
geben, auf die ich mich
sehr freue: Wir werden virtuelle
Konferenzen mit Hologrammen
haben. Die fehlende menschliche
Nähe bei Conference Calls werden
wir damit virtuell hinkriegen.
Aber wenn Reisen eines Tages
komplett emissionsfrei sein werden,
spricht auch nichts dagegen,
wieder unterwegs zu sein wie
früher. Es macht ja auch Spaß!
Wie wird man auf die heutige
Gegenwart zurückblicken?
Vielleicht so, wie wir heute auf
die Formel 1 der 1960er-Jahre
zurückschauen. Oder auf eine
Zeit, in der man ohne Sicherheitsgurte
unterwegs war. Wir
werden froh sein, dass die Wende
gekommen ist, und sagen, dass es
viel sinnvoller ist als damals.
Deine Töchter sind heute drei
und fünf Jahre alt. Werden
sie noch einen Führerschein
machen?
Ich vermute: die eine schon, die
andere nicht. Aber das liegt eher
an ihren unterschiedlichen Charakteren.
Die eine ist eher draufgängerisch
und mutig, die andere
eher vorsichtig und zurückhaltend.
Gut, vielleicht sind 50 Prozent
ja auch ein Indikator für die Geschwindigkeit
des Wandels.
Was wäre das Äquivalent zum
Weltmeister-Titel in deiner
Karriere als Nachhaltigkeitsunternehmer?
Die Größe des Impacts all meiner
Projekte. Wie viele Menschen ich
damit bewegt und inspiriert habe.
Wie viel ich dazu beigetragen
habe, etwas zum Besseren zu verändern.
Die Latte liegt mit einem
Formel-1-Titel natürlich hoch,
aber die gute Nachricht ist, dass
meine Karriere als Unternehmer
deutlich länger dauern wird als
die als Rennfahrer.
INNOVATOR 55
JETZT GEHT’S
RICHTIG RUND ... 700.000
Recycelte Autos, ewig haltbare Materialien,
innovative Jobs – die Kreislaufwirtschaft
hat ein großes Ziel: die Rettung unseres
Planeten. Diese Zahlen zeigen, wie diese
Vision Wirklichkeit werden kann.
Wie können wir Produkte entwickeln,
die keine Ressourcen
mehr verbrauchen? Wie dafür sorgen,
dass Materialien nie weggewor
fen, sondern immer wiederverwertet
werden? Und wie können
wir der Natur dabei helfen, sich von
jenen Schäden zu erholen, die wir
ihr durch hohen CO 2 -Verbrauch zugefügt
haben? Indem sie auf diese
Fragen Antworten finden, wollen
die Pioniere der Kreislaufwirtschaft
einen Weg aus der Klima krise finden.
Ein ehrgeiziges Ziel, aber
ein machbares. Wenn alle mit anpacken.
Die Zahlen nebenan zeigen,
welches Potenzial in den Ansätzen
steckt, welche Fortschritte
es heute schon gibt, was jeder tun
kann und warum die Kreislaufwirtschaft
nicht nur für den Planeten
eine gute Nachricht ist.
NEUE ARBEITSPLÄTZE
könnten in der Europäischen
Union auf dem Weg zur
Kreislaufwirtschaft bis 2030
geschaffen werden – etwa
in digitalen Feldern wie Internet
der Dinge, Big Data
oder Künstlicher Intelligenz.
70
MINUTEN
braucht es, um die besonders
langlebigen Jeans des Labels
Hiut Denim in Handarbeit zu
fertigen (statt der industrieüblichen
11 Minuten). Nutzen
sie sich ab, bietet der junge
Waliser Betrieb Reparaturen
und schont so Ressourcen
wie Wasser und Baumwolle.
Text David Mayer
24.000
LITER
Getränke kann ein Lkw transportieren,
wenn diese in
PET-Flaschen oder Alu-Dosen
abgefüllt sind, deren Material
wiederverwertet werden
kann. Weniger als die Hälfte
(11.000 l) ist mit Glasflaschen
möglich. Somit sind bei Variante
eins weniger Fahrten
nötig – was CO 2 einspart und
damit im Sinne des Effizienzgedankens
der Kreislaufwirtschaft
ist.
PROZENT
CO 2 -EMISSIONEN
kann die Kreislaufwirtschaft bis zum Jahr 2030 einsparen.
JOHANNES LANG
56 INNOVATOR
3000
EURO
mehr Haushaltseinkommen
pro Jahr könnte EU-Bürgern
2030 dank Kreislaufwirtschaft
zur Verfügung stehen – etwa
weil Produkte durch effizientere
Fertigung günstiger werden
und Menschen weniger
unproduktive Zeit in Staus
verbringen.
700
METER
unter der Erde deponiert das
Start-up Climeworks in Island
CO 2 , das es zuvor mit eigenen
Filtern aus der Luft geholt hat.
Weltweit stehen schon 14 solcher
Anlagen, und weitere
Gründer verfolgen ähnliche
Konzepte. Ganz nach der Idee
der Kreislaufwirtschaft: Lasst
uns die Natur mit Innovationen
aktiv heilen.
TONNEN
GOLD
befinden sich verbaut in ausgedienten Smartphones
in Deutschlands Schubladen. Wer die
Geräte verkauft oder recyceln lässt, hilft,
ihre Wertstoffe weiter sinnvoll einzusetzen.
PROZENT
DES ALUMINIUMS,
das je produziert wurde, sind immer noch in
Gebrauch, da es – ganz im Sinne der Kreislauf wirtschaft
– lange hält und fast endlos recycelt
werden kann. Übrigens: Die Recyclingrate für Alu-
Getränke dosen in Deutschland beträgt 99 Prozent.
25.000.000
TONNEN
Kunststofffasern werden
jährlich aus PET-Flaschen gewonnen,
aus denen die Textilindustrie
in der Folge Kleidung
herstellen kann. Aktuell
arbeiten Forscher daran,
die Qualität der recycelten
Fasern zu erhöhen.
30
PROZENT
eines in Europa gebauten
Renault bestehen aus
Recycling material. In einem
neuen Werk will der Autohersteller
künftig pro Jahr
10.000 alte E-Autos
zur Wiederverwertung
demontieren.
5TAGE
wächst das Pilzgeflecht heran,
aus dem das Start-up-Unternehmen
Ecovative styroporähnliche
Verpackungen
fertigt. Nach Gebrauch
können sie einfach kompostiert
werden und hinterlassen
so keinen Müll.
QUELLEN
Bund Getränkeverpackungen
der Zukunft, Ecovative, Renault,
Hiut Denim, Ellen MacArthur
Foundation, EU-Kommission,
Textil+Mode, Climeworks, NABU,
Sphera, HDE, European Aluminium,
Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung
STÜCK
PLASTIKTÜTEN
haben die Menschen in Deutschland 2019 im
Schnitt verbraucht. Das macht Mut: 2015 waren
es noch 68. Kreislaufwirtschaft will Materialien
wie herkömmliches Plastik vermeiden, weil ihre
Herstellung viel Energie verschlingt und sie
als Abfall Umweltprobleme verursachen.
INNOVATOR 57
Erde an Rakete
Noch keinen Föhn
– der kommt erst
etwas später zum
Einsatz – bedient
hier Suborbitals-
Mitarbeiter Peter
Scott. Dafür aber
eine Antenne,
die die Kommunikation
mit
der Rakete
ermöglicht.
58 INNOVATOR
MIT DEM
HAARFÖHN
INS ALL
TEXT: Reiner Kapeller
FOTOS: Robert Ormerod
Das Amateur-Raumfahrtprogramm
Copenhagen Suborbitals will bis 2030
eine bemannte Rakete ins All schicken –
ohne Geld und Hightech-Materialien, aber
mit unkonventionellen Ideen und einem Motto,
das kein Nein akzeptiert: Gib dich nicht mit
Ausreden zufrieden, sondern finde einen Weg.
INNOVATOR 59
KOPENHAGEN,
ZENTRALE
SCHWEDEN
OSTSEE
DÄNEMARK
E
BORNHOLM,
DÄNEMARK
SPACEPORT
NEXØ
ABSCHUSS-
BASIS
würde Wochen dauern. Die Männer
vor der Rakete sind Maschinisten
und Ingenieure des Amateur-Raumfahrtprogramms
Copenhagen Suborbitals.
In den vergangenen Wochen
haben sie die Nexø-II-Rakete für
einen Testlauf vorbereitet. Jetzt droht
er zu scheitern. Einer der Ingenieure
streicht sich nachdenklich über seinen
Dreitagebart: „Ich habe mal ein Kabel
in meinem Auto repariert. Das sah
genauso aus. Vielleicht funktioniert
es damit.“ Eine Stunde später kommt
er vom Schrottplatz zurück. In der
Hand hält er ein Bremskabel eines
Fiat-Ducato-Lieferwagens. Das Kabel
passt, die Ventile funktionieren. Die
Tests können wie geplant starten.
EIN SONNTAGVORMITTAG IM SOMMER 2018
AUF DER HALBINSEL REFSHALEØEN. Aus einer
Lagerhalle im Hafen der dänischen Hauptstadt
Kopenhagen tönt aufgeregtes Streitgespräch. Im
Inneren der Halle stehen groß gewachsene Männer
in ölverschmierten Blaumännern vor einer weißen,
knapp sieben Meter hohen Rakete mit oranger
Spitze. Auf der Rakete steht in großen schwarzen
Buchstaben „Nexø II“.
Eigentlich sollte die Rakete bereits die interne Freigabe
für die kommende Woche haben, doch jetzt hat
ein Spezialkabel den Geist aufgegeben. Die Wartezeit
für das neue Kabel beträgt eine Woche. Zu spät
für die bereits von der Stadt erteilte Raketentest-
Genehmigung. Das Fixieren eines neuen Termins
Für Mads Wilson erzählt diese Anekdote,
wie bei Copenhagen Suborbitals
gearbeitet wird: „Wir akzeptieren
keine Ausreden. Wir suchen einen
Weg, wie etwas doch funktionieren
kann. Das ist Teil unserer DNA.“
Mads ist Sprecher und Vorstandsmitglied
des 2008 gegründeten Vereins
Copenhagen Suborbitals. Sechs
unbemannte Raketen haben die gut
hundert Vereinsmitglieder bereits
gestartet. Meist funktionierte alles
nach Plan, etwa bei den Raketenstarts
der HEAT-1X (2011), Sapphire
(2013) oder Nexø II (2018). Manchmal
gab es Teilerfolge. Die Nexø I
(2016) lieferte Messdaten für ein
neues Raketenleitsystem, erreichte
aber nie die erhoffte Geschwindigkeit.
3, 2, 1 – Liftoff!
Die 9,38 Meter
hohe und
1630 Kilogramm
schwere HEAT-1X-
Rakete startete
am 3. Juni 2011
von der mobilen
Plattform Sputnik
in der Ostsee.
THOMAS PEDERSEN
60
1 FALLSCHIRM
Der gut 150 m 2
große Fallschirm
der Raumkapsel
Tycho Deep
Space hängt nun
im Suborbital-
Museum.
