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ÖSTERREICH<br />
MAI 2021<br />
€ 3,50<br />
ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN<br />
APP<br />
JETZT<br />
ANMELDEN<br />
WINGS FOR LIFE<br />
WORLD RUN<br />
9. MAI 2021<br />
APP<br />
HURRA!<br />
Ö3-Star TOM WALEK<br />
feuert dich an.<br />
Er ist DIE STIMME<br />
der Wings for Life<br />
WORLD RUN APP.<br />
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ÖSTERREICHISCHE POST AG<br />
1140 WIEN
Angetrieben<br />
von Ideen.<br />
Der neue rein elektrische<br />
Audi RS e-tron GT.<br />
Future is an attitude.<br />
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Stromverbrauch kombiniert in kWh/100 km: 20,6 – 22,5 (WLTP);<br />
CO₂-Emissionen kombiniert in g/km: 0. Angaben zu Stromverbrauch<br />
und CO₂-Emissionen bei Spannbreiten in Abhängigkeit von der<br />
gewählten Ausstattung des Fahrzeugs. Stand 03/2021. Symbolfoto.
INHALT<br />
WILLKOMMEN<br />
GEMEINSAM FÜR<br />
DIE GUTE SACHE<br />
Das Prinzip ist einfach: Startschuss, alle laufen<br />
los. 30 Minuten später nimmt das Catcher Car<br />
die Verfolgung auf. Es wird schneller und<br />
schneller – bis es dich einholt. Erster ist, wer<br />
als Letzter noch läuft. Obwohl, ganz stimmt das nicht:<br />
Gewonnen hast du eigentlich schon, sobald du antrittst.<br />
Denn egal ob Anfänger, Rollstuhlfahrer oder Marathonprofi,<br />
beim Wings for Life World Run verfolgen alle ein gemeinsames<br />
Ziel: Querschnittslähmung heilbar zu machen.<br />
100 Prozent der Startgelder gehen an Rückenmarksforschungsprojekte,<br />
die genau daran arbeiten.<br />
Wo du am 9. Mai läufst, ist deine Sache – am Waldweg<br />
hinterm Haus, im Park oder auf der Landstraße. Mit der<br />
App bist du unabhängig und gleichzeitig Teil einer globalen<br />
Bewegung, wie Ö3-Star Tom Walek erklärt. Ein Freund<br />
von ihm sitzt seit einem Unfall im Rollstuhl, das Thema<br />
liegt ihm sehr am Herzen. Sein Appell ist auch das Motto<br />
des Events: Laufe für all jene, die nicht laufen können.<br />
ZAHLEN, BITTE!<br />
6 LÄUFT GUT!<br />
Wer ist die schnellste,<br />
wer die älteste Läuferin?<br />
Die rekordverdächtigen<br />
Zahlen zum Lauf.<br />
WINGS FOR LIFE APP RUN<br />
8 MIKROMANN<br />
AM MIKROFON<br />
Tom Walek im Interview<br />
über seine Rolle als App-<br />
Motivationscoach beim<br />
Wings for Life Word Run.<br />
12<br />
MENTALKRAFT<br />
12 WAS DER KOPF KANN<br />
Tennis-Ass Nico Langmann<br />
und Mentaltrainerin Klara<br />
Fuchs erklären: So macht<br />
der Kopf den Körper stark.<br />
Viel Freude mit unserem Special zum<br />
Wings For Life World Run 2021,<br />
Die <strong>Red</strong>aktion<br />
03 04 29 32<br />
8<br />
DU SCHAFFST DAS! Die App hilft dir beim Training und bietet am Renntag ein echtes<br />
Hörerlebnis. Besonderes Schmankerl: Tom Walek (o.) feuert dich beim Laufen an.<br />
18<br />
STIFTUNG<br />
18 EIN SCHRITT VORAN<br />
Der Alltag eines Tetraplegikers.<br />
Und eine Forscherin,<br />
die ihm die Handfunktion<br />
zurückgeben will.<br />
ERNÄHRUNG<br />
24 CLEVER ESSEN<br />
Triathlon-Star Luis Knabl<br />
über die richtige Kost<br />
vor und nach dem Lauf.<br />
M<strong>AT</strong>THIA HESCHL, KONSTANTIN REYER, PHILIPP HORAK HERI IRAWAN (COVER)<br />
4 THE RED BULLETIN
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Zahlen, bitte!<br />
Gemeinsam läuft’s besser<br />
Zum achten Mal laufen Menschen am 9. Mai rund um den Globus zur<br />
gleichen Zeit für den guten Zweck. Hier die beeindruckenden Zahlen –<br />
von der ältesten Teilnehmerin zum Rekord-Bananenverbrauch.<br />
32,43<br />
Kilometer schaffte<br />
Skispringen-Ikone Andreas<br />
Goldberger, der voriges Jahr<br />
rund um den Mondsee lief.<br />
2.800.000<br />
Euro Spendengeld wurden allein<br />
beim Lauf 2020 gesammelt.<br />
7.378.113,6<br />
Kilometer – zirka zehnmal die<br />
Distanz zum Mond und zurück<br />
– legten die Teilnehmer<br />
in sieben Jahren zurück.<br />
95<br />
Jahre alt war die bisher älteste Teilnehmerin.<br />
Die Südafrikanerin lief 7,24 km.<br />
4.070<br />
Menschen haben bislang<br />
im Rollstuhl teilgenommen.<br />
110<br />
Tonnen Bananen wurden beim<br />
Lauf verputzt. Das entspricht dem<br />
Gewicht von 18 Elefantenbullen.<br />
110410<br />
war die Startnummer der Russin<br />
Nina Zarina, die 2020 ihren<br />
zweiten Titel bei den Frauen<br />
en suite holte: Sie schaffte<br />
54,23 km, bis sie vom virtuellen<br />
Catcher Car eingeholt wurde.<br />
6<br />
Kontinente, 13 Zeitzonen und<br />
195 Länder umspannt das<br />
Teilnehmerfeld des Laufs.<br />
22.287<br />
Teams (eine Gruppe<br />
von Teil nehmern setzt sich<br />
ein gemeinsames Ziel)<br />
wurden bisher gegründet –<br />
mehr, als es Fußballvereine<br />
699.150<br />
in Deutschland gibt.<br />
Menschen haben seit 2014 am Wings for Life World Run teilgenommen.<br />
59<br />
Forschungsprojekte<br />
in 13 Ländern unterstützt<br />
Wings for Life (Stand: März<br />
2021). Ziel: Querschnittslähmung<br />
heilbar zu machen.<br />
250.000<br />
Rückenmarksverletzungen<br />
passieren weltweit pro Jahr,<br />
die Hälfte bei Verkehrsunfällen.<br />
GETTY IMAGES, MARKUS BERGER FOR WINGS FOR LIFE CLAUDIA MEITERT<br />
