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Red Bulletin - Innovator

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IDEAS FOR A BETTER FUTURE INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2021<br />

*Die<br />

Zukunft<br />

ist besser<br />

als ihr<br />

Ruf<br />

Inspiriert eine<br />

neue Generation:<br />

Aktivistin und<br />

Fair-Fashion-<br />

Unternehmerin<br />

DariaDaria<br />

GREEN<br />

THE<br />

ISSUE *<br />

01 21<br />

AUSGABE<br />

DEUTSCHLAND<br />

EURO 2,50<br />

Daria<br />

Daria<br />

und weitere<br />

21 Pioniere<br />

erklären,<br />

wie auch<br />

du die Welt<br />

verbessern<br />

kannst


ALPHATAURI.COM


© Jean Nouvel, Gilbert Lézénès, Pierre Soria et Architecture-Studio / Adagp, Paris, 2021


INNOVATOR<br />

EDITORIAL<br />

CONTRIBUTORS<br />

Hilde van Mas<br />

Um eine möglichst weibliche<br />

Crew bat unsere Cover-Heldin<br />

DariaDaria – ein Wunsch, den<br />

wir unter anderem mit Fotografin<br />

Hilde van Mas nur zu gerne erfüllten.<br />

Sie lichtete die Aktivistin<br />

DariaDaria kunstvoll vor eigens<br />

installiertem Rollrasen ab. Das<br />

Interview: AB SEITE 22<br />

Tobias Moorstedt<br />

Als junger Vater oft übermüdet,<br />

als Autor (z. B. „Süddeutsche<br />

Zeitung“) auf Technologie<br />

spezialisiert: Mit diesen Schlüsselqualifikationen<br />

widmete sich<br />

Moorstedt der Zukunft des<br />

Schlafens – im Gespräch mit<br />

Forschern und beim Test aktueller<br />

Gadgets. AB SEITE 68<br />

SEIEN WIR EHRLICH!<br />

Wer Großes bewegen will, braucht großen Mut.<br />

Und was könnte größer sein als die Rettung<br />

unseres Planeten vor dem Klimawandel? Damit<br />

das gelingt, müssen alle mit anpacken: Unternehmen,<br />

Politiker, aber auch jeder Einzelne.<br />

Deshalb haben wir in diesem „Green Issue“<br />

Vordenker wie Formel-1-Weltmeister und Nachhaltigkeits-Unternehmer<br />

Nico Rosberg gefragt,<br />

wie man den Mut zum ersten Schritt findet.<br />

„Die Welt braucht mehr Ehrlichkeit“, meint die<br />

Wiener Aktivistin DariaDaria und erklärt,<br />

warum es nicht um die perfekte Öko-Bilanz<br />

geht, sondern um menschliche Veränderung.<br />

Ach ja: Jede Menge Weltretter-Ideen und grüne<br />

Gadgets gibt’s natürlich auch, ab Seite 21.<br />

Besonderen Mut zeigen auch die Mitglieder der<br />

Copenhagen Suborbitals: Die dänischen Tüftler<br />

wollen mit einer selbst gebauten Rakete ins<br />

All fliegen. Bitte gut anschnallen ab Seite 58.<br />

Viel Spaß bei der Lektüre!<br />

Die <strong>Red</strong>aktion<br />

HILDE VAN MAS (COVER)<br />

4 INNOVATOR


Vienna<br />

UP’21<br />

digital<br />

Let’s talk startups.<br />

27.4. – 12.5.<br />

2021<br />

Join Europe’s most<br />

authentic startup<br />

experience!<br />

viennaUP.com


INHALT<br />

BULLEVARD<br />

10<br />

Volle Kraft voraus<br />

Eine Gruppe junger Ingenieure<br />

will den Speed-Rekord<br />

im Segeln brechen.<br />

16<br />

Kabinen für alle<br />

Münchener Techies wollen<br />

den Stadtverkehr mit<br />

Gondeln revolutionieren.<br />

12<br />

14<br />

Smarte Strippe<br />

Ein Trainingsband,<br />

das Fitnessstudio und<br />

Personal Trainer ersetzt.<br />

Gesunder<br />

Boxenstopp<br />

Wie ein Start-up selbst<br />

Kochmuffel zu Chefköchen<br />

macht.<br />

18<br />

19<br />

Master-Studium<br />

in der U-Bahn<br />

Zwei Gründer bieten<br />

radikal neue Lösungen<br />

für die Weiterbildung.<br />

Ruf mich an!<br />

Einsam? Eine App findet<br />

den richtigen Gesprächspartner<br />

für dich.<br />

GUIDE<br />

90<br />

93<br />

94<br />

EVENTS<br />

Auf Wiedersehen<br />

Diese Konferenzen planen<br />

2021 ihr Comeback –<br />

digital und vor Ort.<br />

WETTBEWERB<br />

Kampf der Ideen<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement fördert<br />

junge Vordenker.<br />

FASHION<br />

Innere Wärme<br />

Eine AlphaTauri-Jacke,<br />

die dir per App einheizt.<br />

96<br />

98<br />

KOLUMNE<br />

Nachhaltig<br />

überrascht<br />

Autor Christoph Koch<br />

über erstaunliche Folgen<br />

des Weltrettens.<br />

TECH-HIGHLIGHT<br />

Polar-Labor<br />

Wie Forscher am Südpol<br />

Geheimnisse des Universums<br />

entschlüsseln.<br />

58<br />

REPORTAGE<br />

Weltall, wir<br />

kommen!<br />

Wie Hobby-Astronauten<br />

in Kopenhagen mit einer<br />

selbst gebauten Rakete<br />

durchstarten wollen.<br />

6 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

FEATURES<br />

58<br />

RAUMFAHRT<br />

Die Raketenbastler<br />

Wie dänische Amateure ihren<br />

Traum von der Reise ins Weltall<br />

verwirklichen wollen.<br />

68<br />

74<br />

82<br />

GESUNDHEIT<br />

Gute-Nacht-Zukunft<br />

Unser Autor erkundet die<br />

Zukunft des Schlafens – und<br />

das auch am eigenen Leib.<br />

VERKEHR<br />

Visionen auf Rädern<br />

Wie Hersteller das Konzept<br />

Automobil neu denken und<br />

die Lust am Fahren erhalten.<br />

UNTERNEHMERTUM<br />

Gegen jede Regel<br />

Netflix-Star Sophia Amoruso<br />

erklärt, welche Leitsätze du<br />

ignorieren solltest.<br />

GREEN ISSUE<br />

DariaDaria und 21 weitere<br />

Pioniere erklären, wie du die<br />

Welt verbessern kannst.<br />

22<br />

COVERSTORY<br />

Die Mut-Macherin<br />

Aktivistin DariaDaria über<br />

Ehrlichkeit als bestes Tool<br />

für Veränderung.<br />

30<br />

32<br />

40<br />

ALISON TEAL<br />

Die Kraft der Bilder<br />

Wie die US-Amerikanerin<br />

mit unterhaltsamen Videos<br />

Müll im Meer bekämpft.<br />

PRODUKTE<br />

Gut und schön<br />

Innovative Produkte, die<br />

den Alltag erleichtern und<br />

Ressourcen schonen.<br />

START-UPS<br />

Saubere Einfälle<br />

Altkleider als Rohstoff,<br />

digitale Kassenzettel:<br />

10 Ideen, die Zukunft haben.<br />

48<br />

NICO ROSBERG<br />

Vollgas-Revoluzzer<br />

Warum der Formel-1-<br />

Weltmeister E-Mobilität<br />

zum Sieg verhelfen will.<br />

ROBERT ORMEROD<br />

56<br />

CIRCULARITY<br />

Runde Sache<br />

Von recycelten Autos bis zu<br />

innovativen Jobs: So funktioniert<br />

die Kreislaufwirtschaft.<br />

INNOVATOR 7


Glasflasche nur in ausgewählter Gastronomie


INNOVATOR<br />

BULLEVARD<br />

IDEEN<br />

FÜR EINE<br />

BESSERE<br />

ZUKUNFT<br />

JOHANNES LANG<br />

INNOVATOR 9


BULLEVARD <br />

MOBILITÄT<br />

DIE RAKETENSEGLER<br />

VOM GENFERSEE<br />

Der Geschwindigkeitsrekord beim Segeln<br />

liegt derzeit bei 121 km/h. Eine Gruppe<br />

junger Ingenieure aus der Schweiz will nun<br />

einen neuen Rekord aufstellen: 150 km/h!<br />

Ihre Konstruktion dafür könnte sogar die<br />

Transport-Schifffahrt revolutionieren.<br />

Im November 2012<br />

schrieb der Australier<br />

Paul Larsen Geschichte.<br />

Mit der „Vestas Sailrocket 2“,<br />

einer Segelboot-Sonderanfertigung,<br />

gelang es dem Skipper<br />

vor der Küste Namibias<br />

mit 121 km/h (65,45 Knoten)<br />

über das Wasser zu preschen<br />

– und damit einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord<br />

im Segeln aufzustellen. Dieser<br />

hat trotz zahlreicher späterer<br />

Weltrekord-Versuche<br />

bis heute gehalten.<br />

DRACHEN STATT SEGEL<br />

Wenn es nach drei Schweizer<br />

Studenten vom Polytechnikum<br />

Lausanne (EPFL) geht,<br />

dürfte sich das schon bald<br />

ändern: Xavier Lepercq, Mayeul<br />

van den Broek und Benoît<br />

Gau diot, Altersdurchschnitt<br />

25 Jahre, sind fest entschlossen,<br />

das schnellste Segelboot<br />

der Geschichte zu bauen.<br />

Und Larsens Weltrekord innerhalb<br />

der nächsten zwölf<br />

Monate zu pulverisieren.<br />

Das vom EPFL-Team angepeilte<br />

Weltrekord-Tempo:<br />

150 km/h oder 80 Knoten<br />

(worauf übrigens auch der<br />

geheimnisvolle Projektname<br />

„SP80“ hinweist).<br />

Jet mit Wasserkontakt:<br />

Der „SP80“<br />

soll 2022 den Rekord<br />

für Segelboote auf<br />

150 km/h schrauben.<br />

10 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

SP80-Team: Mayeul<br />

van den Broek,<br />

Xavier Lepercq,<br />

Benoît Gaudiot<br />

(v. l. n. r.)<br />

GUILLAUME FISCHER SP80 AREK PIATEK JOHANNES LANG<br />

„WIR WOLLEN MIT<br />

UNSEREM BOOT<br />

DIE CODES DES<br />

SEGELNS<br />

AUFBRECHEN.“<br />

Der Schlüssel zu der angestrebten<br />

Pionierleistung?<br />

„Statt mit einem Segel angetrieben<br />

zu werden, soll das<br />

Boot von einem Drachen gezogen<br />

werden“, sagt Mayeul<br />

van den Broek, SP80-Projektmanager.<br />

So ließe sich definitiv<br />

mehr Geschwindigkeit herausholen.<br />

Am Boot selbst –<br />

einem Trimaran mit einem<br />

Hauptrumpf und zwei kleineren<br />

Tragflügeln – wird vor<br />

allem an der Verbesserung<br />

der Stabilität gearbeitet.<br />

„Das Streben nach Stabilität<br />

führt letztlich zum Erfolg“,<br />

ist van den Broek überzeugt.<br />

Die Besonderheit beim SP80<br />

ist ein System, das die sogenannte<br />

Kavitation (Bildung<br />

von Luftblasen im Wasser<br />

während des Segelns, Anm.)<br />

verhindert und damit das<br />

Boot bei hohen Geschwindigkeiten<br />

ruhiger über das Wasser<br />

gleiten lässt.<br />

TESTS AM GENFERSEE<br />

Nach dem offiziellen Start<br />

des Projekts vor rund einem<br />

Jahr hat das Team die vergangenen<br />

Monate damit verbracht,<br />

die Details des Konzepts<br />

zu überprüfen und ein<br />

verkleinertes Modell auf dem<br />

Genfersee zu testen. Dutzende<br />

Male waren die drei – bereits<br />

rekordverdächtig schnell<br />

– mit dem schwimmenden<br />

Labor unterwegs und haben<br />

dabei neue Rümpfe, Anhänger<br />

oder Flügel ausprobiert.<br />

Im Frühling dieses Jahres<br />

wollen sie mit dem Bau des<br />

Bootes in Originalgröße<br />

(9 × 5 m) beginnen. Anfang<br />

2022 soll der Prototyp dann<br />

erstmals ins Wasser kommen<br />

und in den Monaten darauf<br />

einen ersten Rekordversuch<br />

starten.<br />

ZUKUNFT WINDKRAFT<br />

Beim Projekt SP80 geht es<br />

jedoch um mehr als nur um<br />

Temporausch. „Wir wollen<br />

mit diesem Boot die Codes<br />

des Segelns aufbrechen“,<br />

sagt van den Broek. „Und wir<br />

wollen die Grenze dessen<br />

ausloten, wie Wind als einzige<br />

Energiequelle für künftige<br />

Anwendungen zum Einsatz<br />

kommen kann.“ Schnelles<br />

Segeln bietet nämlich großes<br />

Potenzial für den Transport<br />

auf Wasser. Von SP80 soll<br />

in Zukunft die ganze Welt<br />

profitieren.<br />

sp80.ch<br />

INNOVATOR 11


BULLEVARD INNOVATOR<br />

„Ein Trainingsband ist an<br />

sich schon sehr vielseitig: Du<br />

trainierst den ganzen Körper,<br />

ohne ins Fitnessstudio zu müssen,<br />

und kannst bis zu hundert<br />

Übungen absolvieren. Aber<br />

wir wollten einen zusätzlichen<br />

Motivationsfaktor“, sagt Stefan<br />

Weiß, 31, der das Start‐up<br />

2019 mit Hanno Storz, 31, und<br />

Torben Hellmuth, 29, gründete.<br />

„Uns fehlte die Vergleichbarkeit.<br />

Wie viel Gewicht bewegst<br />

du, und wie verbesserst<br />

du dich?“<br />

FITNESS<br />

ANSAGEN<br />

VOM BAND<br />

Dieses Trainingsband kann<br />

die Geräte eines ganzen Gyms<br />

ersetzen – und dank dieser<br />

drei Gründer aus Kassel nun<br />

auch noch den Personal Coach.<br />

Eigentlich ist der Markt<br />

der digitalen Trainingsgeräte<br />

schon hoffnungslos<br />

überfüllt. Umso erstaunlicher,<br />

wenn ein neues Produkt erscheint,<br />

das innovativ und<br />

gleichzeitig selbsterklärend<br />

ist: Straffr ist ein intelligentes<br />

Fitnessband. Es funktioniert<br />

wie ein normales elastisches<br />

Trainingsband. Allerdings<br />

misst das smarte Band dank<br />

eines integrierten Sensors<br />

Kraft und Geschwindigkeit,<br />

mit der gezogen wird, und<br />

es zählt die Wiederholungen.<br />

Und eins und zwei …:<br />

Ein Sensor misst<br />

Kraft, Tempo und<br />

Wiederholungen.<br />

MEHR ALS SQUATS<br />

Die Gründer tüftelten dafür<br />

eine neue Hardware-Lösung<br />

aus. „Ein Trainingsband<br />

möchte man mal eng greifen,<br />

mal lang lassen. Deshalb<br />

musste der Sensor in das<br />

Silikonband integriert sein.“<br />

Gefüttert mit den Messwerten,<br />

hilft eine App, effektiv zu trainieren.<br />

„Sie passt die Übungen<br />

an deine Ziele an – als<br />

würde ein Trainer neben dir<br />

stehen.“ Egal, ob intensives<br />

Training oder nur die Erhaltung<br />

der Fitness gewünscht<br />

ist: Der Trainingsplan ist individuell<br />

und bietet, so Weiß,<br />

„viele Übungen abseits von<br />

Push-ups und Squats“.<br />

straffr.com<br />

HANNO STORZ,<br />

CHIEF<br />

O PERATING<br />

OFFICER<br />

TO RBEN<br />

HELLMUTH,<br />

CHIEF<br />

TECHNICAL<br />

OFFICER<br />

STEFAN WEISS,<br />

CHIEF<br />

EXECUTIVE<br />

OFFICER<br />

Kernkompetenz:<br />

Alle drei Straffr-<br />

Gründer sind<br />

Wirtschaftsingenieure.<br />

STRAFFR MARC DECKERT JOHANNES LANGW<br />

12 INNOVATOR


Eine Hommage an die allerersten Flieger und Entdecker<br />

— und ihre gemeinsame Geschichte mit Longines.<br />

Howard Hughes,<br />

einer der wichtigsten<br />

Aviatik-Pioniere,<br />

flog in Rekordzeit<br />

rund um die Welt.<br />

Für die Navigation<br />

über den Meeren<br />

und Kontinenten<br />

vertraute er auf die<br />

Aviatik-Chronometer<br />

und Chronographen<br />

von Longines.<br />

Im Jahr 1935 war Howard<br />

Hughes zu seiner Zeit der<br />

schnellste Flieger der Welt.<br />

Er stellte einen neuen<br />

Fluggeschwindigkeitsrekord<br />

von 566 km/h auf. Was die<br />

Geschichte von Hughes jedoch<br />

so besonders beeindruckend<br />

macht, ist die Tatsache, daß<br />

das Flugzeug, welches er<br />

flog, von ihm selbst entworfen<br />

worden war. Hughes war<br />

kein gewöhnlicher Pilot, der<br />

Rekorden hinterherjagte — er<br />

war auch Luftfahrtingenieur,<br />

Geschäftsmagnat und erfolgreicher<br />

Filmproduzent in<br />

Hollywood. Doch es waren sein<br />

Kampfgeist und sein Mut im<br />

Angesicht des Unbekannten,<br />

die ihn dazu bewogen, immer<br />

wieder an seine Grenzen zu<br />

gehen. Nur wenige Jahre später<br />

umrundete Hughes die Erde.<br />

Seine Reise dauerte nur 3 Tage,<br />

19 Stunden und 14 Minuten —<br />

und damit hatte er 1938 einen<br />

Weltrekord aufgestellt. Hughes<br />

vertraute stets auf seinen<br />

Longines-Chronometer für die<br />

Astronavigation, um die genaue<br />

Position seines Flugzeugs bei<br />

Nacht, in völliger Dunkelheit<br />

und über den riesigen Ozeanen<br />

zu bestimmen.<br />

Die Art und Weise, wie sie mit<br />

Herausforderungen umgehen,<br />

trennt die Pioniere vom Rest<br />

der Menschheit. Eleganz zeigen,<br />

wenn alle Chancen gegen einen<br />

stehen. Mit Eleganz alles versuchen,<br />

alles geben, vielleicht<br />

scheitern. Elegant kämpfen<br />

— und triumphieren. Das ist es,<br />

woran man sich erinnert. Das<br />

ist es, was bleibt — wenn alles<br />

andere nicht mehr zählt.<br />

Longines hat die Spirit<br />

Collection entwickelt, um<br />

genau dies zu verkörpern.<br />

Sie verbindet Eleganz, Tradition<br />

und Leistung — mit denselben<br />

unverwechselbaren<br />

Merkmalen, die speziell für<br />

die ersten Aviatik-Pioniere<br />

geschaffen wurden: von ihrer<br />

geprüften Ganggenauigkeit bis<br />

zur übergroßen Aufzugskrone,<br />

die mit Handschuhen leicht<br />

bedient werden kann; von den<br />

markanten, kontrastreichen<br />

Ziffern bis zu den Zeigern mit<br />

Leuchtmaßenbeschichtung<br />

für Nachtflüge.<br />

Die Spirit Collection ist<br />

der lebhafte Beweis, daß<br />

der Pioniergeist fortlebt.