2 TRIEBWERK
Beim TM65-
Antrieb wurde
erstmals die
Treibstoff-Kombi
Ethanol und
Flüssigsauerstoff
eingesetzt.
3 RAUMKAPSEL
Die Tycho Deep
Space („Beautiful
Betty“) bietet
Platz für einen
Astronauten.
1
2
3
INNOVATOR 61
Einmal gab es eine Niederlage: 2014
ging der Antrieb der HEAT-2X-Rakete
bei einem Teststart in Flammen auf.
Mads Wilson: „Wir mussten zusehen,
wie zwei Jahre Arbeit verbrannten.
Aber fünf Minuten nach dem Feuer
sahen wir schon wieder nach vorn:
Okay, bauen wir halt noch eine.“
Mit den Erfahrungen von sechs Raketenstarts
gehen die Suborbitals jetzt
ihr größtes Projekt an. Mit der Spica-
Rakete möchten sie bis 2030 einen
Astronauten in einer Rakete auf
100 Kilometer Höhe bringen. Dort
markiert die Kármán-Linie den Beginn
des Weltraums. Auf die Erde
zurück soll es in einer Kapsel gehen,
die auf den letzten Kilometern vor
„DER STEUERCOMPUTER
DER RAKETE BERECHNETE
FRÜHER DIE KOSTEN
FÜR EXTRA MAYO.“
der Landung von einem Fallschirm
gebremst wird. Gelingt das Projekt,
wäre Dänemark nach Russland, den
USA und China die vierte Nation,
die einen Astronauten in einer selbst
gebauten Rakete ins Weltall schießt.
Die Teammitglieder von Copenhagen
Suborbitals kommen aus den unterschiedlichsten
Bereichen. Manche
haben einen professionellen Weltraum-Hintergrund.
Es gibt einen
Ex-NASA- und einen Ex-ESA-Angestellten.
Ein paar Mitarbeiter haben
Satelliten-Komponenten für Dänemarks
Technische Universität gebaut.
90 Prozent der Suborbitals besitzen
jedoch keine Weltraumerfahrung.
Unter ihnen finden sich Techniker,
Ingenieure, Programmierer und
PR-Leute. Auch ein Kindergartenpädagoge
und ein Physiotherapeut
gehören zum Team. Sie alle haben
ein Faible dafür, Dinge zu sammeln,
auseinander zunehmen und neu
zusammenzubauen. Oft sitzen sie
am Abend nach der Arbeit oder am
Wochenende in zwei insgesamt
tausend Quadratmeter großen und
bis oben hin mit Technikschrott und
Ersatz teilen vollgepackten Hallen.
„Alle arbeiten unbezahlt. Wir veranstalten
an zwei bis drei Tagen pro
Woche Open Workshops und halten
die Gruppen klein. Das macht uns
effi zient“, erklärt Mads.
In den Workshops werden Geräte
repariert, umfunktioniert oder für
den Gebrauch in einer Rakete optimiert,
zum Beispiel ein alter Haarföhn.
Im Inneren der Nexø-II-Rakete
sorgt die warme Luft aus dem Gerät
dafür, dass Schläuche bei Minusgraden
nicht einfrieren. Auch der
Steuercomputer der Rakete wurde
ursprünglich anders eingesetzt.
Einst berechnete er als Teil eines
Burger-King-Kassenterminals die
Kosten für extra Mayo. Verwendung
findet auch eine auf dem Schrottplatz
gefundene Radarkuppel. Sie
verstärkt das Signal des Wi-Fi-Funknetzwerks
auf dem Mission- Control-
Schiff. Damit die Suborbitals bei
einem Start niemanden gefährden,
heben ihre Raketen von einer Plattform
in der Ostsee ab. Den Countdown
starten sie aus sicherer Entfernung
vom Schiff. Manchmal
dienen alte Autos als Ersatzteillager.
Das Bremskabel aus dem Fiat-Ducato-
Kasten wagen ist ein Beispiel dafür.
Die Gaskartuschen, die in Airbags
verbaut werden, ebenso. Damit können
die Suborbitals bei der Landevorbereitung
den Fallschirm aus der
Rakete schießen. Es gibt zwei Gründe,
Sicherheitscheck
Jop Nijenhuis
fixiert die Spitze
der HEAT-2X-
Rakete, in der sich
der zusammengefaltete
Fallschirm
befindet.
62 INNOVATOR
„DIE SUBORBITALS
MÖCHTEN VER-
STEHEN, WIE DINGE
FUNKTIONIEREN.
DAFÜR MÜSSEN SIE
SIE ZUERST MAL
ZERLEGEN.“
warum sie Geräte auseinanderbauen
oder in Elektroschrott nach Ersatzteilen
suchen. Der erste hat mit der
Begeisterung für das Basteln zu tun;
die Suborbitals möchten verstehen,
wie Dinge funktionieren – dafür müssen
sie sie auseinandernehmen. Der
zweite Grund hat mit Geld zu tun.
Das Jahresbudget der NASA beträgt
22,6 Milliarden Dollar. Das der Weltraum-Dänen
100.000 Dollar. Copenhagen
Suborbitals bezahlt damit
Mieten für die Hallen, Material und
anfallende Reparaturen. Zur Verfügung
gestellt wird das Geld von einer
Crowdfunding-Community aus über
600 Personen. Jeder von ihnen überweist
monatlich 10 oder 20 Dollar
auf das Kopenhagener Vereinskonto.
Allein aus Budgetgründen gibt es für
die All-Amateure also Grenzen. Beim
Bau einer Rakete lassen sich diese
aber umgehen: „Es ist mir ein Rätsel,
wie die Falcon-9-Raketen von SpaceX
(Unternehmen von Elon Musk, Anm.)
mit Boostern selbständig landen
und somit wiederverwendet werden
können. Zum Glück machen wir das
nicht. Unsere Rakete muss zwei Dinge
können: in den Weltraum kommen
und ins Meer stürzen.“
Seine Überzeugung bringt Mads so
auf den Punkt: „Wir können bis 2030
mit der Spica-Rakete (benannt nach
einem Stern, Anm.) einen Menschen
ins Weltall bringen, weil Rocket Science
gar nicht immer Rocket Science
ist.“ Das Selbstvertrauen für solche
INNOVATOR 63
64 INNOVATOR
Grenzgänger
Der Niederländer
Jop Nijenhuis zog
der Suborbitals
wegen sogar nach
Kopen hagen. Hier
hält er einen Teil
der Verkleidung
der Nexø-I-Rakete.
Workshop
Viele Materialund
Maschinentests
finden
vor Ort statt. Im
blauen Container
im Hintergrund
ist das offizielle
Büro zu sehen.
1
2
Fallschirmtest
Viele Ideen werden
zuerst im
kleinen Maßstab
umgesetzt. Verlaufen
die Tests
wie erwartet, wird
ein großer Fallschirm
genäht.
Raketenbauer
Thomas Madsen
gehört zum Konstruktionsteam.
Der Ingenieur
entwirft und
designt Bauteile
mit dem 3D-
Programm.
SolidWorks.
1
VERKLEIDUNG
Um Gewicht zu
sparen, wurde
die Außenhülle
der HEAT-2X-
Rakete fast
komplett aus
Aluminium
gefertigt. Über
das Loch haben
die Inge nieure
Zugang zum
Raketenantrieb.
2
FLOSSEN
Anhand der
Z ahlen auf den
Raketen flossen
kann das Team
bei einem Start
mittels Video
feststellen, wie
schnell sich die
Rakete dreht.
INNOVATOR 65
„MIT DEM
FORTSCHRITT
DER TECHNIK IST
DER RAUMFLUG
SOGAR EINFACHER
GEWORDEN.“
Ansagen finden die Hobbybastler
in der Geschichte der Raumfahrt.
Fast alles, was in Kopenhagen
zusammengeschweißt wird, baut
auf der Arbeit der NASA und der
UdSSR der 1950er- und 1960er-
Jahre auf. Konzepte und Theorien
der „Space Race“-Periode sind
seit Jahrzehnten bekannt und
ausführlich beschrieben.
Mit dem Fortschreiten der Technik
ist die Raumfahrt sogar ein facher
geworden. Früher musste eine Raketenhülle
mit maximal 0,1 Millimeter
Toleranz gebaut werden. Das
heißt, das Metall musste an jedem
Punkt der Hülle praktisch gleich
dick sein. War es an einer Stelle
dicker oder dünner, verließ die
Rakete nach dem Start die vorberechnete
Flugbahn. Heute liegt die
Toleranz bei 1 Millimeter. Den zusätzlichen
Spielraum verdanken
die Suborbitals einem Computer-Leitsystem,
das selbständig Korrekturen
vornimmt. Herz dieses
Systems ist ein Arduino-Computer,
den es um 100 Euro im Elektrofachgeschäft
zu kaufen gibt. Wissens-
und Technologiefortschritte
haben den Bau einer Rakete erleichtert
und demokratisiert. Trotzdem
bleibt er eine Wissenschaft.
Wie sehr Details entscheiden,
erfuhren die Suborbitals 2016
beim Liftoff der Nexø-I-Rakete.
Die Rakete entfaltete nie ihre
volle Leistung und schlug nach
kurzem Flug im Wasser auf. Der
Grund: Das Mischverhältnis des
Treibstoffs war nicht perfekt. Suborbital-Raketen
fliegen mit einer
66 INNOVATOR
INFO
So kannst du Copenhagen
Suborbitals
unterstützen.
CROWDFUNDING
Damit die Spica-
Rakete 2030 abheben
kann, ist finanzielle
Unter stützung von
Weltraum-Fans
weltweit erforderlich.
So geht’s:
MACH 2
Bereits mit 10 Dollar
monatlich können die
Suborbitals Bauteile
erstehen. „Mach 2“-
Förderer erhalten
Zugang zu allen
öffentlichen Tests.
MACH 3
Für 20 Dollar pro
Monat steht dein
Name zusätzlich
auf jeder Rakete,
die gestartet wird.
Alle Infos: copenhagen
suborbitals.com
Rocket Man
Mads Wilson vertritt
Copen hagen
Suborbitals
nach außen.
Er ist Sprecher,
TED- Keynote-
Speaker und
Vorstandsmitglied
des Vereins.
Mischung aus 75-prozentigem
Alkohol und Flüssigsauerstoff.
Alkohol ist einfach. Man gibt ihn
in ein Gefäß und weiß, wie viel
drinnen ist. Flüssigsauerstoff ist
heikel. Bei –183 °C ist er flüssig.
Wird er wärmer, beginnt er sofort
zu verdampfen. Das kann gefährlich
werden. In gasförmigem Zustand
braucht Flüssig sauerstoff
860-mal mehr Platz. Damit das
Gas entweichen kann, muss bei
der Befüllung einer Rakete der
Tank ständig belüftet werden.
Weil das Betanken einer Rakete so
komplex ist, wird es erst kurz vor
dem Start gemacht. Man befüllt
den Tank, kühlt den Flüssigsauerstoff,
so gut es geht, schließt das
Ventil und drückt den Startknopf.
