s too braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
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BRAUNSCHWEIGISCHES JAHRBUCH<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
GEDRUCKT MIT FÖRDERUNG DER<br />
NORDDEUTSCHEN LANDESBANK<br />
GIROZENTRALE<br />
HANNOVER-BRAUNSCHWEIG<br />
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S TOO<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
BRAUNSCHWEIGISCHES<br />
JAHRBUCH<br />
IM AUFTRAGE DES<br />
BRAUNSCHWEIGISCHEN GESCHICHTSVEREINS<br />
HERAUSGEGEBEN VON<br />
HORST-RÜDIGER JARCK<br />
Der ganzen Reihe<br />
BAND73<br />
1992<br />
Selbstverlag des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Schriftleitung:<br />
Ltd. Archivdirektor Dr. Horst-Rüdiger Jarck, Wolfenbüttel, Forstweg 2<br />
(Niedersächsisches Staatsarchiv)<br />
Tausch und Vertrieb der Vereinsveröffentlichungen:<br />
<strong>Braunschweig</strong>ischer Geschichtsverein e. V.<br />
TauschstelIe<br />
3340 Wolfenbüttel, Forstweg 2<br />
(Niedersächsisches Staatsarchiv)<br />
ISSN 0068-0745<br />
Gedruckt in der Waisenhaus-Druckerei GmbH <strong>Braunschweig</strong><br />
f.<br />
/<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Dank an Günter Scheel<br />
Zehn Jahre lang, von 1982 bis 1991, hat Dr. Günter Scheel die Herausgabe des <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Jahrbuches betreut. Er hat zudem für den Verein sechs Bände der Schriftenreihe<br />
"Quellen und Forschungen zur <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichte" herausgegeben und eine<br />
neue Reihe, die "Beihefte zum <strong>Braunschweig</strong>ischen Jahrbuch", begründet. Auch diese neue<br />
Veröffentlichungsreihe ist inzwischen schon auf acht Bände angewachsen.<br />
Für seinen großen persönlichen Einsatz und alle redaktionelle Mühewaltung, die von der<br />
wissenschaftlichen Prüfung der eingereichten Manuskripte bisweilen sogar bis zum Überarbeiten<br />
der Texte reichte, sind ihm die Mitglieder des Vereins und auch viele Autoren zu<br />
besonderem Dank verpflichtet. Mögen die reich gefüllten Bände als Ausdruck dieser<br />
Leistung und als Beweis für die rege landesgeschichtliche Forschung im ßraunschweiger<br />
Raum für sich sprechen.<br />
Der Vorstand<br />
des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />
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ANSCHRIFTEN DER AUTOREN<br />
Horst Dubois, Schul straße 26,7035 Waldenbuch<br />
Andreas Düwel, M.A., Neuruppinstraße 4, 3300 <strong>Braunschweig</strong><br />
Reinhard Försterling, Dr.-Heinrich-Jasper-Straße 36,3340 Wolfenbüttcl<br />
Dr. Bettina Gundler, Wcndenmaschstraßc 6,3300 <strong>Braunschweig</strong><br />
Dr. lngrid Henze, Kiebitzreihe 5, 3007 Gehrden<br />
Dr. Ulrich-Dieter Oppitz, Schönbergweg 16, 7915 Unterelchingen<br />
Ewa Warmuth, Burgdorfcr Damm 71,3000 Hannover 61<br />
Dr. Johannes Wiesner, Alter Weg 71 f, 3340 Wolfenbüttcl<br />
Frank Zadach-Buchmeier, Mcndelssohnstraße 3, 3000 Hannover 1<br />
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INHALT<br />
Zu Merians Beschreibung des Schlosses Bevern.<br />
Eine quellenkritische Cntersuchung als Beitrag zur Schloßgeschichte.<br />
von Frank Zaddach-Buchmeier .............. . 9<br />
Zwei Grabsteine französischer Emigranten in Helmstedt:<br />
D'Aligre und de Limon-Hallwin<br />
von Ingrid Henze .......................... . 25<br />
Die Veränderungen in der Verwaltung des Kommunion-Unterharzischen<br />
Berg- und Hüttenwesens von 1814 bis 1924 im Überblick. Ein Werkstattbericht.<br />
von Andreas Düwel, M. A., <strong>Braunschweig</strong><br />
Handelsgerichtsbarkeit in <strong>Braunschweig</strong><br />
von Johannes Wiesner ............. .<br />
Berufsschule und Berufsschulpolitik im Freistaat Rraunschweig<br />
in der Weimarer Republik<br />
von Bettina Gundler ....................................... 107<br />
Kleinere Beiträge<br />
Fragmente deutschsprachiger Rechtstexte im Staatsarchiv Wolfenbüttel<br />
von Ulrich-Dieter Oppitz .......................... .<br />
Eine Darstellung des Heiligen Hermagoras im <strong>Braunschweig</strong>er Dom<br />
von Horst Dubois ...................... .<br />
Die Herberge zur Heimat in Wolfenbüttel (1892-1953)<br />
Ein Beitrag zur Wolfenbütteler Sozialgeschichte<br />
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51<br />
65<br />
. .... 127<br />
. ....... 135<br />
von Reinhard Försterling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ........... 149<br />
Bibliographie zur braunschweigischen Landesgeschichte 1991<br />
von Ewa Warmuth ......................................... 161<br />
Chronik des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />
vom Oktober 1991 bis Oktober 1992 .............................. 185
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Zu Merians Beschreibung des Schlosses Bevern. *)<br />
Eine quellenkritische Untersuchung als Beitrag zur Schloßgeschichte.<br />
Von<br />
Frank Zadach-Buchmeier<br />
Merians "Topographia und Eigentliche Beschreibung der vornehmbsten Stäte Schlösser<br />
und anderer Plätze und Örter in denen Herzogthümern <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg,<br />
... " I) bildet quasi ein früh neuzeitliches Handbuch über Burgen, Schlösser, Städte und andere<br />
N atur- und Kulturdenkmale dieser Territorien. Als Vorläufer moderner N ach schlagewerke,<br />
wie z. B. Dehios Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler für Bremen und Niedersachsen<br />
2), kann es neben diesem bis heute durchaus bestehen. So wurde noch vor kurzem<br />
der Merian herangezogen, um für bedeutende Baudenkmale der Weserrenaissance im<br />
Landkreis Holzminden einen Überblick in Wort und Bild zusammenzustellen 3). Ein herausragendes<br />
Bauwerk dieser Region ist die von Statius von Münchhausen zwischen 1603<br />
und 1612 erbaute Vier-Flügel-Anlage Schloß Bevern, die Karl Steinacker als "reifste Leistung"<br />
unter den Weserschlössern bezeichnet hat 4 ). In der Literatur zur Geschichte des<br />
Schlosses Bevern wird nicht nur immer wieder der Konrad Buno zugeschriebene Stich des<br />
Schlosses aus Merians Topographia publiziert. Vor allem dient der dazugehörige Text den<br />
Arbeiten zur Schloßgeschichte als wichtige historische Quelle.<br />
So ergeben sich die Daten zur Bauzeit des Schlosses (1603 bis 1612) vor allem aus den dort<br />
gemachten Angaben zum Abriß der alten Festung im Jahre 1603 und der Dauer von neun<br />
Jahren bis zur Fertigstellung des Schlosses 5 ). Aufgrund der völligen Veränderung der In-<br />
*) Dieser Beitrag entstand aus dem Zusammenhang eines vom Freundeskreis Schloß Bevem geförderten<br />
Projekts zur Erschließung von Quellen zur Schloßgeschichte. Dem Freundeskreis, insbedondere<br />
Herrn Satzke, sei an dieser Stelle herzlich gedankt.<br />
1) ••. und denen dazu gehörende Grafschaften, Herrschaften und Landen. In Druck gegeben und<br />
verlegt durch Matthaeum Merian, Frankfurt 1654. Faksimile Ausgabe herausgegehen von Lucas<br />
Heinrich Wüthrich, Kassel und Base11961.<br />
2) Bearb. von G. Kiesow, H. Chr. Hoffmann, u. a., MüncheniBerlin 1977, demnächst in Neubearbeitung<br />
erscheinend.<br />
3) Bemd Krämer, Christian Leiber, Weserrenaissance im Landkreis Holzminden (= Schriftenreihe<br />
des Heimat- und Geschichtsvereins Holzminden Band 4), Holzminden 1989.<br />
4) Zit. Albert Neu kireh, Bernhard Nie meyer, Karl S te i nacke r, Renaissanceschlösser Niedersachsens,<br />
Textband 1. Hälfte, Hannover 1939, S. 146.<br />
5) Vgl. Albert Neukireh, Niedersächsische Adelskultur der Renaissance, Renaissanceschlösser<br />
Niedersachsens, Textband 2. Hälfte, Hannover 1939, S. 199,203.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
9
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nenraumstruktur des Schlosses beim Umbau zu einer "Corrections- und Besserungsanstalt"<br />
um 1830 6 ), bilden die wenigen Hinweise im Merian bis heute wichtige Anhaltspunkte<br />
über die ursprüngliche Gestaltung. Der Text berichtet u. a., daß sich auf dem Schloß "nebst<br />
andern köstlichen Gemächern / ein schöner grosser vergüldeter Saal" mit "einem schönen<br />
güldenen Neben=Gemach" befunden haben sol17).<br />
Über den Bauherren, den Landadeligen Statius von Münchhausen, sind wir aufgrund der<br />
umfangreichen und aus Primärquellen schöpfenden Arbeit von Albert Neukrich, über die<br />
niedersächsische Adelskultur im 16. und 17. Jahrhundert, sehr gut informiert 8 ). Ebenso<br />
wendete man sich mit Quellenstudien der Geschichte von Schloß Bevern für den Zeitraum<br />
wieder zu, als Herzog Ferdinand Albrecht 1., Begründer der bevernschen Linie des braunschweigischen<br />
Herzogshauses und jüngster Sohn Herzog Augusts d. J., das Schloß im Erbvergleich<br />
vom 23. Mai 1667 zugewiesen bekam 9 ). Für die Jahre zwischen dem Tod des<br />
Statius von Münchhausen und dem Einzug Ferdinand Albrechts (1633 bis 1667) diente<br />
bisher der Merian Bericht dazu diese Lücke auszufüllen 10). Der entsprechende Abschnitt<br />
zeigt, daß das Schloß in dieser Zeit fürstliches Amts- und Jagdhaus war, und berichtet, wie<br />
das Schloß in herzoglichen Besitz übergegangen sein soll:<br />
"Dieweil auch vor zehen Jahren dieses Hauß und Gut Bevern in der Creditoren Hände<br />
gerahten / und also viel klagens und disputirens / so wol von seiten der Creditorum / als der<br />
Münchausischen Wittiben / und andern Interessenten / unauffhörlich getrieben worden /<br />
hat der Gnädige Landesfürst auß sonderlichen Ursachen / mit allseitiger Bewilligung / solcher<br />
gestalt sich in die Sache geschlagen / daß nicht allein die immissi creditores, und andere<br />
privilegierte Foderungen / durch ansehnliche baare Bezahlung abgelegt / sondern auch der<br />
6) Vgl. Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Holzminden, bearbeitet von Karl Steinacker<br />
(= Die Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong> Band 4), Wolfenbüttell907, S.<br />
22; Otto Uhden, Flecken und Schloß Bevern, Ortsgeschichte der ehemaligen Residenz der heversehen<br />
Nebenlinie der Herzöge zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, 2. Auflage bearbeitet und fortgeschrieben<br />
von Erich Sander, Holzminden (1989), S. 475.<br />
7) Zit. Merian (wie Anm. 1), S. 48. Vgl. Steinacker (wie Anm. 6), S. 11,24; Ingrid Krüger, Die<br />
Rekonstruktion der Innenraumfolge in ihrer geschichtlichen Entwicklung (17. und 18. Jahrhundert),<br />
Hannover 1985 (MS), S. 6-7.<br />
B) Vgl. Neukireh, (wie Anm. 5), bes. S.182-218; auch Erleh Sander, Statius von Münchhausen<br />
Bauherr des Schlosses Bevern, Holzminden 1992.<br />
9) Paul Zimmermann, Herzog Ferdinand Albrechts I. zu Braunschw. u. Lüneburg theatralische<br />
Aufführungen im Schlosse zu Bevern, in: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum<br />
Braunsehweig Bd. 3 (1904), S. 111-156; de rs., Eine Buchdruckerei in Bevern, in: <strong>Braunschweig</strong>isches<br />
Magazin Bd. 14(1908), S. 25-33; August Fink, Herzog Ferdinand Albrecht I. von <strong>Braunschweig</strong><br />
und die Kunstsammlungen in Bevern, in: Jahrhuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum<br />
<strong>Braunschweig</strong> 2. Folge Bd. 4 (1931), S. 16-47; Jill Bepler, Alltag im Schloß Bevern vor 300<br />
Jahren, in: Jahrbuch des Landkreises Holzminden Bd. 5/6 (1987/88), S. 109-117; dies., Schloß<br />
Bevern vor 300 Jahren, die Residenz Ferdinand Albrecht I. Ausstellung anläßlich des 300. Todestages<br />
des Herzogs, ohne Ort und Jahr; die s., Ferdinand Albrecht Duke of <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg<br />
(1636-1687). A traveller and his travelogue, Wiesbaden 1988.<br />
10) Vgl. Erich Sander, Schloß Revern im Wandel der Zeit, 2. Aufl. Holzminden 1990,S. 29; Uhden<br />
(wie Anm. 6), S. 461.<br />
10<br />
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Fraw Witwen von Münchhausen ihre Adeliche Alimentation vermacht worden / und sejnd<br />
darauff alle bawfällige Oerter repariret / und dieses wolgelegene / bequeme und schöne<br />
Hauß / sampt allen Nebengebäuden / hinwieder in guten Stand ge setzet worden." 11)<br />
Entgegen dieser positiven Schilderung weiß Neukirch zu berichten, daß Herzog August ab<br />
1634 die Ansprüche des Herzogshauses auf Bevern "mit rücksichtsloser Energie" wiederaufgenommen<br />
hatte. Dorothea von Münchhausen, die Witwe des Statius von Münchhausen<br />
verließ 1652 das Schloß, nachdem sie der Herzog durch die Einquartierung von Soldaten<br />
drangsaliert hatte 12). Angesichts dieser Widersprüche ist zu fragen, was wir von der<br />
Beschreibung im Merian zu halten haben.<br />
Zur Erarbeitung der Topographia<br />
Bereits Eckardt wagte die These, daß die gesamte Topographia <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg<br />
"im Auftrage der Fürsten" entstanden sein könnte B). Zimmermann ist dieser Frage dann<br />
anhand der archivalisehcn Quellen nachgegangen. Er konnte in der Tat feststcllen, daß die<br />
Leitung der ganzen Arbeit an dieser Ausgabe, die Richtlinien für die Erarbeitung der Einzeltexte,<br />
deren Bearbeitung und die Redaktion für den wolfenbüttelschen Teil, in den Händen<br />
von Herzog August und seinem Konsistorial- und Kammerrat Justus Georg SchottcIius<br />
lagen. Die Rohmanuskripte zu den Einzclbeschreibungen von Städten, Klöstern, Amtshäusern,<br />
Adelssitzen u. a. waren untcr großen Schwierigkeiten auf dem Verwaltungswege<br />
von den zuständigen Gewährsleuten vor Ort beschafft worden 14).<br />
Bis auf wenige Ausnahmen sind die Originalberichte der Einzelbeschreibungen für den<br />
wolfenbüttelsehen Teil des Merian nicht mehr vorhanden. Aber der Ablauf des Verfahrens<br />
ließ Zimmermann urteilen, daß diese "von sehr ungleichem Werte sein müssen" und "der<br />
Text des Mcrianschen Werkes vor strengcr Kritik vielfach nur schlecht bestehen kann".<br />
Doch stcllte er nicht in Abrede, daß gcrade für dcn Gegenwartshorizont der Verfasser in<br />
den Texten historische Fakten überliefert sind, die "noch jetzt von großem Werte sind".<br />
Außerdem meinte er, daß gerade die Überarbeitung durch den Herzog und Schottelius<br />
"manche Unrichtigkeiten und Unebenheiten verbessern und ausgleichen" konnte I5 ). So<br />
hat dann auch Paul Raabe aus Zimmermanns Arbeit den Schluß gezogen, die Texte würden<br />
sich durch "eine hohe Zuverlässigkeit" auszeichnen 16).<br />
11) Zit. Merian (wie Anm. 1), S. 49.<br />
12) Vgl. Neukirch (wie Anm. 5), S. 218.<br />
13) V gl. H. Ec k a rd t, Matthaeus Merian, Skizze seines Lebens und ausführliche Beschreibung seiner<br />
Topographia Germaniae ... , (1887), Neudruck Amsterdam 1963, S. 152.<br />
14) V gl. Paul Z i m m e rm a n n, Mathaeus Merians Topographie der Herzogtuemer <strong>Braunschweig</strong> und<br />
Lüneburg, in: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>, 1. Bd. (1902),<br />
S.4R-53.<br />
15) Zit. Zimmermann (wie Anm. 14), S. 59.<br />
16) Zit. Paul Raabe, Herzog August und Merians Topographie, in: Sammler Fürst Gelehrter, Herzog<br />
August zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg 1579-1666 (= Ausstellungskatalog der Herzog August<br />
<strong>Bibliothek</strong> Nr. 27), <strong>Braunschweig</strong> 1979, S. 207-208.<br />
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11
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Auch Raabe und Zimmermann können uns also zur Beurteilung des Merian Textes über<br />
Bevern nur wenig helfen. Das Rohmanuskript ist nicht überliefert. Aufklärung über die<br />
Nachrichten des Textabschnitts, der in die Zeit seines Autors hineinreicht, ermöglicht aber<br />
umfängliches Aktenmaterial zur Übernahme des Schlosses durch das Herzogshaus im<br />
Staatsarchiv Wolfenhüttel. Es war ausgerechnet Justus Georg Schottelius, der, etwa ein<br />
Jahr und 6 Monate bevor er sich mit der Endredaktion der Topographia beschäftigte 17),<br />
die bevernschen Angelegenheiten für den Herzog regelte.<br />
Zusammen mit dem Kammerrat Joachim Friedrich Söhle schickte er zwischen 1651 und<br />
Anfang 1652 regelmäßig Berichte über den Fortgang der Sache aus Bevern an Herzog August<br />
in Wolfenhüttel. Wahrscheinlich sind dabei auch Informationen zur Beschreibung des<br />
Schlosses und seiner Nebengebäude nach Wolfenbüttel gelangt, die dann - allerdings in<br />
ganz anderer Weise, als Zimmermann und Raabe meinten - Eingang in den Merian Text<br />
gefunden haben könnten.<br />
Sind die zuletzt geschilderten Ereignisse in der Beschreibung die verläßlichsten, so beginnen<br />
wir damit unsere Untersuchung, um am Schluß noch einmal auf die Beschreibung des<br />
Anwesens im Merian Text zurückzukommen.<br />
"Dieweil auch vor zehen Jahren dieses Hauß und Gut Bevern in der Creditoren<br />
Hände gerahten ... "<br />
Nimmt man den Abschluß des Gesamtmanuskriptes der Topographia, Ende August 1653,<br />
als Grundlage, so fällt auf, daß Schloß Bevern "vor zehen Jahren" also 1643 in die Hände<br />
der Gläubiger des Statius von Münchhausen gefallen ist, obwohl er bereits 1618 in Konkurs<br />
ging 18). Bis dahin hatte Statius von Münchhausen mit Hilfe umfänglicher Kreditgeschäfte<br />
seinen wirtschaftlichen Aufstieg vorangetrieben. Dieser muß ungewöhnlich gewesen sein<br />
und hat R. van Dülmen dazu geführt, ihn als "Prototyp des Adeligen als frühkapitalistischen<br />
Unternehmer" zu bezeichnen 19). In den Strudel des Konkurses geriet er, als sich die<br />
inflationären Tendenzen durch den Dreißigjährigen Krieg und die "Kipper und Wipper",<br />
die auf die betrügerischen Münzverschlechterungen Herzog Friedrich Ulrichs reagierten,<br />
sehr verschärften. Seinen zahllosen finanziellen Verpflichtungen - in Reichstalern gezeichnet<br />
- konnte Statius von Münchhausen nicht mehr nachkommen. Sofort griffen seine vielen<br />
Gläubiger auf die Sachwerte zu 20). Sie warteten nicht auf ein geregeltes Konkursverfahren,<br />
Zusammenstellung der Konkursmasse durch einen Kurator, Ladung der Gläubiger, Prü-<br />
17) Im Juli 1653 war das Material zusammen. Nach einer Bearbeitung durch den Herzog, erledigte<br />
Schottc1ius letzte redaktionelle Arbeiten bis zum August 1653. Am 25. August wurde das Manuskript<br />
nach Frankfurt geschickt. Vgl. Zimmermann (wie Anm. 14), S. 53, 57.<br />
18) Vgl. N eukirch (wie Anm. 5), S. 214.<br />
19) Zit. Richard van Dülmen, Entstehung des frühneuzeitlichen Europa 1550-1648 (= Fischer<br />
Weltgeschichte Bd. 24), Frankfurt am Main 1982, S. 37.<br />
20) Vgl. N eukirch (wie Anm. 5), S. 215 f.<br />
12<br />
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fung der Ansprüche und Festsetzung der Prioritäten 21). Viele Güter gingen sofort um 1619,<br />
wenn manchmal auch nur vorläufig, in die Hände der Creditoren über.<br />
Es kam nie zum geordneten Abschluß eines Verfahrens, das den Gesamtbesitz umfaßte 22 ).<br />
Statius von Münchhausen verlor die meisten Güter - in eher geordneten als ungeordneten<br />
Einzelverfahren-noch zu Lebzeiten. So gingenz. B. Leitzkau und Meinbrexen an Liborius<br />
und Philipp Adolf von Münchhausen, die Söhne von Statius Bruder Hilmar. Dieser hatte<br />
in sehr großem Umfang für Statius gebürgt und war zu einem seiner Hauptgläubiger geworden<br />
23). Veckenstedt ging zurück an den Grafen von Stollberg 24). Elbingerorde wurde 1628<br />
den Gläubigern völlig zugesprochen. Die Verwaltung des Amtes ging an Statius Neffen<br />
Philipp Adolf, da auch dort der Bruder Hilmar ein Hauptgläubigerwar . 1653 fand zwischen<br />
den von Münchhausen und Herzog Christian Ludwig zu Celle ein Vergleich statt. Das Amt<br />
wurde zur Kammer eingezogen 25). Stapelburg wurde 1625 verkauft 26). Aus Grohnde wurden<br />
Statius und seine Familie schon 1619 quasi rausgeworfen. Das verpfändete Amt gelangte<br />
wieder in unmittelbaren herzoglichen Besitz 27 ). Verschont blieben letztlich Dornburg<br />
und Großlübs, das schon 1613 an Statius Sohn Hilmar Ernst übergegangen war:2H).<br />
Schloß und Gut Bevern konnte Statius von Münchhausen aus diesen Verteilungskämpfen<br />
weitgehend heraushalten, indem er sich mit Herzog Friedrich Ulrich verständigte. Ihm<br />
schrieb Statius schon 1619, er solle das Gut Bevern selbst kaufen oder die Witwenrechte<br />
seiner Frau Dorothea von Münchhausen geb. von Bothmer daraus zufriedenstelIen. Dann<br />
solle er das Gut an "einen Ehrlichen von Adel" verkaufen 29 ). Zwar kam das Gut unter<br />
21) Zur historischen Entwicklung des Konkursrechts und Verfahrens vgl. End e m an n, Die Entwicklung<br />
des Konkursverfahrens in der gemeinrechtlichen Lehre bis zu der deutschen Konkursordnung<br />
vom 10. Februar 1877, in: Zeitschrift für Deutschen Civilprozess, Bd. XII (1888), S. 24-96.<br />
22) Obwohl es Statius von Münchhausen erreichte, daß sich eine kaiserliche Kommission um eine<br />
Zusammenfassung aller seiner Güter für ein Gesamtverfahren kümmerte. Vgl. Abschrift des<br />
Mandats an den Kurfürsten zu Köln und Grafen Simon zur Lippe vom 1. Oktober 1624, in: Hauptstaatsachiv<br />
Hannover (HStAHan) Cal. Br. 15 Nr. 2905. Die Arbeit dieser Kommission wurde<br />
aber ständig durch die Creditoren, insbesondere die Söhne seines Bruders Hilmar, behindert. Sie<br />
versuchten ihre Fordcrungen möglichst zügig aus den Einzelbesitzungen zu ziehen. Vgl. Kaiserliche<br />
Mandate an Herzog Christian den Älteren zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg, in: HStAHan Cal.<br />
Br. 15 Nr. 2905. Eine Schätzung seines Gesamtbesitzes gegenüber den Schulden soll schon 1621<br />
an den Kaiser gegangen sein. Vgl. Neu kirch (wie Anm. 5), S. 216; Erich Sander, Statius von<br />
Münchhausen. Bauherr des Schlosses Bevern, Holzminden 1992, S. 35.<br />
23) Vgl. Gottlieb Samuel Treuer, Gründliche Geschlechts=Historie Des Hochadelichen Hauses<br />
Der Herren von Münchhausen ... , Göttingen 1740, S. 121, 122, 143 und Vorrede zum Anhang<br />
Sect. II Von den Gütern ...<br />
24) Vgl. Treuer (wie Anm. 23)<br />
25) Vgl. Treuer (wie Anm. 23); auch Abschrift des Prioritätsurteils 5. August 1628, in: HStAHan<br />
Cal. Br. Nr. 2893, Abschrift Braunschw. Abschied wegen Elbingerode 6. August 1628, in: Staatsarchiv<br />
Wolfenbüttel (StA Wf) 1 Alt 31 Bevern Nr. 24 fo1180.<br />
26) Vgl. Treuer (wie Anm. 23).<br />
27) Vgl. Hans Berne r, Das Amt Grohnde, Göttingen 1952, S. 15,68-69.<br />
28) Vgl. Treuer (wie Anm. 23), S. 127; Sander (wie Anm. 22), S. 34.<br />
29) Zit. Treuer (wie Anm. 23), Urk. S. 346.<br />
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13
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herzogliche Zwangsverwaltung 30), doch hatte der Herzog im gleichen Jahr den Gläubiger<br />
Hennig von Reden, der Bevern besetzen wollte, schadlos gehalten 31). Statius von Münehhausen<br />
konnte, bis zu seinem Tod 1633 und von Gläubigern unbehelligt, mit seiner Familie<br />
auf seinem Lehngut Bevern leben. Er wurde auch in der von ihm erbauten bevernschen<br />
Kirche beigesetzt 12).<br />
Statius von Münchhausen hatte noch verfolgen können, wie seine verschiedenen Güter<br />
aufgrund des finanziellen Zusammenbruchs verloren gingen. Besonders die Kinder seines<br />
Bruders Hilmar hatten als Hauptgläubiger einige Besitzungen an sich gebracht. So schrieb<br />
Statius 1629 in seinem Testament, daß u. a. "Meinbrechsen von weyland meines Bruderen<br />
Hilmar von Münchhausen see!. Söhnen zu Ertzen biß in diese Stunde gegen eine geringe<br />
Summe Geldes mir vorenthalten"33). Er hatte sich Ostern 1595 für 14929 Rth. bei Hilmar<br />
mit seinem Gut Bevern verbürgt 34). Auch waren noch viele Forderungen anderer Gläubiger<br />
offen.<br />
Kurzerhand bestimmte Statius Bevern nun zum Witwengut für seine zweite Frau Dorothea,<br />
die er 1602 geheiratet hatte. In der Eheberedung hatte er ihr 2000 Reichstaler Ehegeld<br />
und Leibzucht auf Grohnde verschrieben. Sollte sie sich aber mit ihren Söhnen nicht<br />
einigen können, dann bekomme sie Bevern 35). Aus dem Jahre 1627 ist in einer Zusicherung<br />
von Herzog Friedrich Ulrich, die Herzog August von Celle 1634 bestätigt hatte 36), etwas<br />
anderes überliefert. Darin heißt es, daß Dorothea von Münchhausen das guth Bevern, mit<br />
allen deßen zubehörungen, AIßo lange zu besetzen, einhaben und zu ihrem besten gebrauche,<br />
befugt, und davon abgewichen, oder die zu erlaßen, nicht schuldig sein sollen. Ehe und<br />
bevor Sie und die Ihrigen ihres vermachten leibgedinges oder der Leibzucht und was selbig<br />
anhengig sein magk zu voller genüge sin contentieret und abgefunden worden.<br />
Dies waren nun 10000 Rheinische Goldgulden, die Statius hier, anders als nach der Eheberedung,<br />
Dorothea zum Leibgeding vermacht und ihr seinen Sitz undt guth Bevern zu sambt<br />
deßen pertinentien zu einer wahren bestendigen special hypothec gesetzt hatte. Damit verfolgte<br />
er augenscheinlich auch das Ziel, die noch offenen Forderungen aus seiner Familie<br />
abzuwehren, wenn es hieß: daß oftmaIß ... so woll die Söhne alß auch agnaten, der wittiben<br />
30) Vgl. N euki reh (wie Anm. 5), S. 217; HStAHan Ca!. Br. 21 Nr. 1511.<br />
31) Vgl. Verzeichnis der Bürgschaften DUo von Redens, die sein Sohn Hennig von Reden an den<br />
HerLOg cediert hat, vom 23. Juni 1619; Schadloshaltung Hennig von Reden, vom 25. Juni 1619,<br />
in: StA Wf 1 Alt 31 Bevern Nr. 22, fol. 7-8,43; Konzept des Befehls zur Einsetzung eines herzoglichen<br />
Verwalters, vom 15 Juni 1619, in: HStAHan Cal. Br. Nr. 2880.<br />
32) Vgl. Uhde n (wie Anm. 6), S. 447-451.<br />
31) Zit Treuer (wie Anm. 23), S. 121.<br />
34) Abschriften in StA Wf 6 Alt 901 voI88-94, 1 Alt 31 Bevern Nr. 23.<br />
35) Eheberedung Blankenburg 9. 2. 1602, StA Wf 81 Urk. Nr. 49.<br />
31» Confirmatio der Leibgedingsverschreibung, vom 15. 5. 1627, in einer Bestätigung durch Herzog<br />
August d. Älteren, in: HStAHan Cal. Br. 1411 M. 25b. Nach einem Brief des Schwiegersohns der<br />
Dorothea von Münchhausen, Georg Baron von Seibelsdorff, gab es auch eine Bestätigung von<br />
Herzog August d.I. von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel, vgl. StAWf 1 Alt 31 Bevern Nr. 24 vol.<br />
96-103.<br />
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wegen Ihres Leibgedings, und anderer Vermechnis allerhand querelen ... movieren, ... und<br />
er dero wegen sälchen besorglichen Irfallen, so viell müglich vorzubawen gedenke.<br />
Es scheint, daß diese neue Verschreibung 37) ein Grund war, daß Schloß Bevern, im Gegensatz<br />
zu anderen Gütern des Statius, bis Anfang der 1640er Jahre von Creditoren verschont<br />
blieb. auch können die Wirren des Dreißigjährigen Krieges, die das Herzogtum und seine<br />
Bevölkerung bis zum Frieden von Goslar 1642 über sich ergehen lassen mußte 38 ), dazu<br />
beigetragen haben.<br />
" ... und also viel klagens und disputirens ... unauffhörlich getrieben<br />
worden ... "<br />
Die Beschreibung der Vorgänge in den 1640er Jahren in der Überlieferung bei Merian<br />
erweckt den Eindruck, als sei die Übernahme des Schlosses durch das Herzogshaus nur<br />
eine Ange\egeheit gewesen, die sich aus dem Konkurs von Statius von Münchhausen ergab.<br />
Schloß und Gut Bevern bildeten aber das Kernstück der wolfenbüttelschen bevernschen<br />
Lehen, die Statius nach Absterben der von Bevern erhalten hatte 39 ). Dies überliefert auch<br />
der Merian Text, allerdings ganz am Anfang im geschichtlichen Teil der Beschreibung und<br />
ohne Bezug auf das aktuellere Geschehen 40). Da Bevern herzogliches Erblehen des Statius<br />
war, muß es eingezogen worden sein. So begannen dann auch die Auseinandersetzungen<br />
zwischen dem Herzogshaus und den Erben der von Münchhausen von dieser Seite.<br />
Kurz nach dem Tod seines Vaters (1633) und dann nach dem Tod von Herzog Friedrich<br />
Ulrich (1634) bemühte sich Hilmar Ernst von Münchhausen um die Mutung der Lehen<br />
seines Vaters, was sich aber immer wieder verzögerte 41 ). Erst am 9. August 1635 erhielt<br />
Hilmar Ernst einen Mutschein. Dann aber verzögerte sich die persönliche Lehnseinweisung.<br />
Immer wieder bat Hilmar Ernst um Terminverschiebung, da er die erforderlichen<br />
alten Lehnbriefe noch nicht beisammen hatte. Der Termin wurde dann auf den 15. 7. 1639<br />
37) Darüber erging auch ein kaiserliches Mandat an den Herzog von <strong>Braunschweig</strong>, 22. Septemher<br />
1628, Abschrift in: HStAHan Celle Br. 59 Nr. 96.<br />
3R) Vgl. für die nähere Umgebung und Schloß Bevern: Paul Kre tsch me r, Die Weser-Solling-Stadt<br />
Holzminden. Wie sie wurde was sie ist, Holzminden 19R1, S. 110-110; Herbert W. Gähmann,<br />
Kloster Amelungsborn 1135-1985. 850 Jahre St. Marien auf dem Odfeld, Holzminden 1982, S.<br />
175-180; Uhden (wie Anm. 6), S. 506-512; Sander (wie Anm. 10), S. 28-29.<br />
39) Abschrift des Notariatsinstrumentes der Possession vom 27. April 1590 und der folgenden Tage,<br />
in: StA Wf 1 Alt 31 Bevern Nr. 58 fol. 324-334, auch 6 Alt Nr. 901 fol. 294-307. Lehnbriefe über<br />
die wolfenbüttelschen Lehen 1602, 1612 in: IIStAHan Ca!. Or. 6 Sehr. 13 Caps. 9 Nr. 2.<br />
4ll) "Nach gantz ausgestorhenem Geschlechte dero von Bevern / sejn die Lehne auffStatzvon Münchhausen<br />
gebracht worden", zit. Merian (wie Anm. 1), S. 48.<br />
41) Vgl. hierzu und das Folgende den Schriftwechsel, in: StA Wf 1 Alt 31 Bevern Nr. 21. Damit weitgehend<br />
übereinstimmend der Schriftsatz der Erben von Münchhausen zu Schwäbber und Leitzkau<br />
bezüglich ihrer Forderungen, u. a. nach Restitution derwolfenbüttelschen beverschen Lehen vom<br />
Oktober 1686, in: StA Wf 1 Alt Bevern Nr. 24. Der Schriftsatz enthält Abschriften der wichtigsten<br />
Dokumente. Hier wichtig die Anlagen R bis V, (fol. 91-95).<br />
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gesctzt, abcr erneut vcrschoben. 100 Taler Lehngeld war von Hilmar Ernst bereits gezahlt<br />
worden, doch zu einer Lehnseinweiseung kam es nicht mehr.<br />
Die Verzögerungen waren nicht allein Hilmar Ernst zuzuschreiben. Auch Herzog August<br />
war offensichtlich nicht an der weiteren Belehnung der von Münchhausen interessiert.<br />
Aufgrund des Erblehenrechtes konnte man den Erbcn des Statius von Münchhauscn die<br />
Lehen nicht verweigern, es sei denn, daß gcgen das Lehnsrecht verstoßen worden war,<br />
odcr die Erstbelchnung 1590 nicht korrekt erfolgt war 42 ). Der Herzog ließ durch Philipp<br />
Moringk nachforschen. Der fand 1639 in Lüchow den 71jährigen Wulbrand Krone, der<br />
drei Jahre beim Bruder der Witwe des Braun Arndt von Bevern, Christoph von Falkenherg,<br />
gedient hatte und sich noch an dcn letztcn von Bevern erinnerte. Moringk schricb,<br />
daß Krone gute nachricht wüßte, wie eß umb das Haus Bevern eine bewandnis hette und wie<br />
die von Münchhausen daren kommen waren, vermeinend das dieselben wenig befugnis und<br />
Recht dazu hellen, sondern solches Hauß und Guth billicher E[euerj F[ürsllicherj G[nadenj<br />
gebueret.<br />
Statius von Münchhausen hätte sich bci dcr Erstbelehnung nicht korrekt mit den Erbcn der<br />
von Bevern verglichen und in bevernschen Gütern einen stattlichen orll holzes der pferdekamp<br />
genandt, nahe bey Bevern bis in die Allersche grundt sich erstrekend gantz abhauen,<br />
undt zu acker machen lassen, da doch I. F. G. Hertzog Heinrich der Jünger dergleichen<br />
Holtzverwüstung ernstlich verbouen und einen eigenen ackerkampp bey Bevern zu erhaltung<br />
der holtzung an dem orUe noch laßen, auch Braun Arndt von Bevern ohne des Oberförsters<br />
erlaubnis nicht einen stock brenholtz fellen laßen dürffen.<br />
Überhaupt sollte Statius von Münchhausen die Lehen gar nicht bekommen, weil schon<br />
Herzog Julius geplant hätte wen Braun Arndt von Bevern versterben würde, daß Bevern<br />
alßden zum jägerhause, wowzu es sehr woll gelegen, gebrauchet werden sollte 43). Diese Vorwürfe<br />
spielten anscheinend eine wichtige Rolle, um eine weitere Belehnung der von<br />
Münchhausen nicht vorzunehmen. Nach Zimmermann gingen die wolfcnbüttelschen bevernschen<br />
Lehen und damit das Gut und Schloß 1643 in den "Besitz" dcs Herzogshauses<br />
über, wurden sie zur Kammer eingezogen 44 ).<br />
In diesen Jahren entstandcn die umfänglichen Auseinandersetzungen um ein ganzes Bündel<br />
unterschiedlicher Interessen und Rechte an Bevern, von denen der Merian Text nur<br />
sehr dürftig Auskunft gibt. Es ging um die de facto Einziehung der Lehen, gegen die sich<br />
die münchhausischcn Erben zur Wehr setzten, das Leibgeding der Dorothca von Münchhausen,<br />
finanzielle Forderungen der Neffen des Statius, Liborius und Philipp Adolf, sowie<br />
um Ansprüche anderer nun reger werdcnder Gläuhiger.<br />
42) V gl. Adolf S t ein a c k er, Partikulares Privatrecht des Hcrzogthums <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttel<br />
1843, S. 564-598; A. Hampe, Das particulare <strong>Braunschweig</strong>ische Privatrecht, <strong>Braunschweig</strong><br />
1896, S. 341-357.<br />
43) Zit. nach einem Kanzleibericht vom 23. 4. 1639, in: StAWf 2 Alt Nr. 4788. Vorgang mit einem<br />
Anschreiben von Philipp Moringk und dem Bericht vom 4.2. 1639, in: StA Wf 1 Alt Bevern Nr.<br />
21 fol. 110-114.<br />
44) Vgl. Paul Zimmermann, Die Rittergutsbesitzer des Herzogtums Braunschwcig in den Jahren<br />
1501 bis 1900, in: Braunschwcigisches Magazin, Bd. 7 (1901), S. 139.<br />
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treschowsche Verwalter würde mit Hilfe der herzoglichen Soldaten versuchen, ihr ihre eigenen<br />
Vorräte vorzuenthalten. Er habe ihr befohlen den Sahl und andere stuben und Gemächer,<br />
die er noch nicht hette, [zu] eröffnen. Als dies nicht sogleich erfolgte, sei er mit den<br />
Soldaten gekommen und hahe eines nach dem anderen mit Axn aufgehauen, die dohren<br />
zerschmettert und zerbrochen. Diese Behandlung seiner Schwiegermutter sei mehr Tükkisch<br />
und Tyranisch als Christlich zu nennen 54).<br />
Auf ein anscheinend ähnliches Schreiben hatte der Herzog antworten lassen, daß man von<br />
solchen Briefen in Zukunft unbehelligt gelassen werden möchte. Dorothea von Münchhausen<br />
sei nicht nur in Reden und Worten widerspenstig, es stehe einer adeligen Matronen auch<br />
nicht an, herzoglichen Truppen den Zugang zum Schloß zu verweigern. Dies würde sich<br />
kein Lehnsmann leisten 55).<br />
Die Vorgänge verdeutlichen, daß die Besetzung durch die Soldaten nicht allein als<br />
"Drangsalierung" der münchhausischen Witwe beschrieben werden kann, um sie zum Abzug<br />
zu bewegen. Genauer formuliert, bezweckten sie die faktische Durchsetzung des Einzuges<br />
der Lehen, die Aufweichung ihrer Witwenrechte und die Schwächung der Rechtspositionen<br />
von Gläubigern. Die Soldaten hatten nämlich den Befehl, niemand es sei auch wer<br />
er wolle, ohne besonderen Befehl auf das Haus zu lassen 56). Damit war die "handhafte<br />
Übergabe" von Teilen des Schuldnergutes, als Rechtsakt für eine Immission der Gläubiger<br />
noch von gewisser Bedeutung, zu erschweren. So war es mit der Forderung der Neffen von<br />
Statius von Münchhausen geschehen. Sie bekamen gar nichts und prozessierten darüber<br />
sowie über die Restitutuion der wolfenbüttelschen bevernschen Lehen noch lange Jahre<br />
mit dem braunschweigischen Herzogshaus vor dem Reichskammergericht 57).<br />
" ... hat der Gnädige Landesfürst ... solcher gestalt sich in die Sache geschlagen<br />
/ daß nicht allein die immissi creditores, und andere privilegierte<br />
Foderungen / durch ansehnliche baare Bezahlung abgelegt ... "<br />
Offensichtlich unterstützten die treschowschen Erben, Obrist Koch und Kriegsrat Hafner,<br />
aus eigenem Interesse das Vorgehen des Herzogs. Auch das Beispiel des Konsistorial- und<br />
Kammerrates Justus Georg Schottelius, der zwei Jahre später für die Redaktion des Merian<br />
zuständig wurde, verdeutlicht, daß der Herzog einige Creditoren privilegierte und ihre Im-<br />
54) Vgl. Abschrift des Schreibens vom 27. Mai 1647, in: StA Wf 1 Alt 31 Bevern Nr. 24 fol. 96-113.<br />
55) Vgl. Abschrift des Schreibens vom 12. April 1644, in: StA Wf 1 Alt31 Bevern Nr. 24foI.148-149.<br />
56) Zit. Befehl vom 11. 3. 1644, in: StA Wf 1 Alt 31 Bevern Nr. 21.<br />
57) Vgl. StA Wf 6 Alt Nr. 902, 903. 1704 kam es zu einem Vergleich mit dem Herzogshaus. Die Erben<br />
von Münchhausen leisteten gegen die Zahlung von 16000 Rthl. Verzicht auf ihre bevernschen<br />
Ansprüche, vgl. Treuer (wie Anm. 23), S. 159,161, Vorrede zum Anhang Sec. 11. In den Akten<br />
findet sich ein kurzer Bericht, wahrscheinlich von einem von Münchhausen verfaßt, der über die<br />
Vorgänge u. a. nach der Besetzung durch die wolfenbüttelschen Soldaten erzählt. Es heißt, daß<br />
nach der Besetzung bezüglich ihrer Forderung HUmars von Münchhausen Söhne, ungeführter Sa·<br />
che wieder davon entsetzet wurden, vgl. StA Wf 6 Alt Nr. 902 fol. 112-113, zit. 113v.<br />
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missionen zuließ. Dabei handelte es sich um Leute, bei denen er sicher sein konnte, daß sie<br />
ihre erlangten Ansprüche an ihn abtraten.<br />
Schottelius wurde am 26. 3. 1650 unter Protesten der Witwe von Münehhausen in Schloß<br />
Bevern immittiert 58). Die Rechtmäßigkeit ergab sich aus einer Schuldfurderung, die seine<br />
zweite Frau 59 ) mit in die Ehe gebracht hatte. Ihr Großvater, Bürgermeister in Einbeck,<br />
hatte Otto von Rehden im Jahre 1600 eine Summe von 1000 Talern geliehen. Statius hatte<br />
für ihn gebürgt. Da die Besitzungen des von Rehden schon von anderen Creditoren beansprucht<br />
wurden 60 ), sollten nun die Erben des Statius von Münchhausen dafür eintreten.<br />
Schottelius übertrug seine Ansprüche im Dezember 1651 an den Herzog 61 ), nachdem diesem<br />
vorher die Rechte von Oberst Koch und Kriesgsrat Hafner cessiert wurden waren 62 ).<br />
Auch andere Creditoren wurden abgefunden. Diese Angelegenheiten besorgte Schottelius<br />
zusammen mit dem Kammerrat Söhlc. Dabei gingen sie auf eine Weise vor, die man fast<br />
als betrügerisch bezeichnen kann. Die Erben einer Obligation des Statius von Münchhausen<br />
für Heinrich Becker präsentierten eine Forderung nebst Zinsen von insgesamt 9000<br />
Rth. Schottelius und Söhle handelten diese herunter. Insgesamt 1500 Rth. in drei Raten<br />
wollte man zahlen. Sie schrieben dem Herzog E. F. G. können mit dieserforderung erwehnter<br />
maßen zimlich versichert sein, auch einen Vortheil von 7500 Thlr. dabei zu haben, denn<br />
es erbaut sich der Erben auf capital und Zinse, als auf 9000 Thlr. völlig zu quitieren, auch<br />
diese getroffene handlung gleichsam iuratio im höchsten geheim bei sich zu behalten 63).<br />
Insgesamt, so ist aus einer Aufstellung (4) zu ersehen, waren es ohne die 10000 Goldgulden<br />
der Witwenrechte für Dorothea von Münchhausen neun verschiedene Posten im Nennwert<br />
von 4500 Goldgulden und 15100 Reichstalern ohne Zinsen, die sehr wahrscheinlich fast<br />
alle für geringere Zahlungen an Herzog August cessiert wurden. Allein fünf der Obligataionen<br />
stammten aus dem Besitz von Ohrist Koch und Kriegsrat Hafner. Damit ühernahm<br />
Herzog August d. J. am 1. 12. 1651 die Possession des Schlosses Bevern, aller Nebengebäude,<br />
der Gerechtigkeiten und Pertinentien. Das Verfahren besorgten wieder Schottelius<br />
und Söhle für ihn. Zum Verwalter wurde er frühere fürstenbergische Amtsschreiber Paul<br />
Cleve bestimmt 65 ).<br />
58) Vgl. hierzu: Original Instrumentum facta Immissionis, in: StA Vif 1 Alt 31 Bevcrn Nr. 40 fol. 9-12.<br />
59) Vgl. JörgJochen Berns, Justus Georg Schottelius 1612-1676. Ein Teutscher Gelehrter am Wolfenhüttcler<br />
Hof (= Ausstellungskataloge der Herzog August <strong>Bibliothek</strong> Nr. 18), <strong>Braunschweig</strong><br />
1976, S. 26.<br />
60) Statius von Münchhausen war in den 1620er Jahren nicht der einzige gewesen, der Konkurs anmelden<br />
mußte. Eine ganze Reihe von Adelsgeschlechtern waren von der allgemeinen Finanz- und<br />
Kreditkrise betroffen. Vgl. N eukirch (wie Anm. 5), S. 209 ff.<br />
61) Am 9. Dezember 1651, vgl. StAWf 1 Alt 31 Bevern Nr. 40 fol. 26.<br />
62) Am 27. November 1651, vgl. StAWf 1 Alt 31 Bevern Nr. 36 fol. 29-32.<br />
6) Zit. Brief vom 29. Januar 1652, in: StAWf 4 Alt vorl. Nr. 557.<br />
(4) Vgl. Verzeichnis der cedierten Münchhausischen Obligationen worauf der Herzog die possession<br />
in das Haus Bevern erlanget, 1651, in: StA Wf 1 Alt 31 Nr. 1 fol. 12-14.<br />
65) Vgl. Original instrumentum zur völligen Possession in das Haus und Gut Bevern, 1. Dezember<br />
1651, in: StAWf lA143 Beern Nr. 40 fol. 22-25.<br />
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" ... sondern auch der Fraw Witwen von Münchhausen ihre Adeliche Alimentation<br />
vermacht worden ... "<br />
Letztlich vergleich sich auch Dorothea von Münchhausen mit dem IIerzog. Die erste Rate<br />
von 150 Rthl. ihrer Alimentgelder von 300 Rthl. wurden ihr von Schottelius am Vorabend<br />
ihres Auszuges aus Bevern ausbezahlt. Außerdem wurde sie noch mit einem Hofzu Höxter<br />
versorgt, frei von allen bisher darauf haftenden bürgerlichen Lasten und Abgaben sowie<br />
mit freiem Brennholz auf Lebenszeit. Dafür trat sie ihre Rechte an Bevern an das Herzogshaus<br />
ab 66 ).<br />
Diesen Vergleich hat sie wahrscheinlich ganz eigenständig und nach ihren Interessen ausgehandelt,<br />
ohne ihre Familie hinzuzuziehen, denn ihre Angehörigen haben auf sie eingewirkt,<br />
ihren Vergleich mit Herzog August d. J. zurückzunehmen. Söhle und Schottelius<br />
schrieben an den Herzog: Sonst ist nich ohn, daß die Witwe von Münchhausen von etzlichen<br />
ihrer angehörigen, wie der hiesige Ambtsverwalter jüngsthin berichtet, hat wollen irre gemacht<br />
und angereizet werden, über den, mit E. F. G. aufgerichteten Vergleich und cession,<br />
eine und andere Difficultäten in den Weg zu bringen, es hat aber, allem ansehen nach, die<br />
fraw Wittwe denselben kein gehör geben wollen, sondern für ihre Person wehr Sie bei dem<br />
getroffenen contractu, wie Sie uns mehrmahlen mündlich selbst gesagt, beständig zu verbleiben,<br />
gentzlich entschlossen 67).<br />
Mit selbstbewußtem und aufgewecktem Verhandlungsgeschick und in vielen kleinen Streitigkeiten<br />
über die Modalitäten ihres Umzuges setzte sie den beiden Räten Schotte1ius und<br />
Söhle arg zu. Sie war der Meinung, ihr gehörten noch die Möbel und Betten im Schloß.<br />
Gerne ließe sie aber Einiges zurück, um dem Herzog einen Gefallen zu tun. Sie stellte eine<br />
Liste der Möbel und Betten auf, die sie unbedingt mitnehmen wollte. Sie wollte ihr Braugerät<br />
behalten, wenn ihr der Herzog dafür nicht einige hundert Taler lasse, da sie es erst nach<br />
dem Tod ihres Mannes angeschafft hätte. Auch verlangte sie zwei Öfen aus Bevern für ihr<br />
neuen Domizil (8 ).<br />
Doch auch Söhle und Schottelius waren harte Verhandlungspartner , obwohl sie sich durch<br />
die Witwe stark bedrängt fühlten und sich nebenbei noch um den ihre zugedachten Hof in<br />
Höxter zu kümmern hatten 69 ). Endlich war es dann soweit und mit einem Aufatmen berichteten<br />
sie an Herzog August d. J. nach langer Unterredung (dabei es ansonsten der Fraw<br />
Witwen an allerhand newen postulaten und sonsten vielen querullieren nicht ermangelt) nun-<br />
66) Vgl. Briefe von Schottelius und Söhle an Herzog August d. J. vom 29. Januar 1652, in: StAWf 4<br />
Alt forl. Nr. 557, 4. Februar 1652, in StAWf 1 Alt 31 Bevern J\r. 21 fol. 172-173, auch die Verzeichnisse<br />
in: StA Wf 1 Alt 31 Bevern Nr. 1 fol. 12 und StA Wf 2 Alt Nr. 3623 fol. 46. In den<br />
Verzeichnissen ist von einem Hof in Holzminden die Rede.<br />
67) Vgl. Brief vom 5. Januar 1652, in: StAWf 4 Alt vorl. Nr. 557.<br />
68) Vgl. Brief vom 25. Januar 1652, in: StA Wf 4 Alt vorl. Nr. 557, Möbelverzeichnis in StA Wf 4 Alt<br />
forl. Nr. 556.<br />
69) Vgl. Briefe vom 5., 29. Januar 1652, in: StAWf 4 Alt vorl. Nr. 557, Brief vom 13. Januar 1652, in:<br />
StA Wf 4 Alt vorl. Nr. 556.<br />
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Glaubt man hier dem Merian, so müssen die Arbeiten im August 1653 abgeschlossen gewesen<br />
sein 76). In den späteren Jahren reiste Herzog August d. J. mit seiner Familie und Gästen<br />
häufiger nach Bevern, um dort während der Jagdgesellschaften im Solling sein Quartier<br />
aufzuschlagen 77).<br />
Zu den Nachrichten über den Bauzustand des Schlosses<br />
Das bereits erwähnte Inventarverzeichnis, daß Schottelius und Söhle an den Herzog<br />
schickten, war auch in ihrem Beisein am 3. und 4. Februar 1652 angefertigt worden. Es<br />
besteht aus 30 Seiten und beschreibt sowohl das Äußere des Anwesens als auch die inneren<br />
Zustände aller Gebäude. Es ermöglicht den Einblick in einen ziemlich schlechten baulichen<br />
Zustand des Schlosses, der Nebengebäude, Scheunen und Ställe. Es verzeichnet die<br />
noch vorhandenen Möbel und Gerätschaften in den einzelnen Räumen. Für die Gärten<br />
wurde der Bestand an Bäumen und Sträuchern ebenso festgehalten, wie der Zustand der<br />
Umfassungsmauer und des Schloßgrabens. Darüber heißt es z. B.: Der Wassergrab umb<br />
daß Hauß ist von heiden seiten auffgemauwert, und Umbher mit einer lebendigen Hecke<br />
besetzt, so an theilß orten löcherlich, wie auch die Maurer in einem Winckel bauwfellig 7R).<br />
Gegenüber den Angaben des Merian Textes, ist dieses Verzeichnis natürlich erheblich umfangreicher<br />
und sehr sachlich gehalten, diente es doch dazu, dem Herzog einen möglichst<br />
genauen Zustandsbericht über das bevernsche Haus und Gut zu geben. Die Schloßbeschreibung<br />
des Merian faßt notwendigerweise vieles zusammen, aber die Fakten stimmen:<br />
der Saal mit Nebengemach, andere Gemächer, das Vorwerk mit 14 Gebäuden, eine Umfassungsmauer,<br />
eine Zugbrücke, Wassergraben, Umfassungsmauer, Oel- und Backmühle,<br />
Baumgarten und Lustgarten 79).<br />
Deutlich ist aber auch, daß der Merian Text eine besondere Größe und Pracht des Schloßkomplexes<br />
hervorzuheben sucht. Ganz gegen den Eindruck des Inventarverzeichnisscs<br />
und selbst im Widerspruch zu der bei Merian erwähnten Reparatur heißt es dort, daß "dieses<br />
ansehnliche / wol aptirte I und zu einer Hoffstatt bequeme Gebäw / annoeh in gutem<br />
Stande befindlich". Die Gemächer des Schlosses werden als "köstlich" bewertet. Der Saal,<br />
im Gegensatz zu den im Inventarverzeichnis meist nach Farben benannten Räumen des<br />
Obergeschosses auch schlicht so genannt, ist ein "schöner grosser vergüldeter". Und um<br />
die Kostbarkeit noch zu unterstreichen, wird über die Summe von 500 Talern spekuliert,<br />
die der Maler allein daran "verdienet haben soll". Bisher haben sich aber keine Belege über<br />
eine Umgestaltung des Saales zwischen 1652 und 1653 finden lassen. Nach dem überliefer-<br />
76) Das Manuskript gingarn 25. August 1653 zum Druck nach Frankfurt ab, vgl. Zirn mermann (wie<br />
Anm. 14), S. 57.<br />
77) Vgl. Inventar zu einern Ablager der herzoglichen Familie, vorn 3. Mai 1655, in: StA Wf 4 Alt vorl.<br />
Nr. 567. Abrechnungen von Zehrungsgeldern 1654 bis 1658, in: 4 Alt Fb. 10 II Nr. 2 und 3.<br />
78) Vgl. Inventar (wie Anm. 72).<br />
79) Vgl. auch für das Folgende Merian (wie Anm. 1), S. 54.<br />
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ten Schriftwechsel spricht Vieles dafür, daß nach Auszug der Witwe von Münchhausen nur<br />
Instandsetzungsarbeiten und keine größeren Umbauten stattgefunden haben. Möglicherweise<br />
war aber die Neugestaltung des Saales zu dieser Zeit geplant.<br />
Ohne den Eindruck, den Merians Beschreibung von Schloß Bevern vermittelt, schmälern<br />
zu wollen, ist im Vergleich zu einem nüchternen und sachlichen Verzeichnis festzustellen,<br />
daß es dem Autor des Textes gelingt, das Anwesen mit wenigen zusätzlichen Attributen in<br />
ein sehr positives Lkht zu rücken. Deshalb sind diese Angaben mit großer Vorsicht zu<br />
verwenden.<br />
SchI uß bemerkungen<br />
Dies gilt auch, wie unsere Untersuchung des Merian Textes zeigt, für den "aktuellen" Teil<br />
des Berichtes, der dem Gegenwartshorizont des Autors nahe kommt. Er enthält eine Anzahl<br />
von Fakten, die sich auch aus den überlieferten Akten erschließen lassen. Die Gläubiger<br />
des Statius von Münchhausen begannen erst in den 1640er Jahren ihre Forderungen aus<br />
dem bevernschen Besitz zu ziehen. Es gab eine Reihe von Konflikten und Auseinandersetzungen<br />
mit Creditoren, Dorothea von Münchhausen und den Neffen des Statius von<br />
Münchhausen. Herzog August hat einige Forderungen der Gläubiger bezahlt und der<br />
Witwe ihre Alimentation gewährt. Ebenso wurde dann das Haus und Gut renoviert.<br />
Allerdings wird vieles verschwiegen und ein stark geschönter Eindruck vermittelt. Die<br />
Auseinandersetzungen waren nicht allein der Angelegenheit des münchhausischen Konkurses<br />
geschuldet, sondern der faktischen Entziehung der wolfenbüttelschen bevernschen<br />
Lehen durch Herzog August. Die Forderungen der Neffen, Philipp Adolf und Lihorius von<br />
Münchhausen wurden nicht anerkannt. Wahrscheinlich wurden viele der übrigen Creditoren<br />
mit Teilbeträgen abgefunden. Zumindest in dem geschilderten Fall der Beckerschen<br />
Erben kann die Abfindung ihrer Forderung von insgesamt 9000 Talern mit 1500 Talern<br />
nicht als "ansehnliche" Bezahlung gesehen werden. Im Vergleich zu ihrer bisherigen Lebensweise<br />
und ihrer Forderung von 10000 Goldgulden muß die der münchausischen Witwe<br />
eingeräumte Alimentation als kümmerlich bezeichnet werden. Der Druck, den Herzog<br />
August mit Hilfe der Besetzung des Schlosses durch seine Soldaten ausübte, ist für die<br />
letztliehe Zustimmung zu den Abfindungen aller Beteiligten nicht zu unterschätzen.<br />
Wir wissen nicht, wer den Text über Bevern verfaßt hat. Die Autoren könnten Justus Georg<br />
SchottcIius oder der Herzog selbst sein, kannten sie sich doch in dieser AngcIegeheit<br />
sehr gut aus. Da sie zumindest mit der Überarbeitung der Texte sowie der Endredaktion<br />
betraut waren ist davon auszugehen, daß sie mit der veröffentlichten Beschreibung einverstanden<br />
waren. Ihre redaktionelle Überarbeitung kann allerdings auch nicht-wie Zimmermann<br />
und Raabe glaubten - darin bestanden haben, historische und faktische Unrichtigkeiten<br />
zu verbessern. Sie diente in diesem Fall v. a. der herrschaftlich-repräsentativen<br />
Selbstdarstellung. Der Herzog präsentierte in Merians Topographia sein neues "köstlich"<br />
ausgestattetes Amts- und Jagdhaus und sich selbst als freundlichen konfliktschlichtenden<br />
Gönner und Wohltäter.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
23
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die rekonstruierten Vorkommnisse um Schloß Bevern zeigen auch, daß Herzog August<br />
d. J. nicht nur eine weItabgewandte "friedsame, stille Gelehrtennatur [war], die in wissenschaftlicher<br />
Forschung und Ansammlung wissenschaftlicher Schätze ihr Genüge fand" 80),<br />
sondern auch einen ausgeprägten Herrschaftswillen besaßRI). Gerade in der Verbindung<br />
von Gelehrsamkeit und Machtstreben gewinnt seine Persönlichkeit Gestalt. Das auch<br />
heute noeh geläufige "fricdsame" Bild von Herzog August mag nicht zuletzt an seinem<br />
Talent zu entsprechender Selbststilisierung gelegen haben. Dies bringt zumindest die Beschreibung<br />
Beverns in Merians Topographia zum Ausdruck.<br />
80) Zit. Paul Zimmermann, Herzog August d.J. und seine <strong>Bibliothek</strong> zu Hitzacker, in: In freien<br />
Stunden, Beil. z. Lüncburgcr Tagcblatt Jg. 41 (1932), Nr. 34, hier zit. nach: Gerd Heinrich,<br />
Nova Ithaka. Fürstliches Landlehen und soziale Wirklichkeit im Herzogtum Danncnberg-Hitzakker<br />
zwischen 1605 und 1635, in: Fruchthlätter. Freundcsgabe für Alfred Kcllctat, herg. von Harald<br />
Hartung, u. a., Berlin 1977, S. 257-283.<br />
81) Dies konntc schon für seine Jllgcndjahre im Herzogtum Dannenberg-Hitzaker gezeigt werden.<br />
Vgl. Heinrich (wie Anm. 80).<br />
24<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Zwei Grabsteine französischer Emigranten in Helmstedt:<br />
D' Aligre und de Limon-Hallwin<br />
Von<br />
Ingrid Henze<br />
Im Gedenkjahr der Französischen Revolution 1989 besannen sich einige Helmstedter Bürger<br />
1) darauf, daß auch in ihrer Stadt steinerne Erinnerungsmale an dieses Ereignis zu finden<br />
seien. Am Haus Magdeburger Tor 3 sind nämlich zwei Grabplatten eingemauert, deren<br />
Inschriften, obschon teilweise zerstört, erkennen lassen, daß sie einst die Gräberzweier<br />
1799 und 1800 verstorbener französischer Adeliger bezeichnet hatten. Bei aller Freude<br />
über die damit scheinbar belegte Beteiligung auch der Region Helmstedt an der Aufnahme<br />
französischer Revolutionsflüchtlinge Ende des 18. Jahrhunderts kamen den sich für die<br />
Platten interessierenden Helmstedtern rasch Zweifel an der Hclmstedter Provenienz der<br />
Steine. Es setzten Nachforschungen ein, deren Ergebnis schon allein deshalb nicht der Öffentlichkeit<br />
vorenthalten werden soll, weil die Gefahr besteht, daß die beiden Grabsteine<br />
sonst irgendwann später doch einmal der Helmstedter Stadtgeschichte zugeordnet werden.<br />
Außerdem zeigte sich überraschenderweise, daß die auf ihnen geehrten Toten zur politischen<br />
Prominenz des zusammenbrechenden Regimes gehört hatten. Die ihnen gesetzten<br />
Grabschriften verdienen daher, als bisher unbekannte Quellen zur Biographie der beiden<br />
Politiker veröffentlicht zu werden. Dies, also eine Edition und Übersetzung der beiden<br />
Texte ist das primäre Anliegen der folgenden Abhandlung. Wenn darüber hinaus versucht<br />
wird, Familienhintergrund und persönliches Schicksal der beiden Emigranten zu skizzieren<br />
und einzubetten in die allgemeine Revolutionsgeschichte, so will dies angesichts der beschränkten<br />
quellentechnischen Fundierung nur als Aufforderung zu weiterer Erkundung<br />
verstanden werden. Die beiden Verstorbenen haben - das sollte vorweg schon angemerkt<br />
werden - während der Zeit ihres politischen Wirkens vermutlich nichts miteinander zu tun<br />
gehabt. Erst die Emigration hat sie vereint, indem sie sie beide gemeinsam in das Fürstentum<br />
<strong>Braunschweig</strong> verschlug. Nur ein äußerlicher Zufall brachte dann ihre Grabdenkmäler<br />
in nachbarlicher Anordnung an das Haus Magdeburger Tor 3 in Hclmstedt - aber davon<br />
später.<br />
I) Frau Ilse Moshagen machte zuerst auf die Steine aufmerksam. Rat und Hilfe gewährten Herr<br />
Pastor i.R. R. Kle inert und Herr Stadtarchivar H.-E. Mü Iler. Die Bilder fertigte freundlicherweise<br />
Herr S. S pi tze r, Helmstedt. Allen sei an dieser Stelle für ihre Unterstützung herzlich gedankt.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
25
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Wenden wir uns zunächst den Grabsteinen selbst zu. Stein A, gewidmet dem Marquis<br />
d'Aligre, ist eine hoch rechteckige Standplatte aus Rätsandstein 2) von 229,5 cm in der größten<br />
Höhe und 122 cm in der größten Breite. Sie besteht aus drei Teilen, dem Sockelfuß (13<br />
cm hoch, 122 cm breit), dem Sockel (45,5 cm hoch, 116 cm breit) und der eigentlichen<br />
Platte (171 cm hoch, 105,5 cm breit). Diese hat ein eingelassenes Mittelfeld, das in den<br />
oberen drei Vierteln von der Inschrift besetzt ist und von einem breiten, geriffelten Rand<br />
oben und an den Seiten gerahmt wird. Auf dem die Platte unten abschließenden Sockel<br />
steht eine klassizistische Urne, drapiert mit einem Schal; sie nimmt das untere Viertel des<br />
Mittelfeldes ein. Hinter ihr liegt ein Palmzweig. Auf dem ganzen Stein finden sich Löcher<br />
wie von Einschüssen oder ähnlichem. Die Inschrift ist in Kapitalis ausgeführt und in den<br />
Stein eingearbeitet. Die Buchstabenhöhe, gemessen an N, beträgt 3,7-4,8 cm. In der folgenden<br />
Wiedergabe sind die Abkürzungen durch runde und die Ergänzungen durch eckige<br />
Klammern bezeichnet. Nur teilweise zerstörte Buchstaben sind nicht gesondert kenntlich<br />
gemacht. Die Interpunktion wurde nur bei zweifelsfreier Lesart wiedergegeben.<br />
[IL)L(USTRISSI)MO POTa) (ENTISSl)MO D(OMINO) D(OMINO)f<br />
[ ............................... ]b) MARCH(IONI) D'ALIGREI<br />
REGIS CHR(ISTIANISSI)MI IN
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
sidenten des höchsten Pariser Parlamentes, Komtur der Orden desselben Königs, dem besten<br />
Vater (setzten diesen Stein) die trauernden Kinder. - Geboren in Paris am 27. Juli<br />
1727, starb er am 21. Februar 1800. Er ruhe in Frieden.<br />
Stein B, ebenfalls von vornherein als hochrechteckige Stand platte konzipiert, trägt auf<br />
einem erhabenen Mittclfeld die dichtgedrängt geschriebene Inschrift. Oben wird der Stein<br />
abgeschlossen durch eine nach vorn und den Seiten profiliert vorkragende Platte. Darunter<br />
rechts und links zwei konsolenartige Doppclsteine, verbunden mit einer Laubgirlande, die<br />