BULLEVARD INNOVATOR<br />

Das bekommen<br />

selbst Kochanfänger<br />

gut hin: Tex-Mex-<br />

Salat nach<br />

HelloFresh-Rezept.<br />

ERNÄHRUNG<br />

BEREIT FÜR<br />

DEN BOXEN-<br />

STOPP?<br />

Das Berliner Start-up<br />

HelloFresh macht<br />

jeden Küchenmuffel<br />

zum Chefkoch.<br />

Kochen ist nicht gleich<br />

Kochen. Kochen heißt<br />

auch Lebensmittel einkaufen.<br />

Im Internet Rezepte suchen.<br />

Lebensmittel dosieren.<br />

Zurück ins Geschäft<br />

laufen, weil man die Eier<br />

vergessen hat. Wer oft Überstunden<br />

schiebt, weiß, wie<br />

nervig solche Extrarunden<br />

sind – und wie entspannend<br />

es ist, wenn man sich in der<br />

Küche auf das Wesentliche<br />

konzentrieren kann.<br />

Diesen Gedanken hatten<br />

Dominik Richter, Jessi ca<br />

Nilsson und Thomas Griesel,<br />

als sie 2011 mit der Ankündigung,<br />

„die Art des Essens<br />

zu revolutionieren“, ihr Unternehmen<br />

HelloFresh gründeten.<br />

Der Lösungs ansatz<br />

des Berliner Start-ups: Kochboxen.<br />

Individualisiert und<br />

auf jeden Geschmack abgestimmt<br />

– mit dem Versprechen,<br />

dem Kunden Zeit,<br />

Geld und Stress zu ersparen.<br />

HelloFresh ist heute ein<br />

Lebensmittellieferant, präziser:<br />

ein Zutatenlieferant.<br />

Wer per App (oder online)<br />

die gewünschten Speisen<br />

ordert, kriegt eine Kiste nach<br />

Hause geliefert. Darin befinden<br />

sich, neben genauen<br />

Kochrezepten, die erwähnten<br />

frischen Zutaten, die –<br />

und jetzt kommt’s – für die<br />

jeweiligen Speisen exakt<br />

dosiert sind, wie etwa ein<br />

20-Gramm-Würfel Butter.<br />

„So kann beim Kochen<br />

der Gerichte fast nichts<br />

schiefgehen – auch nicht<br />

DOMINIK<br />

RICHTER UND<br />

THOMAS<br />

GRIESEL ,<br />

GRÜNDER VON<br />

HELLOFRESH<br />

„Gesundes,<br />

selbst gekochtes<br />

Essen ist<br />

möglich – auch<br />

ohne in den<br />

Supermarkt<br />

zu hetzen, um<br />

frische Zutaten<br />

einzukaufen.“<br />

bei Kochanfängern. Außerdem<br />

wird Lebensmittelverschwendung<br />

vermieden“,<br />

sagt HelloFresh-Mitgründer<br />

Dominik Richter, „und viele<br />

Kunden finden einfach wieder<br />

Gefallen daran, sich ihr<br />

Essen selbst zuzubereiten.“<br />

Die in passender Menge<br />

gelieferten Lebensmittel<br />

kommen von ausgewählten<br />

Produzenten – Frische und<br />

Qualität sind auf diese Art<br />

garantiert – und sind in<br />

nahezu vollständig recycelbaren<br />

Materialien verpackt.<br />

NACHHALTIGER ERFOLG<br />

2017 zählte HelloFresh<br />

1,3 Millionen Kunden. Heute<br />

abonnieren schon 5 Millionen<br />

Menschen in 14 Ländern<br />

den Dienst. Im nächsten<br />

Schritt der Essensrevolution<br />

bietet HelloFresh Unternehmen<br />

und Betriebskantinen<br />

Kühlschränke als Essensautomaten<br />

an – gefüllt mit<br />

abwechslungsreicher und<br />

gesunder Kost …<br />

HelloFresh gibt’s im Abo<br />

ab 4,25 Euro pro Portion:<br />

hellofresh.de<br />

HELLO FRESH FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG<br />

14 INNOVATOR


3 TAGE, 19 STUNDEN,<br />

14 MINUTEN<br />

So lange benötigte Howard Hughes<br />

für seine Weltumrundung, die ihn<br />

1938 zum schnellsten Mann der<br />

Lüfte machte. Bei der Bestimmung<br />

der Position seines Flugzeugs in der<br />

Nacht und über dem Ozean vertraute<br />

er auf einen Longines-Chronometer,<br />

der speziell für die astronomische<br />

Navigation entwickelt worden war.<br />

Howard Hughes


BULLEVARD <br />

MOBILITÄT<br />

GONDELN<br />

FÜR ALLE<br />

Straßenbahn, next Level: Die Ingenieure<br />

von Ottobahn aus München wollen<br />

dem Stadtverkehr mit ihrem System<br />

neue Luft verschaffen.<br />

MARC<br />

SCHINDLER,<br />

MANAGING<br />

DIRECTOR<br />

OTTOBAHN<br />

Seit 2019 treibt<br />

der Wirtschaftsingenieur<br />

das<br />

Projekt mit<br />

einem Team<br />

aus Softwareentwicklern<br />

und Maschinenbauern<br />

voran.<br />

In unseren Städten wird<br />

es immer enger. Viele<br />

Verkehrsmittel – Autos, Lastwagen,<br />

Fahrräder, Straßenbahnen,<br />

Busse, E-Scooter und<br />

vielleicht bald autonome<br />

Fahrzeuge – konkurrieren<br />

um den Platz auf der Straße.<br />

Wohin soll das noch führen?<br />

„Wir müssen in die dritte<br />

Ebene gehen. Dort gibt es<br />

Raum, der heute noch nicht<br />

genutzt ist“, sagt Marc Schindler,<br />

41, Managing Director des<br />

Start-ups Ottobahn (er selbst<br />

bezeichnet sich als „Can Do<br />

Officer“). Das Unternehmen<br />

aus München hat ein komplett<br />

neues Verkehrskonzept entwickelt,<br />

in dem Gondeln die<br />

Verkehrsteilnehmer abholen<br />

und ohne anzuhalten an ihr<br />

Ziel bringen – eine Mischung<br />

aus Individualverkehr und<br />

öffentlichem Schienennetz,<br />

das die Vorteile beider Mobilitätsformen<br />

kombiniert.<br />

Die Gondeln rollen energieeffizient<br />

auf Schienen in 5 bis<br />

10 Meter Höhe. Am Ziel angekommen,<br />

sinken sie auf<br />

Straßenniveau herab.<br />

Autonome Straßenfahrzeuge<br />

seien, so Schindler,<br />

nicht in der Lage, das Problem<br />

verstopfter Städte zu<br />

lösen. „Außerdem ist unser<br />

Konzept viel einfacher. Das<br />

System Straßenverkehr beinhaltet<br />

ja neben den Autos<br />

„WIR MÜSSEN<br />

IN DIE DRITTE EBENE<br />

GEHEN. DORT GIBT ES<br />

UNGENUTZTEN RAUM.“<br />

In fünf bis zehn Meter Höhe sollen<br />

die Gondeln nach Marc Schindlers<br />

Plänen an Schienen hängen.<br />

OTTOBAHN GMBH MARC DECKERT JOHANNES LANG<br />

16 INNOVATOR


INNOVATOR<br />

auch noch Radfahrer und<br />

Fußgänger.“ Diese Variablen<br />

fallen beim „ottonomen Fahren“<br />

weg. Das bedeutet, dass<br />

die Rechenkraft ganz darauf<br />

verwendet werden kann, die<br />

Gondeln schnell und sicher<br />

zum Ziel zu bringen.<br />

Alle Zeichen auf Grün:<br />

Angetrieben von erneuerbaren<br />

Energien, soll Ottobahn<br />

emissionsfrei unterwegs sein.<br />

PROBLEME VOR ORT<br />

Ottobahn hat bereits einen<br />

Gondelprototyp, der in den<br />

300 m² großen Räumen des<br />

Unternehmens unterwegs ist.<br />

Die Planungen für eine Außen-<br />

Referenzstrecke laufen bereits<br />

auf Hochtouren. Das<br />

Start-up versteht sich hauptsächlich<br />

als Softwareschmiede<br />

mit zusätzlicher Ingenieurskompetenz.<br />

Die größte<br />

Herausforderung liegt für<br />

Schindler aber weder in der<br />

Technologie noch in der Software,<br />

sondern in der Umsetzung<br />

vor Ort: „Es wird nicht<br />

leicht werden, die Menschen<br />

davon zu überzeugen, dass<br />

eine Strecke vor ihrer Haustür<br />

gebaut wird.“<br />

Immerhin: Konzept und<br />

Prototyp von Ottobahn sehen<br />

schon jetzt so attraktiv aus,<br />

dass das Start-up über solche<br />

Hürden hinwegsausen könnte<br />

– in der dritten Ebene.<br />

ottobahn.de<br />

Gemeinsam unterwegs: In eine<br />

Gondel passen vier Passagiere,<br />

überdies soll es spezielle Frachttransport-Einheiten<br />

geben.<br />

Persönliches Shuttle: Fahrgäste<br />

können ihre Ottobahn per App<br />

bestellen, die autonom fahrenden<br />

Gondeln holen sie pünktlich ab.<br />

INNOVATOR 17


BULLEVARD INNOVATOR<br />

CHRISTIAN<br />

REBERNIK,<br />

THOMAS<br />

FUNKE,<br />

GRÜNDER<br />

Doppelt schlau:<br />

Rebernik bringt<br />

seine Erfahrung<br />

als mehrfacher<br />

Gründer ein,<br />

Funke seine Bildungsexpertise.<br />

BILDUNG<br />

DEIN UNI-<br />

ABSCHLUSS<br />

VIA PHONE<br />

Frontale Vorlesungen im<br />

Hörsaal? Oldschool! Zwei<br />

Berliner Gründer bieten ein<br />

Master-Studium via Handy,<br />

das seine Inhalte in der<br />

freien Wildbahn vermittelt.<br />

Noch einmal etwas Neues<br />

lernen – etwas, was<br />

mich auf die Arbeitswelt von<br />

morgen vorbereitet und vielleicht<br />

sogar den Planeten besser<br />

macht. Diesen Wunsch hegen<br />

viele Menschen. Wie aber<br />

soll das gehen, neben Berufsalltag<br />

und vielleicht noch Kinderbetreuung?<br />

Zum Beispiel<br />

mit Online-Lektionen zu Themen<br />

wie Nachhaltigkeit und<br />

Technologie, die eigens für<br />

Smartphones optimiert und<br />

in Häppchen unterteilt sind<br />

(„ bite-sized learning“), sodass<br />

ich sie auch in der U-Bahn konsumieren<br />

kann. Und mit einer<br />

Methode, nach der die Studierenden<br />

sämtliche In halte lernen,<br />

indem sie Herausforderungen<br />

(„Challenges“) lösen –<br />

mal alleine, mal in der Gruppe.<br />

So bieten es Seriengründer<br />

Christian Rebernik, 43, und<br />

Bildungsexperte Thomas<br />

Funke, 37, auf ihrer Plattform<br />

Tomorrow’s Education an.<br />

Schon im April startet der<br />

mit der Wirtschaftsuniversität<br />

Wien entwickelte zweijährige<br />

berufsbegleitende Master-<br />

Studiengang in SET (Sustai-<br />

Mit tomorrows.education<br />

verlegst du den Hörsaal<br />

jederzeit genau dorthin,<br />

wo du gerade bist.<br />

nability, Entrepreneurship<br />

and Technology). „Die Studierenden<br />

können lernen,<br />

wo sie gerade sind – zu einer<br />

Tageszeit, die ihnen passt.<br />

Und im eigenen Tempo“, sagt<br />

Christian Rebernik. Die Aufgaben<br />

reichen von Solo-Challenges<br />

bis zu komplexen Herausforderungen<br />

wie „Entwickle<br />

ein Geschäftsmodell,<br />

das den CO 2 -Fußabdruck reduziert“.<br />

Dank des radikalen<br />

Praxisbezugs sind die Studierenden<br />

anschließend optimal<br />

auf künftige Jobs vorbereitet.<br />

tomorrows.education<br />

MARC DECKERT JOHANNES LANG<br />

18 INNOVATOR


BULLEVARD INNOVATOR<br />

GETTY IMAGES FLORIAN OBKIRCHER JOHANNES LANG<br />

KOMMUNIKATION<br />

SO BLEIBST<br />

DU IM<br />

GESPRÄCH<br />

Du fühlst dich einsam? Oder<br />

möchtest einfach mit jemandem<br />

über dein ausgefallenes Hobby<br />

plaudern? Die Online-Plattform<br />

Ahoyly findet den richtigen<br />

Partner für dich.<br />

Die Vorstellung, Freunde<br />

und Familie wochenlang<br />

nicht sehen zu können, schien<br />

vor gut einem Jahr noch<br />

absurd. Dann kam Corona.<br />

Und vielen von uns wurde<br />

bewusst, wie wichtig der Austausch<br />

mit anderen Menschen<br />

für unser eigenes Wohlbefinden<br />

ist. Aus diesem Grund<br />

starteten Ania Krol und Fabian<br />

Henze im April 2020 Ahoyly –<br />

eine kostenlose Online-Plattform,<br />

auf der man sich mit<br />

Gleichgesinnten verbinden<br />

kann. Die Anmeldung dauert<br />

kaum zwei Minuten: Du gibst<br />

deine Interessen an (anhand<br />

dieser schlägt der Algorithmus<br />

Gesprächspartner vor)<br />

und einen bevorzugten Kommunikationskanal<br />

(Skype,<br />

Zoom etc.). Wirkt eine Person<br />

interessant, schickst du ihr<br />

eine Anfrage – und los geht’s!<br />

Warum das deutsche Start-up<br />

auch nach der Ausgangssperre<br />

relevant ist, erklärt Krol hier.<br />

innovator: Wie kam euch<br />

die Idee zu Ahoyly?<br />

ania krol: Die Corona-Ausgangssperre<br />

war der Auslöser.<br />

Obwohl wir uns gut kennen,<br />

gingen Fabian und mir irgendwann<br />

die Gesprächsthemen<br />

aus. Wir wollten uns mit neuen<br />

Menschen unterhalten –<br />

und andere Menschen miteinander<br />

vernetzen.<br />

Ist Telefonieren nicht out?<br />

Bei anregenden Unterhaltun-<br />

Neben ihrer Arbeit<br />

am Portal Ahoyly<br />

coacht Ania Krol<br />

andere Start-ups<br />

und Freelancer.<br />

gen bauen wir Stress ab, beim<br />

Texten fehlt es oft an tieferen<br />

Verbindungen. Deshalb ermutigen<br />

wir Nutzer zu Telefon-<br />

oder Videoanrufen.<br />

Wer verwendet Ahoyly?<br />

Männer und Frauen halten<br />

sich in etwa die Waage. Der<br />

Altersdurchschnitt liegt zwischen<br />

20 und 55 Jahren. Der<br />

älteste mir bekannte Nutzer<br />

ist 89 Jahre alt! Das am häufigsten<br />

diskutierte Thema<br />

war bis jetzt das Reisen.<br />

Wie sieht die Zukunft für<br />

Ahoyly nach der Corona-<br />

Krise aus?<br />

Viele von uns haben Interessen,<br />

die niemand im näheren<br />

Umfeld teilt. Was tun, wenn<br />

du dein Portugiesisch auffrischen<br />

willst, aber kein Portugiese<br />

in Sicht ist? Deshalb<br />

ist es unser Ziel, mehr internationale<br />

Dialoge zu fördern.<br />

ahoyly.com<br />

INNOVATOR 19


AUF DEM SPRUNG IN<br />

DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT?<br />

Wie Sie alle<br />

Hürden meistern:<br />

www.wingfinder.com<br />

F R E E A S S E S S M E N T


GRÜN<br />

IST<br />

DIE<br />

ZUKUNFT!<br />

Eine Digital-Aktivistin, die das Prinzip<br />

Fair Fashion auf die Spitze treibt, ein<br />

Formel-1-Weltmeister, der E-Mobilität<br />

zum Sieg verhelfen will, eine App,<br />

mit der du laufen und dabei Bäume<br />

pflanzen kannst – willkommen zu einem<br />

Umwelt-Spezial abseits des Alltäglichen!


G R E E N<br />

I S S U E<br />

DIE<br />

WELT<br />

Sie treibt das Prinzip<br />

Fair Fashion auf die Spitze,<br />

schrieb einen Bestseller<br />

übers Weltretten und<br />

inspiriert als<br />

DariaDaria<br />

auf Instagram Hunderttausende,<br />

besser zum Planeten<br />

und zu sich selbst zu sein.<br />

Hier erklärt Madeleine<br />

Alizadeh, 31, warum<br />

Ehrlichkeit das beste<br />

Werkzeug für Veränderung<br />

ist und wie jeder seinen<br />

ersten Schritt findet.