Es brauchte drei Versuche, bis die
Ingenieure genau sagen konnten,
wie viel Flüssigsauerstoff gerade
im Tank war.
Zuerst wollten sie die exakte
Menge Flüssigsauerstoff mit einer
Gewichtsmessung berechnen.
„Wir haben unsere Rakete mit
und ohne Treibstoff gewogen.“
An Land hat das funktioniert. Die
Suborbitals starteten ihre Raketen
aber von einer schwimmenden
Plattform. Es klappte nicht.
Dann haben sie in der Mitte des
Tanks einen Stab eingebaut. Alle
fünf Zentimeter wurde darauf
ein Sensor angebracht, der die
Temperatur misst. Damit lässt
sich die aktuelle Menge an Flüssigsauerstoff
berechnen. Die Daten
waren aber nicht genau genug.
Mit ihrem dritten Versuch kopierten
die Suborbitals einen Füllstandssensor
der NASA. Aber
anstatt ihn um 8000 Dollar zu
kaufen, packte das den Ehrgeiz
der Bastler. Also nahmen sie den
alten Flüssigsauerstofftank eines
Spitals unter die Lupe. „Wir zerlegten
ihn und bauten ein kleineres
Gerät, das in den Tank passte.“
Dass jede Sackgasse einen Ausweg
hat, hilft nicht nur den
Weltraum-Dänen. Von ihrem
Mindset profitieren Menschen
weltweit. Mehr als 300 YouTube-
Videos über die Grundsätze von
Physik und Maschinenbau haben
die Suborbitals online gestellt.
„WAS WIR
HIER TUN, IST
GRÖSSER ALS
JEDER EINZELNE
VON UNS.“
Sie halten Universitätskurse im
Raketenbau. Ein Start-up holte
sich jüngst Design- und Test-
Know-how. Und EUROC, Europas
ein ziger Raketen-Wettbewerb,
nahm Suborbitals-Mitglied Jacob
Skov Larsen in die Jury.
„Wir wollen mit unserer Arbeit
Menschen weltweit inspirieren“,
sagt Mads, „und sie ermuntern,
Dinge zu tun, die unmöglich
erscheinen. Wir wollen sagen:
Mach es! Und du wirst staunen,
was mit Leidenschaft alles möglich
wird.“
Seit 2008 verfolgen die Hobbyingenieure
und Weltraum-Fans
aus Kopenhagen unbeirrbar ihren
Traum vom suborbitalen Flug.
Einmal langsamer, einmal schneller,
aber immer mit derselben
unbeirrbaren Überzeugung. Tatsächlich
haben sie einen großen
Teil des Weges bereits zurückgelegt.
Jetzt beginnt der letzte
und schwierigste Teil. Dass sie
es schaffen können, steht für
die Suborbitals außer Frage. Alle
glauben hier fest daran. Für sie
ist es nicht eine Frage der Einstellung.
Für sie ist es maximal
eine Frage der Zeit.
INNOVATOR 67
SCHLAFEN
SMARTES LICHT, TIEFSCHLAF- CHALLENGES,
SCHLAFPHASEN-ANALYSE: HIGHTECH-
GADGETS SOLLEN UNSERE NACHTRUHE
OPTIMIEREN. UNSER AUTOR HAT
AM EIGENEN LEIB ÜBERPRÜFT, OB SIE
IHR VERSPRECHEN HALTEN, UND FRAGT
FORSCHER, WIE WIR UNS ÜBERMORGEN
GUTE NACHT SAGEN WERDEN.
FÜR
68 INNOVATOR
Text:
Tobias Moorstedt
FORTGESCHRITTENE
ALAMY
INNOVATOR 69
Schlaf war lange ein Geheimnis. Fast so, als würde der
menschliche Geist die Kränkung, dass er ein Drittel
seines Lebens quasi ausgeschaltet ist, damit zurückzahlen,
das Phänomen hartnäckig zu ignorieren. Erst
seit Erfindung des EEG (Elektroenzephalogramm)
und bildgebender Verfahren wie etwa MRT (Magnet-
Das Ding auf meinem Nachttisch
sieht aus wie eine Requisite aus
einem Science-Fiction-Film: ein
weißes Oval, unter dessen glänzender
Oberfläche kryptische
Symbole orange schimmern. Eine
Lampe? Ein Lautsprecher? Ein
Wecker? Irgendwie alles. Und
mehr. Fünfzehn Minuten nachdem
ich das Smart-Sleep-Gerät
auf meinen Nachttisch gestellt
und eingeschaltet habe, bin ich auch
schon eingeschlafen. Weg. Wow. Allerdings
war ich halt echt hundemüde.
Schlaf gut! Gute Nacht! Träum schön!
Gibt es freundlichere, friedlichere Aufforderungen
in der deutschen Sprache?
Aber wenn ich abends gegen 22 Uhr
meiner Frau einen Gute-Nacht-Kuss gebe,
haben diese Sätze oft einen fast ängstlichen
Unterton: Schlaf gut. Mach’s gut.
Hoffentlich wird’s nicht so schlimm.
Denn: Unser Baby und die dreijährige
Tochter leben nach dem Rock-’n’-Roll-
Motto „Schlafen kann ich, wenn ich tot
bin“. Schlafentzug gilt nach der Genfer
Konvention als Folter. Gerade weil ich
weiß, wie zerschmettert man sich nach
einer kurzen Nacht mit vielen Unterbrechungen
fühlt, will ich die wenigen
Stunden Schlaf, die uns bleiben, maximal
effizient zur Erholung nutzen – und
teste deshalb ein paar Wochen lang neue
aktuelle Schlaf-Apps und -Gadgets. Meine
Erwartungen sind hoch. „Fühlen Sie
sich ausgeruhter und fitter“, wirbt Philips
für seine Schlaf-Technologien. Wäre das
nicht schön?
In unserem Gästezimmer richten wir ein
temporäres Schlaflabor ein. Im ersten
Schritt muss ich erst einmal eine Menge
Apps auf dem Smartphone installieren,
Nutzerkonten einrichten und AGBs
ab nicken. Das Basis-Set-up: eine Sensor-
Matte von Withings, die ich unter die
Matratze lege, um meine Schlafdauer
und -qualität zu messen. Die anfangs
bereits erwähnte intelligente Lautsprecher
lampe von Philips, die mittels
Lichtstimmung und Geräuschen das
E inschlafen und Aufwachen managen
soll. Dazu noch eine Suunto-Smart-
watch, die meine Schrittzahl und Körperdaten wie Puls
und Blutdruck misst. Natürlich werden all diese Geräte
mit WLAN, Apple Health und meiner Lauf-App Strava
verbunden. Macht doch mit meinen Daten, was ihr
wollt, ich muss ins Bett.
80 Prozent der erwerbstätigen Menschen in Deutschland
schlafen schlecht – seit 2010 ist der Anteil der 35-
bis 65-Jährigen, die von Schlafstörungen betroffen sind,
um 66 Prozent gestiegen. Die WHO rät, dass Erwachsene
regelmäßig sieben Stunden pro Nacht ruhen sollen –
und bezeichnet den verbreiteten Schlafmangel als „globale
Gesundheitskrise“. Wer zu wenig schläft, hat eine
geringere Lebenserwartung und Lebenszufriedenheit –
und eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für folgende
Schicksalsschläge: Herzinfarkt, Autounfall, Diabetes,
Scheidung, Depression, Krebs und Demenz. Diese
Fakten sind bekannt, aber weil das Problem – „Wann
soll ich schlafen? Ich hab so viel zu tun!“ – so enorm erscheint
wie der Plastikmüllkontinent im Pazifik oder der
Klimawandel, machen wir weiter wie bisher, schlagen
morgens die Augen auf, spüren die bleierne Müdigkeit
in Knochen und Geist und denken für einen Moment,
dass das mit dem Sterben vielleicht doch nicht ganz so
schlimm ist. Kein Wunder, dass Schlafforscher wie
Matthew Walker, Neuropsychiater an der kalifornischen
Universität Berkeley und Autor des Bestsellers „Why We
Sleep“, versuchen, die Menschen aus ihrer Sorglosigkeit
aufzurütteln. „Wer zu wenig schläft, betreibt eine Art
Selbst-Euthanasie“, schreibt er und fügt trocken hinzu:
„Männer, die weniger als sechs Stunden schlafen, haben
kleinere Hoden und das Testosteronlevel eines zehn
Jahre älteren Mannes.“ Vielleicht denkt der Professor ja,
er könne die Wahnsinnigen auf die Art aufwecken?
Auch ich gehe regelmäßig viel zu spät ins Bett. Weil die
To-do-Liste nie leer ist – oder eher: weil ich die seltene
Ruhe und Leere in den späten Stunden des Tages genieße.
Nun aber gehe ich brav um 22.30 Uhr in unser
„Schlaflabor“, die Bedingungen sind laut Health Mate-
App optimal: 18 Grad Celsius, geringe Luftfeuchtigkeit.
Und auch mein Smartphone habe ich in den Schrank
verbannt, weil das blaue Licht des LED-Bildschirms die
Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin unterdrückt.
Ich starte die Lautsprecher-Lampe, die mich in 30 Minuten
in den Schlaf begleiten soll. Man kann zwischen
Regen-Geräuschen, Blätterrascheln und Ozeanwellen
wählen. Das Licht, das das Science-Fiction-Oval aussendet,
ist samtig warm und wird langsam schwächer wie
ein natürlicher Sonnenuntergang (Menüpunkt „ Tropical
Island“). Den Moment, in dem meine künstliche Sonne
ins Meer eintaucht, erlebe ich schon nicht mehr. Die
Nacht jedoch ist unruhig, ich wache dreimal auf. Um
6.15 Uhr ist das Baby wach. Die Health Mate-App zeigt,
dass ich nur zwei kurze Tiefschlafphasen hatte, und
spuckt einen Score von 62 von 100 aus. Dunkelorange.
Ich denke: Herzinfarkt. Demenz. Kleine Hoden. Hilfe!
70 INNOVATOR
1
2
3
4
BOSE, MYDODOW, SUUNOTO, MUSE, WITHINGS, PHILIPPS
5
6
SCHLUMMER- TECH
Zumal Gadgets schon unsere
(Sport-)Aktivitäten tracken
und verbessern, ist nun auch
der Schlaf dran. Eine Auswahl
aktueller Technik, teilweise
getestet von unserem Autor:
(1) Traumflüsterer: Relax-Töne
und Noise-Masking-Funktion
der Kopfhörer helfen beim
Ein- und Durchschlafen. Bose
Sleepbuds II, 269,95 Euro;
bose.com
(2) Atemcoach: Wirft blaues
Licht an die Decke, an dessen
Bewegung der Nutzer seinen
Atem anpasst und sich so
in den optimalen Einschlafzustand
begibt. 49,90 Euro;
mydodow.com
(3) Aufzeichner: Die High-
End-Smartwatch misst neben
verschiedenen Sport arten
auch Schlafdauer und Schlafqualität.