in der Mitte von einem überkreuzten Band umwunden ist. Die Platte hat eine größte Höhe<br />
von 156 cm und eine größte Breite von 102 em und besteht aus Rätsandtein. Die Inschrift<br />
ist tief eingearbeitet und weist wie Inschrift A Zerstörungen durch Einschüsse, Splitter<br />
odcr ähnliches auf. Sie ist in Kapitalis geschrieben und hat wie Inschrift A die Eigenart, das<br />
kapitale I mit einem Punkt zu versehen. Die Buchstabenhöhe, orientiert an N, beträgt 2,5<br />
cm. Für die Wiedergabe der Interpunktion gilt das zu Stein A Gesagte.<br />
28<br />
CI GIT MESSIRE IEROME IOSEPH GEOFFROY BARON/<br />
DE LIMON-HALLWIN CHEVALIER CONSEILLER DU ROIl<br />
DE FRANCE EN TOUSSES CONSEILS ANCIEN INTENDANT/<br />
DES FINANCES DE MONSIEUR FRERE DU ROI ET ANCIEN/<br />
SURINTENDANT DES FINAN[C]ES DE MA[DA]ME SECRETAIREI<br />
DU CABINET DE FEU MESDAMES VICTO[IR)E ET SOPHIEI<br />
DE FRANCE CHEVALI[ER) HONORAIREI<br />
DE L'ORDRE DE ST. I[EANj DE IERUSALEM.I<br />
DANS LES EMBLOIS LES PL[U)S DELI[C]ATS DANS LES CON=I<br />
IONCTU[RE)S LES PLUS DIFFICILE[S S)A CONDUITEI<br />
FUT TOUIOURS SAGE ET IRREPROCHABLE. IL SERVIT I<br />
LA CAUSE DE LA RELIGION ET DE LA MONARCHlEI<br />
PAR SES CONSEILS PAR SES ECRITS ET PARI<br />
D[ESj DEMARCHES IMPORTANTES.I<br />
IUSQU'A SA MORT IL FUT HO[MME) DE LA CONFIANCEI<br />
DE S[O)N ROI. SES TALENS EVEILLERENT L'ENVIE.I<br />
SON CARACTERE INSPIRA L'AMITIE.I<br />
POURSUIVI DANS SON EXIL PAR LA CALOMNIEI<br />
IL FUT A(CC)UEILLI HONORE ET RECOMPENSEI<br />
[PAR) L[ES) SOUVERAINS. SA M[EjMOIREI<br />
SERA [TjOUIOURS [C]HE[R)E AUX BONS FRANCOIS,/<br />
ET A TOUS LES [AjMIS DE L'ORDRE SOCIAL ET DE L'HUMANITEI<br />
DECEDE A BRONSWIC LE 25 AOU[T] 1799 AGE D'ENVIRON/<br />
55 ANS. PRIEZ DIEU POUR LE REPOS DE SON AME/<br />
A LA MEMOIRE DU MEILLEUR DES FRERESI<br />
L'ABBE IEAN BAPTISTE GEOFFROY DE LIMON,I<br />
GRAND VICAIRE DE L'EVECHE DE METZ.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
29
Die Übersetzung lautet:<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Hier ruht Herr Jer6me Joseph Geoffroy Baron von Limon-Hallwin, Ritter, Rat des Königs<br />
von Frankreich in allen Ratsgremien, ehemaliger Finanzverwalter des Herrn Bruders des<br />
Königs und ehemaliger Oberfinanzverwalter der Madame, Kabinettssekretär der verstorbenen<br />
Damen Victoire und Sophie von Frankreich (und) Ehrenritter des St. Johannesordens<br />
von Jerusa\cm. Bei den heikelsten Aufträgen, unter den schwierigsten Umständen<br />
war seine Haltung stets klug und tadellos. Er diente der Sache der Religion und der Monarchie<br />
durch seinen Rat, seine Schriften und durch wichtige Unternehmungen. Bis zu dessen<br />
Tode war er ein Vertrauter seines Königs. Seine Talente erweckten Neid, sein Charakter<br />
flößte Zuneigung ein. Im Exil verfolgt von Verleumdung, wurde er empfangen, geehrt und<br />
entschädigt von gekrönten Häuptern. Sein Gedächtnis wird aUen guten Franzosen und allen<br />
Freunden der gesellschaftlichen Ordnung und der Humanität immer teuer sein.<br />
Verschieden in <strong>Braunschweig</strong> am 25. August 1799 im Alter von fast fünfundfünfzig Jahren.<br />
Bittet Gott für die Ruhe seiner Seele!<br />
Zur Erinnerung an den besten der Brüder (setzte) der Abbc Johann Baptiste Geoffroy de<br />
Limon, Großvikar des Bistums Metz, (diesen Stein).<br />
Wir wollen im folgenden versuchen, die Herkunft und das Leben der bei den französischen<br />
Emigranten darzustellen, freilich mit der erheblichen Einschränkung, daß dafür die schier<br />
unübersehbare Masse möglicher zeitgenössischer Quellen - die franzäsisch- und deutschsprachige<br />
MemoirenJiteratur, die Briefsammlungen, Beril.:hte der Tagesjournale etc. 3)_<br />
ebensowenig systematisch durchgesehen werden konnte wie die vermutlich reichen einschlägigen<br />
Bestände der Archive in Paris und im Falle Limon sein 1902 noch im Geheimen<br />
Staatsarchiv Berlin und im Österreichischen Staatsarchiv in Wien gelagerter Briefwechsel.<br />
Unsere Untersuchung stützt sich zum einen auf einzelne Akten des Niedersächsischen<br />
Staatsarchivs in Wolfenbüttel und des Stadtarchivs Braunschwcig. Glücklicherweise sind<br />
beide Betroffenen bedeutend genug gewesen, um in allen großen französischen biographischen<br />
Lexika von Beginn der nachrevolutionären Ära bis in die Mitte unseres Jahrhunderts<br />
3) Eine Zusammenstellung von Titeln dieser Quellengattungen aus dem französischen Sprachraum<br />
findet sich z. B. hei G. dc Di esbach, Histoire de ('emigration. Paris 1984, S. 605 f. Ergiebig auch<br />
das die gleichzeitigen deutschen Puhlikationen berücksichtigende Quellenverzeichnis bei A. Moser,<br />
Die französische Emigrantenkolonie in Konstanz während der Revolution (1792-1799). Sigmaringen<br />
1975, S. 84 f.<br />
30<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
mehr oder weniger ausführlich vorgestellt zu werden. Die Artikel dieser Lexika 4) - unsere<br />
zweite Hauptquelle - gehen in ihrem Kern auf Berichte von unmittelbaren Zeitgenossen<br />
zurück und reichen diese meist wenig verarbeitet, ja häufig wörtlich weiter auch bis in die<br />
modernen Ausgaben. Die Kurzbiographien vermitteln daher, entsprechend dieser ihrer<br />
Genese, nicht viel mehr als zusammenhanglose biographische Einzeldaten, Anekdoten,<br />
Bonmots und Redezitate zu den betreffenden Personen. Da beide Emigranten indes auch<br />
in modernen deutschsprachigen Darstellungen der Epoche eine wenn auch marginale Erwähnung<br />
gefunden haben, macht deren Kombination mit den genannten Quellen einige<br />
allgemeinere Aussagen zu den beiden Personen, etwa zu ihrer Parteibindung und ihrer<br />
Verwicklung in die politischen Aktionen ihrer Zeit möglich. So läßt sich der Parlamentspräsident<br />
d' Aligre charakterisieren als ein maßgeblicher und höchst einflußreicher Vertreter<br />
des die Revolution zunächst wesentlich mit vorantreibenden ParIamentsadc\s; der<br />
die Parteien wechselnde, umstrittene Publizist Limon-Hallwin war einer der fanatischsten<br />
Köpfe unter den bourbonentreuen französischen Emigranten in Deutschland und ist als<br />
Mitverfasser des unter dem Namen des <strong>Braunschweig</strong>er Herzogs Karl Wilhclm Ferdinand<br />
veröffentlichten Koblenzer Manifestes von 1792 gerade auch für die <strong>Braunschweig</strong>er Landesgeschichte<br />
nicht ohne Bedeutung.<br />
D'Aligrc<br />
Etienne Francois d'Aligre wurde am 27. Juli 1727 5 ) in Paris geboren. Er entstammte einer<br />
sehr angesehenen und begüterten Familie, die ursprünglich in der Gegend um Chartres<br />
beheimatet war. Erster bedeutender Vertreter der Familie war Etienne II. d' Aligre (1559-<br />
1635)6). Dieser begann seinen Aufstieg als wohlhabender Grundbesitzer in einem Verwaltungsamt<br />
seiner Geburtsstadt Chartres, bekam von Heinrich IV. das Amt des Parlamentspräsidenten<br />
der Bretagne übertragen und wurde nach dessen Ermordung von Ludwig XIII.<br />
zum Mitglied des Staatsrates ernannt. 1624 wurde er Siegelbewahrer und Kanzler von<br />
4) Benutzt wurden für d'Aligre: Biographie universelle ancienne et moderne, Bd. 1, 1811 (1); A. de<br />
Be auchamp, Biographie moderne, Bd. 1,21816 (2); J. B. P. Ju II i ende Cource lies, Dictionnaire<br />
universei de la noblesse de France, Bd. 1,1820 (3); F. X. de Feiler, Biographie universelle<br />
ou dictionnaire historique, Bd. 1,1847 (4); P. D. Raingue t, Biographie saintongeaise, 1851 (5);'<br />
C. Brainne, Les hommes i1lustres de I'OrIeanais, Bd. 1, 1852 (6); E.-M. üettinger, Moniteur<br />
des Dates, Bd. 1, 1866 (7); L. C. Dezobry, J. L. T. Bachelet, Dictionnaire general de biographie,<br />
Bd. 1,51869 (8); A. Robert, G. Cougny, Dictionnaire des parIementaires francais, Bd. 1,<br />
1889 (9); La grande encyclopedie, Bd. 2. 1925 (10); Dictionnaire de biographie francaise, Bd. 2,<br />
1936 mit Bibliographie (11); Nouveau dictionnaire des biographies francaises et etrangcres, hg.<br />
von D. Labarre de Raillicourt, Bd. 1,1, 1963 (12). - Für Limon-Hallwin von den oben genannten<br />
NT. 1, Bd. 24,1819; Nr. 2, Bd. 2,1816; NT. 10, Bd. 22, 1925; außerdemJ. C. F. Hoefer,<br />
Nouvelle biographie generale, 1852 (13).<br />
5) Die Angabe 1726 für das Geburtsjahr ist zu korrigieren in (wie Anm. 4) NT. 2, Nr. 4 und NT. 8.<br />
6) Die Lebensdaten und die Zählung der Namensträger nach (wie Anm. 4) Nr. 12, Stammbaum, S.<br />
343. Die übrige Darstellung folgt hier unkritisch den in Anm. 4 genannten biographischen Lexika.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
31
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Frankreich und gehörte damit zum königlichen Kabinett. Auf Betreiben Richelieus, des<br />
seit 1624 leitenden Ministers Ludwigs, fiel er 1626 in Ungnade und zog sich zurück auf seine<br />
Güter in Perche, südwestlich von Chartres. Die Karricre seines Sohnes Etienne III., geboren<br />
1592 in Chartres, ist der seinigen ähnlich, allerdings ohne das bittere Ende. Etienne III.<br />
d'Aligre durchlief mehrere königliche Ämter, war u. a. Intendant, also höchster königlicher<br />
Beamter im Languedoc und in der Normandie, Gesandter in Venedig und unter Ludwig<br />
XIV. 1672 schließlich - wie sein Vater - Siegelbewahrer und 1674 Kanzler von Frankreich.<br />
In diesem Amt starb er 1677. Den Ruhm der Familie mehrten außerdem u. a. zwei<br />
seiner Söhne. Louis, Marquis d'Aligre, geboren 1617, starb als hoher Militär 1653 in italien,<br />
sein Bruder Francois (162G-1712), Abt von St. Jacques de Provins, assistierte seinem<br />
Vater als einflußreicher Berater am Hofe Ludwig XIV. und machte sich später einen Namen<br />
als Reformer seines Klosters und Gründer mehrerer sozialer Einrichtungen. Aus der<br />
übernächsten Generation - und damit sind wir dem Namensträger des Helmstedter Steines<br />
schon sehr nahe - hat wiederum ein d' Aligre Einzug in die einschlägige biographische Literatur<br />
gefunden. Es ist dies Etienne V. Claude (1694-1752), Vater des Emigranten. Erwar<br />
wie sein Sohn Mitglied des Pariser Parlamentes und dessen Zweiter Präsident.<br />
Vater und Sohn gehörten also einer Institution an, die als Sammelstätte des privilegierten<br />
Amtsadels eine nicht unwesentliche Rolle während der der Revolution voraufgehenden<br />
Phase der Schwächung und Demontage des absolutistischen Regierungsprinzips gespielt<br />
hat. Ehe wir uns Etienne VI. Francois d' Aligre, dem Toten des Helmstedter Steines und<br />
Erstem Präsidenten dcs Pariser Parlamentes von 1768 bis Ende 1788, näher zuwenden,<br />
sollten wir uns kurz klarmachen, welche Möglichkeiten die Parlamente besaßen, Widerstand<br />
auszuüben gegen den absolutistischen Allmachtsanspruch des Königs 7). Grundsätzlich<br />
unterscheiden sich die französischen Parlamente jener Zeit erheblich von dem, was wir<br />
heute mit diesem Begriff verbinden. Parlements waren die ohersten Gerichts- und Verwaltungshöfe<br />
der Provinzen und der Hauptstadt Paris. Es gab davon neben dem Parlament<br />
von Paris weitere zwölf, verteilt über die Provinzen in ganz Frankreich. In ihnen hatten sich<br />
letzte Reste ständestaatlicher Strukturen aus der vorabsolutistischen Zeit erhalten. Sie<br />
wurden von den feudalen Amtsinhabern mit Geschick und Zähigkeit verteidigt. Zum Aufgahenfeld<br />
der Parlamente gehörte neben der Rechtsprechung die Registrierung der königlichen<br />
Verordnungen, ohne die diese nicht in Kraft treten konnten. Die Parlamente waren<br />
nicht berechtigt, diese formale Bestätigung der königlichen Gesetzgebungs- und Verwaltungsakte<br />
zu verweigern, aber sie durften dem König Vorhaltungen hinsichtlich des Inhaltds<br />
der zu registrierenden Edikte und Verordnungen machen und ihn veranlassen, sich von<br />
ihnen eine zwangsweise Registrierung an einem außerordentlichen Gerichtstag abnötigen<br />
zu lassen. Ihr daraus resultierender, vergleichsweise großer politischer Spielraum und ihr<br />
schon unter Ludwig XV. mehrfach demonstriertes Selbstbewußtsein beruhten nicht zuletzt<br />
auch darauf, daß der Einfluß des Königs auf ihre Zusammensetzung erheblich eingeschränkt<br />
war. Ein Sitz im Parlament wurde zwar durch Kauf bei der Krone erworben, sein<br />
7) Unsere Darstellung der Parlamente und ihres Anteils am Zusammenbruch der absolutistischen<br />
Ordnung folgt F. Furet und D. Richet, Die Französische Revolution. Deutsche Übersetzung<br />
München 1981, S. 36 ff.<br />
32<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Inhaber konnte dann jedoch durch den König nicht mehr abgesetzt werden, ja das Amt<br />
konnte gegen eine Gebühr an den Staat auch in der Familie weitervererbt werden. Die<br />
Einnahmen aus dem Amt waren gering und setzten ein entsprechendes Vermögen des<br />
Amtsträgers voraus. Trotzdem war das Amt eines Parlamentsrates attraktiv, denn es eröffnete<br />
Beziehungen zu allen Bereichen des öffentlichen Lebens und bot innerhalb des absolutistischen<br />
Systems eine der wenigen Möglichkeiten zu eigenständigen politischen Initiativen.<br />
Die Sympathie, mit der die öffentliche Meinung bereits seit der Mitte des Jahrhunderts die<br />
Aktionen der Parlamente gegen die königliche Zentralgewalt begleitete, galt in den achtziger<br />
Jahren auch dem Widerstand, mit dem die Parlamentsräte allen Vorschlägen der Regierung,<br />
die permanente Finanzkrise des Staates durch eine Steuerreform zu lösen, entgegentraten.<br />
Einig waren sich die Vertreter des Bürgertums und die Kaste des Parlamentsadcls<br />
in der Forderung nach Einberufung der seit 1614 nicht mehr zusammengetretenen Generalstände.<br />
Nur ihnen, nicht dem König und der Regierung - so lautete die gemeinsam vertretene<br />
Parole -, stünde das Steuerbewilligungsrecht zu. Erst als die Diskussion darüber<br />
einsetzte, ob das alte Verfahren der Befragung nach Ständen beibehalten oder zugunsten<br />
des Dritten Standes reformiert werden solle, brach die gemeinsame antiabsolutistische<br />
Koalition der beiden Stände auseinander. Nachdem der König im Juli 1788 eine Einberufung<br />
der Generalstände - allerdings ohne nähere Festlegung des Abstimmungsverfahrens<br />
- zum Mai 1789 bewilligt hatte, beschloß das Parlament von Paris Ende September 1788,<br />
zu fordern, daß die Generalstände nach den Regeln von 1614, also getrennt nach den drei<br />
Ständen Adel, Klerus und Drittem Stand, zu beraten und abzustimmen hätten. Dies entsprach<br />
der Interessenlage der Mitglieder der Parlamente, die bei einem Abstimmungsmodus,<br />
der nicht von vornherein eine Mehrheit der privilegierten Stände Adel und Klerus<br />
garantierte, um den Verlust ihrer Steuerfreiheiten fürchten mußten. Aber der Beschluß<br />
machte schlagartig die tiefe Kluft der Interessengegensätze deutlich - der Haß des Volkdes<br />
richtete sich plötzlich nicht mehr nur gegen das Königshaus, sondern auch gegen das Parlament<br />
und seine Vertreter.<br />
An dieser Stelle scheint es angebracht, daß wir uns wieder Etienne Francois d' Aligre zuwenden<br />
und die Ereignisse bis zu diesem gleichermaßen für den Fortgang der revolutionären<br />
Entwicklung wie für d' Aligre persönlich folgenschweren Parlamentsentscheid aus dem<br />
Blickwinkel seiner Biographie rekapitulieren.<br />
Etienne VI. Francois d'Aligre war als Sohn eines Zweiten Parlamentspräsidenten bereits<br />
1768 im Alter von einundvierzigJ ahren Erster Parlamentspräsident geworden. Die Biographen<br />
sprechen übereinstimmend von dem Erstaunen, das seine Berufung in der Öffentlichkeit<br />
erregt habe, da der Kandidat für ein Amt von solcher Bedeutung als zu jung angesehen<br />
wurde. Umso mehr nehmen sie die Gelegenheit wahr, seine Amtsführung und die Präzision<br />
seiner Urteilsbegründungen zu loben. In der Tat muß man davon ausgehen, daß er über ein<br />
nicht geringes juristisches Wissen verfügte; schon sein Vater wird als "Rechtsgelehrter"<br />
apostrophiert. Im übrigen belassen es die Biographen keineswegs beim pauschalen und<br />
uneingeschränkten Lob seiner Amtsführung und seines privaten Lebenswandels. Sie spiegeln<br />
offensichtlich das Bild wider, das von d'Aligre in Pamphleten und Schmähschriften<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
33
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
der bürgerlichen Intelligenz über Jahre hinweg gezeichnet worden ist. Neben pikanten Details<br />
- so, daß er sich eine Mätresse gehalten hahe, die ein Freudenhaus leitete R) - erscheint<br />
ein Vorwurf in immer neuer Variation: sein Geiz und seine Hahgier 9 ). D'Aligre stammte<br />
nicht nur aus einer wohlhabenden Großgrundbesitzerfamilie, sondern hatte noch als Kind<br />
1738 ein weiteres riesiges Vermögen dazugeerbt 10). Als Parlamentspräsident standen ihm<br />
hohe Beteiligungen an den epices, den von den Prozessierenden ursprünglich freiwillig geleisteten,<br />
inzwischen obligatorischen Zuwendungen an die Richter, zu. Man verzieh ihm<br />
nun keineswegs, daß er im Unterschied zu den meisten seiner Kollegen die Einnahmen aus<br />
dieser Pfründe nicht an kirchliche oder karitative Einrichtungen weitergab, sondern sie<br />
selbst behielt. Darüber hinaus wurde er beschudligt, vom Staat Zinserträge in Form einer<br />
Rente zu kassieren, obwohl er nie die dafür vorgesehene Kapitalsumme eingezahlt hatte.<br />
Es gelang ihm unter Hinweis auf den Tod seines seiner Meinung nach dafür verantwortlichen<br />
Notars und durch gleichzeitige Erstattung aller widerrechtlich bezogenen Einkünfte,<br />
diese Affäre ohne ernsthafte Folgen für seine Position durchzustehen. Was haften blieb,<br />
war der Ruf skrupellosen Geizes, der sich in den Jahren vor 1789 niederschlug in zahlreichen<br />
Anekdoten, wie z. B. daß er noch nicht einmal die Gäste, die er sich einlüde, ausreichend<br />
beköstige.<br />
In seinem Amt als Präsident des Pariser Parlamentes zeigte er wie die Institution seihst, an<br />
deren Spitze er stand, viel Kampfesgeist und Selbst bewußtsein. Es würde zu weit führen,<br />
die Chronik der Konflikte zwischen König und Parlament um verweigerte Registrierungen<br />
königlicher Verordnungen während seiner Amtszeit hier in allen Einzelheiten nachzuzeiehen.<br />
Markante Phasen in diesem Kampf sind der Streik und die anschließende Exilierung<br />
des Pariser Parlamentes 1771-1774 noch unter Ludwig XV. und die Verbannung des Parlamentes<br />
nach Troyes 1787 unter Ludwig XVI. Beide Ereignisse stärkten eher die Stellung<br />
des Ersten Präsidenten. Seine Standfestigkeit und seinen Korpsgeist kennzeichnet eine<br />
Handlung, die von ihm zum Parlamentsexill771 berichtet wird. D' Aligre, kraft Amtes bis<br />
zuletzt um den König bemühter ParlamentssprecherlI), hatte nicht wie die Mehrzahl der<br />
übrigen Parlamentsräte einen Verbannungsbefehl erhalten. Dies veranlaßte ihn, sich sofort<br />
brieflich beim Kanzler von Frankreich üher die "erniedrigende Sonderbehandlung,<br />
die ihn von seinen Kollegen trenne" 12) zu beschweren. Er wurde am nächsten Tag seines<br />
Amtes enthoben und zog sich auf seine Güter zurück. Die nun in der parlamentslosen Zeit<br />
1771-1774 erfolgreich in Gang gesetzte Justiz- und Finanzreform wurde nach dem Tode<br />
Ludwig XV. 1774 ein Opfer der Zugeständnisse, die Ludwig XVI. bzw. seine Minister der<br />
Aristokratie glaubten machen zu müssen. Am 10. November 1774 fand erneut ein Großer<br />
Gerichtstag statt 13), in dessen Verlauf die sich reumütig gebärdenden Parlamentsräte in<br />
8) (Wie Anm. 4), Nr. 11, Sp. 30.<br />
9) Vgl. (wie Anm. 4), Nr. 2, Nr. 9, Nr. 11 passim.<br />
10) (Wie Anm. 4), Nr. 11, Sp. 30. Das folgende ebenda, Sp. 29.<br />
11) Vgl. (wie Anm. 4) Nr. 11, Sp. 30. In der modernen Darstellung der Ereignisse bei O. Bernier,<br />
Ludwig XV. Deutsche Übersetzung Köln 19R6, S. 484 ff. wird d' Aligre namentlich genannt.<br />
12) (Wie Anm. 4), Nr. 11, Sp. 30.<br />
13) Vgl. dessen Schilderung bei B. Fay, Ludwig XVI. Der Sturz der französischen Monarchie. Deutsche<br />
Übersetzung München 1989, S. 139 f.<br />
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Die Angaben der d'Aligrebiographen lassen keinen Zweifel daran, daß d'Aligre zu den<br />
schärfsten Verfechtern dieses kompromißlos ständisch orientierten Kurses gehörte. Ursprünglich<br />
ein entschiedener Befürworter der Einberufung der Generalstände, war er unter<br />
dem Eindruck der Diskussion um das Abstimmungsverfahren von diesem Gedanken<br />
wieder abgerückt, ja bekämpfte ihn aufs schärfste. Berichtet wird von einer dramatisch<br />
verlaufenen Audienz d'Aligres beim König in Gegenwart von Necker l?). D'Aligre verlas<br />
ein vorgefertigtes Memorandum, in dem er anhand einer Analyse der derzeitigen politischen<br />
Situation die Gefahren darstellte, die der Monarchie aus der vorgesehenen Berufung<br />
der Generalstände drohten. Der stets unsichere König und der taktierende Necker würdigten<br />
ihn keiner Antwort, worauf d'Aligre enttäuscht seinen Rücktritt einreichte. Das war<br />
im November 1788. Mit diesem Zeitpunkt scheint sich auch der Meinungsumschwung innerhalb<br />
des Pariser Parlamentes zu verbinden. Am 5. Dezember akzeptierte es-jetzt unter<br />
einem neuen Präsidenten - die Verdoppelung des Dritten Standes und die Abstimmung<br />
nach Köpfen 18), freilich zu spät. Die Gunst des Volkes hatte es gegen Haß eingetauscht,<br />
die Meinungsführerschaft an die politisch immer selbstbewußter auftretenden Vertreter<br />
des Dritten Standes abgegeben.<br />
D' Aligre zog sich ins Privatleben zurück und reflektierte in der folgenden Zeit über die<br />
Ursachen des Hasses auf die Parlamente 19). Er machte vor allem zwei Gruppierungen aus,<br />
deren Opfer die Parlamente geworden seien: die Jesuiten - hier bestand eine alte Animosität;<br />
so hatten die Parlamente 1764 die Vertreibung des Ordens aus Frankreich veranlaßt 20)<br />
- und die "selbsternannten Philosophen" - in der Tat gehörten die Vertreter der Aufklärung<br />
wie z. B. Volta ire zweifellos zu den klarsichtigsten und scharfzüngigsten Kritikern der<br />
Parlamente 21 ). Für die eigentlichen Gründe des Scheiterns seiner Standespolitik und für<br />
die Notwendigkeit von gesellschaftlichen Reformen war ihm der Blick verstellt, nicht allein<br />
durch Geburt und Erziehung; Beispiele für zum Dritten Stand konvertierte Aristokraten<br />
bietet die Revolutionsgeschichte genug; vielmehr dürfte seine nach der Darstellung der<br />
Biographen als pathologisch einzustufende Leidenschaft für Geld und Besitz ihm ein freies<br />
Urteil in dieser Frage nicht erlaubt haben.<br />
Beim Ausbruch der gewalttätigen Phase der Revolution war er einer der ersten, die emigrierten<br />
22 ). Vorangegangen waren seine Verhaftung kurz nach dem Sturm auf die Bastille<br />
am 14. Juli 1789 und eine geglückte Flucht. Anlaß für die Verhaftung war bezeichnenderweise<br />
der Vorwurf, er habe Lebensmittel gehamstert 23 ). Ein Zufall entzog ihn dem schon<br />
sicheren Scharfrichter. Einer seiner ehemaligen Bediensteten, zu der Zeit tätig in der Stadtverwaltung,<br />
ließ ihn entkommen. Im übrigen hatte er vorgesorgt und mehrere Millionen<br />
Livres auf eine Londoner Bank transferiert. Dazu kamen Anleihen auf seine Immobifien,<br />
17) (Wie Anm. 4), Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Nr. 6, Nr. 9, Nr. 11, Sp. 31.<br />
1M) Soboul (wie Anm. 14), S. 97.<br />
19) (Wie Anm. 4), Nr. 11, Sp. 32.<br />
20) Dazu Bernier(wieAnm.11),S.444ff.<br />
21) Dazu Furet/Richet (wie Anm. 7), S. 59.<br />
22) (Wie Anm. 4), Nr. 2, Nr. 6.<br />
23) (Wie Anm. 4), Nr. 11, Sp. 32.<br />
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die ihm nun den Weg in die Emigration erleichterten. Mit seiner Familie zog er mehrere<br />
Jahre durch Europa, nahm Aufenthalt in Brüsscl, London, Hamburg und schließlich<br />
<strong>Braunschweig</strong> 24 ). In London tat er sich als außerordentlich erfolgreicher Börsenspekulant<br />
hervor. Sein Vermögen erlaubte es ihm, große Summen an andere Emigranten als Darlehen<br />
auszugeben 25). Seit dem Februar 1795 hielt sich d' Aligre in der Stadt <strong>Braunschweig</strong><br />
auf. Das erklärt er in einem von ihm selbst unterschriebenen Antrag an Bürgermeister und<br />
Rat der Stadt <strong>Braunschweig</strong> um Bestätigung seines Emigrantenstatus und seines Wohnsitzes<br />
in <strong>Braunschweig</strong> vom 18. Mai 1797 26 ). Logisgeberin ist von Anfang an bis zu diesem<br />
Zeitpunkt die Witwe To der Horst. Bei sich hatte er in seiner Wohnung in der Breiten<br />
Straße seine Frau und immerhin sechs Diener 27 ). Zwischen Mai und Dezember 1797 muß<br />
er umgezogen sein, denn ein namentliches Verzeichnis der in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> im<br />
Dezember 1797 befindlichen Emigranten führt ihn, seine Frau und nun nur noch drei<br />
männliche Bedienstete auf als wohnhaft bei der Witwe Katenkamp im Distrikt Hohe Thor,<br />
Assec. Nr. 11 28 ). Im gleichen Logis hatten noch zwei weitere französische Emigranten Aufnahme<br />
gefunden, die nicht zum Haushalt d' Aligre gehörten. Das Quartierscheint demnach<br />
nicht das komfortabelste gewesen zu sein, wie ja auch der Rückgang der Dienerzahl auf<br />
gewisse Einschränkungen hindeutet. Freilich wird auch fürseinen Braullschweiger Aufenthalt<br />
berichtet, daß es ihm möglich war, sich an der Finanzierung der Reisckosten mittelloser<br />
Landsleute zu beteiligen 29). Belegt ist ferner d' Aligres Todesdatum und Beisetzungstag<br />
und -ort im Kirchenbuch der katholischen St. Nikolaikirche in <strong>Braunschweig</strong>. Danach<br />
wurde er, der am 21. Februar 1800 30 ) im 73. Lebensjahr gestorben ist, am 24. Februar in<br />
einer Kapelle auf dem Friedhof der St. Nikolaikirche beigesetzt 31 ).<br />
Bevor wir uns mit der Frage befassen, auf welche Weise denn nun sein Leichenstein den<br />
Ortswechsel vom <strong>Braunschweig</strong>er Nikolaifriedhof an ein Profanhaus in Helmstedt vollzog,<br />
noch ein paar Bemerkungen zu den Verhältnissen, die d'Aligre im Fürstentum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttcl<br />
als Emigrant vorfand und die ihn möglicherweise bewogen haben,<br />
hier seinen längsten Aufenthalt, immerhin fünf Jahre seiner knapp elf jährigen Wanderschaft,<br />
zu nehmen, und ein Blick auf das weitere Schicksal seines Geschlechtes.<br />
24) Sein Tod in <strong>Braunschweig</strong> ist bei allen Biographen unumstritten. Brüssel als Station wird in (wie<br />
Anm. 4) Nr. 8, Nr. 10 und Nr. 11 genannt, EnglandlLondon in Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4 und Nr. 11.<br />
Hamburg in Nr. 2.<br />
25) (Wie Anm. 4), Nr. 2.<br />
26) Stadtarchiv <strong>Braunschweig</strong> CVII ES, BI. 16.<br />
27) Nach einer undatierten Emigrantenliste des Stadtarchivs <strong>Braunschweig</strong>, (wie Anm. 26), BI. 13.<br />
28) Nieders. Staatsarchiv (künftig NStA) Wolfenbüttell Alt 22, 1902, BI. 77/78.<br />
29) In den - mir nicht zugänglichen - Souvenirs der Comtesse de Changy, S. 94/96, zitiert bei Diesbach,<br />
(wie Anm. 3), S. 320.<br />
J(1) Das falsche Todesjahr 1798 bei allen französischen Biographen, die sich dazu äußern (wie Anm.<br />
4: Nr. 1, Nr. 2, Nr. 4, Nr. 6, Nr. 7, Nr. 8, Nr. 9, Nr. 10, Nr. 11, Sp. 29, Nr. 12), ist entsprechend zu<br />
korrigieren.<br />
31) NStA Wolfenbüttel8 Kb 6, S. 10. Freundliche Auskunft von Herrn Ud. Archivdirektor Dr. G.<br />
Schee I an Herrn Stadtarchivar H.-E. Müller, Helmstedt, vom 19. 4. 89. Dafür sei ebenso wie<br />
für den Hinweis auf die in den Anmerkungen 56, 59, 84 und 85 zitierten Archivalien an dieser<br />
Stelle herzlich gedankt.<br />
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Es war in besonderem Maße das kleine Fürstentum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel ein bevorzugter<br />
Zufluchtsort der sich seit dcr Hinrichtung Ludwig XVI. vermehrt über die europäischen<br />
Territorien ausbreitenden Emigrantenströme 32 ). Die Gründe hierfür liegen nicht<br />
zuletzt in dt:r Pt:rson des regit:renden Braunschwcigt:r Ht:rzogs. Karl Wilhelm Ferdinand<br />
(1735-1806)33), preußischer Feldherr und Führer der preußischen und österreichischen<br />
Truppen im 1. Koalitionskrieg gegen die französischen Revolutionsheere 1792-94, hatte<br />
sein kleines Land, geleitet von christlich-humanitärer Gesinnung und einer gewissen Standessolidarität,<br />
dem auf der Flucht umherirrenden Adel des einstigen Gegnerlandes geöffnet.<br />
Sein prominentester Gast war zeitweilig Ludwig XVIII., Bruder des hingerichteten<br />
Königs Ludwig XVI., der seit 1795 den Königstitcl führte. Ihm hatte Kar! Wilhelm Ferdinand<br />
im Fürstentum Blankenburg eine geschützte Bleibe zugewiesen. Von Juli 1796 bis<br />
Februar 1798 lebte der landlose Monarch in dem gleichnamigen Harzstädtchen, aus Furcht<br />
vor Attentaten unter dem Namen eines Grafen von Lilie. Er wurde begleitet von einem<br />
größeren, hofstaatähnlichen Gefolge, das sich über die gesamte Stadt Blankenburg verteilte.<br />
Die Versuchung drängt sich auf, die große Anzahl der auch in Wolfenbüttel und<br />
<strong>Braunschweig</strong> belegten Emigranten in Zusammenhang zu sehen mit der Anwesenheit Ludwigs<br />
XVIII. in Blankenburg. Es dürfte aber auch eine umgekehrte Kausalität bestanden<br />
haben. So kam Ludwig XVIII. nur durch die Vermittlung eines seit langem mit dem Herzog<br />
bekannten hohen französischen Adeligen, des Marquis de Castries, in den Genuß der Gastfreundschaft<br />
Karl Wilhclm Ferdinands. Cast ries hatte für sich und seine Familie bereits<br />
Asyl in Wolfenbüttcl erhalten und erreichte eben dies auch für den König 34 ). Die Annahme,<br />
daß auch d'Aligre dem weiteren Gefolge des Königs zuzurechnen sei, erscheint<br />
daher nicht unbedingt zwingend. Sie verbietet sich indes geradezu, vergleicht man die von<br />
32) Zur Verteilung der Emigranten über die deutschen Kleinstaaten allgemein vgl. neben de Diesbach<br />
(wie Anm. 3), S. 299-376, Irmgard A. Härtig, Französische Emigranten in Deutschland<br />
zur Zeit der Revolution und Napoleons. In: Deutsche Emigranten in Frankreich - Französische<br />
Emigranten in Deutschland 1685-1945. Ausstellungskatalog, Paris 21984, S. 46 ff.; eine grundlegende<br />
Allgemeinuntersuchung des Emigrantenwesens im Fürstentum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel,<br />
vergleichbar der Arbeit von A. Moser über die Konstanzer Emigrantenkolonie (wie Anm. 3)<br />
existiert nicht. Reiches Material dazu gesammelt in: Emigranten der Französischen Revolution im<br />
Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>. Sonderausstellung des Nieders. Staatsarchivs Wolfenbüttel, Wolfenbüttel<br />
1989 (als Typoskript vervielfältigt). Vgl. auch Die Französische Revolution und Niedersachsen<br />
1789-1803. Katalog und Textband, hg. von R. Oberschelp, Veröffentlichungen der<br />
Nieders. Landesbibliothek Hannover, Nr. 9 und 10, Hildesheim 1989. Eine ältere Darstellung der<br />
<strong>Braunschweig</strong>er Verhältnisse bei S. Stern, Kar! Wilhe1m Ferdinand, Herzog zu <strong>Braunschweig</strong><br />
und Lüneburg, Hildesheim und Leipzig 1921, S. 246 ff. und aus französischer Sicht bei de Diesbach,<br />
(wie Anm. 3), S. 318 ff. Vgl. auch P. Sander, Französische Emigranten in Deutschland.<br />
Untersuchungen über die politische Tätigkeit und das tägliche Leben der Emigranten im Rheinland<br />
und im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel, (Diss.) 1939, und die breit angelegte biographische<br />
Studie von R. R. Beer, Der Marquis de Castries. Gegner und Gastfreund Kar! Wilhelm<br />
Ferdinands, Herzogs zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg. In: <strong>Braunschweig</strong>. Jahrbuch 56,1975, S.<br />
121-170.<br />
33) Zu ihm neben der in Anm. 32 genannten Literatur J. König, Karl Wilhelm Ferdinand von <strong>Braunschweig</strong>.<br />
In: NDB 11, 1977, S. 224f.<br />
34) Beer (wie Anm. 32), S. 160 f.<br />
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Konsequenzen nur um gut ein Vierteljahr überlebt. Vielleicht haben die damaligen Kommunikationswege<br />
ihm noch erlaubt, zu erkennen, daß die Remigration seines Sohnes erfolgreich<br />
verlaufen war. Wie auch immer, seine persönlicheTragik liegt darin, daß er in der<br />
Depression eines Exils verstarb, dessen mögliches Ende sich gerade abzuzeichnen begann.<br />
Freilich gäbe es dann nicht diesen Stein und das noch zu klärende Geheimnis seiner Wanderschaft.<br />
Sein ursprünglicher Standort, der Friedhof der katholischen Kirche St. Nikolai<br />
in Braunsehweig, ist heute bebautes Gelände am Magnitorwall. Die im Kriege fast zerstörte<br />
barocke Kirche wurde ehenso wie der sie umgebende Friedhof samt der auf ihm<br />
befindlichen Kapelle mit dem Grab d'Aligres nach dem Kriege weggeräumt, um Neubauten<br />
profaner Zweckhestimmung Platz zu machen SO), eine aus heutiger Sicht beklagenswerte<br />
Zerstörung eines kulturgeschichtlich hochinteressanten Ortes, denn dieser einzige<br />
historische katholische Friedhof in <strong>Braunschweig</strong> dürfte etliche weitere Emigrantengrabmäler<br />
aufzuweisen gehabt haben. In der Kirche war z. B. der schon genannte Marquis de<br />
Castries beigesetzt und von Karl Wilhelm Ferdinand durch ein stattliches Epitaph geehrt<br />
worden 51). Den entscheidenden Hinweis auf den Transporteur des d'Aligresteins und auch<br />
des zweiten, noch zu besprechenden Grabdenkmals gab Frau I1se Moshagen, Helmstedt.<br />
Sie entsann sich, daß sie die beiden Platten am Haus Magdeburger Tor 3 in Helmstedt<br />
früher gar nicht wahrgenommen habe, daß aber nach dem Krieg die Steinmetz- und Grabmalfirma<br />
Billen - heute Naturstein Billen KG Wolfshurg/Die Grabmalberatung - das Haus<br />
gekauft, hergerichtet und möglicherweise mit den bei den Platten geschmückt haben<br />
könnte. Auf Anfrage bestätigte die genannte Firma in der Tat: "Während der Renovierungsarbeiten<br />
am Zollhaus (Magedeburger Tor 3) zum Ausbau einer Grabmalberatung<br />
wurden von uns die genannten Grabplatten dort angebracht", denn, so die Begründung<br />
der Firma, ihnen sei sehr am Erhalt schöner alter Steinmetzarbeiten gelcgen 52 ). Da sich die<br />
damals Verantwortlichen im übrigen jedoch an keinerlei Einzelheiten mehrerinnern, kann<br />
die Firma darüber hinaus keine Angaben zur Herkunft der Platten machen, hält aber deren<br />
<strong>Braunschweig</strong>er Provenienz "nach Abräumungsarbeiten in Braunsehweig" für "gut möglich".<br />
Es muß im nachhinein als glücklicher Zufall gewertet werden, daß - aus wekhen<br />
Motiven und unter welchen Umständen auch immer - wenigstens diese beiden Zeugnisse<br />
französischer Emigrantenschicksale den Beseitigungsarbeiten der Nachkriegszeit entzogen<br />
worden sind.<br />
50) Vgl. 1. M ert ens, Die neuere Geschichte der Stadt <strong>Braunschweig</strong> in Karten, Plänen und Ansichten,<br />
hg. von der Stadt <strong>Braunschweig</strong>, Vermessungsamt, <strong>Braunschweig</strong> 1981, Blatt 65/1 Schadenskarte<br />
der Stadt <strong>Braunschweig</strong> 1945 mit Blatt 68 Karte der <strong>Braunschweig</strong>er Innenstadt 1979.<br />
51) Beer (wie Anm. 32), S. 164, Anm. 90.<br />
52) Schreiben der Firma Naturstein Billen KG Wolfsburg an die Verfasserin vom 19. 6. 1990. Ebenda<br />
auch das folgende.<br />
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Limon-lIallwin<br />
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Die Familie d'Aligre hat sich für die Grabinschrift ihres fern der Heimat verstorbenen<br />
Oberhauptes der lateinischen Sprache bedient und sich dabei in lapidarer Kürze an das<br />
überlieferte Formular für Grabinschriften gehalten. Mitgeteilt werden nicht mehr als<br />
Stand, Ämter und Würden des Toten, Geburtstag und -ort, Sterbedatum und Inschriftensubskribent.<br />
Anders der Text, den der Abbe Jean Baptiste Geoffroy de Limon seinem<br />
Bruder setzen ließ. Obwohl selbst geistlichen Standes, verzichtet er auf das konservativere<br />
Latein, das für diesen Zweck im <strong>Braunschweig</strong>er Umfeld, nicht nurim katholischen, durchaus<br />
noch gebräuchlich war und sozusagen international verstanden worden wäre. Seine<br />
Wahl ist die Nationalsprache, seine Angaben zur Person des Toten sprengen das übliche<br />
Schema, wie es uns in der d'Aligreinschrift entgegengetreten ist, und geraten zu einer wortreichen<br />
Eloge über den Bruder mit auffällig apologetischer Tendenz. In der Tat ist die<br />
Inschrift einem ungewöhnlichen, schon von den Zeitgenossen mit merkwürdigen Gerüchten<br />
belasteten Lebenslauf gewidmet und durch ihre Angaben nicht weniger interessant als<br />
durch das, was sie verschweigt. Wer war dieser Jcröme Joseph Geoffroy Marquis de Limon-Hallwin?<br />
Worauf spielt die Inschrift an, wenn sie von heiklen Aufträgen im Dienste<br />
der Monarchie spricht, von Empfang und Ehrung durch gekrönte Häupter im Exil? Was<br />
verbirgt sich andererseits hinter den Andeutungen, er habe unter Neid zu leiden gehabt<br />
und sei im Exil von Verleumdungen verfolgt worden?<br />
Die folgende Lebensskizze heruht auf den eingangs genannten und schon zu d' Aligre herangezogenen<br />
Quellen 53). Der umfangreiche Briefwechsel Limons, der 1902 noch im Geheimen<br />
Staatsarchiv Berlin und im Österreichischen Staatsarchiv in Wien vorhanden gewesen<br />
ist, konnte nicht eingesehen werden; dafür wurde dessen von K. Th. von Heigcl vorgenommene<br />
Auswertung 54 ) herangezogen.<br />
Limons Geburtsdatum wird nur von einem seiner Biographen angegeben mit "um<br />
1760"55): die anderen schweigen sich dazu aus. Hierzu weist die Inschrift ebenso wie der<br />
Sterbeeintrag in das Kirchenbuch von St. Nikolai, <strong>Braunschweig</strong>, anno aetatis 55t0 56 ) auf<br />
das Jahr 1744 oder 1745. Über seinen Geburtsort, seine Familie, deren Herkunft und wirtschaftliche<br />
Verhältnisse ließ sich nichts ermitteln. Nach eigenen Angaben hatte Limon zu<br />
Beginn der neunziger Jahre Besitzungen bzw. Ansprüche auf Güter in der Normandie und<br />
im bis dahin österreichischen Flandern zwischen Menen und Coutrai 57 ). Nach den Angaben<br />
der Inschrift hat er u. a. als Kabinettssekreträr im Dienste der Prinzessinnen Sophie<br />
und Victoire von Frankreich, zweier Schwestern Ludwigs XV., gestanden. Da Sophie von<br />
53) Vgl. oben Anm. 4.<br />
Sol) Ders., Das Manifest des Herzogs von <strong>Braunschweig</strong> vom 25. Juli 1792. In: Neue geschichtliche<br />
Essays, München 1902, S. 138-1&4.<br />
55) (Wie Anm. 4), Nr. 10, Bd. 22. S. 262.<br />
56) NStA Wolfenbüttel8 Kb 6, S. 7. Vgl. zu Anm. 31.<br />
57) Heigel (wie Anm. 54), S. 163 und 164.<br />
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Limon in einer öffentlichen Erklärung vom 6. Dezember 1790 69 ). Sie blieb indes auch während<br />
seiner Emigrationszeit Gegenstand von Gerüchten und zwang ihm Rechtfertigungserklärungen<br />
ab 70).<br />
Widersacher, die als mögliche Quelle für solcherart Verleumdungen infrage kamen, hatte<br />
sich Limon freilich genug geschaffen durch seinen Parteienwechsel, seinen Übertritt zur<br />
"guten Sache", wie er es selbst nannte. Wann genau und aus weIchen Motiven er seine<br />
Wende vollzogen hat, läßt sich nicht feststellen. Er hat indes den Herzog von Orleans - so<br />
scheint es-in seiner radikalen Phase, also etwa nach dessen Anschluß an den Dritten Stand<br />
im Juni 1789, nicht mehr politisch begleitet. I\'ach eigenen Aussagen ist er am 28. Juli in das<br />
damals noch österreichische Flandern geflohen. Des weiteren berichtet er in einer Retrospektive<br />
auf diese Jahre, daß er von Januar 1790 bis zum Sommer 1791 noch einmal in<br />
Frankreich, hauptsächlich in Paris, gewohnt habe. Danach sei er zum zweiten MaIc in die<br />
Niederlande ausgewandt:rt. Zurückgt:zogen auf seinem Landgut dort kbend, hahe ihn<br />
dann eine Einladung von österreichischer Seite erreicht, nach Frankfurt zu kommen, um<br />
an der Abfassung eines politischen Manifests der Koalitionsrnächte Preußen und Österreich,<br />
gerichtet an die Adresse des revolutionären Frankreichs, mitzuarbeiten.<br />
Wir lassen diese von Heigcl im Zusammenhang mit der Vorgeschichte des Koblenzer Manifestes<br />
wiedergegebene 71) Darstellung Limons mangels anderer Quellen dahingestellt<br />
sein und werfen zum besseren Verständnis des historischen Zusammenhangs und der Rolle<br />
Limons, der hier für einen Moment auf die Bühne des politischen Weltgeschehens trat,<br />
kurz einen Blick auf die Ereignisse des Sommers 1792 72 ). Die erste Erstürmung der Tuilerien<br />
am 20. Juni durch das Volk hatte der politischen Welt in Europa in aller Deutlichkeit<br />
klargemacht, daß nun auch akute Gefahr für das I .eben des französischen Monarehenpaares<br />
bestand. Im Anschluß an die Krönung von Franz II. am 14. Juli 1792 zum Deutschen<br />
Kaiser in Frankfurt trafen sich am 17. Juli in Mainz die beiden zum Krieg gegen Frankreich<br />
entschlossenen Monarchen, das neue Reiehsoberhaupt Franz II. und Friedrich Wilhelm II.<br />
von Preußen, um über die weiteren politischen und militärischen Operationen zu beraten.<br />
Der Gedanke, den Feldzug auf Paris zu verbinden mit einem Aufruf, der die revolutionären<br />
Elemente des Volkes von den friedlichen Bürgern abspalten und durch Drohungen<br />
einschüchtern sollte, hatte bereits das französische Königspaar beschäftigt 73) und beherrschte<br />
nun die Diskussion unter den beteiligten Monarchen und Diplomaten. Als Vorlage<br />
kursierten zwei Entwürfe, ein etwas gemäßigter, verfaßt von dem Genfer Publizisten<br />
69) Vgl. den die Affäre Dubois begleitende Schriftwechsel in Calalogue general (wie Anm. 64) und in<br />
The British Library General Catalogue of Printed Books to 1975, Bd. 192, S. 332 und Bd. 225, S.<br />
325. Die dort genannten Titel waren mir nicht zugänglich.<br />
70) Ein Beispiel bei Heigel (wie Anm. 54), S. 164 f. Das folgende Zitat ebenda.<br />
71) Heigel (wie Anm. 54), S. 163 f.<br />
72) Zum folgenden vgl. Heigel (wie Anm. 54), S.147 ff. und M. Brauchbach, Von der Französischen<br />
Revolution bis zum Wiener Kongreß. In: Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte,<br />
Bd. 14 der Taschenbuchausgabe, 21976, S. 23 ff.<br />
73) Hcigel (wie Anm. 54), S. 147 ff.<br />
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Zurück zu Limon. Seine persönliche Lage scheint nach den Mißerfolgen der von ihm vertretenen<br />
radikalen Politik gegen das revolutionäre Frankreich immer schwieriger geworden<br />
zu sein. Als er zusammen mit seinem jüngeren Bruder, dem aus der Inschrift bekannten<br />
Abbe Jean Baptiste Limon, im Herbst 1792 auf der Flucht vor den Truppen des um<br />
diese Zeit noch für Frankreich kämpfenden Generals Dumuriez von Brüssel nach Wien<br />
umsiedelte, erhielten die Gebrüder Limon nach einem halben Jahr Aufenthalt in Wien im<br />
Februar 1793 den Ausweisungsbefehl. Die eigentliche Ursache hierfür war möglicherweise<br />
die rege agitatorische Tätigkeit Limons in der Wiener Öffentlichkeit1 8 ). Den äußeren Anlaß<br />
gab ein dem Kaiser hinterbrachtes Gerücht, Limon plane ein Attentat auf ihn 79). Bezeichnenderweise<br />
vermutete Limon die Quelle der Verleumdung - ihr Inhalt war ihm übrigens<br />
nicht mitgeteilt worden - im Umfeld des um diese Zeit noch politisch aktiven Herzogs<br />
von Orleans. Dort räche man sich jetzt für seinen Frontwechsel. Eben aus dieser Ecke, so<br />
Limon in einem Brief an den Kaiser vom 12. Februar 1793, stamme die nun dem Kaiser<br />
möglicherweise zu Ohren gekommene, falsche Behauptung, er, Limon, habe jemals in<br />
seinem Leben etwas mit dem Abbe Dubois zu tun gehabt. Trotz der Fürsprache des österreichischen<br />
Ministers Cobenzl, der Limon aus der gemeinsamen Arbeit am Koblenzer Manifest<br />
kannte, gelang es Limon nicht, den Kaiser zur Rücknahme der Ausweisung zu bewegen.<br />
Wohin Limon von Wien aus weiterzog, ist nicht bekannt, möglicherweise direkt nach<br />
<strong>Braunschweig</strong>, von wo aus er im Oktober 1796 einen Brief abgeschickt hat 80). In einer<br />
undatierten Liste der sich in <strong>Braunschweig</strong> aufhaltenden Emigranten französischer Nationalität<br />
findet er sich eingetragen als Baron de Limon d'Hallwin, zusammen mit seinem<br />
Bruder, le Grand-Vicaire dans le Diocese de Metz und einem Bediensteten 81). Ohne Adelsprädikat<br />
und Titel verzeichnet ihn und seinen Bruder die schon zitierte Emigrantenliste<br />
vom Dezember 1797 82 ). Die Gebrüder Limon, zwei erwachsenen ledige Personen, wohnen<br />
danach - nun offenbar ohne Diener - bei dem Commissionsrat Lastonz, Assec. -Nr. 452, im<br />
Distrikt Wilhelmitor. Ebendort ist Limon bis zu seinem Tod am 25. August 1799 wohnen<br />
geblieben 8J ). Nach dem Eintrag im Kirchenbuch von St. Nicolai verstarb er morgens um<br />
elf Uhr an einem bösartigen Fieher 84 ). Einziger Erbe wurde sein Bruder 85 ).<br />
Die nach Limons Tode noch vorhandenen Mittel haben zwar ausgereicht, um den Verstorbenen<br />
mit dem stattlichen Grabstein zu ehren. Folgt man indes den Klagen Limons selbst,<br />
78) S. unten S. 48.<br />
79) Vgl. die Darstellung des Vorgangs bei Heigel (wie Anm. 54), S. 161 ff.<br />
80) Zitiert hei Heigel (wie Anm. 54), S. 167.<br />
81) NStA Wolfcnbüttell Alt 22,1902, BI. 88, Nr. 36.<br />
82) (Wie Anm. 81), BI. 78.<br />
83) Vgl. unten Anm. 85.<br />
84) NStA Wolfenbüttel8 Kb 6, S. 7. Vgl. zu Anm. 31.<br />
85) NStA Wolfenbüttcl16 Alt R IV S. 20775 Reskript an den Stadtmagistrat in <strong>Braunschweig</strong>: Da der<br />
Abbe de Limon er seiner Versicherung nach der einzige Erbe seines heute morgen in dem Hause des<br />
Corno Raths Lastanz hieselbst verstorbenen Bruders sey, so würde es der Versiegelung des Nachlasses<br />
des Verstorbenen nicht bedürfen. Vgl. zu Anm. 31.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
47
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
so scheint er schon in Wien mit finanziellen Problemen zu kämpfen gehabt zu haben. Seit<br />
der Besetzung der österreichischen Niederlande durch die französische Revolutionsarmee<br />
war das Familienvermögen nicht verfügbar. Limon versuchte ab 1793 hartnäckig, unter<br />
Hinweis auf seine Mitarbeit am Kob1enzer Manifest bei den politischen Auftraggebern,<br />
dem Kaiser und dem preußischen König, im nachhinein eine Entschädigung für seine Reise<br />
kosten und übrigen Aufwendungen zu erhalten 86). Der Wiener Hof ließ ihm - nach Angabe<br />
von Limon - zweihundert Friedrichsdor, offenbar zur Erleichterung der Ausreise,<br />
zukommen. Der diesbezügliche Schriftwechsel mit dem preußischen Hof zog sich von Oktober<br />
1796 bis Februar 1798 - jetzt von <strong>Braunschweig</strong> aus - hin und endete für Limon mit<br />
einer Abweisung und der Erklärung der preußischen Minister Haugwitz und Alvensleben,<br />
weitere Briefe dieses "lästigen Querulanten" in Zukunft ungeöffnet zurückzuschicken 87).<br />
Es bestätigt erneut die Toleranz und menschliche Großzügigkeit des <strong>Braunschweig</strong>er Herzogs<br />
Karl Wilhelm Ferdinand, daß ausgerechnet er, dessen hohes persönliches Ansehen<br />
aufgrund der Verbindung mit den Aktivitäten Limons in der öffentlichen Meinung Europas<br />
gelitten hatte, auf seinem Territorium diesen vom Kaiser ausgewiesenen, von den Preußen<br />
als "lästig" empfundenen Menschen duldete. Limon verlor seine Aufenthaltserlaubnis<br />
in <strong>Braunschweig</strong> auch nicht, als nach dem Frieden von Campo Formio Ludwig XVIII. und<br />
sein Gefolge aus Blankenburg nach Mitau umziehen mußten. Daraus und aus dem Umstand,<br />
daß Limon sich auch vorher nicht in Blankenburg beim König aufgehalten hatte,<br />
darf man übrigens schließen, daß er das in der Inschrift genannte Amt eines Finanzverwalters<br />
des Kronprätendenten und seiner Gemahlin um diese Zeit nicht mehr ausübte.<br />
Während seiner <strong>Braunschweig</strong>er Jahre scheint er sich - ob aus Geldmangel oder auf Weisung<br />
des Herzogs-jedweder Publikationstätigkeit enthalten zu haben. Seine letzte größere<br />
politische Agitationsschrift veröffentlichte er im Frühjahr 1793. Es ist dies eine Art Biographie<br />
Ludwigs XVI. unter dem Titel "La vie et le martyre de Louis Seize, roi de Franee ... ",<br />
die Limon nach dem Vorwort zwischen dem 19. und 24. Februar, also kurz nach der Hinrichtung<br />
des französischen Königs am 21. Januar 1793, in Wien in mehreren gut besuchten<br />
Versammlungen als Vortrag gehalten und auf Drängen der Zuhörer veröffentlicht hatte.<br />
Die Schrift weist ihn als glühenden Verehrer Ludwigs XVI. aus und hatte eine außerordentliche<br />
Verbreitung in ganz Europa. Limon nennt in der Brüsscler Ausgabe vom Juli 1793 88 )<br />
dreißig verschiedene Drucke in zahlreichen Städten Europas, beklagt aber ihr Nichterscheinen<br />
in Frankreich. Belegen lassen sich heute noch französische Ausgaben in London,<br />
Brüssel, Maastricht und Regensburg (alle 1793), Übersetzungen ins Italienische (Rom,<br />
Tricst und Mailand 1793), ins Deutsche (Stuttgart 1793) und ins Russische (Moskau 1793).<br />
In Spanien wurde die Schrift im Februar 1794 verboten 89 ). Absicht des Autors war es nach<br />
1lO) Heigel(wieAnm. 54), S. 165ff.<br />
87) Heigel(wieAnm. 54), S. 174.<br />
88) Benutzt wurde das Exemplar der Nieders. Landesbibliothek Hannover, Sign. Gf-A 883.<br />
89) Vgl. The British Library General Catalogue (wie Anm. 69), Bd. 192, S. 332. Ebenda aueh die<br />
Belege für die obige Zusammenstellung und in: Catalogue general (wie Anm. 64) und in: Thc<br />
National Union Catalog Pre-1956 Imprints, Bd. 333,1974, S. 481.<br />
48<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
eigenem Bekunden, das französische Volk zu Buße und Umkehr zu bewegen und dem<br />
noch lebenden Sohn Ludwigs XVI., dem von seinem Onkel, dem späteren Ludwig XVIII.,<br />
als Ludwig XVII. zum König ausgerufenen Prinzen Louis CharIes (1785-1795) den Weg<br />
zum Thron zu ebnen. Limon, der in früheren Zeiten die Kosten für seine Öffentlichkeitsarbeit<br />
wohl selbst aufgebracht hat, hat möglicherweise auch bei dieser Schrift eigene Mittel<br />
verwandt. JedenfalIs gibt die große Zahl der Druckorte und Übersetzungen keine Auskunft<br />
über die tatsächliche Resonanz der Schrift. Sie hatte außerhalb der Emigrantenzirkel<br />
keine Wirkung und erreichte, soweit feststellbar, nirgendwo eine zweite Auflage.<br />
Erst lange nach Limons Tode, nach der Wiedergewinnung des Thrones durch den Bourbonen<br />
Ludwig XVIII., regte sich noch einmal Interesse an den politischen Gedankcn Limons.<br />
1814 erschien in Paris sein "Essai sur I'ancienne constitution monarchique de la Franec" 90).<br />
Im gleichen Jahr veröffentlichte der SchriftstelIer und politische Journalist Jean Baptiste<br />
Joseph Breton de la Martinicre (1777-1852) in Paris Fragmente aus dem Nachlaß Limons<br />
zusammen mit einer eigenen Schrift unter dem Titel "Le Retour dcs Bourbons, ou Coup<br />
d'oeil sur les eauses qui rendent le retablissement de nos princes legitimes desirablc aux<br />
Francais ... Contenant ... des fragments inedits des ouvragcs dcs M. de Limon 91). - Auch<br />
für Limon gilt, was wir schon bei d' Aligre anmerkten: über dieser Emigrantengeneration<br />
liegt ein Hauch von Tragik, daß sie die Renaissance ihrer Ideale, im FalIe Limons, die in<br />
Frankreich wiedererwachenden Sympathien für das Bourbonenhaus, nicht mehr miterlebt<br />
hat.<br />
In Deutschland ist Limons Name in Verbindung mit dem Koblenzer Manifest auf Dauer<br />
bekannt geblieben 92). Im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> knüpfen sich daran in der älteren landesgeschichtlichen<br />
Literatur erhebliche Vorbehalte hinsichtlich der Persönlichkeit Limons<br />
93 ). Die Frage stelIt sich freilich, wieweit dabei Emotionen über die Einbindung des<br />
geschätzten <strong>Braunschweig</strong>er Herzogs Karl Wilhclm Ferdinand in die erfolglosen und verhängnisvolIen<br />
Restaurationsversuche der Emigranten auf Limon als einen Vertreter dieser<br />
Politik gelenkt wurden. Zweifellos hat Limon seit seiner Hinwendung zum regierenden<br />
Königshaus in einem eher ahstoßenden royalistischen Eifer mit allen ihm zur Verfügung<br />
stehenden Mitteln, nicht nur mit seiner Feder und seinem Vermögen, sondern auch mit viel<br />
eitler Selbstüberschätzung und Fürstenschmeichelei versucht, die von ihm gewünschte<br />
Wiederherstellung des alten Systems in der Emigration voranzutreiben. Ähnlich wie d'<br />
Aligre fehlte ihm als Vertreter des Adels freilich die Fähigkeit oder der Wille zu akzeptieren,<br />
daß die Reformbedürftigkeit der sozialen Ordnung die Revolution zunächst unaufhaltsam<br />
gemaeht hatte.<br />
90) Vgl. The National Union Catalog (wie Anm. 89).<br />
91) Vgl. The British Library General Catalogue (wie Anm. 69), Bd. 42, S. 126.<br />
92) Zu "Marquis von Simon" verschrieben ist er bei O. Hohnstein, Geschichte des Her.wgtums<br />
Braunschwcig, <strong>Braunschweig</strong> 1908, S. 411.<br />
93) Tendenz dazu bei Pockels (wie Anm. 74), S. 200 f., der von Limon-ohne Namcnsnennung- als<br />
"einem gewissen Feuerkopf" spricht, Heigel (wie Anm. 54) passim, so S. 160. Abwertend auch<br />
E. M ü Ile r, Karl Wilhelm Ferdinand und das "<strong>Braunschweig</strong>er Manifest von 1792". In: Heimatkalender<br />
für den Landkreis Wolfenhüttel6, 1960, S. 55.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
49
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Ein Zufall hat uns Gelegenheit gegeben, den Lebensspuren zweier nicht ganz unbedeutender<br />
Repräsentanten des untergehenden Aneien regime nachzugehen. Die bei den vagabundierenden<br />
Grabsteine sind bisher trotz ihrer Inschriften den Viten der sie bezeichnenden<br />
historischen Personen nicht zugeordnet worden. Vom Kriege einigermaßen verschont,<br />
überstanden sie die letzten Jahrzehnte allein dank ihres ästhetischen Reizes als beispielhafte<br />
Zeugnisse einer vergangenen Sepulchralkultur. Ihr jetziger Anbringungsort birgt<br />
z. Z. keine unmittelbaren Gefahren für ihren weiteren Erhalt. Freilich muß man fürchten,<br />
daß die Abgase des in diesem östlichen Stadtteil von Helmstedt enorm angewachsenen<br />
Autoverkehrs die direkt an der Straße hängenden Platten langfristig schädigen. Nachdem<br />
sie nun aus ihrer Anonymität herausgelöst und als Denkmäler von histurischer Zeugniskraft<br />
identifiziert worden sind, steht zu hoffen und zu wünschen, daß sie auch in Zukunft,<br />
geschützt durch das Augenmerk einer aufmerksam gemachten Öffentlichkeit, ein Gegenstand<br />
des sorgenden Interesses und der Bewahrung bleiben.<br />
50<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die Veränderungen in der Verwaltung des Kommunion<br />
Unterharzischen Berg- und Hüttenwesens von 1814 bis 1924<br />
im Überblick. Ein Werkstattbericht.<br />
Von<br />
Andreas Düwcl, M. A., <strong>Braunschweig</strong><br />
Der vorliegende Beitrag will im wesentlichen einen Überblick über die Entwicklung der<br />
Kommunion-Unterharzischen Verwaltung im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert geben.<br />
Er entstand im Rahmen einer Verzeichnung von im Niedersächsischen Staatsarchiv<br />
WoIfenbüttcI vorhandenen Beständen jener Behörden, die im Fürsten- bzw. Herzogtum<br />
<strong>Braunschweig</strong> für die Verwaltung des Berg- und Hüttenwesens zuständig waren. Als thematischer<br />
Schwerpunkt erwies sich dabei der Kommunion-Harz, d. h. die vom Kurfürstentum/Königreich<br />
Hannover (seit 1866 Königreich Preußen) und vom Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel<br />
gemeinschaftlich verwalteten Berg- und Hüttenwerke im Ober- und<br />
Unterharz.<br />
Grundlage der folgenden Ausführungen ist der Bestand "Herzogliche Kammer, Direktion<br />
der Berg- und Hüttenwerke" (1814-1922) mit der Bezeichnung 50 Neu 4, der vom Verfasser<br />
von August 1991 bis Mai 1992 verzeichnet worden ist. Daraus erklärt sich auch die<br />
bewußt vorgenommene Beschränkung auf die letzte Phase der Geschichte des Kommunion-(Unter-)Harzes.<br />
Dementsprechend liegt das Gewicht auf dem Rrallnschweiger Teil<br />
der Kommunion-Verwaltung, während die Entwicklung auf hannoverscher bzw. preußischer<br />
Seite nur insoweit verfolgt werden konnte, wie es die Erschließung der Kammerakten<br />
zuließ.<br />
Wenngleich auch das Schriftgut von 50 Neu 4 die meisten Informationen bietet, sind zur<br />
Erfassung bestimmter Aspekte gelegentlich auch einzelne Akten aus weiteren Beständen<br />
herangezogen worden 1).<br />
I) Niedersächsisches Staatsarchiv Wolfenbüttel (weiterhin Nds. StA Wf), 53 Neu "Landesbergamt"<br />
und 59 Neu "Berghauptmannschaft" .<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
51
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die Literatur zur brauns
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Eine entscheidende Zäsur bedeutete die 1806 erfolgte Besetzung des norddeutschen Raumes<br />