6 THE RED BULLETIN
App-Run<br />
„Mit der App<br />
bist du Teil<br />
einer globalen<br />
Bewegung“<br />
Raunz nicht, lauf: Ö3-Mikromann Tom Walek erklärt,<br />
wie gute Motivation geht und wie er dich beim Wings for<br />
Life World Run am 9. Mai persönlich anfeuert.<br />
Die App macht’s möglich!<br />
Text SIMON SCHREYER<br />
Illustration HERI IRAWAN<br />
Bekannt ist Tom Walek als Ö3-<br />
Mikromann. Als einer, der seine<br />
Mitbürger auf der Straße mit ausgefuchsten<br />
Fangfragen überrascht.<br />
Privat ist der Wiener ein leidenschaftlicher<br />
Sportler. Laufen,<br />
Berggehen, Kitesurfen, Skifahren,<br />
das geht immer. Gerne auch mal<br />
extremer: als Marathonläufer,<br />
4-facher Ironman-Finisher und<br />
Sieger (im Team mit Hermann<br />
Maier) der Event-Doku „Der Wettlauf<br />
zum Südpol“ (2010). Wie er<br />
sich zu seinen Abenteuern aufrafft?<br />
„Wahre Motivation kommt von<br />
innen“, meint Tom Walek – und<br />
schwört auf Training bei jeder<br />
Witterung, mit allzeitiger Bereitschaft.<br />
Für die Wings for Life<br />
World Run App gibt der 49-jährige<br />
Ausdauersportler motivierende<br />
Sprüche zum Besten, die dich während<br />
des Laufs am 9. Mai anfeuern.<br />
the red bulletin: Tom, für<br />
viele Fans ist deine Stimme ein<br />
akustischer Energielieferant.<br />
Wie motivierst du dich eigentlich<br />
selbst?<br />
Tom Walek: Ich habe keinerlei<br />
Probleme, mich selbst zu motivieren,<br />
sei es im Alltag oder auch beim Ausdauersport.<br />
Das kann ich sofort und<br />
zu jeder Zeit, sogar um drei Uhr in<br />
der Früh! Und wenn mich am Abend<br />
ein Kollege fragt, ob ich morgen auf<br />
den Glockner mitgehen will, und<br />
ich habe Zeit, dann sage ich sofort<br />
und ohne zu zögern zu. Auch wenn<br />
das bedeutet, dass ich um zwei Uhr<br />
aufstehen muss – das ist mir dann<br />
wurscht.<br />
Hast du denn gar keinen inneren<br />
Schweinehund?<br />
Ich empfehle jedem, für sich selbst<br />
herauszufinden, wofür man sich<br />
gern selber motiviert. In meinem<br />
Fall fällt mir das sehr leicht: Ich<br />
laufe und bewege mich einfach sehr,<br />
sehr gerne. Würde mir hingegen<br />
jemand spontan vorschlagen, meine<br />
Steuererklärung hier und jetzt zu<br />
machen, würde ich wahrscheinlich<br />
sagen: „Geh, können wir das nicht<br />
auf morgen verschieben?“<br />
HOL DIR DIE APP!<br />
Mit der App kannst du<br />
überall auf der Welt am<br />
Wings for Life World Run<br />
teilnehmen.<br />
8 THE RED BULLETIN
„Dinge,<br />
die du dir<br />
vornimmst,<br />
sofort<br />
machen!“<br />
Tom Waleks<br />
Schlüssel zur Motivation<br />
M<strong>AT</strong>THIAS HESCHL FOR WINGS FOR LIFE WORLD RUN
App-Run<br />
Aber Laufen und Bewegung<br />
geht immer?<br />
Genau. Vielleicht auch deshalb, weil<br />
ein Freund von mir von einem Auto<br />
erfasst wurde und seither im Rollstuhl<br />
sitzt. Seither bin ich für jeden<br />
Tag dankbar, an dem ich mich bewegen<br />
und gehen kann. Das Gehen ist<br />
ja auch die natürlichste Bewegungsform<br />
für uns Menschen, und es hält<br />
uns jung.<br />
Wie motivierst du andere?<br />
Wahre Motivation kommt von innen.<br />
Wenn ein Coach dir immer wieder<br />
vorsagt: „Mach was! Tu was!“, kann<br />
das für den Anfang hilfreich sein,<br />
aber irgendwann hast du es dann<br />
selbst in der Hand. Deshalb halte ich<br />
diese „intrinsische“ Motivation auf<br />
lange Sicht für die einzige, die wirklich<br />
zählt. Auch wichtig: eine gewisse<br />
Flexibilität und die spontane Bereitschaft,<br />
Spielräume offenzulassen<br />
– etwa die erwähnte Einladung auf<br />
den Großglockner. Dazu sollten wir<br />
jedoch die Regeln des Alltags nicht<br />
zu sehr in Stein meißeln.<br />
Welche Trainingstaktik kannst<br />
du an unsere Leser weitergeben?<br />
Die Dinge, die du dir vornimmst<br />
– sofort machen! Wenn möglich,<br />
schon in der Früh und mit nüchternem<br />
Magen. Nichts vor sich herschieben<br />
und nicht sagen: „Moah,<br />
jetzt geht draußen gerade so der<br />
Wind, ich gehe später laufen.“ Also:<br />
keine bequemen Ausreden, außer du<br />
bist gerade krank oder verletzt.<br />
Was muss ein Motivationsspruch<br />
haben, um nicht als leere Phrase<br />
rüberzukommen?<br />
Sprüche zur Motivation sind so individuell<br />
wie der Musikgeschmack. Es<br />
muss zu einem selber passen. Wenn<br />
irgendwie möglich, dann sollte es ein<br />
Satz sein, der mit einer Emotion oder<br />
einer Erinnerung an einen Glücksmoment<br />
aufgeladen ist. Man sollte ihn<br />
schreien und jubeln dürfen. (Lacht.)<br />
Für die App nimmst du Ansagen<br />
auf, die Läufer während des<br />
Wings for Life World Runs<br />
motivieren sollen. Dürfen wir<br />
um eine Kostprobe bitten?<br />
„Die Audio-<br />
Experience<br />
macht die<br />
App und den<br />
Lauf sehr<br />
speziell!“<br />
Tom Walek über den<br />
Wings for Life World Run<br />
Ich habe vor mir ein Blatt mit<br />
Ideen für ein paar Sprüche liegen,<br />
die anspornen und positiv bestätigen,<br />
aber auch über den eigenen<br />
Fortschritt informieren: „Wahnsinn,<br />
du bist schon vier Kilometer gelaufen!“,<br />
„Man wird Straßen nach dir<br />
