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FOCUSMONEY_2021-19_Vorschau

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moneyeditorial<br />

FRANK MERTGEN<br />

STELLV. CHEFREDAKTEUR<br />

FOCUS MONEY<br />

EDITORIAL<br />

Paradies mit bis zu<br />

75 Prozent Steuersatz<br />

In deutschen Buchhandlungen nehmen Krimis immer<br />

größere Regalflächen ein. Doch auch jenseits der Krimis<br />

kann sich zum Beispiel als Vermögender oder Gutverdiener<br />

gruseln, wer mag. Zum Beispiel bei der Lektüre der Parteiprogramme<br />

von Grünen, der Linken und der SPD. Eine<br />

grün-rot-rote Mehrheit bei der Bundestagswahl im September<br />

gilt derzeit nicht als die wahrscheinlichste Variante,<br />

aber in knapp fünf Monaten kann sich noch viel tun.<br />

Was versprechen die Wahlprogramme den genannten<br />

Gruppen? Was haben Sie zum Beispiel von den Grünen zu<br />

erwarten, die laut Umfragen den höchsten Wählerzuspruch<br />

der drei Parteien erhalten? Einen Spitzensteuersatz für<br />

Singles/Verheiratete ab 100 000/200 000 Euro Jahreseinkommen<br />

von 45 Prozent, ab 250 000/500 000 Euro von<br />

48 Prozent. Ob dann die bisherige Reichensteuer noch<br />

obendrauf kommt oder gar der „Reichensoli“ zusätzlich<br />

bleiben soll, steht allerdings nicht im Programm. Stattdessen<br />

dass die Abgeltungsteuer komplett wegfällt. Wiederbeleben<br />

möchten die Grünen die Vermögensteuer. Die<br />

„sollte für Vermögen oberhalb von zwei Millionen Euro pro<br />

Person gelten und jährlich ein Prozent betragen“.<br />

In dem Punkt sollten die Verhandlungen nicht so lange<br />

dauern, im Fall, dass es zu Koalitionsgesprächen der drei<br />

Parteien kommt. Das legt der Blick ins „Zukunftsprogramm“<br />

der SPD nahe: Bei der Erbschaftsteuer soll es eine „effektive<br />

Mindestbesteuerung“ großer Betriebsvermögen geben.<br />

Eine Einkommensteuerreform soll „kleine und mittlere Einkommen“<br />

besserstellen und die „oberen fünf Prozent stärker“<br />

heranziehen. So soll ein Aufschlag von drei Prozentpunkten<br />

bei der Einkommensteuer ab einem zu<br />

versteuernden Jahreseinkommen von 250 000 Euro<br />

(Single) greifen, dazu eine wieder eingeführte Vermögensteuer<br />

mit einem Satz von einem Prozent treten (FOCUS-<br />

MONEY 11/<strong>2021</strong>).<br />

Soll hier die Partei Die Linke links überholt werden? Das<br />

wird nicht geschehen. Dafür sorgen schon mal zwei Sätze<br />

aus deren Vorhaben: „Ab 70 000 Euro zu versteuerndem<br />

Einkommen im Jahr beträgt der Steuersatz 53 Prozent.“<br />

Und: „Wir sehen zwei Stufen einer gesonderten Reichensteuer<br />

vor: 60 Prozent ab der aktuellen Reichensteuergrenze<br />

von 260 533 Euro und 75 Prozent für Einkommen<br />

oberhalb von einer Million Euro zu versteuerndem Einkommen.“<br />

Damit hat sich die Partei nur warmgelaufen: Die Vermögensteuer<br />

soll ab einer Million Euro Vermögen starten (Steuersatz<br />

ein Prozent, steigend auf fünf Prozent ab 50 Millionen<br />

Euro Vermögen). Zudem: „Für die Bewältigung der Corona-<br />

Krise wollen wir eine Vermögensabgabe erheben. Diese soll<br />

für Nettovermögen über zwei Millionen Euro (für Betriebsvermögen<br />

sind fünf Millionen Euro Freibetrag vorgesehen)<br />

erhoben werden. Die Vermögensabgabe ist progressiv von<br />