durch die französischen Truppen. Im 1808 proklamierten Königreich Westfalen wurde<br />
die gesamte Verwaltung ohne Rücksicht auf überkommene Strukturcn und bestehende<br />
Verhältnisse zentralisiert. Untcr dcr Oberleitung der Generaldirektion der Berg- und Hüttenwerke<br />
in Kassel war nun die Berghauptmannschaft der Harz-Division in C1austhal für<br />
den gesamten Harz verantwortlich, wobei ihr die Bergämter Clausthal, Zellerfeld, Blankenburg,<br />
Goslar und Andreasbcrg untergeordnet warcn.<br />
Das Ende der französischen Hcrrschaft in Deutschland durch den Zusammenbruch des<br />
Königreichs Westfalen im Jahre 1813 bedeutete in vielcrlci Hinsicht für das Kurfürstentum<br />
(seit 1814 Königreich) Hannover und das Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> einen politischen und<br />
administrativen Neuanfang. Tatsächlich stellte dieser jedoch eincn Rückgriff auf die alten<br />
Staats- und Regierungsformen dcr vornapoleonischcn Ära dar, ohne daß man zu grundlegenden<br />
Veränderungen bereit gewesen wäre. Am vertretbarsten erschien eine solche Restauration<br />
der bis 1806 gültigen Verhältnisse allerdings im Rahmen dcr Verwaltung staatlicher<br />
Wirtschaftsbereiche, denn hier ließ sich die Funktionsfähigkeit bewährter Lenkungsmechanismen<br />
an der Effizienz und Produktivität der Betriebe ablesen.<br />
1814-1832<br />
Im Falle der Kommunion-Untcrharzischen Berg- und Hüttenwerke wurden die zuvor zuständigen<br />
Institutionen und Behörden mit ihren Funktionen und Kompetenzen nahezu unverändert<br />
wiedererrichtct. Dcr Entschluß dazu wurde gefaßt, weil man auf höchster ministeriellcr<br />
Ebene offenbar dcr Ansicht war, daß durchgreifende Reformmaßnahmen nicht<br />
notwendig seien. Da die gcmeinschaftliche Verwaltung, zu der man jetzt wieder zurückkehrte,<br />
nicht unkompliziert war, wich man Eingriffen in die traditionellen Strukturen aus.<br />
Bcdeutsam war dies insofern, als die Kommunion-Bchörden auch die Ausübung von Hoheitsrechten<br />
im Kommuniongebiet wahrzunehmen hattcn (5. unten), wclches dadurch politisch<br />
und rechtlich einen Sonderstatus genoß. Die Gelegenheit, die sich 1814 gcbotcn<br />
hätte, dicse eigentümlichen Verhältnissc neu zu regeln, wurde nicht gcnutzt S ).<br />
Auf braunschweigischer Seite wurde mit dem Gesetz vom 19. 5.1814 6 ) die Fürstliche (später<br />
Herzogliche) Kammer wieder mit der Aufsicht über das Berg- und Hüttenwesen betraut.<br />
An der Kommunion-Verwaltung war sie jedoch nicht direkt beteiligt, da hierfür die<br />
braunschweigische und hannoversche Berghauptmannschaft zuständig war 7 ). Die Kammer,<br />
die daher nur mittelbar auf Kommunion-Belange einwirken konnte, blieb jedoch die<br />
aufsichtführende vorgesetzte Behörde der braunschweigischen Berghauptmannschaft, die<br />
ihrerseits ein eigenständiges Glied der oberen Instanzenebene war.<br />
5) Nds.StAWf,50Neu4Nr.11703.<br />
6) Gesetz- und Verordnungssammlung für die Herzoglich-<strong>Braunschweig</strong>ischen Lande (GuVS) Nr.<br />
23.<br />
7) Nds. StA Wf, 59 Neu NT. 1; zur Berghauptmannschaft allgemein s. auch 50 Neu 4 NT. 9719.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
53
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die Umsetzung der von C1austhal und <strong>Braunschweig</strong> übermittelten Richtlinien oblag dem<br />
Kommunion-Unterharzischen Bergamt in Goslar, das unter der Aufsicht der beiden Berghauptmannschaften<br />
stand. Sein Aufgabenbereich wurde 1824 folgendermaßen umrissen:<br />
Der Zweck des Communion-Unterharzischen Berg-Amts ist, alle ihm übertragenen Zweige<br />
deräffentliehen Verwaltung in ... Communion-Angelegenheiten ... zu besorgen ... 16). Dies<br />
bedeutete konkret, daß von Goslar aus auch die allgemeine Landesverwaltung im Kommuniongebiet<br />
einschließlich der Regelung sämtlicher Fragen, die in den Bereich von Polizei<br />
und Justiz fielen, durchgeführt wurde. Darüber hinaus war es verantwortlich für die eigentlichen<br />
Verwaltungssachen der Communion-Unterharzer Werke, vor allem für die obere Leitung<br />
des Betriebs I7 ). Somit war das Bergamt den jeweiligen Verwaltungen der einzdnen<br />
Bergwerke und Hütten direkt vorgesetzt. Während die Berghauptmannschaften vorrangig<br />
- wenn auch nicht ausschließlich - damit beschäftigt waren, übergeordnete wirtschaftspolitische<br />
Intentionen und allgemeine verwaltungstechnische Angelegenheiten zu bearbeiten,<br />
fiel es weitgehend in die Verantwortung des Bergamts, diese Vorgaben inhaltlich auszufüllen,<br />
die Produktion zu überwachen und konkrete einzelbetriebliche Fragen zu regeln.<br />
Wegen der organisatorischen Besonderheiten der Kommunion-Verwaltung ist die Bedeutung<br />
des Bergamts höher zu veranschlagen als die Funktionen einer mittclinstanzlich angesiedelten<br />
Behörde es vermuten lassen. Die Berghauptleute waren im Prinzip nur ihrer jeweiligen<br />
Landesherrschaft verpflichtet und im Prozeß der Entscheidungsfindung auf relativ<br />
komplizierte Mechanismen angewiesen, um zu einem Interessenausgleich zu gelangen. Da<br />
sie außerdem "nur" die leitende Position innehatten und über wenig subalternes Personal<br />
verfügten, ist das Goslarer Bergamt als die eigentliche exekutive Instanz innerhalb der<br />
Kommunion-Verwaltung anzusehen. Hier wurden die höherern Orts erfolgten Anordnungen<br />
realisiert und administrative Maßnahmen in einer praxisorientierten Weise umgesetzt,<br />
die den Erfordernissen der einzelnen Berg- und Hüttenbetriebe angepaßt war. Außerdem<br />
ist zu beachten, daß die Bediensteten des Bergamtes - wie alle Kommunion-Beamten - in<br />
gesammte Pflicht beider Landesherrschaften l8 ) zu nehmen waren, also auf die hannoversche<br />
und braunschweigisehe Regierung gleichermaßen vereidigt wurden 19). Aufgrund dieser<br />
Umstände darf das Bergamt als wichtigstes Organ der Kommunion gelten.<br />
16) Geschäftsordnung des Bergamtes (Entwurf), Nds. StA Wf, 50 Neu 4 Nr. 11424.<br />
17) ebd.<br />
18) Nds. StA Wf, 53 Neu Nr. 213 (Hervorhebung im Original);<br />
19) Abzulesen an den Eidesformeln; Nds. StA Wf, 50 Neu 4 NT. 10 106/1.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
55
Hzgl. Kammer<br />
<strong>Braunschweig</strong><br />
1832-1866<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Kammer/Kgl. Ministerium<br />
Hannover<br />
Im Gefolge der <strong>Braunschweig</strong>er Revolution von 1830 und des sich anschließenden Regierungswechsels<br />
erfolgte nicht nur eine Liberalisierung der politischen Verhältnisse (Verabschiedung<br />
einer Verfassung), sondern es wurde auch ein Umbau der Verwaltung vorgenommen.<br />
Durch die Abtrennung des Finanz-Kollegiums 20) wurden die Kompetenzen und<br />
Aufgaben der Herzoglichen Kammer deutlich gestrafft, ihre ehemals weit ausgreifenden<br />
Zuständigkeiten als zentrale Behörde der inneren Verwaltung rigoros beschnitten und ihre<br />
Struktur grundlegend verändert. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Kammer im Bereich<br />
des Berg- und Hüttenwesens nur die einseitig braunschweigischen Betriebe direkt verwaltet.<br />
Mit der Einrichtung der Dirt:ktion der Berg- und Hüttenwerke bei der Kammer erfuhr<br />
sie insofern einen Bedeutungszuwachs, als sie nunmehr auch mit der Teilnahme an der<br />
Kommunion-Verwaltung betraut wurde 21), die bisher in den Händen der Berghauptmannschaft<br />
gelegen hatte. Da deren Aufgabenbereich jetzt vollständig in dem der Kammer aufging,<br />
erfolgte im Jahre 1832 - da es für ein Weiterbestehen keinen Anlaß mehr gab - ihre<br />
Auflösung 22 ). Fortan erhielt das Kommunion-Bergamt Goslar seine Weisungen ohne Zwisehen<br />
instanz von der Herzoglichen Kammer, Direktion der Berg- und Hüttenwerke, und<br />
- wie schon zuvor - vom hannoverschen Berghauptmann in Clausthal.<br />
20) GuVS Nr. 3 vom 28. 1. 1830.<br />
21) GuVS Nr. 24 vom 12. 10. 1832.<br />
22) Nds. StA Wf, 50 Neu 4 Nr. 1 I 692 und 9719<br />
56
Hzgl. Kammer<br />
<strong>Braunschweig</strong><br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Kgl. Ministerium<br />
Hannover<br />
Wenngleich die Kommunion-Verwaltung in der Gestalt, wie sie sich seit 1832 präsentierte,<br />
über dreißig Jahre Bestand haben sollte, gab es doch mindestens seit den späten vierziger<br />
Jahren immer wieder Überlegungen, daran Änderungen vorzunehmen. Vor allem war<br />
man nicht recht damit zufrieden, die eigentümlichen Verhältnisse einer gemeinschaftlichen<br />
Hoheitsausübung länger zu akzeptieren, denn der Sonderstatus des Kommuniongebiets<br />
stellte etwas in Deutschland Einzigartiges dar. In einem Schreiben vom 4. April 1849 an die<br />
Herzogliche Kammer vertrat das braunschweigische Staatsministerium die Ansicht, diese<br />
Verhältnisse entfernen sich gleich sehr von den Grundsätzen des öffentlichen Rechts wie von<br />
den Rüchichten der Zweckmäßigkeit . .. , daß eine Ahändl'rung des gegenwärtigen Zustandes<br />
für ein dringliches Bedürfnis gehalten werden muß23). Die in diese Richtung gehenden<br />
Überlegungen führten dazu, daß in der Folgezeit eine baldmöglichst vorzunehmende Teilung<br />
der Kommunion nach dem Vorbild des Oberharzes (1788) zumindest phasenweise<br />
intensiv diskutiert wurde. Obwohl zahlreiche Konzepte entwickelt wurden, in welcher<br />
Weise am hesten zu verfahren sei, gelangte man doch nicht zu konkreten Ergebnissen;<br />
auch einleitende Maßnahmen zur Realisierung der wiederholt geäußerten Absicht, eine<br />
modernere Verwaltung zu installieren, wurden nicht ergriffen 24).<br />
23) Nds. StA Wf, 50 Neu 41\r. 9635.<br />
24) ebd.<br />
57
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
11166-11174<br />
Der nächste Schnitt findet sich daher erst weit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundertshis<br />
1866/67 hestand das Verwaltungssystem unverändert fort. Die Annexion des Königreichs<br />
Hannover 1866 durch Preußen brachte für die Kommunion-Verwaltung eine-wenn<br />
auch letztlich nur geringfügige - Umstrukturierung mit sich 25). Da man auf preußischer<br />
Seite zunächst keine Veranlassung hatte, die Verwaltung des Berg- und Hüttenwesens in<br />
der neuen Provinz Hannover nach deren Übernahme gänzlich neu zu ordnen, wurde das<br />
institutionelle Schema bis auf weiteres beibehalten-die Herghauptmannschaft in Clausthal<br />
hlieh auch künftig bestehen; nur an die Stelle des hannoverschen Ministeriums trat das<br />
preußische Ministerium für Handel und Gewerbe in Berlin. Zwar wurde der Oberberghauptmann<br />
Krug von Nidda beauftragt, die Verhältnisse des Kommunion-Harzes zu prüfen,<br />
doch geschah dies vorerst nur, um dessen spezifische Besonderheiten kennenzulernen,<br />
denn entscheidende Verwaltungsveränderungen wurden nicht vorgenommen. Praktisch<br />
wandelten sich nur die Amtsbezeichnungen - das Goslarer Bergamt z. B. hieß nun nicht<br />
mehr "Königlich Hannoversches ... ", sondern "Königlich Preußisches und Herzoglich<br />
<strong>Braunschweig</strong>-Lüneburgisches Kommunion-Unterharzisches Bergamt".<br />
Im Ergebnis brachten diese politischen Ereignisse für den Kommunion-Unterharz keine<br />
wesentlichen Neuerungen, zumal man hier auf eine relativ gut funktionierende Administration<br />
traf, deren Übernahme geringere Probleme aufwarf als durch eine etwaige Behördenreform<br />
zu diesem Zeitpunkt hätten entstehen können.<br />
Hzgl. Kammer<br />
<strong>Braunschweig</strong><br />
25) zum Folgenden s. Nds. StA Wf, 53 Neu Nr. 246.<br />
58<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Ministerium f. Handel<br />
und Gewerbe, BerIin
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Dennoch gab es nach 1866 durchaus ernsthafte Erwägungen über eine mögliche Aufhebung<br />
der Kommunion 26). In Berlin war man offenbar der Ansicht, daß die Verwaltung auf<br />
der höheren Instanzenebene trotz zufriedenstelIender Erträge der Berg- und Hüttenwerke<br />
letztlich zu schwerfällig sei; auch meinte man nur geringe Entwicklungsmöglichkeiten des<br />
Bergbaus sehen zu können. Als Lösung dieser vermeintlich unbefriedigenden Verhältnisse<br />
wurde u. a. ein Verkauf bzw. eine Verpachtung des preußischen Anteils an <strong>Braunschweig</strong><br />
vorgeschlagen. Als man auf diesem Wege nicht weiterkam, regte Berlin als Alternative<br />
eine alleinige Verwaltung der Unterharzer Werke durch die preußischen Bergbehörden an<br />
(jedoch unbeschadet der materiellen Rechte <strong>Braunschweig</strong>s, d. h. der Ansprüche auf die<br />
anteil mäßigen Einnahmen). Die Herzogliche Kammer erwartete jedoch von einer Auflösung<br />
der Kommunion keine größere Effizienz und Produktivität und wollte einer Aufgabe<br />
des braunschweigischen Mitspracherechts nur unter der Bedingung zustimmen, daß Preußen<br />
garantiere, die Braunsehwcig zustehenden Erträge an die zu erwartende wirtschaftliche<br />
Entwicklung anzupassen, worauf man sich in dieser Form nicht einigen konnte. Obwohl<br />
preußischerseits auch ein Ankauf der braunsehweigischen Beteiligung abgelehnt<br />
wurde, kam es doch zu Verhandlungen über eine Neuordnung der Verwaltung im Sinne<br />
einer Abtretung an Preußen, die aber schließlich ergebnislos abgebrochen wurden.<br />
Kamen diese Planungen auch nicht über das Stadium der Diskussion hinaus, so tauchen in<br />
den Akten nach 1866 doch immer wieder Vorschläge und Erwägungen auf, die auf eine<br />
grundlegende organisatorische Änderung der gesamten Kommunion-Verwaltung abzielten<br />
27). Zu Beginn der siebziger Jahre ging man sowohl in <strong>Braunschweig</strong> wie in Berlin daran,<br />
den Gedanken einer Teilung des Kommuniongebiets aufzugreifen und diesmal konsequent<br />
zu verfolgen. Erneut entspann sich ein intensiver Schriftverkehr mit zahlreichen Entwürfen<br />
und Anregungen, wie die Teilung durchzuführen sei 2R ). Anders als jemals zuvor wurde<br />
diesmal der jetzt definitiv gefaßte Entschluß, entscheidende Maßnahmen auch tatsächlich<br />
durchzuführen, im Jahre 1874 verwirklicht.<br />
1875-1914<br />
Da vor allem Preußen die Kommunion-Verwaltung - weil sie nicht zuletzt auch hoheitsrechtliehe<br />
Aufgaben im Unterharz zu erfüllen hatte - als äußerst reformbedürftig beurteilte,<br />
fand in den Jahren 1874/75 eine Umstrukturierung statt, die von großer Bedeutung<br />
für die Kommunion und die Berg- und Hüttenwerke war.<br />
Der Staatsvertrag zwischen Preußen und <strong>Braunschweig</strong> vom 9. 5. 1874 über die Teilung des<br />
Kommuniongebiets 29 ) sah vor, daß die eigentlichen Hoheitssachen (Gerichtsbarkeit, Polizei-<br />
und allgemeine Landesverwaltung) auf die preußischen und braunschweigischen Behörden<br />
übergehen sollten, während die Unterharzer Berg- und Hüttenwerke weiterhin in<br />
26) Dies läßt sich detailliert verfolgen in: Nds. StA Wf. 50 Neu 4 Nr. 9096.<br />
27) Nds. StA Wf, 50 Neu 4 Nr. 9\1)7/2.<br />
2M) Nds. StA Wf, 50 Neu 4 Nr. 9539.<br />
29) GuVS Nr. 33 vom 21. 7. 1874.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
59
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
gemeinschaftlichem Besitz verbleiben sollten. Da das Kommunion-Bergamt, das diese<br />
Kompetenzen bislang wahrgenommen hatte, nunmehr in seinem Aufgabenbereich auf die<br />
Leitung der Berg- und Hüttenwerke beschränkt gewesen wäre, hielt man dessen Auflösung<br />
zum 31.12.1874 für zweckmäßig 30). Durch diese Maßnahme fiel eine Behörde fort, die seit<br />
240 Jahren die Geschicke des Berg- und Hüttenwesens im Unterharz maßgeblich mitgestaltet<br />
hatte. Zugleich verzichtete man darauf, eine dem Bergamt vergleichbare Institution zu<br />
begründen, welche auf mittelinstanzlicher Ebene als ausführendes Organ der ministeriellen<br />
Verwaltungsspitze hätte fungieren können. So existierte künftig unterhalb der braunsehweigischen<br />
Kammer und der preußischen Berghauptmannschaft kein koordinierendes<br />
Element für die Leitung des Kommunion-Berg- und Hüttenwesens, womit die Behördenhierarchie<br />
eines wesentlichen Bindegliedes beraubt wurde.<br />
Anstelle des Bergamtes bevorzugte man die Schaffung selbständig handelnder einzelner<br />
Betriebsverwaltungen vor Ort. Bereits im Oktober 1868 hatte der preußische Berghauptmann<br />
Ottiliae Überlegungen in einer solchen Richtung angestellt und war zu dem Schluß<br />
gekommen, daß es wünschenswerth sein werde, den Betriebsleitern der Unterharzer Bergund<br />
Hüttenwerke eine größere Selbständigkeit zu gewähren 31). Zur Wahrnehmung der<br />
Funktionen des Bergamtes wurden drei neue Behörden auf der unteren Verv .. altungsebene<br />
ins Leben gerufen (1. 1. 1875), die ihre Weisungen direkt von der Kammer und der Berghauptmannschaft<br />
erhielten 32). Damit war nun eine deutliche Dezentralisierung des Kom-<br />
Hzgl. Kammer<br />
<strong>Braunschweig</strong><br />
31') Dazu und zum folgenden: Nds. StA Wf, 50 Neu 4 NT. 9148.<br />
31) Nds. StA Wf, 50 Neu 4 NT. 9097/1<br />
32) Nds. StA Wf, 50 Neu 4 NT. 9097/2<br />
60<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Ministerium f. Handel<br />
und Gewerbe, Berlin
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
munion-Berg- und Hüttenwesens erfolgt - der Berginspektion Rammelsberg unterstand<br />
der Betrieb des gleichnamigen Bergwerks, während das Hüttenamt Oker für die dortigen<br />
Hütten (Schwefelsäure- und Vitriolfabriken, Metall-und Farbwerke), das Hüttenamt Herzog-Julius-Hütte<br />
für die Hcrzog-Julius-Hütte bci Astfcld, die Frau-Sophien-Hütte und die<br />
Pottaschenhütte bei Langclsheim verantwortlich waren.<br />
Diese Neustrukturierung bedeutete die Abkehr vom Prinzip einer unter dem Dach einer<br />
einzigen Behörde zusammengefaßten Leitung der Berg- und Hüttenwerke, welche sicherlich<br />
die Vorzüge eines vereinfachten Geschäftsganges sowie bessere Möglichkeiten zur Abstimmung<br />
der ökonomischen Interessen und Notwendigkeiten aufzuweisen hatte. Immerhin<br />
jedoch führte die kompetenzmäßige Aufgliederung der bisherigen Zuständigkeiten des<br />
Bergamtes doch zu einer merklichen Aufwertung dcreinzclncn betrieblichen Teilbereiche,<br />
deren administratives Handeln künftig durch ein größeres Maß an eigenständiger Verantwortlichkeit<br />
gekennzeichnet war.<br />
1914-1924<br />
In dieser Form blieben die Verwaltungsstrukturen bis zum Jahre 1914 bestehen, obwohl sie<br />
offenbar jedoch als nicht zufriedenstellend beurteilt wurden. Da man die Unterharzer Betriebe<br />
nach wie vor als wirtschaftliche Einheit betrachtete, erwies sich das Prinzip der dreigeteilten<br />
Verwaltung allmählich als wenig zweckmäßig, da diese die Ansprüche, die man<br />
an sie stellte, nicht einlösen konnte. In erster Linie wurden die Kommunikationsbedingungen<br />
als unzulänglich empfunden, da die Festlegung von administrativen Maßnahmen und<br />
die Abstimmung von geschäftspolitischen Zielsetzungen und Erfordernissen als zu umständlich<br />
und zu wenig flexibel erschien. So lange das Bergamt in Goslar existierte und das<br />
gesamte Spektrum des Unterharzer Herg- und Hüttenwesens betreute, waren solche Probleme<br />
nicht aufgetreten. Auf die Dauer-dies wurde jetzt zunehmend klarer-ließ sich das<br />
1875 begründete Verwaltungssystem nicht aufrechterhalten. Die Direktion der Berg- und<br />
Hüttenwerke in <strong>Braunschweig</strong> vertrat die Ansicht, daß die bisherige Trennung dem heutigen<br />
Geschäftsbetriebe, der wegen seiner Vielseitigkeit . .. eine Zentralisierung gebieterisch<br />
fordert, nicht mehr entspricht 33 ). Nachdem bereits seit längeren Jahren eine Organisationsänderung<br />
geplant war, die das Unterharzer Berg- und Hüttenwesen wieder einer einheitlichen<br />
Leitung unterstellen sollte, erfolgte am 1. 10. 1914 die Gründung der "Unterharzer<br />
Berg- und Hüttenwerke" mit Sitz in Oker 34 ). Mit der leitenden Position in dieser neuen<br />
Behörde wurde der Werks- bzw. Hüttenamtsdirektor in Oker betraut (zu diesem Zeitpunkt<br />
Oberbergrat Müller).<br />
33) Nds. SIAWf, 50Neu4 Nr. 9535.<br />
34) Für das folgende s. ebd.<br />
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61
Hzgl. KammerfLandesbergamt<br />
<strong>Braunschweig</strong><br />
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http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Ministerium f. Handel<br />
und Gewerbe, Berlin<br />
Die neue Behörde, die den bei den Hüttenämtern und der Berginspektion übergeordnet<br />
war, rückte damit faktisch an die Stelle des Bergamtes in Goslar, ohne jedoch dessen ursprüngliche<br />
Weisungsbefugnisse zu erhalten. Da keineswegs an eine Wiederbelebung des<br />
Bergamtes - auch nicht in veränderter Form - gedacht wurde, waren die "Unterharzer<br />
Berg- und Hüttenwerke" auch weniger vorgesetzte Behörde im eigentlichen Sinn, sondern<br />
vielmehr eine Koordinierungsinstanz mit der Aufgabe, einen einheitlich organisierten Geschäftsbetrieb<br />
zu gewährleisten. Die eigenverantwortliche Leitungsfunktion der Ilüttenämter<br />
und der Berginspektion blieb bestehen, auch wenn deren verwaltungsmäßige Selbständigkeit<br />
beschnitten wurde.<br />
Eine zusätzliche Rechtfertigung erhielt die Schaffung der neuen Behörde durch den kurz<br />
zuvor erfolgten Kriegsbeginn. Dieser konnte jedoch während der Überlegungen, die Unterharzer<br />
Verwaltung funktionsfähiger zu gestalten, noch nicht einkalkuliert werden, und<br />
so ist die Behärdenreform von 1914 auch keine unmittelbare Reaktion auf den Ausbruch<br />
der Kampfhandlungen gewesen. Hätte man sich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht bereits<br />
zu einer administrativen Neuordnung entschlossen, wäre diese unter dem Eindruck<br />
einer militärischen Auseinandersetzung mit Sicherheit als notwendig erachtet worden. Angesichts<br />
der großen kriegswirtschaftlichen Bedeutung der Förderung und Verarbeitung<br />
von Rohstoffen hätte man gewiß Maßnahmen ergriffen, um die Leitung der Kommunion<br />
Unterharzer Werke wieder stärker zusammenzufassen, um die Durchsetzung einer zentral<br />
gesteuerten Wirtschaftspolitik zu erreichen.<br />
62
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Für die Jahre bis 1924 ist nur über geringfügige Änderungen des Verwaltungsaufbaus zu<br />
berichten. Die Auflösung der Herzoglichen Kammer in <strong>Braunschweig</strong> 1922 führte zur Umwandlung<br />
der bisher in ihr bestehenden Direktionen in einzelne, nunmehr auch administrativ<br />
voneinander unabhängige Landesämter. Die Direktion der Berg- und Hüttenwerke<br />
wurde dadurch zum "Landesbergamt" 35), welchem ein Bcrghauptmann als Dienststellenleiter<br />
vorstand. Dieser Titel, den es in <strong>Braunschweig</strong> seit 1832 nicht mehr gegeben hatte,<br />
wurde im Zuge der institutionellen Aufwertung der Bergbehörde an den bereits in der<br />
Vorkriegszeit für die Berg- und Hüttenverwaltung verantwortlichen bisherigen Geheimen<br />
Bergrat Ernst Herwig verliehen. Aufgabenbereich und Kompetenzen entsprachen jenen<br />
der Berg- und Hüttendirektion. Auf preußischer Seite änderte sich an dem seit 1866 bestehenden<br />
System der leitenden Funktionen von Ministerium und Berghauptmannsehaft<br />
nichts. Insofern ist der Wandel des Jahres 1922 auch nur als verwaltungsgeschichtliche Marginalie<br />
zu bewerten.<br />
seit 1924<br />
Nieht allein in administrativer, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht außerordentlich<br />
bedeutsam war die am 30. 12. 1924 vollzogene Schaffung der "Unterharzer Berg- und Ilüttenwerke<br />
GmbH" 36); der Bergbau und Hüttenbetrieb wurde aus dem Zusammenhang rein<br />
staatlicher Verwaltung herausgelöst und als Cnternehmen privatwirtschaftlichen Zuschnitts<br />
konstituiert. <strong>Braunschweig</strong> und Preußen waren daran nach wie vor zu 3/7 bzw. 0/7<br />
beteiligt, nun jedoch nicht mehr direkt auf Regierungsebene, sondern durch die in staatlichem<br />
Besitz befindlichen - und eigens zu diesem Zweck gegründeten - Unternehmen<br />
"Preußische Bergwerks- und Hütten-AG" und "<strong>Braunschweig</strong> GmbH" 37). Durch die Auflösung<br />
der Berginspektion Rammelsberg und der Hüttenämter Oker und Herzog-Julius<br />
Hütte wurde die Verwaltung außerdem vereinfacht, so daß nunmehr - allerdings unter<br />
gänzlich anders gearteten Rahmenbedingungen - das Berg- und Hüttenwesen des ehemaligen<br />
Kommunion-I larzes wieder zentral in einer Hand zusammengcfaßt war. Mit der Aufgabe<br />
der direkten staatlichen Verwaltung ging die fast 300jährige Geschichte der (Unter-)<br />
Harzer Kommunion zu Ende.<br />
35) GuVSNr. 5vom 11. 5. 1922.<br />
31» Quellenmäßig aus den Beständen des StA Wolfcnbüttelleider nicht zu erfassen; Akten, die über<br />
die genauen Umstände nähere Informationen vermitteln könnten, sind im Archiv des Oberbergamts<br />
Clausthal-Zellerfeld bzw. im Firmenarchiv der Preussag zu vermuten.<br />
37) Naeh Ende des Zweiten Weltkrieges in "Niedersachsen GmbH" umgewandelt (1946) und 1968<br />
von der Preussag übernommen.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
63
64<br />
Freistaat<br />
<strong>Braunschweig</strong><br />
,<br />
+<br />
<strong>Braunschweig</strong> GmbH<br />
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Unterharzer Berg- u.<br />
Hüttenwerke GmbH, Oke<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Freistaat<br />
Preußen<br />
,<br />
+<br />
Preußische Bergwerksund<br />
Hütten-AG
A. KAUFGERICHT (1686-1851)<br />
I. Zur Entstehung des Kaufgerichts<br />
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Handelsgerichtsbarkeit<br />
in <strong>Braunschweig</strong><br />
Von<br />
Johannes Wiesner<br />
Als sich die Stadt <strong>Braunschweig</strong> im Juni 1671 Herzog Rudolf August unterwarf, gab es im<br />
Lande <strong>Braunschweig</strong> noch keine besondere Handclsgerichtsbarkeit. Weder die damals geltende<br />
Ordnung des Untergerichtsprozesses noch die des Obergerichtsprozesses erwähnen<br />
ein Kauf- oder Handelsgericht. In der Stadt standen die Märkte in polizeilicher Hinsicht<br />
unter den vom Rat erlassenen und von den Marktmeistern vollzogenen Anordnungen, weIche<br />
sich auch auf die auswärtigen Käufer und Verkäufer erstreckten. Streitigkeiten anderer<br />
Art wurden von Anfang an teils von den Gilden seihst nach ihren Ordnungen und Gesetzen,<br />
teils durch die Richteherren und Schreiher des Rates nach Gesetz und Gewohnheitsrecht,<br />
hauptsächlich nach der Zollordnung von 1412, in den Ratssitzungen entschieden 1).<br />
Die revidierte und verbesserte Untergerichtsordnung vom 16. November 1677 2 ) jedoehdas<br />
erste herzogliche Organisations- und Verfahrensstatut nach Übergabe der Stadt - bestimmte<br />
in Cap. III Ziffer 16, daß die Streitigkeiten, die "ins Commercium lauffen und zum<br />
Kauff = Gerich te gehören", dorthin verwiesen werden sollen 3 ). Was war seit der Ühergabe<br />
der Stadt insoweit geschehen?<br />
Bereits nach einem Monat hatte die Bürgerschaft der vier Weichbilder Hagen, \/eustadt,<br />
Altewiek und Sack den Herzog ersucht, einen verständigen Marktrichter aus der gemeinen<br />
Bürgerschaft "gleich zu Magdeburgk undt andern Orlen mehr gebräuchlich" zu bestellen,<br />
damit geringe Marktstreitigkeiten alsbald entschieden und die Bürgermeister damit verschont<br />
würden 4). Dieses frühe Ersuchen der Bürgerschaft nach Einrichtung einer niederen<br />
1) V gl. Bericht des Kreisgerichtsregistrators und Historikers Karl Wilhelm Sack vom 4. 8. 1845 - Nds<br />
StA Wolfenbüttel (kimftig StA Wf) 41A Neu 6.<br />
2) StA Wf 40 Sig 2882.<br />
3) Cap. III Ziffer 16, vgl. auch Cap. XXIV Ziffer 4, in dem ebenfalls von einer Verweisung an das<br />
"Kauff=Gericht" die Rede ist.<br />
4) Vgl. Ziffer 9 der Gravamina vom 17. 7.1671- StA Wf 4 Alt Fb. 5 Nr. 82 und 2 Alt 6731.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
65
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<strong>Braunschweig</strong>" vom 1. Dezember 1686 12 ) erfolgte. In der Präambel heißt es dazu: ,,Als aber<br />
auch die löbliche Kauffmannschaft so diese Märckte bifJher frequentiret, ferner unterthänigst<br />
angehalten, um eine gewisse Verordnung zu machen, wornach sich Fremde und Einheimische<br />
bey währenden Messen so wol in Wechseln, als andern Marckts=Angelegenheiten und<br />
Streit = Sachen, wie auch in Besetzung des dazu besonders gewidmeten Kauff-Gerichts zu<br />
richten hätten, so haben Wir darauff die Gnädigste Verwilligung gethan, und solches alles in<br />
folgender Ordnung, biß zu künfftiger in einem oder amlern etwa näthiger Verbesserung,<br />
kürtzlich verfassen und einrichten lassen; Und befehlen hiemit Unsern Magistraten und Gerichten,<br />
auch sonsten allen und jeden so unter dieser Ordnung einigermassen mit begriffen,<br />
daß sie in allen hieher gehörigen Fällen sich darnach gehorsamlieh achten und richten sollen".<br />
11. 1686-1808<br />
1. Verfassung des Kaufgerichts<br />
Das Kaufgericht war kein ständiges Gericht; es bestand nur während der Messen 13). Dementsprechend<br />
begann seine Tätigkeit bei der Sommermesse am Montag nach Laurentius<br />
14), bei der Wintermesse am Montag nach Lichtmeß 15). Weil sich aber - wie noch<br />
heute verschiedentlich vor Schlußverkäufen zu beobachten - immer wieder Kaufleute nicht<br />
an den offiziellen Beginn der Mcssen hielten, sondern bereits vorher ihre Meßgeschäfte<br />
betrieben, ergab sich zwangsläufig ein Bedürfnis, auch die Tätigkeit des Kaufgerichts früher<br />
beginnen zu lassen, um dieser Unsitte und ihren Folgen hinreichend begegnen zu können.<br />
Der Beginn der Tätigkeit des Kaufgerichts wurde daher in der Folgezeit immer wieder<br />
vorverlegt 16), zuletzt schließlich auf den Donnerstag vor der ersten Meßwoche 17).<br />
Mit dem Ende der Messe endete auch die Tätigkeit des Kaufgerichts, es sei denn, daß das<br />
Gericht es in Konkurs- und anderen weitläufigen Sachen für nötig befand, den Prozeß zwischen<br />
den Märkten fortzusetzen 18).<br />
12) Abgedruckt u.a. bei Karl Johann Gottlieb Wolffram, Vollständige Sammlung der Herzog!.<br />
<strong>Braunschweig</strong>=Lüneburgschen Wechsel-Verordnungen und deren Landesherrlichen Declarationen<br />
mit erläuternden Anmerkungen. <strong>Braunschweig</strong> 1793, Abschnitt B, S. 131-168.<br />
13) Artikel 4 - Die nachfolgend angezogenen Artikel sind - sofern nicht ausdrücklich anders bestimmt<br />
-solche der Marckt=Gerichts= und Wechsel=Ordnungvom I. 12. 1686 (Abdruck wieAnm. 12).<br />
14) Laurentii = 10. August.<br />
15) Lichtmeß = 2. Februar. Der ursprünglich auf Montag nach Invocavit festgelegte Beginn der Wintermesse<br />
ist bereits ab 1684 auf den Montag nach Purificationis Mariae - 2. Februar - verlegt<br />
worden.<br />
16) Vgl. § 16derlandesf. Verordnung vom 31. 7.1737 -abgedruckt bei Johann Karl Meißner, Codex<br />
der europäischen Wechsel-Rechte oder Sammlung der heutzutage in Europa geltenden Wechsel<br />
Gesetze, Erster Band. Die deutschen Wechselgesetze. Nürnberg 1836 - sowie Declaration vom<br />
25. 1. 1744 - abgedruckt bei Wolffram, (wie Anm. 12), S. 187-189.<br />
17) Vg!. Rescript vom 8.1. 1816 - StA Wf 41 A Neu 3.<br />
18) Artikel 4.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
67
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
2. Besetzung des Kaufgerichts J9 )<br />
Das Kaufgericht erster Instanz (Judicium primae instantiae) war besetzt a. mit zwei<br />
rechtsgelehrten oder zur Kaufmannschaft gehörenden Ratsherren, von denen einer als Direktor<br />
das Gerichtssiegel zu verwahren hatte und der bei Stimmengleichheit den Ausschlag<br />
gab, sowie b. mit drei fremden Kaufleuten, denen ein Gerichtsvoigt zum Referenten und<br />
Actuario zugeordnet war.<br />
Das Kaufgericht zwei te r Instanz (Judicium Appellationis) war besetzt a. mit dem Bürgermeister,<br />
der zugleich Syndicus oder Consiliarius bei der Stadt war, b. mit zwei Ratsherren<br />
und c. mit drei fremden Kaufleuten nebst einem Schreiber. Beiden Instanzen war zudem<br />
ein Gerichtsbote zugeordnet.<br />
a. Richterliche Mitglieder: Der jeweilige Gerichtsverwalter des Untergerichts 20 ) war auch<br />
Direktor des Kaufgerichts. Wegen der besonderen Eilbedürftigkeit der Kaufgerichtssachen<br />
während der Messen hatte seine Tätigkeit bei dem Kaufgericht den Vorrang vor seiner<br />
Tätigkeit bei dem Untergericht 21 ). Der jeweilige Kaufgerichts-Assessor wurde von dem<br />
Rat der Stadt gewählt und vom Herzog ernannt. Der jeweilige Geriehtsvoigt des Untergerichts<br />
schließlich war den kaufmännischen Mitgliedern des Kaufgerichts zum Referenten<br />
und Actuario zugeordnet 22). Eine zusätzliche Besoldung war mit der Ernennung zum richterlichen<br />
Mitglied des Kaufgerichts nicht verbunden, wohl aber eine Beteiligung an den<br />
Sporteln 23).<br />
b. Kaufmännische Mitglieder: Die Vornehmsten unter den anwesenden fremden Handelsherren<br />
wählten alljährlich am dritten Tag der Laurentius-Messe 24 ) auf der Börse vormittags<br />
um 11 Uhr aus ihrer Mitte mit einfacher Mehrheit zehn erfahrene Kaufleute, die wiederum<br />
alsbald aus ihrer Mitte sechs Kaufgerichtsmitglieder ernannten, und zwar für jede<br />
Instanz drei. Nach Bestätigung durch den Herzog amtierten diese Kaufgerichtsmitglieder<br />
19) Artikel 3.<br />
20) Zum Untergericht vgl. Heinz Diestel, Die Gerichte in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> von 1671 bis<br />
1808; in: Quellen und Forschungen zur <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichte, Band 14. <strong>Braunschweig</strong><br />
1954, S. 79-106.<br />
21) Vgl. Caput III § 2 Abs. 2 der Verbesserten Untergerichts-Ordnung der Stadt <strong>Braunschweig</strong> vom<br />
2. 2. 1764 - StA Wf VII D Hs 42 - und den handschriftlichen Vermerk ad Caput III im Stadtarchiv<br />
Rraunschweig zu H III 4 Nr. 30 sowie Bericht des Bürgermeisters Wilmerding vom 26. 2. 1798-<br />
StA Wf 2 Alt 6500.<br />
22) Vgl. den in Anm. 21 erwähnten handschriftlichen Vermerk ad Caput III<br />
23) Der Gerichtsvoigt Voigt erzielte für seine Tätigkeit bei dem Kaufgericht im Jahre 1761 ca. 60<br />
Thaler - StA Wf 2 Alt 6608 -, der Kaufgerichtsdirektor Herdtmann erhielt 1818 ca. 120 Thaler<br />
StA Wf 12 A Neu Fb. 2 Nr. III 25 Bd. 2-; die Einnahmen des Kreisrichters Geiler bei dem herzogl.<br />
Kaufgericht betrugen JR32 im Durchschnitt jährlich 60 Thaler, desgleichen die des Kreisgerichtsdirektors<br />
Dr. Scharrnbeck - StA Wf 41 A Neu 5.<br />
24) Seit 1700 wurden die kaufmännischen Mitglieder des Kaufgerichts nicht mehr während der Laurentius-Messe,<br />
sondern jeweils in der Lichtmeß-Messe für die beiden nächstfolgenden Messen<br />
gewählt, ab 1823 dann wieder in der Laurentius-Messe, von 1843 bis 1851 schließlich jeweils im<br />
Dezember bzw. Januar kurz vor der nächsten Lichtmeß-Messe.<br />
68<br />
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dann in den beiden nachfolgenden Messen; eine Wiederwahl war zulässig 25). Es ergab sich<br />
aber alsbald, daß die für die erste Instanz ernannten Kaufleute nach Ablaufihres Amtsjahres<br />
dann durchweg für die zweite Instanz ernannt wurden, so daß seit dem Jahre 1700 jährlich<br />
immer nur noch die drei neuen kaufmännischen Mitglieder für die erste Instanz bestimmt<br />
wurden, und die bisherigen Kaufgerichtsmitglieder automatisch zum Appellations<br />
Kaufgericht aufrückten 26 ). Die kaufmännischen Mitglieder hatten ein votum decisivum,<br />
also nicht nur beratende Funktion 27).<br />
Diese in der Markt-Gerichts- und Wechsel-Ordnung vorgesehene Besetzung eines einheimischen<br />
Gerichts mit fremden Kaufleuten war durchaus ungewöhnlich. DiestcJ2l!) wertet<br />
dies als bemerkenswerten Versuch, das Mißtrauen vor einseitiger Rechtsprechung zu mindern.<br />
Dieser Versuch hatte indes - wie der Bericht des Kaufgerichts vom 19. Februar<br />
1697 29 ) zeigt - zwangsläufig auch seine Schattenseiten. Der Gerichtsverwalter Consiliarius<br />
Johann Friedrich Kätzler beklagt in diesem Bericht, daß von der fremden Kaufmannschaft<br />
des öfteren zwei oder drei Kaufleute aus einer Stadt zu Kaufgerichts-Assessoren gewählt<br />
würden, die dann ihren Mitbürgern in Streitfällen Vorteile verschaffen würden. Der Bericht<br />
schließt mit der Bitte, durch eine Verordnung festzulegen, daß von den fremden Kaufleuten<br />
grundsätzlich nur jeweils einer aus einer Stadt zum Kaufgericht gewählt werden<br />
dürfe. Die erbetene Verordnung ist zwar nicht erlassen worden; die zuständigen Gremien<br />
haben aber offenbar diesem Problem von sich aus Rechnung getragen. So wurden in der<br />
Folgezeit zwar noch verschiedentlich zwei Kaufleute aus derselben Stadt (Hamburg) gewählt,<br />
eines der kaufmännischen Mitglieder war aber fortan immer ein einheimischer<br />
Kaufmann 30).<br />
Ein weiteres Problem war, daß die zum Kaufgericht bestimmten Kaufleute das ihnen übertragene<br />
Amt keineswegs auch immer wahrnahmen. So zeigte das Kaufgericht dem Herzog<br />
mit Schreiben vom 12. Juni 1799 31 ) an, daß insbesondere in den letzten sieben Messen zu<br />
den Sitzungen des Kaufgerichts kein einziger einheimischer und nur vereinzelt fremde<br />
Kaufleute erschienen seien. Bei der daraufhin in einem Post Scripturn zum Rescript vum<br />
28. Juni 1799 32 ) angeordneten Anhörung der Ältesten der braunschweigischen Kaufmannsgilden<br />
am 24. Juli 1799 33 ) wurde von diesen u. a. vorgeschlagen, den einheimischen<br />
Kaufgerichts-Assessor nur von der einheimischen Kaufmannschaft wählen zu lassen; einer<br />
25) Artikel 3.<br />
26) Vgl. StA Wf 41 B Neu 1.<br />
27) Vgl. Post Scriptumzum Rescriptvom29. 6. 1800-StA Wf41 A Neu3.<br />
28) Ebd. S. 99/100.<br />
29) StA Wf 4 Alt Fb. 5 NT. 357.<br />
30) Vgl. auch Paul Jonas Me ie r, Die <strong>Braunschweig</strong>er Messe. In: Die <strong>Braunschweig</strong>er G-N-C Monatsschrift<br />
1919, S. 123/126, und Diestel, ebd., S. 102.<br />
31) StA Wf 41 A Neu 3<br />
32) Wie Anm. 31.<br />
33) Teilnehmer: Syndicus Seebode sowie die Kaufleute Diedrich Wilhelm Winkelmann, Conrad Behrend<br />
Kraahe, Franz Ernst Geiler, Johann Diedrich Eggeling, Friedrich David Simonis, Johann<br />
Heinrich Marckworth und Johann Heinrich To der Horst-vgl. Actum vom 24.7. 1799-StA Wf<br />
41ANeu3.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
69
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
der fremden Kaufgerichts-Assessoren sollte dann von den die Messen besuchenden Kaufleuten<br />
aus Hamburg und Bremen, der andere von denen aus Frankfurt und Leipzig gewählt<br />
werden. Die Verordneten des Kaufgerichts schlossen sich diesen Vorschlägen im wesentlichen<br />
an 34). Herzog Carl Wilhelm Ferdinand entschied jedoch, es bei der bisherigen Regelung<br />
zu belassen. Er gab den Verordneten des Kaufgerichts lediglich auf, die Kaufmannschaft<br />
an die Einhaltung ihrer Pflichten eindringlich zu erinnern 35).<br />
Die Situation scheint sich aber auch in der Folgezeit nicht wesentlich verändert zu haben.<br />
So berichtet Krüger 36 ) im Jahre 1829, daß sich fremde Kaufleute als Beisitzer des Kaufgerichts<br />
nicht mehr einfinden.<br />
3. Zuständigkeit des Kaufgerichts<br />
Das Kaufgericht war sachlich zuständig für alle sich aus den Messen ergebenden Streitigkeiten<br />
gegen Kaufleute, Krämer (gleich ob Christen oder Juden), Fabrikanten, Handwerker<br />
und Fuhrleute 3?). Gleiches gilt für Wechselstreitigkeiten und bei einem Concursus creditorum<br />
während der Messe 38 ). Dagegen waren diejenigen Meßbcsucher, die nicht Kaufleute<br />
waren (wie z. B. die Bauern und die Käufer ihrer landwirtschaftlichen Produkte),<br />
nicht der Jurisdiction des Kaufgerichts, sondern der des ordentlichen Magistrats unterworfen<br />
39).<br />
Das Kaufgericht hatte zudem die Befugnis, einen oder mehrere Makler zu wählen, die<br />
nach Bestätigung durch den Herzog den Kaufleuten bei Bedarf bei Wechselgeschäften und<br />
anderen Vertragsabschlüssen Hilfe leisten sollten 4O ).<br />
Bei dem Kaufgericht war ferner ein Vollmachtsbuch zu führen, das öffentlichen Glauben<br />
genoß. Wer nämlich im Namen eines anderen Kaufmannes Wechsel akzeptieren oder andere<br />
Geschäfte betreiben wollte, hatte von diesem eine schriftliche Vollmacht beizubringen,<br />
die von dem Schreiber des Kaufgerichts zu unterschreiben und in das Vollmachtsbuch<br />
einzutragen war. An diese Vollmacht war der Vollmachtgeber so lange gebunden, bis entweder<br />
die in der Vollmacht angegebene Frist abgelaufen oder aber der Widerruf der Vollmacht<br />
im Vollmachtsbuch verzeichnet war. Wer ohne eine derart dokumentierte Vollmacht<br />
Geschäfte tätigte, konnte daraus selbst zur Zahlung angehalten werden 41). Die<br />
Kaufmannschaft hat jedenfalls in späteren Jahren von dieser Vorschrift offenbar keinen<br />
Gebrauch mehr gemacht. So schreibt der <strong>Braunschweig</strong>er Advocat Gotthard am 31. Okto-<br />
34) Vgl. Schreiben vom 5. 2. 1800- StA Wf 41 A Neu Fb. Nr. 3<br />
35) Rescript vom 29. 6. 1800 - StA WC, ebd.<br />
36) K rü ge r, C. H. P., Systematische Darstellung des bürgerlichen Prozesses im Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>.<br />
<strong>Braunschweig</strong> 1829, § 16 S. 27 und § 17 S. 29 Not. 2.<br />
37) Artikel 5.<br />
3R) Artikel 10.<br />
39) Artikel 5.<br />
40) Artikel!3.<br />
41) Artikel!8; vgl. auch Artikel VII der Wechselordnung vom 1. 8. 1715 -abgedruckt bei Meißner<br />
(wie Anm. 16), S. 575 ff.<br />
70<br />
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ber 1845 an das Herzogliche Kaufgericht, daß diese Vorschrift seit langen Jahren nicht<br />
mehr im Gebrauch sei 42). Das Herzogliche Kaufgericht teilte ihm allerdings alsbald mit,<br />
aus der jahrelangen Nichtbeachtung dieser Vorschrift sei noch nicht zu folgern, daß diese<br />
Vorschrift außer Kraft getreten sei 43).<br />
Das Kaufgericht hatte des weiteren zwei <strong>Braunschweig</strong>er Kaufleute zu bestellen, denen es<br />
oblag, mit den zehn fremden Handelsherren und dem Kaufgerichts-Actuario den Wechselkurs<br />
während der Messe festzusetzen. Zu diesem Zweck kam dieses Gremium am Freitag<br />
in der Marktwoche auf der Börse um 11 Uhr zusammen, wo es sich zunächst bei den anwesenden<br />
Kaufleuten und Maklern nach den Meß- und Handelsgewohnheiten erkundigte.<br />
Sodann trat dieses Gremium allein in die dazu verordnete Stube, wo es mit Stimmenmehrheit<br />
den Wechselkurs feststellte. Dieser wurde dann nach Bestätigung durch das Kaufgericht<br />
noch am Nachmittag desselben Tages bekanntgegeben 44). Artikel XLVII der braunschweigischen<br />
Wechselordnung vom 1. August 1715 bestimmte dann, daß nicht allein in<br />
den Messen, sondern auch zwischen den Messen der Wechselkurs an allen Posttagen von<br />
den einheimischen Mitgliedern des Kaufgerichts und den vereidigten Maklern nach Anhörung<br />
der eingesessenen Kaufleute mit dem umfangreichsten Handel und der besten Korrespondenz<br />
festgesetzt und am schwarzen Brett der Börse bekanntgemacht werden sollte.<br />
Auf Vorschlag der Ältesten des großen Victualienamtes und der Kaufmanns-Innung 45 )<br />
und mit Zustimmung der zum Kaufgericht Verordneten 46) verfügte dann aber Herzog Carl<br />
Wilhelm Ferdinand in seinem an das Kaufgericht gerichteten Rescript vom 29. Juni<br />
1800 (7 ), daß diese Handhabung überflüssig und daher einzustellen sei, weil der Hamburger<br />
Wechselkurs ohnehin auch für den hiesigen maßgebend sei.<br />
In späterer Zeit wurde die Zuständigkeit des Kaufgerichts noch erweitert: Nach Ziffer 2<br />
der landesf. Verordnung vom 9. März 1765 48 ) hatte das Kaufgericht (in erster und letzter<br />
Instanz) zu entscheiden, wenn das Leihhaus in Credit-Sachen in Anspruch genommen<br />
wurde. War ein Pfand verdorben oder gar verloren gegangen, so sollte die Sache von dem<br />
Kaufgericht alsbald nach dem gemeinen Rechte entschieden werden 49 ).<br />
Durch das landesf. Rescript vom 30. August 1773 SO) wurde bestimmt, daß die Lottobedienten,<br />
welche nach der landest. Declaration vom 2. August 1773 ohne Unterschied, sowohl<br />
in den das Lotto und andere Geschäfte betreffenden als auch in Contracts-, Commerz- und<br />
(2) Vgl. StA Wf 41 A Neu 1.<br />
43) Vgl. Resolution vom 17. 11. 1845 - StA Wf 41 A Neu 1.<br />
44) Artikel21.<br />
(1) Vgl. Actum vom 24. 7.1799 - StA Wf 41 A Neu 3.<br />
46) Vgl. Schreiben vom 5. 2. 1800 - StA Wf ebd.<br />
47) StA Wf ebd.<br />
(8) <strong>Braunschweig</strong>isehe Anzeigen (8r. Anz.) vom 9. 3.1765, Sp. 1-18.<br />
49) Ziffer 39 der VO.<br />
50) Abgedruckt bei Meißner (wie Anm. 16), S. 623/624.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
71
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Bestritt der Beklagte das Klagevorbringen, hatte der Kläger Beweis durch Zeugen, Urkunden<br />
oder Augenschein zu erbringen. Zeugenaussagen waren nicht mehr zu erörtern. Nur<br />
dann, wenn die Glaubwürdigkeit eines Zeugen in Frage stand, waren Einwendungen gegen<br />
seine Person zulässig.<br />
War der Fall in tatsächlicher Hinsicht ausreichend aufgeklärt, war er unverzüglich nach<br />
den geltenden Gesetzen und Statuten zu entscheiden. Bestanden rechtliche Zweifel,<br />
konnte das Kaufgericht die Akten auch zur Einholung eines Rechtsgutachtens an die nächste<br />
juristische Fakultät schicken, nicht jedoch - wie 1731 geschehen - den Herzog um eine<br />
Entscheidung bitten 57).<br />
2. Instanz: Gegen die Urteile des Kaufgerichts konnte der Unterlegene zum einen S u pplica<br />
t ion einlegen, über die das Kaufgericht selbst entschied. Voraussetzung war, daß er die<br />
Supplication sofort anmeldete und zugleich auf das Rechtsmittel der Appellation ausdrücklich<br />
verzichtete, worauf die Parteien bei der Verkündung des Urteils ausdrücklich hinzuweisen<br />
waren. Der Supplieant mußte dann alle seine Beschwerden innerhalb von 24 Stunden<br />
vorbringen und belegen, der Gegner hatte ebenfalls innerhalb von 24 Stunden zu antworten.<br />
Sodann sollte die Supplication nach Möglichkeit sofort beschieden werden 58).<br />
Der Unterlegene konnte sich aber auch der Appellation bedienen, wenn die Appellationssumme<br />
von "einhundert Thaler Capital, oder fünffThaler interesse" erreicht war. Die<br />
Appellation war ebenfalls sofort bei dem Kaufgericht einzulegen. War die Appellation in<br />
zulässiger Weise fristgerecht eingelegt, so hatte der Appellant die Begründung innerhalb<br />
von 24 Stunden sub praejudicio desertionis samt und sonders auf einmal, ohne alle Weitläufigkeit,<br />
aufs kürzeste und nur punktweise dem Gerichtsschreiber entweder mündlich zu<br />
Protokoll zu diktieren oder aber schriftlich in der gleichen Kürze sub poena rejectionis<br />
doppelt zu übergeben. Der Actuarius des Kaufgerichts legte die Akten sodann dem Appellations-Kaufgericht<br />
vor 59).<br />
Das Appellations-Kaufgericht sollte zunächst "durch beschehenes Zureden" eine gütliche<br />
Einigung anstreben. War eine gütliche Einigung nicht möglich, so hatte der bei Verlust der<br />
Appellation zu ladende Appellat innerhalb von 24 Stunden zu erwidern. Wurde das Urteil<br />
des Kaufgerichts bestätigt, gab es gegen den Spruch des Appellations-Kaufgerichts keinen<br />
Rechtsbehelf mehr.<br />
Es bleibt als Besonderheit zu erwähnen, daß dann, wenn die Supplication oder die Appellation<br />
"frivola erfunden" und daher zu verwerfen war, sowohl der Partei als auch dem Advocatus<br />
eine an den Fiskus zu zahlende Strafe in Höhe von 5 % des Klagewertes auferlegt<br />
werden sollte (0 ).<br />
57) Vgl. Rescriptvom3.9.1731-abgedrucktbei Wolffram,(wieAnm.12),S.178/179.<br />
58) Artikel 11.<br />
59) Vgl. Anm. 58).<br />
()()) Vgl. Anm. 58).<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
der Fürst\. Regierungs-Commissions Verfügung vom 3. Februar 1814, das Verfahren der<br />
Gerichte betreffend 78 ), daß nach ausdrücklicher Landesherrlicher Erklärung das Kaufgericht<br />
mit al1 seinen Funktionen vorerst und bis zu weiterer Verfügung bestehen und auch<br />
das Verfahren vor dem Kaufgericht unverändert bleibe. Lediglich die al1gemein abgeschaffte<br />
Aktenverschickung war nunmehr auch dem Kaufgericht untersagt.<br />
Auch die Reform von 1823 79)/1825 ließ das Kaufgericht unberührt. In § 7 der Verordnung<br />
vom 9. Juni 1825, die veränderte Gerichts= Verfassung betreffend SO), ist ausdrücklich festgelegt,<br />
daß nach wie vor diejenigen Sachen, welche vor das Kaufgericht der Stadt <strong>Braunschweig</strong><br />
gehören, demselben ferner vorbehalten bleiben.<br />
Auf die Competenz des Kaufgerichts wurde schließlich auch in der von dem Herzoglichen<br />
Staatsministerium mit der Herzog\. Anhalt-Bernburgischen Landes-Regierung zur Förderung<br />
der Rechtspflege abgeschlossenen Übereinkunft Bedacht genommen. Artikel 28 des<br />
Gesetzes vom 25. Mai 1848, die Publication der Übereinkunft betreffend 81), legt ausdrücklich<br />
fest, daß hierdurch die Bestimmungen der <strong>Braunschweig</strong>ischen Marktgerichtsordnung<br />
und der Declaration zu derselben vom 13. Oktober 1712 über die Competenz des Kaufgeriehts<br />
zu <strong>Braunschweig</strong> 82 ) nicht abgeändert werden.<br />
Das Institut des Kaufgerichts endete ebenso wie das des Appel1ations-Kaufgerichts mit<br />
Ablauf des 30. April 1851 83 ).<br />
78) Verordnungs-Sammlung Nro. 7 vom 6. 2. 1814, S. 84.<br />
79) VgJ. die Verordnung vom 26.3. 1823, die Einrichtung des Justizwesens betreffend- Verordnungs-<br />
Sammlung Nro. 6 vom 27. 6. 1823, S. 21 ff.<br />
SO) Verordnungs-Sammlung Nro. 6 vom 17. 6. 1825, S. 191.<br />
81) Gesetz- und Verordnungs-Sammlung No. 30 vom 19.6. 1848, S. 87/89.<br />
82) StAWf4AltFb. 5Nr. 357.<br />
83) Vgl. unten Seite 81.<br />
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B. HANDELSGERICHT (1851-1879)<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
I. Zur Entstehung des Handelsgerichts<br />
Herzog August Wilhelm hatte sich in Artikel XLVII dcr <strong>Braunschweig</strong>ischen Wechsclordnung<br />
vom 1. August 1715 84 ) die Einrichtung eines beständigen Kaufgerichts ausdrücklich<br />
vorbehalten ("so lange bis Wir ein beständiges Kaufgericht bestellen möchten").<br />
Aber wedcr unter seiner Regierung noch untcr der seines Bruders Ludwig Rudolf (1731-<br />
1735) wurde eine derartige Einrichtung geschaffen. Es war schließlich Herzog earl, der<br />
sich dieser Frage auf Drängen der Kaufmannschaft im Jahre 1760 annahm und von dem<br />
Magistrat dcr Stadt zunächst einen Bericht einforderte 85). Der damalige Direktor des Magistrats<br />
(Bürgermeister und Syndicus) Wilmerding berichtete daraufhin unter dem 20. Januar<br />
1761 86 ), der Magistrat könne zwar versichern, daß bisher niemand - auch außerhalb<br />
der Messen - Grund gehabt habe, sich über eine zögerliche Arbeitsweise der in der Stadt<br />
vorhandenen Gerichte zu beklagen. Gleichwohl könne - so Wilmerding weiter - dem<br />
Wunsch der Kaufmannschaft leicht entsprochen werden, indem man jeweils eincn zweiten<br />
einheimischen Kaufmann zum Kaufgericht bzw. Appellations-Kaufgericht wähle; diese<br />
könnten dann das jeweilige Gerichtskollegium verstärken und eine Spruchtätigkeit auch<br />
während der Abwesenheit der auswärtigen Kaufleute gewährleisten. Nur 8 Tage später,<br />
am 28. Januar 1761, genehmigte der Herzog die Einrich tung eines "Handels-Gerichts außer<br />
den Messen", vor dem alle Sachen verhandelt werden sollten, welche während der Messen<br />
zur Zuständigkeit des Kaufgerichts gehörten 87 ). Gleichzeitig gab er dem Magistrat auf,<br />
dieses Handelsgericht einzurichtcn und einen einheimischen Kaufmann als weiteres Kaufgerichtsmitglied<br />
in Vorschlag zu bringen. Wilmerding schlug daraufhin mit Bcricht vom 21.<br />
März 17618 8 ) den Kaufmann Johann Michael Gellcr aus <strong>Braunschweig</strong> vor. Der Herzog<br />
bestätigte diesen Vorschlag für die 1. Instanz 89 ), verlangte aber noch die Benennung eines<br />
weiteren einheimischen Kaufmannes für die 2. Instanz sowie die Einsendung eines ,,Aufsatzes,<br />
durch welchen diese Einrichtung zu publiciren ist". Unterlagen darüber, ob und ggf.<br />
wie dcr Magistrat darauf reagiert hat, waren nicht aufzufinden. Sicher ist allcrdings, daß es<br />
damals - noch - nicht zur Einrichtung eines beständigen Kaufgerichts gekommen ist. Ein<br />
Brief dcs Rats-Syndicus Behrens vom 25. Januar 1766 an dcn Registrator Voigt 90), in dem<br />
die Akten betr. den Bericht der Stadt vom 20. Januar 1761 aus der Registratur erbcten<br />
werdcn, läßt vermuten, daß zunächst einmal dic Wirren des siebenjährigen Krieges die<br />
Einrichtung eines beständigen Kaufgcrichtes nicht als vordringlich erscheinen ließen.<br />
84) Abgedruckt bei Meißner (wie Anm. 16), S. 575 ff.<br />
85) Rescript vom 9. 9. 1760 - StA Wf 2 Alt 6687 sowie 41 B Neu 1.<br />
86) StA Wf2 Alt 6687.<br />
87) Rescript vom 28.1. 1761-StA Wf (wie Anm. 86).<br />
88) Vgl. Anm. 86). .<br />
89) Rescript vom 1. 5. 1761-StA Wf (wie Anm. 86).<br />
90) Vgl. Anm. 86).<br />
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77
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In den folgenden Jahrzehnten blieb es weiterhin nur bei dem jeweiligen Meß-Kaufgericht.<br />
Erst auf dem Landtage von 1831/32 kam die nach wie vor von dem Handelsstande erhobene<br />
Forderung nach der Einrichtung eines beständigen Handelsgerichts zur Verhandlung. Damals<br />
bestand bereits die konkrete Absicht, das bisherige Kaufgericht "in einen permanenten<br />
Gerichtshof (mit dem Namen ,Handelsgericht') umzuschaffen, von welchem alle den<br />
Handel und die Gewerbe betreffenden Rechtshändel in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> zu entscheiden<br />
seien". 91) Der Antrag des Magistrats-Directors Wilhelm Bode, die Regierung zu<br />
ersuchen, zur Errichtung eines Handelsgerichts in der Stadt Braunsehweig einen Gesetzesentwurf<br />
vorzubereiten und der künftigen Ständeversammlung vorzulegen, ist in der gemeinsamen<br />
Sitzung der beiden Sectionen der Landschaft am 8. Oktober 1832 einstimmig<br />
angcnommen 92 ) und dem Herzog mit Schreiben vom 10. Oktober 1832 93 ) übermittelt worden.<br />
Die Antwort erfolgte in Artikel 25 des Landtagsabschiedes vom 12. Oktober 1832 94 ):<br />
"Endlich ist darauf angetragen, daß in der Stadt Braunschwcig ein Handelsgericht Behuf<br />
Entscheidung der eigentlichen Handelsstreitigkeiten und Leitung der Coneurse von Kaufleuten<br />
errichtet und ein desfallsiger Gesetzentwurf vorbereitet und der demnächstigen<br />
Ständeversammlung vorgelegt werden möge, und wie dieserhalb von dem Durchlauchtigsten<br />
Landesfürsten bereits die erforderlichen Einleitungen getroffen sind: so wollen<br />
Höchstdieselbcn nach Beendigung der nothwendigen Vorarbeiten das Weitere mit getreuen<br />
Ständen berathen lassen".<br />
Diese Vorarbeiten zogen sich trotz wiederholter Erinnerungen bis 1850 hin. Wichtiger erschien<br />
der Ständeversammlung zunächst einmal die Erneuerung der Wechselordnung 95 ).<br />
Demgemäß ersuchte sie die Landesregierung mit Schreiben vom 13. Juli 1833 96 ), alsbald<br />
den Entwurf einer neuen Wechselordnung vorzulegen, "damit solche noch vor der Errichtung<br />
des in § 25 des Landtagsabschiedes vom 12. Oetober v.J.. verheißenen Handelsgerichts<br />
in gesetzliche Kraft treten könne".<br />
Noch auf demselben Landtage - etwa zwei Jahre später - wurde dann von dem <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Kaufmann F. Grassau 97 ) beantragt, die Herzogliche Landesregierung zu ersuchen,<br />
die Erfüllung des Artikels 25 des Landtagsabschiedes vom 12. Oktober 1832 nicht<br />
länger zu verschieben 9R ). Grassau berief sich dabei auf den Handelsstand, der es schmerz-<br />
91) Vgl. Protokoll über die Verhandlungen des Landtages vom 17. 9. 1832, S. 54 - in: Stadtarchiv<br />
<strong>Braunschweig</strong> Zs 11 42.<br />
92) Vgl. Nr. 84 der ActensWcke über die Verhandlungen in den Plcnar-Versammlungen der <strong>Braunschweig</strong>-Wolfcnbüttelschen<br />
und Blankenburgsehen Landschaft auf dem Landtage von 1831-1832<br />
(IIles Heft -vom 27sten August bis 12len October 1832).<br />
93) Nr. 94 der in Anm. 93) elWähnten Actenstücke.<br />
94) Vgl. GuVS No. 17 vom l(i. Oktober 1832, S. 179/188.<br />
95) Vgl. dazu Bericht der ständischen Commission - bestehend aus den Kaufleuten Friedrich Löbbecke<br />
und L. Seeliger sowie dem Justizamtmann W. Empcrius - vom 11. 7.1833 (Anlage E Seite<br />
226/227 zum Protokoll No. XI vom 12.7. 1833, Seite 214/215).<br />
96) Vgl. Anlage zum Protokoll No. XII vom 13. 7. 1833, S. 231/241.<br />
97) Vgl. StA Wf23 Neu 1 Nr. 810.<br />
98) Vgl. Protokolle No. CCXXX vom 6.4. 1835, Seite 2294 Ziffer VI und No. CCXXXI vom 7.4.<br />
1835, S. 2298/99 Ziffer V.<br />
78<br />
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lich empfunden hahe, daß schon wieder Jahre verstrichen seien, ohne daß die Sache weiter<br />