benennen, du Rennmaschine!“,<br />
„Ganz großes Kino!“, oder „In diesem<br />
Moment erstellt gerade jemand<br />
einen Wikipedia-Eintrag über dich!“<br />
Natürlich schreibt niemand einen<br />
Wikipedia-Eintrag über jemanden,<br />
der gerade zwölf Kilometer gelaufen<br />
ist, aber Humor kann eben auch<br />
beflügeln.<br />
Wie findest du das Laufen mit<br />
der App? Erzähl uns von deiner<br />
Erfahrung damit voriges Jahr!<br />
Voriges Jahr bin ich zum ersten Mal<br />
unter Verwendung der App mitgelaufen.<br />
Durch die App hatte ich<br />
nie das Gefühl, für mich alleine zu<br />
laufen, sondern an einer großen Bewegung<br />
teilzunehmen, die weltweit<br />
stattfindet. Diese Audio Experience<br />
macht die App und damit den Lauf<br />
schon sehr speziell!<br />
Was findest du an der App<br />
besonders gelungen?<br />
Mir taugt zunächst, dass man im Hintergrund<br />
Musik streamen kann, und<br />
alle paar Kilometer feuert einen der<br />
Walek an, das finde ich schon mal super.<br />
(Lacht.) Dann finde ich auch gut,<br />
wie die Tracking-Funktion den eigenen<br />
Lauf aufzeichnet. Sehr origi nell<br />
und lustig ist auch das Catcher Car,<br />
das dich virtuell verfolgt und zum<br />
Schluss hin immer näher kommt.<br />
Wie oft hast du eigentlich schon<br />
am Lauf teilgenommen?<br />
Ich glaube, insgesamt dreimal. Ich<br />
war schon dabei, als der Wings for<br />
Life World Run noch in St. Pölten<br />
stattgefunden hat. Dazwischen habe<br />
ich das Wings for Life World Run<br />
Team immer aktiv unterstützt und<br />
vom Catcher Car aus moderiert.<br />
Wo bist du voriges Jahr gelaufen?<br />
Ich war mit meiner Frau, meiner<br />
Tochter (6) und meinem Sohn (5)<br />
im Wohnmobil im Burgenland unterwegs<br />
und bin dann von Poders dorf<br />
eine Runde über den Nationalpark<br />
Neusiedlersee-Seewinkel gelaufen.<br />
Das waren 28 Kilometer in zwei<br />
Stunden, 19 Minuten.<br />
Wie transportiert man das Smartphone<br />
am besten beim Laufen?<br />
Ich bevorzuge einen ganz schmalen<br />
Laufrucksack mit Taschentüchern,<br />
Getränk und Gels. Ein Hüfttascherl,<br />
das sich an den unteren Rücken anschmiegt,<br />
geht auch. Alternativ gibt<br />
es die Lauf-Armbänder zum Transport<br />
des Smartphones, die halten bei<br />
mir aber nicht so richtig. Vielleicht<br />
liegt das aber daran, dass meine<br />
Oberarme zu dünn sind.<br />
Melde dich an auf:<br />
wingsforlifeworldrun.com<br />
M<strong>AT</strong>THIAS HESCHL FOR WINGS FOR LIFE WORLD RUN<br />
10 THE RED BULLETIN
SO GEHT’S<br />
App-solut easy<br />
Hol dir jetzt die Wings for Life World Run App! Wie du mit ihr trainierst<br />
und was dich am 9. Mai erwartet, erfährst du hier.<br />
03 04 29 32<br />
Download<br />
Die Wings for Life<br />
World Run App ist<br />
im App Store und auf<br />
Google Play erhältlich.<br />
Nach dem Download<br />
kannst du dich<br />
entweder per<br />
Facebook-Profil<br />
oder mit E-Mail<br />
registrieren.<br />
Training<br />
Simuliere den großen<br />
Tag: Wie beim Lauf<br />
kannst du dich im<br />
Trainings modus vom<br />
Catcher Car jagen<br />
lassen.<br />
Ziel ist es, ein von<br />
dir gesetztes Ziel<br />
zu erreichen, bevor<br />
dich das Catcher Car<br />
einholt.<br />
Audio-<br />
Experience<br />
„Wie lebt es sich auf der<br />
Überholspur? Du fliegst<br />
ja nur so über die Strecke!“<br />
– Am Renntag<br />
erwartet dich ein besonderes<br />
Hörerlebnis: Motivator<br />
Tom Walek feuert<br />
dich zur Bestleistung<br />
an, und Gregor Bloéb<br />
macht dir als Catcher-<br />
Car-Fahrer Beine.<br />
Dazu gibt es Updates<br />
zum Lauf aus der ganzen<br />
Welt, Infos zu den<br />
gelaufenen Kilometern,<br />
zum Abstand des<br />
Catcher Cars u. v. m.<br />
Community<br />
Gemeinsam statt<br />
gegeneinander:<br />
Tritt einem der virtuellen<br />
Laufteams in aller<br />
Welt bei – oder gründe<br />
dein eigenes Team, um<br />
gemeinsam ein großes<br />
Ziel zu verfolgen.<br />
Ö3-Mode rator Philipp<br />
Hansa zum Beispiel<br />
will mit seinem Team<br />
Österreich virtuell<br />
umrunden (2.706 km)<br />
und sucht dafür noch<br />
Mitglieder für seine<br />
Gruppe.<br />
THE RED BULLETIN 11
Nico Langmann,<br />
24, ist einer der<br />
besten Rollstuhl-<br />
Tennis spieler<br />
der Welt.<br />
DER KOPF IST DEIN<br />
STÄRKSTER MUSKEL<br />
12
Mentalkraft<br />
Mentaltrainerin<br />
Klara Fuchs, 26,<br />
ist eine der<br />
erfolgreichsten<br />
Bloggerinnen<br />
Österreichs.<br />
Die Wings for Life World Run-Botschafter KLARA FUCHS und<br />
NICO LANGMANN erklären uns, wie man psychisch Kraft schöpft<br />
und in physische Leistung umwandelt.<br />
Text JAKOB HÜBNER<br />
Fotos KONSTANTIN REYER
2020 nahm Nico<br />
Langmann auf<br />
der Laufbahn des<br />
Sportzentrums<br />
Südstadt am<br />
Wings for Life<br />
World Run teil.<br />
„WENN DU IN EINER GUTEN MENTALEN VERFASSUNG BIST,<br />
MACHT DAS DAS LEBEN VIEL LEBENSWERTER<br />
ALS DIE FÄHIGKEIT, STUFEN STEIGEN ZU KÖNNEN.“<br />
Nico Langmann
Mentalkraft<br />
Klara Fuchs hat ein Buch über Mentaltraining geschrieben: „Powerful Mind“.<br />
Es heißt: „In einem gesunden<br />
Körper wohnt ein gesunder<br />
Geist.“ Auch wenn das Zitat des<br />