zehn bis 30 Prozent gestaffelt und kann über 20 Jahre in Raten<br />

gezahlt werden. Die jährliche Belastung des Nettovermögens<br />

beträgt somit zwischen 0,1 und 1,5 Prozent. Die geschätzten<br />

Einnahmen liegen bei 310 Milliarden Euro über<br />

20 Jahre.“ Fast schon nebensächlich, dass auch für die Linke<br />

die Abgeltungsteuer entfallen soll.<br />

Finanzieren will die Linke mit all diesen Schritten unter<br />

anderem ein bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe<br />

von 1200 Euro, Arbeit ist dafür keinesfalls Pflicht. Das geht<br />

wohl über die biblische Vorstellung vom Paradies hinaus, in<br />

dem offenbar zumindest eine Art Gartenarbeit erwartet wurde,<br />

wie Theologen schreiben. Stellt sich nur die Frage, ob Vermögende<br />

mit Millionenwerten so einfach zuschauen würden,<br />

wie ihnen mit den kumulierten Plänen der Linken im Lauf eines<br />

Jahrzehnts drei Viertel dieses Vermögens genommen<br />

würden.<br />

Es wird spannend zu sehen, wie sich die Bundesbürger im<br />

Herbst entscheiden. Und das war jetzt nur ein einziger Punkt<br />

aus diesen Parteiprogrammen. Da steht noch mehr mit<br />

Thrill-Faktor.<br />

Ihr<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong><br />

Foto: S. Ugurlu/FOCUS-MONEY Composing: FOCUS-MONEY<br />

3


moneyinhalt 100<br />

5. MAI <strong>2021</strong> www.money.de<br />

AKTIEN<br />

100 Chancen<br />

In diesem Heft finden Sie 100<br />

Aktien, 100-mal Sicherheit – nach<br />

klassischer Definition, aber auch<br />

nach neuen Ansätzen<br />

60<br />

Die Immobilien-Jagd beginnt<br />

Wohnimmobilien sind mit das Sicherste, was der Markt<br />

für Geldanlagen zu bieten hat. Mit diesen deutschen<br />

Aktien tun Sie etwas für Ihr persönliches Wohn-Geld<br />

moneykompakt<br />

98 Andis Börsenbarometer: Diese<br />

Anlage ist eine Sünde wert!<br />

moneytitel<br />

6 Burggraben: Mit ihren Festungen<br />

bringt diese Aktien nichts so<br />

schnell aus der Ruhe<br />

10 Apple: Dank einzigartiger Strategie<br />

schafft es der Konzern, seine<br />

Kunden an sich zu binden<br />

12 Fast ohne Rückschläge: Diese<br />

Aktien zeigen, wie man mit Draw -<br />

downs an der Börse umgeht<br />

16 Ost gegen West: So können Sie<br />

vom USA-China-Duell profitieren<br />

17 Innovation pur: Ob Lebensmittel,<br />

Tiernahrung oder Laser – diese<br />

Unternehmen strotzen vor Ideen<br />

18 Nachhaltige Fonds: Mehr<br />

Sicherheit mit grünen Anlagen<br />

24 Smallcaps: Kleine Firmen mit ganz<br />

eigenen Sicherheits-Features<br />

26 Systemrelevante Aktien: Diese<br />

Firmen glänzen auch in Krisenzeiten<br />

29 AstraZeneca: Dem Impf-Konzern<br />

droht der nächste Rückschlag.<br />

Dennoch ist die Aktie jetzt ein Kauf<br />

30 Swissness par excellence:<br />

Innovativ und global – fünf<br />

Schweizer Aktien fürs Depot<br />

34 Schnäppchenjäger: Günstig<br />

PLUS sicher: Vier Aktien unter<br />

Buchwert<br />

36 Die Selbst-Bezahler: Dank<br />

simplem Trick – diese Aktien<br />

bezahlen sich via Dividende selbst<br />

40 Ewig-Zahler: Diese Aktien bieten<br />

bis zu 200 Jahre Dividenden<br />

46 Bonuszertifikate: Positive<br />

Rendite, selbst wenn der<br />

(ultrastabile) Basiswert sinkt<br />

48 Cash-Strategie: Wo Anleger<br />