gediehen sei. Und er fügte hinzu: ,,Abgesehen davon, daß Streitigkeiten, deren Erledigung<br />
vor den ordentlichen Gerichten Monate erforderten, während sie vor einem Handelsgerichte<br />
in wenigen Stunden abgethan sein würden, lägen noch manche andere Gründe vor, welche<br />
die alsbaldige Erfüllung der ertheilten Zusage zu einem dringenden Wunsche des Handelsstandes<br />
machten".<br />
Zu diesem Antrag hat die zur Prüfung eingehender Bittschriften gewählte Commission 99)<br />
in ihrem Bericht vom 3. Mai 1835 1(0 ) nur sehr zurückhaltend Stellung genommen. Sie hat<br />
insbesondere nicht unerhebliche Bedenken deshalb geäußert, weil sie Competenzkonflikte<br />
befürchtete und Schwierigkeiten bei der Gewinnung geeigneter Kaufleute für das uhne<br />
Entschädigung auszuübende Ehrenamt sah. Trotz dieser Bedenken entschied sich die<br />
Commission aher dafür, die Annahme des Antrages vorzuschlagen. Der Antrag ist sodann<br />
von der Ständeversammlung am 6. Mai 1835 erneut beraten und auch angenommen worden<br />
1(1), was den Herzog zu der Feststellung veranlaßte, er werde diese Anträge in weitere<br />
Erwägung nehmen und demnächst der Ständeversammlung die erforderlichen Mitteilungen<br />
machen lassen 102). Als dann bis zur Eröffnung des 2. ordentlichen Landtages am 27.<br />
Novemher 1836 noch immer kein Gesetzentwurf vorlag, wurde in der Sitzung am 7. Dezember<br />
1836 103 ) beantragt, die Herzogliche Regierung zu ersuchen, den Entwurf im Interesse<br />
des Handelsstandes noch auf diesem Landtage vorzulegen. Dabei wurde erneut darauf<br />
hingewiesen, daß geringfügige Handelsstreitigkeiten von den vorhandenen Gerichten<br />
nicht selten zwar nach jahrelangen Verfahren mit höchster juristischer Feinheit entschieden<br />
würden, dem Handelsstande aber mehr an einer Entscheidung gelegen sei, die schnell<br />
erfolge, auch wenn sie nur das moralische Recht zur Grundlage hätte. Wieder wurde eine<br />
Commission mit der Begutachtung beauftragt, die wieder die Annahme des Antrages vorschlug<br />
104). Die Ständeversammlung nahm den Antrag nach längerer Beratung schließlich<br />
in der Sitzung am 24. Januar 1837 mit 23 von 44 Stimmen an 105).<br />
Das Herzogliche Staatsministerium teilte unter dem 24. Juli 1837 indes mit, die Vorarbeiten<br />
seien noch nicht so weit fortgeschritten, daß ein endgültiger Entschluß in dieser Sache<br />
gefaßt werden könnte 1(6).<br />
Es vergingen weitere Jahre, die Diskussion über Vor- und Nachteile eines Handelsgerichts<br />
gingen weiter. So vertrat 1841 der <strong>Braunschweig</strong>er Advocat Rothschildt z. B. in einer län-<br />
99) Bestehend aus dem Landesdirektor Pini aus Braunsehweig, dem Hofrath und Probst Dedekind<br />
aus Wolfenbüttel und dem Notar Steinacker aus Holzminden.<br />
100) Anlage IV zum Protokoll "Ir. CCLIX vom 4. 5. 1835.<br />
101) Vgl. Protokoll Nr. CCLXII vom 6. 5. 1835, S. 2627/28 Ziffer I.<br />
H12) Vgl. Artikel 19 des Gesetzes, den Landtagsabschied betreffend, vom 25.5. 1835 - GuVS No. 35<br />
vorn 9.6.1835, S. 617/627.<br />
103) Vgl. Protokoll No. X vom 7. 12. 1836, S. 39 Ziffer m.<br />
104) Vgl. Bericht vom 10. 1. 1837 - Anlage IV zum Protokoll No. XIV vom 12. 1. 1837, S. 86.<br />
105) Vgl. Protokoll No. XXIV vom 24. 1. 1837, S. 205-207 Ziffer IV.<br />
1(6) Anlage II zum Protokoll No. LXXXVI vom 25.7.1837, S. 831.<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
geren Abhandlung 107) die Ansicht, daß die Errichtung eines besonderen Handelsgerichts<br />
für die Stadt <strong>Braunschweig</strong> weder notwendig noch wünschenswert noch am Ende ausführbar<br />
sei.<br />
Am 1. Mai 1849 traten dann die allgemeine Deutsche Wechselordnung vom 26. November<br />
1848 und das Gesetz über den Wechselprozeß vom 11. Januar 1849 1(8 ) in Kraft. An diesem<br />
Tag erlosch die Gültigkeit der Artikel 16-36 der Marektgerichts- und Wechselordnung vom<br />
1. Dezember 1686 und der Wechselordnung vom 1. August 1715 sowie aller dieselben ergänzenden,<br />
erläuternden oder abändernden Verordnungen und Rescripte. Die in Artikel<br />
1-15 der Marktgerichts- und Wechselordnung enthaltenen Bestimmungen über die Einrichtung<br />
und das Verfahren des Kaufgerichts galten jedoch einstweilen wciter I09 ). Auch<br />
der der Landes-Abgeordneten-Versammlung in der Sitzung am 21. Dezember 1848 vorgelegte<br />
Gesetzentwurf, die Gerichts-Verfassung betreffend 110), sah in § 28 vor, daß das Kaufgericht<br />
und das Appellations-Kaufgericht in <strong>Braunschweig</strong> bis zur Errichtung eines Handelsgerichts<br />
bestehen bleiben.<br />
Anläßlich der Beratung über das Gesetz, die Einführung der Gerichtsverfassung vom 21.<br />
August 1849 111 ) betreffend 112), wies der Abgeordnete Stockfisch am 16. März 1850 113 ) ausdrücklich<br />
darauf hin, daß nach § 47 der Grundrechte 114) die bürgerliche Rechtspflege in<br />
Sachen besonderer Berufserfahrung durch sachkundige, von den Berufsgenossen frei gewählte<br />
Richter geübt oder mitgeübt werden solle und nach Artikel 3 No. 8 des Einführungsgesetzes<br />
115) die insoweit erforderlichen Veränderungen vom Gesetzgeber ungesäumt zu<br />
treffen seien. Daraufhin teilte der Staatsminister von Schleinitz mit, daß wegen der Handelsgerichte<br />
schon ein Entwurf ausgearbeitet sei und der Versammlung bald vorgelegt<br />
werde. Tatsächlich hatte die lustiz-Commission 116) bereits mit Schreiben vom 25. Oktober<br />
1849 einen von ihr ausgearbeiteten Gesetzentwurf dem Herzoglichen Staatsministerium<br />
107) Vgl. <strong>Braunschweig</strong>isches Magazin vom 23.10.1841, S. 345-349.<br />
1(8) Beide Gesetze sind dem Patent, die Einführung der allgemeinen Wechselordnung für ganz<br />
Deutschland und eines Wechselprozeßgesetzes betreffend, vom 11. 1. 1849 (GuVS No. 4 vom 19.<br />
1. 1849, Seite 7-10) beigefügt.<br />
1(9) § 1 des in Anm. lOS) genannten Patentes.<br />
110) Anlage la zum Protokoll No. 2 vom 21. 12. 1848, S. 5 Ziffer 11.<br />
111) GuVS No. 35 vom 12. 9. 1849, S. 235-245.<br />
112) Anlage llA zum Protokoll No. 136 vom 11. 3. 1850 und Anlage 7 zum Protokoll No. 138 vom 13.<br />
3.1850.<br />
1B) Vgl. Protokoll No. 144 vom 16. 3. 1850, S. 771 Ziffer V.<br />
114) Artikel 9 § 47 des Gesetzes, betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes - RGB!. vom 28.<br />
12. lR4R, Seite49 ff.; vgl. auch Ahschnitt VI Artikel X § IRO der Verfassung des Deutschen Reiches<br />
- RGB!. vom 28.4. lR49, S. 101 ff.<br />
lIS) RGB!. vom 28. 12. 1848, S. 57 ff.<br />
116) Bestehend aus dem Obergerichtsrath von Schmidt-Phiseldeck aus Wolfenbüttel, dem Amtsrichter<br />
Dr. Schmid aus Schöningen, dem Buchhändler Eduard Vieweg aus <strong>Braunschweig</strong>, dem Obergerichts-Advocaten<br />
Dr. Degener aus Blankenburg, dcm Obcrgcrichtsrath Dr. Tricps aus Wolfenbüttel,<br />
dem Amtsrichter Rhamm aus Vorsfelde und dem Obergerichts·Advocaten Schaper aus<br />
Wolfenbüttel.<br />
80<br />
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vorgelegtl I7 ). Von diesem Entwurf wich der von dem Herzog\. Staatsministerium der Landes-Abgeordneten-Versammlung<br />
schließlich mit Schreiben vom 24. November 1850 118 )<br />
vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Handelsgerichts Ilq) nur in<br />
wenigen, nicht erheblichen Punkten ab. Der ausführliche Bericht der Justiz-Commission<br />
vom 9. Dezember 1850 12°) über diesen Gesetzentwurf wurde der Landes-Abgeordneten<br />
Versammlung am 11. Dezember 1850 vorgelegt 121). Bereits am 17. Dezember 1850 wurde<br />
der Gesetzentwurf beraten; einige wenige Änderungen wurden beschlossen. Nachdem der<br />
Staatsminister von Schleinitz das Einverständnis der Herzoglichen Landesregierung mit<br />
den beschlossenen Änderungen erklärt und zudem den 1. Mai 1851 als vorgesehenen Tag<br />
des Inkrafttretens des neuen Gesetzes bezeichnet hatte, erteilte die Landes-Abgeordneten-Versammlung<br />
noch am 17. Dezember 1850 die Zustimmung zu dem Erlaß des Gesetzes<br />
I22 ). Am 28. Dezember 1850 erließ Herzog Wilhelm schließlich das von der Kaufmannschaft<br />
so lange erstrebte Gesetz, die Errichtung eines Handelsgerichts betreffend 123).<br />
II. Gesetz, die Errichtung eines Handelsgerichts betreffend vom 28. Dezember<br />
1850<br />
Das Handelsgericht war eine besondere Sektion des Kreisgerichts für Handelssachen 124)<br />
und hatte seinen Sitz in <strong>Braunschweig</strong> (§ 1). Es nahm seine Tätigkeit am 1. Mai 1851 auf.<br />
Die zu diesem Zeitpunkt bei dem Kaufgericht noch anhängigen Sachen waren an das Handelsgericht<br />
abzugeben (§ 45 Abs. 2 Satz 2). Dagegen waren die bis dahin bei den ordentlichen<br />
Gerichten anhängig gemachten Handelssachen von diesen zu Ende zu bringen (§ 45<br />
Abs. 1 Satz 2). Das Appellations-Kaufgericht schließlich hatte die vor dem 1. Mai 1851<br />
eingelegten Rechtsmittel gegen Erkenntnisse des Kaufgerichts noch nach dem bisherigen<br />
Prozeßverfahren zu erledigen (§ 45 Abs. 3 Satz 2).<br />
1. Verfassung des Handelsgerichts<br />
Das Handelsgericht bestand aus 5 Handelsrichtern, und zwar wurde es gebildet aus einer<br />
Deputation von 2 Mitgliedern des Kreisgerichts <strong>Braunschweig</strong> und aus 3 kaufmännischen<br />
Sachverständigen (§2). Die rechtsgelehrten Mitglieder des Handelsgerichts wurden<br />
von dem Herzoglichen Staatsministerium auf 3 Jahre ernannt (§4). Die kaufmännischen<br />
Mitglieder (und ihre Stellvertreter) wurden aus der Kaufmannschaft der Stadt<br />
Braunschwcig gewählt (§ 6), und zwar auf 3 Jahre, jedoch so, daß nach Ablauf eines jeden<br />
Jahres ein Mitglied und ein Stellvertreter ausschieden und durch Neuwahl ersetzt wurden<br />
(§ 9); die Gewählten bedurften der Bestätigung der Regierung (§ 6).<br />
117) Vgl. Bericht der lustiz-Commission vom 9. 12. 1850, S. 1- Anlage 2 zum Protokoll No. 151 vom<br />
11. 12. 1850, S. 809 Ziffer 11.<br />
118) Anlage 12 zum Protokoll No. 146 vom 30. 11. 1850, S. 1-3.<br />
119) Vgl. Anm. 118), S. 4--11.<br />
120) Vgl. Anm. 117).<br />
121) Vgl. Protokoll No. 151 vom 11. 12. 1850, S. 809 Ziffer 11.<br />
122) Vgl. Protokoll No. 154 vom 17. 12. 1850, S. 826--828 Ziffer VI.<br />
123) GuVS No. 3 vom 20.1. 1851, S. 7-20.<br />
124) Vgl. Bericht derlustiz-Commission vom 9.12.1850, S. 2 - Anlage 2 zum Protokoll No. 151 vom<br />
11. 12. 1850, S. 809 Ziffer 11.<br />
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Wählbar waren alle diejenigen Kaufleute der Stadt <strong>Braunschweig</strong>, welche entweder<br />
Großhandel, Wechsel- und Speditionsgeschäfte, oder ein sonstiges Handelsgeschäft betrieben,<br />
zu dessen Begründung nach der Gewerbe- und Gildeordnung vom 29. Oktober<br />
1821 125 ) ein Vermögen von 4000 Thalern erforderlich war, sowie diejenigen, welche eine<br />
Konzession zu einem nicht im Gildeverband betriebenen, auf das In- und Ausland sich<br />
erstreckenden Fabrikunternehmen hatten. Ferner mußten sie das 30. Lebensjahr erreicht<br />
haben und die zu staatsbürgerlichen Ehrenämtern erforderlichen Eigenschaften besitzen<br />
(§8).<br />
Wahlberechtigt waren: 1. in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> die Mitglieder des Kaufmanns<br />
Vereins, 2. in allen übrigen Teilen des Landes diejenigen Kaufleute, welche entweder<br />
Großhandel, Wechsel- und Speditionsgeschäfte oder ein sonstiges Handelsgeschäft betreiben,<br />
zu dessen Begründung nach der Gewerbe- und Gildeordnung vom 29. Oktober 1821<br />
ein Vermögen von 2000 Thalern erforderlich war, sowie diejenigen, welche die Konzession<br />
zu einem nicht im Gildeverband betriebenen umfassenden, auf das In- und Ausland sich<br />
erstreckenden Fabrikunternehmen hatten. Die danach berechtigten Wähler mußten zudem<br />
das 25. Lebensjahr erreicht haben und die zu staatsbürgerlichen Ehrenämtern erforderlichen<br />
Eigenschaften besitzen (§ 7).<br />
Für das erstmals durchzuführende Wahlgeschäft hatte das Herzogliche Staatsministerium<br />
durch Rescript vom 1. März 1851 aus dem Vorstand des Kaufmanns-Vereins den Kaufmann<br />
Eduard Lüttge aus <strong>Braunschweig</strong> zum Wahlvorsteher ernannt 126). Dieser forderte<br />
in den <strong>Braunschweig</strong>ischen Anzeigen vom 17. März 1851 127 ) die nicht in <strong>Braunschweig</strong><br />
wohnenden Wahlberechtigten auf, sich binnen 14 Tagen "behuf Eintragung ihrer Namen<br />
in die Wählerliste" schriftlich zu melden. Die auf der Grundlage dieser Anmeldungen und<br />
des Verzeichnisses der Mitglieder des Kaufmanns-Vereins angefertigte Wählerliste wurde<br />
von dem Wahlvorsteher dann in den <strong>Braunschweig</strong>ischen Anzeigen vom 31. März 128) und<br />
8. Apri11R51 129 ) bekannt gemacht; demnach waren insgesamt 169 Kaufleute wahlberechtigt.<br />
Bei der "auf Dinstag, den 8. April, Nachmittags präeise 2 Uhr, im Locale der Kaufmanns=<br />
Halle (im Viewegschen Hause)" anberaumten Wahl 130) sind sodann in geheimer Abstimmung<br />
durch Stimmzettel in getrennten Wahlhandlungen (§ 12 Satz 1) als kaufmännische<br />
Mitglieder des Handelsgerichts die Kaufleute Eduard Lüttge, Itzig lüdel und Peter<br />
Schmidt, und als deren Stellvertreter die Kaufleute Heinrich Carl Wantzelius, Eduard<br />
125) Verordnungs-Sammlung Nr. 8 vom 13. 11. 1821.<br />
126) Vgl. Bekanntmachung des Stadt-Magistrats vom 8.3. 1851-in: Br. Anz. Nr. 62 vom 14. 3.1851,<br />
Sp. 1875176.<br />
127) 64. Stück Sp. 1937.<br />
128) 76. Stück Sp. 2303--2306.<br />
129) 83. Stück Sp. 2528.<br />
130) Vgl. Bekanntmachung des Wahlvorstehers vom 6. 4. 1851-in: Br. Anz. 83. Stück vom 8.4.1851,<br />
Sp.2528.<br />
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Schade und Friedrich Selwig gewählt worden; ihre Wahl ist durch Rescript des Herzoglichen<br />
Staatsministeriums vom 16. April 1851 bestätigt worden 131).<br />
Den Vorsitz in diesem neuen Spruch körper führte der Kreisrichter Geiler als das der Anstellung<br />
nach älteste rechtsgelehrte Mitglied (§ 5 Satz 1). Die Geschäfte des Secretärs, der<br />
Schreiber und Gerichtsboten bei dem Handelsgericht wurden von dem bei dem Kreisgericht<br />
<strong>Braunschweig</strong> angestellten Personal besorgt (§ 19).<br />
2. Wirkungskreis des Handelsgerichts<br />
Das Handelsgericht war in allen Handelssachen aus dem Kreis B ra unschweigzuständig,<br />
sofern der Streitgegenstand einen Wert von mehr als 50 Thalern erreichte (§20). Aus<br />
den übrigen Kreisen des Landes (Wolfenbüttel, Helmstedt, Gandersheim, Holzminden<br />
und Blankenburg) konnten Handelssachen im Wert zwischen 50 und 200 Thalern mit<br />
Zustimmung beider Parteien, bei einem höheren Wert auf Antrag einer Partei vor das Handelsgericht<br />
gebracht werden (§§ 21, 22). War der Streitwert geringer, waren auch in Handelssachen<br />
die ordentlichen Gerichte zuständig. Der durch eine Petition des Kaufmanns<br />
Vereins unterstützte Antrag des Abgeordneten (und kaufmännischen Handelsrichters) Jüdei<br />
vom 6. Mai 1851, wenigstens in Meßhandelssachen die Zuständigkeit des Handelsgerichts<br />
auf alle Streitigkeiten ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes auszudehnen,<br />
hatte letztlich trotz eingehender Diskussion keinen Erfolg 132).<br />
Als Handelssachen waren nach § 23 alle Zivilstreitigkeiten anzusehen, welche in HandeIsverhältnissen<br />
ihren Grund hatten oder sich unmittelhar darauf hezogen, "die Parteien<br />
mögen dem Handelsstande angehören oder nicht" 133).<br />
In Debit- und Nachlaßsachen war das Handelsgericht nur dann zuständig, wenn es sich um<br />
das Vermögen oder den Nachlaß eines in der Stadt <strong>Braunschweig</strong> wohnenden Kaufmannes<br />
handelte, und wenn über das in dem Kreise <strong>Braunschweig</strong> befindliche Vermögen eines<br />
auswärtigen, die hiesige Messe besuchenden Kaufmanns ein Particular-Concurs ausbrach<br />
(§ 33).<br />
Der Wunsch des Vorstandes des Kaufmanns-Vereins, in dieses Gesetz auch Bestimmungen<br />
üher die Anlegung und Führung eines Handelsregisters aufzunehmen, hat in § 34 insoweit<br />
Berücksichtigung gefunden, als allgemein festgelegt worden ist, daß bei dem Handelsgericht<br />
ein Handelsregister geführt werden soll, in welches die Gesellschaftsverträge, die<br />
Handlungsfirmen, die Unterschriften der Gesellschafter und Inhaber der Handlungen sowie<br />
die Unterschriftsvollmachten nebst der Unterschrift des Bevollmächtigten eingetragen<br />
werden. Diese allgemeine Fassung war deshalb gewählt worden, weil dieser Komplex bei<br />
131) Vgl. Bekanntmachung des Kreisgerichtsdirektors RieseIl vom 20. 4. 1851 - in: Br. Anz. 1'0. 96<br />
vom 24. 4. 1851, Sp. 2866167.<br />
132) Vgl. dazu Landtags-Protokolle No. 161 vom 6. 5. 1851, Seite 864 Ziffer V, No. 173 vom 30. 5.<br />
1851, S. 922 Ziffer III 2 nebst Anlage 4, No. 176 vom 11. 6. 1851, S. 947 Ziffer III und S. 949 Ziffer<br />
IX, No. 178 vom 14. 6.1851, S. 958 Ziffer V sowie No. 179 vom 17. 6.1851, S. 964 Ziffer VII nebst<br />
Anlage 8.<br />
133) Vgl. auch die beispielsweise Aufzählung von Handelssachen in § 24.<br />
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den Beratungen der noch ausstehenden Ordnung des Gewerbewesens und der allgemeinen<br />
Gesetzgebung über das Handelsrecht gesondert und zugleich abschließend behandelt werden<br />
sollte. 134) Diese Beratungen zogen sich bis 1863 hin. Der aus der Beratung von Commissarien<br />
der Regierungen deutscher Bundesstaaten schließlich hervorgegangene Entwurf<br />
eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches erlangte im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong><br />
mit dem 1. November 1863 Gesetzeskraft. 135) § 4 des Einführungsgesetzes legte ausdrücklich<br />
fest, daß das Handelsregister für das gesamte Herzogtum von dem Handelsgericht in<br />
<strong>Braunschweig</strong> geführt wird. Die näheren Anordnungen über Form und Führung der Handelsregister<br />
waren in der Instruction für Herzogliches Handelsgericht zu <strong>Braunschweig</strong>,<br />
die Führung der Handelsregister betreffend 136), enthalten.<br />
3. Verfahren in Handelssachen<br />
Das Verfahren vor dem Handelsgericht, das nach den bestehenden Gesetzen, Rechten und<br />
rechtlichen Gewohnheiten zu entscheiden hatte (§ 35), richtete sich im allgemeinen nach<br />
den Vorschriften der Civilproceßordnung I37 ), insbesondere nach den für das Verfahren<br />
vor den Kreisgerichten vorgeschriebenen Bestimmungen (§ 36).<br />
Alle Handelsgerichtssachen waren summarisch unter Anwendung der Bestimmungen der<br />
Civilproceßordnung über das abgekürzte Verfahren (§§ 198-208 CPO) zu behandeln (§37<br />
Abs. 1). In dem auf die Klage sofort anzuberaumenden öffentlichen Termin, der innerhalb<br />
von 14 Tagen 138), in Meßhandelssachen hinnen 24 Stunden (§37 Abs.2), stattzufinden<br />
hatte, mußten sämtliche Mitglieder des Handelsgerichts oder deren Stellvertreter anwesend<br />
sein (§ 38). Die zu dem Termin zu ladenden Parteien wurden "gegeneinander gehört".<br />
Waren die erheblichen Tatsachen klar, erfolgte sofort das Erkenntnis (§203 Abs. 1 CPO),<br />
das von allen Mitgliedern des Handelsgerichts zu unterschreiben war (§ 38).<br />
In den ersten drei Jahren seit Einführung des Handelsgerichts sind bei diesem durchschnittlich<br />
30 bis 40 Klagen pro Jahr eingegangen 139). Nachdem durch ein vom Herzoglichen<br />
Staatsministerium unter dem 20. November 1854 an das Herzogliche Obergericht und die<br />
Herzogliche Ober-Staatsanwaltschaft erlassenes Rescript genaue Bestimmungen über die<br />
Aufstellung jährlicher Geschäfts-Übersichten der Justizbehörden des Landes getroffen<br />
134) Vgl. Schreiben des Herzoglichen Staatsministeriums vom 24. 11. 1850 - Anm. 118).<br />
131) § 1 des Gesetzes, die Einführung des allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches betreffend,<br />
vom 14. 9. 1863 - GuVS Nr. 31 vom 7. 10.1863, S. 221 ff.<br />
136) Vgl. Bekanntmachung des Herzoglichen Staatsministeriums, wegen der Ausführung des § 4 des<br />
Gesetzes vom 14. 9. 1863-GuVSNr. 32 vom 7.10.1863, S. 531 ff.<br />
137) Civilproccßordnung vom 19. 3. 1850 - GuVS Nr. 14 vom 15. 4. 1850, S. 65 ff.<br />
138) Die öffentlichen Sitzungen des Handelsgerichts fanden mit Ausnahme der Festtage an jedem<br />
Dienstag und Freitag statt - vgt. Bekanntmachung des Herzogt. Handelsgerichts vom 17. 5. 1851<br />
- in: Br. Anz. No. 119 vom 21. 5. 1851, Sp. 3577.<br />
139) Vgt. Mittheilungen des statistischen Büreaus über die Geschäftsthätigkeit der Herzoglichen<br />
<strong>Braunschweig</strong>ischen Gerichte in Civil-Proceßsachen - in: Zeitschrift für Rechtspflege im Herzogthume<br />
<strong>Braunschweig</strong>, 1855 S. 82.<br />
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waren 140), sind zum erstcn Male für das Jahr 1855 dann vollständige und verläßliche Zahlen<br />
vorgelegt worden.<br />
Danach waren am 1. Januar 1855 bei dem Handelsgericht 11 Sachen anhängig. Im Laufe<br />
des Jahres kamen hinzu durch Wiederaufnahme 1 Sache und als neue Klagen 73 Sachen,<br />
so daß 1855 insgesamt 85 Sachen anhängig waren.<br />
Davon sind im Laufe des Jahres erledigt worden durch Vergleich, Verzicht usw. 20 Sachen,<br />
durch stillschweigenden Rücktritt 12 Sachen, durch Enderkenntnis 24 Sachen, in sonstiger<br />
Weise 5 Sachen, insgesamt also 61 Sachen. Mithin blieben Ende 1855 noch 24 Sachen anhängig<br />
141).<br />
Für die folgenden drei Jahre hat das statistische Büreau hinsichtlich des Handelsgerichts<br />
folgendc Zahlen mitgeteilt 142): Im Kalenderjahr 1856: 83 neue Klagen, 109 im Jahr insgesamt<br />
anhängig, im Kalenderjahr 1857: 59 neue Klagen, 75 im Jahr insgesamt anhängig, im<br />
Kalenderjahr 1858: 99 neue Klagen, 124 im Jahr insgesamt anhängig.<br />
Infolge der Zunahme des Handelsverkehrs und des Aufblühens der Industrie 143) sowie<br />
durch die Einführung des Handelsregisters steigerte sich die Belastung des Handelsgerichts<br />
immer mehr. In ihrem Bericht vom 26. März 1867 144 ) stellte die Justiz-Commission u. a.<br />
fest: " ... die Thätigkeit des Handelsgerichts im letzten Jahrzehnt ist eine so umfangreiche<br />
gewesen, daß sie sich mit der civilrechtlichen Thätigkeit jedes anderen Collegialgerichts<br />
des Herzogthums messen kann". Der Vorsitzende des Handelsgerichts, seit 1861 der Krt:isrichter<br />
Wilhelm Bode, wurde daher 1867 von allen seinen Funktionen bei dem Kreisgericht<br />
entbunden, damit er seine ganze Arbeitskraft dem Handelsgericht zuwenden konnte. Dem<br />
zweiten rechtsgelehrten Mitglied des Handelsgerichts, seit 1855 der Kreisrichter Friedrich<br />
Schröder, wurde mit Rücksicht darauf, daß er neben seinen handelsgerichtlichen Funktionen<br />
auch sein Referat als Kreisriehter wahrnahm, somit gewissermaßen zwei Ämter verwaltete,<br />
vom 1. Januar 1867 an für seine Beschäftigung bei dem Handelsgericht eine Remuneration<br />
von 200 Thalern jährlich bewilligt 145).<br />
Schließlich schreibt Busch 146) im Jahre 1866: " ... Was die richterliche Thätigkeit des Handelsgerichts<br />
anbelangt, ... so bietet die ... Zusammensetzung des Handelsgerichts eine<br />
140) Die durch das Cireular-Rescript des vormaligen Herzogl. Landesgerichts vom 19. 12. 1831 den<br />
Gerichten über die Einrichtung jener Tabellen erteilten Weisungen waren nach Einführung dcr<br />
neuen Gerichtsverfassung nicht mehr ausführbar.<br />
141) V gl. Mittheilungen über die Geschäftsthätigkeit der Herzogl. <strong>Braunschweig</strong>ischen Civil-Gerichte<br />
im lahre 1855 - in: Zeitschrift für Rechtspflege im Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>, 1856 S. 1011105.<br />
142) Vgl. Mittheilungen des statistischen Büreaus über die Geschäftsthätigkeit der Herzogl. <strong>Braunschweig</strong>ischcn<br />
Gerichte während der Jahre 1855 bis ind. 1858-in: Zeitschrift für Rechtspflege im<br />
Herzogthum <strong>Braunschweig</strong>, 1860, S. 1 f.<br />
143) V gl. Bus c h, Archiv für Theorie und Praxis des Allgemeinen deutschen Handelsrechts, 8. Band<br />
1866, S. 211.<br />
144) S. 5 der Anlage 101 zum Protokoll Nr. 21 vom 27.3. 1867, S. 107 Ziffer 11.<br />
145) Vgl. Schreiben der Landes-Versammlung vom 3.4. 1867 - Anlage 113 zum Protokoll Nr. 26 vom<br />
3.4. 1867.<br />
146) Vgl. Anm. 143), S. 211 f.<br />
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sichere Garantie dafür, daß bei der Urtheilsfällung das Materielle das Übergewicht über<br />
das Formelle erhält, daß die Entscheidungen auf verständliche, in der Sache selbst liegende<br />
Gründe basirt werden, und wie die beiden bei Findung des Rechts mitwirkenden Factoren<br />
sich bisher gegenseitig da, wo das eine oder andere Element der Natur der Sache nach<br />
überwiegen muß, haben zur vollen Geltung kommen lassen, sind seit dem Bestehen des<br />
Handelsgerichts Klagen über die Rechtsprechung in Handelssachen unter der braunschweigischen<br />
Kaufmannschaft nicht laut geworden. Die bei den Verhandlungen über die<br />
Zusammensetzung der Handelsgerichte im Jahre 1864 auf dem Juristentage 147) und auf<br />
dem Handelstage geäußerte Besorgnis, daß zwischen den rechtsgelehrten und kaufmännischen<br />
Handelsrichtern leicht Differenzen entständen, durch welche der von der Vereinigung<br />
von Juristen und Kaufleuten zu einem Richtercollegium erwartete Nutzen sehr in<br />
Frage gestellt werde, hat sich in <strong>Braunschweig</strong> bislang als begründet nicht erwiesen". Und<br />
in dem bereits erwähnten Commissionsbericht vom 26. März 1867 148 ) heißt es sogar: " ...<br />
Wie sehr die Rechtssprüche in den betreffenden Kreisen das verdiente Vertrauen in Willen<br />
und Fähigkeit des Gerichts finden, ergiebt sich daraus, daß seine Competenz wo nur immer<br />
möglich aus allen Theilen des Herzogthums angerufen wird".<br />
Gegen die handelsgerichtlichen Entscheidungen waren die gewöhnlichen Rechtsmittel<br />
(§43), d.h. die Berufung bei dem Obergericht (§332 Satz 1 CPO) gegeben. Cber diese<br />
Berufungen entschied das Obergericht in Wolfenbüttel ohne Zuziehung von Kaufleu<br />
t e n. Daß diese Regelung "mit dem Zweck und dem inneren Wesen des Instituts eines<br />
Handelsgerichts nicht zu harmoniren" schien, hatte bereits die lustiz-Commission in ihrem<br />
Bericht vom 9. Dezember 1850 149 ) eingeräumt. Die Justiz-Commission hatte jedoch gemeint,<br />
ihre Bedenken aus dreierlei Gründen zurückstellen zu können: Sie befürchtete zum<br />
einen, daß die Errichtung eines besonderen Appellations-Kaufgerichts bei den braunschweigischen<br />
Gegebenheiten auf sehr große Schwierigkeiten stoßen würde. Zum anderen<br />
gab die Commission zu bedenken, daß in der zweiten Instanz weit seltener über technische<br />
als über Rechtsfragen gestritten wird. Schließlich verwies die Commission darauf, daß beispielsweise<br />
in Frankreich, wo es seit langem Handelsgerichte gab, die ordentlichen Appellationsgerichte<br />
ebenfalls in Handelssachen zu entscheiden hatten, ohne daß sich daraus<br />
Nachteile ergeben hätten oder dadurch Beschwerden veranlaßt worden wären. Im übrigen<br />
berichtet Busch 150) 1866, daß bislang die Nichtzuziehung von kaufmännischen Handelsrichtern,<br />
zumal bei der geringen Zahl von Berufungen, besonders fühlbare Nachteile nicht<br />
zur Folge gehabt hätten.<br />
147) Vgl. Stenographische Berichte über die beiden Sitzungen der zweiten Abtheilung des Fünften<br />
Deutschen luristentages in <strong>Braunschweig</strong> am 26. und 27.8. 1864-in: Verhandlungen des Fünften<br />
Deutschen luristcntages, 2. Bd., S. 134-185.<br />
148) Vgl. Anm. 144).<br />
149) Vgl. Anm. 117).<br />
ISO) Vgl. Anm. 143).<br />
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III. Gesetz, Abänderungen des Gesetzes vom 28. Dezember 1850, wegen<br />
Errichtung eines Handelsgerichts, betreffend, vom 4. April 1867 151)<br />
Eine erste wesentliche Änderung erfuhr das Gesetz vom 28. Dezember 1850 durch das<br />
Gesetz vom 4. April 1867 . Im einzelnen:<br />
1. Durch die Einführung des allgemeinen Deutschen I landelsgesetzbuches sowie durch die<br />
neuere Gewerbegesetzgebung 152) waren die früheren, auf der Gewerbe- und Gildeordnung<br />
vom 29. Oktober 1821 beruhenden Bestimmungen über die Wahlberechtigung und<br />
Wählbarkeit bei der Wahl der kaufmännischen Mitglieder des Handelsgerichts unbrauchbar<br />
geworden. Allein maßgeblich für die Wahlberechtigung war jetzt die-leicht festzustellende<br />
- Tatsache der Eintragung in das Handelsregister als Inhaber oder Mitinhaber einer<br />
Firma; daneben wurde den im Lande <strong>Braunschweig</strong> wohnortsberechtigten Direktoren, die<br />
ausweislich des Handelsregisters zur Vertretung der Aktiengesellschaften befugt waren,<br />
das Wahlrecht zugestanden 153).<br />
2. Den Wahlberechtigten wurde zugleich das passive Wahlrecht zugestanden 154), sie mußten<br />
dazu jedoch das 30. Lebensjahr vollendet haben. Der der Landesversammlung am 25.<br />
Februar 1867 155 ) vorgelegte Gesetzentwurf 156) sah in § 2 Abs. 2 außerdem vor, daß die Mitglieder<br />
des Vorstandes der Handelskammer und des Herzoglichen Handelsgerichts zur<br />
Vorbereitung der Wahl in einer gemeinschaftlichen Sitzung eine Liste derjenigen Personen<br />
aufstellen, welche sie unter den überhaupt Wählbaren zu dem Amte eines Handelsrichters<br />
bzw. Stellvertreters vorzugsweise für geeignet halten. Die lustiz-Commission wandte sich<br />
in ihrem Bericht vom 26. März 1867 157 ) strikt gegen eine derartige Vorwahl. Sie gab dabei<br />
zu bedenken, daß eine erfolgreiche Tätigkeit des Handelsgerichts das Vertrauen der HandeIsweIt<br />
einerseits und eine im Collegium waltende Eintracht andererseits voraussetze.<br />
Insbesondere letztere könne aber bei der vorgeschlagenen Vorwahl in empfindlichem<br />
Maße gestört werden. Würden die Mitglieder des Handelsgerichts einen ausscheidenden<br />
Handelsrichter zur Wiederwahl vorschlagen, könne der Grund dafür in kollegialen Rücksichten<br />
gesucht werden; würde er nicht zur Wiederwahl vorgeschlagen, dann aber gewählt,<br />
wäre das Einvernehmen im Collegium auf Dauer gestört. Im übrigen sei eine derartige<br />
Vorwahl- so die Commission weiter - auch aus Nützlichkeitsgründen nicht erforderlich,<br />
da diejenigen Wähler, die mit den örtlichen und personellen Verhältnissen nicht so vertraut<br />
seien, wie bisher in den Vorbesprechungen bei den zuverlässigen Mitgliedern der Kaufmannschaft<br />
die erforderlichen Informationen suchen würden. Dementsprechend wurde<br />
151) GuVS No. 15 vom 12. 4.1867, S. 35-38.<br />
152) Die Gewerbe- und Gildeordnung vom 29. Oktober 1821 ist - soweit sie auf den gildemäßigen<br />
Gewerbebetrieb Bezug hat - durch das Gesetz über den gildemäßigen Gewerbebetrieb vom 24.<br />
Januar 1852 - GuVS No. 11 vom 12. Februar 1852, S. 105 ff. - außer Kraft getreten.<br />
153) § 1 statt § 7.<br />
154) § 2 statt § 8.<br />
ISS) Vgl. Protokoll No. 5 vom 25. 2.1867, S. 24 A 6.<br />
156) Anlage 49 zu dem Protokoll No. 5 vom 25. 2. 1867, S. 3--5.<br />
157) Anlage 101 zu dem Protokoll No. 21 vom 27.3. 1867, S. 2 f.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
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diese in § 2 Abs. 2 vorgesehene Regelung auf Antrag der J ustiz-Commission von der Landesversammlung<br />
in der Sitzung am 2. April 1867 gestrichen 158).<br />
3. Die Leitung des Wahlgeschäfts wurde dem jeweiligen Vorsitzenden der Handelskammer<br />
übertragen (§ 3 statt § 11); der Aufstellung einer Wählerliste bedurfte es nicht mehr.<br />
4. Die Kompetenz des Handelsgerichts in Debit- und Nachlaßsachen wurde ausgedehnt<br />
(§4 statt § 33).<br />
5. Der Umstand, daß alle Handelsgerichtssachen summarisch zu behandeln waren (§5),<br />
hatte offenbar nicht selten in schwierigeren Sachen zu einer Umgehung der Vorschriften<br />
über das summarische Verfahren "durch Überreichung schriftlicher Recesse Seitens der<br />
Anwälte" geführt. Dem Herzoglichen Staatsministerium erschien es daher richtiger, in verwickelteren<br />
Sachen auf Antrag der Parteien das schriftliche Verfahren bis zum Beweisverfahren<br />
direkt zuzulassen 159). Die Justiz-Commission äußerte dazu die Befürchtung, daß<br />
entweder das schriftliche Verfahren überall, wo eine Partei es wünsche, dann zugelassen<br />
werde, oder daß zur Instruktion des Richters dem beantragten Erkenntnis ein summarisches<br />
Vorverfahren vorausgehen müsse; beides sei nachteilig. Allerdings räumte die Commission<br />
auch ein, daß auch der befähigste Protokollführer das nur mündlich vorzutragende<br />
Tatsachenmaterial in der ihm zu Gebote stehenden Zeit nicht vollständig in das Protokoll<br />
aufnehmen könne. Wolle man daher- so die Commission weiter- die Parteien namentlich<br />
mit Rücksicht auf höhere Instanzen nicht unerheblichen Gefahren aussetzen, so müsse<br />
man ihnen die Beibringung des faktischen Materials zu Protokoll in Form von Recessen<br />
gestatten. Dieser Argumentation hat sich die Landesversammlung in ihrer Sitzung am 2.<br />
April 1867 angeschlossen 160). Anstelle des vom Staatsministerium vorgeschlagenen schriftlichen<br />
Verfahrens wurde den Parteien lediglich gestattet, das faktische Prozeßmaterial in<br />
einem dem Protokoll anzufügenden Recess zu den Akten zu bringen (§5). Recesse, die<br />
"Rechtsdeductionen oder andere Ungehörigkeiten" enthielten, konnte das IIandelsgericht<br />
zur "Purification" zurückgeben.<br />
6. Mit Rücksicht darauf, daß die Einberufung des Handelsgerichts schwieriger war als die<br />
des Kreisgerichts, daß vorzugsweise bei dem Handelsgericht oft eilige Sachen vorkamen<br />
und daß bei manchen Entscheidungen die Zuziehung der kaufmännischen Mitglieder keinen<br />
Nutzen versprach 161), ist den rechtsgelehrten Mitgliedern des Handelsgerichts schließlich<br />
in bestimmten Fällen eine eigene Entscheidungsbefugnis eingeräumt worden. So<br />
konnte nunmehr dcr Vorsitzende oder dessen Vertreter provisorische Verfügungen, insbesondere<br />
vorläufige Arreste, mit Vorbehalt der Rechtfertigung vor dem Handelsgericht erlassen.<br />
Jedes der beiden rechtsgelehrten Mitglieder konnte zudem Kostenfestsetzungsbe-<br />
158) Vgl. Protokoll No. 25 vom 2.4.1867, S. 134 Ziffer V.<br />
159) Vgl. Schreiben an den Ausschuß der Landesversammlung vom 16.2. 1867 - Anlage 49 zu dem<br />
Protokoll No. 5 vom 25.2. 1867.<br />
160) Vgl. Anm. 158).<br />
161) Vgl. Anm. 159).<br />
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scheide erlassen und rechtskräftige Entscheidungen für vollstreckbar erklären (§ 6 statt<br />
§ 38)162).<br />
IV. Gesetz, Abänderungen des Gesetzes vom 28. Dezember 1850, über die<br />
Errichtung des Handelsgerichts, betreffend, vom 10. August 1867 163 )<br />
Noch im Jahre 1867 wurde das Gesetz vom 28. Dezember 1850 ein weiteres Mal geändert.<br />
Bereits in der Sitzung am 2. April 1867 hatte die Landesversammlung - einer Anregung der<br />
Justiz-Commission folgend 1(4) - beschlossen, das Staatsministerium zu ersuchen, das Handelsgericht<br />
als selbständiges Gericht aus der bisherigen Verbindung mit dem Kreisgericht<br />
herauszulösen und einen entsprechenden Gesetzentwurf alsbald vorzulegen 165). Der von<br />
dem Herzoglichen Staatsministerium daraufhin der Landesversammlung bereits am 24.<br />
Juli 1867 vorgelegte Gesetzentwurf1 66 ) wurde von der Landesversammlung am 30. Juli 1867<br />
einstimmig angenommen 167).<br />
Nach diesem neuen Gesetz, das die §§ 1 bis 19 des Gesetzes von 1850 aufhob, galt nunmehr<br />
folgendes:<br />
1. Das Herzogliche Handelsgericht war dem Herzoglichen Obergericht untergeordnet, allen<br />
Herzoglichen Kreisgerichten nebengeordnet; die Herzoglichen Stadtgerichte und<br />
Amtsgerichte des Herzogtums waren gehalten, die Aufträge zu erledigen, welche ihnen<br />
von dem Handelsgericht in den zu dessen Wirkungskreis gehörigen Angelegenheiten erteilt<br />
wurden (§ 1).<br />
2. Das Handelsgericht war nunmehr besetzt a. mit einem Handelsgerichtsdirektor , der den<br />
Vorsitz im Handelsgericht führte, dieselben Rechte und Pflichten wie jeder sonstige Vorgesetzte<br />
einer Behörde hatte und in Bezug auf Rang, Gehalt und Versetzbarkeit den Kreisgerichtsdirektoren<br />
gleich gestellt war 1(8), b. mit vier Handelsrichtern (§ 2 Abs. 1).<br />
162) In Handelsregistersachen - also seit dem 1. 11. 1863 - durfte ein rechtsgelehrter Richter bereits<br />
einige der anfallenden Geschäfte (vgl. die Aufzählung in § 3 Ziffer 1 bis 4 der Instruction) allein<br />
besorgen; nur in Fällen, die er für zweifelhaft hielt, hatte er dem Handelsgerichte Vortrag zu<br />
erstatten, und nach Maßgabe des erfolgenden Beschlusses zu verfahren.<br />
163) GuVS No. 71 vom 28.8.1867, S. 529-535.<br />
164) Vgl. Bericht der lustiz-Commission vom 26.3. 1867 - Anlage 101 zum Protokoll No. 21 vom 27.<br />
3.1867.<br />
165) Vgl. Anm. 158) und Anlage 113 zum Protokoll No. 26 vom 3.4. 1867.<br />
166) Vgl. Anlage 161 zum Protokoll No. 34 vom 24. 7.1867, S. 3-7.<br />
167) Vgl. Protokoll No. 37 vom 30.7. 1867, S. 204 Ziffer II.<br />
168) Der seit dem 1. 5. 1862 als Vorsitzender des Handelsgerichts amtierende bisherige Kreisrichter<br />
Wilhelm Bode wurde zum Handelsgerichtsdirektor ernannt (Br. Anz. vom 22.8. 1867, Sp. 10321)<br />
und amtierte als solcher bis zu seiner Ernennung zum Oberlandesgerichtsrat am 1. 10. 1879 (13r.<br />
Anz. vom 8. 8. 1879, S. 1446).<br />
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3. Der Handelsgerichtsdirektor und einer der Handelsrichter mußten Rechtsgelehrte sein,<br />
weIche ihre Befähigung zu Richterämtern nachgewiesen haben 169).<br />
4. Die bereits in den §§ 1 bis 3 des Gesetzes vom 4. April 1867 über die Wahl der kaufmännischen<br />
Richter und deren Stellvertreter getroffenen Bestimmungen blieben unverändert<br />
in Kraft.<br />
5. Die Sekretariats-, Registratur-, Schreib- und Botengeschäfte bei dem Handelsgericht<br />
wurden von dem bei dem Kreisgericht <strong>Braunschweig</strong> angestelIten Personal besorgt, ohne<br />
daß dieses dafür eine besondere Vergütung beanspruchen konnte. 170).<br />
Die Gesetze vom 28. Dezember 1850, 4. April 1867 und 10. August 1867 verloren am 1.<br />
Oktober 1879, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes<br />
vom 27. Januar 1877 171 ) im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>, ihre Wirksamkeit 172). Damit<br />
endete auch die etwas mehr als 12 Jahre bestehende Institution eines neben dem Kreisgericht<br />
bestehenden, selbständigen Handelsgerichts im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>.<br />
1(9) Das Amt des rechtsgelehrten Handelsrichters, der den Handelsgerichtsdirektor in Behinderungsfällen<br />
vertrat (§ 5), wurde dem Kreisrichter Friedrich Schrödcr (seit dem 1. 5. 1873 dem Kreisrichter<br />
Adolph Moritz) "unter Verwilligung einer jährlichen Remuneration von 200 Thalern" (§ 4) als<br />
Nebenamt übertragen.<br />
170) § 19 Abs. 1 und 2.<br />
171) RGBI. No. 4 S. 41 ff.<br />
172) Vgl. § 96 des Ausführungsgesetzes zum Deutschen Gerichtsverfassungsgesetz vom 1. 4. 1879-<br />
GuVS Nr. 11.<br />
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C. KAM\1ER FÜR HANDELSSACHEN (seit 1. Oktober 1879)<br />
I. Zur Entstehung der Kammer für Handelssachen<br />
Der vom Bundesrat beschlossene und dem Reichstag am 29. Oktober 1874 vorgelegte 173)<br />
Regierungs-Entwurf eines Gerichtsverfassungs-Gesetzes 174) sah vor, daß die ordentliche<br />
streitige Gerichtsbarkeit erster Instanz in Handelssachen - wie seit August 1867 in <strong>Braunschweig</strong><br />
- von selbständigen Handelsgerichten ausgeübt werden sollte (§ 1). Diese Handelsgerichte<br />
sollten, sofern die Landesjustizverwaltungen ein Bedürfnis als vorhanden annahmen,<br />
für örtlich abgegrenzte Bezirke errichtet werden können (§ 81) und in der Besetzung<br />
mit einem rechtsverständigen Richter und mit Handelsrichtern (§82) über alle Handelssachen<br />
- und insoweit anders als bisher in <strong>Braunschweig</strong> - ohne Rücksicht auf den<br />
Streitwert entscheiden 175).<br />
Diese Regelung fand jedoch in der Kommission, an die der Gesetzentwurf nach der ersten<br />
Beratung im Plenum des Reichstages verwiesen worden war I76 ), keine Zustimmung. Die<br />
Kommission votierte vielmehr am 26. April 1875 in erster Lesung sowohl gegen die Einführung<br />
von ordentlichen (selbständigen) Handelsgerichten als auch gegen die Zulassung landesgesetzlicher<br />
Handelsgerichte als nicht ordentliche Gerichte 177). Auf Veranlassung des<br />
Bundesrates nahm die Kommission aber noch während der ersten Lesung des Gesetzentwurfes<br />
am 4. Oktober 1875 die Diskussion dieser Frage erneut auf. In der Sitzung am 3.<br />
November 1875 beantragte der Abgeordnete Becker (Oberappellationsgerichts-Rat in 01denburg)<br />
dann, an Stelle der im Entwurf vorgesehenen selbständigen Handelsgerichte bei<br />
den Landgerichten die Bildung von Kammern für Handelssachen zuzulassen, "soweit die<br />
Landesjustizverwaltung ein Bedürfnis als vorhanden ansieht" 178). Aber auch dieser Antrag<br />
wurde nach längerer Diskussion bei 9 Gegenstimmen abgelehnt 179). Diese Entscheidung<br />
der Justiz-Kommission rief "eine weit und tief gehende Erregung im gesammten HandeIsstande"<br />
hervor 180). Da auch der Bundesrat an dem von ihm beschlossenen Regierungs-Entwurf<br />
festhielt, sah sich die Kommission gehalten, in zweiter Lesung "noch einmal die einschlagenden<br />
Fragen gewissenhaft zu erörtern und insbesondere zu erwägen, ob durch die<br />
Annahme des ... Vermittlungsvorschlages für Einrichtung von Handelskammern bei den<br />
Landgerichten die aus dem Bestehen der selbständigen Handelsgerichte entstandenen<br />
173) Vgl. Schreiben des Reichskanzlers von Bismarck vom 29.10.1874 - C. Hahn, Die gesammten<br />
Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Erster Band: Materialien zu dem Gerichtsverfassungs<br />
Gesetz, Erste Abtheilung. Berlin 1879, S. 2.<br />
174) Hahn (wie Anm. 173), S. 3-21.<br />
175) Vgl. dazu die Motive des Regierungs-Entwurfs - H ahn (wie Anm. 175), S. 24 ff., insbesondere<br />
S. 46, 47, 116, 118 und 119.<br />
176) Vgl. Protokoll vom 25.11. 1874- Hahn (wie Anm. 173), S. 230/269.<br />
In) Vgl. Protokoll vom 26. 4.1875 - Hahn (wie Anm. 173), S. 286-289.<br />
178) Wegen der Einzelheiten des Antrages und seiner Begründung vgl. Protokoll vom 3.11. 1875-<br />
Hahn (wie Anm. 173), S. 388-392.<br />
179) Vgl. Anm. 178), S. 388/406.<br />
180) Vgl. Protokoll vom 11. 5. 1876- H ah n (wie Anm. 173), S. 705 ff., hier insbesondere S. 706.<br />
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Nachtheile im Wesentlichen zu vermeiden wären" 181). Diese Erörterung führte noch am<br />
11. Mai 1876 erneut zur Ablehnung selbständiger Handelsgerichte; dagegen wurde der<br />
Antrag des Abgeordneten Becker, "dem §47 als Zusatz anzufügen: Soweit die Landesjustizverwaltung<br />
ein Bedürfniß als vorhanden annimmt, können bei den Landgerichten für<br />
ihre Bezirke oder für örtlich abgegrenzte Theile derselben auch eine oder mehrere Kammern<br />
für Handelssachen gebildet werden", mit 16 gegen 12 Stimmen angenommen 182).<br />
Daraufhin votierte der Bundesrat erneut für die Errichtung selbständiger Handelsgerichte<br />
183) und erklärte sogar, nachdem sich auch der Reichstag in zweiter Beratung "mit<br />
sehr erheblicher Majorität" für die Einführung von Kammern für Handelssachen ausgesprochen<br />
hatte 184), dies für unannehmbar 185). Der Reichstag nahm jedoch in dritter Lesung<br />
bei der Spezialdiskussion am 19. Dezember 1876 den mit "Kammer für Handelssachen"<br />
überschriebenen 7. Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes ohne Diskussion an 186).<br />
Schließlich nahm der Reichstag in der Gesamtabstimmung am 20. Dezember 1876 1R7 ) das<br />
Gerichtsverfassungsgesetz - und damit auch die Bestimmungen über die Kammern für<br />
Handelssachen - mit 194 gegen 100 Stimmen an. § 100 Abs.1 des seit dem 1. Oktober 1879<br />
im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> geltenden Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes lautete<br />
nunmehr wie folgt: "Soweit die Landesjustizverwaltung ein Bedürfniß als vorhanden annimmt,<br />
können bei den Landgerichten für deren Bezirke oder für örtlich abgegrenzte<br />
Theile derselben Kammern für Handelssachen gebildet werden".<br />
II.1R79-1945<br />
1. Bildung von Kammern für Handelssachen<br />
Im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> wurden zwei Landgerichte errichtet, in <strong>Braunschweig</strong> für die<br />
Kreise <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttel, Helmstedt und Blankenburg sowie in Holzminden<br />
für die Kreise Holzminden und Gandersheim 188). Eine Kammer für Handelssachen wurde<br />
aber lediglich bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> gebildet 189), und zwar gleichzeitig mit<br />
dem Inkrafttreten der Deutschen Zivilprozeßordnung vom 30. Januar 1R77 190 ) am 1. Okto-<br />
181) Vgl. Bericht der Kommission vom 17.9.1876- Hahn (wie Anm. 173), S. 925/934.<br />
182) Vgl. Anm. 180), hier insbesondere S. 714.<br />
183) Vg!. die Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundesrates - Hahn (wie Anm. 173), Zweite<br />
Abtheilung. Berlin 1879, S. 993-999.<br />
184) Vgl. Protokoll vom 17. 11. 1876- Hahn (wie Anm. 173), S. 1063/1111.<br />
185) VgJ. die Zusammenstellung der Beschlüsse des Bundesrates (Anlage zum Schreiben des Reichskanzlers<br />
von Bismarck an den Reichstag vom 12. 12. 1876) - H ah n (wie Anm. 173), S. 1467-1480.<br />
186) Vgl. Protokoll vom 19. 12. 1876- Hahn (wie Anm. 173), S. 1548/1594.<br />
187) Vg!. Protokoll vom 20.12.1876- Hahn (wie Anm. 173), S. 1616/1644.<br />
188) § 10 AusfGDGVG vom 1. 4. 1879 - GuVS Nr. 11, S. 131 ff.<br />
189) V gl. Bekanntmachung der Landes-lustiz-Verwaltung, die Bildung einer Kammer für Handelssachen<br />
bei dcm Landgerichte <strong>Braunschweig</strong> betreffend, vom 12. 7. 1879 - GuVS Nr. 14, Seite 423sowie<br />
§ 1 der Bekanntmachung der Landes-lustiz-Verwaltung, die Zahl der Civil- und Strafsenate<br />
bei dem Herzogl. Oberlandesgerichte und der Civil- und Strafkammern bei dem Herzog!. Landgerichte<br />
betreffend, vom 20.8. 1879 - GuVS Nr. 53, S. 507.<br />
190) RGBI. S. 83 ff.<br />
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ber 1879. Diese Kammer für Handelssachen war zunächst nur für Handelssachen aus dem<br />
Bezirk des Landgerichts <strong>Braunschweig</strong> zuständig. Mit der Vereinigung des Landgerichts<br />
Holzminden mit dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> zum 1. Oktober 1890 191 ) wurde die Zuständigkeit<br />
der bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> gebildeten Kammer für I landelssachen<br />
dann aber auch auf den Bezirk des bisherigen Landgerichts Holzminden ausgedehnt 192).<br />
Bereits vorher war der Bestand der Kammer für Handelssachen aber in Gefahr geraten.<br />
Mit Rücksicht auf die ansteigende Zahl der Zivilprozesse erstrebte nämlich das Landgericht<br />
1881 die Einrichtung einer 3. Zivilkammer. In dem Bericht des Landgerichtspräsidenten<br />
Mansfeld vom 21. September 1881 193 ) an das Herzogliche Staatsministerium - Departement<br />
der Justiz - heißt es dazu: "Sollte die hohe Landesjustizverwaltung auf diesen Vorschlag<br />
der Bildung einer dritten Civilkammer einzugehen geneigen, so dürfte es dann allerdings<br />
rathsam sein, die Kammer für Handelssachen wieder eingehen zu lassen, theils damit<br />
der den Vorsitz in derselben führende Richter der neuzubildenden 3ten Civilkammer beitreten<br />
könnte, theils aber auch, weil die Kammer für Handelssachen sich seit ihrem Bestehen<br />
nicht als lebensfähig bewiesen hat. 1cdenfalls dürfte aus der oben angegebenen verhältnismäßig<br />
geringen Zahl der während der beiden letzten Jahre von der I landelskammer zur<br />
wirklichen Aburtheilung nach vorgängiger contradictorischer Verhandlung gelangten Sachen<br />
194) und aus dem Umstande, daß mindestens ebensovicle, wenn nicht mehr Handelssachen<br />
vor den beiden Civilkammern zur Verhandlung und Entscheidung gebracht sind, gefolgert<br />
werden können, daß das Bestehen der Handelskammer nach derselben durch das<br />
GVG gegebenen Gestaltung bei den Parteien und Rechtsanwälten keinen besonderen Anklang<br />
gefunden hat, wie denn auch ein Bedürfnis der Bildung von Handelskammern auf<br />
Grund des § 100 GVG abgesehen von den Hansestädten, nur für die größeren Bundesstaaten<br />
(die 5 Königreiche und die Großherzogtümer Baden und Hessen) und für Elsaß-Lothringen<br />
angenommen ist. Ich darf mir dabei die gehorsamste Bemerkung gestatten, daß<br />
in einer am 17. d. Mts. stattgehabten Plenarsitzung des hiesigen Landgerichts, in welcher<br />
ich die gegenwärtige Frage zur Erörterung versteHt, sämmtliche Mitglieder des Landgerichts<br />
einschließlich derjenigen, welche den Vorsitz in der Kammer für Handelssachen geführt<br />
haben oder noch führen, sich für deren Beseitigung ausgesprochen haben".<br />
Am 11. März 1882 wurde diese Problematik in der Landesversammlung an läßlich der Beratung<br />
der Ausgaben der Justizverwaltung ausführlich erörtert 195). Der Commerzien- und<br />
191) Vgl. Gesetz, die Vereinigung des Landgerichts Holzminden mit dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong><br />
betreffend, vom 15. 6. 1890- GuVS Nr. 26, S. 103-105 -sowie VO, betreffend den Zeitpunkt des<br />
Inkrafttretens dieses Gesetzes, vom 13. 7. 1890- GuVS Nr. 38, S. 165.<br />
192) Vgl. Bekanntmachung der Landesjustizverwahung, die Bildung einer selbständigen Strafkammer<br />
bei Herzogl. Landgerichte <strong>Braunschweig</strong> und die Ausdehnung der Wirksamkeit der dort bestehenden<br />
Kammer für Handelssachen betreffend, vom 19.7.1890- GuVS Nr. 39, S. 1671168.<br />
193) StA Wf 12 A Neu Fb. 5 Nr. 3611 Vol. I.<br />
194) Im ersten Geschäftsjahr 23, im zweiten Geschäftsjahr (1. und 2. Quartal) 13 contradictorische<br />
Urteile.<br />
195) Vgl. Sitzungsbericht vom 11. 3.1882 - in: Verhandlungen der Landesversammlung des Herzogthums<br />
<strong>Braunschweig</strong> auf dem 17. ordentlichen Landtage von 1881-1883,1. Band, S. 84-86.<br />
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Stadtrath Schöttler plädierte dabei nach Aufforderung aus dem Handelsstande eindringlich<br />
für die Beibehaltung der Kammer für Handelssachen, während der Geheimerath Wirk<br />
die Aufhebung der Kammer für Handelssachen als eine beschlossene Sache bezeichnete,<br />
da die Kammer für Handelssachen "aller favorisirung ungeachtet, nicht die erforderliche<br />
Anziehung auf die Geschäfte ausgeübt und nur das Resultat gehabt habe, den anderen<br />
Kammern eine Arbeitskraft zu entziehen". Gleichwohl erklärte sich Wirk für den Fall, daß<br />
die Landesversammlung sich den Argumenten von Schöttler anschließen sollte, bereit,<br />
noch einmal einen Versuch zu machen, schränkte aber gleichzeitig ein, daß keine neue<br />
RichtersteIle geschaffen werden könne. Nachdem sich der Abgeordnete Bode (der frühere<br />
Handelsgerichtsdirektor) ebenfalls für die Beibehaltung der Kammer für Handelssachen<br />
ausgesprochen hatte, entschloß sich dann auch die Landesversammlung dafür. Mit Rescript<br />
vom 3. April 1882 1%) wurde dem Landgerichtspräsidenten daraufhin eröffnet, es solle<br />
versucht werden, die Kammer für Handelssachen weiterhin beizubehalten. Gleichzeitig<br />
wurde angeregt, zu erwägen, ob nicht dadurch, daß ein Mitglied einer Zivilkammer zugleich<br />
den Vorsitz in der Kammer für Handelssachen übernimmt, die von der Landesversammlung<br />
und dem Handclsstand dringend erwünschte Beibehaltung der Kammer für<br />
Handelssachen bewerkstelligt werden könne. Entsprechend dieser Anregung wurde nach<br />
Bildung der 3. Zivilkammer zum 1. Mai 1882 197 ) deren ständiges Mitglied, der Landgerichtsrat<br />
Dr. Tunica, gleichzeitig zum Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen bestellt<br />
198).<br />
Damit war die Gefahr der Aufhebung der Kammer für Handelssachen zunächst einmal<br />
und - wie sich dann herausstellen sollte - für immer gebannt. Die Zahl der von der Kammer<br />
für Handelssachen zu entscheidenden Prozesse stieg nämlich in der Folgezeit derart an 199),<br />
daß die Handhabung, den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen gleichzeitig noch<br />
als ständiges Mitglied einer anderen Zivilkammerzu beschäftigen, ab 1895 unterblieb 2OO ).<br />
Nachdem Anfang 1902 ein Bedürfnis für die Einrichtung einer zweiten Kammer für Handelssachen<br />
noch verneint worden war 201 ), wurde schließlich zum 1. Juli 1906 eine zweite<br />
Kammer für Handelssachen eingerichtet 202 ), die auch während des 1. Weltkrieges fortbe-<br />
196) Vgl. Anm. 193).<br />
197) Vgl. Bekanntmachung der Landesjustizverwaltung, die Bildung einer dritten Civilkammer bei<br />
Herzog!. Landgerichte <strong>Braunschweig</strong> betreffend, vom 24.4.1882- GuVS Nr. 20, S. 115.<br />
198) Vgl. Bericht des Landgerichtspräsidenten Mansfeld vom 21. 4. lR82 nebst Geschäftsverteilungsplan<br />
für die Zeit vom 1. 5. bis 31. 12. 1882-StA Wf(wie Anm. 193).<br />
199) Vgl. Übersicht der Geschäfte der Kammern für Handelssachen bei dem Herzogl. Landgerichte<br />
<strong>Braunschweig</strong> während der Geschäftsjahre 1885-1902 - in: Monatsschrift für Handel und Industrie<br />
1903, Heft 3, S. 89, ferner Berichte des Landgerichtspräsidenten Dr. Dedekind vom 14. 11.<br />
1894- StA Wf(wie Anm. 193) -und vom 8. 2.1896- StA Wf (wie Anm. 193), Vol. 11.<br />
2(0) Vgl. Bericht des Landgerichtspräsidenten Dr. Dedekind vom 10. 11. 1894 und Rescript vom 14.<br />
11. 1894-StA Wf(wieAnm.193).<br />
201) Vgl. Reseript vom 14. 3.1902- StA Wf (wie Anm. 193), Vol. 111.<br />
202) Vgl. Bekanntmachung der Landesjustizverwaltung, die Bildung einer zweiten Kammer für Handelssachen<br />
bei dem Herzog!. Landgerichte <strong>Braunschweig</strong> betreffend, vom 19. 6. 1906-GuVBI.<br />
Nr. 44, S. 365.<br />
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stand. Allerdings waren die beiden Kammern für Handelssachen in der Zeit vom 15. September<br />
1914 bis Ende 1918 unter einem Vorsitzenden vereinigt 203) , wenn auch der Geschäftsbetrieb<br />
im übrigen getrennt blieb. 204) Der Grund für diese Maßnahme lag in der<br />
Einberufung zahlreicher Richter zum Heeresdienst. So waren von den 128 höheren Justizbeamten<br />
des Herzogtums Mitte 191532 Richter und 11 Gerichtsassessoren zum Heeresdienst<br />
einberufen. 2(5) Diese Personalnot führte 1917 sogar dazu, daß sich der Chef des bei<br />
dem Königlich-Preußischen Kriegsministerium errichteten Kricgsamtes am 18. April 1917<br />
an den Deutschen Handelstag und an den Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag<br />
wandte mit der Bitte, auf ihre Mitglieder einzuwirken, Rechtsstreitigkeiten soweit als<br />
möglich zurückzustellen und, wenn auf ihre Austragung nicht überhaupt verzichtet werden<br />
könne, sie bis auf die Zeit nach dem Kriege zu vertagen. 2(6)<br />
Bei der ersten Beratung des Entwurfs eines dritten Gesetzes zur Neuordnung der Amtsgerichtsbezirke<br />
am 30. November 1928 wurde auch die Frage nach der Berechtigung von zwei<br />
Kammern für Handelssachen angesprochen. Justizminister Sievers führte dazu aus: "Ganz<br />
unzulänglich beschäftigt waren im letzten Jahr die beiden Kammern für Handelssachen.<br />
Die Kammern für Handelssachen sind für die Justizverwaltung immer ein Kreuz, da der<br />
Anfall der Sachen außerordentlich unterschiedlich ist. Nach Zeiten, die eine außerordentlich<br />
starke Belastung der beiden Kammern für Handelssachen aufzuweisen hatten, sind<br />
Zeiten gekommen, in denen kaum für eine Kammer ausreichende Beschäftigung gewesen<br />
ist, so daß, um die Arbeitskräfte ausreichend zu verwenden, die Richter mit anderen sonstigen<br />
Funktionen im Landgericht haben betraut werden müssen. Jetzt steigt die Beschäftigung<br />
der Kammern für Handelssachen langsam wieder. An sich ist aber eine volle Beschäftigung<br />
für zwei selbständige Kammern für Handelssachen auch jetzt noch nicht gegeben"207).<br />
Gleichwohl einigte man sich schließlich darauf, beide Kammern für Handelssachen<br />
zunächst beizubehalten.<br />
Im Jahr 1932 gingen dann die Eingänge bei beiden Kammern für Handelssachen auffällig<br />
zurück. Während beide Kammern für Handelssachen im Jahre 1931 noch insgesamt 254<br />
Neueingänge in gewöhnlichen Zivilprozeßsachen zu verzeichnen hatten, waren es 1932 nur<br />
noch 123, 1933 gar nur 57. 2(8 ) Als dann auch im Jahre 1935 bei bei den Kammern für Handelssachen<br />
insgesamt nur 71 O-Sachen eingingen 209), wurde die Zahl der Kammern für<br />
203) Vgl. auch Bericht in der Braunschw. Landeszeitung vom 28.7.1934, S. 6.<br />
204) Vgl. William Saeger, Die Kriegstätigkeit der 1. und 2. Kammer für Handelssachen - in: Braunschwcigische<br />
Zeitschrift für Rechtspflege im Herzogtume <strong>Braunschweig</strong>, 1917, S. 28.<br />