Suunto 9, 499 Euro;
suunto.com
(4) Kopfsache: Trackt Gehirnwellen,
ermöglicht es, Stress
zu steuern – für effektiveres
Meditieren und Schlafen.
Muse 2, 269 Euro;
choosemuse.com
(5) Unterlage: Sensoren unter
der Matratze werten Atmung,
Herzfrequenz und Bewegung
aus – und das Ganze mündet
in Schlaftipps. Withings
Sleep Analyzer, 129,95 Euro;
withings.com
(6) Erleuchtung: pulsierendes
Licht zum Einschlafen, simulierter
Sonnenaufgang zum
Aufwachen. Philips Sleep &
Wake-up Light, 269,99 Euro;
philips.de
INNOVATOR 71
Der Schlaf,
hier meisterhaft
von Bernini
(1598–1680) in
Stein gemeißelt,
galt lange als
Zei chen der Faulheit.
Zu Unrecht.
J
resonanztomografie) können Forscher in den Kopf hineinschauen
– und zwischen verschiedenen Schlafphasen
wie dem REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), in dem
man träumt, oder dem Delta-Schlaf, der besonders tief
und wichtig ist, unterscheiden. Schlaf, erklärt Matthew
Walker, ist der „bislang beste Versuch von Mutter Natur,
den Tod abzuwehren“. Im Schlaf ruhen Körper und
Geist nicht nur, sondern werden aktiv reorganisiert –
als würde man eine Software über das System jagen, die
Viren killt, den Körper-Cache leert und Junk-Files löscht.
eden Tag bekomme ich Push-Nachrichten von
meinen digitalen Schlaf-Coaches, die sich nicht
nur für mein Nachtleben interessieren. „An einem
gesunden Tag macht man 10.000 Schritte“, mahnt
die App. Wenn der Bewegungsradius zwischen
Home, Home-Kita und Home-Office auf 50 bis
100 Quadratmeter schrumpft, ist das gar nicht
so einfach: Die Updates machen mir jedoch gute
Laune. Bis ich sehe, dass meine Frau, mit der ich mich
im Schlaflabor abwechsle, einen Score von 92 hat –
fünf Stunden Tiefschlaf! Keine Unterbrechung. Sofort
sinkt meine Bereitschaft, nach der Arbeit den Müll rauszubringen.
Mach du das doch, du hast ja so gut geschlafen!
Kurz denke ich darüber nach, ob ich eine Privatsphären-Richtlinie
verletze, wenn ich derart über ihren
Schlaf informiert werde. Aber: Mein Ehrgeiz ist geweckt.
Ich schlafe mich noch in den grünen Bereich!
Schlaf muss man nicht lernen. Eigentlich. Schlaf ist ganz
natürlich. Eigentlich. Aber natürlich ist nichts, was der
Mensch macht, wirklich natürlich. Die innere Uhr, die
Tiere und Pflanzen leitet, wird durch unseren freien Willen
und die Einflüsse der Kultur permanent umgestellt
und verdreht. Durch die Bändigung des Feuers, die Erfindung
von Öllampen und später künstlichem Licht wurde
die Schlafphase immer weiter nach hinten verschoben.
Während die Bauern im 19. Jahrhundert im Rhythmus
von Tag und Nacht lebten, konnte man ab der Industrialisierung
in den erleuchteten Fabrikhallen zu jeder Stunde
ICH BRAUCHE NUR VIER
BIS SECHS STUNDEN
SCHLAF. „ DAS IST
HUMBUG“, SO EXPERTEN.
arbeiten. Kein Wunder, dass Schlaf bald
mit Faulheit und Unproduktivität asso ziiert
wurde. Donald Trump rühmt sich
gern, dass er nur vier bis sechs Stunden
Schlaf bräuchte – Schlafmangel war lange
Statussymbol für Leistungsfähigkeit.
Die Forschung hat all das als Humbug
enttarnt. „Lange dachte man, dass Schlaf
dem Gedächtnis nur deshalb hilft, weil
man keine neuen Informationen aufnimmt“,
sagt Professor Jan Born, Neurowissenschaftler
an der Universität Tübingen
und der renommierteste Schlafforscher
im deutschsprachigen Raum.
Heute weiß man, dass im Schlaf neu aufgenommene
Daten auf neuronaler Ebene
bearbeitet und ins Langzeitgedächtnis
verschoben werden. „Und das ist nicht
nur Copy & Paste“, sagt Born. „Es wird
der Kern der Erinnerung gespeichert –
während Details vergessen werden. Wir
beginnen erst, das genau zu verstehen.“
ALAMY
72 INNOVATOR
Und diese Funktion des Schlafs kann
man nutzen. Wenn er eine wichtige Rede
halten muss, liest Born sich das Skript
vor dem Einschlafen laut vor.
Nach zwei Wochen des Schlaf-Experiments
fühle ich mich nicht un bedingt
ausgeschlafen, aber gut, weil ich meine
Müdigkeit nicht hinnehme, sondern
versuche, durch minimalinvasives Biohacking
mein Leben (und meine Lebenserwartung)
zu verbessern. Auf den ersten
Blick sind Hightech und guter Schlaf
zwar ein Widerspruch. „The future of
sleep is a return to the past“ – die
Zukunft des Schlafens liegt in einer Rückkehr
in die Vergangenheit, schreibt auch
Matthew Walker. Der Mensch müsse
wieder lernen, wie ein Tier zu schlafen –
einfach regelmäßig und ausreichend die
Augen schließen, im Einklang mit der
inneren Uhr. Schlaf-Papst Walker sagt:
„Eine Möglichkeit, eine gesunde neue
Gewohnheit dauerhaft zu leben, ist die
Auseinandersetzung mit den eigenen
Daten.“ Selbst wenn man so die Schlafmenge
nur um 15 Minuten pro Tag
erhöhe, mache dies einen signi fikanten
Unterschied über die gesamte Lebensspanne
aus und würde Billionen von
Dollar in der Weltwirtschaft ein sparen,
schreibt er in „Why We Sleep“.
D
ie Zukunft des Schlafs kann man
schon heute im Weltraum bewundern.
Die Astronauten der International
Space Station (ISS) litten
lange unter Schlaflosigkeit, weil sie
alle 90 Minuten um die Erde rasen
und so in 24 Stunden 16 Son nenauf-
und -untergänge erleben. Die
NASA installierte deshalb spezielle Lampen
in der Raumstation, die die sich verändernde
Lichtstimmung eines Erdentages
simulieren. Diese Technologie kostete
die NASA bestimmt Unsummen – aber
weil es bald erschwingliche Geräte geben
wird, die den Schlaf und den zirkadianen
Rhythmus einer Person aufzeichnen, kann
man diese mit Smart-Home-Lösungen
verbinden. Schlafforscher träumen von
einem Haus, in dem alle Bildschirme und
Leuchtmittel über den Biorhythmus des
Bewohners informiert sind – und, je näher
die Schlafenszeit rückt, das blaue
Licht durch rotes, warmes Licht ersetzen.
Das Smart Home kommuniziert direkt
mit unserem vegetativen Nervensystem.
Wir alle werden Terranauten in unserer
maßgeschneiderten Raum-Station sein.
Die größten Fortschritte für den Schlaf
werden allerdings nicht im Weltraum
und Hightech-Laboren erreicht, sondern
IN DER NACHT SICKERN
NEUE DATEN INS
LANGZEITGEDÄCHTNIS.
auf der Schulbank. „Wir unterrichten Kinder und Jugendliche
in Sexualität und Ernährung“, sagt Jan Born,
Schlaf hingegen tauche in den Lehr büchern kaum auf.
Zwar könne jeder Einzelne auf sein Verhalten achten,
aber am Ende seien Veränderungen auf der gesellschaftlichen
Ebene nötig. Es sei ja absurd, wenn man den Kindern
in der Schule erklärt, dass es Menschen gibt, die
eher Frühaufsteher (Lerchen) oder eher Nachtmenschen
(Eulen) sind – und der Schulgong trotzdem für
alle um 8 Uhr läutet. Warum also nicht: Unterricht zwischen
10 und 16 Uhr? Gleitzeit in der Schule? Individualisierte
Stundenpläne? Eine ähnliche Flexibilität müsste
genauso auf dem Arbeitsmarkt ent stehen. Vielleicht
ist die aktuelle Homeoffice-Erfahrung ein guter Impuls.
In einer Kernzeit zwischen 12 und 15 Uhr finden die
meisten (Video-)Konferenzen statt – ansonsten organisieren
sich alle die Arbeit nach ihren Bedürfnissen.
Vor ein paar Jahren hätte ich mit einem Sleep Score von
69 noch im Büro angeben können: Guckt, was für ein
harter Workaholic ich bin! Durch den Achtsamkeitstrend
ändert sich das. Der US-Gesundheitskonzern Aetna
etwa zahlt Mitarbeitern eine Prämie, wenn sie mehr
als 20 Nächte am Stück mehr als 7 Stunden schlafen –
maximal 500 Dollar. Auch Matthew Walker denkt über
ein „sleep credit system“ nach, in dem Unter nehmen vernünftiges
Schlafmanagement durch Boni oder zusätzliche
Urlaubstage belohnen könnten. Dazu müsste man
seinen Sleep Score allerdings mit dem Arbeitgeber teilen
oder mit der Krankenkasse – datenschutztechnisch
eine gruselige Vorstellung. Aus medi zinischer Sicht aber
interessant, um Schlafstörungen mit therapeutischen
Apps und Schulungen zu bekämpfen. Meine Schlaf-App
bietet bereits die Funktion an, meine Daten mit meinem
Arzt zu teilen. Wir leben in der Gegenwart der Zukunft.
In der vierten Woche erreiche ich einen Score im grünen
Bereich. 92. Obwohl ich nur 7 Stunden und 3 Minuten
in Morpheus’ Armen war. Weil ich regelmäßig ins Bett
gehe, weniger Alkohol trinke und das Smartphone in
der letzten wachen Stunde nicht mehr anfasse. „Was
könnten wir noch machen?“, frage ich Professor Born.
„Eine aktuelle Innovation“, erklärt er, „sind Sensoren-
Bänder, die man sich um den Kopf legt und die die langsamen
EEG-Wellen des Tiefschlafs messen. Damit kann
man dann, präzise auf diese langsamen Wellen getaktet,
das Gehirn stimulieren, um gezielt den Schlaf zu vertiefen.“
So könne man bald Menschen mit Schlafstörungen
besser helfen als mit Medikamenten. Eine Zukunft, in
der wir alle verkabelt und mit Metallbändern um den
Kopf im Bett liegen, sieht Born trotzdem nicht. „Die Daten
sind alle gut und schön“, sagt er, „aber wer zu viel
Kontrolle ausüben will, bleibt wach. Wir müssen lernen,
uns fallen zu lassen.“ Das wäre wirklich ein Traum.
INNOVATOR 73
WIE WIR MORGEN FAHREN
WERDEN: REVOLUTIONÄRE
KONZEPTE UND NACHHALTIGE
LÖSUNGEN, ALTERNATIVE
ANTRIEBE UND SPANNENDE
NORMALITÄT. SELTEN WAR
DIE ZUKUNFT DER MOBILITÄT
SO AUFREGEND WIE JETZT.