römischen Satirikers Juvenal<br />
in seiner verkürzten Form<br />
nicht dem Original entspricht,<br />
zählt es doch zu den berühmtesten<br />
Sinnsprüchen der Welt.<br />
Die mittlerweile längst auch wissenschaftlich<br />
belegte direkte Wechselwirkung<br />
zwischen Physis und Psyche lässt<br />
sich allerdings auch mit um gekehr ten<br />
Vorzeichen lesen. Dann lautet die These:<br />
Mentale Stärke ist die Voraussetzung für<br />
körper liche Stärke.<br />
Für Klara Fuchs und Nico Langmann<br />
ist diese Theorie tägliche Praxis. Nico, 24,<br />
ist nach einem Autounfall seit seinem<br />
zweiten Lebensjahr querschnitts gelähmt<br />
und sitzt im Rollstuhl. Das hin derte ihn<br />
aber nicht daran, sich ein ehrgeiziges<br />
Ziel zu setzen: Er wollte Tennisprofi werden.<br />
Unmöglich? Nein: In seiner bisherigen<br />
Karriere hat der Wiener insgesamt<br />
17 Titel gewonnen, in der aktuellen Rollstuhltennis-Weltrangliste<br />
liegt er auf<br />
Platz 30. Die gebürtige Schwedin Klara,<br />
26, ist Autorin, Sportwissenschaftlerin,<br />
diplomierte Mental- und Erfolgstrainerin<br />
und betreibt einen der reichweitenstärksten<br />
Blogs in ganz Österreich.<br />
Darüber hinaus verbindet Klara und<br />
Nico ihr Engagement als Botschafter für<br />
den Wings for Life World Run, den sie<br />
auch 2021 wieder aktiv unterstützen.<br />
The <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> bat die beiden zu<br />
einem „Botschafter-Treffen“, bei dem der<br />
Kopf seine Muskeln spielen lässt.<br />
the red bulletin: Wie ist das also mit<br />
„Mens sana in corpore sano“?<br />
Nico: Na ja, in meinem Fall war der<br />
gesunde Körper ja von vornherein ausgeschlossen.<br />
Ich habe mein Leben mit<br />
einer körperlichen Einschränkung begonnen,<br />
ich kenne kein anderes. Trotzdem<br />
habe ich darin enorm viel Erfüllung<br />
gefunden. Für mich ist es daher ein<br />
logischer Schluss, dass man aus der<br />
Psyche viel mehr schöpfen kann als aus<br />
dem Körper. Wenn du in einer guten<br />
mentalen Verfassung und mit dir selbst<br />
im Reinen bist, macht das das Leben viel<br />
lebenswerter als die Fähigkeit, Stufen<br />
steigen zu können.<br />
klara: Dem kann ich mich nur anschließen,<br />
wobei ich diese Erkenntnis erst auf<br />
die harte Tour lernen musste. Ich habe<br />
immer einen supergesunden Körper<br />
gehabt, gute Gene, keine Verletzungen –<br />
also alles „perfekt“. Ich habe in dem<br />
Gefühl gelebt, alles erreichen zu können,<br />
und am besten alles gleichzeitig …<br />
Das Ergebnis war ein massiver Burnout,<br />
Energie auf null. Wenn dein Geist zu<br />
streng, zu überehrgeizig, zu perfektionistisch<br />
ist, kann er deinen Körper schleichend<br />
kaputtmachen – selbst wenn dieser<br />
eigentlich wunderbar funktioniert.<br />
THE RED BULLETIN 15
Mentalkraft<br />
Entscheidend sind also die Ziele, die<br />
man sich steckt. Aber wie definiere ich<br />
meine Ziele? Wie verhindere ich, dabei<br />
über das Ziel hinauszuschießen?<br />
Klara: Da muss man zunächst einmal<br />
unterscheiden. Es gibt sogenannte smarte<br />
Ziele – also zum Beispiel, ich will fünf<br />
Kilo abnehmen, ich will schneller laufen<br />
etc. Die sind spezifisch, realistisch und<br />
messbar. Wenn man aber mehr in die<br />
Tiefe geht, zu den wahren Beweggründen<br />
hinter all unseren Entscheidungen –<br />
warum will ich dieses Studium, diesen<br />
Job, dieses Haus oder diese Beziehung?<br />
–, haben persönliche Ziele eine<br />
noch wesentlich wichtigere Funktion,<br />
indem sie eine Richtung vorgeben. Den<br />
Kalenderspruch „Der Weg ist das Ziel“<br />
haben wir alle schon 10.000-mal gehört,<br />
das ändert jedoch nichts an seiner Richtigkeit.<br />
Weil du in diesem Prozess unheimlich<br />
viel über dich selber lernst und<br />
Energien freisetzt, mit denen du mehr<br />
aus dir herausholen kannst. Mit der<br />
Verfolgung eines Ziels kannst du dich<br />
also quasi upgraden.<br />
Nico: Das kann ich aus meiner persönlichen<br />
Erfahrung nur unterstreichen. Ziele<br />
sind, vor allem im Profisport, natürlich<br />
extrem wichtig, genauso wichtig ist aber<br />
auch der Umgang mit diesen Zielen. Für<br />
mich heißt das große Ziel, in die Top Ten<br />
der Welt zu kommen. Damit ist nicht<br />
nur die Richtung klar, sondern auch die<br />
Grundmotivation für alle Dinge, die ich<br />
dafür investiere – für jedes Tennistraining,<br />
für jedes Ausdauertraining, für<br />
jedes gesunde Essen, für jede Regeneration.<br />
Wenn dein Ziel deinem gesamten<br />
Leben auf positive Weise eine Richtung<br />
gibt, läufst du auch nicht Gefahr, es bei<br />
jedem Scheitern zu hinterfragen oder<br />
gleich über Bord zu werfen.<br />
geben: Erster sein, viel Geld verdienen,<br />
ein tolles Auto … Wirklich gut performen<br />
wird aber nur derjenige, der seine persönlichen<br />
Bedürfnisse nicht seinem Ehrgeiz<br />
opfert. Voraussetzung dafür ist, dass<br />
ich meine Werte und Prioritäten klar<br />
definiere. Und dann auch die nötigen<br />
Trennlinien ziehe.<br />
Nico: Was allerdings nicht immer einfach<br />
ist. Mein Sport ist ja geradezu das<br />
Paradebeispiel einer Leistungsgesellschaft,<br />