205) V gl. Bericht des Ausschusses der Landesvcrsamml ung - in: Verhandlungen der Landesversammlung<br />
des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong> auf dem 32. ordentlichen Landtage von 1914/15, 2. Band,<br />
Drucksache 121, Abschnitt I Ziffer 4, S. 6.<br />
2(6) Vgl. Br. Anz. vom 2.5.1917, S. 814.<br />
207) Vgl. Niederschrift über die 21. Sitzung des Landtages vom 30. 11. 1928 - in: Verhandlungen des<br />
Landtages des Freistaates Braunschwcig auf dem Landtage 1927/30, 1. Bd. Sp. 1277178.<br />
208) Vgl. die Geschäftsübersichten für 1931 bis 1933 - StA Wf 12 :-.leu Justiz 13 Nr. 44367-44369.<br />
2(9) Vgl. Bericht des Landgerichtspräsidentcn vom 14.7. 1936 - 3233 Bd. 1.<br />
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Handelssachen bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> mit Wirkung vom 1. Oktober 1936 auf<br />
eine herabgesetzt 210). Dabei blieb es bis zum Ende des 2. Weltkrieges.<br />
2. Besetzung der Kammer für Handelssachen<br />
Die Kammer für Handelssachen entschied in der Besetzung mit einem Mitglied des Landgerichts<br />
als Vorsitzenden und zwei Handelsrichtern 211) , von September 1939 bis zum<br />
Kriegsende nur noch in der Besetzung mit einem Richter, also ohne Handelsrichter 212 ).<br />
a. Vorsitzender der Kammer für Handelssachen. Es oblag den jeweiligen Landesjustizverwaltungen,<br />
den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen und dessen Stellvertreter zu<br />
bestimmen 213) Da der Vorsitzende lediglich Mitglied des Landgerichts sein mußte, lag es<br />
im Ermessen der Landesjustizverwaltungen, den Vorsitz in der Kammer für Handelssachen<br />
dem Präsidenten, einem der Direktoren oder einem sonstigen Mitglied des Landgerichts<br />
zu übertragen 214 ).<br />
Die Landesjustizverwaltung in <strong>Braunschweig</strong> übertrug den Vorsitz in den Kammern für<br />
Handelssachen zunächst jeweils Landgerichtsräten. Im April 1920 beantragte sodann die<br />
Landesjustizverwaltung die Umwandlung von zwei RichtersteIlen bei dem Landgericht in<br />
LandgerichtsdirektorensteIlen, und zwar mit folgender Begründung: "Beim Landgericht<br />
hier bestehen schon seit langem 2 Kammern für Handelssachen, deren dauernde Beibehaltung<br />
gesichert erscheint. Bislang wurde der Vorsitz in diesen Kammern von einem Landrichter<br />
oder Landgerichtsrat geführt. Mit Rücksicht auf die hohe wirtschaftliche Bedeutung<br />
der Tätigkeit dieser Kammer ist es erwünscht, die berufsrichterlichen Mitglieder, die<br />
für diese Tätigkeit besondere Eignung besitzen müssen, möglichst lange darin zu halten.<br />
Das ist aber nur zu erreichen, wenn den betreffenden Richtern die Möglichkeit eröffnet<br />
wird, als Vorsitzender dieser Kammern auch Rang und Gehalt eines Landgerichtsdirektors<br />
zu bekommen. Das erscheint um so mehr gerechtfertigt, als die Tätigkeit der Vorsitzenden<br />
der Kammer für Handelssachen derjenigen der sonstigen Kammervorsitzenden gleichsteht,<br />
und die Umwandlung irgendwelche erhebliche finanzielle Bedeutung nicht hat"215).<br />
Nach ausdrücklicher Unterstützung dieses Antrages durch den Berichterstatter des Haushaltsausschusses,<br />
den Abgeordneten Dr. Roloff, in der Sitzung der Landesversammlung<br />
210) Vgl. Erlaß des RJM vom 7. 9. 1936 - 3233 Bd. l.<br />
211) § 109 Abs. 1 GVG.<br />
212) § 5 der VO über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege vom<br />
1.9. 1939- RGBI. I Seite 1658159-und § 2 der VO zur Änderung der Vereinfachungsverordnung<br />
vom 18. 9.1940- RGBI. I Seite 1253.<br />
213) § 40 Abs. 1 AusfGDGVG.<br />
214) Vgl. Motive zu § 40 des Ausführungsgesetzes- abgedruckt bei W. Mansfeld, Die <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Ausführungsgesetze zu den Reichs-Justizgesetzen mit den Regierungsmotiven und einzelnen<br />
Erläuterungen. <strong>Braunschweig</strong> 1879, S. 67.<br />
215) V gl. die Zusammenstellung von Anträgen zu den planmäßigen Beamtenstellen - Anlage Seite 23<br />
zu dem Schreiben des Staatsministeriums- Abteilung für Finanzen -vom 7. 4.1920- Drucksache<br />
370 - in: Verhandlungen der Landesversammlung des Freistaates <strong>Braunschweig</strong> auf dem Landtage<br />
von 1919/20,3. Bd.<br />
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am 15. April 1920 216) wurde die beantragte Stellenumwandlung von der Landesversammlung<br />
am 21. April 19209 rückwirkend zum 1. April 1920 beschlossen 217 ). Die damaligen<br />
Vorsitzenden der Kammern für Handelssachen, die Landgerichtsräte Kammerer und Dr.<br />
Saeger, wurden durch die Verfügungen des Staatsministeriums - Abteilung für Rechtvom<br />
28. April 1920218) zu Landgerichtsdirektoren ernannt.<br />
Ende des Jahres 1921 kam es zum Streit zwischen Landesjustizverwaltung und Präsidium<br />
des Landgerichts über die Besetzung des Vorsitzes in der 2. Kammer für Handelssachen.<br />
Vorausgegangen war, daß die Amtsführung des Vorsitzenden der 2. Strafkammer, des<br />
Landgerichtsdirektors Damköhler, wiederholt Anlaß zu Beanstandungen und zu Kontroversen<br />
auch in der Landesversammlung gegeben hatte. Das Staatsministerium hatte daher<br />
anläßIich der Beratung des Justizetats 1921, "wo gegen diesen Herren von den verschiedensten<br />
Parteien hier Klagen vorgebracht wurden"219), Abhilfe zugesagt. Nun hatte zwar die<br />
Landesjustizverwaltung keine Einwirkungsmögliehkeit auf die Geschäftsverteilung bei<br />
dem Landgericht. Da ihr aber nach § 40 Abs. 1 AusfGDGVG die Bestimmung des Vorsitzenden<br />
der Kammer für Handelssachen oblag, bestellte Justizminister Junke für das Geschäftsjahr<br />
1922 den Landgerichtsdirektor Damköhler zum Vorsitzenden der 2. Kammer<br />
für Handelssachen. Es folgten daraufhin Vorstellungen des Anwaltsvereins sowie der Handelskammer220),<br />
und auch der Landgerichtspräsident trug Bedenken, "ob der Herr Landgerichtsdirektor<br />
Damköhler auf dem richtigen Posten sei"22I). Das Präsidium des Landgerichts<br />
schloß sich diesen Bedenken an und bestimmte für das Geschäftsjahr 1922 Landgerichtsdirektor<br />
Damköhler wieder zum Vorsitzenden der 2. Strafkammer; für die 2. Kammer<br />
für Handelssachen wurden in dem Geschäftsverteilungsplan lediglich zwei stellvertretende<br />
Vorsitzende bestimmt222). Das Staatsministerium wies daraufhin unter dcm 6. Januar<br />
1922 die Staatsanwaltschaft an, in allen Sachen Revision einzulegen, in denen Landgerichtsdirektor<br />
Damköhler als Vorsitzender der 2. Strafkammer beteiligt war 223). Die gegen<br />
die Urteile der 2. Strafkammer vom 12. und 14. Januar 1922 eingelegte Revision hatte<br />
jedoch keinen Erfolg. Das Reichsgericht folgte der Revisionsbegründung des Oberstaatsanwalts<br />
Heine 224 ), die Strafkammer sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, da Landgerichtsdirektor<br />
Damköhler infolge der Ernennung zum Vorsitzenden der 2. Kammer für<br />
Handelssachen der Verfügungsgewalt des Präsidiums des Landgerichts entzogen gewesen<br />
216) Vgl. Sitzungsbericht 110 vom 15. 4. 1920; in: Verhandlungen der Landesversammlung des Freistaates<br />
<strong>Braunschweig</strong> auf dem Landtage von 1919/20,2. Band, Sp. 5277n8.<br />
217) Vgl. Sitzungsbericht 113 vom 21. 4. 1920; in: ebd., 2. Band, Sp. 5349.<br />
218) Br. Anz. 1920, S. 622.<br />
219) So lustizminister lunke in der 126. Sitzung der <strong>Braunschweig</strong>ischen Landesversammlung des Freistaates<br />
<strong>Braunschweig</strong> auf dem Landtage 1919/20, ehd., Sp. 5349.<br />
220) Vgl. Bericht über die 44. Vollversammlung der Handelskammer am 3.11. 1921; in: Br. Anz. 1921,<br />
S. 1578.<br />
221) Vgl. Anm. 219).<br />
222) Vgl. Geschäftsverteilungsplan für 1922- in: Br. Anz. 1922, S. 2.<br />
223) Vgl. Mitteilung des Staatsministeriums in der Beilage zu den Br. Anz. vom 2.2. 1922.<br />
224) Vgl. Br. Landeszeitung vom H. 2. 1922, S. 2.<br />
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sei, nicht. In dem Urteil des Reichsgerichts vom 29. Mai 1922 225 ) heißt es dazu: "Ein Richter<br />
kann Mitglied mehrerer Kammern des Landgerichts sein, ein Landgerichtsdirektor<br />
gleichzeitig Vorsitzender mehrerer Kammern. Auch der Vorsitzende einer Kammer für<br />
Handelssachen kann gleichzeitig Vorsitzender einer Zivil- oder Strafkammer sein. Er wird<br />
zwar von der Landesjustizverwaltung nach Landesrecht ernannt, er bleibt aber doch Mitglied<br />
des Landgerichts und untersteht als solches den Anordnungen des Präsidenten und<br />
der Direktoren oder des Präsidiums. Diese von der Landesjustizverwaltung unabhängigen<br />
Kollegien können frei darüberverfügen, ob sie den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen<br />
gleichzeitig zum Vorsitzenden oder Mitglied einer anderen Kammer bestellen sollen;<br />
sie haben nur pflichtgemäß zu ermessen, ob tatsächlich auch die Verwendung möglich<br />
und ausführbar ist". Der Justizminister Dr. Jasper hob deshalb die von dem früheren Justizminister<br />
Junke verfügte Ernennung des Landgerichtsdirektors Damkähler zum Vorsitzenden<br />
der 2. Kammer für Handelssachen wieder auf; Landgerichtsdirektor Dr. Saeger führte<br />
ab 16. September 1922 wieder den Vorsitz in der 2. Kammer für Handelssachen 226).<br />
§40 Abs.1 AusfGDGVG, wonach der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen und<br />
dessen Stellvertreter mindestens auf die Dauer eines Geschäftsjahres durch die Landesjustizverwaltung<br />
bestimmt wird, galt bis zum Übergang der Justizhoheit auf das Reich. Nach<br />
§ 7 Abs. 4 der seit dem 1. April 1935 geltenden va des Reichsministers der Justiz zur einheitlichen<br />
Regelung der Gerichtsverfassung vom 20. März 1935 227 ) oblag es nunmehr dem<br />
Landgerichtspräsidenten, die Vorsitzenden der Kammern für Handelssachen und ihre regelmäßigen<br />
Vertreter vor Beginn des Geschäftsjahres für seine Dauer zu bestellen. Diese<br />
Bestimmung galt bis zu ihrer Aufhebung durch § 87 des Deutschen Richtergesetzes vom<br />
8. September 1961 228 ).<br />
b. Handelsrichter: Zum Handelsrichter konnte jeder Deutsche ernannt werden, welcher<br />
als Kaufmann oder als Vorstand einer Aktiengesellschaft in das Handelsregister eingetragen<br />
oder eingetragen gewesen ist, das dreißigste Lebensjahr vollendet hat und in dem Bezirk<br />
der Kammer für Handelssachen wohnt 229 ).<br />
Seit 1905 konnte auch Handelsrichter werden, wer als Geschäftsführer einer Gesellschaft<br />
mit beschränkter Haftung oder als Vorstand einer sonstigen juristischen Person in das Handelsregister<br />
eingetragen ist oder eingetragen war 230 ). Das Gesetz vom 20. März 1905 bestimmte<br />
ferner, zum Handelsrichter solle nur ernannt werden, wer in dem Bezirke der<br />
Kammer für Handelssachen wohnt oder, wenn er als Kaufmann in das Handelsregister<br />
eingetragen ist, dort eine Handelsniederlassung hat; bei Personen, die als Vorstand einer<br />
225) Soergel, Das Recht 1922, Nr. 1619.<br />
226) Vgl. Br. Landeszeitung vom 23.6.1922, S. 5.<br />
227) RGBI. I S. 403/404.<br />
22R) BGBI. I S. 1665/1678.<br />
229) § 113 Abs. 1 DGVG; ebenso noch die vom 1. 1. 1900 an geltende Fassung des GVG-RGß!. 1898<br />
S. 369 und 371 ff.<br />
230) Vgl. Gesetz, betreffend Änderung des § 113 des Gerichtsverfassungsgesetzes, vom 20. 3. 1905-<br />
RGB!. S. 179.<br />
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Aktiengesellschaft, als Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder<br />
als Vorstand einer sonstigen juristischen Person in das Handelsregister eingetragen sind,<br />
genüge es, wenn die Gesellschaft oder juristische Person eine Niederlassung in dem Bezirk<br />
hat. Den gleichen Wortlaut erhielt § 109 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der ab<br />
1. April 1924 geltenden Fassung 231 ), die insoweit bis zum Ende des 2. Weltkrieges Bestand<br />
hatte.<br />
Frauen konnten erst seit 1922 zu Handelsrichterinnen ernannt werden 232). In <strong>Braunschweig</strong><br />
wurde von dieser Möglichkeit aber bis 1945 kein Gebrauch gemacht.<br />
Die Handelsrichter, die während der Dauer ihres Amtes alle Rechte und Pflichten richterlicher<br />
Beamten hatten 233), wurden zunächst auf Vorschlag der Landesjustizverwaltung und<br />
nach vorgängigem Gutachten des Herzoglichen Staatsministeriums, dem auch der gutachtliche<br />
Vorschlag des zur Vertretung des HandeIsstandes berufenen Organs heizufügen war,<br />
vom Landesfürsten ernannt 234 ). Nach dessen Abdankung im November 1918 wurden die<br />
Handelsrichter durch die jeweiligen braunschweigischen Justizressorts, nach dem Übergang<br />
der Justizhoheit auf das Reich von dem Reichsminister der Justiz auf Vorschlag des<br />
Oberlandesgerichtspräsidenten, dem u. a. der gutachtliche Vorschlag der Industrie- und<br />
Handelskammer beizufügen war, ernannt 235 ).<br />
Die Ernennung zu diesem Ehrenamt 236 ) erfolgte für die Dauer von drei Jahren; eine wiederholte<br />
Ernennung war zulässig 237 ). Durch §4 des Gesetzes über die Neuwahl der Schöffen,<br />
Geschworenen und Handelsrichter vom 7. April 1933 238 ) wurde die laufende Amtsdauer<br />
aller Handelsrichter zum 30. Juni 1933 beendet. Die dreijährige Amtsdauer der neu<br />
ernannten Handelsrichter begann mit dem 1. Juli 1933 239 ), endete aber nicht am 30. Juni<br />
1936, sondern wurde durch das Gesetz über die Verlängerung der Amtsdauer der Handelsrichter<br />
vom 26. Juni 1936 240 ) bis zum 30. September 1936 verlängert, da sich die zum 1. Juli<br />
1936 vorzunehmende Neubestellung von Handelsrichtern aus verwaltungstechnischen<br />
Gründen nicht überall rechtzeitig ermöglichen ließ. In dem Erlaß des Reichsministers der<br />
Justiz vom 16. Juni 1936 241 ) heißt es dazu: " ... Ich bitte dafür zu sorgen, daß von den zur<br />
231) Vgl. Bekanntmachung der Texte des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung<br />
vom 22. 3. 1924 - RGBI. I S. 299 ff.<br />
232) Vgl. Art. I des Gesetzes über die Zulassung der Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege<br />
vom 11. 7.1922- RGBI. r S. 573.<br />
233) § 116 DGVG.<br />
234) § 112 DGVG, § 6 AusfGDGVG.<br />
235) Vgl. Abschnitt B Ziffer II der A V des Reichsministers der Justizvom 1. 4. 1935 (I a 9544) Deutsche<br />
Justiz S. 549.<br />
236) § 111 DGVG.<br />
237) § 112 DGVG.<br />
238) RGBI. I S. 187/188.<br />
239) § 5 ebd., vgl. auch die AV des Reichsministers der Justiz vom 9.3.1936 (I a 9274) Deutsche Justiz<br />
S.390.<br />
240) RGBI.I S. 517.<br />
241) 3233 Bd. 1.<br />
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Ernennung vorgeschlagenen Personen der Nachweis ihrer arischen Abstammung, soweit<br />
dies noch nicht geschehen, nunmehr alsbald erbracht wird. Personen, die einer Freimaurerloge<br />
angehört haben, bitte ich nicht vorzuschlagen; soweit sich unter den vorgeschlagenen<br />
Personen Logenangehörige befinden, bitte ich an ihrer Stelle neue Vorschläge zu machen.<br />
Zur Behebung von Zweifeln weise ich darauf hin, daß die politische Zuverlässigkeit<br />
der zu ernennenden Handelsrichter in jedem einzelnen Fall nachgewiesen sein muß. Ich<br />
bitte deshalb ... Äußerungen der zuständigen Gauleiter über die politische Zuverlässigkeit<br />
einzuholen .. , Die Äußerungen der Gauleiter sind mir mit den Emennungsvorsehlägen<br />
einzureichen" .<br />
Die Zahl der einer Kammer für Handelssachen zugeordneten Handelsrichter erhöhte sich<br />
im Laufe der Zeit. Zum 1. Oktober 1879 waren zunächst zwei Handelsrichter und zwei<br />
stellvertretende Handelsrichter ernannt worden. Ab 1R9R erhöhte sich die Zahl der stellvertretenden<br />
Handelsrichter auf vier, ab 1902 auf sechs. Ab 1. März 1904 gab es vier Handelsrichter<br />
und vier stellvertretende Handelsrichter. Nach der Bildung der 2. Kammer für<br />
Handelssachen zum 1. Juli 1906 verfügte dann jede Kammer über zwei Handelsrichter, die<br />
vier stellvertretenden Handelsrichter wurden beiden Kammern zugleich zugeordnet.<br />
Die seit dem Inkrafttreten dcs DGVG am, 1. Oktober 1879 geltende Amtsbezeichnung<br />
"Handelsrichter" wurde im Februar 1924 geändert; das <strong>Braunschweig</strong>ische Staatsministerium<br />
ordnete damals auf Anregung der Handelskammer an, daß, wie in Preußen 242), künftig<br />
die Handelsrichter die Amtsbezeichnung "HandcIsgerichtsrat" und die stellvertretenden<br />
Handelsrichter die Amtsbezeichnung "Handelsrichter" zu führen haben 243). Als dann<br />
durch die AV des Reichsministers der Justiz vom 1. April 1935 244 ) die Zahl der für jede<br />
Kammer zu ernennenden Handelsrichter auf sechs festgesetzt wurde und damit die stellvertretenden<br />
Handelsrichter entfielen, wurde auch die Amtsbezeichnung "Handelsgerichtsrat"<br />
wieder beseitigt. Die im Amt befindlichen Handelsrichter durften allerdings die<br />
Amtsbezeichnung "Handelsgerichtsrat" noch bis zum Ablauf ihrer Amtszeit weiterführen,<br />
während alle übrigen Beisitzer einheitlich die Amtsbezeichnung "Handelsrichter" erhielten.<br />
Die Verteilung der Handelsrichter auf die beiden Kammern sowie die Bestimmung der<br />
Reihenfolge, in der die Handelsrichter an den Sitzungen teilnehmen und sich in Behinderungsfällen<br />
vertreten mußten, oblag nach der A V vom 1. April 1935 dem Landgerichtspräsidenten<br />
vor Beginn des jeweiligen Geschäftsjahres für dessen Dauer.<br />
Auf Grund der AV des Reichsministers der Justiz vom 26. Juni 1936 245 ) hatten auch die<br />
Handelsrichter eine Amtstracht zu tragen. Diese bestand aus dem Amtsgewand und Kopfbedeckung<br />
aus schwarzer Farbe mit Besatz an beiden in Sammet. Dazu war eine weiße<br />
242) Vg!. AV des Preuss. Justizministers vom 14. 6. 1921- JMB!. S. 345.<br />
243) Vgl. Br. Staatszeitung vom 16. 2. 1924, S. 303.<br />
244) Deutsche Justiz S. 549/550.<br />
245) Deutsche Justiz S. 990.<br />
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Halsbinde zu tragen. An der rechten Brustseite befand sich das Hoheitsabzeichen in Silber,<br />
nicht jedoch auch an der Kopfbedeckung. Die Beschaffung der Amtstracht war Sache des<br />
Trägers 246 ).<br />
3. Zuständigkeit<br />
Die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> regelte<br />
sich - wie im gesamten Deutschen Reich - nach dem 7. Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes.<br />
Mangels spezieller Vorschriften für das Herzogtum bzw. das Land <strong>Braunschweig</strong><br />
erübrigt sich ein Eingehen auf Einzelheiten der Zuständigkeitsrege1ung. Herauszuheben<br />
bleibt nur zum einen, daß die Kammer für Handelssachen eine Spezialkammer des Landgeril:hts<br />
ist, die für die Handelssachen dann an die Stelle der an sich zuständigen Zivilkammer<br />
tritt, wenn ein Antrag auf Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen gestellt wird.<br />
Zum anderen ist anzumerken, daß die Kammer für Handelssachen zunächst nur im Rahmen<br />
der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Landgerichts zu entscheiden hatte; erst durch<br />
Gesetz vom 1. Juni 1909 247 ) wurde die Kammer für Handelssachen auch in der gesamten<br />
Zuständigkeit des Landgerichts entscheidungsbefugt, also auch, soweit das Landgericht<br />
als Rechtsmittelinstanz zuständig ist.<br />
4. Verfahren<br />
Für das Verfahren kann ebenfalls auf die allgemein geltenden einschlägigen Vorschriften<br />
des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozeßordnung verwiesen werden.<br />
I1I. 1945 bis heute<br />
1. Schließung und Wiedereröffnung<br />
Die Besetzung der Stadt durch amerikanische Truppen am 12. April 1945 führte zu einer<br />
vorübergehenden Schließung der Gerichte 248 ). Ihre Wiedereröffnung bedurfte einer<br />
schriftlichen Anweisung der Militärregierung 249 ), die für die Zivilkammern des Landgerichts<br />
am 26. September 1945 erfolgte. 250) Nach Abschluß der erforderlichen Vorarbeiten<br />
251) und nachdem Group. Captain Hicks am 3. Oktober 1945 im Auftrage der Militärregierung<br />
zunächst zwei Strafkammern des Landgerichts wiedereröffnet hatte 252) , nahmen<br />
246) Vgl. auch Schreiben des Landgerichtspräsidenten Lachmund an alle Handelsrichter vom 9. 7.<br />
1936-3233 Bd. 1.<br />
241) RGBI. S. 475.<br />
248) Vgl. Art. I Ziffer 1lit. a des Gesetzes Nr. 2 der Militärregierung Deutschland Kontroll-Gebiet des<br />
Obersten Befehlshabers - 21. AG Nr. 3 S. 4.<br />
249) Vgl. Art. III Ziffer 5 ebd.<br />
250) Anordnung der Militärregierung vom 26. 9. 1945 - 5/1/1-über die Wiedereröffnung der Zivilkammern<br />
des Landgerichts-vgl. Bericht des Landgerichtspräsidenten vom 16.1. 1947 -3230 Bd.1.<br />
251) Das <strong>Braunschweig</strong>ische Staatsministerium hatte z. B. am 25. 9. 1945 im Neuen Hannoverschen<br />
Kurier (Nr. 29 S. 3) entschiedene Nazigegner mit Befähigung zum Richteramt gesucht.<br />
252) Vgl. Bericht der <strong>Braunschweig</strong>er Neuen Presse vom 12.10.1945 - Nr. 1 S. 3-sowie die "Vorläufige<br />
Besetzung und Geschäftsverteilung der Strafkammern des Landgerichts <strong>Braunschweig</strong>" vom<br />
12. 10. 1945 - 320 a LG Bd. 3.<br />
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schließlich auch die übrigen Kammern des Landgerichts - darunter eine Kammer für Handelssachen<br />
- am 7. November 1945 ihre Tätigkeit wieder auf 253 ).<br />
2. Besetzung<br />
Die Kammer für Handelssachen wurde vorläufig nur mit einem Berufsrichter besetzt. 254)<br />
Die Zuziehung von Handelsrichtern konnte von dem Oberlandesgerichtspräsidenten zugelassen<br />
werden, sobald es die Personallage gestattete 255). Im Vorgriff auf diese Entwicklung<br />
waren von der Wirtschaftskammer <strong>Braunschweig</strong> bereits mit Schreiben vom 2. Juli 1945 256 )<br />
sechs Kaufleute als Handelsrichter vorgeschlagen worden, und zwar der Fabrikdirektor<br />
Otto Winkelmann, der Brauereidirektor Wilhelm Böhme, der Kaufmann Dr. ing. habil.<br />
Ludwig Zacharias, der Kaufmann earl Heimbs, der Kaufmann Dr. jur. Robert Jürgens<br />
und der Kaufmann Kurt Haeusler. Mit Bericht vom 9. Januar 1946 257 ) ersuchte der Landgerichtspräsident<br />
den Oberlandesgerichtspräsidenten, zunächst die Kaufleute Dr. Zacharias,<br />
Böhme und Dr. Jürgens für die bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> errichtete Kammer<br />
für Handelssachen für die Zeit vom 1. 1. 1946 bis 1. 1. 1949 zum Handelsrichter zu<br />
ernennen und die Genehmigung der Militärregierung zu dieser Entscheidung herbeizuführen.<br />
Mit Bericht vom 8. Juli 1946 258 ) schlug der Landgerichtspräsident zusätzlich die Kaufleute<br />
Erich Seiffert, Friedrich Maria Weber und Kurt Haeusler zur Ernennung vor. Die<br />
Zeit war dafür aber noch nicht reif. So teilte der Oberlandesgerichtspräsident unter dem<br />
15. Juli 1946 mit, daß die Mitwirkung von Laien, auch solchen mit besonderer Sachkunde,<br />
in der Rechtspflege bislang im juristischen Zentral- und Unterausschuß nur auf dem Gebiete<br />
des Strafverfahrensrechts behandelt worden sei und die Frage, ob Kammern für Handelssachen<br />
unter Mitwirkung von sachkundigen Laienrichtern einzurichten seien, bei dem<br />
gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungsbefugnis nur zoneneinheitlich geregelt werden<br />
könne. Er kündigte aber an, er werde bei der nächsten Tagung der Oberlandesgerichtspräsidenten<br />
in Bad Pyrmont die Meinung der übrigen Oberlandesgerichtspräsidenten zu dieser<br />
Frage zu ermitteln suchen 259 ).<br />
Mit Bericht vom 16. Januar 1947 260 ) ersuchte der Landgerichtspräsident den Oberlandesgerichtspräsidenten<br />
erneut, die Zuziehung der nach der AV vom 1. April 1935 erforderlichen<br />
Anzahl von Beisitzern für die Kammer für Handelssachen anzuordnen. Dieses Ersuchen<br />
hatte endlich Erfolg. Bereits mit A Vvom 23. Januar 1947 261 ) ordnete der Oberlandesgerichtspräsident<br />
an, daß vom 1. Februar ab die Kammer für Handelssachen außer dem<br />
253) V gl. Bericht des Landgerichtspräsidenten vom 5. 11. 1945 sowie "Geschäftsplan des Landgerichts<br />
<strong>Braunschweig</strong>" für die Zeit vom 7. 11. bis 31. 12. 1945 - 320 a LG Bd. 3.<br />
25') Vgl. § 6 Satz 1 der Verordnung des Oberlandesgerichtspräsidenten Mansfeld über die Wiederer<br />
öffnung der Gerichte des Oberlandesgerichtsbezirks <strong>Braunschweig</strong> vom 10.12. 1945 (JBI. 1946<br />
Sp.3/4).<br />
255) Vgl. § 6Satz2derVO.<br />
256) In: E 3233 Bd. I.<br />
257) Vgl. Anm. 256).<br />
258) Vgl. Anm. 256).<br />
259) Vgl. Anm. 256).<br />
260) In: 3230 Bd. I.<br />
261) JBI. <strong>Braunschweig</strong> 1947 Sp. 227.<br />
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Vorsitzenden mit zwei Handelsrichtern besetzt wird. Und mit Schreiben vom 29. Januar<br />
1947 262 ) teilte der Oberlandesgerichtspräsident den Kaufleuten Dr. Zacharias, Weber und<br />
Helle-Haeusler mit, daß er sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamte<br />
für die Zeit vom 1. 1. 1947 bis 31. 1. 1950 zum Handelsrichter bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong><br />
ernannt habe.<br />
3. Weitere Entwicklung<br />
Die Kammer für Handelssachen wurde von den rechtsuchenden Kaufleuten rasch wieder<br />
angenommen. So stieg die Zahl der Eingänge in O-Sachen von 81 im gesamten Geschäftsjahr<br />
1948 auf 183 in den ersten 9 Monaten des Jahres 1949 263 ). Mit Berichten vom 21. Oktober<br />
1949 264 ) und 14. März 1950 265 ) ersuchte daher der Landgerichtspräsident den Oberlandesgerichtspräsidenten,<br />
bei dem Niedersächsischen Minister der Justiz die Bildung einer<br />
zweiten Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> zu erwirken. Die<br />
Folge war jedoch nur, daß die Zahl der bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> zu ernennenden<br />
Handelsrichter auf nunmehr acht festgesetzt wurde 266).<br />
Nachdem zwischenzeitlich auf Anregung des AnwaItsvereins Goslar die Errichtung einer<br />
detachierten Kammer für Handelssachen in Goslar geprüft, mit Rücksicht auf den geringen<br />
Anfall von Handelssachen in diesem Bezirk aber verworfen worden war 267) , erklärte sich<br />
schließlich der Niedersächsische Minister der Justiz nach erneutem Bericht des Landgerichtspräsidenten<br />
vom 13. Februar 1952 2(8 ) mit Erlaß vom 25. März 1952 269 ) mit der Bildung<br />
einer zweiten Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> am 1.<br />
Juli 1952 einverstanden. Da die Ernennung der weiteren Handelsrichter aber nicht so zügig<br />
erfolgen konnte, wurde die 2. Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong><br />
erst nach dem Ende der Gerichtsferien am 16. September 1952 gebildet 270). Der<br />
1. Kammer für Handelssachen wurden zunächst acht, der 2. Kammer für Handelssachen<br />
sechs Handelsrichter zugewiesen. Ab 1. Januar 1956 waren dann in beiden Kammern je<br />
sieben Handelsrichter tätig.<br />
Diese Zahl der Handelsrichter hielten die Vorsitzenden der beiden Kammern für Handelssachen<br />
im Jahre 1963 nicht mehr für ausreichend. Sie berichteten dem Landgerichtspräsidenten<br />
am 22. April 1963 271 ) u. a. wie folgt: "Beide Kammern tagen im Durchschnitt wöchentlich<br />
einmal in voller Besetzung. Planmäßig ist also jeder Handelsrichter etwa einmal<br />
262) Vgl. Anm. 256).<br />
263) Vgl. Bericht des Landgerichtspräsidenten vom 21. 10. 1949 - 3233 Bd. 1.<br />
2M) Vgl. Anm. 263).<br />
265) In: E 3233 Bd. H.<br />
266) Vgl. Erlaß des Nds. MdJ vom 3.4.1950 - E 3233 Bd. II.<br />
267) Vgl. u. a. Vermerk des Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Heusinger vom 10. 1. 1952 und den<br />
Bericht des Landgerichtspräsidenten vom 11. 3. 1952-3230 Bd. I.<br />
26R) Vgl. Anm. 256).<br />
26") Vgl. Anm. 256).<br />
270) Vgl. Anordnung des Landgerichtspräsidenten vom 2. 9. 1952 über die Errichtung einer 2. Kammer<br />
für Handelssachen bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> - E 3233 Bd. n.<br />
271) In: E 3233 Bd. IV.<br />
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im Monat zur Sitzung heranzuziehen. Es hat sich gezeigt, daß dieser Plan nicht mehr durchzuführen<br />
ist. Es liegt ganz überwiegend an der beruflichen Inanspruchnahme der Handelsrichter.<br />
Im Augenblick ist die Situation so, daß wir fast für jede Sitzung Vertreter suchen<br />
müssen, weil es nicht möglich war, einen oder zwei Herren als Ersatzmänner heranzuziehen.<br />
Wir bitten daher, zu erwägen, ob nicht die Zahl der Handelsrichter von 14 auf 20<br />
erhöht werden kann". Diese von dem Landgerichtspräsidenten Seidler unterstützte Anregung<br />
fand jedoch nicht die Zustimmung des Niedersächsischen Ministers der Justiz, der mit<br />
Erlaß vom 23. März 1964 272) schließlich mitteilte, daß er ebenso wie die<br />
Oberlandesgerichtspräsidenten in Celle und Oldenburg eine Änderung der in der A V vom<br />
1. April 1935 festgesetzten Höchstzahl von acht Handelsrichtern je Kammer nicht für empfehlenwert<br />
halte. Diese Höchstzahl von acht Handelsrichtern je Kammerwurde schließlich<br />
nach einem erneuten Vorstoß der Vorsi tzenden der Kammern für Handelssachen 273), der<br />
von der Industrie- und Handelskammer <strong>Braunschweig</strong> unterstützt worden war 2 7 4) , am 1.<br />
September 1970 mit der Ernennung der Handelsrichter Argenton und Nerlich erreicht 275 ).<br />
Seit dem 1. September 1988 sind in der 1. Kammer für Handelssachen allerdings nur noch<br />
sieben Handelsrichtertätig, da ein Nachfolger für den zum 31. August 1988 ausscheidenden<br />
Handelsrichter Müller nicht mehr ernannt worden ist.<br />
Herauszuheben bleibt, daß mit der Dip!. Kauffrau Heidi Munte zum 1. März 1974 erstmals<br />
eine Frau zur Handelsrichterin bei dem Landgericht <strong>Braunschweig</strong> ernannt worden ist.<br />
Frau Munte (später Gutbrod) ist zum 31. Oktober 1981 auf eigenen Wunsch als HandeIsrichterin<br />
ausgeschieden. Unter den derzeit 15 Handelsrichtern des Landgerichts <strong>Braunschweig</strong><br />
befindet sich aber seit dem 1. September 1988 wieder eine Frau, nämlich die in dcr<br />
2. Kammer für Handelssachen amtierende Kauffrau Rosemarie Macter aus Salzgittcr.<br />
Die Belastung der beiden Kammern für Handelssachen entsprach 1990 der des Geschäftsjahres<br />
1972 (1972 - 372 Eingänge, 1990 - 371). Dazwischen gab es nicht unerhebliche<br />
Schwankungen. So verzeichneten die beiden Kammern für Handelssachcn 1973 plötzlich<br />
432 Eingänge. Nachdem dann in den ersten fünf Monaten des Jahres 1974 schon 230 Sachen<br />
neu eingegangen und in zunehmendem Maße auch umfangreiche Bauprozesse vor den<br />
Kammern für Handelssachen anhängig gemacht worden waren, ersuchte der Landgerichtspräsidcnt<br />
am 10. Juni 1974 den Oberlandesgerichtspräsidenten sogar, bei dem Niedersächsischen<br />
Minister der Justiz die Bildung einer dritten Kammer für Handelssachen bei dem<br />
Landgericht <strong>Braunschweig</strong> zu erwirken 276 ). Obwohl die Zahl dcr Eingänge auch in den<br />
Monaten Juni bis September 1974 weiter anstieg 277) , blieb der Versuch, bei dem Landgericht<br />
eine dritte Kammer für Handelssachen einzurichten, letztlich erfolglos 278 ). Seit 1986<br />
272) Vgl. Anm. 271).<br />
273) V gl. Bericht vom 28. 4. 1970 - E 3233 Bd. 6.<br />
274) V gl. Schreiben vom 11. 5. 1970 - E 3233 ßd. 6.<br />
275) V gl. auch Erlaß vom 5. 6. 1970 - E 3233 Bd. 6.<br />
276) Vgl. Bericht vom 10. 6. 1974- 3233 Bd. 1.<br />
m) Weitere 192 Eingänge gegenüber 136 im Jahre 1973 - vgl. Bericht des Landgerichtspräsidenten<br />
vom 28. 10. 1974 - 3233 Bd. 1.<br />
278) Vgl. Erlaß vom 23. 12. 1974-3233 Bd.l.<br />
104<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
verringerte sich dann die Zahl der Eingänge zunächst kontinuierlich (1986 - 355 Eingänge,<br />
1987 - 338, 1988 - 319, 1989 - 308), bis sie 1990 plötzlich wieder auf 371 anstieg. Auch im<br />
laufenden Geschäftsjahr 1991 ist eine etwa gleich hohe Eingangszahl zu erwarten. Wie<br />
sagte doch lustizminister Sievers am 30. November 1928 279 ): "Die Kammern für Handelssachen<br />
sind für die lustizverwaltung immer ein Kreuz, da der Anfall der Sachen außerordentlich<br />
unterschiedlich ist ... " Die Justizverwaltung muß und kann damit leben, zumal die<br />
derzeitige Geschäftslage hoffen läßt, daß die Kaufmannschaft (und mit ihr die Anwaltschaft)<br />
die in vielen Jahren erkämpfte und schließlich behauptete Möglichkeit, Handelssachen<br />
unter Mitwirkung sachkundiger Handelsrichter entscheiden zu lassen, weiterhin unvermindert<br />
annimmt.<br />
279) Vgl. oben S. 95.<br />
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Berufsschule und Berufsschulpolitik im Freistaat <strong>Braunschweig</strong> in<br />
der Weimarer Republik 1)<br />
Von<br />
Bettina Gundler<br />
Ein wichtiger, bisher allerdings vernachlässigter Bestandteil der sozialdemokratischen Bildungsreformen<br />
im Freistaat <strong>Braunschweig</strong> in der Zeit der Weimarer Republik warder Ausbau<br />
des Berufsschulwesens. 1929 verabschiedete der braunschweigische Landtag mit den<br />
Stimmen der Sozialdemokraten und Linksliberalen ein Berufsschulgesetz, das einen konsequenten<br />
Versuch darstellte, das berufliche Schulwesen zu einem leistungsfähigen dritten<br />
Standbein des allgemeinbildenden Schulwesens neben Volksschule und höheren Schulen<br />
auszubauen. Auch im Reichsverglcich konnte dem Reformvorhaben durchaus Modellcharakter<br />
zugesprochen werden.<br />
Ähnlich den schulpolitischen Maßnahmen der sozialdemokratischen Landesregierung(en)2)<br />
rief jedoch auch das Berufsschulgesetz heftige Proteste der bürgerlichen Parteien,<br />
ebenso des Handwerks und der Gemeinden hervor. Seine Ausführung scheiterte schließlich<br />
am politischen Widerstand seiner Gegner und den finanziellen Problemen, die der<br />
Durchführung kostenintensiver Bildungsreformen in der Wirtschaftskrise entgegenstanden.<br />
Zielsetzungen, Qualität und Probleme der demokratischen Berufsschulpolitik in der Weimarer<br />
Zeit sollen im folgenden untersucht und zur Entwicklung in anderen Ländern in<br />
Beziehung gesetzt werden.<br />
1) Überarbeitete Fassung eines Vortrags beim <strong>Braunschweig</strong>er Arbeitskreis Andere Geschichte im<br />
März 1991.<br />
2) Zur sozialdemokratischen Schulpolitik neuerdings Claudia Sc h ü I er, Schul politische Konfliktfelder<br />
im Freistaat <strong>Braunschweig</strong> (1918-1933). Manuskript, Braunschwcig 1992. Uwe Sand fuchs,<br />
Universitäre Lehrerausbildung in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Eine historischsystematische<br />
Untersuchung am Beispiel der Lehrerausbildung an der Technischen Hochschule<br />
<strong>Braunschweig</strong>. (1918-1940). Bad Heilbrunn 1978. Ferner einiges bei Ernst August Roloff,<br />
<strong>Braunschweig</strong> und der Staat von Weimar. <strong>Braunschweig</strong> 1964.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
107
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Rückblick: Das Fortbildungsschulwesen bis 1918<br />
Zum besseren Verständnis der Kontroversen in der Weimarer Republik scheint ein kurzer<br />
Rückblick auf die Entwicklung des beruflichen Schulwesens vor 1918zweckmäßig. Vorläufer<br />
und Vorformen der modernen "Berufsschule" - dieser Terminus wurde 1920 im Kontext<br />
der Planungen eines Reichsberufsschulgesetzes eingeführt - waren die gewerblich<br />
orientierten Sonntags- und die im 19. Jahrhundert entstandenen allgemeinen Fortbildungsschulen<br />
J). Sie wurden errichtet, um den jugendlichen Volksschulabgängern neben der betrieblichen<br />
Ausbildung eine vertiefte Elementar- respektive Fortbildung zukommen zu lassen.<br />
Staat, Gemeinden und private Träger verfolgten mit der Förderung des Fortbildungsschulwesens<br />
zum einen eine jugemlpflegerische und politisch disziplinierende Absicht. Der<br />
Fortbildungsunterricht diente nicht zuletzt der Kontrolle und staatsbürgerlichen Erziehung<br />
der- meist männlichen - Jugendlichen über den Besuch der Volksschule hinaus, was<br />
im 19. Jahrhundert vielfach bedeutete, die in der Elementarschule begonnene Erziehung<br />
zum "Untertan" und zur Unterordnung unter die staatliche Obrigkeit zu festigen und den<br />
Unterschichten bürgerliche Normen zu vermitteln 4). Mit dieser Aufgabe war die Fortbildungsschule<br />
nur als Pflichtschule zu denken. Seit den 1870er Jahren nahm sie, staatlicherseits<br />
gefördert, einen erheblichen Aufschwung, der in einigen Ländern mit der Einführung<br />
einer Fortbildungsschulpflicht für Lehrlinge unter 18 Jahren einherging.<br />
Auf der anderen Seite waren es wirtschaftspolitische Motive, die den Staat und teilweise<br />
auch die Innungen zur Förderung des Fortbildungsschulwesens veranlaßten. Der Ausbau<br />
der Fortbildungsschulen stand ebenso wie die Gründung technischer Fach-, Gewerbe- und<br />
Handelsschulen in der Tradition der mittelbaren Wirtschafts- und Gewerbeförderung<br />
durch die Anhebung des (Aus)Bildungsniveaus der Arbeitskräfte in Handel und Gewerbe.<br />
In einigen Ländern, wie z. B. Preußen, war das berufliche Faeh- und Forbildungsschulwesen<br />
folgerichtig den wirtschaftlichen Verwaltungsbehörden unterstellt.<br />
In der Tat wuchsen mit fortschreitender Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts<br />
die fachlichen Anforderungen an die Angestellten, Arbeiter und Handwerker in vielen<br />
Berufen. Es lag daher nahe, der berufsbegleitenden Fortbildungsschule zunehmend<br />
fachinhaltliche Aufgaben zu übertragen. Das Konzept der allgemeinbildenden Fortbildungsschule<br />
wurde zu dem der berufsorientierten und in Fachklassen gegliederten "Berufsschule"<br />
weiterentwickelt. Das theoretische Grundgerüst für die Verbindung von allgemei-<br />
3) Zur Entwicklung des beruflichen Schul- und Bildungswesens in Deutschland im 19. Jahrhundert<br />
im Überblick: Herwig Blankertz, Bildung im Zeitalter der großen Industrie. Hannover 1969.<br />
Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, hrsg. v. Christa Berg u.a., Bd. III-V, München<br />
1987-1991 (darin jeweils die Ahschnitte üher Bemfshildung; dort auch weiterführende Literatur).<br />
Wolfgang M u th, Berufsausbildung in der Weimarer Republik (= Zeitschrift für Unternehmensgeschichte,<br />
Beiheft41). Stuttgart 1985, S. 12-40. Simon Thyssen, Die Berufsschule in Idee<br />
und Gestalt. Essen 1954.<br />
4) Dazu auch Walter G eo rg und Andreas Ku nze, Sozialgeschichte der Berufserziehung. Eine Einführung.<br />
München 1981, S. 47 ff., 64 ff.<br />
108<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
ner und beruflicher Bildung lieferten zu Beginn des 20. Jahrhunderts Pädagogen wie Alois<br />
FischerS), Eduard Spranger 6 ) und vor allem Georg Kerschensteiner 7 ), die in der Berufsweit<br />
und dem beruflichen Erfahrungsraum der erwerbstätigen Jugendlichen den Ausgangsund<br />
Anknüpfungspunkt einer allgemeinen "Menschenbildung" sahen. Dabei orientierten<br />
sich die beruflichen Bildungskonzeptionen allerdings am Modell des Lehrlings im Handwerksbetrieb<br />
und damit vornehmlich an ,mittelständischen' Interessen.<br />
In der Praxis geriet namentlich die gewerbliche Fortbildungsschulc, um die es hier hauptsächlich<br />
gehen soll, zur Jahrhundertwende zunehmend in das Spannungsfeld wirtschaftlicher,<br />
bildungspolitischer , staatlicher und kommunaler Interessen unterschiedlichster<br />
Schattierung. Ungeachtet des Aufschwunges, den das Fortbildungsschulwesen in dieser<br />
Zeit nahm, konnte sich die fachlich gegliederte Pflichtfortbildungsschule im Kaiserreich<br />
nicht überall durchsetzen, teils weil es auf lokaler und betrieblicher Ebene Widerstände<br />
gegen eine staatliche Normierung des Fortbildungsschulwesens gab, teils weil die bildungspolitischen<br />
Zielsetzungen der Interessengruppen und Parteien zu stark divergierten. Wie<br />
z. B. das Scheitern der Gesetzesvorlage zur Einführung der Fortbildungssehulpflicht in<br />
Preußen 1911 an einer Kontroverse über die Einführung der Religion als Pflichtfach zeigte,<br />
existierten nach wie vor zwei grundsätzlich unterschiedliche Berufsschulauffassungen 8 ):<br />
während sich die einen (im konkreten Fall die preußische Bürokratie, die liberale Fortschrittspartei<br />
und Interessenvertreter des Handwerks) am Modell einer rein fachbezogenen,<br />
die Werkstattausbildung ergänzenden Berufsschule orientierten, schrieben die anderen<br />
(so die katholische Zentrumspartei und ein Teil der Konservativen, mit anderen weltanschaulichen<br />
Vorzeichen aber auch die Sozialdemokraten 9» der Fortbildungsschule weiterhin<br />
die Funktion einer allgemeinbildenden Lehranstalt und Fortsetzung der Volksschule<br />
zu.<br />
Das Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> gehörte zur Jahrhundertwende zu jenen Ländern, in denen<br />
das Fortbildungswesen noch kaum entwickelt war. Zur Einführung der allgemeinen Fortbildungspflicht<br />
kam es vor dem Ersten Weltkrieg auch hier nicht. Allerdings waren in den<br />
eineinhalb Jahrzehnten vor Ausbruch des Krieges im Herzogtum Bemühungen um eine<br />
Verbesserung des gewerblichen Fortbildungssystems erkennbar. Nachdem 1895/96 aufIn-<br />
5) Vgl. etwa Alois Fischer, Berufsbildung und Allgemeinbildung; in: Zeitschrift für Pädagogische<br />
Psychologie 12, 1911, S. 165-175. Ders., Ethik und Soziologie des Berufes in der Schulerziehung;<br />
in: Handbuch für das Berufs- und Fachschulwesen, Hrsg. v. Alfred Kühne. Leipzig 1929,<br />
S.43-6O.<br />
6) Vgl. z.B. Eduard Spranger, Grundlegende Bildung, Berufsbildung, Allgemeinbildung; in:<br />
Ders., Kultur und Erziehung. Gesammelte pädagogische Aufsätze. 4. Aufl., Leipzig 1928, S.<br />
186-204. D e rs., Berufsbildung und Allgemeinbildung; in: Handbuch für das Berufs- und Fachschulwesen<br />
(wie Anm. 5), S. 27-42.<br />
7) Z. B. Georg Kerschensteiner, Beruf oder Allgemeinbildung?; in: Der S., Grundfragen der Schulorganisation.<br />
Leipzig 1907, S. 23-45. D e rs., Berufserziehung im Jugenalter; in: Handbuch für<br />
das Berufs- und Fachschulwesen (wie Anm. 5), S. 83-98.<br />
8) Vgl. Gustav Grüner, 1911- das "berufspädagogische Sturmjahr"; in: Die berufsbildende Schule<br />
13, 1961, S. 396 ff.<br />
9) Vgl. Wolfgang W. Witter, Die sozialdemokratische Schulpolitik in der Weimarer Republik. Ein<br />
Beitrag zur pOlitischen Schulgeschichte im Reich und in Preußen. Berlin 1981, S. 45 ff.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
109
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
itiative der Handelskammer zunächst eine Reorganisation des weiterentwickelten kaufmännischen<br />
Fortbildungswesens erfolgt war 10), wurden 1902 - wohl auf Veranlassung der<br />
Handwerkerverbände - auch die Neuordnung des gewerblichen Fortbildungswesens beraten<br />
und Grundsätze für die Errichtung einer neuen Handwerker-Fortbildungsschule mit<br />
Fortbildungspflicht in <strong>Braunschweig</strong> festgelegt 11).1908 schließlich verabschiedete die Landesversammlung<br />
ein "Gesetz über die Regelung des Fortbildungswesens im Herzogtum<br />
<strong>Braunschweig</strong>" 12), das sich im wesentlichen an den gemäßigten Bestimmungen der Gewerbeordnung<br />
orientierte.<br />
Immerhin wurde damit ein Handlungsbedarf von der herzoglichen Regierung anerkannt,<br />
die in der Begründung zur Gesetzesvorlage zugestand, daß das Fortbildungsschulwesen im<br />
Herzogtum hinter dem der anderen Reichsländern deutlich zurückgeblieben war 13 ). Nur<br />
ein Drittel der unter 18jährigen männlichen Jugendlichen des Herzogtums - das waren<br />
etwa 1800 von 6000 - besuchte 1908 eine gewerbliche Fortbildungsschule. Eine einheitliche<br />
gesetzliche Regelung des Fortbildungswesens fehlte bis dahin ebenso, wie eine zusammenfassende<br />
Organisation und eine koordinierende Aufsichtsbehörde. Diesen Mißständen<br />
sollte nun abgeholfen werden, zumal das herzogliche Ministerium (im Einklang mit den<br />
Handwerkervereinigungen) eine Anhebung des Bildungsgrads der Jugendlichen als notwendigen<br />
Schritt zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskraft ansah. Neben der berufsbildenden<br />
Funktion wurden der Fortbildungsschule weiterhin jugendpflegerische Aufgaben<br />
zugeschrieben. Nach dem Wunsch der Landesbehörden sollte sie den Lehrlingen als berufsbildende<br />
Schule nicht nur die notwendigen beruflichen Fachkenntnisse vermitteln, sondern<br />
auch der "allgemeinen Volkserziehung" dienen, um damit der "Verwahrlosung und<br />
Orientierungslosigkeit" der Jugendlichen vorzubeugen und sie dem Einfluß der politischen<br />
Arbeiterbewegung und "gewissenlosen" älteren Arbeiter zu entziehen 14).<br />
Mit dieser Zweck bestimmung entsprach die Fortbildungskonzeption der herzoglichen Regierung<br />
wie andernorts den Interessen und Werthaltungen der bürgerlich-konservativen<br />
10) Für die kaufmännischen Lehrlinge wurde über die bereits bestehenden Bestimmungen in <strong>Braunschweig</strong>,<br />
Blankenburg, Holzminden und Königslutter hinaus auch in den anderen Städten des<br />
Landes per Gemeindestatut die Besuchspflicht eingeführt, ferner wurde die Aufsicht über das<br />
kaufmännische Berufsschulwesen der Handelskammer übertragen. Dazu u. a.: Kaufmännisches<br />
Fortbildungs-Schulwesen: 11. Der gegenwärtige Stand des kaufmännischen Fortbildungsschulwesens<br />
( ... ); zusammengestellt ( ... ) von Richard Stegem anno <strong>Braunschweig</strong> 1896, S. 267 ff. Ferner:<br />
60 Jahre Deutscher Verband für das Kaufmännische Bildungswesen e. V., 1895-1955 (=<br />
Veröffentlichungen des Deutschen Verbandes für das kaufmännische Bildungswesen, Bd. 88).<br />
<strong>Braunschweig</strong> 1955, S. 13 ff.<br />
11) Vgl. Niedersächsiches Staats archiv Wolfenbüttel (weiter Nds. StA Wf) 12 A Neu Fb. 9 Nr. 4132.<br />
Ferner Leo Her b s t, Die Fortbildungsschule im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>. Ein Beitrag zu ihrer<br />
Förderung. <strong>Braunschweig</strong>, Leipzig 1907.<br />
12) Vgl. <strong>Braunschweig</strong>ische Gesetzes- und Verordnungssammlung 1908, Nr. 84.<br />
13) Hierzu und zum Folgenden vgl. Begründung zum Gesetz über das Fortbildungsschulwesen vom<br />
14. 12. 1908 durch den Fortbildungsschulinspektor H. Heinemann in: Nds. StA Wf 12 A Neu Fb.<br />
9 Nr. 3566.<br />
14) Ebd.<br />
110<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Gruppen. Aus diesen Kreisen rekrutierten sich in <strong>Braunschweig</strong> zunächst auch die Trägerschichten<br />
der Fortbildungsschule und des 1911 gegründeten "<strong>Braunschweig</strong>ischen Fortbildungsschulvereins"<br />
, der sich die Förderung des beruflichen Schulwesens zur Aufgahe<br />
machte 15).<br />
Das Fortbildungsgesetz von 1908 riet im übrigen zwar zur Einführung einer allgemeinen<br />
Fortbildungsschulpflicht, legte die Entscheidung darüber mit einer Kannbestimmung jedoch<br />
in die Hand der einzelnen Gemeinden, die auch die Aufsicht über die Fortbildungsschulen<br />
erhielten. Die Gesetzeslage im Land <strong>Braunschweig</strong> wurde damit im wesentlichen<br />
der des Nachbarlandes Preußen angeglichen. Offiziell hieß es dazu, auf eine landesgesetzliche<br />
Regelung sei verzichtet worden, da die Gemeinden aus eigenem Verantwortungsgefühl<br />
handeln sollten 16). Tatsächlich dürfte der Hauptgrund für den Verzicht auf eine landesweite<br />
Einführung der Fortbildungspflicht aber eher in der Rücksichtnahme auf die widerstrebenden<br />
Intcressen vor allcm der Landgemeinden und Widerstände in der Landwirtschaft<br />
gelegen haben, die die Fortbildungsschulen für die Landarbeiterjugend zumeist ablehnte.<br />
Die zögerliche Haltung der Regierung dokumcntierte sich auch darin, daß dem Gesetz erst<br />
zwei Jahre später die notwendigen Ausführungsvorschriften in Form der "Grundsätze über<br />
die Errichtung von Gemeindefortbildungsschulen" im Land <strong>Braunschweig</strong> 17) folgten, die<br />
die Grundlage dafür schufen, daß nun tatsächlich in einigen Gemeinden Fortbildungsschulen<br />
eingerichtet wurden. Bis 1914 stieg ihre Zahl im Herzogtum auf insgesamt 51, von denen<br />
sich 14 in den größeren Städten befanden. Insbesondere in den agrarisch geprägten<br />
Kreisen dagegen blieb die Zahl der Fortbildungsschulen gering 18).<br />
Die größte gewerbliche Fortbildungsschule befand sich naturgemäß in der Stadt <strong>Braunschweig</strong>,<br />
da hier Handwerk und Gewerbe ein großes Interesse an der Fortbildung zeigten.<br />
Die <strong>Braunschweig</strong>er Fortbildungsschule war in Verbindung mit der Gewerbeschule bereits<br />
in den 1860er Jahren gegründet worden 19). Ihr Unterrichtsprogramm, das nur das Zeichnen<br />
umfaßte, wurde seit den 1880er Jahren zunächst um Elementarkurse, dann um erste<br />
Bcrufsfachkurse erweitert. Durch die Trennung der Fortbildungsschule von der Gewerbeschule<br />
wurden 1913 erste Schritte zur Errichtung einer selbständigen Berufsschule unternommen<br />
20). Zugleich wurde die Leitung der Schule einer ersten hauptamtlichen Lehrkraft<br />
übertragen, und zwar dem Bürgerschullehrer und neuernannten "Fortbildungsschulinspektor"<br />
Hermann Heinemann, der in der Geschichte der schulischen Berufsbildung in<br />
15) Dazu Stadtarchiv <strong>Braunschweig</strong> (weiter StA BS) D IV Nr. 5222, darin u. a. Satzung.<br />
16) Vgl. Begründung des Gesetz über das Fortbildungsschulwesen, a.a. O.<br />
17) Vgl. Grundsätze für die Errichtung von Gemeindefortbildungsschulen. <strong>Braunschweig</strong> 1910; ferner<br />
Nds. StAWf 12 A :-leu Fb. 9 Nr. 4136 sowie 12 A Neu Fb. 13 Nr. 22783.<br />
18) Vgl. Übersicht in Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 9 Nr. 4136.<br />
19) Dazu u.a. StA BS D IVNr. 4189.<br />
20) Zur Handwerkerfortbildungsschule auch Lutz Rö ss n er, Erwachsenenbildung in <strong>Braunschweig</strong>.<br />
Vom Arbciterverein 1848 bis zur Volkshochschule. <strong>Braunschweig</strong> 1971.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
111
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
allerdings nichts anderes als einen Verfassungsauftrag für das Reich und die Länder, entsprechende<br />
Schulgesetze vorzulegen und - soweit dies noch nicht der Fall war - Fortbildungsschulcn<br />
einzurichten.<br />
Parallel zur Beratung des Reichsschulgesetzes setzten auf Reichsebene 1919 Bemühungen<br />
ein, ein Reichsberufsschulgesetz vorzulegen, das als Rahmengesetz die Einführung der allgemeinen<br />
Berufsschulpflicht in den Ländern regeln sollte. Nach verschiedenen Anläufen<br />
1920,1922/23 und 1926 scheiterten diese Bemühungen jedoch an der Finanzknappheit des<br />
Reiches bzw. der Forderung der Länder, daß das Reich einen erheblichen Teil der Kosten<br />
für die Reform des Berufsschulwesens tragen sollte. Damit waren auch hier in der zweiten<br />
Hälfte der 20er Jahre Landesinitiativen für die praktische Durchsetzung der allgemeinen<br />
ßerufssehulpflicht gefordert.<br />
In Erwartung der baldigen Verabschiedung eines Reichsberufsschulgesetzes beschränkten<br />
sich die konkreten Maßnahmen auf Landesebene zunächst auf eine Wiederöffnung der<br />
geschlossenen Fortbildungsschulen und lokale Ansätze, das Berufsschulwesen auszubauen.<br />
So wies Gustav Steinbrecher, Mitglied der (Mehrheits-)Sozialdemokratischen Partei<br />
(MSPD) und von Februar bis Juni 1919 kurze Zeit Volkskommissar für Volksbildung,<br />
die Kreisdirektoren gleich nach seinem Amtsantritt an, dafür Sorge zu tragen, daß die früher<br />
vorhandenen Schulen unverzüglich und ohne Rücksichtnahme auf irgendwelche Bedenken<br />
wieder geöffnet wurden. Außerdem sollte in allen anderen Orten - bevorzugt in<br />
den industriellen Gemeinden - nach Möglichkeit auf die Neugründung von Fortbildungsschulen<br />
hingewirkt werden 27). Unterstützung sollten die Kreisdirektoren dabei durch den<br />
Fortbildungsschulinspektor Heinemann erhalten. Steinbrechers Verfügung hatte zumindest<br />
insofern Erfolg, als im Verlauf des Jahres 1919 die Vorkriegsschulcn wieder in Betrieb<br />
genommen und außerdem 25 weitere Schulen eingerichtet wurden 28 ).<br />
Richtungsweisend war in diesem Zusammenhang die Entwicklung in der Stadt <strong>Braunschweig</strong>,<br />
wo die sozialdemokratische Mehrheit der <strong>Braunschweig</strong>er Stadtverordnetenversammlung<br />
im April 1919 ein neues "Statut über die Städtische Fortbildungsschule" verabschiedete.<br />
Mit diesem Statut erfolgte für die Stadt <strong>Braunschweig</strong> zum einen die Einführung<br />
der Besuchspflicht für ortsansässige männliche Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr ab 1919<br />
und für gleichaltrige weibliche Jugendliche ab 1920. Zum anderen wurde die Neuordnung<br />
der Schule bzw. die Einführung eines beruflich gegliederten Klassenautbaus beschlossen<br />
29). Ein Jahr später, im Juni 1920, dehnte der Stadtrat die Besuchspflicht auch auf auswärtswohnende,<br />
aber in <strong>Braunschweig</strong> beschäftigte Jugendliche aus. Außerdem wurde im<br />
Mai 1920 vom Volksbildungsminister die Errichtung einer hauptamtlichen DirektorensteIle<br />
für die Städtische Fortbildungsschule in <strong>Braunschweig</strong> genehmigt, die der frühere<br />
27) Vgl. Bericht Steinbrechers vom 24.3. 1919 in: Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 9 Nr. 3778.<br />
28) Vgl. in derselben Akte Bericht Heinemanns vom 12. 1. 1920.<br />
29) Vgl. Die Stadt <strong>Braunschweig</strong> in der Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1921. Verwaltungsbericht<br />
i. A. des Rates der Stadt bearb. v. Städtischen Statischtischem Amt. <strong>Braunschweig</strong> 1927, S. 154 f.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
113
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
ausgebaut werden, die den Volksschul absolventen gleichwertige Bildungs- und Berufs<br />
chancen einräumte wie der Besuch einer höheren Schule 34 ). Demgegenüber blieben bei<br />
den bürgerlichen Parteien wirtschaftsplolitische Motive dominierend. - So sah auch der<br />
Bildungsexperte der linksliberalen Demokratischen Partei, langjährige Landtagsabgeordnete<br />
und zeitweilige Volksbildungsminister (Juni 1919 - Juni 1920) Heinrich Rönneburg<br />
in der Fortbildungsschule nicht zuletzt eine für die wirtschaftliche Förderung des Mittelstandes<br />
wichtige Einrichtung 35 ). - Sie präferierten dementsprechend das Konzept der rein<br />
berufsbezogenen, die praktische Ausbildung ergänzenden Berufsschule im engeren Sinne.<br />
Der <strong>Braunschweig</strong>ische Landtag setzte sich mit der Zukunft des Berufsschulwesens erstmals<br />
im März 1921 auseinander 36 ). Diskutiert wurde ein Antrag des Finanzausschusses,<br />
der die Regierung zu einer baldigen Gesetzesinitiative zur Einführung der Pfichtfortbildungsschule<br />
entsprechend den "Bestimmungen der Reichsverfassung und des demnächst<br />
zu erwartenden Reichsschulgesetzes" aufforderte 37 ). Der Antrag stimmte mit den Plänen<br />
der Landesregierung überein, die -laut Aussagen des Volksbildungsministers Rönneburg<br />
- das Berufsschulwesen als dritten selbständigen Bestandteil des Schulwesens zu pflegen<br />
und zu fördern beabsichtigte und zu diesem Zweck u. a. eine Zentralstelle zur Förderung<br />
des Fortbildungsschulwesens eingerichtet hatte, deren nebenamtliche Leitung Heinemann<br />
übertragen wurde 38 ). Zu den weiteren Plänen der Landesregierung gehörten nach Auskunft<br />
des Volksbildungsministeriums die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde für das berufliche<br />
Schulwesen, die dem Landesschulamt für Volksbildungswesen angegliedert werden<br />
sollte, und die Neuregelung der Berufsschullehrerausbildung. Zugleich sollte die Bildung<br />
von Berufsverbänden der Berufsschullehrer eingeleitet und ein Vertretungsorgan aller<br />
Berufsinteressenten geschaffen werden 39).<br />
Da diese Initiativen an den Ausgang der Beratungen des Reichsberufsschulgesetzes gekoppelt<br />
waren, blieben sie jedoch ohne konkrete Ergebnisse. Nachdem bereits der erste Versuch,<br />
eine reichsgesetzliche Rahmenlegung zu treffen, 1920 an den finanziellen Forderungen<br />
der Länder gescheitert war, waren die erneuten Anläufe in der Inflationszeit erst recht<br />
erfolglos. Zwar wurde im Januar 1923 ein Entwurf für ein Reichsberufsschulgesetz vorgelegt,<br />
der 1922 von sozialdemokratischer Seite angestoßen worden war und der neben der<br />
Einführung der allgemeinen Fortbildungspflicht für alle Jugendlichen, die keine Fach- oder<br />
weiterführende Schule besuchten, u. a. eine großzügige finanzielle Beteiligung des Reiches<br />
an den daraus erwachsenden Kosten vorsah 411). Auf Einspruch des Reichsfinanzministers<br />
34) Vgl. z. B. Leitsätze der Berufsschulpolitik bei Olga Essig, Im Kampfum die Berufsschule, Schulpolitische<br />
und organisatorische Pläne, Entwürfe, Anträge und Versuche (= Die Lebensschule, H.<br />
8/9). Berlin 1924, S. 9.<br />
35) Vgl. etwa Lt 1920/21, Sp 3619.<br />
36) Vgl. ebd. Sp. 3619 ff.<br />
37) Bericht des Finanzausschusses (wie Anm. 33).<br />
3R) Vgl. Lt 1920/21 Sp. 3619.<br />