Unternehmen finden, die reich<br />

an Barem sind<br />

51 Immer-Gewinner: Sechs Aktien,<br />

die einfach stets steigen<br />

54 Gold: Darum lohnt der Einstieg bei<br />

Minen mit niedrigen Abbaukosten<br />

56 The Trend is your Friend: Von<br />

E-Mobilität bis Weltraumforschung:<br />

Die Aktien von morgen<br />

59 Chip, Chip, hurra: Ohne Halbleiterfirmen<br />

läuft in Zukunft nichts<br />

60 Immobilienaktien: Wohnimmobilien<br />

sind mit das Sicherste, was<br />

der Aktienmarkt zu bieten hat<br />

64 Infrastruktur-Aktien: Diese<br />

Werte sind inflationssicher und<br />

unabhängig vom Konjunkturzyklus<br />

4 Titel: Illustration: VectorStock<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong>


18<br />

Aus Grün werde Gold!<br />

Sicherheit plus Rendite plus gutes Gewissen. Mit diesen<br />

nachhaltigen Investments das All-inclusive-Paket buchen<br />

46<br />

Bonus besorgen<br />

Positive Rendite, selbst wenn die (eigentlich sehr sichere)<br />

Aktie sinkt? Mit diesen Bonuszertifikaten klappt’s<br />

12<br />

Den Drawdown<br />

kurz<br />

halten<br />

Rückschläge<br />

gehören an der<br />

Börse dazu. Wie Sie<br />

diese aber zu Ihrem<br />

Vorteil nutzen<br />

können, erfahren<br />

Sie auf Seite 12<br />

Beispiel einer Drawdown-Phase<br />

Preis<br />

Zeit<br />

Beginn<br />

Dauer<br />

maximaler Drawdown<br />

Verlustphase<br />

Talsohle<br />

40<br />

Dividende<br />

seit Napoleon<br />

Unglaublich, aber<br />

wahr: Noch während<br />

Napoleon in Verbannung<br />

lebte, begann<br />

York Water bereits,<br />

Dividende zu zahlen<br />

– und macht es noch<br />

heute. Weitere<br />

Dividenden-Asse<br />

gibt’s auf Seite 40<br />

Ende<br />

Erholungsphase<br />

Quelle: eigene Darstellung<br />

moneymarkets<br />

67 Gastkommentar Ken Fisher: Was<br />

die Währungsschwankungen<br />

aussagen – und was nicht<br />

68 Musterdepots: Etwaige Rücksetzer<br />

nicht überbewerten<br />

moneyyou<br />

42 Aktienanalyse: Der Biochemiekonzern<br />

Carbios will die Umwelt<br />

retten – wie weit trägt die grüne<br />

Welle den Kurs?<br />

45 Chartsignal: Der Kurs von<br />

Tierarzneimittelhersteller Zoetis<br />

steigt ungebremst. <strong>2021</strong> kommt<br />

noch mehr!<br />

45 Börsenlexikon: Das hat es mit<br />

dem Hype um die Kryptowährung<br />

Dogecoin auf sich<br />

moneyanlegerschutz<br />

69 Dividenden trotz Staatshilfe: Der<br />

DSW-Hauptgeschäftsführer erklärt,<br />

warum die Kritik an der Ausschüttung<br />

teils zu Unrecht kommt<br />

69 Experten-Tipp: Rechtsanwältin<br />

Jella Benner-Heinacher zeigt, was<br />

hinter den Verwicklungen der<br />

Credit Suisse im US-Hedge-Fonds<br />

Archegos Capital steckt<br />

moneyservice<br />

70 CFD-Handel: Welche Broker für<br />

Differenzkontrakte bei Kunden<br />

höchstes Vertrauen genießen<br />

74 Bausparkassen: Die Favoriten<br />

der Verbraucher im Überblick<br />

moneyanalyse<br />

81 Fonds<br />

82 Deutsche Aktien<br />

90 Internationale Aktien<br />

96 ETFs<br />

97 Zertifikate<br />

moneyrubriken<br />

3 Editorial<br />

80 Leserbriefe – Impressum<br />

98 Termine<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong><br />

Fotos: 123RF (2), iStock, Can Stock Photo Illustration: VectorStock Composing: FOCUS-MONEY<br />