EINSTEIGEN ,
BITTE!
HERSTELLER
74 INNOVATOR
Wasserstoff extrem:
Der von einer Brennstoffzelle
angetriebene Hyperion XP-1
ist 355 km/h schnell
und hat 1600 km Reichweite.
INNOVATOR 75
MORGEN
MERCEDES
VISION AVTR
Der Name deutet
darauf hin, dass diese
fahrbare Studie im
kommenden „Avatar“-Film
auftauchen könnte.
Statt mit Lenkrad und
Pedalen steuert man über
eine zentrale Kommandoeinheit.
Funktionen
aus dem ehemaligen
Armaturenbrett werden
als Icons auf die
Hand fläche projiziert.
TREND
SCHNELLER
LADEN
Vorbei die Zeiten, als man
E-Auto-Fahrer an den Ladestationen
Zeit totschlagen sah.
Dank 800-Volt-Technologie
wird man künftig eher in Minuten
statt Stunden rechnen.
HERSTELLER
76 INNOVATOR
HEUTE
FORD
MUSTANG
MACH-E
Heck- oder Allradantrieb,
198 bis
258 PS, Reichweite
je nach Modell
von 400 bis 610 km:
Fords erster
E-Schuss sitzt.
Batterietechnisch?
Da ist die 198-PS-
Version schon nach
10 Minuten Ladezeit
für die nächsten
100 Kilometer
bereit. Über diese
Daten hinaus glänzt
das Auto mit dem
Pferd als Logo mit
so smarten Details
wie einem zweiten
Kofferraum vorn und
einem mit 39 cm
Bildschirm diagonale
rekordverdächtig
großen Touchscreen.
Als Schlüssel wird
das Smartphone des
Besitzers verwendet:
Über Bluetooth
erkennt der Mustang
seinen Reiter und
entriegelt die Türen.
Gestartet wird
per Knopf.
HEUTE
BMW
IX3
Die Alltagstauglichkeit
eines E-Autos
steht und fällt mit
Ladegeschwindigkeit
und Reichweite.
Der Akku des neuen
iX3 hat eine um
20 Prozent gesteigerte
Energiedichte
gegenüber den bislang
verwendeten
Modellen, man kann
ihn also kleiner und
leichter bauen.
Die Reichweite
beträgt trotzdem
alltagstaugliche
460 km. Die Hochvolt-Batterie
ist
in 34 Minuten zu
80 Prozent voll, in
schlanken 10 Minuten
sind 100 km
Reichweite nachgeladen.
Leistung:
286 PS, die Höchstgeschwindigkeit
ist auf 180 km/h
beschränkt.
INNOVATOR 77
MORGEN
HYPERION
XP-1
Das kalifornische Start-up
verpackt Wasserstoff-
Technologie in ein Hypersportler-Kleid.
1031 kg,
schnell lad- und entladbare
Superkondensatoren
statt einer Batterie, Carbon,
Titan. 2022 soll die
Produktion beginnen.
TREND
BRENNSTOFFZELLE
An Bord wird Wasserstoff in
elek trische Energie umgewandelt,
der Rest funktioniert
wie bei heutigen E-Autos –
allerdings ohne große und
schwere Batterie, was die Fahrleistungen
auf ein neues Level
hebt. Und aus dem Auspuff
kommt statt CO 2 Wasserdampf.
HERSTELLER
78 INNOVATOR
GESTERN
MERCEDES
GLC F-CELL
Und schon wieder
vorbei: Nach 3000
gebauten Exemplaren
lief jüngst die
Produktion des einzigen
europäischen
Serien-Pkw mit
Brennstoffzelle
aus. War bloß die
Reichweite mit
rund 300 km zu
knapp ausgelegt?
Das Netz an
Wasser stoff-
Tankstellen zu
gering, um einen
globalen Hit zu
landen? Oder haben
die Akkus einen
so großen Schritt
nach vorn gemacht,
dass konventionelle
E-Autos der komplizierten
Brennstoffzelle
den Garaus
gemacht haben?
Vermutlich war es
eine Kombination
aller drei Faktoren.
HEUTE
HYUNDAI
NEXO
Im Unterboden und
unter der Rückbank
sind drei Tanks mit
einer Wandstärke
von 4,5 cm verbaut,
in die der Wasserstoff
mit 700 Bar (!)
strömt. Das dauert
nicht länger, als
würde man Erdgas
tanken. Sind die
Tanks voll, kommt
der 163 PS starke
Hyundai 666 km
weit – das ist
deutlich mehr als
die meisten konventionellen
E-SUV
dieser Klasse. Da
die Brennstoffzelle
extrem saubere
Luft braucht, werden
Mikro partikel
durch einen Hochleistungsfilter
aufgefangen. Die
Außenluft ist
danach also reiner
als zuvor!
INNOVATOR 79
HEUTE
VW
ID.4
Sieht man den
kleineren ID.3 als
E-Golf, ist der ID.4
das Pendant zum
SUV Tiguan. Mit
204 PS und einer
Reichweite von
522 km lässt sich
im Alltag problemlos
auskommen.
Der Fahrer entscheidet,
ob das
Auto frei rollen soll,
wenn er vom Gas
geht, oder doch
lieber abbremsen
und Energie zurückgewinnen.
Kluges
Detail bei den
Assistenz systemen:
Sie greifen auch
auf Navi-Daten zurück,
reduzieren so
vor Ortsgebieten,
Kreisverkehren
oder Kreuzungen
selbständig vorab
die Geschwindigkeit
und sparen
Strom.
HEUTE
ŜKODA
ENYAQ IV
Die Tschechen
waren schon immer
die Meister von
schlauen Details.
Man denke nur an
den integrierten
Regenschirm in
der Fahrertür. Wie
legt man das in die
digitale Welt um?
Zwei Beispiele:
Die Innenraumtemperatur
lässt
sich fernbedient
übers Smartphone
steuern. Heiß, kalt?
Wohltemperiert!
Oder: Ein Tür-Alarm
erkennt, wenn Sie
aussteigen wollen,
während ein Radfahrer
daherkommt,
und warnt. Das
erste E-SUV von
Škoda ist ein enger
Verwandter des
VW ID.4, maximal
204 PS stark
und kommt bis
zu 510 km weit.
80 INNOVATOR
MORGEN
RENAULT
EZ- GO
Die Studie kommt ohne
konventionelles Cockpit aus
und bietet sechs Personen
Platz, die bequem über
eine Front-Tür einsteigen –
dank Rampe barrierefrei.
Der E-Antrieb steckt in
der Bodenplatte. Einsatzbereich:
selbstfahrendes
Shuttle in Ballungszentren.
TREND
AUTOMATISIERTES
FAHREN
Selbstfahrende Autos sind
ein alter Traum der Techniker.
Schritt für Schritt hat man in
den letzten Jahren Erfahrungen
mit Steuer- und Kontrollsystemen
gewonnen. Auf dem
fünfstufigen Fahrplan zum
voll autonomen Fahren kommen
dieser Tage die ersten Modelle
mit Stufe 3. Hier lenken,
bremsen und beschleunigen
Autos erstmals für einen
definierten Zeitraum ganz
selbständig. Der Fahrer muss
nur eingreifen, wenn das
System ein Problem erkennt.
HERSTELLER
INNOVATOR 81
I N N O V A T O R
W I S S E N
9 REGELN,
DIE DU
IGNORIEREN
SOLLTEST …
… UND DREI REGELN, AUF DIE ES WIRKLICH ANKOMMT:
START-UP-MYTHEN IM REALITY-CHECK VON
NETFLIX-STAR SOPHIA AMORUSO.
SOPHIA AMORUSO, 36
Gründerin, Coach,
Unternehmensberaterin
Aufgezeichnet von
Arek Piatek
„Als Start-up musst du deinen Job kündigen“,
„Du musst getrieben sein“,
„Hör nur auf den Bauch, nicht auf den Kopf“. –
„Alles Unsinn“, sagt Sophia Amoruso,
Gründerin des Mode labels „Vintage Gal“,
deren außergewöhnliche Erfolgsstory sogar als
Netflix-Serie verfilmt wurde. Hier verrät uns
die US-Top-Entre preneurin die größten
Start-up-Irrtümer – und welche Regeln
wirklich wichtig sind.
GETTY IMAGES
82 INNOVATOR
MYTHOS
Du musst für deine
Idee brennen – und
sie stur umsetzen.
Unsinn. Für deine Idee solltest du
nicht brennen. Damit behinderst
du dich selbst und hörst automatisch
auf keine gut gemeinten
Vorschläge mehr – von Experten,
die sich auskennen. Und die dir
sehr wohl sagen könnten, dass
deine Idee die eine oder andere
Kursänderung braucht, um in der
realen Welt wirklich zu funktionieren.
Also: Zuzuhören und deine
Idee zu hinterfragen ist smarter,
als stur mit dem Kopf durch
die Wand zu gehen. Deshalb: Sei
leidenschaftlich und brenne für
das, was du tust, aber brenne niemals
für eine fixe Idee!
MYTHOS
Nur neue Ideen
führen zum Erfolg.
Auch das ist Unsinn! Ich bin
das beste Beispiel dafür. Als ich
anfing, Klamotten auf eBay zu
verkaufen, war die Konkurrenz
nicht nur längst da, sie war auch
riesengroß. Der Trick bei der
Sache ist nur: Du musst dich von
den anderen abheben, dich markant
unterscheiden. Das geht auf
viele Arten: mit dem Produkt, das
du verkaufst, wie du es verkaufst
– oder mit dem Image, das du
verkörperst. Als ich mein damals
neues Modelabel „Nasty Gal“ (böses
Mädchen, Anm.) nannte, war
das sicher kein Fehler – weil der
Name provoziert. Und Aufmerksamkeit
erregt. Und das ist die
halbe Miete im Business: Kunden
auf dich aufmerksam zu machen.
MYTHOS
Jage Investoren
und erzähle
von deiner Idee.
Nein. Ein Investor – selbst wenn
er dir Gehör schenkt – wird sich
von einer bloßen Idee kaum beeindrucken
lassen. Das ist nun
mal so. Würdest du an seiner
Stelle wahrscheinlich auch nicht.
Was einen Investor hingegen beeindruckt?
Deine Erfolge! Also:
Zu einem Investor zu gehen zahlt
sich aus – doch nur, wenn du als
Business(wo)man etwas Handfestes
vorzuweisen hast. Dann
hört er zu und wird auch was
von deiner Idee erfahren wollen.
„HALTE DEINE
IDEE NICHT
GEHEIM.
POSAUNE SIE
RUHIG IN DIE
WELT HINAUS.
DAS FEEDBACK
ANDERER
IST IMMENS
WICHTIG.“
MYTHOS
Erzähle niemandem
von deiner Idee
– sonst stiehlt
man sie dir.