BRAUCHT<br />

MEHR<br />

EHRLICHKEIT<br />

TEXT: Waltraud Hable FOTOS: Hilde Van Mas<br />

INNOVATOR 23


Es kommt der Zeitpunkt, da kannst du deine innere<br />

Stimme nicht länger ignorieren. 2013 ist<br />

für Madeleine Alizadeh so ein Punkt. Und das<br />

ging so: Ihr privater Blog DariaDaria läuft gut.<br />

Mode firmen zahlen dafür, dass sie deren Produkte<br />

bewirbt. Dann stürzt in Bangladesch die<br />

Textil fabrik Rana Plaza ein. Mehr als tausend<br />

Menschen sterben. Fast zeitgleich sieht Made leine<br />

die Doku „Gift auf unserer Haut“ über Missstände<br />

in der Lederindustrie. Die Wienerin beschließt:<br />

Schluss mit Billigmode und Lifestyle-Blabla. Ab<br />

sofort will sie sich für Themen einsetzen, die ihren<br />

Moral- und Ethikvorstellungen besser entsprechen.<br />

Madeleine Alizadeh – Ex-Politikwissenschaft-Studentin<br />

und Tochter eines iranischen<br />

Menschenrechtsaktivisten – beginnt, über nachhaltige<br />

Mode, Umweltschutz und Flüchtlings hilfe<br />

zu schreiben. „Anfangs dachte ich: Wahrscheinlich<br />

muss ich mir damit einen neuen Job suchen.“<br />

Doch mit Offenheit und Verletzlichkeit wird<br />

Alizadeh zu einer starken Stimme, die sogar vor<br />

dem Europäischen Parlament reden darf. Ihr<br />

2019 erschienenes Buch „Starkes weiches Herz“<br />

– ein Plädoyer, sich mit Mut und Liebe für Themen<br />

wie Nachhaltigkeit und Gleichberechtigung<br />

einzusetzen – landet in Deutschland auf Platz 3<br />

der „Spiegel“-Bestsellerliste. Ihr Podcast „a mindful<br />

mess“ verbindet Persönlichkeitsentwicklung<br />

mit Meditation. Und sie gründet ihr eigenes Öko-<br />

Modelabel dariadéh. Was man aus diesem kurzen<br />

Lebenslauf lernen kann? Erstens: Große Veränderungen<br />

sind machbar, wenn man sie wirklich<br />

will. Zweitens: Madeleine Alizadeh erreicht viele<br />

Menschen, weil sie vorlebt, dass man auch als<br />

Aktivistin keine Heilige sein muss. Es geht beides:<br />

Engagement und Fehler. Konsumkritisch und<br />

konsumfreudig sein. Wütend und optimistisch.<br />

inno vator: Du bist Vorbild von Beruf.<br />

Trotzdem ist dein ökologischer Fußabdruck<br />

alles andere als vorbildlich, sagst du.<br />

madeleine alizadeh: Er ist genau genommen<br />

eine Katastrophe. (Lacht.)<br />

Warum? Kein Ökostrom, kein Fahrrad statt<br />

dem Auto?<br />

Doch, ich beziehe Ökostrom, und ich<br />

ernähre mich zu 95 Prozent vegan.<br />

Aber man weiß ja: Je höher der<br />

Lebensstandard, desto gravierender<br />

der CO 2<br />

-Fußabdruck – und als<br />

jemand, der in einem der reicheren<br />

Länder lebt und zu den Besserverdienenden<br />

gehört, ist mein CO 2<br />

-<br />

Fußabdruck auch exponenziell größer.<br />

Konkret: Ich lebe in einer großen<br />

Wohnung. Ich besitze ein iPhone.<br />

Ich habe für mein Unternehmen<br />

ein Elektroauto angeschafft, mache<br />

Langstreckenflüge zu Freunden<br />

oder zu meiner Familie in den USA.<br />

Das mag viele irritieren. Aber nur<br />

weil ich aktivistisch tätig bin, heißt<br />

das nicht, dass ich keine Fehler<br />

mache oder in einer Höhle leben<br />

muss. Diese Erwartungshaltung finde<br />

ich auch falsch, denn sie lenkt vom<br />

eigentlichen Diskurs ab.<br />

Was ist der eigentliche Diskurs?<br />

Wir dürfen Nachhaltigkeit nicht nur<br />

auf die KonsumentInnen abwälzen.<br />

Mit dem Verzicht auf Plastikstrohhalme<br />

und mit dem Kauf von Bio-<br />

Baumwolle allein wird sich die Welt<br />

nicht retten lassen. Denn für die<br />

größten Treibhausgas-Emissionen<br />

sind nicht wir, sondern die Industrie<br />

verantwortlich. Laut einer Studie verursachen<br />

100 Unternehmen 71 Prozent<br />

der weltweiten Emissionen.<br />

Was schlägst du vor?<br />

Dass wir die Politik und die großen<br />

Konzerne in die Pflicht nehmen. Denn<br />

ich kann noch so viele Flugreisen aus<br />

meinem Alltag streichen – aber wenn<br />

jenen, die 70 Prozent der Emissionen<br />

verursachen, weiterhin das Geld in<br />

den Hintern geschoben wird und<br />

Gesetze im Interesse entsprechender<br />

Lobbys verabschiedet werden, ändert<br />

sich leider wenig.<br />

„Oft liegt es<br />

tatsächlich<br />

an der jüngeren<br />

Generation,<br />

mit neuen Ideen<br />

daherzukommen<br />

und ein System<br />

aufzubrechen.“<br />

24 INNOVATOR


Blick für andere:<br />

Alizadeh wirbt<br />

auch für ein<br />

herzlicheres Klima<br />

im täglichen<br />

Miteinander.<br />

SO WEIT,<br />

SO GUT<br />

2010<br />

DER START<br />

Alizadeh<br />

gründet ihren<br />

eigenen<br />

Modeblog<br />

dariadaria.com<br />

2013<br />

DER<br />

WECHSEL<br />

Von nun an<br />

konzentriert<br />

sie sich auf<br />

das Thema<br />

Nachhaltigkeit.<br />

2015<br />

DER APPELL<br />

In der Flüchtlingskrise<br />

engagiert<br />

sich Alizadeh<br />

öffentlich<br />

für Geflohene.<br />

2017<br />

DIE<br />

ERGÄNZUNG<br />

Podcast „a<br />

mindful mess“,<br />

Fashion-Label<br />

dariadéh.<br />

2019<br />

DAS BUCH<br />

Ihr Erstling<br />

„Starkes<br />

weiches Herz“<br />

erscheint.<br />

2019<br />

DIE WAHL<br />

Alizadeh<br />

unterstützt<br />

Die Grünen<br />

bei der österreichischen<br />

Nationalratswahl.<br />

25


26 INNOVATOR


DATEN ­<br />

ABFRAGE<br />

Über 310.000<br />

Menschen folgen<br />

Alizadehs Account<br />

DariaDaria auf<br />

Instagram, auf<br />

Facebook sind<br />

es rund 60.000.<br />

36<br />

verschiedene<br />

nachhaltige<br />

Fashion-Produkte<br />

bietet Alizadeh<br />

in ihrem Shop<br />

dariadeh.com<br />

10–15 Prozent<br />

beträgt Alizadehs<br />

Gewinnmarge,<br />

die sie langsam<br />

steigern will.<br />

50 Cent<br />

spendet Alizadeh<br />

bei jeder Bestellung<br />

an karitative<br />

Organisationen.<br />

Platz 3<br />

erreichte ihr Buch<br />

„Starkes weiches<br />

Herz“ in der<br />

Bestsellerliste.<br />

Wer sich engagieren will, kann also nicht<br />

unpolitisch bleiben?<br />

Absolut. Am Ende des Tages kommt es halt auch<br />

darauf an, die richtigen Parteien zu wählen.<br />

Trotzdem, lass uns einen Schritt zurückgehen:<br />

Was kann ich im Kleinen für den Planeten tun?<br />

Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Aktivismus ist immer<br />

auch eine Frage persönlicher Ressourcen<br />

– das muss ich vorausschicken. Eine alleinerziehende<br />

Mutter mit drei Kindern kann man nicht<br />

dafür verurteilen, dass sie ihre Baby-Bodys bei<br />

H & M kauft und nicht beim ökofairen Label. Ich<br />

finde, jeder soll machen, was er im Rahmen seiner<br />

Möglichkeiten machen kann – und will. Aber,<br />

um eine Antwort zu geben: Einen Impact auf<br />

unser Klima haben etwa Lebensmittel und Landwirtschaft.<br />

Ich kann mich etwa fragen: Will ich<br />

wirklich dreimal pro Woche Fleisch essen? Oder<br />

bloß einmal im Monat?<br />

Oder gleich vegetarisch essen?<br />

Vegetarier leben nicht automatisch nachhaltiger<br />

– mancher Schweizer Käse hat eine schlechtere<br />

Ökobilanz als eine Avocado. Es geht um das<br />

Bewusstsein, woher die Nahrung kommt und<br />

wie sie hergestellt wird.<br />

Was kann ich in Sachen Kleidung machen?<br />

Für mich fasst es ein Zitat von Designerin Vivienne<br />

Westwood gut zusammen: „Buy less. Choose<br />

well. Make it last.“ Konsumiere weniger. Hinterfrage:<br />

Wie viel Kleidung brauche ich wirklich?<br />

Welche Farben lassen sich vielfältig kombinieren?<br />

80 Prozent des Inhalts unseres Kleiderschranks<br />

hängen meist ungetragen herum. Und<br />

wenn ich mir etwas zulege, sollte ich die Sachen<br />

möglichst lange tragen können, sie richtig pflegen<br />

und gegebenenfalls reparieren. So kann<br />

auch Fast Fashion etwas „nachhaltiger“ werden.<br />

Auf Social Media beschränken viele ihr<br />

Engagement auf Hashtags. #greenplanet,<br />

#changetheworld. Entmutigt das?<br />

Nein. Natürlich ist dieser Pseudoaktivismus<br />

manchmal irritierend. Bei Black Lives Matter<br />

haben alle schwarze Kacheln auf Instagram<br />

gepostet und kundgetan, sie unterstützen Black<br />

Business. Ein, zwei Wochen später war nichts<br />

mehr davon zu hören. Aber das hat es schon<br />

immer gegeben. Es gibt Leute, die ketten sich<br />

tagelang an Bäume, andere tragen nur einen<br />

Anstecker mit „Rettet die Natur“.<br />

Warum kommen die einen in die Gänge,<br />

die anderen nicht?<br />

Wenn jemand sich nicht engagiert, heißt das<br />

nicht, dass er oder sie zwangsweise faul ist. Vielleicht<br />

stecken Ängste dahinter, Unwissenheit, ein<br />

Mangel an Zeit und Ressourcen. Das muss man<br />

evaluieren. Und es müssen auch nicht alle gleich<br />

stark aktiv werden. Wichtig finde ich letztlich<br />

nur, dass es Menschen gibt – vor allem in Machtpositionen<br />

–, die die Dinge ausbalancieren und<br />

für sozial-ökologische Gerechtigkeit<br />

sorgen.<br />

Du hast 2010 als Modebloggerin<br />

begonnen und bist nach drei Jahren<br />

zum Thema Nachhaltigkeit umgeschwenkt.<br />

Wie viele haben dich<br />

für diesen Schritt belächelt?<br />

Interessanterweise habe ich bis heute<br />

oft noch den Stempel des Modepüppchens<br />

– obwohl ich seit sieben Jahren<br />

als Unternehmerin, Aktivistin und<br />

Autorin tätig bin. Ich schätze, man<br />

denkt: „Ah, die ist auf Instagram, die<br />

sieht so und so aus“ – und schon hat<br />

man ein Bild im Kopf, was jemand<br />

macht oder nicht macht.<br />

Wie hast du anfangs den Mut gefunden,<br />

öffentlich Themen anzusprechen,<br />

für die es immer kompetentere<br />

ExpertInnen geben wird?<br />

Es ist ein Prozess. Man muss sich<br />

natürlich einlesen und sich an die<br />

Fakten halten, um keine gefährlichen<br />

Falschinformationen zu verbreiten.<br />

Einen Doktortitel braucht es aber<br />

nicht, um am Diskurs teilnehmen zu<br />

dürfen. Wer nicht gleich als <strong>Red</strong>nerIn<br />

auf die Bühne treten will, kann ja<br />

auch erst mal im Hintergrund einer<br />

Bewegung helfen. Für mich persönlich<br />

war sicherlich wichtig, ein Selbstverständnis<br />

dafür zu entwickeln, dass<br />

ich mir Raum in der Gesellschaft nehmen<br />

darf. Gerade als Frau wird man<br />

ja eher dazu sozialisiert, sich kleinzuhalten<br />

und nicht zu laut zu sein.<br />

Du schreibst in deinem Buch, dass<br />

es helfen würde, weniger elitär<br />

mit dem Mikrofon umzugehen.<br />

Was meinst du damit?<br />

Wir sprechen gerne jenen Menschen<br />

Expertenstatus zu, die ein gewisses<br />

Alter, Erfahrung, Titel oder Verbindungen<br />

haben. Aber diese Menschen<br />

haben nicht unbedingt das Richtige<br />

zu sagen. Oft liegt es tatsächlich an<br />

der jüngeren Generation, mit neuen<br />

Ideen daherzukommen und ein System<br />

aufzubrechen. Fridays for Future<br />

und die Klimaschutzbewegung sind<br />

ein schönes Beispiel dafür. Oder der<br />

TED-Talk mit einer 17-jährigen Schülerin,<br />

den ich auch im Buch zitiere.<br />

Sie sagt zu Beginn: „Ihr erwartet jetzt<br />

sicher, dass ich einen Jugendnobelpreis<br />

gewonnen habe, weil ich auf<br />

der Bühne stehen darf.“ Aber ihr<br />

Vortrag thematisiert bloß, dass wir<br />

jungen Menschen zuhören sollen,<br />

auch wenn sie vielleicht noch nichts<br />

„vollbracht“ haben.<br />

INNOVATOR 27


Auf Instagram hast du über 300.000 Follower.<br />

Wie wichtig sind die sozialen Medien fürs<br />

Weltretten?<br />

Ich würde da unterscheiden: <strong>Red</strong>en wir von<br />

einem Individuum oder von einer Bewegung?<br />

Als Einzelperson muss ich nicht unbedingt auf<br />

Instagram oder Twitter sein, obwohl es natürlich<br />

hilft, sein Anliegen bekannter zu machen. Es<br />

gibt Leute, die auch ohne soziale Medien viel bewirkt<br />

haben. Für Organisationen hingegen sind<br />

soziale Medien sicher wichtig – allein schon,<br />

um Veranstaltungen zu posten. Es braucht aber<br />

keinen perfekt betreuten Account – wichtiger<br />

ist eine gute Strategie, damit sich das Wort verbreitet<br />

und die Leute auf die Straße gehen.<br />

Fehler sind erlaubt:<br />

Wer sich für<br />

mehr Nachhaltigkeit<br />

engagiert,<br />

muss deswegen<br />

kein ökologisch<br />

makelloses Leben<br />

führen, findet<br />

Alizadeh.<br />

Weltretten braucht darüber hinaus viel<br />

Optimismus. Wie bewahrt man sich diesen?<br />

Ich glaube, indem man sich einer Sache verschreibt,<br />

aber sich nicht in ihr verliert oder sich<br />

selbst dafür aufgibt. Ich musste mich etwa besser<br />

abgrenzen lernen und mehr auf meine mentale<br />

Gesundheit achten. Das bedeutet, dass ich<br />

bewusst Dinge in meinen Alltag integriere, die<br />

ich liebe und die mich glücklich machen.<br />

„Liebe … oder lass es“ – dein Lebensmotto.<br />

Richtig. Mit dem Hund kuscheln. Freunde<br />

umarmen. Das herrliche Weißbrot essen, auch<br />

wenn das trockene Vollkornbrot wahrscheinlich<br />

ein bisschen gesünder wäre. Liebe ist für mich in<br />

vielen Kleinigkeiten des Lebens zu finden. Diese<br />

Kleinigkeiten ergeben eine Art Schutzmantel,<br />

sie geben mir Kraft. Pragmatisch-rational an<br />

die Dinge heranzugehen hilft aber auch. Luisa<br />

Neubauer, die deutsche Klimaschutzaktivistin,<br />

hat dazu mal gesagt, sie sei „Possibilistin“.<br />

Was ist denn das?<br />

Das heißt, sie ist weder Optimistin noch Pessimistin,<br />

aber sie glaubt an die „possibilities“,<br />

also an Möglichkeiten. Das fand ich sehr schön.<br />

Mit all diesen Möglichkeiten: Ist die Zukunft<br />

vielleicht besser als ihr Ruf?<br />

Ich denke: ja. Wir haben Lösungsansätze für<br />

viele Probleme. Jetzt gilt es nur noch, diese<br />

auch anzuwenden.<br />

Öko-Mode, Klimaschutz, Tierrechte, Flüchtlingshilfe.<br />

Was ist der gemeinsame Nenner<br />

bei all deinen Projekten?<br />

Gerechtigkeit! Ich hatte schon als Kind einen<br />

stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Und<br />

ich schätze, in Summe geht es mir auch um ein<br />

wärmeres Klima in der Gesellschaft. Das beginnt<br />

schon mit kleinen Dingen. Mit Zivilcourage.<br />

Oder dass man der Frau mit dem Kinderwagen<br />

hilft. Jemanden, der verloren aussieht, fragt,<br />

ob sie oder er Hilfe braucht. Sich ehrenamtlich<br />

engagiert.<br />

Du hast mal in einem Vortrag gesagt: Wenn<br />

man übers Weltretten sprechen will, muss<br />

28 INNOVATOR


man auch über die großen Gefühle<br />

sprechen. Du meintest damit aber<br />

nicht etwa Mitgefühl, sondern Wut.<br />

Ich finde es wichtig, der Wut Raum<br />

zu geben, weil sie wie jedes Gefühl<br />

Raum braucht. Gerade Frauen laufen<br />

Gefahr, die zurückgehaltene Aggression<br />

gegen sich selbst zu richten –<br />

weil Wut eine Emotion ist, die ihnen<br />

oft nicht erlaubt wurde. Wut zeigt einem,<br />

wo etwas Ungerechtes passiert.<br />

Was macht dich wütend?<br />

Sehr vieles. Dass unsere Welt alles<br />

und jeden stereotypisieren will.<br />

Massentierhaltung. Die Zerstörung<br />

der Wälder. Oder wenn ich dafür angegangen<br />

werde, dass ich für meine<br />

Wohnung ein gebrauchtes Ikea-Regal<br />

kaufe, weil ich damit angeblich die<br />

Massenmöbel-Produktion unterstütze.<br />

Das macht mich wütend, denn es<br />

ist Kritik an der falschen Stelle. Zuallererst<br />

sollte man die angehen, die<br />

es den Unternehmen leicht machen,<br />

schnell und billig zu produzieren.<br />

Laut Studien erleben Menschen, die<br />

sich ehrenamtlich engagieren, mehr<br />

Gegenwind als Leute, die nichts tun.<br />

Kannst du das bestätigen?<br />

Ja. Als ich noch über Fast Fashion<br />

geschrieben habe, gab’s keine bösen<br />

Kommentare. Aber ich sage mal<br />

so: Wenn man sich von der Idee<br />

verabschiedet, dass alle immer nett<br />

zueinander sein werden, ist das<br />

recht befreiend. Trotzdem nehme ich<br />

manchmal Supervision und Coaching<br />

in Anspruch, um zu lernen, mich noch<br />

besser abgrenzen zu können.<br />

Neben Liebe und Wut ist ein weiteres<br />

Schlüsselthema für dich<br />

Ehrlichkeit. Warum?<br />

Ich glaube, wenn wir alle ehrlicher<br />

wären, hätten wir viele Probleme<br />

nicht: Korruption, Ressourcenverschwendung,<br />

Misstrauen in der<br />

Politik. Würden die Menschen zum<br />

Beispiel zugeben, „Hey, ich hab total<br />

Angst. Diese Sache mit dem Klima ist<br />

so komplex – ich verstehe nicht, was<br />

da passiert“, wäre es leichter, in einen<br />

Dialog zu treten, als wenn sich jemand<br />

im stillen Kämmerchen fürchtet und<br />

sich eine Verschwörungserzählung als<br />

Ventil sucht. Dann wird es schwierig,<br />

zu kommunizieren.<br />

Du hast in kurzer Zeit viel bewegt.<br />

Warum schaffen das deiner Meinung<br />

nach nicht auch Konzerne?<br />

Ich glaube, bei vielen hapert es daran,<br />

„Ich will zeigen:<br />

Ja, man kann ethisch<br />

und ökologisch verantwortungsbewusst<br />

ein Unternehmen<br />

aufziehen.“<br />

dass sie sich keine Hilfe holen. Sie meinen, sie<br />

hätten das Know-how innerhalb ihres Unternehmens<br />

und müssten alles selbst lösen. Und so<br />

passiert es, dass man den immer gleichen CEOs<br />

zuhört. Meine Frage ist: Wieso holt ihr euch nicht<br />

Nachhaltigskeits-ExpertInnen und beratende<br />

NGOs ins Boot? Neuer Input ist wichtig – denn<br />

darauf beruht ja Innovation. Bei dariadéh, meinem<br />

Mode label, arbeite ich etwa mit einer Agentur<br />

für nachhaltige Textilentwicklung zusammen,<br />

um nach neuen Rohstoffen zu suchen.<br />

Wie tief tauchst du in die Materie ein?<br />

Bist du bei dariadéh in jeden Knopf involviert?<br />

Ja, bis ins kleinste Detail. Es ist irre aufwendig,<br />

ein ökofaires Kleidungsstück herzustellen. Was<br />

mir hilft: Durch meine Blog-Erfahrung habe ich<br />

gelernt, vieles aus dem Blickwinkel der Kundin<br />

zu sehen. Mit diesem Wissen kann ich ganz<br />

andere Produkte entwickeln.<br />

Was heißt „andere“?<br />

Wir arbeiten viel mit Materialien, die wenig<br />

im konventionellen Bereich eingesetzt werden.<br />

Lyocell zum Beispiel, eine aus Zellulose bestehende<br />

Faser. Oder wir verwenden ein Garn,<br />

das schadstofffrei in der Natur zerfallen kann.<br />

Oder: Steinnüsse werden zu Knöpfen geschliffen.<br />

Das erfordert natürlich mehr Testläufe, in denen<br />

geprüft wird, wie das Gewebe aufs Waschen<br />

reagiert, aufs Färben, auf Reibung. Das Streben<br />

nach Perfektionismus muss man da ablegen.<br />

Es wird Reklamationen geben, aber am Ende<br />

bringt mich das weiter.<br />

Wie viel Idealismus braucht es, um ein<br />

nachhaltiges Business aufzuziehen?<br />

Sehr viel – zumal es bis jetzt noch keine steuerlichen<br />

Anreize gibt. Dabei sollte es meiner<br />

Mei nung nach genau umgekehrt sein: Jemand,<br />

der schlecht produziert und unfaire Arbeitsbedingungen<br />

schafft, sollte mehr Steuern zahlen<br />

müssen als jemand, der nachhaltig produziert.<br />

Trotzdem habe ich die Vision, dariadéh zu einem<br />

Konkurrenten für Fast Fashion und vor allem skalierbar<br />

zu machen. Ich will zeigen: Ja, man kann<br />

ethisch und ökologisch verantwortungsbewusst<br />

ein Unternehmen aufziehen.<br />

INNOVATOR 29


G R E E N<br />

I S S U E<br />

Blick nach vorn: Auf<br />

ihren Reisen (hier in<br />

Jordanien) zeigt Teal<br />

die Schönheit der<br />

Natur und warnt vor<br />

deren Zerstörung.<br />

Eins mit dem Ozean:<br />

In ihrer Wahlheimat<br />

Hawaii stürzt sich Teal<br />

oft in die Fluten. Unterwegs<br />

hat sie stets ein<br />

rosa Surfboard dabei.<br />

ALISON’S ADVENTURES/CONNER GUEST<br />

PHOTOGRAPHER, SARAH LEE<br />

30 INNOVATOR


ALISON IM<br />

WUNDERLAND<br />

Die Videos der Amerikanerin<br />

Alison Teal sind so<br />

unterhaltsam, dass sie<br />

die Welt verändern: Die<br />

30 Millionen Likes, die<br />

ihre Filme allein auf TikTok<br />

sammelten, können inzwischen<br />

ordentlich Druck<br />

aufbauen. So half ihre<br />

Arbeit etwa, ein Verbot<br />

von Plastiktüten in Kalifornien<br />

durchzusetzen.<br />

TEXT: Maximilian Reich<br />

E<br />

s war früh klar, dass Alison Teal Abenteurerin<br />

werden würde. Sehr früh.<br />

„Ich bin praktisch in ein Abenteuer<br />

hinein geboren“, sagt die Amerikanerin.<br />

„Meine Eltern waren in den Rocky<br />

Mountains. Ein Schneesturm tobte,<br />

und meine Mutter entschied, mich auf<br />

dem Boden einer Blockhütte zur Welt<br />

zu bringen. Das war wie eine Vorsehung<br />

für mein Leben.“<br />

Alison Teal ist heute Weltreisende<br />

in Sachen Umweltschutz. Ihren Videos<br />

(„Alison’s Adventures“) folgen allein<br />

auf TikTok inzwischen über eine Million<br />

Menschen. „Das Tolle an Social Media<br />

ist, dass mir niemand vorschreibt, was<br />

ich zeigen soll“, sagt sie. „Ich kann schockierende<br />

Bilder posten, die um die<br />

Welt gehen, und helfen, Umweltgesetze<br />

zu ändern.“<br />

Ein Video, in dem sie in Los Angeles<br />

auf ihrem Markenzeichen, einem rosa<br />

Surfbrett aus recycelten Kaffeekapseln,<br />

durch einen zugemüllten Fluss paddelt,<br />

half dabei, ein Gesetz durchzubringen,<br />

das Plastiktüten in Kalifornien verbietet.<br />

Ein anderes sorgte dafür, dass in Hawaii<br />

erst jüngst bestimmte Sonnencremes,<br />

die im Verdacht stehen, das Korallensterben<br />

zu verursachen, aus dem Verkehr<br />

gezogen wurden. Erfolge, die nicht<br />

unbemerkt blieben: Das US-Nachrichtenmagazin<br />

„Time“ be zeichnete sie als<br />

„weiblichen Indiana Jones“. Und 2019<br />

wurde sie eingeladen, in einem TED Talk<br />

über ihr Projekt zu sprechen.<br />

Warum Alison die Rolle als Internet-<br />

Star so liegt, ist schnell erklärt: Die<br />

Be gabung liegt in der Familie. Papa arbeitete<br />

als Fotograf für das US-Magazin<br />

„National Geographic“. Auf Reisen nahm<br />

er die Familie mit und unterrichtete die<br />

Tochter selbst. In einem Alter, in dem<br />

andere Kinder Fahrradfahren üben, war<br />

Alison bereits im Basislager des Mount<br />

Everest, streichelte Alpakas in Peru und<br />

lernte, wie man mit Yak-Kot Feuer macht.<br />

Als Homebase baute sich die Familie<br />

eine Art Baumhaus auf Hawaii. „Unser<br />

Strom kommt von einer Solaranlage, und<br />

unser Truck läuft mit Gemüseöl“, sagt sie<br />

und lacht. Eigentlich lacht Alison ständig.<br />

Es scheint fast ausgeschlossen, dass sie je<br />

schlechte Laune hat. Kunststück, bei der<br />

Umgebung.<br />

Ein Schlüsselerlebnis in Sachen Job<br />

hatte Alison 2013: Da nahm sie bei<br />

„Naked and Afraid“ teil, einer Reality-<br />

Show auf Discovery Channel, in der sie<br />

21 Tage auf einer einsamen Insel der<br />

Malediven verbringen musste. „Ich saß<br />

fast einen Monat am Strand und sah,<br />

wie Plastikmüll aus der ganzen Welt<br />

angespült wurde.“ Nach dem Ende der<br />

Show kehrte sie mit einer Kamera zurück<br />

und drehte ein Video über „Trash Island“<br />

– eine künstliche Insel der Malediven,<br />

die als Mülldeponie genutzt wird. Sie<br />

postete den Film auf Facebook und landete<br />

prompt einen viralen Hit. Eine Aufräumaktion<br />

war die Folge. „Da merkte<br />

ich zum ersten Mal, was man mit Social<br />

Media bewegen kann.“<br />

Sie änderte daraufhin das Konzept<br />

von „Alison’s Adventures“ und legt seither<br />

den Fokus ihrer Filme auf die Naturschönheiten<br />

ihrer Reiseziele. „Wenn wir<br />

uns in die Natur verlieben, wollen wir<br />

sie auch schützen“, sagt sie.<br />

Egal, ob in der kanadischen Wildnis<br />

mit Grizzlybären oder auf einer<br />

Farm in Neuseeland: Witz und Augenzwinkern<br />

müssen immer dabei sein. „Ich<br />

bin schließlich keine Aktivistin, sondern<br />

Enter tainerin. Du musst die Sachen mit<br />

Humor machen, dann wollen die Menschen<br />

sie auch sehen.“<br />

Wie es weitergeht? Abwarten. Aber<br />

so, wie die Dinge bei Alison liegen, wird<br />

es sicher ein Abenteuer.<br />

INNOVATOR 31


G R E E N<br />

I S S U E<br />

TINY HOUSE<br />

RAUM­<br />

KAPSEL<br />

Unser Wohnraum<br />

wird knapper, erste<br />

deutsche Politiker<br />

fordern das Verbot<br />

von Einfamilienhäusern.<br />

Die gute Nachricht:<br />

Fürs Leben auf<br />

kleinstem Raum gibt<br />

es smarte Lösungen<br />

– etwa Tiny Houses.<br />

Das Modell Ecocapsule<br />

misst 6,3 Quadratmeter,<br />

bietet mit<br />

Küche, Bad und Bett<br />

aber alles, was man<br />

braucht. Für ein autarkes<br />

Leben auf kleinem<br />

Fuß ist die Kapsel<br />

mit Solar anlage<br />

und Windrad ausgestattet.<br />

Der größte<br />

Vorteil: Sie lässt<br />

sich frei be wegen.<br />

Ab 79.000 Euro;<br />

ecocapsule.sk<br />

32 INNOVATOR


BESSER<br />

GRÜN<br />

LEBEN<br />

Lastenräder mit Extra-Power,<br />

Designerstühle aus Fischernetzen,<br />

klappbare To-go-Becher:<br />

Diese Produkte erleichtern<br />

unser Leben – und erfreuen<br />

gleichzeitig die Umwelt.<br />

TEXT Wolfgang Westermeier<br />

INNOVATOR 33


G R E E N<br />

I S S U E<br />

THERMOSKANNE<br />

GUTE<br />

FLASCHEN<br />

Eine Flasche gegen<br />

die Plastikflut: Wer<br />

eine Ocean Bottle<br />

kauft, finanziert<br />

das Sammeln von<br />

11,4 Kilo Plastikmüll,<br />

was etwa tausend<br />

Plastikflaschen entspricht.<br />

Ein Block-<br />

chain-Überweisungs-<br />

System garantiert,<br />

dass die Sammler<br />

fair bezahlt werden.<br />

Zusatzeffekt: Man<br />

ist selbst im Alltag<br />

noch weniger auf<br />

Plastikflaschen<br />

angewiesen. Die<br />

doppel wandige<br />

Thermos flasche aus<br />

Edelstahl ist clever<br />

konstruiert: Sie hält<br />

Temperaturen über<br />

Stunden konstant,<br />

im Verschlusssystem<br />

ist ein Trinkbecher<br />

integriert, in die<br />

Spülmaschine darf<br />

sie auch. Und im<br />

Boden steckt ein<br />

NFC-Chip, der auf<br />

Wunsch bei jeder<br />

Nachfüllung automatisch<br />

für die Plastiksammler<br />

spendet.<br />

47,95 Euro;<br />

oceanbottle.com<br />

SMARTPHONE-HÜLLE<br />

NATUR­<br />

SCHUTZ<br />

Smartphones sind<br />

längst das Cockpit<br />

unseres Lebens. Um<br />

ihre Nachhaltigkeit<br />

ist es allerdings eher<br />

so lala bestellt. Gut,<br />