5


moneytitel<br />

SICHER<br />

DURCH<br />

EINZIGARTIGE<br />

BURGGRÄBEN<br />

BURGGRABEN-AKTIEN<br />

Absolut sicher<br />

Corona-Crash, rasanter Aufschwung und jetzt der große Fall? Börsianer<br />

wappnen sich – FOCUS-MONEY verrät, welche Aktien zu jeder Zeit glänzen!<br />

von LIOBA SCHULZ<br />

In Zeiten der anziehenden Inflation gilt es, sein Vermögen<br />

zu schützen. Auch wenn laut Bundesbank-Statistik immer<br />

noch vier von zehn Bürgern in Deutschland ihr Geld<br />

auf dem Bankenkonto deponieren, wird zunehmend<br />

deutlich: Vermeintlich sichere Anlagen bergen inzwischen<br />

so einige Risiken! Die Zinsen sind und bleiben niedrig.<br />

Wer kein Geld verlieren, sondern ein Vermögen aufbauen<br />

möchte, kommt an Aktien kaum vorbei. Einschneidende,<br />

negative Ereignisse wie das Platzen der Dotcom-Blase, die<br />

Finanzkrise sowie jüngst der Corona-Crash lassen Anleger<br />

häufig skeptisch auf Aktien blicken. Das Auf und Ab der Börse<br />

macht viele Menschen nervös.<br />

Neuer Investitionsansatz. Nach den Tiefständen im März<br />

2020 glänzt die Wirtschaft inzwischen etwa in den USA mit<br />

kräftigen Aufschwüngen. Zudem erholen sich die Börsen aufgrund<br />

der lockeren Geldpolitik schneller als gedacht. Die Experten<br />

von Morgan Stanley rechnen allerdings mit einer Verlangsamung<br />

der Veränderungen. Wer dennoch von der<br />

bevorstehenden Entwicklung profitieren und Konjunkturpausen<br />

überstehen möchte, der sollte demnach einen vorsichtigeren<br />

und risikoärmeren Investitionsansatz wählen. Erreicht<br />

wird das durch die Aufwertung des Portfolios mit<br />

höherer Qualität oder durch den Kauf von Aktien mit gesünderen<br />

Bilanzen und Cash-Beständen sowie eine Umschichtung<br />

in defensive Aktien. Um Abschwungsphasen gelassen<br />

zu überstehen, braucht es vor allem sichere Aktien.<br />

Feuer und Wasser vereint. Aktien und Sicherheit sind<br />

nicht miteinander vereinbar? Falsch. Auch Aktien können<br />

sicher sein und trotzdem mit einer soliden Kurssteigerung<br />

glänzen. So ist Vermögensverwalter Ken Fisher davon überzeugt,<br />

dass Anleger nur mit Aktien Krisen dauerhaft überstehen<br />

und noch dazu verdienen können. Das belegen auch Studien<br />

der London Business School und der Bank Credit Suisse:<br />

Aktien sind die erfolgreichste Geldanlage der vergangenen<br />

20, 50 und 100 Jahre. Kein anderes Investment hat Kriege,<br />

Währungsreformen, Staatspleiten, Inflationen und Wirtschaftskrisen<br />

so gut überstanden. Als Unternehmensbeteiligungen<br />

sind Aktien besonders widerstandsfähig. Wer Aktien<br />

eines Unternehmens kauft, dem gehört ein Teil der Gebäude,<br />

Maschinen, Produkte, Patente und des Fachwissens der<br />

Mitarbeiter – substanzielle Dinge, die Bestand haben.<br />

Ruhige Nerven. Absolute Sicherheit gibt es natürlich nicht<br />

bei Aktieninvestments. Unternehmen können pleitegehen,<br />

die Produkte verkaufen sich nicht oder entscheidende Trends<br />

werden verschlafen – und schon knickt der Aktienkurs ein.<br />

Aber es gibt Aktien, die mehr Sicherheit als Risiken versprechen.<br />

FOCUS-MONEY hat sich auf die Suche begeben und die<br />

sichersten Aktien der Welt ausfindig gemacht: 100 Aktien,<br />

die das Nervenkostüm in Abschwungphasen schonen!<br />

Sicherheit dank Burggraben<br />

Die ersten sicheren Aktien haben eines gemeinsam: einen<br />

Burggraben. Früher hatten Burggräben eine Tiefe von fünf<br />

bis zehn Metern und waren entweder trocken oder mit Wasser<br />

gefüllt. Die Funktion war immer gleich: Angreifern sollte<br />

die Annäherung an die Festung maximal erschwert werden.<br />

Auch heute noch gelten Burggräben in Bezug auf Aktien<br />

als besonders stabil und zukunftssichernd. So bezeichnen<br />

6 Foto: S. Wiesner/Unsplash<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong>


WASSERBURG: Der<br />

Burggraben aus Wasser<br />