wo du als Person beinhart in einer<br />
Rangliste gewertet wirst. Du steckst in<br />
einem permanenten Wettkampf. Ich bin<br />
jetzt in der glücklichen Lage, dass ich im<br />
Umfeld von Dominic Thiem trainieren<br />
kann – sein Vater Wolfgang ist mein<br />
Coach –, und es ist wirklich beeindruckend,<br />
wie Dominic seine Lebensbereiche<br />
trennen kann. Wie er auf dem Platz<br />
Vollgas gibt und abseits davon der entspannteste<br />
Typ ist. Ich bin ja eher der<br />
Dauervollmodus-Typ und kann mir da<br />
sicher noch einiges abschauen.<br />
Ganz wichtige Aspekte des Mentaltrainings<br />
sind der Umgang mit dem<br />
Scheitern und die Fähigkeit, aus<br />
Niederlagen gestärkt hervorzugehen.<br />
Lässt sich das wirklich erlernen?<br />
Klara: Tatsächlich ist das sogar der<br />
allerwichtigste Aspekt – und ja, es lässt<br />
sich erlernen. Das Zauberwort in diesem<br />
Zusammenhang heißt Selbstreflexion.<br />
Gerade als Sportler muss man ehrlich<br />
zu sich selber sein können. Und das tut<br />
manchmal richtig weh. Weil man auch<br />
die eigenen Fehler sehen und anerken-<br />
„WIE DOMINIC THIEM AUF DEM PL<strong>AT</strong>Z VOLLGAS GIBT<br />
UND ABSEITS DAVON DER ENTSPANNTESTE TYP IST,<br />
DAVON KANN ICH MIR EINIGES ABSCHAUEN.“<br />
Nico Langmann<br />
„MENTALE STÄRKE H<strong>AT</strong> VIEL MIT VERLETZLICHKEIT<br />
ZU TUN. DENN VERLETZLICHKEIT IST<br />
KEINE SCHWÄCHE, SONDERN EINE SUPERKRAFT.“<br />
Klara Fuchs<br />
Klara: Entscheidend ist auch, dass man<br />
erkennt: Was ist Erfolg für mich? Erfolg<br />
ist ja in unserer Gesellschaft stark vorgenen<br />
muss. Aber nur diese schonungslose<br />
Selbstanalyse führt dazu, dass man lernt,<br />
sich auf jene Prozesse zu fokussieren,<br />
die man wirklich beeinflussen kann, und<br />
andere, die man ohnehin nicht kontrollieren<br />
kann, auszublenden. Diese Fokussierung<br />
auf die eigenen Möglichkeiten ist<br />
also gleichzeitig ein großer Befreiungsschlag,<br />
der wahre Wunder wirken kann.<br />
Nico: Befreiungsschlag, mein Stichwort.<br />
Ich glaube, es geht um das, was jeder<br />
Sportler als Flow-Zustand kennt, und das<br />
mentale Training hilft dir, diesen Zustand<br />
möglichst oft zu erreichen. Control what<br />
you can control. Bei mir ist das dann so,<br />
dass ich nur noch den Ball sehe, dem<br />
ich wie ein Hund hinterherjage, meine<br />
Schläge ziehe und an nichts anderes denke.<br />
Beim Tennis kommt ja da auch immer<br />
der Spielstand dazu, die sogenannten<br />
Big Points, Breakball bei 5:4 im dritten<br />
Satz – was allerdings dem Ball völlig<br />
wurscht ist, denn der weiß das ja nicht.<br />
Der fliegt, wie er immer fliegt. Genau<br />
dasselbe Prinzip sollte für dich gelten.<br />
Du spielst, wie du immer spielst. Konzentriert<br />
und instinktiv. Aber das erreichst<br />
du nur, wenn du deinen Kopf genauso<br />
trainierst wie deinen Bizeps oder Trizeps.<br />
klara: Schlussendlich hat mentale<br />
Stärke immer auch ganz viel mit Verletzlichkeit<br />
und Scham zu tun. Das mag<br />
ein bisschen komisch klingen, aber Verletzlichkeit<br />
– und ich meine jetzt nicht<br />
Selbstmitleid und Herumjammern – ist<br />
keine Schwäche, sondern ganz im Gegenteil<br />
eine Superkraft. Weil sie authentisch<br />
ist. Denn eines ist klar: Ohne Authentizität,<br />
ohne die Akzeptanz dessen, wer du<br />
bist, und ohne den Mut zu definieren,<br />
wer du sein willst, wirst du deine Kraft<br />
und deine Möglichkeiten nie voll ausschöpfen<br />
können – weder die physischen<br />
noch die psychischen.<br />
Folge den beiden: klarafuchs.com,<br />
instagram.com/nico_langmann<br />
16 THE RED BULLETIN
Klara Fuchs und Nico<br />
Langmann nehmen<br />
den Wings for Life<br />
World Run vorweg:<br />
„Kontrolliere, was du<br />
kontrollieren kannst.“
Seit Anfang 2009<br />
arbeitet der ehemalige<br />
Downhill-Mountainbiker<br />
Wolfgang Illek<br />
bei Wings for Life.<br />
18 THE RED BULLETIN
Stiftung<br />
ABENTEUER<br />
ALLTAG<br />
WOLFGANG ILLEK, 38, ist Tetraplegiker. Seit einem<br />
Radunfall vor 16 Jahren ist er vom Hals abwärts gelähmt.<br />
Davon lässt sich der Familienvater und<br />
Fundraising- Beauftragte bei Wings for Life aber nicht<br />
unterkriegen. Wie sein Tages ablauf aussieht? So!<br />
Text WERNER JESSNER<br />
Fotos PHILIPP HORAK<br />
6.00 UHR<br />
Mein Handy weckt mich. Gleich wird<br />
mein Assistent vor der Tür stehen – ich<br />
öffne sie über eine App. Ich brauche<br />
fremde Hilfe, um aus dem Bett zu<br />
kommen. Joe und Flo, das sind die<br />
beiden, die mich be treuen, kennen die<br />
richtigen Griffe, um meine 80 Kilo auch<br />
für sie möglichst rückenschonend zur<br />
Morgentoilette zu hieven.<br />
Ein modifiziertes Mobiltelefon spielt<br />
eine zentrale Rolle in Wolfis Leben:<br />
Via App öffnet er zum Beispiel die Haustür.<br />
Ziel des Stehtrainings: eine Verkürzung<br />
von Sehnen und Muskeln zu vermeiden<br />
und den Kreislauf zu stärken.<br />
7.00 UHR<br />
Die produktivste Stunde des Tages:<br />
In meinem Fitnessraum bewege ich<br />
meinen Körper mit eigens auf Querschnitt<br />
sgelähmte abgestimmten<br />
Maschinen, um beweglich zu bleiben<br />
und auch um die Verdauung anzu regen.<br />