dass es erste Alternativen<br />

wie das Fairphone<br />

gibt. Mit dieser<br />

Schutzhülle des<br />

Labels 15:21 statt einer<br />

aus Kunststoff<br />

ist zumindest einmal<br />

ein Anfang gemacht.<br />

Diese ist nicht nur<br />

schockabsorbierend<br />

und besonders<br />

wider standsfähig,<br />

sondern darüber hinaus<br />

aus nachwachsendem<br />

und somit<br />

ressourcenschonendem<br />

Kork.<br />

39 Euro;<br />

1521store.com<br />

OCEAN BOTTLE, DIZZCONCEPT.COM, 1521STORE.COM, GOMI.DESIGN<br />

34 INNOVATOR


ARBEITSPLATZ<br />

ÖKO-<br />

NISCHE<br />

Wer noch nicht bereit<br />

fürs Tiny House<br />

ist, kann schon mal<br />

mit dem kleinen Büro<br />

anfangen: Dieser mit<br />

einer Schiebetür verschließbare<br />

Arbeitsplatz<br />

besteht komplett<br />

aus natürlichen<br />

Materialien wie Holz,<br />

Kork, Wolle und Linoleum.<br />

Smarte Technik<br />

wie ein Luftbefeuchter<br />

und UV-<br />

Strahlen zur Bakterienabwehr<br />

sorgen<br />

für ein angenehmes<br />

Klima. Gedacht ist<br />

die Nische etwa<br />

als Rückzugsort im<br />

Großraumbüro. Oder<br />

als Homeoffice?<br />

Preis auf Anfrage;<br />

dizzconcept.com<br />

POWERBANK<br />

KRAFT­<br />

PAKET<br />

Perfektes Mitbringsel<br />

aus England:<br />

stylishe Powerbank<br />

aus recyceltem Plastik,<br />

wobei Farbe und<br />

Muster bei jedem<br />

Exemplar einzigartig<br />

sind. Zum Laden<br />

kommen ungenutzte<br />

Batteriezellen zum<br />

Einsatz – zum Beispiel<br />

aus ausrangierten<br />

E‐Scootern.<br />

Die Ladekapazität<br />

wird vorab geprüft<br />

und reicht aus, um<br />

ein Smartphone<br />

fünfmal aufzuladen.<br />

69 Pfund; gomi.design<br />

INNOVATOR 35


G R E E N<br />

I S S U E<br />

LASTEN-E-BIKE<br />

RAD­<br />

LADER<br />

„Und wie soll ich meine<br />

Wasserkiste transportieren?“<br />

Wenn<br />

es um die Existenzberechtigung<br />

von<br />

Autos geht, zählt dieses<br />

Argument schon<br />

lange nicht mehr –<br />

schließlich gibt es<br />

Lasten räder mit<br />

E-Motor. Nun können<br />

diese sogar noch<br />

größere Transporte<br />

übernehmen, was sie<br />

auch für Betriebe<br />

interessant macht:<br />

Bis zu 200 Kilo können<br />

die Loadster-<br />

Modelle des Herstellers<br />

Citkar schleppen,<br />

eine Kabine schützt<br />

den Fahrer vor Wind<br />

und Wetter.<br />

Preis auf Anfrage;<br />

citkar.com<br />

BEWÄSSERUNG<br />

SMART<br />

GIESSEN<br />

tem. Der Haken: Die<br />

meisten Modelle werden<br />

von einer simplen<br />

Zeitschaltuhr gesteuert<br />

und wässern<br />

auch dann noch, was<br />

das Zeug hält, wenn<br />

längst der Donner<br />

grollt. Die Cloudrain<br />

hingegen denkt dagegen<br />

mit – und bezieht<br />

Wind, Temperatur,<br />

Feuchtigkeit und<br />

Sonne in ihren Be-<br />

Wer beim Gießen<br />

seines Gartens nicht<br />

immer den Schlauch<br />

in der Hand halten<br />

möchte, braucht ein<br />

Bewässerungssyswässerungsplan<br />

mit<br />

ein. So spart man bis<br />

zu 80 Prozent Wasser.<br />

Mit Kabeln oder<br />

Batterien muss man<br />

sich nicht rumschlagen:<br />

Der Controller<br />

speist sich aus Solarenergie,<br />

dazu gibt’s<br />

eine App.<br />

242,49 Euro;<br />

cloudrain.de<br />

CITKAR.COM, METTE JOHNSEN/WEHLERS, CLOUDRAIN.COM<br />

36 INNOVATOR


MÖBEL<br />

NETZ­<br />

WERK<br />

„Rum“ heißt dieser<br />

Stuhl – und wer da<br />

zuerst an Schnaps,<br />

wettergegerbte<br />

Gesichter und Seemannslieder<br />

denkt,<br />

der liegt gar nicht so<br />

falsch. Denn für diese<br />

Sitzgelegenheit<br />

hat das Kopenhagener<br />

Label Wehlers<br />

sogenannte „Geisternetze“<br />

recycelt,<br />

also Fischernetze,<br />

die herrenlos durch<br />

die Weltmeere treiben.<br />

Daher auch der<br />

Name Rum, der für<br />

„Re-Used Materials“<br />

steht. Im Ozean verfangen<br />

sich Tiere in<br />

den Netzen, und ihre<br />

Fasern tragen zur Mikroplastik-Belastung<br />

bei. In jedem Stuhl<br />

stecken zwei Kilo<br />

Netze, die Stuhlbeine<br />

bestehen aus recyceltem<br />

Stahl. Und<br />

natürlich ist das Möbel<br />

selbst ebenfalls<br />

recycelbar – damit<br />

die nächste Generation<br />

auf Designklassikern<br />

und nicht auf<br />

Müllbergen sitzt.<br />

285,99 Euro;<br />

wehlers.com<br />

INNOVATOR 37


G R E E N<br />

I S S U E<br />

DESINFEKTION<br />

DUFTE<br />

LÖSUNG<br />

Endlich ein Desinfektionsmittel,<br />

das weder<br />

nach Operationssaal<br />

noch nach<br />

Schwarzbrennerei<br />

riecht. Die Produkte<br />

von Haan kommen<br />

stattdessen mit so<br />

exquisiten Düften<br />

wie „Dew of Dawn“<br />

oder „Sunset Fleur“<br />

daher. Ein kleines<br />

Licht gibt Signale,<br />

wie es um den Füllstand<br />

steht oder<br />

wann die Batterie<br />

aufgeladen werden<br />

möchte. Gut für die<br />

Umwelt ist der Spender<br />

nicht nur, weil<br />

sich das Desinfektionsmittel<br />

einfach<br />

und unter Vermeidung<br />

von Plastik<br />

nachfüllen lässt.<br />

Das Unternehmen<br />

unterstützt mit seinen<br />

Gewinnen Brunnenprojekte<br />

in Afrika<br />

und garantiert mit<br />

jedem verkauften<br />

Gerät 627 Liter sauberes<br />

Trinkwasser.<br />

Preis auf Anfrage;<br />

haanready.com<br />

38 INNOVATOR


HAANREADY.COM, EVERDROP.DE, WEAREHUNU.COM<br />

REINIGUNG<br />

SAUBER,<br />

SAUBER<br />

Der Sauereien, die in<br />

herkömmlichen Reinigungsmitteln<br />

lange<br />

enthalten waren (und<br />

teilweise noch immer<br />

sind), wird man sich<br />

erst bewusst, wenn<br />

man sich durchliest,<br />

was in diesen alternativen<br />

Produkten<br />

alles nicht drinnen<br />

ist. Mikroplastik,<br />

Acry late, Phosphate<br />

und Chlor etwa. Aber<br />

neben den umweltfreundlichen<br />

Inhaltsstoffen<br />

gibt es noch<br />

weitere Argumente<br />

für die nachhaltigen<br />

Saubermacher des<br />

Münchener Startups.<br />

Statt am Ende<br />

einer Lieferkette zu<br />

stehen, die hektoliterweise<br />

Glasreiniger<br />

in Einweg-Plastikflaschen<br />

durch die<br />

Nation fährt, lässt<br />

man sich hier einfach<br />

ein paar Tabs nach<br />

Hause schicken. Die<br />

löst man in 500 Milliliter<br />

Wasser – und<br />

wischt los. Das spart<br />

nicht nur jede Menge<br />

CO 2 , sondern obendrein<br />

noch Geld. Gibt<br />

es auch für Spülund<br />

Waschmaschine.<br />

Putzmittel-Starterset<br />

34,99 Euro;<br />

everdrop.de<br />

TRINKBECHER<br />

KLAPPT<br />

SUPER<br />

Hand aufs Herz: Wer<br />

hat im Alltag schon<br />

immer einen Mehrwegbecher<br />

dabei,<br />

um auch bei spontan<br />

auftretender Heißgetränkelust<br />

die Umwelt<br />

zu schonen? Der<br />

Hunu Cup macht es<br />

einem leichter denn<br />

je: Der faltbare und<br />

giftstofffreie Silikonbecher<br />

ist im eingeklappten<br />

Zustand<br />

nur zwei Zentimeter<br />

hoch, passt also<br />

wirklich in fast<br />

jede Hosentasche.<br />

Trotzdem fasst er<br />

Cappuccino-taugliche<br />

265 Milliliter.<br />

Und nach dem Trinken?<br />

Wandert der<br />

Becher bedenkenlos<br />

wieder zurück in die<br />

Tasche. Denn er ist<br />

so konstruiert, dass<br />

die Trinköffnung<br />

beim Zusammenfalten<br />

verschlossen<br />

wird. Entwickelt als<br />

Crowdfunding-Projekt<br />

in London, ist<br />

der Hunu-Becher nun<br />

in über 70 Ländern<br />

weltweit erhältlich.<br />

20,95 Euro;<br />

wearehunu.com<br />

INNOVATOR 39


G R E E N<br />

I S S U E<br />

10 IDEEN FÜR<br />

EINE BESSERE<br />

WELT<br />

Laufen und dabei Bäume pflanzen,<br />

Kaugummi aus biologischem<br />

Anbau, Altkleider als wertvoller<br />

Rohstoff: zehn inspirierende<br />

Geschäftsmodelle, die auch für<br />

unseren Planeten ein Gewinn sind.<br />

TEXT: MARC BAUMANN, DAVID MAYER<br />

GETTY IMAGES, MINDFUL MISSION<br />

40 INNOVATOR


MINDFUL MISSION<br />

PRIMA<br />

FÜRS KLIMA<br />

Karim Abdel-Baky ist ein bemerkenswert<br />

gut gelaunter<br />

Mensch. Nur eine Frage im<br />

Interview lässt ihn kurz ernst<br />

werden: „Glauben Sie, dass<br />

wir den Klimawandel noch<br />

rechtzeitig stoppen können?“<br />

Nach einer kurzen Nachdenkpause<br />

antwortet Abdel-Baky:<br />

„Ich bin überzeugt, durch<br />

Technologie und Verhaltensänderung<br />

können wir das<br />

gewaltige Problem lösen.“<br />

Der 24-Jährige und sein<br />

23-jähriger Mitgründer Christoph<br />

Rebernig wollen ihren<br />

Teil dazu beitragen – ihr Ziel<br />

sind eine Million Abonnenten<br />

für ihr Start-up „mindful<br />

mission“. Mit 8 Euro im Monat<br />

kann man damit seinen<br />

CO 2 -Fußabdruck ausgleichen.<br />

mindful mission berechnet,<br />

wie viel CO 2 man verbraucht,<br />

und finanziert im Gegenzug<br />

dann Klimaschutzprojekte, die<br />

CO 2 einsparen. „Unser Motto<br />

ist dabei: erst vermeiden,<br />

dann kompensieren.“ Als ein<br />

Kreuzfahrtunternehmen seine<br />

CO 2 -Bilanz mit mindful mission<br />

verbessern wollte, lehnten<br />

Sieht doch gleich<br />

besser aus: Auf der<br />

hübschen mindfulmission-App<br />

kann<br />

der Nutzer seine<br />

Fortschritte sehen.<br />

Männer mit Mission:<br />

Karim Abdel-Baky,<br />

24, (o.) und Christoph<br />

Rebernig, 23,<br />

wollen CO 2 -Fußabdrücke<br />

verkleinern.<br />

Abdel-Baky und Rebernig ab,<br />

weil sie keine Möglichkeit<br />

sahen, bei dem Konzern CO 2 -<br />

Emissionen zu reduzieren.<br />

„Wir haben viel Zeit in<br />

einen Algorithmus investiert,<br />

der jedem Nutzer regelmäßig<br />

Tipps gibt, wie er seinen Fußabdruck<br />

reduzieren kann“,<br />

sagt Abdel-Baky. Kurz vor dem<br />

Abitur nahm seine Klasse den<br />

Klimawandel durch, und er<br />

bemerkte: Niemand wusste,<br />

wie groß sein CO 2 -Fußabdruck<br />

ist. Aber wie soll man<br />

etwas bekämpfen, was man<br />

nicht kennt? Seither beschäftigt<br />

ihn das Thema.<br />

Und wie sparen die beiden<br />

CO 2 ? Abdel-Baky ernährt sich<br />

überwiegend vegan und fährt<br />

schon mal 15 Stunden Zug,<br />

um einen Flug zu sparen. Eine<br />

Fernreise gönnte er sich aber:<br />

nach Kalifornien, zu einer einmonatigen<br />

Start-up-Schulung.<br />

mindfulmission.earth<br />

INNOVATOR 41


Gesunder Kreislauf:<br />

Aus alter Kleidung<br />

recycelt Alina Bassi,<br />

31, ein Material, aus<br />

dem sich Mode<br />

oder Möbel<br />

fertigen lassen.<br />

KLEIDERLY<br />

GIB<br />

STOFF!<br />

Als Alina Bassi Verwandte im<br />

afrikanischen Tansania besuchte,<br />

fielen ihr Marktstände<br />

auf, die gebrauchte Kleidung<br />

aus Europa verkauften. „Werden<br />

die das alles los?“, fragte<br />

sich die in Berlin lebende<br />

Britin. Sie begann zu recherchieren<br />

und war geschockt:<br />

87 Prozent unserer Kleidung<br />

landet auf Müllhalden, ein<br />

voller Lastwagen pro Sekunde,<br />

wo sie wegen des hohen<br />

Plastikanteils bis zu 200 Jahre<br />

lang nicht verrottet, oder sie<br />

wird verbrannt und verursacht<br />

Unmengen CO 2 . Das kam der<br />

Chemieingenieurin so sinnlos<br />

vor, dass sie jahrelang an einer<br />

Recylingmethode tüftelte.<br />

Nun macht sie aus Altkleidern<br />

ein plastikähnliches Material,<br />

das sie als Rohstoff verkauft.<br />

Daraus entsteht neue<br />

Mode, aber auch Kleiderbügel<br />

oder Möbel. Kreislauf statt<br />

Vernichtung. Ihre 2018 gegründete<br />

Firma Kleiderly hat<br />

erst sieben MitarbeiterInnen,<br />

aber die Industrie signalisiert<br />

großes Interesse. Der Name<br />

Kleiderly ist eine Hommage<br />

an Deutschland, ihre neue<br />

Heimat. Dass das sehr niedlich<br />

klingt angesichts des<br />

Problems, das die Firma löst,<br />

erfuhr Bassi erst später. „So<br />

gut war mein Deutsch nicht.“<br />

kleiderly.com<br />

MIT EINER PATENTIERTEN<br />

METHODE VERWANDELN<br />

SICH ALTKLEIDER IN EINEN<br />

ROHSTOFF.<br />

JONAS HOLTHAUS, FORSUPERHEROES.COM<br />

42 INNOVATOR


FOR SUPER HEROES<br />

AB JETZT<br />

IMMER FLÜSSIG<br />

Das kann man als Jung-Unternehmer<br />

auch mal machen:<br />

auf seine Eltern hören. Ursprünglich<br />

wollten Friedrich<br />

Klinger und seine Mitstreiter<br />

eine Ernährungs-App starten.<br />

„Aber wenn selbst die Eltern<br />

nach zwei Wochen aufhören,<br />

sie zu nutzen, ist das bezeichnend“,<br />

erzählt er. Nach dem<br />

Rückschlag fiel ihnen auf,<br />

dass die Lebensmittel in ihren<br />

Kühlschränken oft vergammelten,<br />

weil sie nicht zum<br />

Kochen kamen.<br />

So entstand die Idee für<br />

For Super Heros: Trinkmahlzeiten<br />

für alle, die es eilig<br />

haben, sich trotzdem gesund<br />

ernähren und Ressourcen<br />

schonen wollen. Sie bestehen<br />

aus rein pflanzlichen Zutaten<br />

wie Beeren, Nüssen oder Algen,<br />

die nach saisonaler Ernte<br />

gefriergetrocknet werden.<br />

Das Pulver 30 Sekunden mit<br />

Wasser aufgießen, umrühren<br />

– fertig sind Smoothie<br />

oder Shake. Bislang sind ihre<br />

Mahlzeiten alle süß, bald<br />

sollen herzhafte Varianten<br />

folgen. „Eines Tages möchten<br />

wir alle Fast-Food-Produkte<br />

gesund herstellen“, so Klinger.<br />

Klingt nach einer Aufgabe<br />

für Superhelden.<br />

forsuperheroes.com<br />

Food-Revoluzzer (v. l.):<br />

die drei Gründer von<br />

For Super Heroes Friedrich<br />

Klinger, 25, Fabio<br />

Schasse de Araujo, 29,<br />

Simon Breidert, 36<br />

EPAP<br />

WEG<br />

MIT<br />

DEM<br />

WISCH<br />

Bei der Wahl zum deutschesten<br />

aller deutschen Worte<br />

hat die „Belegausgabepflicht“<br />

gute Siegchancen. Wie sehr<br />

das nach Amtsstube und<br />

Currywurstflecken auf Kurzarmhemden<br />

klingt! Man kann<br />

die 2020 eingeführte Belegausgabepflicht<br />

aber auch als<br />

Basis für ein Start-up nutzen,<br />

indem man die gedruckten<br />

Kassenzettel im Einzelhandel<br />

durch eine digitale Spielart er­<br />

setzt. Man empfängt die Rechnung<br />

auf der epap-App und<br />

spart so bergeweise Papier.<br />

Die Idee dazu kam Mit-<br />

Gründer Sebastian Berger im<br />

Auslandssemester. Den Ordnungsfan<br />

machten insbesondere<br />

die langen Kassenzettel<br />

bei Ikea wahnsinnig. Das<br />

musste doch schlauer gehen.<br />

Drei andere Studenten dachten<br />

das auch, und so entstand<br />

das gemeinsame Start-up.<br />

epap funktioniert schon<br />

mit 18 der 20 großen Kassenhersteller<br />

in Deutschland.<br />

Die Integration erfolgt über<br />

die Kassensoftware, die Anschaffung<br />

oder Befestigung<br />

eines Zusatzgeräts ist nicht<br />

nötig. Händler, die epap einsetzen,<br />

zahlen eine Gebühr,<br />

für Kunden soll es bald kostenpflichtige<br />

Zusatzangebote<br />

geben – wie ein digitales<br />

Haushaltsbuch. epap.app<br />

Machen Kasse:<br />

die epap-Gründer<br />

Fabian Gruß, 27,<br />

Sebastian Berger,<br />

25, Gerd Trang, 28,<br />

und Jannis Dust, 20<br />

INNOVATOR 43


Athleten mit Vision: Laurent Petit, 33,<br />

(l.) und Till Harnos, 34, kombinieren<br />

Freizeitsport mit Umweltschutz.<br />

ACTIVE GIVING<br />

LAUFEND<br />

PFLANZEN<br />

Hat jemand die Handynummer<br />

von Cristiano Ronaldo?<br />

Dann bitte bei Laurent Petit<br />

melden. „Es wäre mein Traum,<br />

ihn für unseren guten Zweck<br />

zu gewinnen, aber noch traue<br />

ich mich nicht, jemand so<br />

Berühmten zu fragen“, sagt<br />

der 33-jährige Belgier. Beim<br />

Berühmtwerden ist es wie<br />

beim Laufen – kleine Schritte<br />

führen zum Ziel.<br />

Vor vier Jahren zog Petit<br />

nach Berlin. Er trat einer Laufgruppe<br />

bei und beschäftigte<br />

sich mit dem Thema Umweltschutz.<br />

So entstand die Idee,<br />

den Communitygedanken der<br />

Läufe mit Nachhaltigkeit zu<br />

verbinden. „Meine Freunde<br />

nutzten Fitness-Apps, die<br />

kein höheres Ziel hatten, als<br />

fit zu bleiben. Das wollte ich<br />

ändern.“<br />

Petit ging auf Betriebe zu:<br />

„Ich sagte, ich habe 250 Leute,<br />

die laufen wollen, wie<br />

wäre es, wenn ihr für die<br />

zurückgelegten Kilometer<br />

Bäume pflanzt?“ Die Idee<br />

kam an, zwei Mitgründer<br />

stießen dazu. Seit Juni 2020<br />

ist die App fertig, wer mit ihr<br />

läuft, kann laufend Bäume<br />

pflanzen – finanziert durch<br />

Unternehmen, die in der App<br />

Werbung schalten. Auch Radfahren,<br />

Surfen, Yoga oder<br />

Schwimmen zählen. Nach<br />

sechs Monaten hatten 13.000<br />

aktive User mehr als 160.000<br />

Bäume gepflanzt. Das müsste<br />

mal jemand Cristiano Ronaldo<br />

erzählen. activegiving.de<br />

FOREST GUM<br />

KAU DICH<br />

GLÜCKLICH<br />

Manchmal lohnt es sich, in<br />

Vorlesungen aufzupassen<br />

(okay, fast immer). Thomas<br />

Krämer, 40, jedenfalls hörte<br />

gut zu, als sein Professor in<br />

einem Seminar über Forstwirtschaft<br />

über Chicle sprach,<br />

einen Baumsaft, den man in<br />

Zentralamerika schon vor<br />

500 Jahren wie Kaugummis<br />

kaute. Das, sagt Krämer, hat<br />

sich leider geändert: „99 Prozent<br />

der Leute wissen nicht,<br />

dass wir bei heutigen Kaugummis<br />

auf Plastik rumkauen,<br />

hergestellt aus Erdöl. Denn die<br />

Inhaltsstoffe werden maximal<br />

verschleiert.“ Krämer wollte<br />

es besser machen: „Niemand<br />

hinters Licht führen, keine<br />

Müllberge, fair produzieren.“<br />

Knapp eine halbe Milliarde<br />

Euro ist der Kaugummimarkt<br />

in Deutschland groß, 80 Prozent<br />

davon räumt der US-Konzern<br />

Mars mit verschiedenen<br />

Marken ab. Krämers Konkurrenz-Idee:<br />

zurück zur Natur.<br />

Er begann, selbst Kaugummi<br />

zu kochen. Dass man Pfefferminze<br />

sanft dosieren muss,<br />

lernte er auf die harte Tour –<br />

mit tränenden Augen und aufgerissenen<br />

Fenstern. Er reiste<br />

zu Chicle-Produzenten, gewann<br />

deren Vertrauen. 2019<br />

gründete er Forest Gum – zur<br />

Herstellung von Kaugummi<br />

aus nachhaltiger Forstwirt-<br />

44 INNOVATOR


Beauty-Pionierin:<br />

Jennifer Baum-Minkus,<br />

36, will Nachhaltigkeit<br />

in der Kosmetikbranche<br />

vorantreiben.<br />

PATRYCIA LUKAS/AL-PR.DE<br />

Rock ’n’ Chew: Diese beiden<br />

Herren sind nicht die<br />

Gründer von Forest Gum,<br />

verkörpern den disruptiven<br />

Spirit des Start-ups<br />

aber auf den Punkt.<br />

schaft. Heute gibt es Forest<br />

Gum in zwei Geschmacksrichtungen<br />

(Minze und Beeren)<br />

bereits bei großen Ketten wie<br />

Rewe, Rossmann und Müller.<br />

Dass Forrest Gump bestimmt<br />

Forest Gum kauen<br />

würde, war Thomas Krämer<br />

bei der Namensfindung übrigens<br />

gar nicht bewusst. An<br />

den berühmten, fast gleichnamigen<br />

Hollywood-Hit hatte<br />

er überhaupt nicht gedacht.<br />

forestgum.de<br />

GITTI<br />

GOOD<br />

LACK<br />

Manchmal ist die innere Stimme<br />

der beste Karriere-Coach.<br />

Etwa im Fall von Jennifer<br />

Baum-Minkus. Als sie Anfang<br />

2018 mit Freunden in einem<br />

Berliner Lokal saß und die<br />

Frage aufkam, was jeder tun<br />

würde, wenn er keine Angst<br />

hätte, schoss ihr – zur eigenen<br />

Überraschung – „Glitzernagellack“<br />

in den Kopf.<br />

Es auszusprechen traute<br />

sie sich nicht, doch gleich<br />

nach ihrer Heimkehr morgens<br />

um vier recherchierte sie und<br />

konnte kaum fassen, wie viele<br />

Schadstoffe gängige Produkte<br />

beinhalten, die im Verdacht<br />

stehen, Krebs und Unfruchtbarkeit<br />

zu verursachen. Vom<br />

CO 2 -Fußabdruck der Verpackungen<br />

ganz zu schweigen.<br />

Ihren Konzern-Job bei Coca-<br />

Cola hatte sie – ebenfalls aus<br />

dem Bauch heraus – ohnehin<br />

gerade gekündigt, also machte<br />

sie sich an die Arbeit. Eineinhalb<br />

Jahre entwickelte sie mit<br />

einem Labor eine Nagelfarbe,<br />

die zu 55 Prozent auf Wasser<br />

basiert. „Damit er sich genauso<br />

gut auftragen lässt wie konventionelle<br />

Produkte, müssen<br />

die Farbpigmente im Wasser<br />

stabil bleiben können“, erklärt<br />

Baum-Minkus. Das chemische<br />

Kunststück gelang, die<br />

erste Kollektion ihres Labels<br />

Gitti war 2019 binnen zwei<br />

Wochen ausverkauft. Ohne<br />

16 giftige Stoffe kommen<br />

die Nagelfarben bereits aus,<br />

100 Prozent Schadstofffreiheit<br />

ist das Ziel. Über 20 Mitarbeiter<br />

zählt das Team, zum Sortiment<br />

zählen auch Handpflegeprodukte.<br />

Derzeit arbeitet<br />

Baum-Minkus an der ultimativ<br />

nachhaltigen und dennoch<br />

stylischen Verpackung. Ihrer<br />

inneren Stimme gefällt das.<br />

gitticonsciousbeauty.de<br />

INNOVATOR 45


Höhenflug: Als Mit-<br />

Gründerin eines<br />

Space-Start-ups<br />

schaffte es Kristina<br />

Nikolaus, 26, in die<br />

„30 under 30“-Liste<br />

des US-Magazins<br />

Forbes.<br />

OKAPIORBITS.SPACE<br />

ALL STARS<br />

Ein Metallstück mit einem<br />

Durchmesser von einem<br />

Zentimeter wirkt nicht sehr<br />

bedrohlich. Außer es rast<br />

mit 28.000 km/h durch<br />

die Gegend. Rund 900.000<br />

Teilchen Elektroschrott wie<br />

inaktive Satelliten, Raketenoberstufen<br />

oder eben kleinste<br />

Kollisions fragmente umkreisen<br />

die Erde inzwischen.<br />

Sie können Satelliten stören<br />

oder zer stören. So sehen also<br />

Abfallprobleme im All aus –<br />

und erste Start-ups arbeiten<br />

bereits an Lösungen.<br />

Zum Beispiel okapiorbits.<br />

space, hervorgegangen aus<br />

der Technischen Universität<br />

Braunschweig. Gegen Bezahlung<br />

bietet das Forscher-Team<br />

Kollisionswarnungen und<br />

Empfehlungen für Ausweichmanöver<br />

mit einer Sicherheit<br />

von stolzen 99,999 Prozent.<br />

Dafür wertet eine Künstliche<br />

Intelligenz GPS-Daten von<br />

Satelliten aus, Datenkataloge<br />

und Observationsdaten.<br />

„Im Low Earth Orbit zwischen<br />

400 und 900 Kilometer<br />

Höhe um die Erde ist super<br />

viel los“, sagt Mit-Gründerin<br />

Kristina Nikolaus. Kollisionen<br />

sind selten, die kommerzielle<br />

Raumfahrt dürfte das Risiko<br />

aber erhöhen. Für noch mehr<br />

Nachhaltigkeit im Erd-Orbit<br />

könnten eines Tages Roboterarme<br />

den Schrott einsammeln,<br />

aber hier steht die Forschung<br />

noch am Anfang.<br />

okapiorbits.space<br />

EINES TAGES KÖNNTEN IM<br />

WELTALL ROBOTERARME DEN<br />

SCHROTT EINSAMMELN.<br />

46 INNOVATOR


SIRPLUS<br />

ESSEN<br />

RETTEN<br />

RUEDIGER GLATZ, JULIAN GLAAB, MARKTHALLE NEUN/SIRPLUS GMBH<br />

Drei Isländer in<br />

Berlin (v. o.): die<br />

Klang-Gründer<br />

Oddur Snær Magnússon,<br />

40, Mundi<br />

Vondi, 34, und Ívar<br />

Emilsson, 36<br />

KLANG GAMES<br />

NEUE WELT<br />

Ívar Emilsson ist Experte für<br />

Neuanfänge. Aufgewachsen in<br />

Island, studierte er in Schottland,<br />

arbeitete in Shanghai<br />

und landete im Winter 2012<br />

als Spieleentwickler in Berlin.<br />

Sein erster Eindruck? „Grau,<br />

morbid, furchtbar.“ Doch mit<br />

dem Frühling erwachte seine<br />

Liebe zur Stadt und er startete<br />

mit zwei Co-Gründern<br />

die Gaming-Schmiede Klang<br />

Games. Seit 2017 entwickeln<br />

sie „Seed“ – ein Spiel, das,<br />

Überraschung!, von einem<br />

Neuanfang handelt.<br />

Überlebende einer Erdkatastrophe<br />

gründen eine<br />

Weltraum-Kolonie mit diversen<br />

Ökosystemen und<br />

Wetterkapriolen. Die Spieler<br />

entwickeln eine eigene Gesellschaftsform<br />

und müssen Wege<br />

finden, mit den Ressourcen<br />

umzugehen. Ein Versuchslabor,<br />

eine Vision, „eine nischige<br />

Nische“, so Emilsson. Aber<br />

daraus entstehen ja oft die<br />

größten Hits. 2022 soll „Seed“<br />

als Beta-Version starten.<br />

klang-games.com<br />

Verkäufer mit<br />

Botschaft:<br />

Raphael Fellmer,<br />

37, verhindert<br />

Lebensmittelverschwendung.<br />

Eine Weltreise ohne Geld, ein<br />

Konsumstreik mit Frau und<br />

zwei Kindern, ein Buch über<br />

das Leben mit bewusstem<br />

Verzicht: An Ideen mangelt<br />

es Raphael Fellmer, 37, nicht,<br />

um für sein Herzensthema zu<br />

werben – den Kampf gegen die<br />

Verschwendung von Lebensmitteln.<br />

„Mit nur einem Viertel<br />

unserer Nahrungsabfälle<br />

könnten wir alle Hungernden<br />

der Erde versorgen“, sagt er.<br />

Allein in Deutschland<br />

werden pro Jahr 18 Millionen<br />

Tonnen Lebensmittel<br />

verschwendet, das verursacht<br />

vier Prozent der bundesweit<br />

produzierten Treibhausgase.<br />

„Manche Produkte landen nur<br />

im Müll, weil etwa das Design<br />

ihrer Verpackung veraltet ist<br />

oder weil ihr Mindesthaltbarkeitsdatum<br />

abzulaufen<br />

droht“, sagt Fellmer, dabei<br />

sei vieles sogar noch Jahre<br />

später genießbar. Die von ihm<br />

mitgegründete Bewegung<br />

foodsharing.de vermittelt<br />

nun aussortierte, aber noch<br />

genießbare Lebensmittel<br />

kostenlos weiter. Tausende Betriebe<br />

spenden entsprechende<br />

Produkte, über 100.000 Freiwillige<br />

helfen.<br />

Und weil trotzdem noch<br />

Millionen Tonnen übrig<br />

bleiben, gründete Fellmer<br />

Sirplus, einen Supermarkt mit<br />

Filialen in Berlin und einem<br />

bundesweit liefernden Online-<br />

Shop, in dem jeder die vorab<br />

auf Qualität kontrollierten<br />

Lebensmittel günstig kaufen<br />

oder im Abo beziehen kann.<br />

So kann wirklich jeder dabei<br />

helfen, das von der Bundesregierung<br />

ausgerufene Ziel<br />

zu erreichen, bis 2030 die<br />

Lebensmittelverschwendung<br />

um 50 Prozent zu reduzieren.<br />

sirplus.de<br />

47


Klarer Fahrplan:<br />

Seinen Weg als<br />

Nachhaltigkeits-<br />

Entrepreneur<br />

plante Nico Rosberg<br />

noch als<br />

Formel-1-Pilot.<br />

48 INNOVATOR


G R E E N I S S U E<br />

ICH WAR BEI<br />

FRIDAYS<br />

Text Werner Jessner<br />

Fotos Tom Ziora<br />

FOR<br />

FUTURE<br />

Nico Rosberg, 35, ist der letzte Rennfahrer, der Lewis<br />

Hamilton in der Formel-1-WM besiegen konnte. Danach trat<br />

er zurück und vertritt jetzt als Unternehmer und Gründer<br />

„ grüne“ Werte. Interview mit einem geläuterten Egoisten.