verhindert eine schnelle<br />

Eroberung durch Angreifer<br />

Burggraben-Aktien Unternehmen, deren Geschäftsmodell<br />

nicht so einfach übernommen werden kann, da dieses wie bei<br />

einer Burg durch einen oder mehrere Gräben gesichert ist.<br />

Geprägt hat diesen Begriff niemand Geringeres als Investorenlegende<br />

Warren Buffett, der auf die Frage, worauf er bei<br />

Unternehmen achte, antwortete: „In der Wirtschaft suche<br />

ich nach Wirtschaftsschlössern, die durch uneinnehmbare<br />

Burggräben geschützt sind.“<br />

Enorme Wettbewerbsvorteile. Burggräben entstehen<br />

durch schwer überwindbare Wettbewerbsvorteile, welche<br />

dem Unternehmen die Marktstellung sichern. Je tiefer der<br />

Graben ist, umso schwieriger ist es für die Konkurrenz anzugreifen.<br />

Aus diesem Grund entwickeln sich die Börsenkurse<br />

von Burggraben-Aktien, langfristig betrachtet, deutlich besser<br />

als die der Rivalen. Konkret zeichnen sich fünf Möglichkeiten<br />

ab, um einen Burggraben aufzubauen und die Wettbewerber<br />

hinter sich zu lassen:<br />

1. Starke Marke. Kunden vertrauen Waren und Dienstleistungen,<br />

die von einer bekannten Marke stammen, nachweislich<br />

mehr als No-Name-Produkten. Grund für die Bevorzugung<br />

ist, dass mit der Marke eine gleichbleibend hohe<br />

Qualität verbunden wird. Der Markenname – bezogen auf<br />

das Produkt oder die Firma als Ganzes – stellt einen immateriellen<br />

Vermögensgegenstand dar. So zahlen Kunden für die<br />

Marke ihres Vertrauens gern einen höheren Preis und minimieren<br />

den Suchaufwand nach Alternativen.<br />

2. Patente und Know-how. Als weiterer Wettbewerbsvorteil<br />

gilt geistiges Eigentum. Das Unternehmen beansprucht<br />

ein einzigartiges und von Verbrauchern geschätztes Produkt,<br />

welches kein anderer Hersteller produzieren darf, selbst<br />

wenn er dazu in der Lage wäre. Solange das Unternehmen<br />

Inhaber eines solchen Patents ist, kann es höhere Preise verlangen,<br />

besitzt ein Monopol und ist somit geschützt.<br />

3. Monopolstellung. Hat ein Unternehmen erst mal eine<br />

gewisse Größe erreicht, kann es sich angebotsseitige Wettbewerbsvorteile<br />

sichern und seine Marktstellung weiter ausbauen.<br />

Höhere Risiken können eingegangen und den kleineren<br />

Konzernen die Großaufträge weggeschnappt werden.<br />

Mitbewerber kommen ins Straucheln.<br />

4. Hoher Netzwerkeffekt. Es gibt Unternehmen, die wertvoller<br />

werden, je größer die Klientel ist: Und umso mehr Kunden<br />

ein solches Unternehmen auf sich vereinen kann, desto<br />

höher ist auch der Nutzen für weitere Kunden. Anders gesagt:<br />

Der Kundennutzen steigt bei immer größer werdendem<br />

Netzwerk – auch Netzwerkeffekt genannt. Der Wettbewerbsvorteil<br />

liegt dabei in der Reichweite und der Nachfrage. Konkurrenten,<br />

die mit weniger Usern starten, müssen einen hohen<br />

Aufwand betreiben, um für Neukunden überhaupt<br />

interessant zu werden und dann selbst zu einer Marktgröße<br />

aufzusteigen<br />

5. Hohe Wechselkosten. Zu guter Letzt gelten hohe Wechselkosten<br />

als enormer Wettbewerbsvorteil. Dabei muss der<br />

Kunde viel Zeit oder Geld investieren, um zu einem anderen<br />

Produkt zu wechseln. Wer beispielsweise sein gesamtes System<br />

auf Apple (s. S. 10) aufgebaut hat, der wird nicht schnell<br />

und günstig auf das Androidsystem wechseln wollen. Diese<br />

Burggrabenhürde sichert Unternehmen langfristige Kundenbeziehungen<br />

und dadurch stetige Erträge.<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong><br />

7


moneytitel<br />

SICHER<br />

DURCH<br />

MINIMALEN<br />

DRAWDOWN<br />

MANN MIT FERN-<br />

GLAS: mit einer<br />

Drawdown-Analyse<br />

aussichtsreiche Aktien<br />

finden<br />

DRAWDOWN<br />

Weitblickend handeln<br />

Dass Rückschläge an der Börse zum Geschäft gehören, ist bekannt. Dass man Korrekturen auch<br />