Das ist eine wirklich unbegründete
Angst. Es mag jetzt ernüchternd
sein, aber erstens: Deine
in deinen Augen so tolle Idee ist
vermutlich nicht so toll, wie du
glaubst. Allein aus dem Grund
wäre es wichtig, mit anderen
darüber zu reden – um schon im
Vorfeld gewarnt zu werden oder
deine Idee neu zu definieren.
Und zweitens, selbst wenn es so
wäre: Niemand klaut so schnell
deine Idee, patentiert sie – und
wird zum Millionär. Ich selbst
habe immer – und mache es heute
noch – Ratschläge und Tipps
von anderen eingeholt. Immer.
Das ist wertvoll und bringt dich
viel weiter, als allein an deinem
eigenen Projekt zu brüten. Denn
du siehst nicht, was andere Leute
sehen – und du weißt nicht, was
andere wissen. Also: Posaune
dein Vorhaben ruhig in die Welt
hinaus und warte, was zurückkommt.
Das Feedback von anderen
– auch von Fremden – ist
immens wichtig.
INNOVATOR 83
MYTHOS
Bauchgefühl ist
im Business
wichtiger als Logik.
Nein! Denn: Beides ist gleich
wichtig. Der Punkt ist nur:
Bauchgefühl ist immens wichtig
am Beginn deiner Karriere. Quasi
vor deinem richtigen Start. Es ist
ein guter Ratgeber für das, was
du wirklich machen willst – und
wofür dein Herz schlägt. Doch
später, wenn Ausgaben, Einnahmen
und Verluste ins Spiel
kommen, zählen nur mehr Zahlen
und Hard Facts – und der
blanke Hausverstand. Wenn dann
deine Logik sagt: Finger weg von
diesem Business-Model – dann
halt dich daran und lass es. Egal,
was dein Bauchgefühl sagt.
MYTHOS
Wenn du ein Unternehmen
gründen
willst, kündige
deinen Job.
Nein! Das ist nicht smart. Das
sollten nur Leute, die entweder
Kohle ohne Ende haben – oder
erst zwanzig sind und noch
nichts zu verlieren haben. Allen
anderen rate ich: zweigleisig
fahren. Ich weiß aus Erfahrung:
Viele erfolgreiche Gründer
begannen ihre zweite Karriere
mit einem „Side Hustle“, also
einem Neben geschäft zu ihrer
Arbeit. Das hat jede Menge Vorteile
und hält das Risiko, auf
die Schnauze zu fallen, gering.
Konkret: Man kann sich langsam
und ohne Druck an ein Business
herantasten. Mein Tipp daher:
Kündige nicht deinen Job, aber
reserviere regelmäßig Zeit für
deinen Side Hustle. Sei bereit,
privat Überstunden zu machen,
aber gehe Dinge langsam an.
Recherchiere, probiere aus,
arbeite … ganz ohne Druck.
Denn wer unter Druck ist,
macht Fehler. Und überhaupt:
Man muss ja nicht gleich über
Nacht die Welt erobern, oder?
MYTHOS
Ungeduld ist
ein guter Antrieb
für Gründer
Wenn mit Ungeduld ein hoher
Adrenalinpegel gemeint ist, dann
yes! Ich selbst war in meiner Karriere
ungeduldig und getrieben.
Das ist positiv und pusht dich.
Aber nur solange du selber damit
klarkommst. Deshalb Vorsicht:
Wenn du deine Ungeduld auf
deine Partner überträgst, kann
das rasch in die Hose gehen.
Denn nicht jeder arbeitet auf die
gleiche Art … und manche Menschen
könnten durch deine Ungeduld
rasch gehemmt werden.
„WAS ALS
BOSS WIRK
LICH ZÄHLT,
IST, DIE STÄR
KEN DEINER
LEUTE ZU
FÖRDERN.“
BUSINESS-GIRL-POWER
Sophia Amoruso ist eine Entrepreneurin aus San Diego, USA.
In ihrem Buch „#Girlboss“ schildert sie ihre außergewöhnliche
Erfolgsstory, wie sie ihren Vintage-Mode-Versand („Nasty
Gal“) zu einem Millionen-Unternehmen machte. „#Girlboss“
wurde inzwischen auch als Serie verfilmt – und ist unter
diesem Titel auf Netflix zu sehen. 2020 war Sophia Keynote
Speaker am Global Workshop von Red Bull Basement.
sophiaamoruso.com
84 INNOVATOR
BUCHTIPPS
Pflichtlektüre für angehende Gründer
„Das 4-Stunden-
Startup“
Wie setze ich meine Idee professionell
um? Smarte Tipps für Berufstätige,
die „nebenher“ gründen wollen.
„Werde, was du kannst“
Das Buch ermutigt, vor allem die
eigenen Fähigkeiten zu nutzen,
um Ideen unternehmerisch erfolgreich
umzusetzen – mit 21 wahren
Success- Storys als Inspiration.
„GRIT“
Nicht IQ und Talent, sondern Leidenschaft
und Ausdauer entscheiden
über Erfolg, sagt Psychologin Angela
Duckworth. Und belegt dies mit Beispielen
aus der realen (Business-)Welt.
MYTHOS
Die Basis von
gutem Teamwork
ist: Einigkeit.
Nein. Wenn im Team ständig
Einigkeit herrscht, dann stimmt
was nicht! Einigkeit ist Stillstand.
Ein guter Output basiert immer
auf Meinungsvielfalt, heftigen
Diskussionen, gern auch Streitereien
in der Gruppe. Letzten
Endes fördert das die Qualität
dessen, was du tust. Und das ist
verdammt wichtig: dass am Ende
ein gesunder Kompromiss herausschaut.
Ich sage immer:
Wirklich gute Qualität ist ohne
Konflikte nicht möglich.
MYTHOS
Als Boss hast du
immer das letzte
Wort im Team.
Wenn du deine Leute unterdrücken,
schlechte Stimmung
in der Gruppe machen oder die
Stärken der Teammitglieder
beschneiden willst, dann ja. Im
Ernst: Es ist in der heutigen Zeit
nicht mehr smart, ein Team wie
ein Diktator anzuführen. Was
wirklich zählt, ist, die Stärken
deiner Leute maximal zu fördern,
sie einzubinden, wo es nur geht
– und auch entscheiden zu lassen,
wenn du der Meinung bist,
sie wissen es besser. Denn sie
wissen es manchmal besser. Sich
dies einzugestehen ist als Boss
eine Stärke. Und bringt allen nur
Vorteile.
„SCHEITERN
IST WICHTIG,
DENN MAN
LERNT NUR
AUS DEM
SCHEITERN.
AUS ERFOLGEN
LERNST DU
GAR NICHTS.“
INNOVATOR 85
WAS ZÄHLT:
3 REGELN
ZUM ERFOLG
1. Scheitern ist
normal. Nur musst
du jedes Mal
besser scheitern.
100 Prozent Zustimmung! Die
Menschen denken oft, dass Scheitern
etwas ist, was nur ihnen zustößt.
Dabei ist es wichtig, sich
aufs Scheitern einzulassen und
dafür bereit zu sein. Es ist für
viele eine neue Art, die Welt zu
sehen, aber es ist wirklich so,
und das ist kein Klischee: Nichts
bringt dich weiter als Niederlagen
und die Learnings daraus! Denn
aus Erfolgen lernst du gar nichts.
2. Netzwerke, wo
du nur kannst!
Ja, ja, ja! Und nochmals ja. Und
noch etwas: Netzwerken bedeutet
überall netzwerken. Nicht nur
bei Start-up-Events, Festivals und
dergleichen. Sondern im Fitnesscenter,
beim Einkaufen oder auf
der Straße … überall. Ich hatte
an den ungewöhnlichsten Orten
die wichtigsten Begegnungen
meiner Karriere. Ein Gespräch,
ein Tipp, ein Handshake, eine
Telefonnummer … Du weißt
nie, wo du eine Bekanntschaft
machst, die sich später als
Sprungbrett herausstellen wird.
3. Prüfe deine
Business-Idee
im Vorfeld
gründlich!
Stimmt 100-prozentig! Das
ist die Regel Nummer eins.
Nichts ist wichtiger als eine
profunde Vorab-Recherche
deines angedachten Business-
Models. Stöbere also zunächst
gründlich im Netz. Ist deine
Idee völlig neu oder gibt es
schon Leute, die das machen?
Wenn ja, wie machen sie es?
Tauche ein in ihre Welt. Stelle
dir vor, du bist ihr Kunde. Was
gefällt dir an ihrem Angebot?
Was gefällt dir nicht? Was fehlt
deiner Meinung nach? Wenn
du die Chance hättest, das
Unternehmen zu führen, was
würdest du anders machen?
Solche Gedanken sind wichtiger,
als du glaubst. Denn sie
schärfen mit der Zeit deinen
Blick auf das, was wichtig ist:
dein eigenes Business-Model.
SERIENTIPPS
Von genialen Geistern und Business-Rebellen –
hier sind 3 Netflix-Serien mit hohem Inspirationsfaktor
„Inside Bill’s Brain –
Decoding Bill Gates“
Ein Einblick in die Psyche des
Microsoft-Gründers. Von Davis Guggenheim
(„An Inconvenient Truth“).
„The Mind, Explained“
Wie tickt unsere Psyche? Wie können
wir mithilfe unseres Verstandes besser
leben – und besser performen?
Diese Doku liefert Antworten.
„Girlboss“
Angelehnt an die Sophia-Amoruso-
Erfolgsstory. Die Serie begleitet eine
junge Rebellin bei der Gründung ihres
Online-Geschäfts. Extrem kurzweilig!
NETFLIX
86 INNOVATOR
WIR LAUFEN FÜR ALLE,
DIE ES NICHT KÖNNEN.
9. MAI 2021 – 13 UHR
JETZT APP LADEN UND ÜBERALL MITLAUFEN
100 % DER STARTGELDER FLIESSEN IN DIE RÜCKENMARKSFORSCHUNG
LAUF MIT:
WINGSFORLIFEWORLDRUN.COM
DAS JAHRESABO
10 The Red Bulletin-Ausgaben
+2 Innovator-Specials
FÜR NUR € 21,90
getredbulletin.com
INNOVATOR
GUIDE
Konferenzen, Messen,
Festivals: Diese
Innovations-Events
planen ein Comeback //
Red Bull Basement:
Studenten, die die Welt
verändern //
Fashion: Diese Jacke
wärmt per App //
Kolumne: Überraschende
Folgen von
Nachhaltigkeit //
Tech -Highlight: Das Labor
am Ende der Welt //
INNOVATOR 89
DO IT
BOCK AUF INNOVATION?
Dann bist du hier richtig, Wir präsentieren eine Auswahl
der spannendsten Events 2021 in Deutschland. Die finden statt –
je nach Lage – in echt und/oder digital.
Talk um das Phänomen TikTok:
Moderatorin Jennifer Sarah
Boone im Gespräch mit TikTok-
Star Onkel Banjou (r.) und Agentur-Gründer
Adil Sbai.