Tthe red bulletin inno vator:<br />

Du bezeichnest dich als „Nachhaltigkeitsunternehmer“.<br />

Was<br />

genau verstehst du darunter?<br />

nico rosberg: Das ist ein wertebasierter<br />

Unternehmer. Jemand,<br />

der nicht nur gewinnorientiert<br />

denkt, sondern versucht, mit seinen<br />

Investments positiv auf die<br />

Gesellschaft oder auch auf die<br />

Umwelt zu wirken.<br />

Wie kam es dazu?<br />

Dieses Versprechen habe ich mir<br />

noch während meiner Formel-1-<br />

Karriere gegeben: Nach der egogetriebenen<br />

Phase würde eine<br />

kommen, in der ich etwas fürs<br />

große Ganze tue. Ich spürte, dass<br />

etwas fehlte.<br />

Man wacht eines Tages auf<br />

und denkt plötzlich an die Allgemeinheit<br />

statt nur an den<br />

eigenen Erfolg?<br />

Es ist ein Prozess, der schon während<br />

meiner aktiven Karriere begann. Ich arbeitete<br />

eng mit einem Psychologen zusammen,<br />

und in der gemeinsamen Arbeit<br />

wurde deutlich, wie viel Kraft man daraus<br />

beziehen kann, wenn man Gutes tut und<br />

an andere denkt. Heute weiß ich: Es fühlt<br />

sich unglaublich toll an, etwas gegen den<br />

Klimawandel zu unternehmen, und es<br />

reißt meine gesamte Mannschaft mit.<br />

Kann man sich als Rennfahrer, der<br />

gegen Lewis Hamilton um die WM<br />

kämpft, Altruismus überhaupt leisten?<br />

Als Sportler musst du Egoist sein, um<br />

Erfolg zu haben. Aber selbst da kann<br />

man versuchen, eine gewisse Balance zu<br />

finden. Man braucht die Rückendeckung<br />

des Teams, der Fans. Ganz allein geht<br />

gar nichts.<br />

War auch schlechtes Gewissen dabei,<br />

das dich vom Im-Kreis-Fahren zur<br />

Nachhaltigkeit gebracht hat?<br />

Ganz klar: nein. Ich bin stolz auf meine<br />

Erfolge im Rennsport. Und man darf<br />

nicht vergessen, wie viele Innovationen<br />

in der Mobilität ihren Ursprung im Motorsport<br />

haben. Sparsame, kompakte Turbomotoren,<br />

Hybridantrieb, Leichtbau durch<br />

Carbonfasern – all das hat in der Formel 1<br />

begonnen.<br />

Welche Idee steckt hinter der Rennserie<br />

Extreme E?<br />

In der Extreme E fahren wir mit Elektro-<br />

Buggies Rennen in fünf Weltregionen, die<br />

vom Klimawandel unmittelbar betroffen<br />

sind. Im Amazonas, wo Wälder gerodet<br />

werden, oder im Senegal, wo die Plastikverschmutzung<br />

der Meere ein riesiges<br />

Thema ist. Extreme E verbindet meine<br />

zwei Leidenschaften: Nachhaltigkeit und<br />

Rennsport. Wir sind ein wertebasiertes<br />

Rennteam und somit hoffentlich eine Inspiration<br />

für andere Sportmannschaften.<br />

Sport hat eine unglaubliche Emotionalität,<br />

und die sollte man für das große Ganze<br />

nutzen: Gutes tun, die große Masse<br />

auf den richtigen Weg leiten, Vorbild sein.<br />

Was sind die Kernwerte, die Extreme E<br />

vertritt?<br />

Ein Beispiel: Wir garantieren, dass wir<br />

die Orte, an denen wir unsere Rennen<br />

fahren, in einem besseren Zustand verlassen,<br />

als wir sie vorgefunden haben.<br />

Aufmerksamkeit für den Klimawandel ist<br />

das eine, aber die unmittelbare Aktion<br />

vor Ort, die Unterstützung der Menschen<br />

dort ist mindestens ebenso wichtig.<br />

Ende 2020 waren wir in Spanien beim<br />

Testen. Wir als Team haben das führende<br />

Aufforstungsunternehmen des Landes<br />

Stets im Bild:<br />

Heute ist Nico<br />

Rosberg auch<br />

als Investor<br />

der TV-Show<br />

„Die Höhle der<br />

Löwen“ bekannt.<br />

50 INNOVATOR


„Das Potenzial,<br />

Geld zu verdienen,<br />

ist genauso<br />

wichtig wie<br />

das Potenzial,<br />

Gutes zu tun.“<br />

INNOVATOR 51


kontaktiert und eine Partnerschaft geschlossen.<br />

Ein Deal mit der Rennstrecke<br />

stellt sicher, dass ein Teil mit Bäumen bepflanzt<br />

wird. Die ersten 100 haben wir eigenhändig<br />

gesetzt. Ein kleiner Schritt, zugegeben,<br />

aber er illustriert, wie wir denken.<br />

Auffällig viele deiner Investments drehen<br />

sich um Mobilität. Meinst du, man<br />

sollte sich nur in Bereichen engagieren,<br />

von denen man eine Ahnung hat?<br />

Mobilität ist natürlich mein Zuhause. Hier<br />

ist meine Leidenschaft, mein Netzwerk,<br />

meine Glaubwürdigkeit. Und es wird im<br />

nächsten Jahrzehnt ein riesiges Thema<br />

bleiben: Energiewende, Elektromobilität,<br />

vielleicht auch Wasserstoff. Von meinen<br />

20 Investments sind drei auf dem Weg<br />

zum Unicorn (Investoren-Fachbegriff für<br />

Unternehmen mit einem Wert von über<br />

einer Milliarde Dollar, Anm. d. <strong>Red</strong>.).<br />

Alle drei haben mit Mobilität zu tun:<br />

Formula E, Lilium (elektrisches Lufttaxi)<br />

und Tier (E-Scooter-Sharing). Aber ich<br />

blicke durchaus über den Tellerrand:<br />

Der Food-Bereich interessiert mich sehr,<br />

auch das aus innerer Überzeugung. Ich<br />

bin Gesundheitsfanatiker.<br />

Gibt es ein Lieblingsprojekt, das<br />

unverhofft zum Erfolg wurde?<br />

Der E-Scooter-Bereich mit Tier war so<br />

eine Geschichte. Der Markt ist wahnsinnig<br />

umkämpft, amerikanische Konzerne<br />

pumpen da Milliarden rein. Anfangs gab<br />

es keine Regulierungen in den Städten,<br />

daher war das Risiko enorm. Vor kurzem<br />

ist der japanische Riesenkonzern Softbank<br />

bei uns eingestiegen, und zwar mit<br />

250 Millionen Dollar. Tier ist weltweit<br />

auf Platz 2 in seiner Branche und Marktführer<br />

in Europa. Es ist schon irre, wie<br />

das abgegangen ist in den letzten Jahren.<br />

Und es zeigt die Kompetenz der Gründer,<br />

in einem so umkämpften Markt so erfolgreich<br />

zu sein.<br />

Mit welcher Geschäftsidee, mit welchen<br />

Qualitäten kann ein neues Projekt<br />

Nico Rosberg als Investor gewinnen?<br />

Die Geschäftsidee muss erstens funktionieren<br />

und zweitens wertebasiert sein.<br />

Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist genauso<br />

wichtig wie das Potenzial, Gutes<br />

zu tun. Darüber hinaus muss ich mit den<br />

Gründern auf einer Wellenlänge sein.<br />

Und sie dürfen nicht stur und von sich<br />

selbst eingenommen sein. Jedes junge<br />

Unternehmen wird sein Geschäftsmodell<br />

mindestens einmal umbauen müssen, um<br />

sich an das eigene Wachstum anzupassen.<br />

Dafür braucht es Flexibilität. Dann interessiert<br />

mich, welche Co-Investoren<br />

bereits an Bord sind.<br />

Siehst du dich denn als reinen<br />

Investor?<br />

Nein, ich bin auch selbst Gründer.<br />

Das Greentech-Festival, eine<br />

Messe für grüne Technologien,<br />

stammt von mir, und auch hier<br />

sind wir in kürzester Zeit zu einem<br />

der führenden Festivals in<br />

Europa geworden. Von Google-<br />

CEO Sundar Pichai bis EU-Kommissionspräsidentin<br />

Ursula von<br />

der Leyen sind echte Hochkaräter<br />

bei uns aufgetreten.<br />

Sind Solarparks und alternative<br />

Antriebe inzwischen bereits<br />

bessere Investments als Tabak<br />

und Waffen?<br />

Ja, absolut. Der Hype in der Investment-Branche<br />

sind genau solche<br />

Unternehmen. Und das ist so cool,<br />

denn das wird die Energie wende<br />

dramatisch beschleunigen! In<br />

den nächsten fünf bis zehn Jahren<br />

liegt die größte Rendite genau in<br />

diesen Themenfeldern. Und letzten<br />

Endes spielt hier auch „ Fridays<br />

for Future“ rein.<br />

Wie genau?<br />

Ich kenne das aus meinem persönlichen<br />

Umfeld: Die Kids eines<br />

großen CEO kommen am Freitag<br />

von der Demo nach Hause und<br />

fragen: „Papa, welchen Beitrag<br />

leistest du zur Klimawende? Du<br />

hast doch alle Möglichkeiten! So<br />

kann das nicht weitergehen!“ Und<br />

prompt wird das in der Vorstandssitzung<br />

in der Woche darauf zum<br />

Top-Thema. Man darf die Power<br />

der Kids nicht unterschätzen.<br />

Die Kids würden schön schauen,<br />

wenn plötzlich mit Nico<br />

„Sport hat eine<br />

unglaubliche<br />

Emotionalität,<br />

und die sollte man<br />

für das grosse<br />

Ganze nutzen.“<br />

DATEN -<br />

ABFRAGE<br />

6<br />

Alter, in dem<br />

Nico Rosberg<br />

erstmals in<br />

einem Kart saß.<br />

23<br />

Siege fuhr<br />

Rosberg in<br />

der Formel 1 in<br />

zehn Jahren ein.<br />

910.000<br />

Abonnenten<br />

zählt Rosbergs<br />

YouTube-Kanal.<br />

35.000<br />

Besucher kamen<br />

2019 zur Premiere<br />

seines Greentech-Festivals.<br />

20<br />

Mal investierte<br />

Rosberg bereits<br />

in verschiedene<br />

Start-ups.<br />

52 INNOVATOR


ein guter Indikator, wie weit wir auf dem<br />

Weg bereits sind, wie akzeptiert E‐Mobilität<br />

mittlerweile ist. Jetzt müssen wir<br />

nur noch den allerletzten Petrolhead<br />

überzeugen, nämlich Rallye-Weltmeister<br />

Walter Röhrl. Aber das schaffen wir auch<br />

noch. (Lacht.)<br />

Was kann man Leuten raten, die nicht<br />

sicher sind, ob E-Mobilität für sie das<br />

Passende ist?<br />

Sich mit dem Thema auseinanderzusetzen<br />

und sich undogmatisch zu informieren.<br />

Nicht jeder muss ein E-Auto<br />

kaufen. In vielen Bereichen ist E-Mobilität<br />

heute der konventionellen bereits<br />

überlegen, aber es hängt immer von den<br />

persönlichen Bedürfnissen ab. Im innerstädtischen<br />

Bereich kann ein E-Auto bereits<br />

heute über fünf Jahre gerechnet die<br />

günstigste Variante sein.<br />

GEPA PICTURES/RED BULL CONTENT POOL, TEAM NICO ROSBERG<br />

Oben: Rosberg nach seinem<br />

Formel-1-Sieg 2014 in Österreich.<br />

Unten: Mit diesem<br />

voll elektrischen SUV startet<br />

Rosbergs Team aktuell<br />

in der Rennserie Extreme E.<br />

Rosberg, ein ehemaliger<br />

Formel‐1‐ Weltmeister, bei<br />

„Fridays for Future“ mitmarschieren<br />

würde.<br />

Hab ich doch schon gemacht! Das<br />

war in Berlin, im Zuge meines<br />

Greentech-Festivals. Ich gebe zu,<br />

da war ich erst mal raus aus meiner<br />

Komfortzone. Als dann ein<br />

neunjähriger Junge neben mir auf<br />

der Bühne stand, war es faszinierend,<br />

zu spüren, mit welcher Leidenschaft<br />

er bei der Sache war.<br />

Das war Enthusiasmus wie in der<br />

Formel 1! Ich versuche, mit meiner<br />

Bekanntheit und meinem<br />

Netzwerk einen Beitrag zu leisten,<br />

dass diese Leidenschaft im<br />

breiten Publikum rüberkommt.<br />

Wie reagieren die Petrolheads<br />

auf einen grünen Abtrünnigen?<br />

Mein Vater (Keke Rosberg, F1-<br />

Weltmeister 1982, Anm.) ist der<br />

ultimative Petrolhead. Als ich<br />

mich an der Formel E beteiligt<br />

habe, hat er mir auf den Kopf<br />

zugesagt, ich sei bescheuert. Inzwischen<br />

stellt er sich für jedes<br />

Rennen den Wecker, so ist er<br />

reingekippt. Leute wie er sind<br />

Was soll mit all den schönen alten<br />

Porsches und Ferraris passieren, die<br />

in den Garagen stehen?<br />

Ich hoffe sehr, dass es nach wie vor einen<br />

Platz dafür geben wird, Klassiker zu genießen.<br />

Das ist unsere Historie, da kommen<br />

wir her. Vielleicht gibt es einmal<br />

einen synthetischen Kraftstoff, der Benzin<br />

ersetzen kann. Ich finde, man muss<br />

altes Kulturgut erhalten. Wir sollten immer<br />

bessere Lösungen suchen, statt mit<br />

Verboten zu agieren.<br />

Besitzt du ein altes Auto?<br />

Ja, einen Mercedes 300 SL Gullwing.<br />

Daheim in Monaco bin ich im Alltag allerdings<br />

meist mit Mobee (Sharing-Dienst,<br />

Anm.) unterwegs, wo man kleine, elektrisch<br />

betriebene Renault Twizy mieten<br />

kann, die man auf Motorrad-Parkplätzen<br />

abstellen darf.<br />

Was kann die Mobilitätsbranche<br />

vom Motorsport lernen?<br />

Perfektion. Keine halben Lösungen.<br />

Und die Investment-Welt?<br />

Geschwindigkeit in den Entscheidungen.<br />

Gerade auch in der Politik wird zu<br />

viel geredet und zu wenig entschieden.<br />

Im Sport läuft es so: Diskussion – Entscheidung.<br />

Diskussion – Entscheidung.<br />

Das ist eine Stärke, die ich aus dem<br />

Sport ins Business mitbringe: Ich entscheide.<br />

Diese lähmende Betulichkeit<br />

gerade in großen Konzernen kann ich<br />

gar nicht leiden.<br />

INNOVATOR 53


Neue Perspektiven:<br />

Auch mit<br />

der Rennserie<br />

Extreme E<br />

engagiert sich<br />

Rosberg für<br />

Umweltschutz.<br />

„Was die Investment-Welt<br />

vom Motorsport lernen kann?<br />

Geschwindigkeit<br />

in den Entscheidungen.“<br />

54 INNOVATOR


Warum bloß fällt mir jetzt dein ehemaliger<br />

Teamchef Toto Wolff ein?<br />

Toto ist ein tolles Beispiel für einen Manager,<br />

der Entscheidungen trifft. Ein echter<br />

Leader. Und er setzt sehr stark auf<br />

das Empowerment seiner Mitarbeiter.<br />

Er agiert nicht wie ein Diktator, sondern<br />

gibt seinen Leuten Vertrauen und Verantwortung.<br />

Jeder fühlt sich stark und mutig<br />

– davon profitiert die gesamte Firma.<br />

Empathie und Anerkennung vom Chef<br />

sind ganz starke Triebfedern. Etwas, was<br />

ich in meiner Firma ebenfalls vorzuleben<br />

versuche.<br />

Wie konkret?<br />

Kleines Beispiel: Wir haben komplettes<br />

Homeoffice eingeführt, und das wird<br />

auch nach der Corona-Pandemie so bleiben.<br />

Das erlaubt zum Beispiel meinen<br />

deutschen Mitarbeitern, bei ihren Familien<br />

leben zu können und nicht nach Monaco<br />

oder Frankreich pendeln zu müssen.<br />

Sie fühlen sich wohl, und das ist in der<br />

Produktivität messbar.<br />

Wie werden wir 2040 unterwegs sein?<br />

Wir werden – jedenfalls in der westlichen<br />

Welt – überwiegend komplett emissionsfrei<br />

unterwegs sein, und zwar tatsächlich,<br />

nicht nur rechnerisch mithilfe von Kompensationsmaßnahmen.<br />

Darüber hinaus<br />

wird es Mobilitätsketten geben. Wir werden<br />

eine einzige Mobilitäts-App haben,<br />

ein Von-A-nach-B-Abo, so wie Netflix.<br />

Dieses Mobilitäts-Netflix wird mir die<br />

Transportkette bereitstellen. Von Berlin<br />

nach Hamburg? E-Scooter bis zum Zug,<br />

in Hamburg steht die autonome Drohne<br />

bereit für den Weg zum Zielort, der etwas<br />

außerhalb der Stadt liegt. Am Abend fahre<br />

ich mit Car-Sharing zum Grillabend mit<br />

meinen Kumpels.<br />

Was löst diese Vorstellung bei dir aus?<br />

Ich freue mich drauf. Es wird uns allen<br />

einen großen Mehrwert geben.<br />

Diese Mobilitätskette führt – anders als<br />

heute – konsequent von Tür zu Tür.<br />

Exakt. Und genau hier muss man wach<br />

sein als Autoland Deutschland: Die Power<br />

des Geschäftsmodells liegt dann in der<br />

App, in der Software. Die Hardware­<br />

Hersteller verlieren genau wie einst die<br />

Handy-Industrie viel an Power. Deutsche<br />

Autohersteller müssen saumäßig aufpassen,<br />

dass es ihnen nicht so geht wie<br />

seinerzeit Nokia. Ich möchte ihnen raten,<br />

dieses Software-Thema nicht von den<br />

Amerikanern oder Chinesen besetzen zu<br />

lassen, sondern dringend eigene<br />

Kompetenz aufzubauen.<br />

Werden wir 2040 so viel unterwegs<br />

sein wie in Zeiten vor<br />

Covid-19?<br />

Bis dahin wird es eine weitere Innovation<br />

geben, auf die ich mich<br />

sehr freue: Wir werden virtuelle<br />

Konferenzen mit Hologrammen<br />

haben. Die fehlende menschliche<br />

Nähe bei Conference Calls werden<br />

wir damit virtuell hinkriegen.<br />

Aber wenn Reisen eines Tages<br />

komplett emissionsfrei sein werden,<br />

spricht auch nichts dagegen,<br />

wieder unterwegs zu sein wie<br />

früher. Es macht ja auch Spaß!<br />

Wie wird man auf die heutige<br />

Gegenwart zurückblicken?<br />

Vielleicht so, wie wir heute auf<br />

die Formel 1 der 1960er-Jahre<br />

zurückschauen. Oder auf eine<br />

Zeit, in der man ohne Sicherheitsgurte<br />

unterwegs war. Wir<br />

werden froh sein, dass die Wende<br />

gekommen ist, und sagen, dass es<br />

viel sinnvoller ist als damals.<br />

Deine Töchter sind heute drei<br />

und fünf Jahre alt. Werden<br />

sie noch einen Führerschein<br />

machen?<br />

Ich vermute: die eine schon, die<br />

andere nicht. Aber das liegt eher<br />

an ihren unterschiedlichen Charakteren.<br />

Die eine ist eher draufgängerisch<br />

und mutig, die andere<br />

eher vorsichtig und zurückhaltend.<br />

Gut, vielleicht sind 50 Prozent<br />

ja auch ein Indikator für die Geschwindigkeit<br />

des Wandels.<br />

Was wäre das Äquivalent zum<br />

Weltmeister-Titel in deiner<br />

Karriere als Nachhaltigkeitsunternehmer?<br />

Die Größe des Impacts all meiner<br />

Projekte. Wie viele Menschen ich<br />

damit bewegt und inspiriert habe.<br />

Wie viel ich dazu beigetragen<br />

habe, etwas zum Besseren zu verändern.<br />

Die Latte liegt mit einem<br />

Formel-1-Titel natürlich hoch,<br />

aber die gute Nachricht ist, dass<br />

meine Karriere als Unternehmer<br />

deutlich länger dauern wird als<br />

die als Rennfahrer.<br />

INNOVATOR 55


JETZT GEHT’S<br />

RICHTIG RUND ... 700.000<br />

Recycelte Autos, ewig haltbare Materialien,<br />

innovative Jobs – die Kreislaufwirtschaft<br />

hat ein großes Ziel: die Rettung unseres<br />

Planeten. Diese Zahlen zeigen, wie diese<br />

Vision Wirklichkeit werden kann.<br />

Wie können wir Produkte entwickeln,<br />

die keine Ressourcen<br />

mehr verbrauchen? Wie dafür sorgen,<br />

dass Materialien nie weggewor<br />

fen, sondern immer wiederverwertet<br />

werden? Und wie können<br />

wir der Natur dabei helfen, sich von<br />

jenen Schäden zu erholen, die wir<br />

ihr durch hohen CO 2 -Verbrauch zugefügt<br />

haben? Indem sie auf diese<br />

Fragen Antworten finden, wollen<br />

die Pioniere der Kreislaufwirtschaft<br />

einen Weg aus der Klima krise finden.<br />

Ein ehrgeiziges Ziel, aber<br />

ein machbares. Wenn alle mit anpacken.<br />

Die Zahlen nebenan zeigen,<br />

welches Potenzial in den Ansätzen<br />

steckt, welche Fortschritte<br />

es heute schon gibt, was jeder tun<br />

kann und warum die Kreislaufwirtschaft<br />

nicht nur für den Planeten<br />

eine gute Nachricht ist.<br />

NEUE ARBEITSPLÄTZE<br />

könnten in der Europäischen<br />

Union auf dem Weg zur<br />

Kreislaufwirtschaft bis 2030<br />

geschaffen werden – etwa<br />

in digitalen Feldern wie Internet<br />

der Dinge, Big Data<br />

oder Künstlicher Intelligenz.<br />

70<br />

MINUTEN<br />

braucht es, um die besonders<br />

langlebigen Jeans des Labels<br />

Hiut Denim in Handarbeit zu<br />

fertigen (statt der industrieüblichen<br />

11 Minuten). Nutzen<br />

sie sich ab, bietet der junge<br />

Waliser Betrieb Reparaturen<br />

und schont so Ressourcen<br />

wie Wasser und Baumwolle.<br />

Text David Mayer<br />

24.000<br />

LITER<br />

Getränke kann ein Lkw transportieren,<br />

wenn diese in<br />

PET-Flaschen oder Alu-Dosen<br />

abgefüllt sind, deren Material<br />

wiederverwertet werden<br />

kann. Weniger als die Hälfte<br />

(11.000 l) ist mit Glasflaschen<br />

möglich. Somit sind bei Variante<br />

eins weniger Fahrten<br />

nötig – was CO 2 einspart und<br />

damit im Sinne des Effizienzgedankens<br />

der Kreislaufwirtschaft<br />

ist.<br />

PROZENT<br />

CO 2 -EMISSIONEN<br />

kann die Kreislaufwirtschaft bis zum Jahr 2030 einsparen.<br />

JOHANNES LANG<br />

56 INNOVATOR


3000<br />

EURO<br />

mehr Haushaltseinkommen<br />

pro Jahr könnte EU-Bürgern<br />

2030 dank Kreislaufwirtschaft<br />

zur Verfügung stehen – etwa<br />

weil Produkte durch effizientere<br />

Fertigung günstiger werden<br />

und Menschen weniger<br />

unproduktive Zeit in Staus<br />

verbringen.<br />

700<br />

METER<br />

unter der Erde deponiert das<br />

Start-up Climeworks in Island<br />

CO 2 , das es zuvor mit eigenen<br />

Filtern aus der Luft geholt hat.<br />

Weltweit stehen schon 14 solcher<br />

Anlagen, und weitere<br />

Gründer verfolgen ähnliche<br />

Konzepte. Ganz nach der Idee<br />

der Kreislaufwirtschaft: Lasst<br />

uns die Natur mit Innovationen<br />

aktiv heilen.<br />

TONNEN<br />

GOLD<br />

befinden sich verbaut in ausgedienten Smartphones<br />

in Deutschlands Schubladen. Wer die<br />

Geräte verkauft oder recyceln lässt, hilft,<br />

ihre Wertstoffe weiter sinnvoll einzusetzen.<br />

PROZENT<br />

DES ALUMINIUMS,<br />

das je produziert wurde, sind immer noch in<br />

Gebrauch, da es – ganz im Sinne der Kreislauf wirtschaft<br />

– lange hält und fast endlos recycelt<br />

werden kann. Übrigens: Die Recyclingrate für Alu-<br />

Getränke dosen in Deutschland beträgt 99 Prozent.<br />

25.000.000<br />

TONNEN<br />

Kunststofffasern werden<br />

jährlich aus PET-Flaschen gewonnen,<br />

aus denen die Textilindustrie<br />

in der Folge Kleidung<br />

herstellen kann. Aktuell<br />

arbeiten Forscher daran,<br />

die Qualität der recycelten<br />

Fasern zu erhöhen.<br />

30<br />

PROZENT<br />

eines in Europa gebauten<br />

Renault bestehen aus<br />

Recycling material. In einem<br />

neuen Werk will der Autohersteller<br />

künftig pro Jahr<br />

10.000 alte E-Autos<br />

zur Wiederverwertung<br />

demontieren.<br />

5TAGE<br />

wächst das Pilzgeflecht heran,<br />

aus dem das Start-up-Unternehmen<br />

Ecovative styroporähnliche<br />

Verpackungen<br />

fertigt. Nach Gebrauch<br />

können sie einfach kompostiert<br />

werden und hinterlassen<br />

so keinen Müll.<br />

QUELLEN<br />

Bund Getränkeverpackungen<br />

der Zukunft, Ecovative, Renault,<br />

Hiut Denim, Ellen MacArthur<br />

Foundation, EU-Kommission,<br />

Textil+Mode, Climeworks, NABU,<br />

Sphera, HDE, European Aluminium,<br />

Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung<br />

STÜCK<br />

PLASTIKTÜTEN<br />

haben die Menschen in Deutschland 2019 im<br />

Schnitt verbraucht. Das macht Mut: 2015 waren<br />

es noch 68. Kreislaufwirtschaft will Materialien<br />

wie herkömmliches Plastik vermeiden, weil ihre<br />

Herstellung viel Energie verschlingt und sie<br />

als Abfall Umweltprobleme verursachen.<br />

INNOVATOR 57


Erde an Rakete<br />

Noch keinen Föhn<br />

– der kommt erst<br />

etwas später zum<br />

Einsatz – bedient<br />

hier Suborbitals-<br />

Mitarbeiter Peter<br />

Scott. Dafür aber<br />

eine Antenne,<br />

die die Kommunikation<br />

mit<br />

der Rakete<br />

ermöglicht.<br />

58 INNOVATOR


MIT DEM<br />

HAARFÖHN<br />

INS ALL<br />

TEXT: Reiner Kapeller<br />

FOTOS: Robert Ormerod<br />

Das Amateur-Raumfahrtprogramm<br />

Copenhagen Suborbitals will bis 2030<br />

eine bemannte Rakete ins All schicken –<br />

ohne Geld und Hightech-Materialien, aber<br />

mit unkonventionellen Ideen und einem Motto,<br />

das kein Nein akzeptiert: Gib dich nicht mit<br />

Ausreden zufrieden, sondern finde einen Weg.<br />

INNOVATOR 59


KOPENHAGEN,<br />

ZENTRALE<br />

SCHWEDEN<br />

OSTSEE<br />

DÄNEMARK<br />

E<br />

BORNHOLM,<br />

DÄNEMARK<br />

SPACEPORT<br />

NEXØ<br />

ABSCHUSS-<br />

BASIS<br />

würde Wochen dauern. Die Männer<br />

vor der Rakete sind Maschinisten<br />

und Ingenieure des Amateur-Raumfahrtprogramms<br />

Copenhagen Suborbitals.<br />

In den vergangenen Wochen<br />

haben sie die Nexø-II-Rakete für<br />

einen Testlauf vorbereitet. Jetzt droht<br />

er zu scheitern. Einer der Ingenieure<br />

streicht sich nachdenklich über seinen<br />

Dreitagebart: „Ich habe mal ein Kabel<br />

in meinem Auto repariert. Das sah<br />

genauso aus. Vielleicht funktioniert<br />

es damit.“ Eine Stunde später kommt<br />

er vom Schrottplatz zurück. In der<br />

Hand hält er ein Bremskabel eines<br />

Fiat-Ducato-Lieferwagens. Das Kabel<br />

passt, die Ventile funktionieren. Die<br />

Tests können wie geplant starten.<br />

EIN SONNTAGVORMITTAG IM SOMMER 2018<br />

AUF DER HALBINSEL REFSHALEØEN. Aus einer<br />

Lagerhalle im Hafen der dänischen Hauptstadt<br />

Kopenhagen tönt aufgeregtes Streitgespräch. Im<br />

Inneren der Halle stehen groß gewachsene Männer<br />

in ölverschmierten Blaumännern vor einer weißen,<br />

knapp sieben Meter hohen Rakete mit oranger<br />

Spitze. Auf der Rakete steht in großen schwarzen<br />

Buchstaben „Nexø II“.<br />

Eigentlich sollte die Rakete bereits die interne Freigabe<br />

für die kommende Woche haben, doch jetzt hat<br />

ein Spezialkabel den Geist aufgegeben. Die Wartezeit<br />

für das neue Kabel beträgt eine Woche. Zu spät<br />

für die bereits von der Stadt erteilte Raketentest-<br />

Genehmigung. Das Fixieren eines neuen Termins<br />

Für Mads Wilson erzählt diese Anekdote,<br />

wie bei Copenhagen Suborbitals<br />

gearbeitet wird: „Wir akzeptieren<br />

keine Ausreden. Wir suchen einen<br />

Weg, wie etwas doch funktionieren<br />

kann. Das ist Teil unserer DNA.“<br />

Mads ist Sprecher und Vorstandsmitglied<br />

des 2008 gegründeten Vereins<br />

Copenhagen Suborbitals. Sechs<br />

unbemannte Raketen haben die gut<br />

hundert Vereinsmitglieder bereits<br />

gestartet. Meist funktionierte alles<br />

nach Plan, etwa bei den Raketenstarts<br />

der HEAT-1X (2011), Sapphire<br />

(2013) oder Nexø II (2018). Manchmal<br />

gab es Teilerfolge. Die Nexø I<br />

(2016) lieferte Messdaten für ein<br />

neues Raketenleitsystem, erreichte<br />

aber nie die erhoffte Geschwindigkeit.<br />

3, 2, 1 – Liftoff!<br />

Die 9,38 Meter<br />

hohe und<br />

1630 Kilogramm<br />

schwere HEAT-1X-<br />

Rakete startete<br />

am 3. Juni 2011<br />

von der mobilen<br />

Plattform Sputnik<br />

in der Ostsee.<br />