nutzen kann, weniger. Eine FOCUS-MONEY-Analyse zeigt, wie es geht<br />

von DIRK REICHMANN<br />

Wo Risiken sind, da sind auch Chancen<br />

Beim Drawdown kumulieren die Verluste. Die Absenkungen<br />

der Vergangenheit können als Einstiegsniveau genutzt<br />

werden. Das Ende der Korrektur ist da, wenn der Kurs den<br />

höchsten Kurs der Vor-Drawdown-Phase überwindet.<br />

Beispiel einer Drawdown-Phase<br />

Preis<br />

Zeit<br />

Quelle: eigene Darstellung<br />

Beginn<br />

Dauer<br />

maximaler Drawdown<br />

Verlustphase<br />

Talsohle<br />

Ende<br />

Erholungsphase<br />

Es ist an der Zeit, eine Lanze für das Risiko zu brechen.<br />

Im Schatten hoher Börsengewinne tritt die Möglichkeit,<br />

Geld zu verlieren, zuweilen in den Hintergrund.<br />

Positiv denken. Anfang des Jahrtausends ließ der Dax Federn<br />

– er sank um fast 70 Prozent. Während der Finanzkrise<br />

halbierte er sich. Im März 2020 nahm der Dax 25 Prozent ab.<br />

Solche Rückschläge bezeichnen Börsianer als Drawdown, zu<br />

Deutsch Absenkung (s. Kasten l.). Diese Absenkungen sind<br />

nicht angenehm, liefern Börsianern aber Informationen. So<br />

waren die Dax-Drawdowns in den vergangenen Jahren heftig,<br />

sie reichten allerdings nicht an den Drawdown Anfang<br />

des Jahrtausends heran. Das war der maximale Drawdown<br />

des betrachteten Zeitfensters (s. Kasten S. 13). FOCUS-MONEY<br />

wollte mit einer Drawdown-Analyse Aktien finden, auf die<br />

Anleger setzen können (s. Tabelle S. 13). Anforderung: Zu<br />

hohe Verluste sollten vermieden werden und im Idealfall<br />

würde aus einem maximalen Drawdown ein minimaler. Deshalb<br />

warf FOCUS-MONEY einen Blick in die Vergangenheit.<br />

Das Aktienuniversum umfasste über 3000 internationale<br />

Aktien. Das ist zu viel, daher verschwanden zahlreiche Pa-<br />

12 Foto: 123RF<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong>


money<br />

YOU<br />

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Sie haben abgestimmt:<br />

Carbios 57 % Tomra 31 % Waste Management 12 %<br />

WKN: A1XA4J ISIN: FR0011648716<br />

AKTIENANALYSE<br />

Reich mit gutem<br />

Gewissen?<br />

Der innovative Biochemiekonzern Carbios will<br />

die Umwelt retten und überrascht Anleger mit<br />

einer Hammer-Nachricht nach der nächsten.<br />

Wie weit trägt die grüne Welle den Kurs?<br />

von M. DWORAK/M. LOCHNER<br />

Der Strand wird überflutet mit Plastikmüll: Flaschen,<br />

Tüten und Folien. In den Netzen verfangen sich Fische<br />

und Schildkröten und verenden hilflos. In der neuen<br />