39) Ebd. Sp 3623 f, Ausführungen des Landesschulrates Böse.<br />
40) Hierzu und zum Folgenden ausführlich Wi ttwer (wie Anm. 9) S. 249 ff.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
115
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
wurde die Vorlage jedoch zunächst ausgesetzt und auf dem Höhepunkt der Inflation zurückgezogen.<br />
Mit Blick auf die Schwierigkeiten einer reichsgesetzlichen Regelung einerseits und die abwartende<br />
Haltung der Landesregierung andererseits drängten Otto Grotewohl, Mitglied<br />
der Fraktion der Unabhängigen Sozialdemokraten, und der MSPD-Abgeordnete Schelz<br />
bereits Ende 1921 neuerlich auf eine Landesinitiative in der Berufsschulfrage, die sie beide<br />
für notwendig und bedeutend hielten 41). Tatsächlich war die Resonanz im Landtag grundsätzlich<br />
positiv, doch blieb ihren Anträgen der Erfolg ebenso versagt wie den sozialdemokratischen<br />
Initiativen auf Reichsebene: bis 1928 wiesen alle Landesregierungen eine Landesregelung<br />
mit Verweis auf die noch ausstehende Reichsgesetzgebung und die zu erwartenden<br />
Kosten eines Alleinganges ab.<br />
Daraus ergab sich vorübergehend übrigens ein Dissens zwischen der sozialdemokratischen<br />
Landtagsfraktion und ihrem Ministerpräsidenten - und zeitweiligen Volksbildungsminister<br />
- Heinrich Jasper, der die Verabschiedung eines Landesberufsschulgesetzes aus finanzpolitischen<br />
Gründen ebenso zurückwies wie sein Vorgänger Oerter und sein Nachfolger<br />
Marquordt 42 ).<br />
Erst nachdem sich die Finanzlage des Landes Mitte der 20er Jahre etwas entspannt hatte<br />
und die bürgerliche Regierung Marquordt Ende 1927 wiederum durch eine SPD-Regierung<br />
abgelöst wurde, nahm die landesgesetzliche Regelung der Berufsschulfrage Gestalt<br />
an. Eine reichsgesetzliche Regelung war zu diesem Zeitpunkt endgültig nicht mehr zu erwarten.<br />
Zwar bemühte sich die sozialdemokratische Reichstagsfraktion in den folgenden<br />
Jahren um eine Wiederaufnahme der Frage; ihre Anregungen wurden jeoch nicht aufgegriffen.<br />
Und auch ein späterer Versuch der Sozialdemokraten, verschiedene Fragen der<br />
innerbetrieblichen Lehrlingsausbildung durch ein Berufsbildungsgesetz auf Reichsebene<br />
zu regeln, scheiterte. Ein entsprechender Entwurf wurde zwar Ende 1929 im Reichstag<br />
beraten, jedoch nicht verabschiedet.<br />
Das Berufsschulgesetz von 1929<br />
Die nach Ansicht vieler <strong>Braunschweig</strong>er Politiker und Experten längst überfällige Berufsschulvorlage<br />
wurde schließlich Ende 1928 von dem sozialdemokratischen Volksbildungsminister<br />
Hans Sievers in den Landtag eingebracht 43 ). Landesgesetzliche Initiativen zur<br />
Einführung der Fortbildungspflicht oder Neuordnung des Berufssehulwesens - von allerdings<br />
sehr unterschiedlicher Reichweite- hatte es in der ersten Hälfte der 20er Jahre bereits<br />
in Anhalt, Baden, Hessen, Lippe, Oldenburg, Sachsen und Thüringen sowie in den Stadt-<br />
41) Vgl. LI 1920/21, Sp. 5415 f, 5423 ff; auch D 517.<br />
42) Vgl. dazu auch LI 1922-1924, Sp. 3371 sowie Sp. 5017 ff, 5048 ff.<br />
43) Vgl. Lt1927-1930,D 127.<br />
116<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
staaten Bremen, Hamburg und Lübeck gegeben. <strong>Braunschweig</strong> war also keineswegs das<br />
erste Land, das nach dem Ausbleiben eines Reichsberufsschulgesetzes den Ausbau und die<br />
Reform des Berufsschulwesens in eigener Regie vorantrieb, wobei zu bemerken ist, daß<br />
solche Landesinitiativen in finanzieller Hinsicht um den Preis des Verzichts auf jegliche<br />
Reichszuschüsse erkauft werden mußten.<br />
Aufmerksamkeit verdient Sievers Entwurf vor allem deswegen, weil er ähnlich wie die<br />
Schulgesetzgebung einen konsequenten Versuch darstellte, die bildungspolitischen Ziele<br />
der Sozialdemokraten auch auf dem Gebiet des Berufsschulwesens in praktische Politik<br />
umzusetzen - im konkreten Fall vor allem durch die Einführung der allgemeinen Fortbildungspflicht<br />
für alle Volksschulabgänger bis zum 18. Lebensjahr und den Ausbau des Fortbildungswesens<br />
zum ergänzenden Zweig des allgemeinbildenden Schulwesens. Dabei war<br />
Sievers allerdings durchaus bemüht, das Urteil von Bildungsexperten und Berufspraktikern<br />
einzuholen. Bei der Landtagsvorlage handelte es sich bereits um einen Referentenentwurf,<br />
der zuvor zur Begutachtung den Kammern und Lehrerverbänden vorgelegen<br />
hatte und deren Anregungen berücksichtigte 44 ).<br />
Entsprechend den Vorgaben der Reichsverfassung sah der Gesetzentwurf als wichtigste<br />
Bestimmung die Einführung der allgemeinen Berufsschulpflicht für alle jugendlichen Beschäftigten<br />
nach Abschluß der Volksschule bis zum 18. Lcbensjahrvor 45 ). Außer den Lehrlingen<br />
im engeren Sinne wurden damit auch die ungelernten jugendlichen Arbeiter - einschließlich<br />
der Landarbeiter - berufsschulpflichtig. Sie stellten, ebenso wie die Mädchen,<br />
nach Darstellung sievers sogar eine besondere Zielgruppe des Gesetzes dar. Die Regelung<br />
entsprach damit dem Anliegen der Sozialdemokraten, die Berufsschulpflieht möglichst<br />
weit auszudehnen, um auch die beruflichen Randgruppen und proletarischen Jugendlichen<br />
zu erfassen.<br />
Eine zweite zentrale Bestimmung sah vor, das Berufsschulwesen - in Annäherung an die<br />
Verhältnisse in den anderen Zweigen des allgemeinbildenden Schulwesens - in Zukunft<br />
von der kommunalen in die staatliche Trägerschaft zu ühernehmen und der unmittelbaren<br />
Aufsicht durch den Volksbildungsminister zu unterstellen 46). Die Einrichtung der Berufsschulen<br />
sollte nach Anhörung der beteiligten Gemeinden durch den Minister für Volksbildung<br />
erfolgen, der zu diesem Zweck Berufsschulverbände aus mehreren Gemeinden bilden<br />
konnte (zur Einrichtung sogenannter "Bezirksberufsschulen")47). Soweit es die Kosten<br />
betraf, war eine Beteiligung der Gemeinden und Kreisgemeindeverbände vorgesehen,<br />
die zusammen 50 % der persönlichen und 100 % der sachlichen Ausgaben übernehmen<br />
sollten 48) - eine Regelung, die später besonders massiven Protest hervorrief.<br />
Aufgabe der Berufsschule sollte es sein, "die Schulpflichtigen zu verantwortungsbewußten<br />
und leistungsfähigen Menschen im Berufe, im Staate und in der Gesellschaft zu erziehen<br />
44) Vgl. Lt 1927-1930,Sp.1311.<br />
45) Vgl. Vorlage zum Berufsschulgesetz, Lt 1927-1930, D 127, § 2.<br />
46) Ebd., § 1, § 15. Vgl. auch Erläuterungen Sievers in: Lt 1927-1930, Sp. 1312 f.<br />
47) Vorlage zum Berufsschulgesetz, Lt 1927-1930, D 127, § 1, Abs. 2.<br />
48) Ebd. § 23.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
117
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
entsprechend den Forderungen der Reformpädadogen und Berufsschullehrer von Grund<br />
auf und im Rahmen eines bildungspolitischen Gesamtplanes neu zu gestalten. Bei ihren<br />
Bemühungen um eine Reform des Berufsschulwesens griff die <strong>Braunschweig</strong>er Landesregierung<br />
zum Teil auf die in Thüringen und Hamburg gemachten Erfahrungen zurück. -<br />
Dies betraf unter anderem auch die Personalpolitik. So wurde als l'achfolger Heinemanns<br />
und Direktor der neuen <strong>Braunschweig</strong>er Berufsschule mit Oskar Hundertmark ein Mann<br />
berufen, der zuvor am Aufbau der neuen Thüringer Berufsschule beteiligt und als Dozent<br />
für das Berufsschulwesen an der Universität Jena tätig gewesen war 56 ).<br />
An Einzelbestimmungen des <strong>Braunschweig</strong>er Entwurfs sind insbesondere die staatliche<br />
Trägerschaft des Berufsschulwesens, die in dieser Form nur in Lippe zu finden war, sowie<br />
die im Anschluß an das Berufsschulgesetz durchgeführte Reform der Berufsschullehrerausbildung,<br />
herauszuheben, auf die noch weiter einzugehen sein wird. Aufbau und inhaltlkhe<br />
Konzeption der braunschweigischen Berufsschulen gingen dagegen an keiner Stelle<br />
über die Forderungen der bürgerlichen Reformpädagogik hinaus. Auch wurde - anders als<br />
in Thüringen - nicht der Versuch unternommen, die Berufsschule als Bestandteil der von<br />
den Sozialdemokraten angestrebten "Einheitsschule"57) zu institutionalisieren. In diesem<br />
Punkt, ebenso wie in der Frage der Selbstverwaltung der Schule blieb die Vorlage sogar<br />
hinter den Forderungen der sozialistischen Bildungsreformer und den Bestimmungen einiger<br />
anderer Länder zurück 58).<br />
Desungeachtet stieß der Entwurf des Berufsschulgesetzes, das im Landtag in erster Lesung<br />
am 30. November 1928 beraten wurde, insgesamt wie in seinen einzelnen Bestimmungen,<br />
bei den Rechtsparteien auf vehemente Kritik und Ablehnung, wobei es eigentlich keinen<br />
Punkt gab, der nicht umstritten war.<br />
Die radikalste Position in der Debatte bezog die Deutsche Volkspartei, deren Vertreter<br />
Torn einen Handlungsbedarf an sich bestritt. Nach Ansicht seiner Partei sollte weiterhin<br />
eine eventuelle Reichsregelung abgewartet werden; zudem hielt er die bis dahin im Land<br />
praktizierte Regelung für völlig ausreichend 59 ).<br />
Die Deutschnationalen erkannten zwar einen gewissen Handlungsbedarf durchaus an,<br />
lehnten aber den Entwurf in der vorliegenden Form und zum aktuellen Zeitpunkt ab. Mit<br />
Rücksicht auf die agrarische Klientel der Partei, kritisierte der Sprecher der DNVP Mollenhauer<br />
unter anderem die Einbeziehung der jugendlichen Landarbeiter und landwirtschaftlichen<br />
Lehrlinge in die Besuchspflicht, die eine vermeintlich unzumutbare Belastung für<br />
die Landwirtschaft darstellte 60 ). Ebenso wurden die staatliche Trägerschaft und Schulaufsicht<br />
durch das Volksbildungsministerium und die übergeordneten staatsbürgerlichen Bildungsziele<br />
von der DNVP zurückgewiesen.<br />
56) Lebenslauf Hundertmarks in: Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 12 Nr. 24184.<br />
57) Vgl. Schüler(wieAnm.2)S.lOff.<br />
58) Weiterreichende Forderungen finden sich z. B. bei Olga Essig (wie Anm. 32) oder Anna Siemse<br />
n. Beruf und Erziehung. Berlin 1926.<br />
59) Vgl. LI 1927-1930, Sp. 1328 ff.<br />
60) Ebd. Sp. 1315 ff.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
119
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die Vertreter der bürgerlichen Parteien drängten dagegen auf eine stärkere Mitbestimmung,<br />
so nicht Trägerschaft der Berufsschule durch Interessenverbände, Handwerkerinnungen<br />
und Lehrherren und die Unterstellung der Berufsschulangelegenheiten in die Zuständigkeit<br />
des Wirtschafts- an Stelle des Volksbildungsministeriums. Weiter wurden die<br />
Konzentration des Unterrichts auf den engeren Fachunterricht, eine Verringerung der angestrebten<br />
Unterrichtsstunden und die Eingrenzung der Berufsschulpflicht auf Lehrlinge<br />
gefordert.<br />
Die vorgebrachten Kritikpunkte brachten darüber hinaus zum Ausdruck, daß der Entwurf<br />
den Vertretern der DVP und DNVP in einer bildungspolitischen Zielsetzung zu weit ging,<br />
dem Staat - aus ihrer Sicht - zu viel und den Lehrherren zu wenig Einfluß einräumte 61 ).<br />
Nach Maßgabe der Bürgerlichen verfolgte das Berufsschulgesetz in der vorgelegten Form<br />
in erster Linie den Zweck, dt!r "sozialistisl:hen" Landesregierung (mit umgekehrten Vorzeichen<br />
wie vor dem Krieg dem herzoglichen Staatsministerium) die politische Einflußnahme<br />
auf die Jugend zu sichern und die Berufsschule zu einem Instrument "solzialistischer"<br />
Politik zu machen.<br />
Zusätzliche Nahrung erfuhr diese Befürchtung in der Landtagsdebatte durch eine Auseinandersetzung<br />
zwischen dem kommunistischen Abgeordneten Winter und dem SPD-Abgeordneten<br />
Rieke. In Entgegnung auf Angriffe Winters, dem das Gesetz in Fragen der staatsbürgt!rlil:hen<br />
resprektive politischen Erziehung nkht weit genug ging, strich Ricke noch<br />
einmal die übergeordneten Erziehungsziele der Sozialdemokraten heraus und betonte den<br />
besonderen Wert, den die SPD dabei dem staatsbürgerlichen Unterricht beimaß, der die<br />
Schükr zum neuen Staat hinführen, sie für die Weimarer Demokratie gewinnen sollte:<br />
"weil wir den neuen Staat bejahen - wir wollen ja Macht und Einfluß gewinnen, wenn wir<br />
auch nil:ht der Meinung sind, daß dieser Staat schon so ist, wie wir ihn gern haben möchten<br />
-, meinen wir, daß die Hinführung zum Staat notwendig ist". In diesem Zusammenhang<br />
sollten speziell Arbeitnehmerinteressen im Unterricht eine starke Berül:ksil:htigung finden<br />
62 ).<br />
Neben der vermeintlich "sozialistischen" Stoßrichtung des Entwurfs, gab es eine Reihe<br />
weiterer Gründe, die die bürgerliche Opposition gegen die Vorlage vorbrachte. Sie betrafen<br />
in erster Linie die Finanzierungsfrage. Zum einen wurde es als ungerechtfertigt angesehen,<br />
daß ausgerechnet die Gemeinden, denen die Aufsicht üher das Berufsschulwesen entzogen<br />
wurde, in so weitreichender Form zur Mitfinanzierung herangezogen werden sollten.<br />
Zum zweiten war absehbar, daß die Neuorganisation des Berufsschulwesens mit erheblichen<br />
Kosten verbunden sein würde. Deshalb sollte das Berufsschulgesetz nach Ansicht<br />
der bürgerlichen Finanzexperten zumindest solange zurückgestellt werden, bis eine<br />
Klärung der finanziellen Verhältnisse des Landes erfolgt war 63 ). In der Tat sollte der Kostenaufwand<br />
sich im Zeichen der hereinbrechenden Wirtschaftskrise zum gewichtigsten<br />
Argument gegen das Berufsschulgesetz entwickeln.<br />
61) Ebd.<br />
62) Ebd. Sp. 1323.<br />
63) Vgl. etwa Antrag der DNVP in der zweiten Lesung am 24. 1. 1929, Lt 1927-1930, Sp. 1535 ff.<br />
120<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Zu den Hauptgegenern des Berufsschulgesetzes gehörten denn auch in erster Linie die<br />
Gemeinden, die sich im Kontext der Diskussion des Entwurfs im Bildungsausschuß des<br />
Landtages zum einen gegen die staatliche Trägerschaft, zum anderen gegen die auf sie zukommenden<br />
finanziellen Belastungen aussprachen, zumal ein Teil der Gemeinden in den<br />
zurückliegenden Jahren bereits mit einigem Aufwand in eigener Regie Berufsschulen eingerichtet<br />
hatte. Dies betraf insbesondere die Stadt <strong>Braunschweig</strong>, die mit Verweis auf die<br />
bereits erbrachten Leistungen und den begonnenen Neubau einer Knabenberufsschule am<br />
Nickelnkulk eine ausführliche Denkschrift gegen Sievers Berufsschulpläne vorlegte (4).<br />
Die Ausführung des Berufsschulgesetzes und der Konflikt um die neue <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Berufsschule 1929-1933<br />
Gegen die Stimmen der konservativen Oppositionsparteien wurde das Gesetz in kaum veränderter<br />
Form in zweiter Lesung am 1. Februar 1929 im <strong>Braunschweig</strong>er Landtag verabschiedet<br />
und in den folgenden Monaten die Neuorganisation des braunschweigischen Berufsschulwesens<br />
eingeleitet. Dies beinhaltete zum einen, daß in Ausführung des Berufsschulgesetzes<br />
sogenannte Bezirksberufsschulen in den größeren Städten errichtet und die<br />
Fortbildungsschulen in den Landgemeinden schrittweise geschlossen werden sollten (5).<br />
Diese organisatorische Neuordnung bzw. Konzentration des Schulbetriebes in einigen<br />
größeren Schulen folgte den in der Weimarer Zeit überregional entwickelten Grundsätzen<br />
einer rationellen Organisation der Berufsschulen. Sie war insbesondere notwendig, da eine<br />
sinnvolle Jahrgangs- und Berufsklassengliederung, wie sie die modernen Berufsschulkonzepte<br />
vorsahen, erst ab einer bestimmten Schulgröße erreicht werden konnte 66 ). Außerdem<br />
sollten durch diese Maßnahmen die anfallenden Kosten gering gehalten und gerecht<br />
auf die beteiligten Gemeinden verteilt werden. Der Aufbau der Bezirksberufsschulen, deren<br />
Einzugsgebiet die jeweils umliegenden Gemeinden umfaßte, sollte Jahrgangsweise innerhalb<br />
von 5 Jahren erfolgen. Geplant war für den Anfang die Einrichtung sechs solcher<br />
Bezirksberufsschulcn in <strong>Braunschweig</strong>, Wolfenbüttel, Gandersheim, Kreiensen, Stadtoldendorf<br />
und Ottenstein, deren Einzugsgebiet etwa ein Viertel aller Gemeinden des Freistaates<br />
umfaßte 67 ). In den anderen, zum Teil abgelegenen Gemeinden sollten vorerst<br />
selbständige Fortbildungsschulen erhalten bleiben.<br />
Zum anderen wurde noch 1929 eine Reform der Bcrufsschul- respektive Gewcrbelehrer(innen)ausbildung<br />
eingeleitet, die die Einrichtung eines neuen akademischen Ausbil-<br />
64) Denkschrift des Stadtrates in: StA BS D IV Nr. 4188. Dazu auch ein Kurzbericht über das <strong>Braunschweig</strong>ische<br />
Berufsschulgesetz in: Schulblatt für Braunschwcig und Ahalt 42,1929, S. 139 f.<br />
65) Vgl. u. a. Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 13 NT. 24181.<br />
66) Zu den rationellen organisatorischen Grundsätzen Oskar Hundertmark, Der berufliche Bildungsgedanke<br />
und seine Auswirkung in der Berufsschule. Ein Beitrag zur Vereinsaufgahe des<br />
DLV: Volksschule und Berufsschule; in: Schulblatt für <strong>Braunschweig</strong> und Anhalt 43,1930, S. 568<br />
ff.<br />
67) Vgl. Schulhlatt für <strong>Braunschweig</strong> und Anhalt 42,1929, S. 1031 f.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
121
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
dungsganges für Gewerbelehrer und -lehrerinnen beinhaltete. Wie die Volksschullehrerausbildung<br />
wurde auch dieser Ausbildungsgang der Technischen Hochschule übertragen.<br />
Noch 1929 wurde probeweise ein viersemestriger Studiengang entwickelt, an dessen Konzeption<br />
seitens der Technischen Hochschule der damals umstrittene Erziehungswissenschaftlcr<br />
August Riekel beteiligt war 68 ). Der Studiengang wurde der kulturwissenschaftlichen<br />
Abteilung angegliedert, die den grundlegenden erziehungswissenschaftlichen Unterricht<br />
zu leisten hatte. Daneben sollten aber auch die technischen Fachabteilungen in Form<br />
des Angebots fachwissenschaftlicher Kurse und Vorlesungen für Berufsschullehrer an der<br />
Ausbildung mitwirken.<br />
Nach Maßgabe der Planer bot die Angliederung der Ausbildung an die Technische Hochschule<br />
einen dreifachen Vorteil:<br />
- Erstens verfügte die Technische Hochschule im Gegensatz zu den Universitäten über<br />
besondere Möglichkeiten der berufsbezogenen technischen Fachausbildung.<br />
- Zweitens konnte die erziehungswissenschaftliche Grundausbildung der Studierenden<br />
der Berufsschulfachrichtungen in weitgehender Übereinstimmung und gemeinsam mit<br />
der Ausbildung der Volksschullehrer(innen) erfolgen. Hierdurch sollte der allgemeinbildende<br />
Charakter der braunschweigischen Berufsschule betont und in der Ausbildung<br />
dem Fernziel der "Einheitsschule" näher gekommen werden. Den besonderen Bedürfnissen<br />
der Berufsschulpädagogik sollten ergänzend methodische und pädagogische Spezialveranstaltungen<br />
Rechnung tragen, die teils durch Riekel, teils durch den neuberufenen<br />
Direktor der Braunschwciger Knaben-Berufsschule, Oskar Hundertmark, der-wie<br />
erwähnt - zuvor als Dozent an der Universität Jena tätig gewesen war, angeboten wurden<br />
69). Durch Hundertmark schien zudem eine enge Verbindung zur pädagogischen<br />
"Praxis" geWährleistet.<br />
- Drittens schließlich galt das Studium an der Technischen Hochschule als besonders kostensparende<br />
Alternative, da keine neuen Stellen für die Ausbilder geschaffen werden<br />
mußten.<br />
Übertragen wurde die Ausbildung einem "Berufspädagogischen Institut", das eigens zu<br />
diesem Zweck zum SS 1929 ins Leben gerufen wurde 70). Seine Leitung erfolgte durch einen<br />
Vorstand, dem der zuständige Referent des Volksbildungsministeriums Queek, der Ordinarius<br />
für Erziehungswissenschaften August Riekel, als Direktor der <strong>Braunschweig</strong>er Knaben-Berufsschule<br />
Oskar Hundertmark und außerdem die neue Leiterin der Mädchenbe-<br />
68) Dazu K. Queck, Akademische Gewerbelehrerausbildung in <strong>Braunschweig</strong>; in: Schulblatt für<br />
<strong>Braunschweig</strong> und Anhalt 42, 1929, S. 351-356. Ferner: Das Berufspädagogische Institut zur<br />
Ausbildung von Gewerbelehrern und Lehrerinnen; in: Schulblatt für <strong>Braunschweig</strong> und Anhalt<br />
43, 1930, S. 215 f.<br />
69) Vgl. Studien plan bei Queck (wie Anm. 6R) S. 354 ff. Daten zur Biographie Hundertmarks in:<br />
Nds. StAWf 12 A Neu Fb. 13 Nr. 24184.<br />
70) Vgl. Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 13 Nr. 24049-24070. Eine zusammenfassende Darstellung bietet<br />
Queck (wie Anm. 6R).<br />
122<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
rufsschule Herta van Koten angehörten. - Die drei Männer im Vorstand standen übrigens<br />
der SPD nahe oder waren Parteimitglieder , was auch der Berufsschulpolitik der sozialdemokratischen<br />
Landesregierung den Vorwurf der "Parteibuehwirtschaft" eintrug. - Finanziell<br />
sollte sich das Institut selbst tragen. Im Unterschied zu den anderen Studenten der<br />
kulturwissenschaftlichen Abteilung wurde von den Gewerbc\ehreraspiranten und -aspirantinnen<br />
ein Studiengeld von 125 RM je Semester und eine Aufnahmegebühr von 30 RM<br />
erhoben 71). Voraussetzung für die Zulassung zum Gewerbelehrerstudium war neben dem<br />
Reifezeugnis eine mehrjährige gewerbliche Tätigkeit, eine Meisterprüfung oder ein Ingenieurstudium<br />
72). Damit änderte sich die Zusammenst:tzung der Berufssch ullchrer, die sich<br />
vormals in erster Linie aus Kreisen der Volksschullehrer rekrutierten, erheblich.<br />
Besonders hervorzuheben an der Konzeption des neuen Studienganges ist die Ausbildung<br />
der <strong>Braunschweig</strong>er Gewerbelehrerinnen. Abweichend von den bisherigen Gepflogenheiten<br />
sollten sie nicht mehr ausschließlich auf eine hauswirtschaftliche Fachrichtung festgelegt<br />
werden, sondern sich zusätzlich in landwirtschaftlicher und/oder gewerblicher Richtung<br />
qualifizieren können. Ziel dieser Maßnahme war es, den so ausgebildeten Lehrerinnen<br />
die Möglichkeit zu bieten, in den kleineren Gemeinden ohne speziellen hauswirtschaflichen<br />
Zweig eine vollamtliche Stelle übernehmen zu können, was bis dahin nicht möglich<br />
war 73 ).<br />
Das Interesse an dem Studiengang erwies sich in den folgenden Jahren größer als die Ausbildungskapazität.<br />
Jedenfalls wurden schon 1931 einige Gesuche mit dem Bemerken zurückgewiesen,<br />
daß auf "absehbare Zeit" keine Neuaufnahmcn mehr stattfinden könnten<br />
75). In der Praxis mußte der zunächst erprobte Studiengang im übrigen bald nachgebessert<br />
werden. - So beschwerte sich Hundertmark 1931 z. B., daß der Berufsschulpädagogik<br />
zu wenig Platz im Studium eingeräumt worden war 7b ). - Desungeachtet läßt sich jedoch<br />
festhalten, daß es sich hier um einen durchaus wegweisenden Ansatz handelte und daß sich<br />
der innovative Anspruch der sozialdemokratischen Berufsschulpolitik in <strong>Braunschweig</strong> gerade<br />
in der Reform der Gewerbelehrerausbildung besonders deutlich ausdrückte 77).<br />
Ausbau und Reform des Berufsschulwesens wurden damit hoffnungsvoll begonnen, doch<br />
sah sich die sozialdemokratische Landesregierung bei der Durchführung des Berufsschulgesetzes<br />
bald erheblichen Widerständen und Hindernissen gegenüber. Im Ergebnis konnte<br />
71) Dazu u. a. Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 13 Nr. 24062. Queck (wie Anm. 68) S. 354.<br />
72) Vgl. Grundsätze und Richtlinien über die Ausbildung von Gewerbelehrern und Gewerbelehrerinnen<br />
in: Nds. StAWf12 A Neu Fb. 13 Nr. 24064. Auch: 3. Beilage zum Volksfreund v. 5. 2. 1930,<br />
"Wer kann Gewerbelehrer werden".<br />
73) Vgl. Schulblatt für <strong>Braunschweig</strong> und Anhalt 43,1930, S. 216.<br />
74) Übersicht in: Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 13 Nr. 240M.<br />
75) Dazu u. a. Nds. StA Wf 12 A Neu Fb. 13 Nr. 24051.<br />
76) Vgl. Schreiben vom 28. 9.1931 in: Nds. StAWf 12 A Neu Fb. 13 Nr. 24064, BI. 13.<br />
n) Einen knappen zeitgenössischen Überblick über die Strukturen der Gewerbelehrerausbildung in<br />
der Weimarer Republik bieten Karl Hart man n, Die Ausbildung der Gewerbelehrer; in: Handbuch<br />
für das Berufs- und Fachschulwesen (wie Anm. 5) S. 206-290 und ebd. S. 300-312: Max<br />
G ü rt I er, Die Aushildung der Gewerbelehrerinnen.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
123
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
nur ein Teil der Reformen verwirklicht werden, da die Durchführung des Gesetzes zwei<br />
Jahre später durch den nationalsozialistischen Volksbildungsminister Franzen zum Teil gestoppt<br />
wurde. In der Zwischenzeit waren das Berufsschulgesetz und insbesondere der Neubau<br />
der <strong>Braunschweig</strong>er Bezirksberufsschule Gegenstand einer polemischen Kampagne<br />
der bürgerlichen Presse, die sich zum Sprachrohr der Gegner der Berufsschulreform in<br />
<strong>Braunschweig</strong> machte. Begleitet wurde sie von außerparlamentarischen Protesten, die<br />
ähnlich unsachliche Züge annahmen wie die Auseinandersetzungen über die Sieverssche<br />
Schulpolitik.<br />
Auf dem Lande war es ausgerechnet der frühere Fortbildungsschulinspektor und 1929 pensionierte<br />
Direktor der <strong>Braunschweig</strong>er Berufsschule Hermann Heinemann, der zu Kundgehungen<br />
und Protestaktionen gegen das Berufsschulgesetz aufrief. So organisierte er Anfang<br />
1929 in Velpke eine Protestkundgebung. Sie endete mit der Verabschiedung einer<br />
Entschließung gegen den weiteren Ausbau der Berufsschule. Gefordert wurden darin u. a.<br />
die Beseitigung der staatlichen Trägerschaft und die Einsetzung eines Berufsschulausschusses<br />
mit Vertretern aus Handwerk, Landwirtschaft und Kaufmannschaft, an dessen<br />
Zustimmung der Volksbildungsminister in seinen Entscheidungen zur Berufsschule künftig<br />
gebunden sein sollte 78 ). Zwar, so Heinemann, sei der Berufsschulgedanke an sich aus<br />
"wirtschaftlichen, sozialen und nationalen Gründen" durchaus zu unterstützen, das vorliegende<br />
Berufsschulgesetz aber aus dem "Gefühl des Verantwortungsbewußtseins" heraus<br />
abzulehnen, da in ihm allein "der parteipolitische Gedanke" vorherrschend sei 79), weswegen<br />
er die Öffentlichkeit zur Bekämpfung des Gesetz aufrief.<br />
Dies war aber nur der Auftakt einer Kampagne gegen das Berufsschulgesetz, die ihren<br />
Höhepunkt in seiner Auseinandersetzung über den Bau der neuen Berufsschule in <strong>Braunschweig</strong><br />
erreichte. In der Stadt <strong>Braunschweig</strong> war der Ausbau des Berufsschulwesens, wie<br />
erwähnt, schon vor Verabschiedung des Berufsschulgesetzes relativ weit gediehen. In diesem<br />
Sinne wurde 1928 der Neubau der Knabenberufsschule zwischen Nickelnkulk und Inselwall<br />
beschlossen 80). Das großzügig geplante Gebäude, dessen ,Modernität' äußerlich in<br />
der am Bauhausstil angelehnten Architektur zum Ausdruck kam, wurde in den folgenden<br />
zweieinhalb Jahren mit einem Kostenaufwand von weit über 1 Mill. RM errichtet, wobei<br />
es allerdings bei den Planungen zu einigen Pannen kam. - So fielen z. B. die Fundierungsarbeiten<br />
wegen des schlechten Baugrundes schwieriger und teurer als erwartet aus. - Der<br />
ursprüngliche Kostenvoranschlag wurde deshalb bald um rund 1;4 Mill. RM überschritten.<br />
Diese Entwicklung allein bot innerhalb der sozialdemokratisch regierten Stadt schon genügend<br />
Zündstoff der kommunalpolitischen Auseinandersetzung. Zum landespolitischen<br />
Streitobjekt und "Fall" wurde die <strong>Braunschweig</strong>er Städtische Berufsschule schließlich<br />
78) Vgl. Staatszeitung vom 26.2. 1930, "Um das Berufsschulgesetz"; dieser und weitere Artikel in:<br />
Nds. StAWf 12A Neu Fb. 9 Nr. 4162.<br />
79) Ebd. BNN vom 26. 2. 1930, "Das Berufsschulgesetz untragbar" und BLZ vom 2. 3. 1930., "Halt<br />
mit dem Berufsschulgesetz".<br />
80) Hierzu und zum Folgenden ausführlich: StA BS D IV Nr. 4188.<br />
124<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
durch die geplante Umwandlung in eine Bezirksberufsschu1c, deren Einzugsfeld sich auf<br />
die Stadt und 41 umliegende Gemeinden erstreckte. In der neuen Bezirksberufsschule wurden<br />
zudem die gewerbliche Knabenberufsschule, die Mädchenberufsschule - einschließlich<br />
der kaufmännischen Abteilung - und die kaufmännische Berufsschule zusammengefaßt,<br />
wobei letztere allerdings in einem Gebäude der Handelskammer in der Bertramstraße<br />
untergebracht blicb 81 ). Durch die veränderte Rechtssituation ergaben sich dabei natürlich<br />
manche Probleme, zumal die ursprünglichen Einrichtungs- und Bauplanungen für die neue<br />
Knabenberufsschule in Ausführung des Berufsschulgesetzes vom Februar 1929 noch einmal<br />
modifiziert werden mußten.<br />
Zum einen ging die Bezirksberufsschule nun in die Trägerschaft des Staates über, eine<br />
Entwicklung die in der Stadt verständlicherweise auf Widerspruch stieß. Der Stadtrat hatte<br />
die entsprechenden Bestimmungen im Berufsschulgesetz von vornherein in seiner vor der<br />
Beratung eingeholten Stellungnahme abgelehnt und beim Ministerium in einer Denkschrift<br />
zum Berufsschulgesetz vom 22. 11. 1928 - erfolglos - darauf gedrungen, es bei der<br />
Selbstverwaltung zu belassen 82).<br />
Zum anderen überstieg das vergrößerte Besucheraufkommen die dem Neubau zugrundeliegenden<br />
Planzahlen für Klassenräume und Werkstätten, so daß noch vor der Fertigstellung<br />
des Gebäudes bereits wieder Erweiterungsmöglichkeiten geschaffen werden mußten.<br />
Dies geschah in Form eines Ausbaus des Dachgeschosses, der zwar nur bedingt Abhilfe<br />
bracht( 83 ), jedoch zusätzliche Kosten verursachte, die wiederum von der Stadt getragen<br />
werden sollten. Die neuen Unkosten fielen um so mehr ins Gewicht, als der ursprüngliche<br />
Kostenvoranschlag ohnehin bereits überschritten worden war und außerdem noch Mittel<br />
für die Einrichtung in Höhe von 322000 RM aufgebracht werden mußten 84 ). Nach der<br />
Verabschiedung des Berufsschulgesetzes bemühte sich der Stadtrat deshalb zunächst um<br />
einen Aufschub bei der Durchführung des Berufsschulgesetzes. Der jedoch wurde vom<br />
Staatsministerium grundsätzlich abgclchnt 85 ).<br />
Aus Sicht er konservativen Parteien, ebenso der NSDAP, bestätigte der Fall der Berufsschule<br />
einmal mehr die finanzpolitische Inkompetenz der Sozialdemokraten 86). Als<br />
schließlich 1930, nach vollzogenem Regierungswechsel, die Entscheidung über einen weiteren<br />
Landeszuschuß zum Bau der Berufsschule anstand - insgesamt waren in der Amtszeit<br />
Sievers bereits rund 250000 RM an Zuschüssen bewilligt worden, wobei sich Sievers hier<br />
übrigens nur an die bereits von seinem bürgerlichen Amtsvorgänger Marquordt gegebene<br />
Zusage einer staatlichen Unterstützung hielt -, nutzte der neue nationalsozialistische<br />
Volksbildungsminister Franzen die Gelegenheit, den von den Sozialdemokraten begonne-<br />
81) Verwaltungsbericht der Stadt <strong>Braunschweig</strong> 1926-1933 (wie Anm. 32) S. 151.<br />
82) Vgl. Denkschrift des Rates der Stadt <strong>Braunschweig</strong> vom 22.11. 1928 in: StA BS D IV Nr. 4188.<br />
83) Berichte in derselben Akte, u. a. BLZ vom 19. 11. 1930.<br />
84) Ebd., Bericht des städtischen Hochbauamtes vom 18. 6.1930 und nachfolgende Korrespondenz.<br />
85) Vgl. diesbezügliche Korrespondenz vom März/April 1929 in: Nds. StAWf 12 A Neu Fb. 13 Nr.<br />
24181.<br />
86) Vgl. auch Roloff (wie Anm. 2) S. 157, 172.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
125
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
nen Reformen des Berufsschulwesens ein effektvolles Ende zu setzen. Mit Verweis auf die<br />
vorangegangenen Fehler verweigerte Franzen der "roten" Stadt jeden weiteren Zuschuß<br />
für die Berufsschule R7). In den folgenden Jahren wurde der Ausbau der Bezirksberufsschulen<br />
vollends gestoppt. Auch die Reform der Gewerbelehrerausbildung wurde zurückgenommen,<br />
indem die Ausbildung von Gewerbelehrern in <strong>Braunschweig</strong> eingestellt und das<br />
Berufspädagogische Institut geschlossen wurde. Dessen Vorstandsmitglied Riekel war im<br />
Rahmen einer vorgezogenen Entlassung politisch mißliebiger Hochschullehrer durch<br />
Franzen schon 1930 in "vorzeitigen Ruhestand" versetzt worden.<br />
Wie die Schulreform war damit auch die Reform des Berufsschulwesens im Land <strong>Braunschweig</strong><br />
vorerst gescheitert. Mit hohen Erwartungen der Experten begonnen, ließ sie sich<br />
gegen den politischen Widerstand des Handwerks, der Landwirtschaft und der politischen<br />
Rechten nicht durchsetzen, zumal in einer Zeit extremer wirtschaftlicher Krisenverhältnisse.<br />
Die Konsequenz, mit der die sozialdemokratische Landesregierung versuchte ihr<br />
Berufsschulprogramm ohne Abstriche und gegen den Protest der Gemeinden, Verbände<br />
und Parteien zu realisieren, trug dabei auf dem Höhepunkt der Krise zweifellos zur Eskalation<br />
der politischen Extreme und unversöhnlichen Konfrontation der politischen Lager<br />
bei. Dennoch stellte das <strong>Braunschweig</strong>ische Berufsschulgesetz rückblickend einen beachtlichen<br />
Reformversuch dar.<br />
87) Damit brachte er zugleich den <strong>Braunschweig</strong>er Stadtrat in die prekäre Situation, die fehlenden<br />
Gelder aus städtischen Mitteln bewilligen zu müssen, was dann wiederum innerhalb der Stadt<br />
Anlaß zu Attacken gegen die Sozialdemokraten bot.<br />
126<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
KLEINERE BEITRÄGE<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Fragmente deutschsprachiger Rechtstexte<br />
im Staatsarchiv Wolfenbüttel.<br />
Prof. Dr. Karl Kroeschell zum 65. Geburtstag am 14. November 1992<br />
Von<br />
Ulrich-Dieter Oppitz<br />
Bei der Beschreibung der Fragmente des Staatsarchivs Wolfenbüttel unter den Handschriften<br />
deutscher Rechtsbücher des Mittelalters!) lag es nahe, den Hinweisen von Emil Henrici<br />
2 ) zu folgen. Gelegentlich einer Nachsuche nach verschollenen Fragmenten der Helmstedter<br />
Universitätsbibliothek 3) im Staatsarchiv Wolfenbüttel, das das Helmstcdter Universitätsarchiv<br />
verwahrt, war festzustellen, daß zwischenzeitlich die bekannten Wolfenbüttler<br />
Fragmente umsigniert und der gesamte Fragmentenbestand erschlossen ist. Die<br />
Nachsuche nach den Helmstedter Stücken war vergeblich, dagegen konnten neue Fragmente<br />
entdeckt und die Zuordnung bereits bekannter Stücke neu bestimmt werden.<br />
Die Fragmente sind in numerierten Mappen innerhalb der Signatur ,,12 Sammlung" geordnet,<br />
innerhalb der Mappen sind die Fragmente fortlaufend gezählt. Die bisher beschriebenen<br />
Fragmente tragen die neuen Nummern:<br />
Hs. 1608 4 ): 7/6;<br />
Hs. 1609 und 1611 (Henricj5) 19): 6/27;<br />
Hs. 1610 (Henrici 20): 4/14; 4/15; 4/16 und 4/17.<br />
Die Neufunde sind sämtlich Perg.-Blätter des XV. Jh. in niederdeutscher Sprache:<br />
1. 12 Sammlung Mappe 4 Stück 10 (abgek.: 4/10) (Abb. 1). Das obere Drittel eines waagrecht<br />
zerschnittenen Perg.-Blattes gehört mit den im Folgenden beschriebenen Fragmenten<br />
zu einer niederdeutschen Handschrift, die den glossierten Sachsenspiegel (Landrecht)<br />
(Ssp.-LandR) enthält. Das Fragment (Schriftbreite: 15,5 cm, BlaUrest: 20,2 cm breit, 11<br />
!) Ulrich-Dieter Oppitz, Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters. Bd. 11. KölnIWien 1990 S. 879<br />
Nr. 1608-S. 880 :-lr. 1611.<br />
2) Emil He n r i c i, Funde in <strong>Braunschweig</strong>s <strong>Bibliothek</strong>en und Archiven. In: <strong>Braunschweig</strong>isches Magazin<br />
13 (1907) S. 127 f.<br />
3) wie Anm. 1, S. 878 NT. 1603 bis 1606.<br />
4) Die Nummern folgen den Beschreibungen wie Anm. 1.<br />
5) wie Anm. 2.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
127
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
cm hoch) beginnt recto in der Glossierung zu Ssp.-LandR Buch II Art. 71 "wiiff den man.<br />
ut ff. de iniuriis ... " 6) und endet im Text des Art. II 72 § 1: "de den vredebeker vnde".<br />
Verso beginnt der Blattrest in der Glossierung zu Art. II 71: "ar. xxv et xxxv et C. de<br />
edendo" bis "aut. collacione viii" und endet damit am Ende des 11. Buches.<br />
Zu dieser Handschrift gehören die bereits bekannten 7) Fragmente 4/25; 4/26; 4/27 und 4/28.<br />
4/25 beginnt auf der recto-Seite (,III' am oberen Rand) in der Glossierung zu B. III Art. 6<br />
Ssp.-LandR, die verso-Seite 4/25 setzt im Text von Art. 1II7 ein.<br />
Weiterhin ist zu dieser Handschrift ein Fragment zu setzen, das die rechte Hälfte eines<br />
senkrecht zerschnittenen BlattesR) bildet, welches nochmals in 4 Rechtecke geteilt wurde.<br />
Die Fragmente 4/21 und 4/22 (,1' am oberen Rand) beginnen auf der recto-Seite im Text<br />
des I. Buches Art. 54: "den schal men tynsman vor synen heren ... " und endet in der Glossierung<br />
des Art. 54 9 ).<br />
2. Zu der Handschrift gehört wohl ebenfalls Neufund 2:18/15 (Abb. 2). Das Fragment ist<br />
26,5 cm breit und 11,9 cm hoch. Es ist das obere Drittel eines waagrecht zerschnittenen<br />
Blattes. Es wurde vom Bestand 22 AAlt Schöningen Nr. 14114 ahgelöst. Die recto-Seite<br />
beginnt in der Glossierung 10) zu Art. III 7: "werpende edder mit tornende", die verso-Seite<br />
setzt ein bei: "nicht cIagen. so ne mach men ouer".<br />
Bei Berücksichtigung dieser vier Fragmente zeigt sich, daß die zerschnittene Originalhandschrift<br />
mit durchlaufenden Zeilen beschrieben war, am Seitenkopf der recto-Seiten trug<br />
der Text die Ziffer des jeweiligen Buches, die Seiten umfassten ea. 46 Zeilen bei einer<br />
Breite des Schriftbildes von ca. 15,5 cm.<br />
3. Zu einer anderen Handschrift können die Fragmente 4/18 und 6/52-6/53 gehört haben \ 1).<br />
Der zweispaltige Text von 4/18 ist teilweise die Glossierung zu Ssp.-LandR 11. Buch Art.<br />
66. Das andere Fragment, zu dem wenige Buchstahen einer zweiten Textspalte gehören,<br />
enthält die Glossierung zu B. III Art. 16 § 3. Die verso-Seite beider Fragmente ist nicht<br />
lesbar.<br />
6/52 und 6/53 sind Teile einer in der Mitte zerschnittenen Spalte einer zweispaltig geschriebenen<br />
Handschrift (XV. Jh.) (Abb. 3). Sie sind zusammen 28,6 cm hoch und ca. 10,4 cm<br />
breit, zwischen beiden Teilen ist geringfügig Text einer Zeile verloren. Der Text (45 Zeilen<br />
6) Eine moderne Edition des glossierten Sachsenspiegels fehlt. Die Tcxtstellcn sind daher auf den<br />
Neudruck bezogen: Sassenspegel mit velen nyen addicien san dem Leenrechte vnde richtstige.<br />
Hrsg. von Hans Rynman von Ohringen. 2. A. besorgt von Karl August Eckha rdt (Bibliotheca<br />
Rerum Historicarum, Neudrucke 10). AalenlWitzenhausen 1978. Recto: S. 246 r. Sp., verso: S.<br />
249 r. Sp. am Ende.<br />
7) wie Anm. 1: 1610a fol. 3 BI. 7; wie Anm. 2: Nr. 22.<br />
8) wie Anm. 1: 1610a fol. 3 BI. 6; wie Anm. 2: Nr. 22.<br />
9) wie Anm. 6 S. 941. Sp. bis S. 94 r. Sp. am Ende.<br />
10) wie Anm. 6 S. 262 r. Sp. unten bis S. 263 r. Sp. Mitte.<br />
11) In meiner Beschreibung zu 1610a (s. Anm. 1) war davon ausgegangen, daß das Fragment 4/18 mit<br />
den Fragmenten 4/21-4/28 zu eine r Handschrift gehörte, die zweispaltig eingeriChtet war, dies<br />
kann nach Auffinden der Fragmente 4/10 und 18/15 und nach neuerlicher Überprüfung von 4/<br />
21-4/28 nicht aufrecht erhalten werden.<br />
128<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
pro Spalte) beginnt auf der rechten Spalte des recto-Blattes in der Glossierung zu Ssp.<br />
LandR I. Buch Art. 3 § 3 mit den Worten: "mochit des vader en mostu ok nicht" 12) und<br />
setzt auf dem verso-Blatt in diesem Text fort bis "dat eme wal er in Sassen"13). Die Neufunde<br />
wurden abgelöst von Bestand: 23 Neu Fb. 1 Nr. 141.<br />
4. Neufund 9/3 und 9/4: 9/3: 8 cm breit, 6,6 cm hoch. 9/4: 8 cm breit, 7 cm hoch, am rechten<br />
Rand fehlen 1-2 Buchstaben (Abb. 4). Die Fragmente wurden 1961 abgelöst vom Bestand<br />
L Alt Abt. 19 Gebhardshagen Nr. 5. Die recto-Seite von 9/3 zeigt am linken oberen Rand<br />
in der früheren Spaltenmitte die Aufschrift ,,11." Damit gehört das Fragment wohl zu einer<br />
zweispaltigen Handschrift. Der Text beginnt in Ssp.-LandR 11. Buch Art. 53: "sime dode.<br />
ane den tun". 9/4 recto erhält den Schluß von Art. 11 53, Art. 54 § 1 und 54 § 2 bis zu den<br />
Worten: "mede geminnere he ne." Zwischen beiden Blattresten ist kein Text verloren. In<br />
Art. 11 54 § 1 ist der Schluß "dat se nicht ne scadet", in Art. 54 § 2 der Anfang "Nemant ne<br />
mut ok sunderleke herde hebben" ausgelassen. Die verso-Seiten sind sehr abgerieben und<br />
schwer zu entziffern, der Text stimmt zu Ssp.-LandR 11. Buch Art. 57 § 1.<br />
5. Neufund 16/69 und 16170: 16/69: 7 cm breit, 6,2 cm hoch; 16170: 7 cm breit, 5,5 cm hoch<br />
(Abb. 5). 16/69 beginnt auf der recto-Seite in Sachs. Lehnrecht Art. 4 § 1: ,,(gebo )den wirt<br />
mit ordelen ses w(eken) vor deme dage er hie var(en) sole ... "; 16170 recto setzt in dem<br />
Artikel fort mit "deme romesche rike". Beide Fragmente sind am rechten Rand um 2-3<br />
Buchstaben beschnitten, zwischen den bei den Stücken fehlt eine Zeile Text. 16/69 verso<br />
beginnt mit Art. 4 § 3: "Ok sal dar varen"; 16170 verso endet mit der ersten Zeile des Art.<br />
4 § 4. Das Fragment wurde möglicherweise 1961 vom Bestand 22 A Alt Gebhardshagen Nr.<br />
642 abgelöst.<br />
Ob beide Neufunde (9/3 u. 4; 16/69 u. 70) zu einer Handschrift gehörten, kann nicht entschieden<br />
werden.<br />
6. Neufund 12/40: 10,5 cm breit, 8,3 cm hoch (Abb. 6). Auf der recto-Seite beginnt der Text<br />
in Ssp.-LandR. 11. Buch Art. 72 § 2: "den roff soken" und endet in Art. 11 72 § 5 "van ener<br />
borch vnd". Die verso-Seite beginnt im III. Buch Art. 1 § 1 "nerhande vngerichte schalmen"<br />
bis Art. 1 § 2 "nod est se ene vor gerichte". Danach folgt "Hir heuet sik an dat dridde<br />
bok des rechtes der sassen." Es folgt ein Artikelanfang: " ... van der vorstoringe der borge<br />
vppe dat der buwe vorstor ... to gemene werde. des settet he hir sinderlike saken dar men".<br />
Diese Verschiehung des Buchanfanges des III. Buches ist hislang für keine andere Handschrift<br />
zu beobachten. Das Fragment verdient daher Interesse.<br />
7. Neufund 4/13: 25 cm breit, 34,5 cm hoch. Schriftbreite: 16,5 cm (Ahb. 7). Das Fragment<br />
ist ein Pergamentblatt, zweispaltig mit niederdeutschem Text des Stadtrechts von Goslar.<br />
Die reeto-Seite beginnt im 4. Buch § 46 14 ): "irhaIen mit einem anderen". Die verso-Seite<br />
12) wie Anm. 6 S. 181. Sp. Zeile 19.<br />
13) wie Anm. 6 S. 18 r. Sp. Z. 15 von unten.<br />
14) Wilhelm E be I, Das Stadtrecht von Goslar. Göttingen 1968 S. 168-169.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
129
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Abb. 1: 4/10 r - Ssp.-LandR (glossiert)<br />
Abb. 2: 18/15 r - Ssp.-LandR (glossiert)<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
131
132<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
Abb. 3: 6/52 rund 6/53 r - Ssp.-LandR (glossiert)
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Eine Darstellung des Heiligen Hermagoras<br />
im <strong>Braunschweig</strong>er Dom<br />
Von<br />
Horst Dubois<br />
Unter den 1845 im Blasius-Dom zu <strong>Braunschweig</strong> wiederentdeckten Wandmalereien aus<br />
der Zeit um die Mitte des 13. Jahrhunderts bdindet sich auf der Westwand des südlichen<br />
Querhauses eine Reihe von Bildern mit Darstellungen von Heiligen, welche in der neueren<br />
Literatur meist als "ungedeutete Szene" bezeichnet werden. In älteren Veröffentlichungen<br />
wurden teilweise fragliche, später widerlegte Zuordnungen vorgenommen. So deutete Joachim<br />
Gerhardt 1) die Darstellung auf dem linken Bild der zweiten Reihe, direkt über den<br />
schlecht erhaltenen Bildern der Apostel, als den Heiligen Blasius 2 ). Auch der Wiederentdecker<br />
der Wandmalereien H. Brandes 3) hielt den Dargestellten für den Heiligen Blasius.<br />
Abb. 1 zeigt die heute im Dom verwahrtel:l-Pause, welche Brandes nach der Aufdeckung<br />
erstellte. Die Zuschreibungen von Gerhard und Brandes wurden von J. C. Klamt 4) eindeutig<br />
widerlegt, eine Aussage, welche von späteren Veröffentlichungen übernommen, beziehungsweise<br />
durch diese bestätigt wurde 5 ).<br />
Es giht nun eine Reihe von Hinweisen und Bildvergleichen, welche es wahrscheinlich machen,<br />
daß es sich bei der oben genannten Abbildung (SMII/l) 6) um eine Darstellung des<br />
Heiligen Hermagoras handelt. Abb. 2 zeigt die Lage dieser Darstellung im Dom. Auf die<br />
Beurteilung dieser Abbildung durch J. C. Klamt kommen wir weiter unten zu sprechen.<br />
1) Joachim Gerhardt, Die spätromanischen Wandmalereien im Dom zu <strong>Braunschweig</strong> (Niedersächsisches<br />
Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 11,1934).<br />
2) Gerhardt, (wie Anm. 1) S. 15: "Abgesehen vom ersten Bild sind alle anderen Szenen in der<br />
Blasius-Ikonographie unbekannt. Es ist offenbar, daß es sich hier um verschiedene Märtyrer handelt."<br />
Den naheliegenden Gedanken, daß es sich auch hei dem einen Bild dann nicht um eine<br />
Blasiusdarstellung handelt, verfolgt Gerhardt nicht. Dieser Gedanke ist umso näherliegend als<br />
sich ein Blasius-Zyklus bereits an anderer Stelle im Dom befindet.<br />
3) H. Brandes, <strong>Braunschweig</strong>s Dom mit seinen alten und neuen Wandgemälden, <strong>Braunschweig</strong>,<br />
1863.<br />
4) Johann-Christian Klamt, die mittelalterliche Monumentalmalereien im Dom zu <strong>Braunschweig</strong>.<br />
Diss. Berlin, 1968, S. 171 ff.<br />
5) Reinhard Dorn, Mittelalterliche Kirchen in <strong>Braunschweig</strong>, Hameln, 1978. S. 218 ff.<br />
6) Das Bild im südl. Querhaus, in der Gruppe der MärtYfer-Darstcllungen (Westwand), 2. Reihe<br />
unter den Fenstern, 1. Bild von links soll in diesem Aufsatz, wie auch bei Klamt (wie Anm. 4),<br />
SMIIIl bezeichnet werden.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
135
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Kurz zur Person des Heiligen Hermagoras (auch Ermagoras, Hermegoras oder Hermachore<br />
genannt), wie sie sich uns in seiner Vita darstellt. Er wurde und wird auch heute noch<br />
vorwiegend in Friaul/Julisch-Venetien verehrt. Hermagoras war Bürger von Aquileia,<br />
wurde vom Evangelisten Markus getauft, später von den Bürgern von Aquileia zum zukünftigen<br />
Bischof erwählt, ging er mit dem Evangelisten Markus von Aquileia nach Rom<br />
und wurde dort vom Apostel Petrus zum Bischof geweiht. Nach Aquileia zurückgekehrt<br />
missionierte er dort sehr erfolgreich, wurde eingekerkert, vollbrachte einige Wunderheilungen<br />
vom Kerker aus und erlitt in seiner Vaterstadt den Märtyrertod.<br />
Hermagoras-Reliquien und Verehrungen sind im Friaul und in Kärnten vom frühen Mittelalter<br />
bis auf den heutigen Tag und seit der Zeit der Salier auch in einigen Orten Nordwestdeutschlands<br />
nachgewiesen 7). Der Märtyrer-Festtag ist der 12. Juli, darüber hinaus wird in<br />
Aquileia am 27. August der Translationstag gefeiert.<br />
Während der Kult und die Verbreitung einiger Heiliger, wie bei den typischen Heiligen des<br />
Frankenreiches, Martin und Kilian, Garanten der Ausdehnung des Reiches waren, ging es<br />
den Stiftern bei der Ausbreitung des Kultes für den hier zu betrachtenden Heiligen Hermagoras<br />
und bei vielen anderen Heiligen darum, daß die neu dem Christentum erschlossenen<br />
Gebiete bzw. das Gros der neu errichteten Kirchen einen möglichst "zugkräftigeren" Patron<br />
erhielten und die Möglichkeit, die benötigten Reliquien auf die eine oder andere<br />
Weise zu erwerben.<br />
Das verhältnismäßig häufige Vorkommen von Hermagorasreliquien in Niedersachsen (H.<br />
Grotefend nennt im Taschenbuch der Zeitrechnung Osnabrück und Paderborn) hängt<br />
wahrscheinlich mit dem Aufteilen von einmal, im 11. Jahrhundert, hierher gebrachten Reliquien<br />
zusammen. Dieses Teilen von Reliquien war eine oft praktizierte Methode, um den<br />
großen Bedarf an Reliquien zu decken. Leider gibt es so gut wie keine Translationsberichte<br />
für diesen Abschnitt der Geschichte Niedersachsens und keinen, der den Heiligen Hermagoras<br />
betrifft. Eine andere Möglichkeit für das Auftauchen von Hermagorasreliquien in<br />
Niedersachsen ist die Anwesenheit von Patriarch Poppo von Aquileia in 1mbshausen im<br />
Leinegau. Poppo, aus der Heimat des Hermagoras, kam als Bittsteller zu Kaiser Konrad<br />
II. Er wollte das Münzrecht für Aquileia erhalten, was ihm auch gewährt wurde R ). Als<br />
Gegengeschenk konnte er sehr wohl Reliquien aus seiner Heimat mitgebracht oder zugesagt<br />
haben. Aktenkundig wird bei diesem Vorgang Bruno, der Kanzler Konrads H., Neffe<br />
der Kaiserin Gisela, späterer Bischof von Würzburg und als solcher ab 1034 auch Besitzer<br />
von SchmalfeIden in Hohenlohe (Mulachgau), dem anderen Ort nördlich der Alpen, an<br />
dem sich Wandmalereien befinden, welche ebenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit den<br />
Heiligen Hermagoras darstellen.<br />
Bedingt durch diese Verbreitung können wir annehmen, daß um das 11. Jahrhundert Hermagoras<br />
kein Unbekannter für die Menschen in den genannten Gebieten war. Später ging<br />
7) u. a. Hermann Grotefend, Taschenbuch der Zeitrechnung, Hannover, 1982, S. 64.<br />
B) Paul Werner Scheele, BTUno von Würzburg - Freund Gottes und der Welt. Würzburg, 1985, S.<br />
42.<br />
136<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
das Wissen um diesen Heiligen, bedingt durch das Auftreten noch zugkräftigerer Patrone,<br />
zurück. Um das ausgehende 12. und im 13. Jahrhundert scheint es dann aber nochmals ein<br />
Wiederaufleben der Verehrung gegeben zu haben, jedenfalls deuten die Wandmalereien<br />
in <strong>Braunschweig</strong> und in SchmalfeIden (Hohenlohe ) darauf hin. In der Folge ging das Wissen<br />
um diesen Heiligen im Raum nördlich der Alpen beim Volke verloren.<br />
Ganz vergessen wurde Hermagoras nicht, die großen Werke über die Heiligen, wie z. B.<br />
die Acta Sanctorum, schenkten ihm immer Beachtung. Die ,Legenda aurea' des Jacobus<br />
de Voragine erwähnt ihn mit acht Zeilen in der Markus-Geschichte. Wenn auch die Legenda<br />
Aurea zu den viel gelesenen Büchern ihrer Zeit gehörte, scheint sein Name beim<br />
Volk damals in Vergessenheit geraten zu sein. Dazu kam, daß die Kirchen in Deutschland,<br />
weIche nach unserem Kenntnisstand Abbildungen des Hermagoras zeigten, protestantisch<br />
geworden waren und die Wandgemälde der Heiligen dort in der Folge übertüncht oder<br />
überputzt wurden.<br />
Für eine Zuordnung der <strong>Braunschweig</strong>er Abbildung SMIIIl zum Heiligen Hermagoras<br />
sprechen in erster Linie die folgenden Fakten:<br />
a) Die MGH, Scriptores 30,2 9 ), bringen einen direkten Hinweis auf Hermagoras-Reliquien<br />
im <strong>Braunschweig</strong>er Dom. Nach Hinweisen aufW. A. Neumann, ,Der Reliquienschatz<br />
des Hauses <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg' 10), folgt dieser Text: ,,Altare in media ecclesia<br />
dedieatum est a venerabili Heeelino Hildenemensi episeopo in honore domini nostri<br />
lesu Christi et vietoriosissimae eruds et sanetae Mariae virginis et sanetorum apostolorum<br />
lohannis et lacobi, et sanctorum martirum Abdon, Sennes, lohannis, Pauli, Cosme et<br />
Damiani, Sebastiani, Seeundi, H ermagorae episeopi et martiris, ... ". Hiermit<br />
wird, neben der Anwesenheit von Hermagoras-Reliquien, bestätigt, daß dieser Heilige<br />
sowohl als Bischof wie auch als Märtyrer in <strong>Braunschweig</strong> bekannt war. Diese Feststellung<br />
wird in Zusammenhang mit der unter Pkt. C folgenden Aussage von Klamt interessant.<br />
9) MGH Scrip tores 30,2, Notea Dedicationum S. Blasii Brunswicensis ab S. 769 (25),<br />
expl. S. 770.<br />
Wie schon die Anordnung der Erwähnung des H1g. Hermagoras in den "Notae Dedicationum"<br />
zeigt und wie auch an der Anbringung der Abbildung auf einem weniger repräsentativen Platz<br />
(SMII/1) zu erkennen, hatte dieser Heilige in <strong>Braunschweig</strong> keinen so hohen Verehrungsgrad wie<br />
in seiner Heimat und mußte daher hinter den <strong>Braunschweig</strong>er I1auptheiligen Blasius, Johannes<br />
d. T. und Thomas Becket zurückstehen.<br />
10) W. A. Neu mann, Der Reliquienschatz des Hauses <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg, Wien, 1891. Neumann<br />
bringt keinen Hinweis auf Hermagoras-Reliquicn, nur einen kurzen Hinweis auf die Heiligen<br />
an der Westwand des Südquerhauses: "Weniger ausführlich als diese Legenden der Hauptheiligen<br />
des Domes sind anschließend im südlichen Querschiff die Legenden insbesondere das Martyrium<br />
anderer Heiliger dargestellt, so des Hlg. Stephanus, Laurentius, Ignatius, Clcmcns, Barnabas,<br />
Sebastian Katharina u. A." Essenwein deutet hier also keinen der Heiligen als Blasius, allerdings<br />
auch nicht als Hermagoras.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
137
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
b) Rudolf Egger gibt in seinem Aufsatz ,Der Heilige Hermagoras' Teile der Hermagoras<br />
Legende wieder 11). Diese Auszüge aus der Vita stammen aus dem Cod. 53 der Stadt bibliothek<br />
von Namur und sind weitgehend mit dem Wortlaut der Legende in den Aetae<br />
Sanctorum, Tomus Juli BI identisch. Hier heißt es in der Schilderung der Martern, denen<br />
Hermagoras unterzogen wird (e. 10): "Deinde pectus eius iubet ungulis radi<br />
et lami n as Je rreas cand entes eius pectori inprimi et lampades ardentes eius lateribus<br />
applicari. Inter haec sanctus martyr hymnum constanter Deo canabat ... ". Umbert M<br />
Modulo gibt diese Stelle nach Boninus Mombritius und anderen Quellen wie folgt wieder:<br />
,,Audiens haec Praeses, is iussit eum in eculo suspendi, et pectus eius ungulis<br />
(Je rreis) radi. Postea praecepit laminas Je rreas can de ntes eius corpori imprimi,<br />
et lampadas ardentes eius lateribus applicari." 12). Also in etwa der gleiche Text.<br />
e) Johann-Christian Klamt 13) schreibt zum Bild SMIIIl u. a.: "Die Zerfleischung mit eisernen<br />
Rechen erfuhren der Legende nach zwei andere Heilige, die in <strong>Braunschweig</strong> Verehrung<br />
genossen: der HI. Theodorus und der HI. Vicentius. Da aber der in Bild SMIIIl,<br />
dargestellte Heilige eine Mitra trägt, kann diese Szene für keinen dieser beiden Märtyrer<br />
in Anspruch genommen werden."<br />
Diese nach dem momentanen Stand noch keinem Heiligen zugeordnete Abbildung SMIII1<br />
kann also eine Darstellung des Heiligen Hermagoras sein. Abb. 3 zeigt auf einer Aufnahme<br />
von 1889 den Zustand der Fresken nach der Restaurierung. Für eine solche Zuordnung<br />
sprechen neben den oben genannten Fakten vor allem folgende Punkte: Hermagoras<br />
wurde, wie schon erwähnt, an mehreren Orten im Gebiet des heutigen Niedersachsens<br />
verehrt, bzw. in mittelalterlichen Kalendarien erwähnt. Die ersten Translationen von Hermagoras-Reliquien<br />
von Friaul nach Nordwestdeutschland fanden bereits in salischer Zeit<br />
statt, aher nur in Friaul/Julisch-Venetien hielt sich die Erinnerung an diesen Heiligen bis<br />
zum heutigen Tag.<br />
Tn der Kunst sind Hermagorasdarstellungen nördlich der Alpen auch in der Vergangenheit<br />
sehr selten gewesen. Interessant zur Bestimmung der Abbildung SMIII1 ist eine von Umberto<br />
M. Modulo zu dem oben unter Punkt b) aufgeführten Text gezeigte Abbildung T.<br />
11) Rudolf Egger, Der Heilige Hermagoras, Carinthia I, Geschichtliche und volkskundliche Beiträge<br />
zur Heimatkunde Kärntens, 134. und 135. Jahrgang, Klagcnfurt, 1947, S. 40 ff. Diese Arbeit<br />
ist die ausführlichste Beschreibung des Hermagoraskultes in deutscher Sprache.<br />
12) Umberto M. Mod ulo, La "Passio" dei Santi Ermagorae Fortunato. Diss. Rom, 1983, S. 18, c. 10.<br />
13) Klamt, (wie Anm. 4) S. 173 (Deutung der unbenannten Märtyrerdarstellungen). Klamt weist<br />
hier auch auf die Mitra des Dargestellten hin. Die niedrige frühe Form der Mitra, wie sie hier zu<br />
sehen ist, war bis ins 13. Jahrhundert üblich. S. als frühes Beispiel aus der Mitte der 2. Hälfte des<br />
12. Jahrhunderts die Mitra des Hlg. Ruprecht aus dem Salzburger Domschatz; Adolf Reinle,<br />
Die Ausstattung deutscher Kirchen im Mittelalter. Darmstadt, 1988, S. 169 Abb. 55.<br />
138<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
31 14 ). Auf dieser Skulptur sieht man Hermagaras, der an eine Kreuzgabel gebunden ist,<br />
ihm werden durch zwei Schergen die Seiten aufgerissen (Abb. 4). Die eisernen Rechen<br />
sind, im Gegensatz zur <strong>Braunschweig</strong>er Pause von Brandes, nicht mehr erhalten, rechts<br />
neben dem Heiligen begrenzt eine Säule die Szene. Auch hier gibt es direkte Parallelen zu<br />