THOMAS PEDERSEN<br />

60


1 FALLSCHIRM<br />

Der gut 150 m 2<br />

große Fallschirm<br />

der Raumkapsel<br />

Tycho Deep<br />

Space hängt nun<br />

im Suborbital-<br />

Museum.<br />

2 TRIEBWERK<br />

Beim TM65-<br />

Antrieb wurde<br />

erstmals die<br />

Treibstoff-Kombi<br />

Ethanol und<br />

Flüssigsauerstoff<br />

eingesetzt.<br />

3 RAUMKAPSEL<br />

Die Tycho Deep<br />

Space („Beautiful<br />

Betty“) bietet<br />

Platz für einen<br />

Astronauten.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

INNOVATOR 61


Einmal gab es eine Niederlage: 2014<br />

ging der Antrieb der HEAT-2X-Rakete<br />

bei einem Teststart in Flammen auf.<br />

Mads Wilson: „Wir mussten zusehen,<br />

wie zwei Jahre Arbeit verbrannten.<br />

Aber fünf Minuten nach dem Feuer<br />

sahen wir schon wieder nach vorn:<br />

Okay, bauen wir halt noch eine.“<br />

Mit den Erfahrungen von sechs Raketenstarts<br />

gehen die Suborbitals jetzt<br />

ihr größtes Projekt an. Mit der Spica-<br />

Rakete möchten sie bis 2030 einen<br />

Astronauten in einer Rakete auf<br />

100 Kilometer Höhe bringen. Dort<br />

markiert die Kármán-Linie den Beginn<br />

des Weltraums. Auf die Erde<br />

zurück soll es in einer Kapsel gehen,<br />

die auf den letzten Kilometern vor<br />

„DER STEUERCOMPUTER<br />

DER RAKETE BERECHNETE<br />

FRÜHER DIE KOSTEN<br />

FÜR EXTRA MAYO.“<br />

der Landung von einem Fallschirm<br />

gebremst wird. Gelingt das Projekt,<br />

wäre Dänemark nach Russland, den<br />

USA und China die vierte Nation,<br />

die einen Astronauten in einer selbst<br />

gebauten Rakete ins Weltall schießt.<br />

Die Teammitglieder von Copenhagen<br />

Suborbitals kommen aus den unterschiedlichsten<br />

Bereichen. Manche<br />

haben einen professionellen Weltraum-Hintergrund.<br />

Es gibt einen<br />

Ex-NASA- und einen Ex-ESA-Angestellten.<br />

Ein paar Mitarbeiter haben<br />

Satelliten-Komponenten für Dänemarks<br />

Technische Universität gebaut.<br />

90 Prozent der Suborbitals besitzen<br />

jedoch keine Weltraumerfahrung.<br />

Unter ihnen finden sich Techniker,<br />

Ingenieure, Programmierer und<br />

PR-Leute. Auch ein Kindergartenpädagoge<br />

und ein Physiotherapeut<br />

gehören zum Team. Sie alle haben<br />

ein Faible dafür, Dinge zu sammeln,<br />

auseinander zunehmen und neu<br />

zusammenzubauen. Oft sitzen sie<br />

am Abend nach der Arbeit oder am<br />

Wochenende in zwei insgesamt<br />

tausend Quadratmeter großen und<br />

bis oben hin mit Technikschrott und<br />

Ersatz teilen vollgepackten Hallen.<br />

„Alle arbeiten unbezahlt. Wir veranstalten<br />

an zwei bis drei Tagen pro<br />

Woche Open Workshops und halten<br />

die Gruppen klein. Das macht uns<br />

effi zient“, erklärt Mads.<br />

In den Workshops werden Geräte<br />

repariert, umfunktioniert oder für<br />

den Gebrauch in einer Rakete optimiert,<br />

zum Beispiel ein alter Haarföhn.<br />

Im Inneren der Nexø-II-Rakete<br />

sorgt die warme Luft aus dem Gerät<br />

dafür, dass Schläuche bei Minusgraden<br />

nicht einfrieren. Auch der<br />

Steuercomputer der Rakete wurde<br />

ursprünglich anders eingesetzt.<br />

Einst berechnete er als Teil eines<br />

Burger-King-Kassenterminals die<br />

Kosten für extra Mayo. Verwendung<br />

findet auch eine auf dem Schrottplatz<br />

gefundene Radarkuppel. Sie<br />

verstärkt das Signal des Wi-Fi-Funknetzwerks<br />

auf dem Mission- Control-<br />

Schiff. Damit die Suborbitals bei<br />

einem Start niemanden gefährden,<br />

heben ihre Raketen von einer Plattform<br />

in der Ostsee ab. Den Countdown<br />

starten sie aus sicherer Entfernung<br />

vom Schiff. Manchmal<br />

dienen alte Autos als Ersatzteillager.<br />

Das Bremskabel aus dem Fiat-Ducato-<br />

Kasten wagen ist ein Beispiel dafür.<br />

Die Gaskartuschen, die in Airbags<br />

verbaut werden, ebenso. Damit können<br />

die Suborbitals bei der Landevorbereitung<br />

den Fallschirm aus der<br />

Rakete schießen. Es gibt zwei Gründe,<br />

Sicherheitscheck<br />

Jop Nijenhuis<br />

fixiert die Spitze<br />

der HEAT-2X-<br />

Rakete, in der sich<br />

der zusammengefaltete<br />

Fallschirm<br />

befindet.<br />

62 INNOVATOR


„DIE SUBORBITALS<br />

MÖCHTEN VER-<br />

STEHEN, WIE DINGE<br />

FUNKTIONIEREN.<br />

DAFÜR MÜSSEN SIE<br />

SIE ZUERST MAL<br />

ZERLEGEN.“<br />

warum sie Geräte auseinanderbauen<br />

oder in Elektroschrott nach Ersatzteilen<br />

suchen. Der erste hat mit der<br />

Begeisterung für das Basteln zu tun;<br />

die Suborbitals möchten verstehen,<br />

wie Dinge funktionieren – dafür müssen<br />

sie sie auseinandernehmen. Der<br />

zweite Grund hat mit Geld zu tun.<br />

Das Jahresbudget der NASA beträgt<br />

22,6 Milliarden Dollar. Das der Weltraum-Dänen<br />

100.000 Dollar. Copenhagen<br />

Suborbitals bezahlt damit<br />

Mieten für die Hallen, Material und<br />

anfallende Reparaturen. Zur Verfügung<br />

gestellt wird das Geld von einer<br />

Crowdfunding-Community aus über<br />

600 Personen. Jeder von ihnen überweist<br />

monatlich 10 oder 20 Dollar<br />

auf das Kopenhagener Vereinskonto.<br />

Allein aus Budgetgründen gibt es für<br />

die All-Amateure also Grenzen. Beim<br />

Bau einer Rakete lassen sich diese<br />

aber umgehen: „Es ist mir ein Rätsel,<br />

wie die Falcon-9-Raketen von SpaceX<br />

(Unternehmen von Elon Musk, Anm.)<br />

mit Boostern selbständig landen<br />

und somit wiederverwendet werden<br />

können. Zum Glück machen wir das<br />

nicht. Unsere Rakete muss zwei Dinge<br />

können: in den Weltraum kommen<br />

und ins Meer stürzen.“<br />

Seine Überzeugung bringt Mads so<br />

auf den Punkt: „Wir können bis 2030<br />

mit der Spica-Rakete (benannt nach<br />

einem Stern, Anm.) einen Menschen<br />

ins Weltall bringen, weil Rocket Science<br />

gar nicht immer Rocket Science<br />

ist.“ Das Selbstvertrauen für solche<br />

INNOVATOR 63


64 INNOVATOR


Grenzgänger<br />

Der Niederländer<br />

Jop Nijenhuis zog<br />

der Suborbitals<br />

wegen sogar nach<br />

Kopen hagen. Hier<br />

hält er einen Teil<br />

der Verkleidung<br />

der Nexø-I-Rakete.<br />

Workshop<br />

Viele Materialund<br />

Maschinentests<br />

finden<br />

vor Ort statt. Im<br />

blauen Container<br />

im Hintergrund<br />

ist das offizielle<br />

Büro zu sehen.<br />

1<br />

2<br />

Fallschirmtest<br />

Viele Ideen werden<br />

zuerst im<br />

kleinen Maßstab<br />

umgesetzt. Verlaufen<br />

die Tests<br />

wie erwartet, wird<br />

ein großer Fallschirm<br />

genäht.<br />

Raketenbauer<br />

Thomas Madsen<br />

gehört zum Konstruktionsteam.<br />

Der Ingenieur<br />

entwirft und<br />

designt Bauteile<br />

mit dem 3D-<br />

Programm.<br />

SolidWorks.<br />

1<br />

VERKLEIDUNG<br />

Um Gewicht zu<br />

sparen, wurde<br />

die Außenhülle<br />

der HEAT-2X-<br />

Rakete fast<br />

komplett aus<br />

Aluminium<br />

gefertigt. Über<br />

das Loch haben<br />

die Inge nieure<br />

Zugang zum<br />

Raketenantrieb.<br />

2<br />

FLOSSEN<br />

Anhand der<br />

Z ahlen auf den<br />

Raketen flossen<br />

kann das Team<br />

bei einem Start<br />

mittels Video<br />

feststellen, wie<br />

schnell sich die<br />

Rakete dreht.<br />

INNOVATOR 65


„MIT DEM<br />

FORTSCHRITT<br />

DER TECHNIK IST<br />

DER RAUMFLUG<br />

SOGAR EINFACHER<br />

GEWORDEN.“<br />

Ansagen finden die Hobbybastler<br />

in der Geschichte der Raumfahrt.<br />

Fast alles, was in Kopenhagen<br />

zusammengeschweißt wird, baut<br />

auf der Arbeit der NASA und der<br />

UdSSR der 1950er- und 1960er-<br />

Jahre auf. Konzepte und Theorien<br />

der „Space Race“-Periode sind<br />

seit Jahrzehnten bekannt und<br />

ausführlich beschrieben.<br />

Mit dem Fortschreiten der Technik<br />

ist die Raumfahrt sogar ein facher<br />

geworden. Früher musste eine Raketenhülle<br />

mit maximal 0,1 Millimeter<br />

Toleranz gebaut werden. Das<br />

heißt, das Metall musste an jedem<br />

Punkt der Hülle praktisch gleich<br />

dick sein. War es an einer Stelle<br />

dicker oder dünner, verließ die<br />

Rakete nach dem Start die vorberechnete<br />

Flugbahn. Heute liegt die<br />

Toleranz bei 1 Millimeter. Den zusätzlichen<br />

Spielraum verdanken<br />

die Suborbitals einem Computer-Leitsystem,<br />

das selbständig Korrekturen<br />

vornimmt. Herz dieses<br />

Systems ist ein Arduino-Computer,<br />

den es um 100 Euro im Elektrofachgeschäft<br />

zu kaufen gibt. Wissens-<br />

und Technologiefortschritte<br />

haben den Bau einer Rakete erleichtert<br />

und demokratisiert. Trotzdem<br />

bleibt er eine Wissenschaft.<br />

Wie sehr Details entscheiden,<br />

erfuhren die Suborbitals 2016<br />

beim Liftoff der Nexø-I-Rakete.<br />

Die Rakete entfaltete nie ihre<br />

volle Leistung und schlug nach<br />

kurzem Flug im Wasser auf. Der<br />

Grund: Das Mischverhältnis des<br />

Treibstoffs war nicht perfekt. Suborbital-Raketen<br />

fliegen mit einer<br />

66 INNOVATOR


INFO<br />

So kannst du Copenhagen<br />

Suborbitals<br />

unterstützen.<br />

CROWDFUNDING<br />

Damit die Spica-<br />

Rakete 2030 abheben<br />

kann, ist finanzielle<br />

Unter stützung von<br />

Weltraum-Fans<br />

weltweit erforderlich.<br />

So geht’s:<br />

MACH 2<br />

Bereits mit 10 Dollar<br />

monatlich können die<br />

Suborbitals Bauteile<br />

erstehen. „Mach 2“-<br />

Förderer erhalten<br />

Zugang zu allen<br />

öffentlichen Tests.<br />

MACH 3<br />

Für 20 Dollar pro<br />

Monat steht dein<br />

Name zusätzlich<br />

auf jeder Rakete,<br />

die gestartet wird.<br />

Alle Infos: copenhagen<br />

suborbitals.com<br />

Rocket Man<br />

Mads Wilson vertritt<br />

Copen hagen<br />

Suborbitals<br />

nach außen.<br />

Er ist Sprecher,<br />

TED- Keynote-<br />

Speaker und<br />

Vorstandsmitglied<br />

des Vereins.<br />

Mischung aus 75-prozentigem<br />

Alkohol und Flüssigsauerstoff.<br />

Alkohol ist einfach. Man gibt ihn<br />

in ein Gefäß und weiß, wie viel<br />

drinnen ist. Flüssigsauerstoff ist<br />

heikel. Bei –183 °C ist er flüssig.<br />

Wird er wärmer, beginnt er sofort<br />

zu verdampfen. Das kann gefährlich<br />

werden. In gasförmigem Zustand<br />

braucht Flüssig sauerstoff<br />

860-mal mehr Platz. Damit das<br />

Gas entweichen kann, muss bei<br />

der Befüllung einer Rakete der<br />

Tank ständig belüftet werden.<br />

Weil das Betanken einer Rakete so<br />

komplex ist, wird es erst kurz vor<br />

dem Start gemacht. Man befüllt<br />

den Tank, kühlt den Flüssigsauerstoff,<br />

so gut es geht, schließt das<br />

Ventil und drückt den Startknopf.<br />

Es brauchte drei Versuche, bis die<br />

Ingenieure genau sagen konnten,<br />

wie viel Flüssigsauerstoff gerade<br />

im Tank war.<br />

Zuerst wollten sie die exakte<br />

Menge Flüssigsauerstoff mit einer<br />

Gewichtsmessung berechnen.<br />

„Wir haben unsere Rakete mit<br />

und ohne Treibstoff gewogen.“<br />

An Land hat das funktioniert. Die<br />

Suborbitals starteten ihre Raketen<br />

aber von einer schwimmenden<br />

Plattform. Es klappte nicht.<br />

Dann haben sie in der Mitte des<br />

Tanks einen Stab eingebaut. Alle<br />

fünf Zentimeter wurde darauf<br />

ein Sensor angebracht, der die<br />

Temperatur misst. Damit lässt<br />

sich die aktuelle Menge an Flüssigsauerstoff<br />

berechnen. Die Daten<br />

waren aber nicht genau genug.<br />

Mit ihrem dritten Versuch kopierten<br />

die Suborbitals einen Füllstandssensor<br />

der NASA. Aber<br />

anstatt ihn um 8000 Dollar zu<br />

kaufen, packte das den Ehrgeiz<br />

der Bastler. Also nahmen sie den<br />

alten Flüssigsauerstofftank eines<br />

Spitals unter die Lupe. „Wir zerlegten<br />

ihn und bauten ein kleineres<br />

Gerät, das in den Tank passte.“<br />

Dass jede Sackgasse einen Ausweg<br />

hat, hilft nicht nur den<br />

Weltraum-Dänen. Von ihrem<br />

Mindset profitieren Menschen<br />

weltweit. Mehr als 300 YouTube-<br />

Videos über die Grundsätze von<br />

Physik und Maschinenbau haben<br />

die Suborbitals online gestellt.<br />

„WAS WIR<br />

HIER TUN, IST<br />

GRÖSSER ALS<br />

JEDER EINZELNE<br />

VON UNS.“<br />

Sie halten Universitätskurse im<br />

Raketenbau. Ein Start-up holte<br />

sich jüngst Design- und Test-<br />

Know-how. Und EUROC, Europas<br />

ein ziger Raketen-Wettbewerb,<br />

nahm Suborbitals-Mitglied Jacob<br />

Skov Larsen in die Jury.<br />

„Wir wollen mit unserer Arbeit<br />

Menschen weltweit inspirieren“,<br />

sagt Mads, „und sie ermuntern,<br />

Dinge zu tun, die unmöglich<br />

erscheinen. Wir wollen sagen:<br />

Mach es! Und du wirst staunen,<br />

was mit Leidenschaft alles möglich<br />

wird.“<br />

Seit 2008 verfolgen die Hobbyingenieure<br />

und Weltraum-Fans<br />

aus Kopenhagen unbeirrbar ihren<br />

Traum vom suborbitalen Flug.<br />

Einmal langsamer, einmal schneller,<br />

aber immer mit derselben<br />

unbeirrbaren Überzeugung. Tatsächlich<br />

haben sie einen großen<br />

Teil des Weges bereits zurückgelegt.<br />

Jetzt beginnt der letzte<br />

und schwierigste Teil. Dass sie<br />

es schaffen können, steht für<br />

die Suborbitals außer Frage. Alle<br />

glauben hier fest daran. Für sie<br />

ist es nicht eine Frage der Einstellung.<br />

Für sie ist es maximal<br />

eine Frage der Zeit.<br />

INNOVATOR 67


SCHLAFEN<br />

SMARTES LICHT, TIEFSCHLAF- CHALLENGES,<br />

SCHLAFPHASEN-ANALYSE: HIGHTECH-<br />

GADGETS SOLLEN UNSERE NACHTRUHE<br />

OPTIMIEREN. UNSER AUTOR HAT<br />

AM EIGENEN LEIB ÜBERPRÜFT, OB SIE<br />

IHR VERSPRECHEN HALTEN, UND FRAGT<br />

FORSCHER, WIE WIR UNS ÜBERMORGEN<br />

GUTE NACHT SAGEN WERDEN.<br />

FÜR<br />

68 INNOVATOR


Text:<br />

Tobias Moorstedt<br />

FORTGESCHRITTENE<br />

ALAMY<br />

INNOVATOR 69


Schlaf war lange ein Geheimnis. Fast so, als würde der<br />

menschliche Geist die Kränkung, dass er ein Drittel<br />

seines Lebens quasi ausgeschaltet ist, damit zurückzahlen,<br />

das Phänomen hartnäckig zu ignorieren. Erst<br />

seit Erfindung des EEG (Elektroenzephalogramm)<br />

und bildgebender Verfahren wie etwa MRT (Magnet-<br />

Das Ding auf meinem Nachttisch<br />

sieht aus wie eine Requisite aus<br />

einem Science-Fiction-Film: ein<br />

weißes Oval, unter dessen glänzender<br />

Oberfläche kryptische<br />

Symbole orange schimmern. Eine<br />

Lampe? Ein Lautsprecher? Ein<br />

Wecker? Irgendwie alles. Und<br />

mehr. Fünfzehn Minuten nachdem<br />

ich das Smart-Sleep-Gerät<br />

auf meinen Nachttisch gestellt<br />

und eingeschaltet habe, bin ich auch<br />

schon eingeschlafen. Weg. Wow. Allerdings<br />

war ich halt echt hundemüde.<br />

Schlaf gut! Gute Nacht! Träum schön!<br />

Gibt es freundlichere, friedlichere Aufforderungen<br />

in der deutschen Sprache?<br />

Aber wenn ich abends gegen 22 Uhr<br />

meiner Frau einen Gute-Nacht-Kuss gebe,<br />

haben diese Sätze oft einen fast ängstlichen<br />

Unterton: Schlaf gut. Mach’s gut.<br />

Hoffentlich wird’s nicht so schlimm.<br />

Denn: Unser Baby und die dreijährige<br />

Tochter leben nach dem Rock-’n’-Roll-<br />

Motto „Schlafen kann ich, wenn ich tot<br />

bin“. Schlafentzug gilt nach der Genfer<br />

Konvention als Folter. Gerade weil ich<br />

weiß, wie zerschmettert man sich nach<br />

einer kurzen Nacht mit vielen Unterbrechungen<br />

fühlt, will ich die wenigen<br />

Stunden Schlaf, die uns bleiben, maximal<br />

effizient zur Erholung nutzen – und<br />

teste deshalb ein paar Wochen lang neue<br />

aktuelle Schlaf-Apps und -Gadgets. Meine<br />

Erwartungen sind hoch. „Fühlen Sie<br />

sich ausgeruhter und fitter“, wirbt Philips<br />

für seine Schlaf-Technologien. Wäre das<br />

nicht schön?<br />

In unserem Gästezimmer richten wir ein<br />

temporäres Schlaflabor ein. Im ersten<br />

Schritt muss ich erst einmal eine Menge<br />

Apps auf dem Smartphone installieren,<br />

Nutzerkonten einrichten und AGBs<br />

ab nicken. Das Basis-Set-up: eine Sensor-<br />

Matte von Withings, die ich unter die<br />

Matratze lege, um meine Schlafdauer<br />

und -qualität zu messen. Die anfangs<br />

bereits erwähnte intelligente Lautsprecher<br />

lampe von Philips, die mittels<br />

Lichtstimmung und Geräuschen das<br />

E inschlafen und Aufwachen managen<br />

soll. Dazu noch eine Suunto-Smart-<br />

watch, die meine Schrittzahl und Körperdaten wie Puls<br />

und Blutdruck misst. Natürlich werden all diese Geräte<br />

mit WLAN, Apple Health und meiner Lauf-App Strava<br />

verbunden. Macht doch mit meinen Daten, was ihr<br />

wollt, ich muss ins Bett.<br />

80 Prozent der erwerbstätigen Menschen in Deutschland<br />

schlafen schlecht – seit 2010 ist der Anteil der 35-<br />

bis 65-Jährigen, die von Schlafstörungen betroffen sind,<br />

um 66 Prozent gestiegen. Die WHO rät, dass Erwachsene<br />

regelmäßig sieben Stunden pro Nacht ruhen sollen –<br />

und bezeichnet den verbreiteten Schlafmangel als „globale<br />

Gesundheitskrise“. Wer zu wenig schläft, hat eine<br />

geringere Lebenserwartung und Lebenszufriedenheit –<br />

und eine stark erhöhte Wahrscheinlichkeit für folgende<br />

Schicksalsschläge: Herzinfarkt, Autounfall, Diabetes,<br />

Scheidung, Depression, Krebs und Demenz. Diese<br />

Fakten sind bekannt, aber weil das Problem – „Wann<br />

soll ich schlafen? Ich hab so viel zu tun!“ – so enorm erscheint<br />

wie der Plastikmüllkontinent im Pazifik oder der<br />

Klimawandel, machen wir weiter wie bisher, schlagen<br />

morgens die Augen auf, spüren die bleierne Müdigkeit<br />

in Knochen und Geist und denken für einen Moment,<br />

dass das mit dem Sterben vielleicht doch nicht ganz so<br />

schlimm ist. Kein Wunder, dass Schlafforscher wie<br />

Matthew Walker, Neuropsychiater an der kalifornischen<br />

Universität Berkeley und Autor des Bestsellers „Why We<br />

Sleep“, versuchen, die Menschen aus ihrer Sorglosigkeit<br />

aufzurütteln. „Wer zu wenig schläft, betreibt eine Art<br />

Selbst-Euthanasie“, schreibt er und fügt trocken hinzu:<br />

„Männer, die weniger als sechs Stunden schlafen, haben<br />

kleinere Hoden und das Testosteronlevel eines zehn<br />

Jahre älteren Mannes.“ Vielleicht denkt der Professor ja,<br />

er könne die Wahnsinnigen auf die Art aufwecken?<br />

Auch ich gehe regelmäßig viel zu spät ins Bett. Weil die<br />

To-do-Liste nie leer ist – oder eher: weil ich die seltene<br />

Ruhe und Leere in den späten Stunden des Tages genieße.<br />

Nun aber gehe ich brav um 22.30 Uhr in unser<br />

„Schlaflabor“, die Bedingungen sind laut Health Mate-<br />

App optimal: 18 Grad Celsius, geringe Luftfeuchtigkeit.<br />

Und auch mein Smartphone habe ich in den Schrank<br />

verbannt, weil das blaue Licht des LED-Bildschirms die<br />

Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin unterdrückt.<br />

Ich starte die Lautsprecher-Lampe, die mich in 30 Minuten<br />

in den Schlaf begleiten soll. Man kann zwischen<br />

Regen-Geräuschen, Blätterrascheln und Ozeanwellen<br />

wählen. Das Licht, das das Science-Fiction-Oval aussendet,<br />

ist samtig warm und wird langsam schwächer wie<br />

ein natürlicher Sonnenuntergang (Menüpunkt „ Tropical<br />

Island“). Den Moment, in dem meine künstliche Sonne<br />

ins Meer eintaucht, erlebe ich schon nicht mehr. Die<br />

Nacht jedoch ist unruhig, ich wache dreimal auf. Um<br />

6.15 Uhr ist das Baby wach. Die Health Mate-App zeigt,<br />

dass ich nur zwei kurze Tiefschlafphasen hatte, und<br />

spuckt einen Score von 62 von 100 aus. Dunkelorange.<br />

Ich denke: Herzinfarkt. Demenz. Kleine Hoden. Hilfe!<br />

70 INNOVATOR


1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

BOSE, MYDODOW, SUUNOTO, MUSE, WITHINGS, PHILIPPS<br />

5<br />

6<br />

SCHLUMMER- TECH<br />

Zumal Gadgets schon unsere<br />

(Sport-)Aktivitäten tracken<br />

und verbessern, ist nun auch<br />

der Schlaf dran. Eine Auswahl<br />

aktueller Technik, teilweise<br />

getestet von unserem Autor:<br />

(1) Traumflüsterer: Relax-Töne<br />

und Noise-Masking-Funktion<br />

der Kopfhörer helfen beim<br />

Ein- und Durchschlafen. Bose<br />

Sleepbuds II, 269,95 Euro;<br />

bose.com<br />

(2) Atemcoach: Wirft blaues<br />

Licht an die Decke, an dessen<br />

Bewegung der Nutzer seinen<br />

Atem anpasst und sich so<br />

in den optimalen Einschlafzustand<br />

begibt. 49,90 Euro;<br />

mydodow.com<br />

(3) Aufzeichner: Die High-<br />

End-Smartwatch misst neben<br />

verschiedenen Sport arten<br />

auch Schlafdauer und Schlafqualität.<br />

Suunto 9, 499 Euro;<br />

suunto.com<br />

(4) Kopfsache: Trackt Gehirnwellen,<br />

ermöglicht es, Stress<br />

zu steuern – für effektiveres<br />

Meditieren und Schlafen.<br />

Muse 2, 269 Euro;<br />

choosemuse.com<br />

(5) Unterlage: Sensoren unter<br />

der Matratze werten Atmung,<br />

Herzfrequenz und Bewegung<br />

aus – und das Ganze mündet<br />

in Schlaftipps. Withings<br />

Sleep Analyzer, 129,95 Euro;<br />

withings.com<br />

(6) Erleuchtung: pulsierendes<br />

Licht zum Einschlafen, simulierter<br />

Sonnenaufgang zum<br />

Aufwachen. Philips Sleep &<br />

Wake-up Light, 269,99 Euro;<br />

philips.de<br />

INNOVATOR 71


Der Schlaf,<br />

hier meisterhaft<br />

von Bernini<br />

(1598–1680) in<br />

Stein gemeißelt,<br />

galt lange als<br />

Zei chen der Faulheit.<br />

Zu Unrecht.<br />

J<br />

resonanztomografie) können Forscher in den Kopf hineinschauen<br />

– und zwischen verschiedenen Schlafphasen<br />

wie dem REM-Schlaf (Rapid Eye Movement), in dem<br />

man träumt, oder dem Delta-Schlaf, der besonders tief<br />

und wichtig ist, unterscheiden. Schlaf, erklärt Matthew<br />

Walker, ist der „bislang beste Versuch von Mutter Natur,<br />

den Tod abzuwehren“. Im Schlaf ruhen Körper und<br />

Geist nicht nur, sondern werden aktiv reorganisiert –<br />

als würde man eine Software über das System jagen, die<br />

Viren killt, den Körper-Cache leert und Junk-Files löscht.<br />

eden Tag bekomme ich Push-Nachrichten von<br />

meinen digitalen Schlaf-Coaches, die sich nicht<br />

nur für mein Nachtleben interessieren. „An einem<br />

gesunden Tag macht man 10.000 Schritte“, mahnt<br />

die App. Wenn der Bewegungsradius zwischen<br />

Home, Home-Kita und Home-Office auf 50 bis<br />

100 Quadratmeter schrumpft, ist das gar nicht<br />

so einfach: Die Updates machen mir jedoch gute<br />

Laune. Bis ich sehe, dass meine Frau, mit der ich mich<br />

im Schlaflabor abwechsle, einen Score von 92 hat –<br />

fünf Stunden Tiefschlaf! Keine Unterbrechung. Sofort<br />

sinkt meine Bereitschaft, nach der Arbeit den Müll rauszubringen.<br />

Mach du das doch, du hast ja so gut geschlafen!<br />

Kurz denke ich darüber nach, ob ich eine Privatsphären-Richtlinie<br />

verletze, wenn ich derart über ihren<br />

Schlaf informiert werde. Aber: Mein Ehrgeiz ist geweckt.<br />

Ich schlafe mich noch in den grünen Bereich!<br />

Schlaf muss man nicht lernen. Eigentlich. Schlaf ist ganz<br />

natürlich. Eigentlich. Aber natürlich ist nichts, was der<br />

Mensch macht, wirklich natürlich. Die innere Uhr, die<br />

Tiere und Pflanzen leitet, wird durch unseren freien Willen<br />

und die Einflüsse der Kultur permanent umgestellt<br />

und verdreht. Durch die Bändigung des Feuers, die Erfindung<br />

von Öllampen und später künstlichem Licht wurde<br />

die Schlafphase immer weiter nach hinten verschoben.<br />

Während die Bauern im 19. Jahrhundert im Rhythmus<br />

von Tag und Nacht lebten, konnte man ab der Industrialisierung<br />

in den erleuchteten Fabrikhallen zu jeder Stunde<br />

ICH BRAUCHE NUR VIER<br />

BIS SECHS STUNDEN<br />

SCHLAF. „ DAS IST<br />

HUMBUG“, SO EXPERTEN.<br />

arbeiten. Kein Wunder, dass Schlaf bald<br />

mit Faulheit und Unproduktivität asso ziiert<br />

wurde. Donald Trump rühmt sich<br />

gern, dass er nur vier bis sechs Stunden<br />

Schlaf bräuchte – Schlafmangel war lange<br />

Statussymbol für Leistungsfähigkeit.<br />

Die Forschung hat all das als Humbug<br />

enttarnt. „Lange dachte man, dass Schlaf<br />

dem Gedächtnis nur deshalb hilft, weil<br />

man keine neuen Informationen aufnimmt“,<br />

sagt Professor Jan Born, Neurowissenschaftler<br />

an der Universität Tübingen<br />

und der renommierteste Schlafforscher<br />

im deutschsprachigen Raum.<br />

Heute weiß man, dass im Schlaf neu aufgenommene<br />

Daten auf neuronaler Ebene<br />

bearbeitet und ins Langzeitgedächtnis<br />

verschoben werden. „Und das ist nicht<br />

nur Copy & Paste“, sagt Born. „Es wird<br />

der Kern der Erinnerung gespeichert –<br />

während Details vergessen werden. Wir<br />

beginnen erst, das genau zu verstehen.“<br />

ALAMY<br />

72 INNOVATOR


Und diese Funktion des Schlafs kann<br />

man nutzen. Wenn er eine wichtige <strong>Red</strong>e<br />

halten muss, liest Born sich das Skript<br />

vor dem Einschlafen laut vor.<br />

Nach zwei Wochen des Schlaf-Experiments<br />

fühle ich mich nicht un bedingt<br />

ausgeschlafen, aber gut, weil ich meine<br />

Müdigkeit nicht hinnehme, sondern<br />

versuche, durch minimalinvasives Biohacking<br />

mein Leben (und meine Lebenserwartung)<br />

zu verbessern. Auf den ersten<br />

Blick sind Hightech und guter Schlaf<br />

zwar ein Widerspruch. „The future of<br />

sleep is a return to the past“ – die<br />