Netflix-Doku „Seaspiracy“ wird kritisch beleuchtet, wie viel<br />

Einfluss der Mensch mittlerweile auf die Ozeane ausübt. Und<br />

wie viel Plastikmüll die Umwelt verpestet. Eines der größten<br />

Probleme unserer Zeit, keine Frage, aber lässt sich mit der<br />

Lösung vielleicht nicht nur die Welt retten, sondern auch<br />

noch ein Milliardenbusiness aufziehen?<br />

Die Welt retten lohnt sich. Das Unternehmen Carbios versucht,<br />

beides unter einen Hut zu bekommen. Die Mission<br />

lautet: Plastik ohne Plastik! Der Biochemie-Konzern aus<br />

Frankreich hat nämlich ein Enzym entwickelt, das in wenigen<br />

Stunden PET-Abfälle in ihre chemischen Bestandteile<br />

zersetzt und wieder nutzbar macht – für neue, abbaubare<br />

Plastikprodukte. Klingt erst einmal sehr theoretisch, aber<br />

wissen Sie, wie lange es dauert, bis sich herkömmliches Plastik<br />

in Luft auflöst? Laut Umweltbundesamt braucht eine<br />

42 FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong>


Zahlen pfui – Perspektive hui<br />

Augen zu – und kaufen? Carbios steht am Anfang und ist<br />

aus fundamentaler Sicht ein Himmelfahrtskommando.<br />

Allerdings lässt sich die Chance nicht in KGV übersetzen.<br />

Rentabilität<br />

Eigenkapitalrendite 21/22e in % –22/–<br />

Gesamtkapitalrendite 21/22e in % –15/–<br />

Ebitda-Marge 21/22e in % –722/–587<br />

Nettomarge 21/22e in % –734/–633<br />

Bruttospanne 21/22e in % –/–<br />

Qualitätsscore 1/10<br />

Risiko<br />

maximaler Drawdown (5 Jahre) –54,7 %<br />

Drawdown Erholungszeit<br />

475 Tage<br />

Gesamtschulden/Gesamtkapital 14,8<br />

Nettoschulden/Eigenkapital –55<br />

liquide Mittel –<br />

Qualitätsscore 2/10<br />

Gesamt-<br />

Score<br />

5<br />

/10<br />

Analystenschätzungen<br />

Analystenrating (Buy/Hold/Sell) 3/0/0<br />

positivste Empfehlung 27,60 %<br />

negativste Empfehlung –2,00 %<br />

Konsensschätzung 6,40 %<br />

Wachstum<br />

Umsatz 21/22e in Mio. € 1,1/1,4<br />

Ebitda 21/22e in Mio. € –7,8/–8,0<br />

Free Cashflow 21/22e in Mio. € –15,4/–10,3<br />

Gewinn je Aktie 21/22e in € –0,9/–1,0<br />

Wachstumsrate (Bloomberg) –<br />

Qualitätsscore 5/10<br />

Bewertung<br />

KGV <strong>2021</strong>/22 –/–<br />

KBV <strong>2021</strong>/22 12,5/16,9<br />

KUV <strong>2021</strong>/22 363,0/288,0<br />

PEG –<br />

KCV <strong>2021</strong>/22 –/–<br />

Qualitätsscore 2/10<br />

Burggraben<br />

Marke: Carbios ist noch am Anfang, aber der Name steht trotzdem schon für eine Welt ohne Plastik.<br />