der Abbildung SMII/1. Auf der <strong>Braunschweig</strong>er Abbildung fehlt die Gabel für das Querholz,<br />
an das man Hermagoras gebunden hat, aber die Stricke an seinen Handgelenken<br />
lassen es möglich erscheinen, daß hier vor der Wiederherstellung eine solche Gabel gemalt<br />
war. Bei der Restauration wurde dann, wahrscheinlich statt der nicht mehr sichtbaren Gabel,<br />
nur der waagerechte Balken eingezeichnet. Die Brandessehe Pause zeigt weder einen<br />
solchen Querbalken noch eine Kreuzgabel. Rechts fast noch an der linken Hand des Heiligen<br />
befindet sich, wie in Udine, das Kapitell einer Säule. Auch die Darstellung des Hüfttuches<br />
und seine Faltung auf der Hüfte gleichen sich auf beiden Darstellungen. Der zur Zeit<br />
der Restaurierung schlechte Erhaltungszustand des unteren Teils der Malerei in <strong>Braunschweig</strong><br />
läßt es möglich erscheinen, daß sich zu Füßen des Heiligen noch andere, betende<br />
Personen befunden haben, wie dies auf der Skulptur in Udine der Fall ist. Auf der Brandessehen<br />
Zeichnung fehlt der linke untere Teil, er wurde in Wadenhöhe des linken Schergen<br />
scheinbar abgeschnitten. Das bei Brandes und den ihn kopierenden Gerhardt noch hinter<br />
dem rechten Schergen jener Hermagoras-Darstellung sichtbare Kapitell ist heute und auch<br />
schon vor 1889 erst rechts von der nächsten Szene zu sehen. Säulen trennen die anderen<br />
Szenen voneinander. Dies wurde von Klamt schon beschrieben (S. 168), er schreibt jedoch,<br />
daß dort, wo kleine Säulen zwischen den Szenen stehen (SMI/5 und SMII/1), flache Kuppeln<br />
oder Dachstreifen die Verbindung schaffen. Für unsere Darstellung ist das nach dcr<br />
Brandessehen Pause nicht zu erkennen. Der heute im linken Teil der Abbildung sichtbare<br />
Thron mit Baldachin ist auf der Pause nicht sichtbar, die Pause schließt links mit einer<br />
Person in Hinweisgeste ab.<br />
Daß die trennende Säule zwischen SMIII1 und SMIII2 von den Restauratoren des 19. Jahrhunderts<br />
weggelassen wurde, obwohl sie auf der Pause, der ersten Aufnahme des Zustandes<br />
nach der Wiederentdeckung, sichtbar war, kann damit zusammenhängen, daß die frühen<br />
Restauratoren ja beide Bilder dem Heiligen Blasius zuordneten und sie als zusammengehörig<br />
kennzeichnen wollten. Diese Zuschreibung an den Heiligen Blasius ist aber, wie<br />
oben beschrieben, mit einer Reihe von Argumenten inzwischen schlüssig widerlegt (s. o.<br />
Anm.4).<br />
Wenn auch die beiden Darstellungen in <strong>Braunschweig</strong> und Udine nicht direkt voneinander<br />
abhängen, die Rraunschweiger Malereien stammen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts<br />
und die Skulpturen in Udine sind rund 100 Jahre jünger, so kann man doch an ein<br />
gemeinsames Vorbild denken. Da es kaum anzunehmen ist, daß sich Friaul mit seiner langen<br />
Tradition der Hermagoras-Verehrung Anregungen aus dem Norden holte, und nichts<br />
14) Modulo, (wie Anm. 12) Tavola 31. "Udine: duomo (campanile). S. Ermagora appeso a un cavaletto<br />
a forma di croce. Particolare dell'arca marmorea commissionata intorno al 1343 dal beato<br />
patriarca Bcrtrando di S. Gcnesio" (= St. Ginncs/Cahors) ,,(t 1350) pcr custodir ncl duo mo di<br />
Udine le reliquie dei SS. Ermagora e Fortunato."<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
139
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
darauf hinweist, daß Künstler aus Norddeutschland nach Udine kamen und dort Anregungen<br />
vergaben, wird sich wohl das Vorbild in Italien befunden und von dort seinen Weg nach<br />
Norden genommen haben 15).<br />
Es mag sonderbar erscheinen, daß es, ebenso wie in <strong>Braunschweig</strong> auch in Aquileia neben<br />
Hermagorasdarstellungen eine solche des Thomas Becket vom Ende des 12. Jahrhunderts<br />
gibt 16). Dies kann aber nicht im Zusammenhang mit unserer Betrachtung des Hermagoras<br />
und auch kaum als weitere Verkettung <strong>Braunschweig</strong>lAquileia gesehen werden. Es dürfte<br />
eher daher rühren, daß die drei Töchter des englischen Königs Heinrich 11. - nach der<br />
Befreiung des Königs vom Verdacht der Beteiligung am Mord an Thomas - an vielen SteIlen<br />
in Europa zur Verbreitung des Thomas-Bccket-Kultes beigetragen haben, so in Italien<br />
neben Aquileia u. a. auch in Spoleto (Santi Giovanni e Paolo - Ende 12. Jahrhundert).<br />
Es gab mindestens vier in <strong>Braunschweig</strong> verehrte Heilige, deren Seiten mit Hecheln aufgerissen<br />
worden waren: Hermagoras, Blasius, Theodorus und Vincentius. Da, wir wiesen<br />
oben schon auf Klarnts diesbezügliche Bemerkung hin, sowohl Vincentius als auch Theodorus<br />
keine Bischöfe waren, der Gemarterte aber eine Mitra trägt, kann es sich bei SMIII1<br />
nur um Blasius oder Hermagoras handeln. Zu bemerken ist, daß sich bei der Ähnlichkeit<br />
einzelner Szenen in den vier verschiedenen Martyrologien auch die Darstellungen dieser<br />
Ereignisse weitgehend gleichen. Hier sollte man sich erinnern, daß es sich um Martyrien<br />
handelt, die allesamt zur Zeit der Diokletianischen Verfolgungen geschahen. So gibt es<br />
eine frappierende Ähnlichkeit der Abbildung des Martyriums auf der Brandessehen Zeichnung<br />
von SMIII1, welche Klamt überzeugend als nicht den Heiligen Blasius betreffend<br />
erklären konnte, mit einer Darstellung aus dem Leben des Heiligen Blasius und einer anderen<br />
aus dem Leben des Heiligen Vincentius, beide auf einem Pluviale aus dem 13. Jahrhundert,<br />
welche sich heute im Benediktinerkloster in St. Paul im Lavanttal befindet 17). Beide<br />
15) Außer den Reliquien gab es schon rund 200 Jahre vor der Erstellung der Malereien im <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Dom eine Verbindung <strong>Braunschweig</strong>-Hermagoras. Die Kaiserin Gisela, in dritter Ehe<br />
Gattin Kaiser Konrads IJ., war in erster Ehe mit Grf. Bruno von <strong>Braunschweig</strong> verheiratet, Gisela<br />
ist auf den Malereien in der Apsis des Doms zu Aquileia als Kaiserin neben dem Heiligen Hermagoras<br />
abgebildet. Dort (1031) kann sie in Berührung mit der Hermagoras-Verehrung gekommen<br />
sein. Man mag nun einwenden, zu dieser Zeit habe Gisela, wahrscheinlich 19 Jahre nach dem<br />
Tode ihres ersten Mannes, keine engen Beziehungen mehr zu <strong>Braunschweig</strong> gehabt. Für eine<br />
Einführung oder Stärkung der Hermagoras-Verehrung im Raum <strong>Braunschweig</strong> durch die Kaiserin<br />
spricht aber, daß sich Gisela nach dem Tode ihres kaiserlichen Gemahls im Raum um <strong>Braunschweig</strong>,<br />
genauer in Goslar, aufgehalten haben soll und dort auch gestorben ist (Herimannus Augiensis<br />
- Hermann v. Reichenaul "der Lahme" 1013-1054, Chronicon 1043). Außerdem befindet<br />
sich die einzige andere mir bekannte Hermagorasdarstellung nördlich des Alpenraumes, in<br />
Schmalfelden (Hohenlohe), in einem Ort, welcher bis zur Schenkung von 1033 ebenfalls Besitz<br />
der Kaiserin Gisela war.<br />
16) Dina dalla Barba B ru s i nlGiovanni Lo ren zo n i, L' Arte dei Patriarcato di Aquileia dal secolo IX<br />
al secolo XIII. Padova, 196R, S. 74, Abb. 175. In diesem Band auch weitere Abbildungen von<br />
Hermagoras-Darstellungen in Friaul.<br />
17) Johannes Gut, Katalog zur LandesausteIlung St. Paull991, Schatzhaus Kärntens, Klagenfurt,<br />
140<br />
1991, Bd. 117,2-4.<br />
Dora Heinz, Katalog zur Landesausstellung St. Paul 1991, Schatzhaus Kärntens, Klagenfurt,<br />
1991, Bd. 2 S. 681 ff. Auf einem Pluviale alJS der Mitte des 13. Jahrhunderts wird auf einem von<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Darstellungen auf dem Pluviale zeigen bei gleicher Aufstellung der Personen das Aufreißen<br />
der Seiten des Mannes, weIcher mit seinen Händen an ein waagerecht montiertes Holz<br />
gebunden ist (Abb. 5). Auf keiner der beiden Abbildungen ist der Gemarterte mit einem<br />
der speziell dem Heiligen Blasius ansonsten zugeordneten Attribute, gekreuzte Kerzen<br />
oder Schwein, abgebildet. Auch für den Heiligen Vincentius, dem die linke Seite des Pluviales<br />
gewidmet ist, gibt es (lli ld) eine Szene, welche ein Aufreiß
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
vor den Fresken des Chors, diejenigen des südlichen Querhauses erstellt wurden und dort<br />
für jeden Heiligen nur ein oder zwei Bilder entstanden, so hätte man doch wahrscheinlich<br />
für einen so wichtigen Heiligen wie Blasius das Schema gesprengt und das für Blasiusdarstellungen<br />
typischere Bild mit den Gaben der Witwe an den eingekerkerten Heiligen genommen<br />
aber nicht ein Bild, welches zur Legende mehrerer Heiliger paßte.<br />
So bleibt die Schlußfolgerung, daß aus dem Kreise der vier mit der Hechel gefolterten<br />
Heiligen, da es wegen der Mitra nicht Theodorus (diesen bezeichnet die Legenda aurea als<br />
Ritter) und auch nicht Vincentius (er wird in der Legenda aurea Diakon des Bischofs Valerius<br />
genannt) sein können, aber auch nicht Blasius, der als Kirchenpatron mit einem ganzen<br />
Zyklus von 12 Bildern schon im Chor dargestellt ist, es sich nur um den in <strong>Braunschweig</strong><br />
verehrten Hlg. Hermagoras handeln kann. Den Einwand, daß es auch für diesen Heiligen<br />
nicht die typischste Szene sei, kann man nicht gelten lassen, denn die Wundertaten des<br />
Hermagoras aus dem Kerker heraus, Kernstück anderer Hermagoraszyklen, lassen sich<br />
nicht in den engen Rahmen der Darstellungen auf der Westwand des Südquerhauses bringen.<br />
Für St. Hermagoras hat man den Rahmen der Bilder auf der Westwand nicht durchbrechen<br />
wollen. Er war Gleichberechtigter in einer Reihe von anderen durch Reliquien<br />
vertretenen Heiligen und mußte sich deshalb in den vorgegebenen Rahmen einfügen.<br />
142<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Abb. 1 Pause der aufgedeckten Fresken erstellt durch H. Brandes 1845<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
143
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Abb.3<br />
Dom SI. Blasii zu <strong>Braunschweig</strong> Westwand des süd!. Querhauses (SMIII1)<br />
ColoricrlL' ""pie nach einer Photographie der Georg Behrens'schen Kunstanstalt.<br />
Original der 1889 erstellten Fotografie ist mit der Bemerkung<br />
"Denkmäler-Archiv der Herzog!. Baudirektion" versehen.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
145
146<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Abb. 4<br />
Das Martyrium des Heiligen Hermagoras<br />
Darstellung aus dem Campanile des Doms in Udine Teil eines Marmorreliefs von 1343<br />
Auftraggeber: Patriarch Bertrando di S. Genesio<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Darstellung aus dem Martyrium des Hlg . Blasius<br />
(dos Aufreissen der Seiten mit Hecheln) wie auf<br />
dem Pluviale aus SI. Blasien (jetzl SI. Paul im<br />
Lavanttal) im 3 . Viertel des 13.Jh. dargestellt.<br />
Noch einem Stich aus: Martin Gerberl (FUrstabl<br />
Morlin 11.) Vetus liturgia Alemaniea 1-11,111 ,<br />
St.Blasien, 1776, Tab.VIII.<br />
Abb.5<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
147
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Die Herberge zur Heimat in Wolfenbüttel (1892-1953)<br />
Ein Beitrag zur Wolfenbütteler Sozialgeschichte<br />
Von<br />
Reinhard FörsterIing<br />
Die Jahre der raschen wirtschaftlichen Entwicklung zwischen 1850 und 1870 bedeuteten<br />
auch den Übergang vom vormärzlichen Landarbeiter- und Handwerker-Proletariat zum<br />
Industrie-Proletariat. Gleichzeitig begann die Verstädterung: Handwerksgesellen, die<br />
nicht mehr hoffen konnten, sich seßhaft zu machen, selbständige Meister, die der Konkurrenz<br />
erlagen, und ehemalige Tagelöhner verdingten sich in den Fabriken. Vor allem die<br />
Wohnverhältnisse der neu in die Städte geströmten Proletarier waren menschenunwürdig.<br />
18-Stunden-Tag, Löhne am Rande des Existenzminimums und Kinderarbeit vervollständigten<br />
das Elend der Industriearbeiterschaft.<br />
Die von der industriellen Entwicklung bedrohten sozialen Gruppen schlossen sich zu<br />
Selbsthilfeorganisationen zusammen: Raiffeisen gründete ländliche Darlehenskassen,<br />
Schulze-Dc\itzsch Kreditvereine für das Kleingewerbe; Konsumvereine und erste Gewerkschaften<br />
entstanden. Die katholische und die evangcIisehe Kirche richteten karitative Vereine<br />
für Gesellen und Arbeiter ein; Kolping und Ketteler, Wichern und Bodelschwingh<br />
versuchten aus dem Geist des Christentums eine Antwort auf die sozialen Folgen der Industrialisierung<br />
und der kapitalistischen Wirtschaftsordnung für bestimmte Gruppen der Bevölkerung<br />
zu mildern, beschränkten sich aufVerbesserungsvorschläge im Rahmen der bestehenden<br />
Ordnung.<br />
Friedrich von Bodelschwingh setzte sich zum BeispicI ab 1882 verstärkt für die Einrichtung<br />
von "Herbergen zur Heimat" ein. Dieser Herbergstyp war zunächst eine Idee des Juristen<br />
Clemens Theodor Perthes zur Betreuung wandernder Handwerksgesellen. Die erste Herberge<br />
zur Heimat wurde 1854 in Bonn eröffnet. Naeh von Bodelschwingh sollten diese<br />
Häuser in den achtziger und neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts vor allem wandernde<br />
Arbeitslose aufnehmen.<br />
"Woher kamen diese 200000 Männer, weIche damals schlecht genährt, in Lumpen gekleidet,<br />
gedankenlos, zwecklos, hoffnungslos unser deutsches Vaterland durchwanderten? ...<br />
Was für ein böser Teufel war denn ins deutsche Volk gefahren, daß es seit 1870 so der<br />
Vagabondage und dem Bettel zuneigte? ... Alles stürmte in die pilzartig aufschießenden<br />
Fabriken und Aktiengründungen. Aber ebenso schnell wie der Aufschwung kam der<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
149
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
,Krach'. Tausende von der Scholle losgelöste, heimatlos gewordene Arbeiter ohne Spargut,<br />
ohne Verdienst, standen unvermutet auf der Landstraße. Keine Hilfe bot sich dar.<br />
Wider Wunsch und Willen hat damals mancher zuerst ein Bettler und dann ein Vagabund<br />
werden müssen .... Die Zuckungen des Weltmarktes kommen immer wieder und sind unberechenbar<br />
wie die Ausbrüche eines Vulkans"!).<br />
In den im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts erschienenen zahlreichen Arbeiterbiographien<br />
und -romanen berichteten viele der Autoren über das Leben der wandernden Arbeitslosen.<br />
"Der Sommer ging zur Neige. Ohne Aussicht auf Arbeit, ohne Ziel, ohne Plan:<br />
man ist so fremd, wie nur jemand fremd sein kann, und doch eine Schande für den Fremdenverkehr.<br />
Man drückt sich in Herbergen herum und auf den Bänken der Anlagen"2).<br />
Die Herbergen zur Heimat waren die AnlaufsteIlen für die wandernden Arbeitslosen. Eine<br />
solche Einrichtung sollte auch in Wolfenbüttel entstehen. Mitte 1891 bildete sich unter<br />
Vorsitz von Kreisdirektor Vogeler ein Gründungskomitee 3 ), mit Schreiben vom 25. August<br />
1891 wurden der I lerberge zur Heimat in Wolfenbüttel durch den Regenten des Herzogtums<br />
Braunschwcig, Prinz Albrecht von Preußen, die Rechte einer milden Stiftung verliehen.<br />
Zu den Kosten der Begründung wurde aus dem Fonds für gemeinnützige Zwecke<br />
eine Beihilfe von 7500 Mark bewilligt 4 ). Ein Betrag in gleicher Höhe wurde vom Kreis<br />
Wolfenbüttcl zur Verfügung gestellt S ). So war ein finanzieller Grundstock vorhanden, um<br />
das Jeepsche Grundstück in der Brauergildenstraße 5a zu erwerben und für die Zwecke<br />
einer Herberge ausbauen und einrichten zu lassen. Natürlich reichte das Gründungskapital<br />
nicht aus, und eine Hypothek mußte aufgenommen werden 6 ).<br />
Auch in der Öffentlichkeit wurde die Einrichtung einer Herberge zur Heimat in Wolfenbüttel<br />
begrüßt. "In nächster Zeit wird auch unsere Stadt eine Herberge zur Heimat erhalten.<br />
Es ist bereits ein äußerst günstig gelegenes Grundstück für einen angemessenen Preis<br />
angekauft, mit dem Umbau ist schon begonnen. In Rücksicht auf die billigere Verwaltung<br />
sol\ hier mit der Herberge eine Verpflegungsstation für mittellose Reisende verbunden<br />
werden. Man würde also nicht mehr in die Lage kommen, seine Gaben auf gut Glück, d. h.<br />
sehr häufig für Branntwein zu geben, sondern durch einfachen Hinweis auf diese Anstalt<br />
die beste Fürsorge für jeden Reisenden treffen. Gewiß ein großer Segen für diese selbst,<br />
wie für die Einwohner von Dorf und Stadt"?).<br />
I) Wilhelm Rothert, Die innere Mission in Hannover in Verhindung mit der sozialen und provinzialen<br />
Wohlfahrtspflege, 3. Aufl., Gütersloh 1909, S. 214.<br />
2) Adam Scharrer, In jungen Jahren, Erlebnisroman eines Arbeiters Berlin und Weimar 1977, S.<br />
215. Dieser Roman basiert auf der 1929 im Verlag Der Bücherkreis, Berlin, herausgegebenen<br />
Erlebnis-Novelle Scharrers "Auch eine Jugend".<br />
3) Nds Staatsarchiv in Wolfenbüttel (weiterhin Nds. StAWf) 127 Neu Nr. 3179.<br />
4) Ehd.<br />
5) Ehd.<br />
6) Ebd.<br />
7) <strong>Braunschweig</strong>er Landeszeitung vom 8. September 1891.<br />
150<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Neben der Schaffung der finanzicllen Grundlagen zählte die Erarbeitung von Statuten für<br />
die Herberge zu den Aufgaben des Gründungskomitees. Da es in Helmstedt bereits eine<br />
Herberge zur Heimat gab, übernahm man weitgehend die dortigen Statuten. In ihnen<br />
wurde der Zweck der Einrichtung verdeutlicht: Die Herberge zur Heimat setzt sich die Aufgabe,<br />
dem Handwerker- und sonstigen Gewerbe, beispielsweise dem Arbeiterstand, eine heimatliche<br />
Stätte zu bieten und ihn dadurch in leiblicher und geistiger Beziehung zu gesellschaftlicher<br />
und sittlicher Hebung im christlichen Geiste zu dienen 8 ). Außer den Reisenden<br />
sollten aber auch, soweit es die Räumlichkeiten gestatten, dauernd hier beschäftigte und unverheiratete<br />
9 ) Handwerker und sonstige Arbeitnehmer aufgenommen werden, ohne Unterschied<br />
des Gewerbes und des religiösen Bekenntnisses!O).<br />
Die sittliche Hebung sollte erfolgen, indem den Gästen der Herberge alles Unsittliche und<br />
Unziemliche verwehrt werden würde, vor allem das Branntweintrinken, Rauchen, Zoten<br />
und das Spielen um Geld, man ihnen aber die Möglichkeit bot, morgens und abends an<br />
einer Hausandacht teilzunehmen und sich durch das Lesen ausgelegter Zeitschriften und<br />
Bücher, Belehrung zu verschaffen 11).<br />
Die gesamte Verwaltung sollte unter Aufsicht des Magistrats der Stadt Wolfenbüttel der<br />
Vorstand führen, "welcher aus mindestens sechs und höchstens acht unbescholtenen Männern<br />
evangelischen Bekenntnisses zusammengesetzt ist, unter welchen sich mindestens<br />
drei dem Handwerks- und Gewerbestand angehörige Personen, ein Magistratsmitglied und<br />
zwei Geistliche der Stadt Wolfcnbüttel befinden müssen"12). Dem ersten Vorstand, der<br />
mit dem Gründungskomitee identisch war, gehörten an:<br />
als Vorsitzender Kreisdirektor Vogeler, als Kassenverwalter Dr. Gerhard, als zuständiger<br />
Oeconom Kaufmann Bruns, als HausgeistIicher Superintendent Propst Rothe, als Schriftführer<br />
Pastor Porsch, dcs weiteren Rittergutsbesitzer Wätjen aus Halchter, Hofliefcrant<br />
Knust und Schuhmachermcister Staats!3). Nach den Statuten konnten die Kassengeschäfte<br />
einer nicht zum Vorstand gehörigen Persönlichkeit übertragen werden. Diese fand man in<br />
dcm Kreiskassenrendanten Kuntze.!4).<br />
Der christliche Charakter der Herberge - in den Statuten verankert - wurde auch bei der<br />
am 5. Januar 1892 stattgefundenen Einweihung deutlich erkennbar. "Die Feier wurde<br />
durch eine Ansprachc dcs Kreisdirektors Vogeler eröffnet. Derselbe erwähnte besonders<br />
die verschiedenen Schenkungen und sprach den Behördcn für die Unterstützung dcr Sache<br />
seinen Dank aus. Sodann hielt Propst Rothe die Weihrede untcr Zugrundc\egung des Textes<br />
Luc. 10, ,Wo ihr in ein Haus kommt, da sprecht zuerst: Friede sei in diesem Hause'. Er<br />
8) Nds StA Wf 127 Neu NT. 3179.<br />
9) Ebd.<br />
10) Ebd.<br />
11) Ebd.<br />
12) Ebd.<br />
\3) Ebd.<br />
14) Ebd.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
151
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
bezeichnete die Herberge zur Heimat als eine Stätte des Friedens und wünschte, daß in<br />
derselben der Geist des Friedens herrschen möge. Darauf wurde das Lied ,Ach bleib mit<br />
deiner Gnade' gesungen. Der Direktor des Neinstädter Brüderhauses, Herr Kobelt, sprach<br />
über 2. Thess. 3, 10 ,Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen'. Er richtete dann an die<br />
einzuführenden Hauseltern das Wort desselben Kapitels Vers 13 ,Ihr aber, liebe Brüder,<br />
werdet nicht verdrossen, Gutes zu tun.' Dann erfolgte die Einführung der Hauseltern, des<br />
Herrn Rohlfs und dessen Frau. Zum Schluß wurde der dritte Vers des Liedes ,Bis hierher<br />
hat uns Gott gebracht' gesungen, womit die Feierlichkeit ihr Ende erreichte. Es wurden<br />
dann noch die aufs freundlichste ausgestatteten Räume einer Besichtigung unterzogen. An<br />
demselben Abend kehrten dann auch schon fünf Handwerksgesellen, meist <strong>Braunschweig</strong>er<br />
Landeskinder, daselbst ein und fanden freundlichste Aufnahme"15).<br />
Nach den Statuten sollte die Herberge der Heimat finanziert werden "durch Entgegennahme<br />
von Geschenken und regelmäßigen Beiträgen; Zeichnung von Anteilscheinen zu<br />
100 Mark, die zu verzinsen und zurückzuzahlen sind; Darlehen; Einnahmen der Herberge<br />
selbst; außerordentliche Einnahmen, u. a. Sammlungen"16).<br />
Es waren vor allem immer wieder die Zuschüsse von der Stadt und dem Kreis Wolfenbüttel,<br />
vom Herzoglichen Staatsministerium und vom Evangelischen Verein in <strong>Braunschweig</strong>,<br />
die den Weiterbetrieb der Herberge in den Jahren des Kaiserreiches sicherten.<br />
Der Hausvater, der Diakon Alexander Rohlfs von der Neinstädter Brüderschaft, der diese<br />
Tätigkeit bis zu seinem Tode im Juli 1938 ausübte, mußte sehr sparsam wirtschaften.<br />
Die Herberge-seit April 1892 Mitglied im Niedersächsischen Herbergsverband 17) - wurde<br />
vom Zeitpunkt der Eröffnung an von den wandernden Handwerkern und Arbeitern stark<br />
frequentiert. "Die Naturalverpflegungsstation wurde vom 5. Januar bis 1. Februar 1892<br />
von 5950 Fremden in Anspruch genommen. Außerdem wurde die Herberge von 207 Handwerkern,<br />
welche daselbst nur übernachteten, besucht. Ferner ist in letzter Zeit ein gut eingerichtetes<br />
Hospiz errichtet, welches aus vier Zimmern besteht und gute Betten a 1 Mark<br />
zur Verfügung stellt. Durch den Arbeitsnachweis der Herberge zur Heimat haben bis jetzt<br />
schon 40 junge Leute Stellung erhalten"18).<br />
Ohwohl mehrfach der Versuch unternommen wurde, der Herberge die Gäste zu entziehen<br />
und anderen Wirtschaften zuzuführen, stieg die Zahl derjenigen, die das Haus in der Brauergildenstraße<br />
in Anspruch nahmen, ständig. Im Jahre 1894 wurden hier 12466 Personen<br />
(das entspricht einem Tagesdurchschnitt von ungefähr 34 Personen) beherbergt und verpflegt<br />
19). 7175 von ihnen waren eigentliche Herbergsgäste, während die übrigen in der<br />
vom Kreiscommunalverband unterhaltenen und mit der Herherge verbundenen Naturalverpflegungsstation<br />
Aufnahme fanden. Etlichen Besuchern der Herberge konnte durch<br />
den hier eingerichteten Arbeitsnachweis ein fester Arbeitsplatz vermittelt werden.<br />
15) <strong>Braunschweig</strong>er Landeszeitung vom 7. Januar 1892.<br />
16) Nds StA Wf 127 Neu Nr. 3179<br />
17) Ebd.<br />
18) <strong>Braunschweig</strong>er Landeszeitung vom 19. Februar 1892.<br />
19) Nds StAWf 127 Neu Nr. 3179.<br />
152<br />
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Durch die starke Inanspruchnahme mußten 1895 mit Hilfe von Zuschüssen des Herzoglichen<br />
<strong>Braunschweig</strong>isch-Lüneburgischen Staatsministeriums und des Kreises ein Anbau errichtet,<br />
Wirtschaftsräume erstellt und die Küche verlegt werden. Die Zuschüsse waren erforderlich,<br />
weil die Herberge - jeder Besucher zahlte pro Tag für Übernachtung und Essen<br />
60 Pfennige - keinen Gewinn erwirtschaften konnte 2U).<br />
Die erwähnte Naturalverpflegungsstation wurde 1898 durch Beschluß der Kreisversammlung<br />
aufgehoben, da das vorher über Norddeutschland gezogene Netz der Stationen für die<br />
Verpflegung der wandernden Handwerksgesellen und Arbeiter schon vielfach durchbrochen<br />
war und so seinen Zweck nicht mehr erfüllte. Für die Herberge zur Heimat fielen<br />
damit Einkünfte fort, und die Wolfenbütteler Stadtverordnetenversammlung beschloß im<br />
gleichen Jahr, aus städtischen Mitteln einen jährlichen Betrag von 200 Mark für die Unterkunft<br />
mittelloser Reisender zu gewähren 21 ).<br />
Im März 1907 besuchte der Schriftführer des Niedersächsischen Herbergsverbandes, Pastor<br />
Lemmermann aus Hannover, die Herberge zur Heimat in Wolfenbüttel. Er berichtete:<br />
"Die Herberge ist in einem durchaus guten Zustand, sauber und rein gehalten. Besonders<br />
wohltuend ist mir aufgefallen, daß eine Badeeinrichtung für die Sauberkeit der Gäste sorgt<br />
und daß für die geistliche Versorgung derselben sonntägliche Herbergsgottesdienste durch<br />
die Kandidaten des Predigerseminars gehalten werden. Damit steht Wolfenbüttel vorbildlich<br />
für unsere Herbergen im Niedersächsischen Herbergsverband da"22).<br />
Den Hausvater Rohlfs schilderte er als gewissenhaften und geschickten Menschen. Bemängelt<br />
wurde der Zustand der Betten, auf den auch das Vorstandsmitglied Kaufmann Pommer<br />
in einem Schreiben an den Vorsitzenden, Kreisdirektor Krüger, hinwies: "Die Betten<br />
in der Herberge sind, trotz des etwa vor Jahresfrist erfolgten tei/weisen Ersatzes in einem<br />
Zustand, der es uns fast unmöglich macht, überhaupt noch bessere Durchreisende bei uns<br />
aufzunehmen. Erschwert wird dieser Umstand noch dadurch, daß die immer mehr entstehenden<br />
sozialdemokratischen Herbergen für weniger Geld bedeutend mehr bieten als es uns,<br />
bei unseren ohnehin bescheidenen Räumen, möglich ist. Wir erlauben uns, die vorläufige<br />
Anschaffung von etwa zehn neuen compl. Belfen in guter Qualität vorzuschlagen. Ein ausreichender<br />
Ersatz an Küchen- und Bettwäsche ist unumgänglich nötig. Um das äußere Ansehen<br />
unseres Herbergshauses zu heben, müßten sämtliche Fenster neu gestrichen werden"23).<br />
Das Schlafgeld betrug zu dieser Zeit (1906) für Federbetten zwischen 25 und 50 Pfennigen<br />
und für Strohsäcke 15 und 20 Pfennig. Ein Mittagessen (Suppe, Fleisch, Gemüse, Kartoffeln)<br />
kostete 45 Pfennig (ohne Suppe 35 Pfennig), Kartoffeln und Gemüse 20 Pfennig. Eine<br />
Portion Pellkartoffeln konnte man für 10 Pfennig kaufen, mit Hering kosteten sie das Doppelte,<br />
ebenso mit Butter, Schmalz oder Speck und Zwiebeln. Die große Portion Bratkartoffeln<br />
erhielt man für 15, die kleine für 10 Pfennig. Die bezahlte man auch für eine Flasche<br />
20) Ebd.<br />
21) Ebd.<br />
22) Ebd.<br />
23) Ebd. 34 N Fb. 5 NT. 441.<br />
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Selters oder Apfelquell, für ein Glas Lagerbier, für einen Becher Tee oder Milch; Kaffee<br />
kostete fünf Pfennig mehr. Zigarren gab es zu fünf oder sechs Pfennig, eine Zigarette für<br />
einen Pfennig.<br />
Der Kreisdirektor Vogeler wurde von seinem Amtsnachfolger Krüger auch als Vorsitzender<br />
der milden Stiftung Herberge zur Heimat abgelöst. Sein Nachfolger im Amt des Kreisdirektors,<br />
Floto, schlug vor, aus seiner Erfahrung als Vorsitzender des Stadtmagistrats,<br />
daß es für die Stiftung, die mit dem Kreis nur in loser Verbindung stand, vorteilhafter wäre,<br />
wenn das Amt des Vorsitzenden auf den Magistratsvorsitzenden überginge. Auf der Vorstandssitzung<br />
am 7. Mai 1918 wurde Bürgermeister Eyfarth zum Mitglied und Vorsitzenden<br />
ernann(2 5 ). Die Führung der Kassengeschäfte ging vom Rendanten der Kreiskommunalkasse<br />
über auf den Stadtsekretär Parbst.<br />
In der Anfangszeit des Ersten Weltkrieges wurde die Herberge in der Brauergildenstraße<br />
stark in Anspruch genommen, da die Arbeitsmöglichkeiten zurückgingen. Später wohnten<br />
hier vielfach Arbeiter, die in Wolfenbütteler Betrieben, vor allem in denen der Kriegsindustrie,<br />
eine Beschäftigung gefunden hatten, aber in der Stadt keinen dauernden Wohnsitz<br />
gründen wollten oder konnten. Vielen bedürftigen Kindern war die Herberge zur Heimat<br />
während der Kriegsjahre täglicher Anlaufpunkt. Erhielten sie doch hier in dem oberen<br />
Saal an allen Wochentagen warmes Mittagessen im allgemeinen gegen eine Zahlung von<br />
10 Pfennig pro Mahlzeit. Die Kosten für die Zubereitung des Essens übernahm die Stadt<br />
mit Hilfe von wohltätigen Stiftungen einzelner Mitbürger. Die allgemeinen Unkosten wie<br />
Erhaltung des Hauses, Beleuchtung, Reinigung usw. gingen zum größten Teil zu Lasten<br />
der Herberge. Sie arbeitete während der Kriegsjahre mit Verlust, der sich auf ca. 5500<br />
Mark belief. Dies war dadurch ermöglicht worden, daß der zuständige Kassengeschäftsführer<br />
g\cichzeitig die Kasse des Roten Kreuzes bei der Kreisdirektion verwaltete und eine<br />
Trennung der Gelder beider Einrichtungen nur buchmäßig und nicht tatsächlich vornahm.<br />
Die Mehrausgabe der Herberge zur Heimat fehlte in der Kasse des Roten Kreuzes, dem<br />
der Fehlbetrag rückerstattet wurde. Ein Drittel übernahm die Stadt Wolfenbüttel, ein Drittel<br />
der Kreis und ein Drittel der Freistaat <strong>Braunschweig</strong> 26 ).<br />
Die erste Vorstandssitzung der Nachkriegszeit fand am 11. Juni 1919 statt 27 ). Im Wolfenbütteler<br />
Rathaus trafen sich der Stiftungvorsitzende Bürgermeister Eyfarth, Propst Beste,<br />
Pastor Zieg\cr, Kaufmann Pommer und Kreiszimmermeister Rohde. Neu in den Vorstand<br />
hineingewählt wurde der Malermeister Kindervater. Zur Besserung der finanziellen Lage<br />
der Stiftung beschloß der Vorstand, die Preise um zehn Prozent zu erhöhen. Die Mehreinnahme<br />
wurde dazu verwendet, die Bezüge des Hausvaters Rohlfs auf eine nur angemessene<br />
Höhe zu bringen. Im Vorfeld der Sitzung schrieb Pastor Ziegler an seine Vorstandskollegen:<br />
"Wir können es nicht verantworten, den Mann mit einer so erbärmlichen Bezahlung<br />
abzufinden, daß diese überhaupt keinen Vergleich findet. Ich weiß, daß der Hausvater von<br />
24) Ebd. 127 Neu Nr. 3179. Auch die folgenden Preise sind hier entnommen.<br />
25) Ebd. 34 N Fb. 5 Nr. 441.<br />
26) Ebd.<br />
27) Ebd.<br />
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seinen Angehörigen beständig unterstützt werden muß und daß bei ihm bittere Not herrscht.<br />
Er ist zu bescheiden, zu fordern '(28).<br />
Die Herberge zur Heimat litt weiter unter Geldmangel, war auf Zuschüsse von Stadt, Land<br />
und des Evangelischen Vereins angewiesen. Am 20. Januar 1921 unterzog Bürgermeister<br />
Eyfarth das Gebäude einer eingehenden Besichtigung und berichtete dem Vorstand: "Da<br />
einige Dachstellen bei Regen durchaus nicht dichthalten, ist sofort die Zuziehung eines Dachdeckers<br />
angeordnet. Es muß dann zunächst der sogenannte Saal wieder für Versammlungszwecke<br />
in den Stand gesetzt werden und ferner der von der Kriegskinderküche als Küche<br />
benutzte Raum. Beides wird vielleicht aus Mitteln der Kriegsspende bestritten werden können,<br />
da durch die Kriegsmaßnahmen diese Räume übermäßig abgenutzt sind. Im allgemeinen<br />
entspricht Haus und Einrichtung nicht den heutigen Bedürfnissen. Es müßte manches<br />
erneuert, bzw. gebessert und neuzeitlich hergestellt werden. Dazu würden aber Mittel gehören,<br />
die zur Zeit nicht beschafft werden können'(29).<br />
Der wiederhergestellte Saal wurde 1921 zweimal die Woche an den Guttemplerorden vermietet,<br />
und im Dezember des gleichen Jahres mietete die Ortsgruppe Wolfenbüttel des<br />
Verbandes für deutsche Jugendherbergen das neben dem Saal gelegene Eckzimmer im<br />
ersten Stock an. Später (1924/25) wurde der Saal auch vorübergehend von den Naturfreunden<br />
und von der Sozialistischen Arbeiterjugend genutzt.<br />
Ab 1. Dezember 1922 wurde der Versammlungsraum für jeden ersten Werktag im Monat<br />
und für den 29. eines Monats oder, wenn dies ein Sonn- oder Feiertag war, für den 28. des<br />
Monats von 8 bis 16 Uhr an das Wolfenbütteler Postamt zur Auszahlung der Bezüge an die<br />
Rentenempfänger verpachtet. Bis zum 30. April 1927 erhielten die Rentner in der Brauergildenstraße<br />
ihre Bezüge und dann noch einmal von Oktober 1929 bis Oktober 1931. Für<br />
die Zwischenzeit und danach gelang es der Post, jeweils einen zu ebener Erde gelegenen<br />
Zahlraum anzumieten, der es den vielen körperlich schwachen Rentenempfängern erleichterte,<br />
ihr Geld abzuholen.<br />
"Durch Unterstützung seitens des hiesigen Kreises, der hiesigen Stadt und gemeinnütziger<br />
Vereine hat der Betrieb bisher aufrechterhalten werden können. Mit großen Sorgen sehen wir<br />
aber dem Winter entgegen. Zur Beschaffung der Winterkartoffeln und Heizstoffe stehen uns<br />
die nötigen Mittel nicht zur Verfügung. Die Einkünfte aus dem Wirtschaftsbetrieb decken<br />
kaum die täglich zu machenden Ausgaben "30), heißt es in einem Schreiben der Herberge<br />
zur Heimat an das Braunsehweigische Staatsministerium des Innern vom 6. September<br />
1922.<br />
Das Staatsministerium half mit einem Zuschuß von SOOO Mark. Hilfe kam auch aus der<br />
Bevölkerung. Landwirte aus dem Kreis Wolfenbüttel überließen der Herberge zur Heimat<br />
eine größere Menge Kartoffeln. Die Inflationszeit schlug sich auch in der Preisliste der<br />
Herberge nieder. So betrug das Sehlafgeld im Juni 1923 zwischen 200 und 700 Mark, und<br />
2M) Ebd.<br />
29) Ebd.<br />
30) Ebd.<br />
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155
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eine Flasche Limonade kostete 450 Mark 3!). Zum 1. Oktober 1923 wurde- durch die ständige<br />
Geldentwertung bedingt - der Mietvertrag mit der Post geändert. Die jedmalige Benutzung<br />
der Räume betrug die Gebühr für einen Inlandsfernbricf bis 20 Gramm. In den<br />
Folgejahren der Weimarer Republik gelang es der Herberge, sich zu sanieren und in der<br />
Halchterschen Feldmark etwas Land vom Rittergutsbesitzer Wätjen zu erwerben. Durch<br />
die zunehmende Arbeitslosigkeit zu Beginn der dreißiger Jahre stiegen die Übernachtungszahlen<br />
wieder an, aber was nutzte das schon, wenn die meisten Wanderer mittellos waren<br />
32).<br />
Nachdem auch in Wolfenbüttel die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten und<br />
den Bürgermeister stellten, wurde dieser auf der Vorstandssitzung der milden Stiftung<br />
Herberge zur Heimat am 28. Juli 1934 zum Vorsitzenden gewählt 33 ). In seinem Schreiben<br />
vom 2. Juli 1934 bedankte sich Bürgermeister Ramien bei seinem Parteigenossen Rohlfs<br />
und dessen Ehefrau für die mustergültige Verwaltung der Herberge, um dann fortzufahren:<br />
"Ich habe mich gefreut, zu hören, daß Sie im Hause aufZucht und Ordnung halten, daß<br />
Sie die Besucher gebührend zur Ordnung anhalten und für gute Beschaffenheit und Erhaltung<br />
des gesamten Inventars seit jeher bemüht gewesen sind. Mit den besten Grüßen und Heil<br />
Hitfer" 34).<br />
Sparsamkeit wurde auch weiterhin von der Verwaltung geübt und die Bewohner der Herberge,<br />
die sich dort länger aufhielten, zur Arbeit auf der erworbenen Landfläche in der<br />
Halchterschen Feldmark angehalten. So war eine gewisse Selbstversorgung gewährleistet.<br />
Allerdings wurde die Herberge zur Heimat auch weiterhin unterstützt von der Inneren<br />
Mission finanziell und vom Winterhilfswerk des Deutschen Volkes auch mit Naturalien.<br />
Von dieser Einrichtung erhielt sie z. B. im Winter 1935/360,35 Zentner Roggenmehl, fünf<br />
Zentner Gemüse, 0,2 Zentner Fleischwaren und 0,12 Zentner Obst 35 ).<br />
Ein Nachlassen in der Inanspruchnahme der Herberge zur Heimat war auch in den ersten<br />
Jahren des sogenannten Dritten Reiches nicht festzustellen. 1936 wurden etwa 900 Übernachtungen<br />
im Monat gezählt. Von den Übernachtenden waren etwa zwei Drittel obdachund<br />
mittellos, ein Drittel zahlte selbst - pro Nacht zwischen 30 und 60 Pfennig, je nach Art<br />
der Unterkunft. Für die Obdachlosen, die außer Nachtquartier auch ein Abendessen und<br />
ein Frühstück erhielten, wurden die Kosten vom Wohlfahrtsamt und sonstigen Behörden,<br />
z. B. den Innungen ühernommen 36 ).<br />
Im Interesse des Arbeitseinsatzes wurden die Hausväter der Herbergen im Januar 1937<br />
ersucht, nur solche Wandernden aufzunehmen, die durch Vermerk im Wanderbuch oder<br />
dergleichen nachweisen konnten, daß sie sich laufend - mindestens einmal wöchentlich-<br />
31) Ebd.<br />
32) Ebd. Nr. 442.<br />
33) Ebd.<br />
34) Ebd.<br />
35) Ebd.<br />
36) Ebd.<br />
156<br />
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bei den Arbeitsämtern um die Zuweisung einer Stelle bemüht hatten. Es wurde den Hausvätern<br />
zur Pflicht gemacht, Personen, die sich durch Weiterwandern der Vermittlung in<br />
Arbeit zu entziehen suchten, sofort aus der Herberge auszuweisen. Nach längerer Erkrankung<br />
starb Hausvater Alexander Rohlfs am 22. Juli 1938. Aus finanziellen Gründen wurde<br />
kein neuer Diakon eingestellt. Frau Klara Rohlfs übernahm die Verwaltung der Herberge<br />
bis zum 31. März 1939 37 ).<br />
Zu dieser Zeit hielten sich hier etwa 30 Personen auf, die keine Wohnung besaßen und auch<br />
nicht in der Lage waren, eine Mietwohnung zu bezahlen. Es handelte sich um Wanderer,<br />
die in Wolfenbüttel hängengeblieben waren und ihren Lebensunterhalt durch Arbeit, teilweise<br />
durch Gelegenheitsarbeit, verdienten. Zum anderen Teil waren es alte Invaliden, die<br />
allein standen und von ihrer geringen Rente lebten. Dieser Personenkreis legte hauptsächlich<br />
Wert auf Unterbringung und Schlafgelegenheit. Die Zahl der Wanderer, die sich vorübergehend<br />
in der Herberge aufhielt, war auf fünf pro Tag herabgesunken. Ferner wurden<br />
von der Polizei behörde sehr oft Jugendliche in das Gebäude in der Brauergildenstraße in<br />
polizeiliche Verwahrung gegeben, da sie nicht in Haftzellen untergebracht werden durften.<br />
Auch obdachlose Familien wurden von der Polizei in die Herberge zur Heimat eingewiesen<br />
- meistens Auslandsdeutsche und Personen, die durch die Errichtung der Hermann-Göring-Werke<br />
angelockt, in das Industrieaufbaugebiet kamen.<br />
Diese neue Belegungssituation - im Gegensatz zu der Zeit, als hauptsächlich Wanderer die<br />
Herberge zur Heimat aufsuchten - veranlaßten den Vorstand, zum 1. März 1939 eine Umstellung<br />
in der Gewährung von Verpflegung zu beschließen. "Früher mußte zahlreichen,<br />
auf Arbeitssuche befindlichen minderbemittelten Volksgenossen",schrieb der Vorstandsvorsitzende<br />
Ramien an Frau Rohlfs im Februar 1939, "Obdach und Kost möglichst billig,<br />
gut und reichlich verabreicht werden, heute stehen die in der Herberge wohnenden Volksgenossen<br />
fast alle in Arbeit. Aus diesem Grund kann es nicht mehr verantwortet werden, daß<br />
ihnen auf Kosten der Allgemeinheit noch billige Verpflegung verabreicht wird. In Zukunft<br />
soll diesen Volksgenossen nur noch Unterkunft gewährt werden. Sie wollen die Abgabe von<br />
Verpflegung daher mit dem 1. März 1939 einstellen. Abgabe von Morgenkaffee eventuell auf<br />
eigene Rechnung"38). Durch diese Umstellung bedingt, wurde der Stütze und dem Hausmädchen<br />
zum 1. April gekündigt. Frau Rohlfs hörte zu diesem Zeitpunkt ebenfalls auf. Ein<br />
Hausverwalter wurde eingestellt. Zu seinen Aufgaben gehörte: das Haus zu verwalten, für<br />
die Reinigung sämtlicher Räume des Grundstücks zu sorgen, die Betten der Mieter täglich<br />
zu lüften und herzurichten, die Bettwäsche zu waschen, den Aufenthaltsraum an kalten<br />
Tagen zu heizen und die Jugendherberge in gleicher Weise mitzuversorgen 39 ). Ferner<br />
mußte der Hausverwalter die der Herberge zugewiesenen Obdachlosen und Jugendlichen<br />
unterbringen und verpflegen. Seine Vergütung betrug monatlich 156 Reichsmark (dazu<br />
freie Wohnung und freies Licht); vier Reichsmark erhielt er für die Heizung der Räume<br />
und zehn Reichsmark für kleinere Ausgaben, z. B. Reinigungsmaterial.<br />
37) Ebd. Nr. 443.<br />
38) Ebd.<br />
39) Ebd.<br />
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In den letzten Kriegsjahren wurden in die Räume der Herberge zur Heimat Dauermieter<br />
eingewiesen. Sie verringerten die Kapazität an Sehlafplätzen, die in den ersten Naehkriegsjahren,<br />
als viele Menschen in Deutschland unterwegs waren - auf der Suche nach Arbeit<br />
und Angehörigen - wieder stark begehrt waren. Das Haus in der Brauergildenstraße war<br />
Nacht für Nacht überbelegt. Viele Gäste mußten auf der Erde schlafen. Die Unterbringung<br />
von weiblichen Personen war nur bedingt möglich. Die Räume, die von ihnen benutzt wurden,<br />
bedurften der ständigen Überwachung. Sehr viele Obdachlose kamen aus <strong>Braunschweig</strong>,<br />
weil sie dort keine Unterkunft mehr finden konnten oder nicht im Bunker schlafen<br />
wollten.<br />
In einem Schreiben an den Niedersächsischen Herbergsverband vom 26. November 1947<br />
machte die Wolfenbütteler Stiftung noch einmal deutlich, daß Schwarzhändlern, soweit sie<br />
als solche erkennbar, die Übernachtung verweigert würde und in den Räumen der Herberge<br />
jeder Handel verboten wäre. Abgewiesen würden auch "mit Ungeziefer und anstekkenden<br />
Krankheiten behaftete Aufnahmesuchende" und Betrunkene, "weil uns die notwendigste<br />
Bettwäsche fehlt und der Zweck der Herberge ein anderer ist, als Asoziale unterzubringen<br />
"40).<br />
Bedingt durch den wirtschaftlichen Aufschwung in der Bundesrepublik ging die Besucherzahl<br />
in der Herberge zur Heimat zurück. Es gab keine Wanderburschen mehr, die Tippelbrüder<br />
schienen auszusterben und die Herberge hatte kaum noch Gäste, bis auf einige<br />
Grenzgänger, Invaliden und Kriegsversehrte. Höchstens zehn Übernachtungen, wo 40 ein<br />
Unterkommen finden konnten. Die monatlichen Einnahmen aus Schlafgeldern deckten<br />
seit der Währungsreform nicht mehr die Ausgaben 41 ). Der laufende Betrieb konnte nur<br />
noch durch Zuschüsse aufrechterhalten werden. Mittel für die bauliche Unterhaltung fehlten,<br />
und so mußte Dr. Andrae vom Niedersächsischen Herbergsverband bei einer Besichtigung<br />
im Februar 1951 feststellen: ,,Außen scheint das Haus in Ordnung zu sein, der Einbau<br />
von zwei Läden hat den Eindruck gehoben. Beim Betreten fällt nach wie vor das alte große<br />
raumverbrauchende Treppenhaus auf. pie eigentliche Herberge ist im 1. und ll. Obergeschoß.<br />
Im I. Obergeschoß ist ein großer Saal mit zwölf Einzelbetten und zwei Nebenzimmer<br />
mit sechs Beuen. Diese Räume sind zwar ungemütlich, aber in Ordnung. Die Belegung mit<br />
Betten ist sehr weit. Nicht alle Betten sind benutzt. Der Herbergsverein nimmt jetzt für die<br />
Übernachtung je Bett DM 1,-, statt bisher DM -,50. Vom /. zum ll. Obergeschoßführteine<br />
sehr steile, verfallene, fast gefährliche Holztreppe. Im ll. Obergeschoß sieht es sehr traurig<br />
aus, der Raum ist nicht entfernt ausgenutzt, im ganzen ist er nur mit acht Betten belegt. Räume<br />
und Betten sind gänzlich ungepflegt, einige Bette starren vor Schmutz. Ich habe in den letzten<br />
beiden Jahren noch kaum ein ähnlich trostloses Bild gesehen "42).<br />
Doch bereits vorher hatte sich der Stiftungsvorstand (ihm gehörten an: Stadtdirektor Mull,<br />
die Pastoren Schrader und Schütze, Malermeister Heinemann, Klempnermeister Goltsche<br />
4ü) Ebd.<br />
41) <strong>Braunschweig</strong>er Presse vom 25. August 1951.<br />
42) Nds StA Wf 34 N Fb. 5 Nr. 444.<br />
158<br />
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und Kreiszimmermeister Rohde) Gedanken um eine wirtschaftliche Nutzung der Herberge<br />
zur Heimat gemacht 43 ). Ein Altersheim, ein Wohnheim für ledige Berufstätige, ein Hospiz<br />
sowie eine Jugendherberge mit Jugendheim standen zur Debatte. Die ersten beiden Vorstellungen<br />
wurden aus Rentabilitätsgründen verworfen, gegen eine Verlegung der Jugendherberge<br />
und des Jugendheimes aus dem Schloß sprachen sich die WolfenbütlcIer Jugendverbände<br />
aus. So sollte dann in der Brauergildenstraße ein Hospiz - eine christliche Herberge<br />
- eingerichtet werden. Der Vorstand der Stiftung vertrat die Ansicht, daß bei den<br />
knappen Übernachtungsmöglichkeiten in Wolfenbüttcl ein solches Heim auf zwar gehobener<br />
und doch bescheidener Grundlage mit niedrigen Preisen am ehesten Aussicht hätte,<br />
sich selbst unterhalten zu können.<br />
Nach Abschluß der Umbauarbeiten zeigte sich, daß das neu erstandene Haus, bedingt<br />
durch seine außerordentlich verkehrsgünstige Lage, mit den neu eingerichteten Räumen<br />
sowie auch durch sein neues Äußeres nicht gut für ein Hospiz geeignet wäre. Auch würde<br />
das Haus nicht so rentabel zu nutzen sein, so die Auffassung des Stiftungsvorstandes im<br />
Juni 1952 44 ), wie gerade hier, im Brennpunkt des Verkehrs, ein Hotel. Der Stadt WoIfenbüttel,<br />
der an einer Belebung des Verkehrs und der Wirtschaft sehr gelegen war, mangelte<br />
es sehr an dem für die Fremdenwerbung unerläßlichen Hotelraum. Auch sie hatte daher<br />
ein Interesse, daß sich der Herbergsverkehr von der Mitte der Stadt mehr nach außen verlagerte<br />
und wünschte, daß die Stiftung das Haus als Hotel verpachtete.<br />
Die Änderung der Zweckbestimmung des Hauses hatte zur Folge, daß die Darlehen und<br />
Zuschüsse, die für die Einrichtung eines Hospiz gewährt worden waren, zurückgezahlt<br />
werden mußten. Dies geschah mit Eigcnmittcln der Stiftung - im Juli 1952 wurde das stiftungseigene<br />
Landgrundstück verkauft -, des Pächters und durch den, dem Pächter von<br />
einer Brauerei zugestandenen Kredit 45). Aus der Herberge zur Heimat war zwar ein Hotel<br />
geworden, doch hatte die Einrichtung immer noch einen Stiftungszweck. Dieser mußte<br />
modifiziert werden, denn die Zeit der Wandergesellen war endgültig vorüber.<br />
Im März 1949 hatte sich in Wolfenbüttel auf Initiative von Oberstudiendirektor Dr. Künkel<br />
und Studienrat Karguth ein Verein "Jugendwohnheim am Blauen Stein e. V." gegründet<br />
46 ). Hier, auf dem ehemaligen Gelände der Kriegsmarine, sollte Jugendlichen, die<br />
durch die Kriegsereignisse ihr Zuhause verloren hatten, eine neue Heimat gegeben werden.<br />
In mehreren gemeinsamen Sitzungen der Vorstände der milden Stifung Herberge zur<br />
Heimat und des Vereins "Jugendwohnheim am Blauen Stein e. V." im Herbst und Winter<br />
1952/53 wurden Fragen des Zusammenschlusses erörtert, eine neue Satzung erarbeitet und<br />
43) <strong>Braunschweig</strong>er Zeitung, <strong>Braunschweig</strong>er Presse und Wolfenbütteler Zeitung, jeweils vom 10.<br />
Februar 1951.<br />
44) Nds. StAWf34 N Fb. 51\r. 444.<br />
45) Ebd.<br />
46) Akten über die Arbeit des Vereins befinden sich im Archiv der Wolfenbutteler Heimatstiftung.<br />
47) Griindungsprotokoll und Satzung befinden sich ebenfalls im Archiv der Wolfenbütteler Heimatstiftung.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
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über einen neuen Namen debattiert. Im April 1953, ein halbes Jahr nach der Eröffnung des<br />
Hotels "Gildehaus" , ging die milde Stiftung Herberge zur Heimat gemeinsam mit dem<br />
Verein "Jugendwohnheim am Blauen Stein e. V." in die "Wolfenbütteler Heimatstiftung"<br />
über.<br />
160<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
Allgemeines, Landeskunde<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Bibliographie zur<br />
braunschweigischen Landesgeschichte 1991<br />
(mit Nachträgen)<br />
Bearbeitet von<br />
Ewa Warmuth<br />
1. Nicdcrsächsische Landesbibliothek. Niedersächsische Bibliographie. Bearb. von Siegfried<br />
Hübner. Bd. 7: Berichtsjahre 1985-1987. T. 1-3. (Hannover: Nieders. Landesbib!.) Hildesheim:<br />
Lax in Komm. 1991. XLI, 1831 S.<br />
[1. Allgemeines. Natur, Gesellschaft, Politik, Recht u. Verwaltung, Wirtschaft. -2. Kulrur, Künste, Religion, Geschichte, Geographie,<br />
Einzelne Orte u. Landschaften, Biographien. - 3. Verfasserregister, Schlagwortregister.1<br />
2. Museumsführer Niedersachsen und Bremen. Im Auftrage des Museumsverbandes für Niedersachsen<br />
und Bremen e. V. bearb. v. Hans Lochmann. 5. erw., überarb. Aufl. Bremen 1991.<br />
492S.,Abb.<br />
IDarin: <strong>Braunschweig</strong> S. 64-85; Wolfenbütrel S. 449-453.1<br />
3. Literatur über Flora und Vegetation im südöstlichen Niedersachsen. (Zus. gest. v. Detlef<br />
Griese unter Mitarb. v. Ruth Becher ... ) <strong>Braunschweig</strong>: Universitätsbibliothek. 1990. 770S.<br />
(Veröffentlichungen der Universitätsbibliothek <strong>Braunschweig</strong>. H. 6.)<br />
4. Wellner, Axel: Die Harzreise des fränkischen Theologen K. L. F. Bauer im Jahr 1785 . In: Allgern. Harz-Berg-Ka!. 1992. [1991.) S. 112-119, Abb.<br />
5. Webe r, Jörg: Vor- und frühgeschichtIiche Bodenfunde aus Querum, Beiträge zur Besiedlungsentwicklung<br />
der Gemarkung in den Grenzen vom 1. 3. 1934. In: Braunschw. Heimat. Jg. (76:<br />
1990.1991. S. 7-109, 40 Abb., 22 Taf.<br />
6. Harzreisen. Wander- und Reiseführer Ost harz. Hrsg.: Andreas Linderneier. Hannover:<br />
Landbuch Ver!. 1991. 240 S., Abb. Kt.<br />
7. Sch mid t, KIaus-Jürgen: Das Dreiländereck "SchwangereJungfer" bei Zorge. In: Unser Harz.<br />
Jg. 391991. S. 85-89, 4 Abb.<br />
8. Li Ige, Andreas: Burgherren und Mönche besiedelten das Stadtoldendorfer Becken. Am Rande<br />
d. Sollings. Wanderung vom Holzberg bis Schorborn. In: Niedersachsen. Jg. 91. 1991. S. 20-22,<br />
4Abb.<br />
9. Es stellt sich vor: Die <strong>Braunschweig</strong>ische Landschaft. Der kulturellen Arbeit verpflichtet. In:<br />
Niedersachsen. Jg. 91. 1991. S. 64-65.<br />
10. Deutsche Landschaften. Harz. 1:100000. Hrsg. v. geographisch-kartographischen Anstalt Gotha.<br />
1991.<br />
[Darin: Der Harz- ein Gebirge im Herzen Deutschlands; Der Harz in Stichworten; Harzer Ortslexikon.]<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
161
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
11. Wege n er, Willi: Das Selketal. (Wander- u. Reiseziele im Ostharz.) In: Unser Harz. Jg. 39.<br />
1991. S. 3-8, Abb.<br />
12. Falland, Christian: Ruinen in Silbernaal. Ein Spaziergang in die Vergangenheit. In: Allgern.<br />
Harz-Berg-Kal. 1991. [1990]. S. 34-38, 4 Abb.<br />
13. Prell, Martin: Die Rennwege im Kyffhäuser mit einem Exkurs über die Rennstiege und Fastwege<br />
im Harz. In: Jschr. mitteldt. Vorgesch. 74.1991. Saale. S. 289-299.<br />
!Verfasser wertete u. a. Archivalien d Nds. Staatsarchivs Wolfenhüttel aus.]<br />
14. Heege, Andreas, Tanya Uldin: Das Geheimnis der großen Steine. Ergebnisse der Ausgrabung<br />
des jungsteinzeitlichen Kollektivgrabens 11 von Moringen-Großenrode. In: Sollinger Heimatblätter.<br />
2. 1991. S. 9-18, 8 Abb.<br />
15. Born e man n, Manfred: AufWildererspuren im Harz. Wahre Begebenheiten aus 2. Jahrh. nach<br />
Stammtischgeschichten u. alten Berichten. Aufgeschr. u. nacherz. Clausthal-Zellerfeld: Pieper.<br />
(1991.) 230 S., Abb.<br />
16. Pilger, Andreas: Die nordischen Gletscher am norwestlichen Harzrand und ihre Stauseen. Mit<br />
Beiträgen v. P. Mocha, B. Petzold und A. Rösler. Köln: v. Loga 1991. 159S., Abb. (Clausthalcr<br />
Geologische Abhandlungen. 48.)<br />
17. Landkreis Helmstedt. Regionales Raumordnungsprogramm 1991. Helmstedt: Landkreis Helmstedt<br />
(1991).168 S., 1 Kt.<br />
18. Rosenlöscher, Thomas: Die Wiederentdeckung des Gehens beim Wandern. Harzreise.<br />
(Frankfurt am Main:) Surhkamp (1991). 89 S.<br />
19. Gynz-Re kowski, Georg von: Brocken. Historie. Heimat. Humor. (Die grüne Reihe). Hrsg.<br />
von Uwe Gerig. Königstein 1991,270 S., Abb.<br />
20. Kortzfleiseh, A. v.: 15. September 1991: Die Brockenbahn fährt wieder! Gedanken zur Inbetriebnahme.<br />
In: Unser Harz. Jg. 39, 1991. S. 197, Abb.<br />
21. Roeder. Wolfgang: Der Brocken - ein wahrer Teufelsberg! In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1991.<br />
[1990.] S. 24-26, Abb.<br />
Allgemeine Geschichte in zeitlicher Reihenfolge<br />
22. Ur- und Frühgeschichte in Niedersachsen. Hrsg. von Hans-Jilrgen Haßler. Mit Beiträgen von<br />
... (Stuttgart:) Theiss (1991.) 592 S., 345 Abb.<br />
[<strong>Braunschweig</strong>er Bezuge s. Ortsregisler.)<br />
23. Heege, Andreas: Bericht über die Ausgrabungstätigkeit desSeminars f. Ur- und Frühgeschichte<br />
der Universität Göttingen 1989/90. In: Nachrichten aus ]'I;iedersachsens Urgeschichte<br />
[NNU]. Bd. 60. 1991. S. 251-252.<br />
IRegierungsbezirk <strong>Braunschweig</strong>: S. 251-252.1<br />
24. Metzler, Alf: Bericht über die Ausgrabungstätigkeit d. Archäologischen Denkmalpflege im<br />
:-Ids. Lamlesverwaltungsamt-Institut f. DenkmalpfIege-1990. In: Nachrichten aus Niedersachsens<br />
Urgeschichte [NNU]. Bd. 60. S. 221-230, Ahh.<br />
IRegierungsbezirk <strong>Braunschweig</strong>: S. 221-225.1<br />
25. Te m pe I, Wolf-Dieter: Bericht über die Ausgrabungstätigkeit der kommunalen Archäologen in<br />
Niedersachsen 1990. In: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte [NNU]. Bd. 60. 1991. S.<br />
231-250,1 Abb.<br />
162<br />
[Regierungshezirk <strong>Braunschweig</strong>: S. 231-234.1<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
56. Neu haus, Helmut: Das Ende der Monarchien in Deutschland 1918. In: Historisches Jahrbuch.<br />
Jg. 111. 1991. S. 102-136.<br />
[Verfasser wertete u. 8. ArchIvalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenhuttel aus.]<br />
57. Pollmann, Birgit: Sozialdemokratische Kommunalpolitik in <strong>Braunschweig</strong> 1919-1933. In:<br />
Braunschw. Jb. Bd 72. 1991. S. 165-184.<br />
58. Försterling, Reinhard: Der Landarbeiterstreik in den ehemaligen braunschweigischen Gemeinden<br />
Salzgitters im Sommer 1920. In: Salzgitter-Jahrbuch. Bd 12. 1990. S. 151-158,3 Abb.<br />
59. Klöppe r, RudoIf: Das Peiner Hagenviertel, seine Tante-Emma-Läden um 1927 und sein Funktionswandel<br />
bis heute. In: Peiner Heimatkalender 1992 [1991.] Peine 1991. S. 61-70, Abb.<br />
60. Gutmann, Heinz-Günter: Gifhorn im Zeichen von Blut und Boden. Nationalsozialismus im<br />
Landkreis Gifhorn. <strong>Braunschweig</strong>iGifhorn: TUlLandkreis Gifhorn 1991. 121 S., Abb. (Steibhorster<br />
Schriften und Materialien zur regionalen Schul geschichte v. Heinz Semel. Bd 2.)<br />
61. Gutmann, Heinz-Günter: Gifhorn im Zeichen von Blut und Boden. Nationalsozialismus im<br />
Landkreis Gifhorn. In: Kreiskalender 1992. [1991.] Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S.<br />
109-111, Abb.<br />
62. Kurzer, Ulrich: Konsumgenossenschaften im nationalsozialistischen Deutschland. In: IWK.<br />
Internationale wiss. Korrespondenz zur Geschichte der Deutschen Arbeiterbewegung. Jg. 27.<br />
1991. H. 4. S. 429-453.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wonfclbilttel aus.1<br />
63. Kuessner, Dietrich: Auffällige Härte gegen Fremde. Ehemalige Sonderrichter d. Nazis in d.<br />
(<strong>Braunschweig</strong>er Landes-) Kirche. In: Lutherische Monatshefte. Jg. 30. 1991. S. 198-199.<br />
64. Petersen, Dörthe: Untersuchungen zum Verhältnis von Staatsorganen und katholischer Kirche<br />
im Aufbaugebiet Salzgitter 1937-1945. Zur Problematik einer geordneten Seelsorge. Hildesheim:<br />
Verf. 1991. 290 S. [Masch. sehr. vcrvielf.]<br />
[Verfasser wertete u. s. Archivalien des Nds. Staatsarchives Wolfenbüttel aus.] [Die Arbeit ist vorhanden im l\ds. Staatsarchiv<br />
Wolfenbüttel unter d. Signatur 2· Zg. 288192.1<br />
65. Eckert, Giscla: Die Barackenlager der "Hermann-Göring-Werke" im Salzgitter-Gebiet 1937<br />
bis 1966. <strong>Braunschweig</strong> 1991. 185 gez. BI., 8 ungez. BI., Abb. 4° [Masch.schr. vervielf.]<br />
[nie Arheit ist vorhanden im Nds. Staatsarchiv Wolfcnhüttel unter d. Signatur'r Zg. 215/91.]<br />
66. Weber, Thomas: Feldpostbriefe als Spiegel soldatischen Denkens im Krieg. Eine Untersuchung<br />
deutscher Feldpostbriefe aus dem Zweiten Weltkrieg. Wiss. Hausarbeit zur Erlangung<br />
des akademischen Grades eines Magister Artium der Universität Hamburg. Hamburg 1991. 164<br />
S. [Masch.schr. vervielf.]<br />
[Die Arbeit ist vorhanden im Nds. Staatsarehiv Wolfcnbilttel unter d. Signatur 2" Zg. 255192.1<br />
67. Schlegel, Birgit: Das Schicksal der Häftlinge aus den Konzentrationslagern des südwestlichen<br />
Harzrandes im April 1945. In: Heimatblätter für den süd-westl. Harzrand. H. 47. 1991. S. 2-16,<br />
6Abb.<br />
68. U n ger, Johannes: Der Fall Erna Wazinski. In: Kirche von unten. H. 50. 1991. S. 14-20.<br />
