FOCUSMONEY_2021-19_Vorschau

Zahlen pfui – Perspektive hui
Augen zu – und kaufen? Carbios steht am Anfang und ist
aus fundamentaler Sicht ein Himmelfahrtskommando.
Allerdings lässt sich die Chance nicht in KGV übersetzen.
Rentabilität
Eigenkapitalrendite 21/22e in % –22/–
Gesamtkapitalrendite 21/22e in % –15/–
Ebitda-Marge 21/22e in % –722/–587
Nettomarge 21/22e in % –734/–633
Bruttospanne 21/22e in % –/–
Qualitätsscore 1/10
Risiko
maximaler Drawdown (5 Jahre) –54,7 %
Drawdown Erholungszeit
475 Tage
Gesamtschulden/Gesamtkapital 14,8
Nettoschulden/Eigenkapital –55
liquide Mittel –
Qualitätsscore 2/10
Gesamt-
Score
5
/10
Analystenschätzungen
Analystenrating (Buy/Hold/Sell) 3/0/0
positivste Empfehlung 27,60 %
negativste Empfehlung –2,00 %
Konsensschätzung 6,40 %
Wachstum
Umsatz 21/22e in Mio. € 1,1/1,4
Ebitda 21/22e in Mio. € –7,8/–8,0
Free Cashflow 21/22e in Mio. € –15,4/–10,3
Gewinn je Aktie 21/22e in € –0,9/–1,0
Wachstumsrate (Bloomberg) –
Qualitätsscore 5/10
Bewertung
KGV 2021/22 –/–
KBV 2021/22 12,5/16,9
KUV 2021/22 363,0/288,0
PEG –
KCV 2021/22 –/–
Qualitätsscore 2/10
Burggraben
Marke: Carbios ist noch am Anfang, aber der Name steht trotzdem schon für eine Welt ohne Plastik.
Das Unternehmen hat bereits Bekanntheit erlangt und Anleger haben Carbios im Fokus.
Marktanteil: Der Markt muss erst noch erschlossen beziehungsweise geschaffen werden.
Doch die ersten Deals mit Michelin & Co. helfen bei der Positionierung.
Ziele: Lock-in-Effekt/wiederkehrende Erträge/Kundenbindung:
Natürlich arbeiten auch andere Konzerne mit Enzymen. Doch Carbios
hält bereits 38 Patente (18 davon für Biorecycling von PET und
Textilien). Auch enge Beziehungen zu L’Oréal, Nestlé
oder Pepsico sorgen für Vorsprung.
Quelle: Bloomberg
Plastikflasche 450 Jahre, bis sie sich zersetzt hat. Also ist die
Herstellung von Bioplastik aus Altmaterial ökonomisch nur
sinnvoll, wenn der Zerfallsprozess kurz gehalten wird. Genau
das will Carbios möglich machen mit einer Innovation,
die alles ändern soll: „enzymatisches Biorecycling“.
Was für ein Potenzial. Die Welt retten und damit noch Geld
verdienen: Das Geschäftsmodell von Carbios passt perfekt
zum Zeitgeist. Die Jugend demonstriert für mehr Umweltschutz,
Ozean-Dokus erobern Netflix und in Deutschland erscheint
eine grüne Bundeskanzlerin mittlerweile möglich.
Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) fand in einer
Umfrage schon im Jahr 2019 heraus, dass mittlerweile fast
die Hälfte (46,9 Prozent) der 16- bis 25-Jährigen planen, das
Thema Nachhaltigkeit als Maßstab dafür zu nehmen, wie sie
ihr Kapital investieren. Der Trend dürfte sich verstärkt haben
und gerade erst Schwung aufnehmen. Nicht wenige Experten
halten Environmental Social Governance (ESG) für
das dominante Thema der Zukunft. Vorschriften der Politik
tun das Übrige. Carbios scheint den Zeitgeist zu treffen und
das mit einer Idee, die sich tatsächlich als Gelddruckmaschine
entpuppen könnte, wenn die Herstellung in industriellem
Maßstab gelingen sollte. Denn dann würde Carbios einen Riesenmarkt
vorfinden: Täglich werden weltweit allein 1,3 Milliarden
Plastikflaschen verkauft. Insgesamt wurden einer
Studie zufolge zwischen 1950 und 2015 insgesamt 8,3 Milliarden
Tonnen Plastik, vorwiegend auf Erdölbasis, produziert,
die zu einem bedeutenden Teil in den Meeren landen.
Megachance für Anleger. Allerdings steht das Unternehmen
aus der Nähe von Clermont-Ferrand noch am Anfang:
Gegründet wurde Carbios 2011 und große Gewinne werden
noch lange keine gemacht. Das birgt ein hohes Risiko, dementsprechend
schwankt die Aktie stark und die Mission kann
auch scheitern. Auf der anderen Seite bietet sich für Investoren
jetzt noch die Chance, früh dabei zu sein. Die Marktkapitalisierung
beträgt erst 400 Millionen Euro und Carbios
gilt damit immer noch als halber Geheimtipp. Aber ist die
FOCUS-MONEY 19/2021
Foto: iStock 43