7und 8. September
dmexco
Wie kann ich Menschen über digitale Kanäle so begeistern,
dass sie für meine Sache brennen? Um diese Frage
dreht sich diese internationale Marketing-Konferenz
zwei Tage lang. Von Machine Learning über Audio-Content
bis zu TikTok-Influencern: Renommierte Speaker –
zuletzt etwa Facebooks Werbe-Chef David Fischer, SAP-
Marketing-Leiterin Alicia Tillman und Alexander Birken,
der CEO der Otto Group – erzählen, auf welche Strategien
und Technologien sie aktuell setzen und was jeder,
der digital Menschen erreichen will, davon lernen kann.
2021 soll die dmexco nun in hybrider Form ablaufen –
vor Ort in den Kölner Messehallen und gleichzeitig als
Online-Event für Zuschauer auf der ganzen Welt.
Koelnmesse; dmexco.com
KOELNMESSE GMBH/MAX HAMPEL, ALEX FETTICH
90 INNOVATOR
SAVE THE DATE
2September
Growth Marketing
Summit
Ob als Familienbetrieb oder Großkonzern:
Wer in der digitalen Welt
wachsen will, muss seine Kunden
möglichst genau kennen. Auf dieser
Konferenz erklären Experten,
wie etwa Daten dabei helfen können,
jedem Nutzer maßgeschneiderte
Angebote zu machen und das
Geschäft auf diese Art auszubauen.
Unter den Rednern in diesem Jahr:
Verhaltensökonom und Bestseller-
Autor Dan Ariely sowie Spotify-
Wachstums-Chef Simon Dahla.
Alte Oper, Frankfurt am Main;
growthmarketingsummit.com
Gefragter Speaker:
Ruppert Bodmeier,
CEO der Plattform
Disrooptive
16
bis 17. September
Impact Festival
Wenn wir den Planeten schützen wollen,
müssen wir miteinander kooperieren: Aus
dieser Überzeugung heraus will das Impact
Festival potenzielle Weltverbesserer miteinander
vernetzen – etwa junge Start-ups
mit innovativen Konzepten mit Investoren,
die ihren Ideen die nötige Durchschlagskraft
verleihen können; oder mit Konzernen,
die nach Konzepten für ihre eigene nachhaltige
Zukunft suchen.
Frankfurt/Offenbach; impact-festival.earth
6
Mai
German Start-up
Awards
Hinter jedem Start-up stecken Helden, die ihr
ganzes Herzblut in eine Idee stecken: Dieses
Event will herausragenden Gründern eine Bühne
bieten und ihren Einsatz würdigen. Nach der
Nominierungsphase im vergangenen Jahr entscheidet
eine Jury über die Gewinner 2021.
Zu den Juroren zählen etwa Ina Remmers, Mit-
Gründerin von nebenan.de, und Ecosia-Gründer
Christian Kroll.
Tipi am Kanzleramt, Berlin; germanstartupawards.de
bis 28. Mai
FitTech Summit
Vorbei die Zeiten, in denen es Fitness
nur im Fitnessstudio gab: Die in diesem
Jahr rein digitale Konferenz Fit-
Tech Summit ergründet, wie das Thema
unseren Alltag bewegt – sei es
durch neue Smartwatches und andere
Wearables oder durch innovatives
Training vor dem Bildschirm. Und natürlich
spielen auch die Studios eine
Rolle. Etwa wenn es darum geht, wie
ihre Betreiber Technologien nutzen
können, um Kunden zu begeistern.
25München; fittechsummit.com
INNOVATOR 91
DO IT SAVE THE DATE
3
bis 7. September
IFA
Von Gaming über Heimkino bis zur
smarten Wohnzimmer-Beleuchtung:
Auf der Internationalen
Funkausstellung in Berlin präsentieren
Hersteller aus der ganzen
Welt ihre Innovationen. Eine einzigartige
Gelegenheit, mit eigenen
Augen zu sehen (und oft auch auszuprobieren),
wie die Zukunft in
unseren eigenen vier Wänden bald
aussehen könnte. Berliner
Messe gelände; ifa-berlin.com
Nachhaltiger Wandel:
Sustainability-Expertin
Nicole de Paula vernetzt
Frauen, die sich für Um-
30
weltfragen einsetzen.
Juni bis 2. Juli
Pirate Summit
Star-Investor Frank Thelen ist Fan, unter
Europas Start-ups ist die Konferenz
längst kein Geheimtipp mehr: Auf dem
Pirate Summit treffen Jung-Gründer
auf Möglichmacher wie eben Investoren
und Manager. Wichtigste Bedingung
für eine Einladung: Du willst nicht
nur reden, sondern bedeutende Probleme
unserer Zeit wirklich anpacken.
Köln; piratesummit.com
21
bis
22. Juni
Global Female Leaders
Lange wurde nur darüber gesprochen, nun kommt die Entwicklung
endlich ins Rollen: Immer mehr Frauen übernehmen Führungsrollen
in Start-ups und Konzernen – und bereichern diese mit neuen
Sichtweisen und Ansätzen. Wie genau diese aussehen und wie sich
Frauen weiterhin gegenseitig unterstützen können, darum geht es
auf der Konferenz „Global Female Leaders“ in Berlin. Zwei Tage
lang berichten internationale Expertinnen und Top-Führungskräfte
über ihre Erfolgsstorys und wichtige Lektionen – darunter Taiwans
Digital-Ministerin Audrey Tang, Google-Designerin Sara Ortloff
oder Tech-Unternehmerin und Bestseller-Autorin Aya Jaff (zuletzt
zu Gast in unserem Podcast „INNOVATOR Sessions“).
Hotel Adlon Kempinski Berlin; globalfemaleleaders.com
MESSE BERLIN GMBH, DAN TAYLOR/PIRATE SUMMMIT
92 INNOVATOR
DO IT RED BULL BASEMENT
Die Red Bull Basement-
Hosts Daniel Cronin und
Caroline de Moraes „überreichen“
dem Team Lava
die Siegertrophäe.
Lava Aqua X
SUPER SMART
WÄSCHE WASCHEN
Red Bull Basement
DER TURBO FÜR
GUTE EINFÄLLE
Die Sieger des Red Bull Basement
Global Workshop 2020 Joanna Power
und Paramveer Bhachu erfanden
eine Waschmaschine, die Wäsche
mit recyceltem Duschwasser und
noch dazu stromsparend reinigt.
PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, MARK ROE/RED BULL CONTENT POOL GÜNTHER KRALICEK
Du bist Student und hast eine
Idee, die die Welt zu einem
besseren Ort macht? Dann
bist du hier goldrichtig.
Neue Ideen gesucht! Seit 2018
gibt die Plattform Bull Basement
Studenten weltweit
die Chance, Lösungen zu
Problemen zu präsentieren.
3800 Teilnehmer waren es bei der
Challenge im Vorjahr. Durch Public
Voting und einer Jury wurden
die vielversprechendsten 38 Ideengeber
ausgewählt und zum Red
Bull Global Workshop – der im
Dezember ausnahmsweise virtuell
über die Bühne ging – eingeladen.
Joanna Power und Paramveer
Bhachu, zwei junge Pioniere aus
London, machten schließlich das
Rennen. Sie haben eine Waschmaschine
entwickelt, die Wäsche
mit recyceltem Duschwasser säubert,
und dabei weniger Wasser
verbraucht und das in nur einem
Drittel der gewöhnlichen Zeit (siehe
Infokasten rechts). Den Erfolg
beim Red Bull Basement Global
Workshop nützt das Duo nun als
Startrampe, um die Erfindung so
rasch wie möglich auf den Markt
zu bringen.
Hier kannst du einreichen
Nach dem Wettbewerb ist vor
dem Wettbewerb: 2021 geht Red
Bull Basement in die nächste
Runde. Wenn also auch du eine
Idee hast, die unbedingt verwirklich
werden sollte, dann bereite
sie bis Herbst diesen Jahres vor.
Die genauen Termine und Infos
findest du unter
redbullbasement.com
Nachhaltig
Das Wasser wird am Boden der
Dusche gesammelt, gefiltert und
für den nächsten Waschgang der
„Lava Aqua X“ wiederverwendet.
Praktisch
Die transportable Waschmaschine
hat Platz in jeder Studentenbude.
2,5 kg Wäsche können damit pro
Waschgang gewaschen werden.
Effizient
Die kugelförmige Waschtrommel
arbeitet deutlich effizienter als
herkömmliche Zylindertrommeln.
Das spart Zeit und Strom.
INNOVATOR 93
DO IT
Smart Fashion
Die Heatable
Capsule Collection
verbindet Hightech
mit urban-sportlichem
Design.
DIESE MODE
HEIZT UNS EIN
Hier kommt die Smart-Fashion-
Lösung gegen Kälte: Die Jacken
und Westen der Heatable Capsule
Collection von AlphaTauri wärmen
auf Knopfdruck oder per App. Und
wenn der Akku des Smartphones
leer ist, laden sie ihn auf.
Manchmal ermöglichen
innovative Technologien,
dass wir bekannte
Dinge auf völlig neue
Art und mit völlig
neuen Funktionen einsetzen.
Oder aber die innovativen
Technologien verbessern die
ursprünglichen Funktionen
dramatisch.
Ein gutes Beispiel dafür ist
Smart Fashion: In der Mode
können Kleider mit Einsatz
von Hightech mittlerweile
ihre Farbe im Einklang mit
den Gefühlen ihrer TrägerInnen
wechseln. Gürtel geben
Erschütterungen in Computerspielen
mit Vibrationen
an die Gamer weiter. Und
Bikinis warnen, wenn wir
uns zu lange in der Sonne
aufhalten.
Die Spezialisten des Modelabels
AlphaTauri, der Deutschen
Telekom und des Zulieferers
Schöller Textil haben
indes gemeinsam an der
Verbesserung einer sehr ursprünglichen,
ziemlich entscheidenden
Funktion unserer
Kleidung gearbeitet: der
Aufgabe, uns zu wärmen. Zu
diesem Zweck verknüpften
sie Hightech-Textilien mit digitaler
Steuerung und smarter
Technik. Das Ergebnis: die in
diesem Winter vorgestellte
Heatable Capsule Collection,
deren Jacken und Westen uns
auf Knopfdruck oder per App-
Befehl aktiv einheizen.
So können die TrägerInnen
über eine eigens entwickelte
App auf ihrem Smartphone
die gewünschte Wärmestufe
einstellen, ein Sensor im
Inneren des Kleidungsstücks
misst die Temperatur und
wärmt bei Bedarf mittels
heizbarer Elemente in den
Taschen und am unteren Rücken
nach (die genaue Funktionsweise:
siehe rechte Seite).
Zusatzfeature: Wenn die
Jacke gerade nicht einheizt,
kann der integrierte Akku
das Smartphone aufladen.
Diese Kollektion ist erst
der Anfang: Weitere gemeinsame
Innovationen werden
folgen. Genaueres darf noch
nicht verraten werden. Nur so
viel: Konnektivität und Künstliche
Intelligenz werden dabei
Schlüsselrollen einnehmen.