Danach schnallt mich mein Assistent<br />
auf ein Stehbrett und fixiert mich bei<br />
Knien, Hüfte und Brust. So mache ich<br />
mein Stehtraining. Das halte ich bis<br />
zu vierzig Minuten durch – für meinen<br />
Kreislauf eine echte Herausforderung –<br />
und nutze die Zeit, um parallel am<br />
Laptop zu arbeiten.<br />
8.00 UHR<br />
Inzwischen sind auch meine Frau Lena<br />
und meine Tochter Marie auf den Beinen<br />
und bereiten das Frühstück zu. Ich trinke<br />
aus einem Strohhalm, weil ich mit meinen<br />
Händen keine Tasse zum Mund führen<br />
kann. Auch ein Brot zu streichen ist<br />
mir un möglich. Diese alltäglichen Handgriffe<br />
vermisse ich sehr. Aber meine dreijährige<br />
Tochter ist mir bereits eine große<br />
Hilfe. Heute zum Beispiel hat sie ein Weckerl<br />
mit gleich drei Lagen Käse für mich<br />
umwickelt.<br />
„MEINE DREIJÄHRIGE<br />
TOCHTER IST MIR EINE<br />
GROSSE HILFE: HEUTE<br />
H<strong>AT</strong> SIE EIN WECKERL<br />
FÜR MICH GEMACHT.“<br />
THE RED BULLETIN 19
UNSER WEG<br />
ZUR HEILUNG<br />
Wie Wings for Life hilft,<br />
wo die Stiftung ansetzt und<br />
was mit deiner Spende passiert.<br />
Die Situation<br />
Millionen Menschen weltweit sind nach<br />
einer Verletzung des Rückenmarks auf<br />
den Rollstuhl angewiesen. Alljährlich<br />
wird mindestens 250.000 Mal die fatale<br />
Diagnose Querschnittslähmung gestellt.<br />
Unsere Mission<br />
Die gemeinnützige Stiftung will Querschnittslähmung<br />
heilbar machen. Dafür<br />
fördert Wings for Life weltweit aussichtsreiche<br />
Forschungsprojekte.<br />
So machen wir es<br />
Seit ihrer Gründung 2004 hat die Stiftung<br />
239 (Stand: März 2021) Projekte gefördert:<br />
von Grundlagenforschung (Laborarbeit)<br />
bis hin zu klinischen Studien mit<br />
Querschnittspatienten.<br />
Die Herausforderung<br />
Eine Rückenmarksverletzung ist komplex:<br />
Millionen Nervenfasern werden zerstört<br />
und bilden sich zurück. Um das zu reparieren,<br />
muss man erst die Zelltrümmer<br />
entfernen, also die „Unfallstelle räumen“.<br />
Danach muss man die Nerven fasern dazu<br />
bewegen, wieder auszuwachsen und vor<br />
allem die richtige Verbindung zu finden.<br />
Deine Hilfe<br />
Je mehr Spenden Wings for Life bekommt,<br />
desto mehr Projekte können unterstützt<br />
werden. 100 Prozent der Wings for Life<br />
World Run Start gelder und Spenden<br />
gehen direkt in die Forschung. Das ist<br />
möglich, weil die Firma <strong>Red</strong> Bull sämtliche<br />
administrativen Kosten der Stiftung trägt.<br />
Familienbande:<br />
Die dreijährige Marie<br />
unterstützt ihren<br />
Papa, wo sie kann.<br />
20 THE RED BULLETIN
Stiftung<br />
8.30 UHR<br />
Termin in Salzburg. Zwei Stunden, zehn<br />
Minuten mit dem Auto. Ich lenke meinen<br />
umgebauten VW-Bus mit der Linken mit<br />
einem Dreizack am Lenkrad, mit der<br />
Rechten gebe ich Gas und bremse. Hebel<br />
zurück heißt beschleunigen, Hebel nach<br />
vorn bremsen. Automatikgetriebe. Funktioniert<br />
super, sogar meinen Anhänger-<br />
Führerschein durfte ich behalten. Ich<br />
starte das Auto via Touchscreen, blinken<br />
muss ich mit dem Kopf über Taster an<br />
der Kopfstütze. Mein Betreuer sitzt am<br />
Beifahrersitz. Über 300.000 unfallfreie<br />
Kilometer habe ich so bereits absolviert.<br />
DIE GEGENWART<br />
FUNKTIONSHAND<br />
Mit seiner Funktionshand kann Wolfgang Illek sich die Zähne putzen<br />
und Besteck halten. Wie sie funktioniert, erklärt er hier.<br />
„Die Worte hallen noch dumpf in meinen<br />
Ohren. ‚Herr Illek, wir werden Ihre Finger<br />
abkleben, um Ihre Sehnen zu verkürzen.‘<br />
Ich lag auf der Intensivstation, benommen<br />
von Medikamenten und voller Angst<br />
davor, was das bedeutet.<br />
Später, in der Reha, wurde mir die Technik<br />
für die Funktionshand dann in Ruhe<br />
erklärt. Als Tetraplegiker bin ich vom<br />
fünften Halswirbel abwärts gelähmt und<br />
kann meine Hände und Finger nicht<br />
bewegen. Im Laufe der Zeit würde es in<br />
meinem Handgelenk und in den Fingern<br />
zu Fehlstellungen und Verkrümmungen<br />
kommen.<br />
Die Idee zur Funktionshand kommt aus<br />
der Ergotherapie. Sehnen und Bänder<br />
werden verkürzt. Das geschieht durch<br />
besondere Lagerungstechniken, Muskeltraining<br />
oder mit Bändern und Schienen.<br />
Indem ich das Handgelenk nach oben<br />
kippe, ziehen sich meine Finger zusammen.<br />
Man nennt das den Tenodese- Effekt<br />
– dadurch entsteht eine lockere Faust.<br />
Durch die umgekehrte Bewegung öffnen<br />
sich meine Finger wieder. Dadurch kann<br />
ich Dinge besser greifen und halten.<br />
Mit dem Tenodese-Effekt kann ich beispielsweise<br />
allein Zähne putzen, ein Glas<br />
Wasser oder Besteck halten. Ich kann<br />
nach meinem Handy greifen oder einen<br />
Apfel essen. Diese Kleinigkeiten wären<br />
ohne Funktionshand unmöglich, und<br />
mein Alltag wäre noch schwerer, als er<br />
ohnehin schon ist.<br />
Sollten übrigens irgendwann die Funktionen<br />
in den Fingern zurückkehren,<br />
können die verkürzten Sehnen langsam<br />
wieder in den Ursprungszustand aufgedehnt<br />
werden.“<br />
Los geht’s! Mit seinem umgebauten VW-Bus<br />