Zukunft des Schlafens liegt in einer Rückkehr<br />

in die Vergangenheit, schreibt auch<br />

Matthew Walker. Der Mensch müsse<br />

wieder lernen, wie ein Tier zu schlafen –<br />

einfach regelmäßig und ausreichend die<br />

Augen schließen, im Einklang mit der<br />

inneren Uhr. Schlaf-Papst Walker sagt:<br />

„Eine Möglichkeit, eine gesunde neue<br />

Gewohnheit dauerhaft zu leben, ist die<br />

Auseinandersetzung mit den eigenen<br />

Daten.“ Selbst wenn man so die Schlafmenge<br />

nur um 15 Minuten pro Tag<br />

erhöhe, mache dies einen signi fikanten<br />

Unterschied über die gesamte Lebensspanne<br />

aus und würde Billionen von<br />

Dollar in der Weltwirtschaft ein sparen,<br />

schreibt er in „Why We Sleep“.<br />

D<br />

ie Zukunft des Schlafs kann man<br />

schon heute im Weltraum bewundern.<br />

Die Astronauten der International<br />

Space Station (ISS) litten<br />

lange unter Schlaflosigkeit, weil sie<br />

alle 90 Minuten um die Erde rasen<br />

und so in 24 Stunden 16 Son nenauf-<br />

und -untergänge erleben. Die<br />

NASA installierte deshalb spezielle Lampen<br />

in der Raumstation, die die sich verändernde<br />

Lichtstimmung eines Erdentages<br />

simulieren. Diese Technologie kostete<br />

die NASA bestimmt Unsummen – aber<br />

weil es bald erschwingliche Geräte geben<br />

wird, die den Schlaf und den zirkadianen<br />

Rhythmus einer Person aufzeichnen, kann<br />

man diese mit Smart-Home-Lösungen<br />

verbinden. Schlafforscher träumen von<br />

einem Haus, in dem alle Bildschirme und<br />

Leuchtmittel über den Biorhythmus des<br />

Bewohners informiert sind – und, je näher<br />

die Schlafenszeit rückt, das blaue<br />

Licht durch rotes, warmes Licht ersetzen.<br />

Das Smart Home kommuniziert direkt<br />

mit unserem vegetativen Nervensystem.<br />

Wir alle werden Terranauten in unserer<br />

maßgeschneiderten Raum-Station sein.<br />

Die größten Fortschritte für den Schlaf<br />

werden allerdings nicht im Weltraum<br />

und Hightech-Laboren erreicht, sondern<br />

IN DER NACHT SICKERN<br />

NEUE DATEN INS<br />

LANGZEITGEDÄCHTNIS.<br />

auf der Schulbank. „Wir unterrichten Kinder und Jugendliche<br />

in Sexualität und Ernährung“, sagt Jan Born,<br />

Schlaf hingegen tauche in den Lehr büchern kaum auf.<br />

Zwar könne jeder Einzelne auf sein Verhalten achten,<br />

aber am Ende seien Veränderungen auf der gesellschaftlichen<br />

Ebene nötig. Es sei ja absurd, wenn man den Kindern<br />

in der Schule erklärt, dass es Menschen gibt, die<br />

eher Frühaufsteher (Lerchen) oder eher Nachtmenschen<br />

(Eulen) sind – und der Schulgong trotzdem für<br />

alle um 8 Uhr läutet. Warum also nicht: Unterricht zwischen<br />

10 und 16 Uhr? Gleitzeit in der Schule? Individualisierte<br />

Stundenpläne? Eine ähnliche Flexibilität müsste<br />

genauso auf dem Arbeitsmarkt ent stehen. Vielleicht<br />

ist die aktuelle Homeoffice-Erfahrung ein guter Impuls.<br />

In einer Kernzeit zwischen 12 und 15 Uhr finden die<br />

meisten (Video-)Konferenzen statt – ansonsten organisieren<br />

sich alle die Arbeit nach ihren Bedürfnissen.<br />

Vor ein paar Jahren hätte ich mit einem Sleep Score von<br />

69 noch im Büro angeben können: Guckt, was für ein<br />

harter Workaholic ich bin! Durch den Achtsamkeitstrend<br />

ändert sich das. Der US-Gesundheitskonzern Aetna<br />

etwa zahlt Mitarbeitern eine Prämie, wenn sie mehr<br />

als 20 Nächte am Stück mehr als 7 Stunden schlafen –<br />

maximal 500 Dollar. Auch Matthew Walker denkt über<br />

ein „sleep credit system“ nach, in dem Unter nehmen vernünftiges<br />

Schlafmanagement durch Boni oder zusätzliche<br />

Urlaubstage belohnen könnten. Dazu müsste man<br />

seinen Sleep Score allerdings mit dem Arbeitgeber teilen<br />

oder mit der Krankenkasse – datenschutztechnisch<br />

eine gruselige Vorstellung. Aus medi zinischer Sicht aber<br />

interessant, um Schlafstörungen mit therapeutischen<br />

Apps und Schulungen zu bekämpfen. Meine Schlaf-App<br />

bietet bereits die Funktion an, meine Daten mit meinem<br />

Arzt zu teilen. Wir leben in der Gegenwart der Zukunft.<br />

In der vierten Woche erreiche ich einen Score im grünen<br />

Bereich. 92. Obwohl ich nur 7 Stunden und 3 Minuten<br />

in Morpheus’ Armen war. Weil ich regelmäßig ins Bett<br />

gehe, weniger Alkohol trinke und das Smartphone in<br />

der letzten wachen Stunde nicht mehr anfasse. „Was<br />

könnten wir noch machen?“, frage ich Professor Born.<br />

„Eine aktuelle Innovation“, erklärt er, „sind Sensoren-<br />

Bänder, die man sich um den Kopf legt und die die langsamen<br />

EEG-Wellen des Tiefschlafs messen. Damit kann<br />

man dann, präzise auf diese langsamen Wellen getaktet,<br />

das Gehirn stimulieren, um gezielt den Schlaf zu vertiefen.“<br />

So könne man bald Menschen mit Schlafstörungen<br />

besser helfen als mit Medikamenten. Eine Zukunft, in<br />

der wir alle verkabelt und mit Metallbändern um den<br />

Kopf im Bett liegen, sieht Born trotzdem nicht. „Die Daten<br />

sind alle gut und schön“, sagt er, „aber wer zu viel<br />

Kontrolle ausüben will, bleibt wach. Wir müssen lernen,<br />

uns fallen zu lassen.“ Das wäre wirklich ein Traum.<br />

INNOVATOR 73


WIE WIR MORGEN FAHREN<br />

WERDEN: REVOLUTIONÄRE<br />

KONZEPTE UND NACHHALTIGE<br />

LÖSUNGEN, ALTERNATIVE<br />

ANTRIEBE UND SPANNENDE<br />

NORMALITÄT. SELTEN WAR<br />

DIE ZUKUNFT DER MOBILITÄT<br />

SO AUFREGEND WIE JETZT.<br />

EINSTEIGEN ,<br />

BITTE!<br />

HERSTELLER<br />

74 INNOVATOR


Wasserstoff extrem:<br />

Der von einer Brennstoffzelle<br />

angetriebene Hyperion XP-1<br />

ist 355 km/h schnell<br />

und hat 1600 km Reichweite.<br />

INNOVATOR 75


MORGEN<br />

MERCEDES<br />

VISION AVTR<br />

Der Name deutet<br />

darauf hin, dass diese<br />

fahrbare Studie im<br />

kommenden „Avatar“-Film<br />

auftauchen könnte.<br />

Statt mit Lenkrad und<br />

Pedalen steuert man über<br />

eine zentrale Kommandoeinheit.<br />

Funktionen<br />

aus dem ehemaligen<br />

Armaturenbrett werden<br />

als Icons auf die<br />

Hand fläche projiziert.<br />

TREND<br />

SCHNELLER<br />

LADEN<br />

Vorbei die Zeiten, als man<br />

E-Auto-Fahrer an den Ladestationen<br />

Zeit totschlagen sah.<br />

Dank 800-Volt-Technologie<br />

wird man künftig eher in Minuten<br />

statt Stunden rechnen.<br />

HERSTELLER<br />

76 INNOVATOR


HEUTE<br />

FORD<br />

MUSTANG<br />

MACH-E<br />

Heck- oder Allradantrieb,<br />

198 bis<br />

258 PS, Reichweite<br />

je nach Modell<br />

von 400 bis 610 km:<br />

Fords erster<br />

E-Schuss sitzt.<br />

Batterietechnisch?<br />

Da ist die 198-PS-<br />

Version schon nach<br />

10 Minuten Ladezeit<br />

für die nächsten<br />

100 Kilometer<br />

bereit. Über diese<br />

Daten hinaus glänzt<br />

das Auto mit dem<br />

Pferd als Logo mit<br />

so smarten Details<br />

wie einem zweiten<br />

Kofferraum vorn und<br />

einem mit 39 cm<br />

Bildschirm diagonale<br />

rekordverdächtig<br />

großen Touchscreen.<br />

Als Schlüssel wird<br />

das Smartphone des<br />

Besitzers verwendet:<br />

Über Bluetooth<br />

erkennt der Mustang<br />

seinen Reiter und<br />

entriegelt die Türen.<br />

Gestartet wird<br />

per Knopf.<br />

HEUTE<br />

BMW<br />

IX3<br />

Die Alltagstauglichkeit<br />

eines E-Autos<br />

steht und fällt mit<br />

Ladegeschwindigkeit<br />

und Reichweite.<br />

Der Akku des neuen<br />

iX3 hat eine um<br />

20 Prozent gesteigerte<br />

Energiedichte<br />

gegenüber den bislang<br />

verwendeten<br />

Modellen, man kann<br />

ihn also kleiner und<br />

leichter bauen.<br />

Die Reichweite<br />

beträgt trotzdem<br />

alltagstaugliche<br />

460 km. Die Hochvolt-Batterie<br />

ist<br />

in 34 Minuten zu<br />

80 Prozent voll, in<br />

schlanken 10 Minuten<br />

sind 100 km<br />

Reichweite nachgeladen.<br />

Leistung:<br />

286 PS, die Höchstgeschwindigkeit<br />

ist auf 180 km/h<br />

beschränkt.<br />

INNOVATOR 77


MORGEN<br />

HYPERION<br />

XP-1<br />

Das kalifornische Start-up<br />

verpackt Wasserstoff-<br />

Technologie in ein Hypersportler-Kleid.<br />

1031 kg,<br />

schnell lad- und entladbare<br />

Superkondensatoren<br />

statt einer Batterie, Carbon,<br />

Titan. 2022 soll die<br />

Produktion beginnen.<br />

TREND<br />

BRENNSTOFFZELLE<br />

An Bord wird Wasserstoff in<br />

elek trische Energie umgewandelt,<br />

der Rest funktioniert<br />

wie bei heutigen E-Autos –<br />

allerdings ohne große und<br />

schwere Batterie, was die Fahrleistungen<br />

auf ein neues Level<br />

hebt. Und aus dem Auspuff<br />

kommt statt CO 2 Wasserdampf.<br />

HERSTELLER<br />

78 INNOVATOR


GESTERN<br />

MERCEDES<br />

GLC F-CELL<br />

Und schon wieder<br />

vorbei: Nach 3000<br />

gebauten Exemplaren<br />

lief jüngst die<br />

Produktion des einzigen<br />

europäischen<br />

Serien-Pkw mit<br />

Brennstoffzelle<br />

aus. War bloß die<br />

Reichweite mit<br />

rund 300 km zu<br />

knapp ausgelegt?<br />

Das Netz an<br />

Wasser stoff-<br />

Tankstellen zu<br />

gering, um einen<br />

globalen Hit zu<br />

landen? Oder haben<br />

die Akkus einen<br />

so großen Schritt<br />

nach vorn gemacht,<br />

dass konventionelle<br />

E-Autos der komplizierten<br />

Brennstoffzelle<br />

den Garaus<br />

gemacht haben?<br />

Vermutlich war es<br />

eine Kombination<br />

aller drei Faktoren.<br />

HEUTE<br />

HYUNDAI<br />

NEXO<br />

Im Unterboden und<br />

unter der Rückbank<br />

sind drei Tanks mit<br />

einer Wandstärke<br />

von 4,5 cm verbaut,<br />

in die der Wasserstoff<br />

mit 700 Bar (!)<br />

strömt. Das dauert<br />

nicht länger, als<br />

würde man Erdgas<br />

tanken. Sind die<br />

Tanks voll, kommt<br />

der 163 PS starke<br />

Hyundai 666 km<br />

weit – das ist<br />

deutlich mehr als<br />

die meisten konventionellen<br />

E-SUV<br />

dieser Klasse. Da<br />

die Brennstoffzelle<br />

extrem saubere<br />

Luft braucht, werden<br />

Mikro partikel<br />

durch einen Hochleistungsfilter<br />

aufgefangen. Die<br />

Außenluft ist<br />

danach also reiner<br />

als zuvor!<br />

INNOVATOR 79


HEUTE<br />

VW<br />

ID.4<br />

Sieht man den<br />

kleineren ID.3 als<br />

E-Golf, ist der ID.4<br />

das Pendant zum<br />

SUV Tiguan. Mit<br />

204 PS und einer<br />

Reichweite von<br />

522 km lässt sich<br />

im Alltag problemlos<br />

auskommen.<br />

Der Fahrer entscheidet,<br />

ob das<br />

Auto frei rollen soll,<br />

wenn er vom Gas<br />

geht, oder doch<br />

lieber abbremsen<br />

und Energie zurückgewinnen.<br />

Kluges<br />

Detail bei den<br />

Assistenz systemen:<br />

Sie greifen auch<br />

auf Navi-Daten zurück,<br />

reduzieren so<br />

vor Ortsgebieten,<br />

Kreisverkehren<br />

oder Kreuzungen<br />

selbständig vorab<br />

die Geschwindigkeit<br />

und sparen<br />

Strom.<br />

HEUTE<br />

ŜKODA<br />

ENYAQ IV<br />

Die Tschechen<br />

waren schon immer<br />

die Meister von<br />

schlauen Details.<br />

Man denke nur an<br />

den integrierten<br />

Regenschirm in<br />

der Fahrertür. Wie<br />

legt man das in die<br />

digitale Welt um?<br />

Zwei Beispiele:<br />

Die Innenraumtemperatur<br />

lässt<br />

sich fernbedient<br />

übers Smartphone<br />

steuern. Heiß, kalt?<br />

Wohltemperiert!<br />

Oder: Ein Tür-Alarm<br />

erkennt, wenn Sie<br />

aussteigen wollen,<br />

während ein Radfahrer<br />

daherkommt,<br />

und warnt. Das<br />

erste E-SUV von<br />

Škoda ist ein enger<br />

Verwandter des<br />

VW ID.4, maximal<br />

204 PS stark<br />

und kommt bis<br />

zu 510 km weit.<br />

80 INNOVATOR


MORGEN<br />

RENAULT<br />

EZ- GO<br />

Die Studie kommt ohne<br />

konventionelles Cockpit aus<br />

und bietet sechs Personen<br />

Platz, die bequem über<br />

eine Front-Tür einsteigen –<br />

dank Rampe barrierefrei.<br />

Der E-Antrieb steckt in<br />

der Bodenplatte. Einsatzbereich:<br />

selbstfahrendes<br />

Shuttle in Ballungszentren.<br />

TREND<br />

AUTOMATISIERTES<br />

FAHREN<br />

Selbstfahrende Autos sind<br />

ein alter Traum der Techniker.<br />

Schritt für Schritt hat man in<br />

den letzten Jahren Erfahrungen<br />

mit Steuer- und Kontrollsystemen<br />

gewonnen. Auf dem<br />

fünfstufigen Fahrplan zum<br />

voll autonomen Fahren kommen<br />

dieser Tage die ersten Modelle<br />

mit Stufe 3. Hier lenken,<br />

bremsen und beschleunigen<br />

Autos erstmals für einen<br />

definierten Zeitraum ganz<br />

selbständig. Der Fahrer muss<br />

nur eingreifen, wenn das<br />

System ein Problem erkennt.<br />

HERSTELLER<br />

INNOVATOR 81


I N N O V A T O R<br />

W I S S E N<br />

9 REGELN,<br />

DIE DU<br />

IGNORIEREN<br />

SOLLTEST …<br />

… UND DREI REGELN, AUF DIE ES WIRKLICH ANKOMMT:<br />

START-UP-MYTHEN IM REALITY-CHECK VON<br />

NETFLIX-STAR SOPHIA AMORUSO.<br />

SOPHIA AMORUSO, 36<br />

Gründerin, Coach,<br />

Unternehmensberaterin<br />

Aufgezeichnet von<br />

Arek Piatek<br />

„Als Start-up musst du deinen Job kündigen“,<br />

„Du musst getrieben sein“,<br />

„Hör nur auf den Bauch, nicht auf den Kopf“. –<br />

„Alles Unsinn“, sagt Sophia Amoruso,<br />

Gründerin des Mode labels „Vintage Gal“,<br />

deren außergewöhnliche Erfolgsstory sogar als<br />

Netflix-Serie verfilmt wurde. Hier verrät uns<br />

die US-Top-Entre preneurin die größten<br />

Start-up-Irrtümer – und welche Regeln<br />

wirklich wichtig sind.<br />

GETTY IMAGES<br />

82 INNOVATOR


MYTHOS<br />

Du musst für deine<br />

Idee brennen – und<br />

sie stur umsetzen.<br />

Unsinn. Für deine Idee solltest du<br />

nicht brennen. Damit behinderst<br />

du dich selbst und hörst automatisch<br />

auf keine gut gemeinten<br />

Vorschläge mehr – von Experten,<br />

die sich auskennen. Und die dir<br />

sehr wohl sagen könnten, dass<br />

deine Idee die eine oder andere<br />

Kursänderung braucht, um in der<br />

realen Welt wirklich zu funktionieren.<br />

Also: Zuzuhören und deine<br />

Idee zu hinterfragen ist smarter,<br />

als stur mit dem Kopf durch<br />

die Wand zu gehen. Deshalb: Sei<br />

leidenschaftlich und brenne für<br />

das, was du tust, aber brenne niemals<br />

für eine fixe Idee!<br />

MYTHOS<br />

Nur neue Ideen<br />

führen zum Erfolg.<br />

Auch das ist Unsinn! Ich bin<br />

das beste Beispiel dafür. Als ich<br />

anfing, Klamotten auf eBay zu<br />

verkaufen, war die Konkurrenz<br />

nicht nur längst da, sie war auch<br />

riesengroß. Der Trick bei der<br />

Sache ist nur: Du musst dich von<br />

den anderen abheben, dich markant<br />

unterscheiden. Das geht auf<br />

viele Arten: mit dem Produkt, das<br />

du verkaufst, wie du es verkaufst<br />

– oder mit dem Image, das du<br />

verkörperst. Als ich mein damals<br />

neues Modelabel „Nasty Gal“ (böses<br />

Mädchen, Anm.) nannte, war<br />

das sicher kein Fehler – weil der<br />

Name provoziert. Und Aufmerksamkeit<br />

erregt. Und das ist die<br />

halbe Miete im Business: Kunden<br />

auf dich aufmerksam zu machen.<br />

MYTHOS<br />

Jage Investoren<br />

und erzähle<br />

von deiner Idee.<br />

Nein. Ein Investor – selbst wenn<br />

er dir Gehör schenkt – wird sich<br />

von einer bloßen Idee kaum beeindrucken<br />

lassen. Das ist nun<br />

mal so. Würdest du an seiner<br />

Stelle wahrscheinlich auch nicht.<br />

Was einen Investor hingegen beeindruckt?<br />

Deine Erfolge! Also:<br />

Zu einem Investor zu gehen zahlt<br />

sich aus – doch nur, wenn du als<br />

Business(wo)man etwas Handfestes<br />

vorzuweisen hast. Dann<br />

hört er zu und wird auch was<br />

von deiner Idee erfahren wollen.<br />

„HALTE DEINE<br />

IDEE NICHT<br />

GEHEIM.<br />

POSAUNE SIE<br />

RUHIG IN DIE<br />

WELT HINAUS.<br />

DAS FEEDBACK<br />

ANDERER<br />

IST IMMENS<br />

WICHTIG.“<br />

MYTHOS<br />

Erzähle niemandem<br />

von deiner Idee<br />

– sonst stiehlt<br />

man sie dir.<br />

Das ist eine wirklich unbegründete<br />

Angst. Es mag jetzt ernüchternd<br />

sein, aber erstens: Deine<br />

in deinen Augen so tolle Idee ist<br />

vermutlich nicht so toll, wie du<br />

glaubst. Allein aus dem Grund<br />

wäre es wichtig, mit anderen<br />

darüber zu reden – um schon im<br />

Vorfeld gewarnt zu werden oder<br />

deine Idee neu zu definieren.<br />

Und zweitens, selbst wenn es so<br />

wäre: Niemand klaut so schnell<br />

deine Idee, patentiert sie – und<br />

wird zum Millionär. Ich selbst<br />

habe immer – und mache es heute<br />

noch – Ratschläge und Tipps<br />

von anderen eingeholt. Immer.<br />

Das ist wertvoll und bringt dich<br />

viel weiter, als allein an deinem<br />

eigenen Projekt zu brüten. Denn<br />

du siehst nicht, was andere Leute<br />

sehen – und du weißt nicht, was<br />

andere wissen. Also: Posaune<br />

dein Vorhaben ruhig in die Welt<br />

hinaus und warte, was zurückkommt.<br />

Das Feedback von anderen<br />

– auch von Fremden – ist<br />

immens wichtig.<br />

INNOVATOR 83


MYTHOS<br />

Bauchgefühl ist<br />

im Business<br />

wichtiger als Logik.<br />

Nein! Denn: Beides ist gleich<br />

wichtig. Der Punkt ist nur:<br />

Bauchgefühl ist immens wichtig<br />

am Beginn deiner Karriere. Quasi<br />

vor deinem richtigen Start. Es ist<br />

ein guter Ratgeber für das, was<br />

du wirklich machen willst – und<br />

wofür dein Herz schlägt. Doch<br />

später, wenn Ausgaben, Einnahmen<br />

und Verluste ins Spiel<br />

kommen, zählen nur mehr Zahlen<br />

und Hard Facts – und der<br />

blanke Hausverstand. Wenn dann<br />

deine Logik sagt: Finger weg von<br />

diesem Business-Model – dann<br />

halt dich daran und lass es. Egal,<br />

was dein Bauchgefühl sagt.<br />

MYTHOS<br />

Wenn du ein Unternehmen<br />

gründen<br />

willst, kündige<br />

deinen Job.<br />

Nein! Das ist nicht smart. Das<br />

sollten nur Leute, die entweder<br />

Kohle ohne Ende haben – oder<br />

erst zwanzig sind und noch<br />

nichts zu verlieren haben. Allen<br />

anderen rate ich: zweigleisig<br />

fahren. Ich weiß aus Erfahrung:<br />

Viele erfolgreiche Gründer<br />

begannen ihre zweite Karriere<br />

mit einem „Side Hustle“, also<br />

einem Neben geschäft zu ihrer<br />

Arbeit. Das hat jede Menge Vorteile<br />

und hält das Risiko, auf<br />

die Schnauze zu fallen, gering.<br />

Konkret: Man kann sich langsam<br />

und ohne Druck an ein Business<br />

herantasten. Mein Tipp daher:<br />

Kündige nicht deinen Job, aber<br />

reserviere regelmäßig Zeit für<br />

deinen Side Hustle. Sei bereit,<br />

privat Überstunden zu machen,<br />

aber gehe Dinge langsam an.<br />

Recherchiere, probiere aus,<br />

arbeite … ganz ohne Druck.<br />

Denn wer unter Druck ist,<br />

macht Fehler. Und überhaupt:<br />

Man muss ja nicht gleich über<br />

Nacht die Welt erobern, oder?<br />

MYTHOS<br />

Ungeduld ist<br />

ein guter Antrieb<br />

für Gründer<br />

Wenn mit Ungeduld ein hoher<br />

Adrenalinpegel gemeint ist, dann<br />

yes! Ich selbst war in meiner Karriere<br />

ungeduldig und getrieben.<br />

Das ist positiv und pusht dich.<br />

Aber nur solange du selber damit<br />

klarkommst. Deshalb Vorsicht:<br />

Wenn du deine Ungeduld auf<br />

deine Partner überträgst, kann<br />

das rasch in die Hose gehen.<br />

Denn nicht jeder arbeitet auf die<br />

gleiche Art … und manche Menschen<br />

könnten durch deine Ungeduld<br />

rasch gehemmt werden.<br />

„WAS ALS<br />

BOSS WIRK­<br />

LICH ZÄHLT,<br />

IST, DIE STÄR­<br />

KEN DEINER<br />

LEUTE ZU<br />

FÖRDERN.“<br />

BUSINESS-GIRL-POWER<br />

Sophia Amoruso ist eine Entrepreneurin aus San Diego, USA.<br />

In ihrem Buch „#Girlboss“ schildert sie ihre außergewöhnliche<br />

Erfolgsstory, wie sie ihren Vintage-Mode-Versand („Nasty<br />

Gal“) zu einem Millionen-Unternehmen machte. „#Girlboss“<br />

wurde inzwischen auch als Serie verfilmt – und ist unter<br />

diesem Titel auf Netflix zu sehen. 2020 war Sophia Keynote<br />

Speaker am Global Workshop von <strong>Red</strong> Bull Basement.<br />

sophiaamoruso.com<br />

84 INNOVATOR


BUCHTIPPS<br />

Pflichtlektüre für angehende Gründer<br />

„Das 4-Stunden-<br />

Startup“<br />

Wie setze ich meine Idee professionell<br />

um? Smarte Tipps für Berufstätige,<br />

die „nebenher“ gründen wollen.<br />

„Werde, was du kannst“<br />

Das Buch ermutigt, vor allem die<br />

eigenen Fähigkeiten zu nutzen,<br />

um Ideen unternehmerisch erfolgreich<br />

umzusetzen – mit 21 wahren<br />

Success- Storys als Inspiration.<br />

„GRIT“<br />

Nicht IQ und Talent, sondern Leidenschaft<br />

und Ausdauer entscheiden<br />

über Erfolg, sagt Psychologin Angela<br />

Duckworth. Und belegt dies mit Beispielen<br />

aus der realen (Business-)Welt.<br />

MYTHOS<br />

Die Basis von<br />

gutem Teamwork<br />

ist: Einigkeit.<br />

Nein. Wenn im Team ständig<br />

Einigkeit herrscht, dann stimmt<br />

was nicht! Einigkeit ist Stillstand.<br />

Ein guter Output basiert immer<br />

auf Meinungsvielfalt, heftigen<br />

Diskussionen, gern auch Streitereien<br />

in der Gruppe. Letzten<br />

Endes fördert das die Qualität<br />

dessen, was du tust. Und das ist<br />

verdammt wichtig: dass am Ende<br />

ein gesunder Kompromiss herausschaut.<br />

Ich sage immer:<br />

Wirklich gute Qualität ist ohne<br />

Konflikte nicht möglich.<br />

MYTHOS<br />

Als Boss hast du<br />

immer das letzte<br />

Wort im Team.<br />

Wenn du deine Leute unterdrücken,<br />

schlechte Stimmung<br />

in der Gruppe machen oder die<br />

Stärken der Teammitglieder<br />

beschneiden willst, dann ja. Im<br />

Ernst: Es ist in der heutigen Zeit<br />

nicht mehr smart, ein Team wie<br />

ein Diktator anzuführen. Was<br />

wirklich zählt, ist, die Stärken<br />

deiner Leute maximal zu fördern,<br />

sie einzubinden, wo es nur geht<br />

– und auch entscheiden zu lassen,<br />

wenn du der Meinung bist,<br />

sie wissen es besser. Denn sie<br />

wissen es manchmal besser. Sich<br />

dies einzugestehen ist als Boss<br />

eine Stärke. Und bringt allen nur<br />

Vorteile.<br />

„SCHEITERN<br />

IST WICHTIG,<br />

DENN MAN<br />

LERNT NUR<br />

AUS DEM<br />

SCHEITERN.<br />

AUS ERFOLGEN<br />

LERNST DU<br />

GAR NICHTS.“<br />

INNOVATOR 85


WAS ZÄHLT:<br />

3 REGELN<br />

ZUM ERFOLG<br />

1. Scheitern ist<br />

normal. Nur musst<br />

du jedes Mal<br />

besser scheitern.<br />

100 Prozent Zustimmung! Die<br />

Menschen denken oft, dass Scheitern<br />

etwas ist, was nur ihnen zustößt.<br />

Dabei ist es wichtig, sich<br />

aufs Scheitern einzulassen und<br />

dafür bereit zu sein. Es ist für<br />

viele eine neue Art, die Welt zu<br />

sehen, aber es ist wirklich so,<br />

und das ist kein Klischee: Nichts<br />

bringt dich weiter als Niederlagen<br />

und die Learnings daraus! Denn<br />

aus Erfolgen lernst du gar nichts.<br />

2. Netzwerke, wo<br />

du nur kannst!<br />

Ja, ja, ja! Und nochmals ja. Und<br />

noch etwas: Netzwerken bedeutet<br />

überall netzwerken. Nicht nur<br />

bei Start-up-Events, Festivals und<br />

dergleichen. Sondern im Fitnesscenter,<br />

beim Einkaufen oder auf<br />

der Straße … überall. Ich hatte<br />

an den ungewöhnlichsten Orten<br />

die wichtigsten Begegnungen<br />

meiner Karriere. Ein Gespräch,<br />

ein Tipp, ein Handshake, eine<br />

Telefonnummer … Du weißt<br />

nie, wo du eine Bekanntschaft<br />

machst, die sich später als<br />

Sprungbrett herausstellen wird.<br />

3. Prüfe deine<br />

Business-Idee<br />

im Vorfeld<br />

gründlich!<br />

Stimmt 100-prozentig! Das<br />

ist die Regel Nummer eins.<br />

Nichts ist wichtiger als eine<br />

profunde Vorab-Recherche<br />

deines angedachten Business-<br />

Models. Stöbere also zunächst<br />

gründlich im Netz. Ist deine<br />

Idee völlig neu oder gibt es<br />

schon Leute, die das machen?<br />

Wenn ja, wie machen sie es?<br />

Tauche ein in ihre Welt. Stelle<br />

dir vor, du bist ihr Kunde. Was<br />

gefällt dir an ihrem Angebot?<br />

Was gefällt dir nicht? Was fehlt<br />

deiner Meinung nach? Wenn<br />

du die Chance hättest, das<br />

Unternehmen zu führen, was<br />

würdest du anders machen?<br />

Solche Gedanken sind wichtiger,<br />

als du glaubst. Denn sie<br />

schärfen mit der Zeit deinen<br />

Blick auf das, was wichtig ist:<br />

dein eigenes Business-Model.<br />

SERIENTIPPS<br />

Von genialen Geistern und Business-Rebellen –<br />

hier sind 3 Netflix-Serien mit hohem Inspirationsfaktor<br />

„Inside Bill’s Brain –<br />

Decoding Bill Gates“<br />

Ein Einblick in die Psyche des<br />

Microsoft-Gründers. Von Davis Guggenheim<br />

(„An Inconvenient Truth“).<br />

„The Mind, Explained“<br />

Wie tickt unsere Psyche? Wie können<br />

wir mithilfe unseres Verstandes besser<br />

leben – und besser performen?<br />

Diese Doku liefert Antworten.<br />

„Girlboss“<br />

Angelehnt an die Sophia-Amoruso-<br />

Erfolgsstory. Die Serie begleitet eine<br />

junge Rebellin bei der Gründung ihres<br />

Online-Geschäfts. Extrem kurzweilig!<br />

NETFLIX<br />

86 INNOVATOR


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INNOVATOR<br />

GUIDE<br />

Konferenzen, Messen,<br />

Festivals: Diese<br />

Innovations-Events<br />

planen ein Comeback //<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement:<br />