Jacken und Westen gibt es für
Damen und Herren in den Farben
Kreide und Navy. 699,90 Euro
(Jacke), 399,90 Euro (Weste);
alphatauri.com
94 INNOVATOR
FASHION
HOT STUFF
Tolle Textilien, smarte
Bedienung und effiziente
Technik machen diese Jacke
zur Wärmequelle. Und so
funktioniert sie im Detail.
Der Akku
Untergebracht in einer kleinen
Extratasche am unteren Rücken,
liefert diese Batterie die für die Heizung
benötigte Energie. Dank ihres
Federgewichts von 175 Gramm ist
sie am Körper kaum spürbar. Wird
die Power des Akkus gerade nicht
gebraucht, kann er zum Beispiel
ein Smartphone aufladen.
Die Steuerung
Neben der eigens entwickelten App
fürs Smartphone lässt sich die Wärme
auch auf Knopfdruck über ein
Bedienelement am Innenfutter regulieren.
Hier können die TrägerInnen
zwischen je zwei Wärmestufen wählen
– sowohl für die Taschen als auch
für die Zonen am unteren Rücken.
Das Material
Die sogenannte E-Soft-Shell Heiztechnologie
ist für die Verteilung der
Wärme entwickelt worden. Entscheidend
ist ein neuartiger beheizbarer
Futterstoff, der ein Netzwerk leitfähiger
Garne enthält. Weitere Stoffe
wie etwa Corkshell bieten zusätzliche
Wärmeisolation.
ALPHA TAURI
INNOVATOR 95
KOLUMNE
NACHHALTIG
ÜBERRASCHT
Bestseller-Autor Christoph Koch schreibt
über spannende bis verblüffende Zusammenhänge,
die wir beim Weltverbessern
mitdenken dürfen.
Christoph
Koch
46, ist Autor für Titel
wie „Die Zeit“, „brand
eins“ oder „Geo“. Mit
seinem Buch „Ich bin
dann mal offline“ über
digitalen Verzicht
landete er einen
„Spiegel“-Bestseller.
P
läne sind nutzlos, aber Planung
ist unersetzlich.“ Dieser
Satz wird meist US-Präsident
Dwight D. Eisenhower zugeschrieben.
Vermutlich ist er
schon viel älter. Er stimmt
aber nach wie vor. Wer Pläne
macht, wer Szenarien entwirft, wer also
in Möglichkeiten denkt, der ist gezwungen,
sich mit der Zukunft und ihren verschiedenen
Varianten auseinanderzusetzen.
Manche Entwicklungen erscheinen
fast sicher, andere wirken unwahrscheinlicher.
Doch selbst beim Nachdenken
über die unwahrscheinlichen lässt sich
etwas lernen – schon allein, weil Zusammenhänge
sichtbar werden, von denen
man vorher vielleicht nicht wusste. Denn
jede Veränderung hat weitere Konsequenzen,
zieht andere Umwälzungen
nach sich. Hier habe ich ein paar der
überraschenderen Folgen großer möglicher
Veränderungen rund um das Thema
Nachhaltigkeit zusammengestellt.
1. Mehr E-Autos, weniger Raucher
Mit der Umstellung unserer Autos auf
Elektromotor sinkt der weltweite Benzinbedarf,
logisch. Aber vermutlich dürfte
auch der Zigarettenkonsum zurückgehen,
wenn alle Menschen in E-Autos unterwegs
sind. Denn derzeit werden in
den USA rund die Hälfte aller Zigaretten
an Tankstellen verkauft, in Deutschland
machen die Tankstellen 62 Prozent ihres
Shop-Umsatzes mit Tabakwaren. Studien
zeigen, dass das Angebot durchaus die
Nachfrage bestimmen kann – und Menschen
weniger Zigaretten kaufen, wenn
sie weniger oft die Gelegenheit bekommen.
Und mit dem E-Auto entfällt auch
der Tankstellenstopp und somit der Blick
aufs Zigarettenregal: Denn E-Autos tanken
dort, wo sie parken – also vor allem
zu Hause oder in der Bürogarage.
2. Weniger Bares, weniger Emission
Noch sind die Deutschen strikt dagegen
(84 Prozent, um genau zu sein), aber
falls das Bargeld irgendwann doch abgeschafft
wird, hätte das auch positiven
Einfluss auf die Umwelt: Erstens, weil das
Metall des Hartgelds wiederverwendet
werden könnte – ein Münzquetscher vom
Modell „Decoiner“ schafft pro Stunde bis
zu fünf Tonnen, die anschließend eingeschmolzen
werden. Und zweitens würden
die Emissionen durch Geldtransporter
entfallen – sie stoßen besonders viele
Abgase aus, weil Kleingeld so schwer ist.
3. Weniger Fleisch, ein Kontinent
mehr Platz
Wenn niemand mehr Fleisch äße, wäre
das bekanntermaßen gut fürs Klima:
Eine vierköpfige Durchschnittsfamilie in
den USA beispielsweise verursacht durch
ihren Fleischkonsum mehr Treibhausgase
als durch ihre beiden Autos. Gleichzeitig
würde die Welt aber auch eine
Nutzfläche in der Größe des afrikanischen
Kontinents dazugewinnen. So viel
Raum wird derzeit nämlich für den Anbau
von Futtermitteln benötigt, die nur
der Fleischerzeugung dienen.
4. Weniger Tempo auf der Autobahn,
kaum weniger Lärm
Würde Deutschland – das als einzige
westliche Industrienation kein generelles
Tempolimit auf der Autobahn hat – die
Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzen,
gäbe es den meisten Studien nach
weniger Verkehrstote und Verletzte.
Auch rund drei Millionen Tonnen CO ²
würden vermieden. Viel leiser würde es
überraschenderweise jedoch nicht: Das
Umweltbundesamt geht an Werktagen
bei einem Tempolimit auf der Autobahn
von einem halben Dezibel weniger Verkehrslärm
aus. Zum Vergleich: Der sogenannte
Flüsterasphalt reduziert die
Lautstärke um etwa drei Dezibel.
URBAN ZUNTEL
96 INNOVATOR
READ IT
IMPRESSUM
EISENHOWERS DILEMMA:
„ PLÄNE SIND NUTZLOS,
ABER PLANUNG IST
UNERSETZLICH.“
5. Weniger Subventionen, mehr
Umweltschutz
Gäbe es keinerlei Subventionen für Individualverkehr
mehr, verschwände zwar
die E-Auto-Prämie, die Umwelt könnte
aber trotzdem profitieren: Der Internationale
Währungsfonds (IWF) hat berechnet,
dass sich der weltweite Schaden
durch Kraftstoffsubventionen auf jährlich
5300 Milliarden Dollar summiert. Das
sind sechs Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes
und fast so viel wie die
weltweiten Gesundheitsausgaben. Würde
der Staat Kraftstoffe nicht fördern,
gewännen umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel
Attraktivität – wie Fahrrad
statt Moped oder U-Bahn statt Auto.
Treibstoffpreise werden gern mit der
Begründung subventioniert, Menschen
mit geringem Einkommen würden entlastet.
Dabei profitieren in Wirklichkeit
oft die Reichen: In einem typischen
Schwellenland gehen 40 Prozent solcher
Entlastungen an das reichste Fünftel der
Haushalte. Beim ärmsten Fünftel kommen
nur sieben Prozent an.
6. Weniger Menschen, mehr Elefanten,
weniger Stubenfliegen
Wenn es die Menschheit nicht mehr
gäbe, würde sich die Elefantenpopulation
binnen hundert Jahren verzwanzigfachen,
da natürlich auch Wilderer und
Elfenbeinhandel wegfielen. Auch die
Zahl an Vögeln nähme wieder stark zu:
Allein in den USA sterben nach Schätzungen
80 Millionen Vögel jährlich durch
Autos und eine weitere Milliarde durch
Pestizide und Stromleitungen. Ratten,
Stubenfliegen oder Kopfläuse – also Tiere,
die sich stark an den Menschen angepasst
haben – hätten es jedoch schwerer
und würden ohne uns nahezu aussterben.
Mehr überraschende Erkenntnisse und
spannende Szenarien finden sich in dem
Buch „Was wäre, wenn …? 33 Szenarien,
die unsere Welt neu denken“ von Christoph
Koch, erschienen im Tropen Verlag
(176 Seiten, 15 Euro). Mehr Infos unter:
christoph-koch.net
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abo@ch.redbulletin.com
INNOVATOR 97
DESIGN - HIGHLIGHT
Misst kosmische
Strahlung und spürt
ihre Herkunft auf:
das IceCube-
Observatorium
am Südpol
Neutrino-Suche
auf dem Südpol
Schon mal was von „Neutrinos“ gehört?
Es sind Elementarteilchen, kleinste Einheiten
unserer Materie, die täglich als
kosmische Strahlung auf die Erde prallen.
Wo sie herkommen, ist unbekannt.
Um diese Frage zu beantworten, wurde
2010 in der Antarktis der größte Neutrino
Detektor der Welt fertig gestellt:
das IceCube Neutrino Observatory. Und
dort gelang den Forschern 2017 eine
Sensation: Sie orteten sie ein Milliarden
Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch
als ein Ursprung der Neutrino-Strahlung
– und erlangten dadurch fundamentale
Erkenntnisse zur Entstehung kosmischer
Strahlen sowie einen wichtigen
Schritt im Verständnis des Universums
energetischer Prozesse. Gerade wurde
der IceCube up-gegradet und mit mehr
Detektoren ausgestattet – um künftig
die Geheimnisse des Alls noch intensiver
zu ergründen.
icecube.wisc.edu
DIESE STATION
ENTSCHLÜSSELT
DIE GEHEIMNISSE
DES UNIVERSUMS
SVEN LIDSTROM/ICECUBE/NATIONAL SCIENCE FOUNDATION
98 INNOVATOR
3 TIPPS
VON JEDEM GAST
FÜR DEINEN ALLTAG
Pioniere unserer Zeit sprechen über
die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg.
Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt.
Jetzt reinhören und am besten gleich abonnieren:
Die Welt von INNOVATOR by The Red Bulletin täglich erleben:
innovatorbytheredbulletin innovatorbytheredbulletin redbulletininnovator
redbulletininnovator.com
EINE NEUE DEFINITION VON MEHR.
Unser Crossover SUV begeistert mit mehr Flexibilität, mehr
Effizienz, mehr Technologie. Dafür sorgen unter anderem
die innovative Ford MegaBox, der Hybrid-Antrieb und die
wegweisenden Assistenzsysteme. Im Ergebnis bedeutet das
für uns das Goldene Lenkrad 2020 und für Sie viel Fahrspaß.
Kraftstoffverbrauch (in l/100 km nach § 2 Nrn. 5, 6, 6 a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung):
5,3–5,1 (innerorts), 4,0–3,8 (außerorts), 4,5–4,3 (kombiniert); CO2-Emissionen: 102–97 g/km (kombiniert).
* Ausgezeichnet von Bild am Sonntag, Ausgabe 45/20 und Auto Bild, Ausgabe 45/20, mit dem Goldenen Lenkrad 2020 in der Fahrzeugkategorie kleine SUVs.