fährt Wolfgang Illek ins Wings for Life Büro.<br />
„ICH FAHRE MIT EINEM<br />
UMGEBAUTEN VW-BUS.<br />
BLINKEN MUSS ICH<br />
MIT DEM KOPF.“<br />
12.00 UHR<br />
Geschäftsessen. Mein Assistent schiebt<br />
mich durch die City ins Lokal. Kopfsteinpflaster<br />
ist mühsam, weil ich den Rollstuhl<br />
nicht mit den Fingern greifend<br />
antreiben kann, sondern bloß mit der<br />
Reibung der Handschuhe. Bei der Wahl<br />
des Essens muss ich darauf achten, dass<br />
es mundgerecht serviert wird, damit<br />
ich die Stücke mit der Gabel, die ich<br />
zwischen Handfläche und Handschuh<br />
einklemme, aufspießen kann.<br />
Integrierte Laschen<br />
an der Funktionshand<br />
machen es zum Beispiel<br />
möglich, Essbesteck<br />
zu benützen.<br />
THE RED BULLETIN 21
Stiftung<br />
14.00 UHR<br />
Computerarbeit im Büro: Mit der linken<br />
Hand bediene ich eine Maus, die auf<br />
dem Kopf steht. So kann ich die Taste mit<br />
dem kleinen Fingerknöchel bedienen –<br />
muss aber umdenken, weil die Mausbewegungen<br />
spiegelverkehrt sind. Mit<br />
meiner Rechten bediene ich den Trackball,<br />
dessen vier Tasten mit Kurzbefehlen<br />
belegt sind. Der Rest: Sprachsteuerung,<br />
Nachbessern von Rechtschreibfehlern.<br />
18.00 UHR<br />
Ich halte einen Vortrag über die Herausforderungen<br />
Querschnittsgelähmter.<br />
Meine Rumpfmuskulatur endet beim<br />
Schlüsselbein, das bedeutet, dass ich rein<br />
übers Zwerchfell atmen muss. Anstrengend!<br />
Wenn ich beim Sprechen darauf<br />
nicht aufpasse, wird mir schwindlig.<br />
Mit einem hydraulischen Lift kann Wolfi mit<br />
dem Rollstuhl direkt vor das Lenkrad fahren.<br />
21.00 UHR<br />
Bei Abendterminen wäge ich immer ab:<br />
Nach Hause fahren oder ein Zimmer vor<br />
Ort nehmen? Das Problem ist die Haut.<br />
Druckstellen können zu langwierigen<br />
Komplikationen führen. Außerdem habe<br />
ich einen Dauerkatheter. Selbst wenn ich<br />
in einen Stau geraten sollte, muss ich den<br />
Weg nach Hause schaffen. Meine Lieben<br />
schlafen bereits. Der Assistent hilft mir,<br />
mich möglichst leise ins Bett zu begeben.<br />
Gute Nacht!<br />
DIE ZUKUNFT<br />
NEUROMODUL<strong>AT</strong>ION<br />
Von der Funktionshand zur funktionierenden Hand: US-Forscherin<br />
Lumy Sawaki arbeitet daran. Hier erzählt sie, wie sie Tetraplegikern<br />
mit Hirnstimulation und ergotherapeutischem Training helfen will.<br />
„Seit Beginn meiner Ausbildung<br />
liegt mir die Rückenmarksforschung<br />
besonders<br />
am Herzen. Weil es so oft<br />
junge Menschen sind,<br />
die durch Unfälle an Querschnittslähmung<br />
leiden.<br />
Und weil in diesem Bereich<br />
noch viel Arbeit vor uns<br />
liegt“, sagt Dr. Lumy Sawaki.<br />
Ihr Ziel: eine neue Therapieform<br />
zu finden, die es Tetraplegikern<br />
mit inkompletter<br />
Lähmung (Menschen, deren Extremitäten<br />
unterhalb des Halses teilweise<br />
gelähmt sind) ermöglichen soll, Hände<br />
und Arme wieder zu gebrauchen.<br />
Ihr Ansatz ist innovativ. So innovativ,<br />
dass ihr zuerst viel Skepsis entgegenschlug:<br />
„Am Anfang war es schwierig,<br />
Fördergelder zu akquirieren und meine<br />
Kollegen von der Idee zu überzeugen.<br />
Deshalb bin ich sehr dankbar, dass Wings<br />
for Life an meinen Ansatz glaubt und<br />
meine Forschung unterstützt.“ Sawaki<br />
setzt auf Hirnstimulation und kombiniert<br />
diese mit ergotherapeutischem Training.<br />
In der Praxis heißt das: Ihre Patienten<br />
werden über die Schädeldecke elektrisch<br />
stimuliert. „Über Oberflächenelektroden,<br />
die am Kopf angebracht sind, induzieren<br />
wir Schwachstrom. Kein operativer Eingriff,<br />
keine Nebenwirkungen“, erklärt sie.<br />
Die Methode nennt sich transkranielle<br />
Gleichstromstimulation (tDCS) und wird<br />
auch im Leistungssport eingesetzt. Der<br />
Strom soll Nervenzellen in ihrer Fähigkeit<br />
bestärken, auf Signale zu reagieren bzw.<br />
dafür sorgen, dass sie schneller in die<br />
Gänge kommen. In der Fachsprache heißt<br />
das Neuromodulation.<br />
Zusätzlich zur Stimulation absolvieren<br />
die Patienten ein ergotherapeutisches<br />
Training. Wie das aussieht? Dr. Sawaki<br />
erklärt den Vorgang so: „Ich sage zum<br />
Probanden: ‚Finde den Daumen in deinem<br />
Gehirn!‘, während ich seinen Daumen<br />
berühre. Wenn er seinen Daumen lokalisieren<br />
kann, bitte ich ihn, sich vorzustellen,<br />
den Daumen zu bewegen. Ich bewege<br />
dann den Finger und frage den Probanden,<br />
ob er die Richtung spürt.“<br />
Dr. Lumy Sawaki<br />
Pro Therapieeinheit erhalten<br />
Sawakis Patienten eine<br />
zwanzigminütige Hirnstimulation<br />
und versuchen dann<br />
zwei Stunden lang, Finger-,<br />
Hand- und Armfunktionen<br />
zu trainieren. Dreimal in der<br />
Woche, über zwei Monate<br />
hinweg. „Ein enormer mentaler<br />
Kraftaufwand für die<br />
Patienten“, sagt Sawaki.<br />
Bei ihren ersten Patienten<br />
wurden tatsächlich Verbesserungen<br />
festgestellt. Der Grund: Die Wissenschaftlerin<br />
geht davon aus, dass sich<br />
durch die Stimula tion und das Training<br />
neue Nervenver bindungen bilden. Und<br />
das, obwohl das Gehirn und nicht das<br />