Studenten, die die Welt<br />

verändern //<br />

Fashion: Diese Jacke<br />

wärmt per App //<br />

Kolumne: Überraschende<br />

Folgen von<br />

Nachhaltigkeit //<br />

Tech -Highlight: Das Labor<br />

am Ende der Welt //<br />

INNOVATOR 89


DO IT <br />

BOCK AUF INNOVATION?<br />

Dann bist du hier richtig, Wir präsentieren eine Auswahl<br />

der spannendsten Events 2021 in Deutschland. Die finden statt –<br />

je nach Lage – in echt und/oder digital.<br />

Talk um das Phänomen TikTok:<br />

Moderatorin Jennifer Sarah<br />

Boone im Gespräch mit TikTok-<br />

Star Onkel Banjou (r.) und Agentur-Gründer<br />

Adil Sbai.<br />

7und 8. September<br />

dmexco<br />

Wie kann ich Menschen über digitale Kanäle so begeistern,<br />

dass sie für meine Sache brennen? Um diese Frage<br />

dreht sich diese internationale Marketing-Konferenz<br />

zwei Tage lang. Von Machine Learning über Audio-Content<br />

bis zu TikTok-Influencern: Renommierte Speaker –<br />

zuletzt etwa Facebooks Werbe-Chef David Fischer, SAP-<br />

Marketing-Leiterin Alicia Tillman und Alexander Birken,<br />

der CEO der Otto Group – erzählen, auf welche Strategien<br />

und Technologien sie aktuell setzen und was jeder,<br />

der digital Menschen erreichen will, davon lernen kann.<br />

2021 soll die dmexco nun in hybrider Form ablaufen –<br />

vor Ort in den Kölner Messehallen und gleichzeitig als<br />

Online-Event für Zuschauer auf der ganzen Welt.<br />

Koelnmesse; dmexco.com<br />

KOELNMESSE GMBH/MAX HAMPEL, ALEX FETTICH<br />

90 INNOVATOR


SAVE THE DATE<br />

2September<br />

Growth Marketing<br />

Summit<br />

Ob als Familienbetrieb oder Großkonzern:<br />

Wer in der digitalen Welt<br />

wachsen will, muss seine Kunden<br />

möglichst genau kennen. Auf dieser<br />

Konferenz erklären Experten,<br />

wie etwa Daten dabei helfen können,<br />

jedem Nutzer maßgeschneiderte<br />

Angebote zu machen und das<br />

Geschäft auf diese Art auszubauen.<br />

Unter den <strong>Red</strong>nern in diesem Jahr:<br />

Verhaltensökonom und Bestseller-<br />

Autor Dan Ariely sowie Spotify-<br />

Wachstums-Chef Simon Dahla.<br />

Alte Oper, Frankfurt am Main;<br />

growthmarketingsummit.com<br />

Gefragter Speaker:<br />

Ruppert Bodmeier,<br />

CEO der Plattform<br />

Disrooptive<br />

16<br />

bis 17. September<br />

Impact Festival<br />

Wenn wir den Planeten schützen wollen,<br />

müssen wir miteinander kooperieren: Aus<br />

dieser Überzeugung heraus will das Impact<br />

Festival potenzielle Weltverbesserer miteinander<br />

vernetzen – etwa junge Start-ups<br />

mit innovativen Konzepten mit Investoren,<br />

die ihren Ideen die nötige Durchschlagskraft<br />

verleihen können; oder mit Konzernen,<br />

die nach Konzepten für ihre eigene nachhaltige<br />

Zukunft suchen.<br />

Frankfurt/Offenbach; impact-festival.earth<br />

6<br />

Mai<br />

German Start-up<br />

Awards<br />

Hinter jedem Start-up stecken Helden, die ihr<br />

ganzes Herzblut in eine Idee stecken: Dieses<br />

Event will herausragenden Gründern eine Bühne<br />

bieten und ihren Einsatz würdigen. Nach der<br />

Nominierungsphase im vergangenen Jahr entscheidet<br />

eine Jury über die Gewinner 2021.<br />

Zu den Juroren zählen etwa Ina Remmers, Mit-<br />

Gründerin von nebenan.de, und Ecosia-Gründer<br />

Christian Kroll.<br />

Tipi am Kanzleramt, Berlin; germanstartupawards.de<br />

bis 28. Mai<br />

FitTech Summit<br />

Vorbei die Zeiten, in denen es Fitness<br />

nur im Fitnessstudio gab: Die in diesem<br />

Jahr rein digitale Konferenz Fit-<br />

Tech Summit ergründet, wie das Thema<br />

unseren Alltag bewegt – sei es<br />

durch neue Smartwatches und andere<br />

Wearables oder durch innovatives<br />

Training vor dem Bildschirm. Und natürlich<br />

spielen auch die Studios eine<br />

Rolle. Etwa wenn es darum geht, wie<br />

ihre Betreiber Technologien nutzen<br />

können, um Kunden zu begeistern.<br />

25München; fittechsummit.com<br />

INNOVATOR 91


DO IT SAVE THE DATE<br />

3<br />

bis 7. September<br />

IFA<br />

Von Gaming über Heimkino bis zur<br />

smarten Wohnzimmer-Beleuchtung:<br />

Auf der Internationalen<br />

Funkausstellung in Berlin präsentieren<br />

Hersteller aus der ganzen<br />

Welt ihre Innovationen. Eine einzigartige<br />

Gelegenheit, mit eigenen<br />

Augen zu sehen (und oft auch auszuprobieren),<br />

wie die Zukunft in<br />

unseren eigenen vier Wänden bald<br />

aussehen könnte. Berliner<br />

Messe gelände; ifa-berlin.com<br />

Nachhaltiger Wandel:<br />

Sustainability-Expertin<br />

Nicole de Paula vernetzt<br />

Frauen, die sich für Um-<br />

30<br />

weltfragen einsetzen.<br />

Juni bis 2. Juli<br />

Pirate Summit<br />

Star-Investor Frank Thelen ist Fan, unter<br />

Europas Start-ups ist die Konferenz<br />

längst kein Geheimtipp mehr: Auf dem<br />

Pirate Summit treffen Jung-Gründer<br />

auf Möglichmacher wie eben Investoren<br />

und Manager. Wichtigste Bedingung<br />

für eine Einladung: Du willst nicht<br />

nur reden, sondern bedeutende Probleme<br />

unserer Zeit wirklich anpacken.<br />

Köln; piratesummit.com<br />

21<br />

bis<br />

22. Juni<br />

Global Female Leaders<br />

Lange wurde nur darüber gesprochen, nun kommt die Entwicklung<br />

endlich ins Rollen: Immer mehr Frauen übernehmen Führungsrollen<br />

in Start-ups und Konzernen – und bereichern diese mit neuen<br />

Sichtweisen und Ansätzen. Wie genau diese aussehen und wie sich<br />

Frauen weiterhin gegenseitig unterstützen können, darum geht es<br />

auf der Konferenz „Global Female Leaders“ in Berlin. Zwei Tage<br />

lang berichten internationale Expertinnen und Top-Führungskräfte<br />

über ihre Erfolgsstorys und wichtige Lektionen – darunter Taiwans<br />

Digital-Ministerin Audrey Tang, Google-Designerin Sara Ortloff<br />

oder Tech-Unternehmerin und Bestseller-Autorin Aya Jaff (zuletzt<br />

zu Gast in unserem Podcast „INNOVATOR Sessions“).<br />

Hotel Adlon Kempinski Berlin; globalfemaleleaders.com<br />

MESSE BERLIN GMBH, DAN TAYLOR/PIRATE SUMMMIT<br />

92 INNOVATOR


DO IT RED BULL BASEMENT<br />

Die <strong>Red</strong> Bull Basement-<br />

Hosts Daniel Cronin und<br />

Caroline de Moraes „überreichen“<br />

dem Team Lava<br />

die Siegertrophäe.<br />

Lava Aqua X<br />

SUPER SMART<br />

WÄSCHE WASCHEN<br />

<strong>Red</strong> Bull Basement<br />

DER TURBO FÜR<br />

GUTE EINFÄLLE<br />

Die Sieger des <strong>Red</strong> Bull Basement<br />

Global Workshop 2020 Joanna Power<br />

und Paramveer Bhachu erfanden<br />

eine Waschmaschine, die Wäsche<br />

mit recyceltem Duschwasser und<br />

noch dazu stromsparend reinigt.<br />

PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, MARK ROE/RED BULL CONTENT POOL GÜNTHER KRALICEK<br />

Du bist Student und hast eine<br />

Idee, die die Welt zu einem<br />

besseren Ort macht? Dann<br />

bist du hier goldrichtig.<br />

Neue Ideen gesucht! Seit 2018<br />

gibt die Plattform Bull Basement<br />

Studenten weltweit<br />

die Chance, Lösungen zu<br />

Problemen zu präsentieren.<br />

3800 Teilnehmer waren es bei der<br />

Challenge im Vorjahr. Durch Public<br />

Voting und einer Jury wurden<br />

die vielversprechendsten 38 Ideengeber<br />

ausgewählt und zum <strong>Red</strong><br />

Bull Global Workshop – der im<br />

Dezember ausnahmsweise virtuell<br />

über die Bühne ging – eingeladen.<br />

Joanna Power und Paramveer<br />

Bhachu, zwei junge Pioniere aus<br />

London, machten schließlich das<br />

Rennen. Sie haben eine Waschmaschine<br />

entwickelt, die Wäsche<br />

mit recyceltem Duschwasser säubert,<br />

und dabei weniger Wasser<br />

verbraucht und das in nur einem<br />

Drittel der gewöhnlichen Zeit (siehe<br />

Infokasten rechts). Den Erfolg<br />

beim <strong>Red</strong> Bull Basement Global<br />

Workshop nützt das Duo nun als<br />

Startrampe, um die Erfindung so<br />

rasch wie möglich auf den Markt<br />

zu bringen.<br />

Hier kannst du einreichen<br />

Nach dem Wettbewerb ist vor<br />

dem Wettbewerb: 2021 geht <strong>Red</strong><br />

Bull Basement in die nächste<br />

Runde. Wenn also auch du eine<br />

Idee hast, die unbedingt verwirklich<br />

werden sollte, dann bereite<br />

sie bis Herbst diesen Jahres vor.<br />

Die genauen Termine und Infos<br />

findest du unter<br />

redbullbasement.com<br />

Nachhaltig<br />

Das Wasser wird am Boden der<br />

Dusche gesammelt, gefiltert und<br />

für den nächsten Waschgang der<br />

„Lava Aqua X“ wiederverwendet.<br />

Praktisch<br />

Die transportable Waschmaschine<br />

hat Platz in jeder Studentenbude.<br />

2,5 kg Wäsche können damit pro<br />

Waschgang gewaschen werden.<br />

Effizient<br />

Die kugelförmige Waschtrommel<br />

arbeitet deutlich effizienter als<br />

herkömmliche Zylindertrommeln.<br />

Das spart Zeit und Strom.<br />

INNOVATOR 93


DO IT <br />

Smart Fashion<br />

Die Heatable<br />

Capsule Collection<br />

verbindet Hightech<br />

mit urban-sportlichem<br />

Design.<br />

DIESE MODE<br />

HEIZT UNS EIN<br />

Hier kommt die Smart-Fashion-<br />

Lösung gegen Kälte: Die Jacken<br />

und Westen der Heatable Capsule<br />

Collection von AlphaTauri wärmen<br />

auf Knopfdruck oder per App. Und<br />

wenn der Akku des Smartphones<br />

leer ist, laden sie ihn auf.<br />

Manchmal ermöglichen<br />

innovative Technologien,<br />

dass wir bekannte<br />

Dinge auf völlig neue<br />

Art und mit völlig<br />

neuen Funktionen einsetzen.<br />

Oder aber die innovativen<br />

Technologien verbessern die<br />

ursprünglichen Funktionen<br />

dramatisch.<br />

Ein gutes Beispiel dafür ist<br />

Smart Fashion: In der Mode<br />

können Kleider mit Einsatz<br />

von Hightech mittlerweile<br />

ihre Farbe im Einklang mit<br />

den Gefühlen ihrer TrägerInnen<br />

wechseln. Gürtel geben<br />

Erschütterungen in Computerspielen<br />

mit Vibrationen<br />

an die Gamer weiter. Und<br />

Bikinis warnen, wenn wir<br />

uns zu lange in der Sonne<br />

aufhalten.<br />

Die Spezialisten des Modelabels<br />

AlphaTauri, der Deutschen<br />

Telekom und des Zulieferers<br />

Schöller Textil haben<br />

indes gemeinsam an der<br />

Verbesserung einer sehr ursprünglichen,<br />

ziemlich entscheidenden<br />

Funktion unserer<br />

Kleidung gearbeitet: der<br />

Aufgabe, uns zu wärmen. Zu<br />

diesem Zweck verknüpften<br />

sie Hightech-Textilien mit digitaler<br />

Steuerung und smarter<br />

Technik. Das Ergebnis: die in<br />

diesem Winter vorgestellte<br />

Heatable Capsule Collection,<br />

deren Jacken und Westen uns<br />

auf Knopfdruck oder per App-<br />

Befehl aktiv einheizen.<br />

So können die TrägerInnen<br />

über eine eigens entwickelte<br />

App auf ihrem Smartphone<br />

die gewünschte Wärmestufe<br />

einstellen, ein Sensor im<br />

Inneren des Kleidungsstücks<br />

misst die Temperatur und<br />

wärmt bei Bedarf mittels<br />

heizbarer Elemente in den<br />

Taschen und am unteren Rücken<br />

nach (die genaue Funktionsweise:<br />

siehe rechte Seite).<br />

Zusatzfeature: Wenn die<br />

Jacke gerade nicht einheizt,<br />

kann der integrierte Akku<br />

das Smartphone aufladen.<br />

Diese Kollektion ist erst<br />

der Anfang: Weitere gemeinsame<br />

Innovationen werden<br />

folgen. Genaueres darf noch<br />

nicht verraten werden. Nur so<br />

viel: Konnektivität und Künstliche<br />

Intelligenz werden dabei<br />

Schlüsselrollen einnehmen.<br />

Jacken und Westen gibt es für<br />

Damen und Herren in den Farben<br />

Kreide und Navy. 699,90 Euro<br />

(Jacke), 399,90 Euro (Weste);<br />

alphatauri.com<br />

94 INNOVATOR


FASHION<br />

HOT STUFF<br />

Tolle Textilien, smarte<br />

Bedienung und effiziente<br />

Technik machen diese Jacke<br />

zur Wärmequelle. Und so<br />

funktioniert sie im Detail.<br />

Der Akku<br />

Untergebracht in einer kleinen<br />

Extratasche am unteren Rücken,<br />

liefert diese Batterie die für die Heizung<br />

benötigte Energie. Dank ihres<br />

Federgewichts von 175 Gramm ist<br />

sie am Körper kaum spürbar. Wird<br />

die Power des Akkus gerade nicht<br />

gebraucht, kann er zum Beispiel<br />

ein Smartphone aufladen.<br />

Die Steuerung<br />

Neben der eigens entwickelten App<br />

fürs Smartphone lässt sich die Wärme<br />

auch auf Knopfdruck über ein<br />

Bedienelement am Innenfutter regulieren.<br />

Hier können die TrägerInnen<br />

zwischen je zwei Wärmestufen wählen<br />

– sowohl für die Taschen als auch<br />

für die Zonen am unteren Rücken.<br />

Das Material<br />

Die sogenannte E-Soft-Shell Heiztechnologie<br />

ist für die Verteilung der<br />

Wärme entwickelt worden. Entscheidend<br />

ist ein neuartiger beheizbarer<br />

Futterstoff, der ein Netzwerk leitfähiger<br />

Garne enthält. Weitere Stoffe<br />

wie etwa Corkshell bieten zusätzliche<br />

Wärmeisolation.<br />

ALPHA TAURI<br />

INNOVATOR 95


KOLUMNE <br />

NACHHALTIG<br />

ÜBERRASCHT<br />

Bestseller-Autor Christoph Koch schreibt<br />

über spannende bis verblüffende Zusammenhänge,<br />

die wir beim Weltverbessern<br />

mitdenken dürfen.<br />

Christoph<br />

Koch<br />

46, ist Autor für Titel<br />

wie „Die Zeit“, „brand<br />

eins“ oder „Geo“. Mit<br />

seinem Buch „Ich bin<br />

dann mal offline“ über<br />

digitalen Verzicht<br />

landete er einen<br />

„Spiegel“-Bestseller.<br />

P<br />

läne sind nutzlos, aber Planung<br />

ist unersetzlich.“ Dieser<br />

Satz wird meist US-Präsident<br />

Dwight D. Eisenhower zugeschrieben.<br />

Vermutlich ist er<br />

schon viel älter. Er stimmt<br />

aber nach wie vor. Wer Pläne<br />

macht, wer Szenarien entwirft, wer also<br />

in Möglichkeiten denkt, der ist gezwungen,<br />

sich mit der Zukunft und ihren verschiedenen<br />

Varianten auseinanderzusetzen.<br />

Manche Entwicklungen erscheinen<br />

fast sicher, andere wirken unwahrscheinlicher.<br />

Doch selbst beim Nachdenken<br />

über die unwahrscheinlichen lässt sich<br />

etwas lernen – schon allein, weil Zusammenhänge<br />

sichtbar werden, von denen<br />

man vorher vielleicht nicht wusste. Denn<br />

jede Veränderung hat weitere Konsequenzen,<br />

zieht andere Umwälzungen<br />

nach sich. Hier habe ich ein paar der<br />

überraschenderen Folgen großer möglicher<br />

Veränderungen rund um das Thema<br />

Nachhaltigkeit zusammengestellt.<br />

1. Mehr E-Autos, weniger Raucher<br />

Mit der Umstellung unserer Autos auf<br />

Elektromotor sinkt der weltweite Benzinbedarf,<br />

logisch. Aber vermutlich dürfte<br />

auch der Zigarettenkonsum zurückgehen,<br />

wenn alle Menschen in E-Autos unterwegs<br />

sind. Denn derzeit werden in<br />

den USA rund die Hälfte aller Zigaretten<br />

an Tankstellen verkauft, in Deutschland<br />

machen die Tankstellen 62 Prozent ihres<br />

Shop-Umsatzes mit Tabakwaren. Studien<br />

zeigen, dass das Angebot durchaus die<br />

Nachfrage bestimmen kann – und Menschen<br />

weniger Zigaretten kaufen, wenn<br />

sie weniger oft die Gelegenheit bekommen.<br />

Und mit dem E-Auto entfällt auch<br />

der Tankstellenstopp und somit der Blick<br />

aufs Zigarettenregal: Denn E-Autos tanken<br />

dort, wo sie parken – also vor allem<br />

zu Hause oder in der Bürogarage.<br />

2. Weniger Bares, weniger Emission<br />

Noch sind die Deutschen strikt dagegen<br />

(84 Prozent, um genau zu sein), aber<br />

falls das Bargeld irgendwann doch abgeschafft<br />

wird, hätte das auch positiven<br />

Einfluss auf die Umwelt: Erstens, weil das<br />

Metall des Hartgelds wiederverwendet<br />

werden könnte – ein Münzquetscher vom<br />

Modell „Decoiner“ schafft pro Stunde bis<br />

zu fünf Tonnen, die anschließend eingeschmolzen<br />

werden. Und zweitens würden<br />

die Emissionen durch Geldtransporter<br />

entfallen – sie stoßen besonders viele<br />

Abgase aus, weil Kleingeld so schwer ist.<br />

3. Weniger Fleisch, ein Kontinent<br />

mehr Platz<br />

Wenn niemand mehr Fleisch äße, wäre<br />

das bekanntermaßen gut fürs Klima:<br />

Eine vierköpfige Durchschnittsfamilie in<br />

den USA beispielsweise verursacht durch<br />

ihren Fleischkonsum mehr Treibhausgase<br />

als durch ihre beiden Autos. Gleichzeitig<br />

würde die Welt aber auch eine<br />

Nutzfläche in der Größe des afrikanischen<br />

Kontinents dazugewinnen. So viel<br />

Raum wird derzeit nämlich für den Anbau<br />

von Futtermitteln benötigt, die nur<br />

der Fleischerzeugung dienen.<br />

4. Weniger Tempo auf der Autobahn,<br />

kaum weniger Lärm<br />

Würde Deutschland – das als einzige<br />

westliche Industrienation kein generelles<br />

Tempolimit auf der Autobahn hat – die<br />

Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzen,<br />

gäbe es den meisten Studien nach<br />

weniger Verkehrstote und Verletzte.<br />

Auch rund drei Millionen Tonnen CO ²<br />

würden vermieden. Viel leiser würde es<br />

überraschenderweise jedoch nicht: Das<br />

Umweltbundesamt geht an Werktagen<br />

bei einem Tempolimit auf der Autobahn<br />

von einem halben Dezibel weniger Verkehrslärm<br />

aus. Zum Vergleich: Der sogenannte<br />

Flüsterasphalt reduziert die<br />

Lautstärke um etwa drei Dezibel.<br />

URBAN ZUNTEL<br />

96 INNOVATOR


READ IT<br />

IMPRESSUM <br />

EISENHOWERS DILEMMA:<br />

„ PLÄNE SIND NUTZLOS,<br />

ABER PLANUNG IST<br />

UNERSETZLICH.“<br />

5. Weniger Subventionen, mehr<br />

Umweltschutz<br />

Gäbe es keinerlei Subventionen für Individualverkehr<br />

mehr, verschwände zwar<br />

die E-Auto-Prämie, die Umwelt könnte<br />

aber trotzdem profitieren: Der Internationale<br />

Währungsfonds (IWF) hat berechnet,<br />

dass sich der weltweite Schaden<br />

durch Kraftstoffsubventionen auf jährlich<br />

5300 Milliarden Dollar summiert. Das<br />

sind sechs Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes<br />

und fast so viel wie die<br />

weltweiten Gesundheitsausgaben. Würde<br />

der Staat Kraftstoffe nicht fördern,<br />

gewännen umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel<br />

Attraktivität – wie Fahrrad<br />

statt Moped oder U-Bahn statt Auto.<br />

Treibstoffpreise werden gern mit der<br />

Begründung subventioniert, Menschen<br />

mit geringem Einkommen würden entlastet.<br />

Dabei profitieren in Wirklichkeit<br />

oft die Reichen: In einem typischen<br />

Schwellenland gehen 40 Prozent solcher<br />

Entlastungen an das reichste Fünftel der<br />

Haushalte. Beim ärmsten Fünftel kommen<br />

nur sieben Prozent an.<br />

6. Weniger Menschen, mehr Elefanten,<br />

weniger Stubenfliegen<br />

Wenn es die Menschheit nicht mehr<br />

gäbe, würde sich die Elefantenpopulation<br />

binnen hundert Jahren verzwanzigfachen,<br />

da natürlich auch Wilderer und<br />

Elfenbeinhandel wegfielen. Auch die<br />

Zahl an Vögeln nähme wieder stark zu:<br />

Allein in den USA sterben nach Schätzungen<br />

80 Millionen Vögel jährlich durch<br />

Autos und eine weitere Milliarde durch<br />

Pestizide und Stromleitungen. Ratten,<br />

Stubenfliegen oder Kopfläuse – also Tiere,<br />

die sich stark an den Menschen angepasst<br />

haben – hätten es jedoch schwerer<br />

und würden ohne uns nahezu aussterben.<br />

Mehr überraschende Erkenntnisse und<br />

spannende Szenarien finden sich in dem<br />

Buch „Was wäre, wenn …? 33 Szenarien,<br />

die unsere Welt neu denken“ von Christoph<br />

Koch, erschienen im Tropen Verlag<br />

(176 Seiten, 15 Euro). Mehr Infos unter:<br />

christoph-koch.net<br />

Gesamtleitung The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

Alexander Macheck (Ltg.), Sara Car-Varming<br />

Chefredaktion The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

Andreas Rottenschlager (Ltg.), Andreas Wollinger<br />

Chefredakteur <strong>Innovator</strong> Arek Piatek<br />

Textchefs Jakob Hübner, Andreas Wollinger<br />

<strong>Red</strong>aktion Florian Obkircher, Wolfgang Wieser<br />

Creative Director Kasimir Reimann (Ltg.), Erik Turek<br />

Grafik Marion Bernert-Thomann, Martina<br />

de Carvalho-Hutter, Cornelia Gleichweit,<br />

Kevin Goll, Antonia Uhlig<br />

Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.),<br />

Marion Batty (Stv.), Susie Forman,<br />

Tahira Mirza, Rudi Übelhör<br />

Managing Editors Ulrich Corazza,<br />

Marion Lukas-Wildmann<br />

Publishing Management Ivona Glibusic,<br />

Bernhard Schmied, Anna Wilczek<br />

Managing Director Stefan Ebner<br />

Head of Media Sales & Partnerships<br />

Lukas Scharmbacher<br />

Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger<br />

Projektmanagement Co-Publishing,<br />

B2B-Marketing & Communication<br />

Katrin Sigl (Ltg.), Mathias Blaha, Katrin Dollenz,<br />

Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B),<br />

Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner<br />

(Communication)<br />

Creative Services<br />

Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka,<br />

Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart<br />

Commercial Management Co-Publishing<br />

Alexandra Ita<br />

Editorial Co-Publishing<br />

Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann,<br />

Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser<br />

Executive Creative Director Markus Kietreiber<br />

Projekt Management Creative Elisabeth Kopanz<br />

Art Direction Co-Publishing<br />

Peter Knehtl (Ltg.), Erwin Edtmayer,<br />

Andreea Parvu, Dominik Uhl<br />

Commercial Design<br />

Simone Fischer, Martina Maier, Alexandra Schendl,<br />

Julia Schinzel, Florian Solly, Stephan Zenz<br />

Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.),<br />

Marija Althajm, Nicole Glaser (Vertrieb),<br />

Victoria Schwärzler, Yoldaş Yarar (Abo)<br />

Anzeigenservice<br />

Manuela Brandstätter, Monika Spitaler<br />

Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.),<br />

Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig<br />

Lektorat Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert,<br />

Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek,<br />

Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink<br />

Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.),<br />

Claudia Heis, Nenad Isailović, Sandra<br />

Maiko Krutz, Josef Mühlbacher<br />

Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Klaus Pleninger<br />

MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler<br />

Operations Melanie Grasserbauer,<br />

Alexander Peham, Yvonne Tremmel<br />

Projektmanagement Gabriela-Teresa Humer<br />

Herausgeber & Geschäftsführer<br />

Andreas Kornhofer<br />

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Telefon +43/1/90 221-0, Fax +43/1/90 221‐28809<br />

Web redbulletin.com<br />

Medieninhaber, Verlag & Herausgeber<br />

<strong>Red</strong> Bull Media House GmbH,<br />

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15,<br />

A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i,<br />

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INNOVATOR 97


DESIGN - HIGHLIGHT <br />

Misst kosmische<br />

Strahlung und spürt<br />

ihre Herkunft auf:<br />

das IceCube-<br />

Observatorium<br />

am Südpol<br />

Neutrino-Suche<br />

auf dem Südpol<br />

Schon mal was von „Neutrinos“ gehört?<br />

Es sind Elementarteilchen, kleinste Einheiten<br />

unserer Materie, die täglich als<br />

kosmische Strahlung auf die Erde prallen.<br />

Wo sie herkommen, ist unbekannt.<br />

Um diese Frage zu beantworten, wurde<br />

2010 in der Antarktis der größte Neutrino­<br />

Detektor der Welt fertig gestellt:<br />

das IceCube Neutrino Observatory. Und<br />

dort gelang den Forschern 2017 eine<br />

Sensation: Sie orteten sie ein Milliarden<br />

Lichtjahre entferntes Schwarzes Loch<br />

als ein Ursprung der Neutrino-Strahlung<br />

– und erlangten dadurch fundamentale<br />

Erkenntnisse zur Entstehung kosmischer<br />

Strahlen sowie einen wichtigen<br />

Schritt im Verständnis des Universums<br />

energetischer Prozesse. Gerade wurde<br />

der IceCube up-gegradet und mit mehr<br />

Detektoren ausgestattet – um künftig<br />

die Geheimnisse des Alls noch intensiver<br />

zu ergründen.<br />

icecube.wisc.edu<br />

DIESE STATION<br />

ENTSCHLÜSSELT<br />

DIE GEHEIMNISSE<br />

DES UNIVERSUMS<br />

SVEN LIDSTROM/ICECUBE/NATIONAL SCIENCE FOUNDATION<br />

98 INNOVATOR


3 TIPPS<br />

VON JEDEM GAST<br />

FÜR DEINEN ALLTAG<br />

Pioniere unserer Zeit sprechen über<br />

die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg.<br />

Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt.<br />

Jetzt reinhören und am besten gleich abonnieren:<br />

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redbulletininnovator.com


EINE NEUE DEFINITION VON MEHR.<br />

Unser Crossover SUV begeistert mit mehr Flexibilität, mehr<br />

Effizienz, mehr Technologie. Dafür sorgen unter anderem<br />

die innovative Ford MegaBox, der Hybrid-Antrieb und die<br />

wegweisenden Assistenzsysteme. Im Ergebnis bedeutet das<br />

für uns das Goldene Lenkrad 2020 und für Sie viel Fahrspaß.<br />

Kraftstoffverbrauch (in l/100 km nach § 2 Nrn. 5, 6, 6 a Pkw-EnVKV in der jeweils geltenden Fassung):<br />

5,3–5,1 (innerorts), 4,0–3,8 (außerorts), 4,5–4,3 (kombiniert); CO2-Emissionen: 102–97 g/km (kombiniert).<br />

* Ausgezeichnet von Bild am Sonntag, Ausgabe 45/20 und Auto Bild, Ausgabe 45/20, mit dem Goldenen Lenkrad 2020 in der Fahrzeugkategorie kleine SUVs.

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