Das Unternehmen hat bereits Bekanntheit erlangt und Anleger haben Carbios im Fokus.<br />

Marktanteil: Der Markt muss erst noch erschlossen beziehungsweise geschaffen werden.<br />

Doch die ersten Deals mit Michelin & Co. helfen bei der Positionierung.<br />

Ziele: Lock-in-Effekt/wiederkehrende Erträge/Kundenbindung:<br />

Natürlich arbeiten auch andere Konzerne mit Enzymen. Doch Carbios<br />

hält bereits 38 Patente (18 davon für Biorecycling von PET und<br />

Textilien). Auch enge Beziehungen zu L’Oréal, Nestlé<br />

oder Pepsico sorgen für Vorsprung.<br />

Quelle: Bloomberg<br />

Plastikflasche 450 Jahre, bis sie sich zersetzt hat. Also ist die<br />

Herstellung von Bioplastik aus Altmaterial ökonomisch nur<br />

sinnvoll, wenn der Zerfallsprozess kurz gehalten wird. Genau<br />

das will Carbios möglich machen mit einer Innovation,<br />

die alles ändern soll: „enzymatisches Biorecycling“.<br />

Was für ein Potenzial. Die Welt retten und damit noch Geld<br />

verdienen: Das Geschäftsmodell von Carbios passt perfekt<br />

zum Zeitgeist. Die Jugend demonstriert für mehr Umweltschutz,<br />

Ozean-Dokus erobern Netflix und in Deutschland erscheint<br />

eine grüne Bundeskanzlerin mittlerweile möglich.<br />

Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) fand in einer<br />

Umfrage schon im Jahr 20<strong>19</strong> heraus, dass mittlerweile fast<br />

die Hälfte (46,9 Prozent) der 16- bis 25-Jährigen planen, das<br />

Thema Nachhaltigkeit als Maßstab dafür zu nehmen, wie sie<br />

ihr Kapital investieren. Der Trend dürfte sich verstärkt haben<br />

und gerade erst Schwung aufnehmen. Nicht wenige Experten<br />

halten Environmental Social Governance (ESG) für<br />

das dominante Thema der Zukunft. Vorschriften der Politik<br />

tun das Übrige. Carbios scheint den Zeitgeist zu treffen und<br />

das mit einer Idee, die sich tatsächlich als Gelddruckmaschine<br />

entpuppen könnte, wenn die Herstellung in industriellem<br />

Maßstab gelingen sollte. Denn dann würde Carbios einen Riesenmarkt<br />

vorfinden: Täglich werden weltweit allein 1,3 Milliarden<br />

Plastikflaschen verkauft. Insgesamt wurden einer<br />

Studie zufolge zwischen <strong>19</strong>50 und 2015 insgesamt 8,3 Milliarden<br />

Tonnen Plastik, vorwiegend auf Erdölbasis, produziert,<br />

die zu einem bedeutenden Teil in den Meeren landen.<br />

Megachance für Anleger. Allerdings steht das Unternehmen<br />

aus der Nähe von Clermont-Ferrand noch am Anfang:<br />

Gegründet wurde Carbios 2011 und große Gewinne werden<br />

noch lange keine gemacht. Das birgt ein hohes Risiko, dementsprechend<br />

schwankt die Aktie stark und die Mission kann<br />

auch scheitern. Auf der anderen Seite bietet sich für Investoren<br />

jetzt noch die Chance, früh dabei zu sein. Die Marktkapitalisierung<br />

beträgt erst 400 Millionen Euro und Carbios<br />

gilt damit immer noch als halber Geheimtipp. Aber ist die<br />

FOCUS-MONEY <strong>19</strong>/<strong>2021</strong><br />

Foto: iStock 43

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