Rückenmark stimuliert wird. Vermutlich,<br />
weil erhalten gebliebene Nervenfasern<br />
umstrukturiert und so möglichst effizient<br />
genutzt werden. Um noch mehr in Erfahrung<br />
zu bringen, möchte Dr. Lumy Sawaki<br />
die Methode nun an einer größeren Anzahl<br />
von Personen testen. Fällt auch diese<br />
Studie positiv aus, wäre man einen großen<br />
Schritt näher an einer offiziell anerkannten<br />
Therapie für Hand- und Armfunktion<br />
– einer Therapie, auf die viele<br />
Tetraplegiker sehnsüchtig warten.<br />
Die Studie im Detail<br />
Transkranielle Gleichstromstimulation<br />
Über Oberflächenelektroden am Kopf wird<br />
das Gehirn der Patienten mit Gleichstrom<br />
stimuliert.<br />
Ergotherapeutisches Training<br />
Motorisches Training bildet den zweiten Teil<br />
der Behandlung. Die Übungen sind speziell<br />
auf jeden Patienten abgestimmt.<br />
Mehr zu den Forschungsprojekten,<br />
die Wings for Life unterstützt:<br />
wingsforlife.com<br />
ROBERT ROTTENSTEINER, TOM MACKINGER<br />
22 THE RED BULLETIN
WE ARE RUNNERS.<br />
BUFF ® is a registered trademark property of Original Buff, S.A. (Spain)<br />
www.buff.com<br />
www.epmsports.at<br />
WE RUN.<br />
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Ernährung<br />
Vor dem Lauf<br />
schwört Knabl<br />
auf Reis als<br />
Kraftstoff.<br />
GUTEN APPETIT!<br />
Das schmeckt<br />
nach Triumph<br />
Der vielfache Triathlon-Staatsmeister Luis<br />
Knabl erklärt, wie er sich auf einen großen<br />
Wettkampf vorbereitet. Und verrät, was du vor,<br />
während und nach dem Wings for Life World<br />
Run am besten zu dir nehmen solltest.<br />
Er schaut aus wie ein Prada-Model<br />
und ist einer der besten Triathleten<br />
Österreichs: Luis Knabl. Junioren-<br />
Europameister im Winter-Triathlon<br />
(Crosslauf, Mountainbiken, Skilanglauf)<br />
und Sieger bei der Jugend-<br />
Olympiade in Singapur 2010 – und<br />
im Sommer geht es nach Tokio zu<br />
den großen Spielen. Das Geheimnis<br />
seines Erfolgs? Ein fein kalibrierter<br />
Energiehaushalt auf konstant hohem<br />
Niveau. Um dieses zu halten, vertraut<br />
Luis auf die Ernährungsratschläge<br />
seiner Coaches und gibt<br />
diese auch gern weiter: Hier teilt er<br />
sie mit uns – und spricht dabei über<br />
Olympia, Aminosäuren und Pizza.<br />
Abends vor dem Wettkampf<br />
„Für optimale Leistungen empfehle<br />
ich eine ausgewogene Ernährung.<br />
Plus: ein bewährtes Sortiment an<br />
Nahrungsergänzungen in geprüfter<br />
Qualität. In harten Trainingsphasen<br />
solltest du auf eine regelmäßige Zufuhr<br />
von BCAAs (branched-chain<br />
amino acids; Anm.) achten. Dabei<br />
handelt es sich um Eiweißbausteine,<br />
die auch Bestandteil der Muskulatur<br />
sind. Am Abend vor dem Rennen esse<br />
ich nur eine Schüssel Reis. Er liefert<br />
meinem Körper Kohlenhydrate für<br />
die Ausdauer. Und ich vertrage ihn<br />
besser als Nudeln oder Bananen.“<br />
Für Luis Knabl, 28, sind Mikronährstoffe<br />
fixer Bestandteil der täglichen Routine.<br />
Vor dem Start<br />
„Kurz vor dem Bewerb setze ich auf<br />
Coenzym Q10 von meinem Sponsoring-Partner,<br />
das ich zum Frühstück<br />
nehme, da es als fettlösliche Substanz<br />
besonders gut aufgenommen wird.<br />
Feste Nahrung nehme ich zuletzt<br />
vier Stunden vor dem Start zu mir.<br />
Erraten: wieder nur Reis. Die vier<br />
Stunden würde ich immer einhalten,<br />
denn ein voller Bauch macht dich<br />
träge und langsam. Bei den Olympischen<br />
Spielen in Tokio ist der Start<br />
bereits um sechs Uhr in der Früh.<br />
Das bedeutet, dass ich um zwei aufwachen<br />
und essen muss. Noch mal<br />
einschlafen spielt es danach leider<br />
nicht mehr.“<br />
Während des Wettbewerbs<br />
„Flüssigkeitszufuhr ist das Wichtig ste.<br />
Beim Wettbewerb selbst trinke ich<br />
immer wieder neutral schmeckende<br />
Elektrolyt-Flüssigkeit. Außerdem<br />
habe ich ein paar kleine Tuben<br />
Energie-Gel dabei. Auf Gel würde<br />
ich jedoch nur zurückgreifen, wenn<br />
du beim Laufen das Gefühl hast, zu<br />
wenig gegessen zu haben.“<br />
Nach dem Lauf<br />
„Ich kann euch empfehlen, nach<br />
einem harten Wettkampf den Eiweißhaushalt<br />
wieder zu konsolidieren.<br />
Denn ich kann es mir nicht leisten,<br />
für ein bis zwei Wochen außer Form<br />
zu kommen. Gerade nach dem Training<br />
nehme ich gerne Aminosäuren<br />
zu mir, weil sie als Bestandteil von<br />
Muskeleiweiß in der Erholungsphase<br />
wichtig sind. Was unserem<br />
Körper immer guttut, ist frisches<br />
Obst. Auf unseren Trainingsreisen<br />
nach Gran Canaria oder Südafrika,<br />
wo es unglaublich g’schmackige<br />
Orangen und Papayas gibt, fällt das<br />
besonders leicht. Wichtig ist aber<br />
auch, sich hin und wieder ordentlich<br />
zu verwöhnen: Ich gönne mir gern<br />
einmal Bier und Sushi oder eine<br />
Pizza – am liebsten eine Diavolo!“<br />
Mehr zum Thema auf: wingsforlifeworldrun.<br />
com/ernaehrungsguide<br />
GETTY IMAGES, MARKUS BERGER<br />
24 THE RED BULLETIN
NUTZE,<br />
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auszuschöpfen. Nutze, was du in dir hast. Sei Maximum Du.<br />
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