[E. Wazinski wurde am 23. 11. 1944 im Strafgefängnis Wolfenbüttel wegen Plilnderung hingerichteLl<br />
69. Pisch ke, Gudrun: Salzgitter im Rahmen der alliierten Luftoffensiven. In: Salzgitter-Jahrbuch.<br />
Bd 12. 1990. S. 159-185,10 Abb.<br />
70. Schlegel, Birgit: Kriegsende in Südniedersachsen. Vom Schicksal d. KZ-Insassen. In: Südniedersachsen.<br />
Zs. f. Heimatpflege u. Kultur. Jg. 19. 1991. S. 5-9.<br />
71. Machei, Klaus: Dokumentation aus schwerer Zeit. Achim: Verf. 1991. 38 S., Abb.<br />
[Masch.schr. vervielf.]<br />
[Die Arbeit ist vorhanden im Nds. Staatsarchiv WolCenbütlei unter d. Signatur 'Z' Zg. 269192.]<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
165
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
R6. Lent, Dieter: Findbuch zum Bestand Nachlaß des Demokraten Georg Fein sowie<br />
Familie Fein ca. 1772-1924. . Wolfcnbüttel: Nieders. Staatsarchiv<br />
1991. (Veröffentlichungen d. Nds. Archivverwaltung. Inventare und kleinere Schriften d.<br />
Staatsarchivs in Wolfenbüttel. H. 6.)<br />
87. Deutsche Wirtschaftsarchive. Hrsg. im Auftr. d. Gesellschaft f. Unternehmensgeschichte e. V.<br />
von Klara van Eyll, Beate Brüninghaus tu. a.] Bd 3: Bestände von Unternehmen, Unternehmern,<br />
Kammern u. Verbänden d. Wirtschaft in öffentlichen Archiven d. Bundesrepublik<br />
Deutschland. Bearb. von Ulrike Duda. Stuttgart: Steiner 1991. 505 S.<br />
[Register d. Unternehmen, Kammern u. Verbände d. Wirtschaft, Personen- u. Ortsregister S. 429-467; Anfang s. Bibliogr.<br />
1978179, Nr31; 19!ß, Nr45; 1987,I'r42u.1988,Nr39.)<br />
88. Rei tz, Helmut: Welfische Brakteaten. Pfennigprägungen nach lübischem Münzfuß aus der Zeit<br />
Heinrichs des Löwen und seiner Söhne. Bochum: Universitätsverlag Dr. Norbert. 1991. 68 S.<br />
(Kleine Hefte der Münzsammlung an der Ruhr -U niversi tä t Bochum, 14/15.)<br />
89, Welfische Münzprägungen zur Zeit der Harburger Münzstätten 1616-1642. Harburg: Kreissparkasse<br />
1991. 83 S., Abb.<br />
90. Cunz, Reiner: Zum Problem der Andreasmünzen aus dem Harz. In: Niedersächsisches Jahrbuch<br />
für Landesgeschichte. Bd 63.1991. S. 337-343, Abb.<br />
91. Gehrman n, Walter: Münzfunde in der Region Peine. Eine Zusammenfassung der bisher entdeckten<br />
Schätze. (Peine 1991.) 49 S., Abb. (Schriftenreihe des Kreismuseums Peine. 4.)<br />
92. Merl, Günter; Northeimer Geld in Brauch und Geschichte. Northeim: Kreissparkasse 1991.<br />
120 S., 93 Abh.<br />
93. Re c k ewe 11, Roger: Urkunden erzählen oder das Herzoglich <strong>Braunschweig</strong>ische Verdienstzeichen<br />
für Kunst und Wissenschaft und die Reaktion des Professors Erich Körner. In: Der Sammler.<br />
Viertc1jahreszeitschrift für Freunde des bedruckten, bemalten und beschriebenen Papiers,<br />
H. 2.1991. S. 2-3.<br />
94. ReckeweIl, Roger: Das <strong>Braunschweig</strong>er Kriegs (Militär)- Verdienstkreuz. In: Zeitschrift f.<br />
Heereskunde. Jg. 55.1991. S. 115-117.<br />
95. ReckeweIl, Roger: Die <strong>Braunschweig</strong>er Flügeladjutantenuniform vom 1909. In: Zeitschrift f.<br />
Heereskunde. Jg. 54.1990. S. 116-117.<br />
Rechts-, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte<br />
96. He uer, Ernst: Verbrechen und Strafen im ehemaligen Amte Meinersen. - Nach Aufzeichnungen<br />
des Amtsmanns Niemeyer - T. 2. Prozesse des 17. Jahrhunderts. In: Kreiskalender 1992.<br />
[1991.] Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S. 117-120, Abb.<br />
97. Korth, Eekhard: Aus der Geschichte des königlichen Amtsgerichts. In: Kreiskalender 1992.<br />
[1991.] Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S. 81-84, Abb.<br />
98. Sau er, Heiner, Hans-Otto PI urne y e r: Der Salzgitterreport. Die Zentrale Erfassungsstelle berichtet<br />
über Verbrechen im SED-Staat. (Esslingcn, München:) Bechtle (1991). 305 S., 19 ungcz.<br />
BI.<br />
99. Kramer, Helmut: Der Fall Erna Wazinski. Vom Versagen d. Juristen u. d. Christen. In: Kirche<br />
von unten. H. 50.1991. S. 21-26.<br />
100. K uessner, Dietrich: Kein Fall "Walter Lerche" - sondern? In: Kirche von unten. H. 50. 1991.<br />
S.27-30.<br />
[Lerche· 1901, seit 1951 Oberlandeskirchenrat d. Braunschwcigischcn Landeskirche.]<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
167
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
101. Ku essner, Dietrich: Die Todesurteile von Dr. (Walter) Lerche. In: Die Kirche von unten. H.<br />
51. 1991. S. 37-44.<br />
[Dr. Lerche war von 1937 -1945 Landgerichtsdirektor am Landgericht <strong>Braunschweig</strong>. J<br />
102. Nationalsozialistische Justiz und Todesstrafe. Eine Dokumentation zur Gedenkstätte in der Justizvollzugsanstalt<br />
Wolfenbüttel. (Verantwortl. für Inhalt u. Konzeption: Wilfried Knauer.)<br />
(<strong>Braunschweig</strong>: Steinweg 1991.) 101 S., Abb.<br />
Kirchengeschichte<br />
103. Williges, Gerhard: Die Kirche und die Hexenprozesse. Erst dic Neuzeit erfand solche Blutorgien.<br />
In: Peiner Heimatkalender 1992 [1991.) Peine 1991. S. 119-123, Abb.<br />
104. Poser-Max, Renata: Die St.-Laurentius-Kirche in DasseI und ihre lutherische Weltgeschichtsdarstellung<br />
. In: Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart. Jg. 59.<br />
1991. S. 19-37,11 Abb.<br />
105. Zurückgefragt. Reflexionen zu 100 Jahren St.-Petms-Kirche in Wolfenbüttel. Wolfenbüttel<br />
1991. 148 S., Abb.<br />
106. Dei fs, Wolfgang: 1391-1991. 600 Jahre Kirche zu Weddel. In: Heimatbuch f. d. Landkreis<br />
Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992. [1991.] S. 128-137, Abb.<br />
107. Kelsch, Wolfgang: Sprache der Bilder. Die Kanzel der Hauptkirche Beatae Mariae Virginis<br />
mit Aufnahmen v. Wolfgang Lange. (Wolfenbüttel: Kotulla 1991.) 24 S., Abb.<br />
Wirtschafts- und Verkehrsgeschichte<br />
108. Laub, Gerhard: Die mittelalterliche "Frankenscervehutte". Lage, Name und Überreste. In:<br />
Allgern. Harz-Berg-Kal. 1991. [1990.) S. 39-41, 1 Abb.<br />
109. Sc h m i d t, Hans: Mittelalterliche Waldhütten. Kurzer Bericht über d. Geschichte d. Unterharzer<br />
Waldhütten u. ihre Arbeit auf Grundlage d. Blei-Silber-Kupfer-Erze aus d. Rammelsberg<br />
bei Goslar. In: Unser Harz. Jg. 39. 1991. S. 73-75.<br />
110. Röwer-Döhl, Ruth: Ein Messer, Berufe und das Gildewesen in Duderstadt. In: Die goldene<br />
Mark. Zeitschrift f. Heimarbeit im Untereichsfeld. Jg. 42.1991. S. 75-91, 7 Abb.<br />
111. Jürgens, Gerd: Der königliche Erlaß von 1866. IHK-Jubiläum in Goslar. In: IHK [Industrieu.<br />
Handlskammer). Mitteilungen d. Industrie- u. Handelskammer <strong>Braunschweig</strong>. Jg 43, H. 9.<br />
1991. S. 6-8, Abb.<br />
112. Bauer, Hans: Chronik der Bollenser Mühle gewidmet dem letzten Müller Karl Voges IIl. In:<br />
Sollinger Heimatblätter. 1991. 3. S. 17 -21.<br />
113. Jahreswirtschaftsbericht 1991. Hannover: Nds. Ministrium f. Wirtschaft, Technologie u. Verkehr.<br />
1991. 120 S.<br />
[<strong>Braunschweig</strong>er Bezüge. J<br />
114. Leibnitz, Gottfried Wilhelm: Allgemeiner politischer und historischer Briefwechsel. Unter<br />
Aufs. d. Akademie d. Wissenschaften in Göttingen hrsg. v. Leibnitz-Archiv der Nds. Landesbibliothek<br />
Hannover. Supplementband: Harzoerghau 1692-1696. (Bearb. v. Günter Scheel.)<br />
(Bcrlin:) Akademie-Verl. 1991. XLV, 468 S. 4° (Leibniz: [Werke.] Sämtliche Schriften und<br />
Briefe. R. 1. Suppbd.)<br />
115. La u b, Gerhard: Gewinnung von Blicksilber im Harzgebiet vom 15. bis ins 17. Jahrhundert. In:<br />
Allgem. Harz-Berg-Kal. 1992. [1991.) S. 50-54, 3 Abb.<br />
168<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
116. H ein dorf, Werner: Die Entwicklung der Fördermaschine - vom Handhapsel zum Göpel. In:<br />
Allgern. Harz-Berg-Kal. 1992. [1991.] S. 60-66, 11 Abb.<br />
117. Sperling, Herbert: Die Blei-Zink-Erzlagerstätte Rammelsberg .<br />
Stuttgart; Hannover: Schweizerbart in Komm. 1990. 153 S., 48 Abb., 4 Tab., 24 Taf.<br />
(Geologisches Jahrbuch. R. D. Mineralogie, Petrographie, Geochemie, Lagerstättenkunde.<br />
91.)<br />
118. Grünberg, Klaus-J.: Die Ölschiefer-Lagerstätte Schandelah (Gemeinde Cremlingen) bei<br />
<strong>Braunschweig</strong> - auch ein Beitrag zur Industrieachäologie. In: Der Anschnitt. Jg. 43. 1991. S.<br />
43-45, 1 Abb.<br />
119. Barteis, Christoph: Der Betriebsmittelverbrauch Oberharzer Zechen im 16., 17. und 18. Jahrhundert.<br />
3 Fallstudien: Quellenbefunde, Hypothesen, Fragestellungen. In: Der Anschnitt. Jg.<br />
43.1991. S. 11-30,7 Abb.<br />
120. La u b, Gerhard: Die Kupferhütte bei Bad Lauterberg im Südharz. Ein Beitrag<br />
zum niedersächsischen Kupferhüttenwesen des 18. Jahrhunderts. In: Technikgeschichte. Bd 58.<br />
1991. S. 189-208, Abb.<br />
121. Laub, Gerhard: Rotgültigerz von St. Andreasberg in Beschreibungen des 16. bis 18. Jahrhunderts.<br />
In: Allgem. Harz-Berg-Kal. 1991. [1990.] S. 54-55.<br />
122. Niemann, Hans-Werner: Die Geschichte des Bergbaus in St. Andreasberg. Unter Mitarb. v.<br />
Dagmar Niemann-Witter. Clausthal-Zellerfeld: Pieper 1991. 154 S.<br />
123. Kraschewski, Hans-Joachim: Provision er und Commisse. Zur Deputatsreichung und Getreideversorgung<br />
im Harzer Bergbau in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. In: Niedersächsisches<br />
Jahrbuch für Landesgeschichte. Bd 63. 1991. S. 251-281.<br />
124. La u b, Gerhard: Zur Geschichte des Kupfererzbcrgbaus bei Bad Lauterberg. In: Ocr Anschnitt.<br />
Jg. 43.1991. S. 197-205,3 Abb.<br />
125. Laub, Gerhard: Von der Bierkammerzum Zechenhaus. In: Unser Harz. Jg. 39.1991. S. 63-67,<br />
4Abb.<br />
126. Fü rer, Gotthard: Bergbau, Bergverwaltung und Kirche im Oberharz über vier Jahrhunderte.<br />
Die Stadt- und Kirchengemeinde Clausthal. In: Der Anschnitt. Jg. 43.1991. S. 63-74,6 Abb.<br />
127. Losse, Günter: Die Kupfererzgrube "Herzog Carl" im Schöth bei HüttenrodefHarz. Eine Bergbau-historische<br />
Studie. Blankenburg 1991. 50 gez. BI. [Masch.schr. vervielf.]<br />
128. Me is ter, Gerd: "Es grünte die Tanne, es wuchs das Erz ... " Bemerkungen zu einer Bergbauund<br />
Sozialgeschichte des Oberharzes. Mit einem Vorwort von Joachim Raffert. Hildesheim;<br />
Zürich; r-.'ew York: Olms 1991,212 S., 8 Abb.<br />
129. Schmidt, Martin: Das KulturdenkmalOberharzer Wasserregal eines der großartigen Zeugnisse<br />
des europäischen Bergbaues vor unserer Haustür. In: Heimatblätter für den süd-westl.<br />
Harzrand. H. 47.1991. S. 95-118, 14 Abb.<br />
130. Heindorf, Werner: Die Wassersäulenmaschine im Harzer Bergbau - Wegbereiter für die<br />
Dampfmaschine? In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1991. [1990.] S. 57-60,2 Abb.<br />
131. Freymann, Klaus: Georg von Reichenbach und die Renaissance der Wassersäulenmaschinen<br />
am Oberharz. In: Deutsches Museum. Wissenschaftliches Jahrbuch 1991. S. 66-98, 13 Abb.<br />
132. W e i gel, Christi an: Forstliche Landschaftsplanung am Beispiel des staatlichen Forstamtes Walkenried.<br />
In: Unser Harz. Jg. 39. 1991. S. 118-120,4 Abb.<br />
133. Welkerling, Hermann: Die Adenbütteler Bauern im Kleinkrieg mit ihrem Landsherrn von<br />
Mahrenholz auf Gut Warxbüttel. In: Kreiskalender 1992. [1991.] Gifhorner Heimatbuch für das<br />
Jahr 1992. S. 182-186, Abb.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
169
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
134. Ro h r, Alheidis von: Glashütten in Niedersachsen im 18. Jahrhundert. (Zur Ausstellung im Historischen<br />
Museum Hannover.) In: Niedersachsen. Zeitschrift f. Heimat u. Kultur. Jg. 91/92.<br />
1991/1992. S. 304-311, Abb.<br />
[Darin: Glashiltlcn im Solling.1<br />
135. HilI ege is t, Hans-Heinrich: Festlichkeit zur Rothehütte am 19. März 1827 anläßlich des Anblasens<br />
der neuen Hochöfen. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1991. (1990] S. 96-97,1 Abb.<br />
136. Hecht, Werner: Zur Vorgeschichte der Lauterberger Königshütte. Archivalische Handschriften.<br />
Bad Lauterberg. 1991.,36 S., Abb.<br />
[Verfasser wertete Archivalien d. Nds. SlaatsarchlVs Wolfenhuttel aus.]<br />
137. Lange, Horst-Günther: Die Eisenwerke Salzgitter und Othfrescn. Quellen zu den beiden ersten<br />
Großbetrieben der Eisenerzverhüttung im 19. Jahrhundert. In: Salzgitter Jahrbuch. Bd 12.<br />
1990. S. 109-149,12 Abb.<br />
138. Piper, Jette: Konscrvcn- und Textilarbeiterinnen in der Region <strong>Braunschweig</strong> um 1900. In:<br />
Braunschw. Jb. Bd 72.1991. S. 119-164.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbuttel aus.]<br />
139. Gensrich, Theo: Grauguß und Schlacke sind längst ausgekühlt aber die Erinnerung bleibt. Die<br />
Geschichte der Firma Gehrüder Westphal. In: Peiner Heimatkalender 1991 [1991.] Pcine 1991.<br />
S. 131-137, Abb.<br />
140. Ne hel ung, Dicter: Die Okermühle zu Meinersen. Von den Anfängen bis zum großen Brand.<br />
In: Kreiskalender 1992. [1991.] Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S. 43-44.<br />
141. Voi gt, Olaf: Wie Wassertürme funktionieren und warum es hierzulande keine neuen mehr gibt.<br />
In: Peiner Heimatkalender 1992 [1991.] Peine 1991. S. 39-46, Abb.<br />
142. Köhler, Günter H., Claus Seelemann: Postbeförderung mit Straßenbahnen im westlichen<br />
und nördlichen Deutschland. In: Archiv für deutsche Postgeschichte, H. 2. 1991, S. 24-52, Abb.<br />
[Darin: Ilraunschweig. S. 271<br />
143. Wei nhold, Günter: 120 Jahre Post in Meine. 1872 kaiserliche Postagentur eröffnet. In: Kreiskalender<br />
1992. [1991.] Gifhorner Heimathuch für das Jahr 1992. S. 85-89, Abb.<br />
144. Federspiel, Ruth: Quellen zur Statistik der deutschen Eisenbahnen im 19. und 20. Jahrhundert.<br />
Aus: Grundlagen der Historischen Statistik von Deutschland. Quellen, Methoden, Forschungsziele.<br />
Opladen 1991. S. 257-267.<br />
IVerf. wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfcnhüttel aus.]<br />
145. Schu bert, Klaus: Das ehemalige Projekt einer Hauptbahn Harzburg-Braunlage-Nordhausen.<br />
In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1991. [1991] S. 90-92, 2 Abb.<br />
146. Köch y, Otto: Über die Eröffnung der <strong>Braunschweig</strong>-Schöninger-Eisenbahn AG (BSE) vor 90<br />
Jahren. In: Heimatbuch f. d. Landkreis Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992. [1991.] S. 84-90, Ahb.<br />
147. Högemann, losef: Eisenbahn Altenbeken-Nordhausen. Geschichte eines Ost-West-Schienenweges.<br />
(Nordhorn:) Kenning (1991.) 143 S., Abh.<br />
Illraunschweiger Bczüge.)<br />
148. Fr i c k e, Hans-loachim, Hans-loachim R i t z a u: Die innerdeutsche Grenze und der Schienenverkehr.<br />
2. überarb. Aufl. (Pürgen: Ritzau 1990.) 152 S., Abb.<br />
[<strong>Braunschweig</strong>er Bezüge.]<br />
Geschichte der geistigen Kultur, Kunstgeschichte und Denkmalpflege<br />
149. (Zerull, Ludwig:) Kultur in Niedersachsen. Künstlerförderung. (Hrsg.: Nds. Ministerium f.<br />
Wissenschaft und Kultur.) (Hannover 1991.) 88 S.<br />
170<br />
[Darin: Regierungshezirk <strong>Braunschweig</strong>.]<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
150. Forschungsbericht: Technische Universität <strong>Braunschweig</strong>. Berichtsstand 1991. (Hrsg.: Präsident<br />
der TU, Bemd Re bel <strong>Braunschweig</strong> 1991. 600 S.<br />
151. Oehme, Johannes: Das Anatomisch-Chirurgische Institut in <strong>Braunschweig</strong> (1750-1869). Teil<br />
111: Lehrer für Physiologie und Botanik. In: Mitteilungen der TU <strong>Braunschweig</strong>. Jg. 26.1991.<br />
H. 2. S. 45-47, Abb.<br />
152. Projektberichte zur Geschichte der Carolo-Wilhelmina. Hrsg. von Walter Kertz. H. 6: Refarate<br />
beim Workshop zur Geschichte der Carolo-Wilhelmina. (5.) Am 2. Juli 1990 zum Thema<br />
Vergleichende Geschichte der Technischen Hochschulen. <strong>Braunschweig</strong>: <strong>Bibliothek</strong> d. Techn.<br />
Univ. <strong>Braunschweig</strong> 1991. 118 S.<br />
[Dann u. 3.: Gun die r, Bettina: Zwischen Ausbau, Reform und .. Indienstnahme" - Entwicklungslinien der TH <strong>Braunschweig</strong><br />
19
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
166. Blume, Herbert: Plattdeutsche Lyrik vor Groth. Der Vormärz-Literat Eduard Schmelzkopf<br />
und seine "Immen" In: Klaus-Groth-Gesellschaft, Jahresgabe 11. 1991. S. 109-128.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbüttel aus.]<br />
167. Blume, Herbert: Eduard Schmalzkopfs "Immen" . Plattdeutsche Literatur im Vormärz.<br />
In: Jahrbuch dcs Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jg. 114. 1991. S. 44-62.<br />
(Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbüteel aus.]<br />
168. Geseman n, Gerhard: Erzählungen. Salzgitter: (Appelhans) 1990. 216 S. (Beiträge zur Stadtgeschichte.<br />
7.)<br />
169. Vor dem Jahr 1000. Abendländische Buchkunst zur Zeit d. Kaiserin Theophanu. Eine Ausstellung<br />
d. Schnütgen-Museums zum Gedenken an d. 1000. Todestag d. Kaiserin Theophanu am 15.<br />
Juni 991 u. ihr Begräbnis in St. Pantaleon zu Köln vom 12. April bis 16. Juni 1991 in d. Cäcilienkirche.<br />
(Red.: Gudrun Sporbeck.) Köln (: Stadt Köln) 1991. 175 S., 130 Abb. 4°<br />
170. Mayr-Harting, Henry: Ottonische Buchmalerei. Liturgische Kunst im Reich der Kaiser, Bischöfe<br />
und Äbte. Stuttgart; Zürich 1991. 507 S., 315 Abb.<br />
[Darin: Wolfenbütteler Perikopenbuch: Wolfenbütteler Sakramentar.)<br />
171. J aco by, Joachim: Zu einem Gemälde von Hans von Aachen im Herzog Anton Ulrich-Museum.<br />
In: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte. Bd 30. 1991. S. 67-96, 9 Abb.<br />
172. 11 ul tsch-Evers, Ulrika: Vier Skulpturen von Hans-Jürgcn Breuste. Ein Denkmal für den Peiner<br />
Stahl. Wie aus Schrott ein Kunstwerk wird. In: Peiner Heimatkalender 1992 [1991.] Peine<br />
1991. S. 151-157, Abb.<br />
173. B r ö c k er, Hans-Jochen: Zweimal zog Germania um. Hartzers Standbild für die Gefallenen von<br />
70171. In: Peiner Heimatkalender 1992 [1991.] Peine 1991. S. 47-51, Abb.<br />
174. Dieckhoff, Jürgen: Sein Denkmal steht seit 1925 auf dem Luhberg. Alhert Leo Schlageter.<br />
Dem Vaterland in stiller Arbeit helfen. In: Peiner Heimatkalender 1992 [1991.] Peine 1991. S.<br />
71-78, Abb.<br />
175. Bosse, Theo: 120 Mühlengeschichten. Kreis Gifhorn. Wolfsburg. Hasenwinkel. Gifhorn: Verein<br />
z. Förderung historischer Mühlen im Landkreis Gifhorn. 1991. 215 S., Abb.<br />
176. Krebs, Erich: Die Steinlaher Mühle im Wandel der Zeiten. In: Heimatbuch f. d. Landkreis<br />
Wolfenbüttel. Jg. 38.1992. [1991.] S. 77-83, Abb.<br />
Volkskunde, Sprachgeschichte, Namenkunde, Naturschutz<br />
177. Poe h I i ng, Hans-Arnold: Flurnamen im Stadtdorf Ührde. In: Heimatblätter für den süd-west!.<br />
Harzrand. 11.47.1991. S. 17-24, 1 Kt.<br />
178. Herbst, Detlev: Von Volporgehusen bsi Volpriehausen. In: Sollinger Heimatblätter. 1991. 4.<br />
S.3-6,Abb.<br />
179. Me ye r-Immensen, Adolf: Was bedeutet "Erpensen"? Der Versuch, einen Ortsnamen zu deuten.<br />
In: Kreiskalender 1992. (1991.] Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S. 45-47, Abb.<br />
180. La u b, Gerhard: Bachnamen im Einzugsgebiet der Innerste zwischen Buntenbock und dem Innerste-Stausee.<br />
In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1992. [1991.] S. 76-80.1 Kt.<br />
181. Delfs, Jürgen: Naturdenkmale in den Landkreisen Gifhorn und Isenhagen einst und heute. In:<br />
Kreiskalender 1992. [1991.] Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S. 23-30, Abb.<br />
182. Stellmacher, Dieter: Zur plattdeutschen Literatur in Südniedersachsen. In: Südniedersachsen.<br />
Zs f. Heimatpflege u. Kultur. Jg. 19. 1991. S. 2-4.<br />
172<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
183. Twischen Harz und Medeborch. Plattdeutsches aus Vergangenheit und Gegenwart. Bd 4, Ostfälisches<br />
Platt. Hrsg. v. Jürgen Schierer. Peine: Ostfalia 1991. 447 S.<br />
184. Matwij ow, Klaus: Trachtenvielfalt im Harz. Weder Mühe noch Kosten gescheut. In: Niedersachsen.<br />
Jg. 91. 1991. S. 70-71, 3 Abb.<br />
185. Edelmann, Britta: Heiratsalter im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>. (Peine: Geffers 1991.) 32 S., 6<br />
Abb. (Schriftenreihe des Kreismuseums Peine. 5.)<br />
186. J 0 r n s, Annette: Lebens- und Arbeitssituation von Frauen im Lande <strong>Braunschweig</strong> 1830-1865.<br />
(<strong>Braunschweig</strong>: Braunschw. Geschichtsverein 1991.) 303 S. (Beihefte zum Braunschw. Jahrb.<br />
8.)<br />
187. Vo 11 brech t, Ursula: Goslarer Volkstrachten. In: Goslarer Programm. Jg. 42. H. 11. 1991. S.<br />
23.<br />
188. Voll brecht, Ursula: Hochzeitsbräuche im Harz. In: Unser Harz. Jg. 39.1991. S. 187-192.<br />
189. Vollbrecht, Ursula: Weihnachtsbräuche im Harz. In: Unser Harz. Jg. 39. S. 229-230, 2Abb.<br />
190. Vollbrecht, Ursula: Zu Walpurgis: Der Teufel im Harz. In: Unser Harz. Jg. 39. 1991. S.<br />
75-76,1 Abb.<br />
191. M aiga tter, Helmut: Brauchtum und Tradition in der Altmark. In: Kreiskalender 1992. [1991.]<br />
Gifhorner Heimatbuch für das Jahr 1992. S. 195-200, Abb.<br />
Geschichte einzelner Orle<br />
192. 600 Jahre Abbesbüttel1391-1991. (Meine 1991.) 83 S., Abb.<br />
193. PrilI, Heinz: 100 Jahre Harzklub-Zweigverein Altenau. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1991.<br />
[1990.] S. 50-53, 3 Abb.<br />
194. Göhmann, Herbert W.: Kloster Amelungsborn. Spurensuche in Texten und Abbildungen des<br />
17. -19. Jahrhunderts. Holzminden: GÖhmann. 1991. 119 S. 26 Abb. (Schriften reihe des Heimat-<br />
und Geschichtsvereins Holzminden. Bd 6.)<br />
195. Lüe r, 0110: 950 Jahre Apelnstedt. Vom Agrardorf zum Wohndorf. In: Heimatbuch f. d. Landkreis<br />
Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992 [1991.] S. 53-58, Abb.<br />
196. Krämer, Rainer: Die Zerstörung der Asseburg im Jahre 1492. In: Heimatbuch f. d. Landkreis<br />
Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992. [1991.) S. 100-101, Abb.<br />
197. Brammer, Karl-Franz: Chronik des Dorfes Bamstorf. 966-1991. (Zsgest.) (Barnstorf 1991.)<br />
198 S.<br />
198. Schröter, Klaus: Blankenburg. Historie. Heimat. Humor. (Die grüne Reihe). Hrsg. von Uwe<br />
Gering. Königstein 1991. 295 S., Abb.<br />
199. Caspar, Hans-Joachim: Im Jahre 1546 brannte das Schloß Blankenburg. Der Graf rettete sich<br />
durch d. Abortfenster. In: Unser Harz. Jg. 39.1991. S. 77, 1 Abb.<br />
200. Köneke, Sylvia: Bodenburg und Oestrum. "Die gute, alte Zeit" ... (fand nicht statt! Einc Sozialgeschichte<br />
d. Einwohner Bodenburgs u. Oestrums, zsgetragen u. geschrieben.) (Bad Salzdefurth:<br />
Verf. 1991.) 444 S., Abb., Kt. [Umschlagt.)<br />
201. Heide, Bernd von der: 300 Jahre Pfarrverbund Börßum-Bornum. In: Heimatbuch f. d. Landkreis<br />
Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992. [1991.) S. 91-93, Abb.<br />
Boffzen s. auch Nr. 77.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
173
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
202. Bauakten der ehemaligen Kreisdirektion Holzminden, die Gemeinde Boffzen betreffend<br />
Bearb. v. Matthias Seelinger. Holzminden: Heimat- und Geschichtsverein<br />
1991. 23 ungez. BI. (Archivarbeit im Landkreis Holzmindcn. 2.)<br />
[Die Arbeit ist vorhanden im l"ds. Staatsarchiv Wolfenbüttel unter d. Signatur T Zg. 505/91.]<br />
Bornum am Elm s. Königslutter<br />
<strong>Braunschweig</strong>s. auch Nr. 73,146,150,151,152,158.<br />
2U3. <strong>Braunschweig</strong> zu Fuß. 17 Statteilrundgänge durch Geschichte und Gegenwart. Hrsg. v. Lutz<br />
Tantow u. Hergen Manns. Mit Beiträgen von Reinhard Böhm, Karin Bork, Harald Duin,<br />
Uwe Friesel, Bettina Gundler, Rolf Heckelsbruch, Birgit Hoffmann, Susanne Knoblich, Eberhard<br />
Löblich, Helmut Maier, Hergen Manns, Jette Piper, Jörg Plönjes, Ruth Plönjes, Holger<br />
Pump-Uhlmann, Margot Ruhlender, Jo-Anne Schmalstieg, Lutz Tantow. Hamburg 1991. 218<br />
S.,Abb.<br />
204. Journal Braunsehweig. Wiesbaden: VWATVeriag für Wirtschaft, Architektur u. Turistik. 1991.<br />
64S., Abb.<br />
205. Zeidler, Monika: <strong>Braunschweig</strong>. Ein Führer durch die Stadt (Fotos: Giesela Rothe.) <strong>Braunschweig</strong><br />
1991. 96 S., Abb.<br />
206. <strong>Braunschweig</strong> im Wandel- Zukunftsperspektiven. Ein Beitrag zur Stadtgestaltung aus Anlaß<br />
des lOjährigen Bestehens des braunschweiger forum e. V. Braunschwig: braunschweiger forum<br />
1991. 24. S., Abb.<br />
207. Le m k e, Gundela: Der vergebliche Kampf um eine Gartenstadt bei Braunsehweig - Zum nicht<br />
realisierten Projekt von Theodor Goecke. In: Stadt-Planung-Geschichte. Bd 12. 1990. S. 148-<br />
165, Abb.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien d. J\ds. Staatsarchivs Wolfcnbüuel aus.]<br />
208. Rött i ng, Hartmut: Archäologische Siedlungsbefunde zu den Vor- und Frühformen von <strong>Braunschweig</strong>.<br />
In: Berichte zur Denkmalpflege in Niedersachsen. Jg. 11. 1991. S. 100-104,4 Abb.<br />
209. Röt tin g, Hartmut: Die Grabungen an der Turnierstraße und am Eiermarkt in <strong>Braunschweig</strong><br />
Altstadt und der stadt archäologische Forschungsstand. In: Braunschw. Jb. Bd. 72. 1991. S.<br />
7-14,4Abb.<br />
210. We in man n, Arno: <strong>Braunschweig</strong> als landesherrliche Residenz im Mittelalter. <strong>Braunschweig</strong>:<br />
Braunschw. Geschichtsverein 1991. 32:; S., 3 Abb. (Beihefte zum Braunschw. Jb. 7.)<br />
211. Alltagsleben im mittelalterlichen <strong>Braunschweig</strong>. Wohnen, Essen und Trinken. Arheiten.<br />
<strong>Braunschweig</strong>isches Landesmuseum. Vieweghaus. Erdgeschoß. (Text: Rainer Maaß, Wulf<br />
Olte.) (<strong>Braunschweig</strong>: Limbach 1991.) (Veröffentlichungen des <strong>Braunschweig</strong>ischen Landesmuseum<br />
64.) 23 S., Abb.<br />
212. Boldt-Stülzbach, Annette: <strong>Braunschweig</strong>er Famielien als Hauseigentümer am Eiermarkt<br />
seit dem späten Mittelalter. In: Braunschw. Jb. Bd 72.1991. S. 15-44.<br />
213. Armenat, Gahriele: Frauen aus <strong>Braunschweig</strong>. 3. erheblich erweitere und verbesserte Auflage.<br />
<strong>Braunschweig</strong>: Stadtbibliothek 1991. 202 S., Abb.<br />
214. Pressespiegel. 300 Jahre Theater in <strong>Braunschweig</strong>. 1690-1990. (Zusammenstellung u. gest.: H.<br />
G. Beck man n.) <strong>Braunschweig</strong> [1991.J 132 S.<br />
215. Wo lt e r, Bettina-Martine: Deutsche Palastbaukunst 1750-1850. Theorie, Entwurf, Baupraxis.<br />
(<strong>Braunschweig</strong>:) Vieweg (1991). 211 S., 126 Abb. Überarb. Phil. Diss. Köln v. 10.2. 1989.<br />
174<br />
[Darin S. 64-79, Abb. 27-39: Das Geschaftsgehaude als Palastarchitektur: .Haus Vieweg" (in <strong>Braunschweig</strong>). - S. 79-93,<br />
Ahb. 40-52: Preußische Baukunst als Maßstab: Die Palast-Entwurfe Peter Joseph Krahes für <strong>Braunschweig</strong>. Das Palais am<br />
Magnitor. Palais Veltheim.l<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
249. Boockmann, Hartmut: 1000 Jahre Markt-, Münz- und Zollrecht in Gandersheim. Vortrag<br />
zum Festakt der Stadt Bad Gandersheim am 4. August 1990 aus Anlaß der Verleihung des<br />
Markt-, Münz- und Zollrechts an das Stift Gandersheim vor 1000 Jahren. (Bad Gandersheim<br />
1990.) 15 gez. BI. [Masch.schr. vervielf.)<br />
250. R ace, Anne-Katrin: Die "Kinderpflegestätte" Brunshausen 1944-1945. Ein Beitrag zur Gandersheimer<br />
Regionalgeschichte. Bad Gandersheim: Museum der Stadt Bad Gandersheim 1990.<br />
32 S., Abb. [Masch.schr. vervielf.)<br />
251. Lagershausen, Karlheinz: Höfeliste des Fleckens Gittelde von 1663 bis 1817. Erstellt unter<br />
Mitwirkung Gittelder Familien, nach den Akten im Staats archiv Wolfenbüttel, der Heimatstube<br />
Gittelde, privaten Unterlagen und den Kirchenbüchern in den Orten im alten Amt Staufenberg<br />
u. a. Hannover: Verf. 1991. 95 S. [Handschr.)<br />
{Die Arbeit ist vorhanden im Nds. St8atsarchiv Wolfenbüttel unter d. Signatur 2° Zg. 150/92.]<br />
252. Li P pe It, Hans: Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges auf das Dorf Groß Gleidingen<br />
im Einflußbereich der Stadt <strong>Braunschweig</strong>. In: Braunschw. Heimat. Jg. 75: 1989. 1991. S.<br />
51-84,2 Abb.<br />
[Verfasser wer1ete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbültcl aus.]<br />
Goslar s. auch Nr. 187.<br />
253. Fro bese, Elke: Verfassungs- und Besitzgeschichte des Stifts St. Peterin Goslar. In: Braunschw.<br />
Heimat. Jg. 75: 1989.1991. S. 5-50.<br />
254. J ürgens, Gisela: Harmonie in Fachwerk und Schiefer. Warum ist Goslar so attraktiv? In: IHK<br />
[Industrie- u. Handelskammer). Mitteilungen d. Industrie- u. Handelskammer <strong>Braunschweig</strong>.<br />
Jg. 43., H. 9. 1991. S. 20-27, Abb.<br />
255. Büttner, Adalbert, Wolfgang Sobotta: Goslarer Münzen. Goslar: Muscumsvcrcin 1991. 48<br />
S., Abb. (Goslarer Künstler und Kunsthandwerker. 5.)<br />
256. S pie r, Heinrich: Der Georgenberg als Stätte einer älteren Pfalz Goslar. Ein Beitrag zur Pfalzenforschung.<br />
Mit 9 Tafeln. Goslar: Gcschichts- und Heimatschutzverein 1991. 71 S., Abb. (Beiträge<br />
zur Geschichte der Stadt Goslar. 39.)<br />
257. Leiber, Chrisitan: Hic officinae vitrariae. Die hoch- und spätmittelalterlichen Glashütten im<br />
Hils bei Grünenplan, Landkreis Holzminden. In: Die Kunde. N. F. Jg. 41/42. 1990/91 S.<br />
511-552, Abb. Kt.<br />
Harvesse s. Nr. 85.<br />
Harz s. auch Nr. 4, 6, 10, 11, 13, 15, 18, 19,20,114,115,119,188,189,190.<br />
258. Mader, Richard: Der Harz. NiedernhausenfTs.: Falken 1991. 95 S. (Falken-Reise.)<br />
259. Ku tsch er, Rainer: Die Forsten des Oberharzes als Arbeitsquelle. Vor 70 Jahren - ein 14jähriger<br />
Lerbacher sucht eine Lehrstelle. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1992. [1991] S. 126-130, Abb.<br />
260. Meyer, W. H.: Aus dem Harz. In: Unser Harz. Jg. 39. NT. 10. 1991. S. 198-199, Abb.<br />
261. Hane butt, Volker: Anhaltische Grenzsteine im Forstamt Ballenstedt. In: Unser Harz. Jg. 39.<br />
1991. S. 200-202, Abb.<br />
Helmstedt s. auch Nr. 31,157.<br />
262. Albrech t, Peter: Kaffee und Kaffeehäuser in der Universitätsstadt Helmstedt vom Ende des<br />
17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. In: Braunschw. Jb. Bd 72. 1991. S. 95-118.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbüttel aus.1<br />
263. 1025 Jahre Hessen am Fallstein. 966-1991 (Autoren: Klaus Bogoslaw [u. a.] Hrsg. anläßI. d.<br />
1025-Jahr-Feier d. Gemeinde Hessen. Hrsg.: Festkomitee 1025 Jahre Hessen d. Gemeindever-<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
177
Reppner s. Salzgitter<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
278. Brandebstein, Heike v.: Das Kloster Ringelheim unter lutherischen Äbten .<br />
In: Salzgitter-Jahrbuch. 1990. Bd 12. S. 15-108, 12 Abb.<br />
279. Ke Isch, Wolfgang: Die Hundisburg - ein monumentales Schloß Salzdahlum. In: Heimatbuch<br />
f. d. Landkreis Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992. [1991.] S. 39-45, Abb.<br />
Salzgitter s. auch Nr. 64, 65, 69, 98, 137.<br />
280. Der altsteinzeitliche Fundplatz Salzgitter-Lebenstedt. T. 2. Naturwissenschaftliche Untersuchtungen.<br />
Hrsg. v. Ralf Busch u. Hermann Schwabedissen. Köln; Weimar; Wien: Böhlau<br />
1991. 233 S.<br />
28l. Feldmann, Heinz: Reppner. Die Geschichte eines Dorfes in Salzgitter. Salzgitter: Archiv der<br />
Stadt Salzgitter 1990. 573 S., 127 Abb. (Beiträge zur Stadtgeschichte. 6.)<br />
282. Adler, Hartrnut: Chronik von Thicdc. Salzgitter: Archiv der Stadt Salzgitter 1991. 315 S., 1993<br />
Abb.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien des Nds. Staatsarchivs Wolfenbuttel aus.)<br />
283. Ehrhardt, Andreas: "Wie lästige Ausländer ... " Flüchtlinge u. Vertriebene in Salzgitter<br />
1945-1953. Salzgitter: Arbeitskreis Stadtgeschichte e. V. 1991. 154 S., Abb.<br />
284. Hau s, Rainer: Lothringen und Salzgitter in der Eisenerzpolitik der deutschen Schwerindustrie<br />
von 1871-1940. Salzgitter 1991. 323 S., 73 Abb. Salzgitter Forschungen. Bd 1. Hrsg. v. Archiv<br />
der Stadt Salzgitter.<br />
285. Die Gründung der Reichswerke "Hermann Göring" und der Stadt Watenstedt-Salzgitter<br />
. Dokumente, Texte, Erläuterungen von Bernd Koltrowitz, Jörg Leuschner,<br />
Heinz pötzl ... (Hrsg. v. Archiv der Stadt Salzgitter.) Salzgitter (199l.) 24 S., Abb.<br />
Kt. (Quellen zur Geschichte Salzgitters. 1.)<br />
286. Gottfried-Linke-Realschule. Salzgitter 1966-1991. Salzgitter 1991. 74 S., Abb.<br />
287. Gnyz-Rekowski, Georg von: Chronik von Schierke. In: Unser Harz. Jg. 39. 1991. S.<br />
107-112, Abb.<br />
Schöningen s. auch Nr. 30, 146.<br />
288. Unsere Heimat. Mitteilungsbl. d. Heimatvereins für Schöningen u. Umgebung. Jg. 40, 1-4.<br />
(Schöningen) 1991. [Kopft.]<br />
Thiede s. Salzgitter<br />
289. E be I i n g, Hans-Heinrich: 850 Jahre Tiftlingerode. Festvortrag zur 850-Jahr-Feier in Tiftlingerode<br />
am 14. 6. 1991. In: Die goldene Mark. Zeitschrift für die Heimatarheit im Untereichsfeld.<br />
Jg42. 1991. H. 1-4. S. 19-26, Abb.<br />
290. Velpke, Meinkot, Wahrstedt. Bilder aus der Geschichte. Zusammenst. u. Texte: Thomas<br />
Trubj anski, Ernst Daenicke, Abert Meyer. Horb am Neckar: Geiger Verl. 1990. 84 S.,<br />
Abb.<br />
291. Es eh e bach, Erika; Eyke I sen see: Eine Tradition lebt fort. Gustav Buchholz - Eisengießerei<br />
u. Maschinenfabrik in Vienenhurg. In: IHK [lndustrie- u. Handelskammer <strong>Braunschweig</strong>].<br />
Braunschw. Wirtschaft. Mitteilungen d. Industrie- u. Handlskammer <strong>Braunschweig</strong>. Jg. 43. H.<br />
1. 1991. S. 21-25, 6 Abb. (Aus d. Wirtschaftsgeschichte d. Region. 14.)<br />
292. Himmelmann, Gerhard: Volkse. Wechselvolle Geschichten eines kleinen Heidedorfes.<br />
(Hrsg. vom Landkr. Gifhorn u. d. Museums- u. Heimatver. d. Landkr. Gifhorn u. d. Gemeinde<br />
Hillerse) (Gifhorn 1991.) 79 S.<br />
Wahrstedt s. Velpke<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
179
Walkenried s. auch Nr.132.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
293. Maier, Konrad; Maria Keibel-Maier: KlosterWalkenried. 2. AufL (München; Berlin: Deutscher<br />
KunstverL) 1991.47 S.<br />
Weddel s. Nr. 106.<br />
Wendeburg s. Zweidorf<br />
Wendezelle s. Zweidorf<br />
294. Pfeilsticker, Georg: Aus der Chronik des Dorfes Wiensen. In: Sollinger Heimatblätter. 3.<br />
1991. S. 3-6, Abb.<br />
Wolfenbüttel s. auch Nr. 32, 53, 75,102,159,160.<br />
295. Wilkommen in WolfenbütteL (Fotos: Dieter Heitefuß [u. a.]) (Wolfenhüttell991.) 32 S.<br />
296. Knack sted t, Gerd-Uwe: Eine mitteldeutsche Hammeraxt aus Fümmelse, Stadt WolfenbütteL<br />
In: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte [NNU]. Bd 60.1991. S. 159-160,1 Abb.<br />
297. Mi I de, Wolfgang: Miniaturen zur Weihnachtsgeschichte. Aus mittelalterlichen Handschriften<br />
der Herzog August <strong>Bibliothek</strong> WolfenbütteL Wolfenbüttell991. 32 S., Abb.<br />
298. Hodemacher, Jürgen: Der Schwedendamm bei WolfenbütteL In: Braunschw. KaI. 1992.<br />
[1991.] S. 80-85, Abb.<br />
299. (B e pIe r, Jochen; Helmar Härtei: ) Mittelalterliche Handschriften der Dombibliothek in Hildesheim.<br />
(Ausstellung d. Dombibliothek u. d. Herzog August <strong>Bibliothek</strong> in d. Bibliotheca Augusta<br />
vom 13. April bis 2. Juni 1991.) Wolfenbüttel: Herzog August <strong>Bibliothek</strong> (1991). 78 S.,<br />
Abb.4°<br />
300. Mit eigener Hand. 14. Autographen aus der Handschriftensammlung der Herzog August <strong>Bibliothek</strong>.<br />
Ausstellung in der unteren Schatzkammer der Bibliotheca Augusta 9. Sept. 1991-5. Jan.<br />
1992. Ausstellung und Begleitheft: Georg Ruppelt. (1991.) 39 ungez. BL<br />
301. Schule im Schloß 1866-1991. Zum 125jährigen Jubiläum des Gymnasiums im Schloß. (Red.:<br />
l(an) Boll [u. a.]) (Wolfenbüttel: Gymnasium im Schloß Wolfenbüttel) 1991. VII, 176 S., Abb.<br />
4°<br />
IDarin u.a.: HenningRlosemariel: SchuleimSchlo81966-1991. S. 2-14. - Henning. R.: Sprurensuche. S. 97-\07.4 Abb.<br />
-Schule und Nationalsozialismus. S. 109-141.6 Abb.l<br />
302. Ausstellungskataloge der Herzog August <strong>Bibliothek</strong>. Nr 63-66. (Wolfenbüttel: Herzog August<br />
<strong>Bibliothek</strong>; Weinheim:) VCH (VerL Ges. [in Komm.] 1991). 4° [63. Schwedt, Georg: Chemie<br />
zwischen Magie und Wissenschaft. Ex Bibliotheca Chymica 1500-1800. 135 S., Abb. - 64. Der<br />
Zensur zum Trotz. Das gefesselte Wort u. d. Freiheit in Europa. (Katalog: Paul Raabe mit<br />
Beitr. von Hellrnut G. Haasis [u. a.]) IX, 315 S., Abb. - 65. Da Vienna a Napoli in carozza. Il<br />
viaggio di Lessing in Italia. A cura di Lea Santini. 723 S., Abb. - 66. Konrad, Ulrich; Martin<br />
Staehelin: "allzeit ein Buch". Die <strong>Bibliothek</strong> Wolfgang Amadeus Mozarts. 147 S., Abb.]<br />
303. Paarmann, Michael: Schloß Wolfenbüttel- zur jüngeren Restaurierungsgeschichte. In: Berichte<br />
zur Denkmalpflege in Niedersachsen. Jg 11. 1991. S. 88-93, 11 Abb.<br />
304. Ke Isch, Wolfgang: 1592-1992.400 Jahre Theater in WolfenbütteL In: Adreßbuch Wolfenbüttel<br />
91/92. [1991]. S. 7-11, Abb.<br />
305. Billig, Wolfgang: Evangelium und Kultur im nachreformatorischen WolfenbütteL Darmstadt<br />
1989. 14gez. BL,Abb. [Masch.schr. vervielL]<br />
306. Klössel-Luckhardt, Barbara: Realisierungswettbewerb Kornmarkt - Holzmarkt. In: Aktionsgemeinschaft<br />
Altstadt Wolfenbüttel e. V. Nr. 1. 1991. S. 3-7, Abb.<br />
180<br />
[Verfasser wenete Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wulfenbuttel aus.]<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
307. Ludwig-Mayer, Mechthild: Die Pfarrei St. Petrus in Wolfenbüttel während der NS- und<br />
Nachkriegszeit. In: Die Diözese Hildesheim in Vergangenheit und Gegenwart. Jg. 59.1991. S.<br />
165-172, 1 Kt.<br />
308. (Wintzingerode-K[norr], Karl-Wilhelm Frhr v[on):) Hoffmann-von-Fallersleben-Museum<br />
im 19. Jahrhundert. Schloß Fallersleben 3180 Wolfsburg 12. (Gifhorn [1991)) 18 S., Abb.<br />
309. Zah I te n, Johannes: Schloß Wolfsburg. Ein Baudenkmal der Weserrenaissance. Fotografien v.<br />
Jutta Brüdern. (<strong>Braunschweig</strong>: Steinweg 1991.) 63 S., Abb. (Texte zur Geschichte Wolfsburgs.<br />
Bd 23.)<br />
Wolfshagen s. Langelsheim.<br />
Zellerfeld s. Clausthal<br />
310. Ahle rs, Rolf: Das Güterverzeichnis der Gemeinde Zweidorf [Gemeinde Wendeburg). Angefertigte<br />
Abschrift d. Corpus bonorum d. Gemeinde Zweidorf. Aufgestellt durch d. zeitigen Vorsteher<br />
Kotsassen Heinrich Meier im Jahre 1839. Wendeburg 1991. 32 S.<br />
311. Beiträge zur Geschichte der "Dreidörfer" Wendeburg, Wendezelle und Zweidorf. 1958-1963<br />
erarbeitet von Hermann Meyer und Erich Friese. Hrsg. v. Rolf Ahlers. Wendeburg 1991.<br />
327 S. [Masch.schr. vervielf.)<br />
312. Ahlers, Friedrich: Der Feuerschutz in Wendezelle. Die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr.<br />
Wendeburg: Uwe Krebs. 1991. 35 S., Abb. (Wendeburger Heimatkunde. H. 1)<br />
313. Ahlers, Rolf: Zweidorf1141-1991. 850 Jahre aus der Geschichte des Ortes. (Wendeburg: Uwe<br />
Krebs.) 1991. 147 S., Abb.<br />
314. 850Jahre. 1141. 1991. Zweidorf. Festwoche vom 30. August -8. September. (Wendeburg 1991.)<br />
35 ungez. BI.<br />
Bevölkerungs- u. Personengeschichte<br />
315. Hen kel, Kar!: Die Einwohner der Bergstadt Grund im Jahre 1572. Bonn, Weimarer Str. 36:<br />
Verf. 1991. 25 gez. BI., 4 Abb. 4° [Masch.schr. vervielf.) (Schriften d. Arbeitskreises Familienforschung<br />
Harz-Erzgebirge. Bd 2.)<br />
[Das Original d. Einwohnerverzeichnisses befindet sich im Nds Staatsarchiv Wolfenbuttel unter d. Archivbezeichnung 2 Alt<br />
B018; alphabetisches PersonenverzeIchnis BI. 17-24·1<br />
316. Sc h ü t z e, Ernst: Zur Geschichte einiger Familien am Harzrand (Bad Harzburg - Zellerfeld -<br />
Goslar - Herzberg). 16-17. Jh. Stand Juni 1990. 94 ungcz. BI.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien des Nds. Staatsarchivs Wolfenbilttel aus.]<br />
317. Oppermann, Rolf: Die Harzgrafen. In: Allgern. Harz-Berg-Kal. 1992. [1991) S. 140-144,<br />
Abb.<br />
318. Sc h m i d t, Klaus-J ürgen: Oberbergrat Albe rt als Initiator der Harztriangulation 1833. In: Allgern.<br />
Harz-Berg-Kal. 1992. [1991) S. 55-60, Abb.<br />
319. Sc h n eid er, Hans: Johann Arndts Studienzeit. In: Jahrbuch der Geselschaft f. nds. Kirchengeschichte<br />
Bd 89. 1991. S. 133-175.<br />
(lohann Arndt (1555 -1621): Lebensstationen u. a. <strong>Braunschweig</strong>; Helmstedt.1<br />
Herzog August d. Jüngere s. auch Nr.46<br />
320. Hodemacher, Jürgen: Alles mit Bedacht- Herzog August der Jüngere In: Heimatbuch f. d.<br />
Landkreis Wolfenbüttel. Jg. 38: 1992. [1991.) S. 31-34, Abb.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
181
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
321. G ra ben horst, Carsten: Otto Bennemann. Beitrag zu einer politischen Biographie. Hrsg. v.<br />
Arbeitskreis Andere Geschichte. <strong>Braunschweig</strong> 1991. 135 S. Abb.<br />
[Verfasser wertete Archivalien aus d. Nds. Staatsarchiv Wolfenbüllcl aus; 12 A Neu; 133 l'eu; 23 A Neu.]<br />
322. D ro be k, Richard: Friedrich Martin von Bodenstedt. In: Peiner Heimatkalender. Jg. 22. 1992.<br />
1991. S. 141-150, Abb.<br />
323. Hermann Bote. Städtisch-hansischer Autor in <strong>Braunschweig</strong> 1488-1988. Beiträge zum <strong>Braunschweig</strong><br />
Bote-Kolloquium 1988. Hrsg. v. Herbert Blume und Berhard Rohse. Tübingen 1991,<br />
XI, 385 S.<br />
324. Grundt-Brückmann, Irmgard: Brückmannschcs Familienbuch. Bd 2. Neuenkirchener und<br />
Lüneburger Linie vom 11;25 bis zur Gegenwart mit Ergänzungen zu Band 1 von 1904 und Ahnenlisten<br />
eingeheirateter Familien. Für die "Nachkommen des Johann Jacob Brückmann" ges., bearb.<br />
u. hrsg. <strong>Braunschweig</strong>: Waisenhaus 1990. 624 S., Abb.<br />
Buchholz, Gustavs. Nr. 291.<br />
325. Stiegler, Ernst-Michael: Zwei niedersächsische Reisende in Paris. Im Sog d. Französischen<br />
Revolution. In: Niedersachsen. Jg. 91. 1991. S. 10-11,4 Abb.<br />
[Der <strong>Braunschweig</strong>er Pädagoge. Veleger u. Schriftsteller Joachirn Heinrich Campe u. Gerhard Anton von Halern aus Oldenburg·1<br />
326. Weil n e r, Axel: Landdrost und Berghauptmann Heinrich von Dannenberg In:<br />
Allgern. Harz-Berg-KaI. 1992. [1991] S. 43-47.<br />
327. A bbe, Elfriede: History of the Dauer Family. Yermont: Manchester Center 1989. 36 S., Abb.<br />
{Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbuttel aus.1<br />
328. Me y er, Walter: Der <strong>Braunschweig</strong>er Landesrabbiner Samuel Levi Eger Ausz.<br />
aus Walter Meyers Familiengeschichte Eger. Bearb. v. Ralf Busch. <strong>Braunschweig</strong>. Kleine<br />
Schriften. 20.)<br />
329. Henze, Ingrid: Ernst von Schaumburg (1569-1622) und die Universität HcJmstedt. In:<br />
Braunschw. Jb. Bd 72. 1991. S. 55-94, 2. Abb.<br />
[Verfasser wertete u. a. Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfcnbüttclaus.]<br />
330. Ku sch, Michael: Statius Fabricius . Eine biographische Studie zu seinem 400.<br />
Geburtstag. In: Oldenburger Jahrbuch. Bd 91. 1991. S. 1-39.<br />
Fein, Georg s. Nr. 86.<br />
331. W öhler, Willi: Friedrich Gottlob Fischer. Ein <strong>Braunschweig</strong>er Musiker des 18. Jahrhunderts.<br />
<strong>Braunschweig</strong> 1991. 20 gez. BI., 2 ungez. BI.<br />
332. Burose, Hans: Maschinendirektor Johann Conrad Friedrich . In: Allgern. Harz<br />
Berg-KaI. 1992. [1991]S. 71-73.<br />
Friedrich Ulrich Herzog von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel s. Nr. 49.<br />
333. Hedwig Götze-Sievers . Lebenserinnerungen der <strong>Braunschweig</strong>er Sozialreformantin.<br />
Bearb. u. hrsg. v. Manfred R. W. Garzmann. <strong>Braunschweig</strong>: (Stadt archiv) 1991. 98<br />
S. (Stadt archiv u. Stadtbibliothek. Kleine Schriften. 21.)<br />
334. Hölscher, Hans: Johann Heinrich Ludwig Grotehenn: Briefe aus dem Siebenjährigen Krieg<br />
Teil 1. Kirchbrak: Yerf. 1991. 38 S. (Die gelbe Reihe. H. 10.)<br />
335. H ö I sc her, Hans: Johann Heinrich Ludewig Grotehenn: Teil 1 : Die Geschichte eines Schulmeistersohnes<br />
aus Breitcnkamp. Kirchbrak: Yerf. 1991. 30 S. (Die gelbe Reihe. H. 9.)<br />
336. Feldmann, R.: Hermann von der Hardt, * 15.11. 1660 in Melle, t 28. 2.1746 in Helmstedt. In:<br />
Lexikon d. gesamten Buchwesens. Hrsg. von Severin Corsten [u. a.]2. Auf!. Lfg 21 = Bd 3.<br />
1991. S. 379,1 Abb.<br />
182<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
337. Harz w a n de run g zur Biedermeierzeit. Tagebuch des Göttinger Theologiestudenten Gustav<br />
Philipp Julius Heinemann. . (Bearbeitet und mit Anmerkungen versehen<br />
von Dr. Günter He i n eman n , Urenkel des Verfassers. In: Allgem. Harz-Berg<br />
KaI. 1992. [1991] S. 98-113, 5 Abb.<br />
Heinrich der Jüngere Herzog von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel s. Nr. 46.<br />
Heinrich der Löwe s. Nr. 81.<br />
338. Schütte, Ulrich: Elias Holl als "Stadtwerkmeister" und "Architectus". Hinweise aus seinen<br />
Teilnachlaß in Wolfenbüttel. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben. Bd 84.<br />
1991. S. 53-68.<br />
339. R üsc h, Rainer: Ahnenkreis der Markgräfin Irmengard von Baden . Stifterin des<br />
Klosters Lichtenthai . In: Aquae, 91. H. 24.1991. S. 13-53,22 Abb.<br />
[Darin auf Seite 22 Abb. d. Siegel von Heinrich dem Lowen an Urkunde aus dem Jahrd 1169. ausd. Nds. Staatsarchiv Wolfenbüt·<br />
tel.]<br />
340. Praß-Wagner, Reiner: Die Geschichte des Itzig Isaae und seiner Familie. Ein Beispiel für die<br />
Behandlung von Wanderarmen im frühen 19. Jahrhundert. In: Sollinger Heimatblätter. 3. 1991.<br />
S. 24-28, 2 Abb.<br />
341. Abt Johann Friedrich Wilhem Jerusalem . Beiträge zu einem Colloquium anläßlich<br />
seines 200. Todestages. Hrsg. v. Klaus Erich Poil man n. <strong>Braunschweig</strong>: Stadtarchiv , Stadtbibliothek<br />
1991. 186 S., 1. Abb. (<strong>Braunschweig</strong>er Werkstücke. Bd 81 = R. A., Bd 32.)<br />
342. 25 Jahre. 1966-1991. Kolpingsfamilie Königslutter. 11. Mai 1991. (Red.: Hans-Georg Li ndemeier.)<br />
Königslutter 1991. 24 S., Abb.<br />
343. Re c k e we 11, Roger: Urkunden erzählen oder Das Herzoglich <strong>Braunschweig</strong>ische Verdienstzeichen<br />
für Kunst und Wissenschaft und die Reaktion des Professors Erich Körner. In: Der Sammler.<br />
1991, H. 2. S. 2-3, 3 Abb.<br />
344. Buerschaper, Margret: Ein Literat aus dem Harz. Laudatio aufCari Heinz Kurz. In: Niedersachsen<br />
Jg. 91. 1991. S. 8-9,5 Abb.<br />
Lerche, Walter s. Nr. 100, 101.<br />
345. Strohschneider-Kohrs. Ingrid: Vernunft als Weisheit. Studien zum späten Lessing. Tilbingen:<br />
Niemeyer 1991, X, 304 S.<br />
346. Siebei, Dierk: Der Gelehrte auf der Dorfkirchenkanzel. Johann Gottlieb Lindernann<br />
< 1757 -1829. > Pastor in Isenbüttel. In: Kreiskalender 1992. (1991.) Gifhorner Heimatbuch für<br />
das Jahr 1992. S. 215-222.<br />
347. Sc h wen k, Sigrid: Bibliotheca Tiliana. Die Bamberger Jagdbibliothek Kurt Lindners. In: Die<br />
J ägerey im 18. Jahrhundert. Colloquium d. Arbeitsstelle 18. Jh., Bergische Universität, Gesamthochschule<br />
Wuppertal. Pommersfelden v. 29. Mai bis 1. Juni 1988. Heidelberg 1991. S.<br />
223-231. (Beiträge zur Geschichte d. Literatur u. Kunst d. 18. Jh. Bd 11.)<br />
[Lindner war Initiator u. Präsident d. Gesellschaft d. Freunde d. Herzog August <strong>Bibliothek</strong> Wolfenbüttel e. V.]<br />
348. M a h ren holz, Jürgen: Der evangelische Abt Christian \fahrenholz und das Kloster Amelungsborn.<br />
In: Nachrichtenblatt der Familie Mahrenholtz, Mahrenholz und Marenholz. Nr. 52.1991.<br />
S. 108-114.<br />
349. Stadler, Barbara: Pappen heim und die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. (Winterthur) 1991.<br />
931 S., Abb.<br />
[Darin: Wolfenbüttel. S. 249-274. Verfasser wertete Archivalien d. Nds. Staatsarchivs Wolfenbilttcl aus.] [Darin: Der Casus<br />
Brunsvicensis. S. 331-354.]<br />
350. Zimmermann, Helmut: Die Vorfahren des Historikers Georg Heinrich Pertz .<br />
In: Norddeutsche Familienkunde, Jg 40. 1991 S. 341-345.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
183
Reichenbach, Georg von s. Nr. 131.<br />
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
351. Gresky, Wolfgang: Walther Reinboth 15. Dezember 1990. In: Südniedersachsen. Zs. f. Heimatptlege<br />
u. Kultur. Jg. 19. 1991. S. 24-25.<br />
352. Laub, G[erhard]: Walther Reinboth t (15.12.1990). In: Unser Harz. Jg. 39.1991. S. 13.<br />
353. Wagnitz, Friedrich: Herzog Rudolr August von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel .<br />
"Der Pietist auf d. Welfenthron". (Wolfenbüttel: Verf. 1991.) 115 gez. BI., 1 Abb. 4° [Umschlagt.]<br />
[Masch.schr. vervielf.]<br />
[Die Arbeit ist vorhanden im Nds. Staatsarchiv Wolfenbüttel unter d. Signatur 2" Zg. 131/91.)<br />
354. Pilger, Ellen: Caroline Schelling-Schlegel verw. Böhmer geb. Michaelis. In: Allgern. Harz<br />
Berg-KaI. 1992. [1991] S. 84-91, Abb.<br />
Schlageter, Albert Leo s. Nr. 174.<br />
Schmelzkopf, Eduard s. Nr. 166, 167.<br />
355. Nahrwold, Regine: Ernst Straßner. Leben. Stellung zur zeitgenössischen Kunst. Werk 1924-90.<br />
<strong>Braunschweig</strong> (: Städtisches Museum) 1991. 276 S., 32 Abb. (<strong>Braunschweig</strong>er Werkstücke. Bd<br />
82 = R. B, Bd 13.)<br />
[[Werkverzeichnis S. 173-214; Briefwechsel Straßner·Purrmann in Auszugen S. 226-237.)<br />
356. Kwan, Elisabeth E.: Gustav Teichmüller - ein großer Sohn <strong>Braunschweig</strong>s. In: Braunschw.<br />
KaI. 1992. [1991.] S. 32-34,2 Abb.<br />
357. BiegeI, Gerd: Erinnerungen an Herzogin Victoria J,uise zum 100. Geburtstag am 13. September<br />
1992. In: Braunschw. KaI. 1992. [1991.] S. 5-59, 6 Abb.<br />
184<br />
Vorwerk, Anna s. Nr. 160.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Chronik des <strong>Braunschweig</strong>ischen Geschichtsvereins<br />
vom Oktober 1991 bis Oktober 1992<br />
Die erste Vorstandssitzung im Berichtszeitraum fand unter der Leitung von Dr.<br />
Scheel am 25. 11. 1991 im Stadtarchiv <strong>Braunschweig</strong> statt. Der Vorsitzende stellte zunächst<br />
die bereits im <strong>Braunschweig</strong>isehen Jahrbuch 72/1991, S. 219 angekündigten und<br />
inzwischen erschienenen Vereinpublikationen von Rainer Täubrich und Arno Weinmann<br />
vor und teilte mit, daß sich die Dissertation von Annette Jorns im Druck befinde. Für das<br />
von Hilda Lietzmann vorgelegte Manuskript "Heinrich Julius, Herzog zu <strong>Braunschweig</strong><br />
und Lüneburg. Persönlichkeit und Wirken für Kaiser und Reich" wurde eine Druckbeihilfe<br />
beantragt. Diese Untersuchung soll als Band 30 der Reihe "Quellen und Forschungen zur<br />
braunschweigischen Geschichte" erscheinen. Es herrschte Übereinstimmung, daß ein angekündigtes<br />
umfangreiches Manuskript zur neuesten braunschweigischen Geschichte nur<br />
dann publiziert werden kann, wenn es als Aufsatz von maximal 40 Schreibmaschinenseiten<br />
eingereicht wird.<br />
Der Vorsitzende berichtete dann über die für das <strong>Braunschweig</strong>ische Jahrbuch 72/1991<br />
vorgesehenen Beiträge. Anstelle der ausgeschiedenen Bibliographin Diplom-<strong>Bibliothek</strong>arin<br />
Sibylle Weitkamp hat sich dankenswerter Weise <strong>Bibliothek</strong>soberrätin Dr. Luitgard Camerer<br />
bereiterklärt, die Zusammenstellung der Bibliographie für das Berichtsjahr 1990 zu<br />
übernehmen.<br />
Anschließend äußerte Dr. Scheel den Wunsch, ihn von der Schriftleitung der Veröffentlichungen<br />
des Geschichtsvereins zu entbinden. Er schlug vor, mit dieser Aufgabe von 1992<br />
an Dr. J arck zu betrauen. Dr. Scheel ist bereit, bereits zur Drucklegung vorbereitete Publikationen<br />
weiterhin zu betreuen. Der Vorstand war mit dieser Regelung einverstanden und<br />
Dr. Jarck bereit, die Schriftleitung zu übernehmen. Im Namen der Anwesenden dankte<br />
Schatzmeister Dr. Spies dem Vorsitzenden für seine zehnjährige erfolgreiche Herausgebertätigkeit<br />
der Vereinspublikationen.<br />
N ach längerer Diskussion stimmte der Vorstand mehrheitlich dem Vorschlag von Dr. J arck<br />
zu, die Bibliographie zur braunschweigischen Landesgeschichte vom Berichtsjahr 1992 an<br />
wieder von der <strong>Bibliothek</strong>arin des Staatsarchivs Wolfenbüttel betreuen zu lassen.<br />
Anhand einer Tischvorlage stellte der Geschäftsführer Dr. Gar z man n das Vortragsprogramm<br />
für das Winterhalbjahr 1991/92 vor, und der Schatzmeister Dr. Spies berichtete<br />
über den ausgeglichenen Vereinshaushalt. Auf die weiterhin große Resonanz der Studienfahrten<br />
wies Frau Dr. W i s w e als Leiterin hin, so daß eine Exkursion wegen des Andrangs<br />
wiederholt werden mußte.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />
185
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Schließlich informierte der Vorsitzende den Vorstand, daß der <strong>Braunschweig</strong>ische Geschichtsvcrein<br />
der <strong>Braunschweig</strong>ischen Landschaft beigetreten ist. Er gehört zur Arbeitsgruppe<br />
4 "Geschichtsvereine" und stellt mit Dr. Scheel den Sprecher dieser Gruppe.<br />
Eine weitere Vorstandssi tzung fand am 25.3. 1992 im Städtischen Museum in <strong>Braunschweig</strong><br />
statt. Nachdem Dr. Scheel mitgeteilt hatte, daß das <strong>Braunschweig</strong>ische Jahrhuch<br />
72/1991 Mitte April an die Mitglieder versandt wird, stellte Dr. Jarck den Inhalt von Band<br />
73/1992 vor.<br />
Über die inhaltliche Gestaltung der landesgeschichtlichen Bibliographie beschloß der Vorstand<br />
auf Vorschlag von Dr. Jarck mehrheitlich, künftig auch in Auswahl Titel über die<br />
Geschichte der erst 1978 zum Regierungsbezirk <strong>Braunschweig</strong> hinzugekommenen Landesteile<br />
aufzunehmen. Mit dem Verlag Olms soll geklärt werden, ob die nahezu druckreife<br />
kumulative Bibliographie zur braunschweigischen Landesgeschichte für die Jahre<br />
1955-1985 durch den Berichtszeitraum 1986-1990 auf Kosten des Verlages ergänzt werden<br />
kann.<br />
Auf der Sitzung wurden auch Modalitäten über die Gewährung von Finanzierungsbeihilfen<br />
durch den Verein erörtert. Außerdem informierte Frau Dr. Wiswe über die 1992geplanten<br />
Exkursionen, und Dr. Ganzmann stellte das Vortragsprogramm für das Winterhalbjahr<br />
1992/93 vor. Es wurde angeregt, eine verbilligte Verkaufsaktion von älteren Vereinspublikationen<br />
durch die Tauschstelle organisieren zu lassen.<br />
Die von 164 Personen gut besuchte Mitgliederversammlung am 23. April 1992 im<br />
Städtischen Museum <strong>Braunschweig</strong> leitete an Stelle des auf Urlaub befindlichen Vorsitzenden<br />
der stellvertretende Vorsitzende Dr. J arck. Er begrüßte die Versammlungs teilnehmer ,<br />
stellte die Beschlußfähigkeit fest und sprach Worte des Gedenkens für unsere verstorbenen<br />
Vereinsmitglieder. Nachdem Dr. Jarck auf die erfreuliche Zunahme der Mitgliederzahl<br />
auf 692 Personen hingewiesen hatte, berichtete er über die neuesten Vereinspublikationen,<br />
die den Mitgliedern zur Einsichtnahme durch Umlauf vorgelegt wurden.<br />
Den Tätigkeitsbericht seit der letzten Mitgliederversammlung erstattete der Geschäftsführer<br />
Dr. Gar z man n. Im Winterhalbjahr 1991/92 sind folgende Vorträge gehalten<br />
worden:<br />
17.10.91 Prof. Dr. Matthias Springer, Magdeburg: Magdeburg und Europa im Hochmittelalter.<br />
21. 11. 91 Peter Barschei, M. A. (Freiburg Br.): Söldner im Nordwestdeutschland des<br />
16. und 17. Jahrhunderts.<br />
16. 1. 92 Prof. Dr. Gerhard Schildt, <strong>Braunschweig</strong>: Die norddeutsche Landbevölkerung<br />
in der Revolution von 1848.<br />
20. 2.92 Prof. Dr. Bernd Schneidmüller, <strong>Braunschweig</strong>: <strong>Braunschweig</strong>, Goslar und<br />
das Reich im Spätmiuelalter.<br />
19. 3.92 Andrea Winter, M. A. (Wolfenbüttel): <strong>Braunschweig</strong>er Barockmöbel und die<br />
Tischlergilde im 18. Jahrhundert (mit Dias).<br />
23. 4.92 Prof. Dr. Harmen Thies (<strong>Braunschweig</strong>): Sächsische Baukunst der Romanik<br />
des 12. Jahrhunderts (mit Dias).<br />
186<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Schatzmeister Dr. Spies, der über die Einnahmen und Ausgaben im Vereinsjahr<br />
1991 berichtete, gab den Kassenbestand am 31. 12. 1991 mit 11.058,- DM an. Ein von<br />
unseren Mitgliedern Dr. G. Etzold und Dr. H.-U. Ludewig unterzeichnetes Protokoll<br />
bescheinigt dem Schatzmeister eine korrekte Rechnungsführung, so daß auf Vorschlag unseres<br />
Mitgliedes Dr. P. Giesau dem gesamten Vorstand durch die Mitgliederversammlung<br />
Entlastung erteilt wurde. In ihrem Ämtern bestätigt wurden die vorerwähnten Kassenprüfer.<br />
Nachdem Dr. Jarck die Versammlung über die bisher für das <strong>Braunschweig</strong>isehe<br />
Jahrbuch 73/1992 vorliegenden Aufsätze unterrichtet hatte, stellte Frau Dr. Wis we<br />
als Leiterin der S t u die n fa h r t e n das Programm für den Sommer 1992 vor, das inzwischen<br />
wie geplant durchgeführt worden ist.<br />
Da nach dem Fall von Mauer und Stacheldraht ein Nachholbedarf besteht, jene Orte und<br />
historischen Sehenswürdigkeiten aufzusuchen, die vorher kaum oder nur unter großen<br />
Schwierigkeiten zu erreichen waren, sind 1992 drei Studienfahrten in die neuen Bundesländer<br />
durchgeführt worden: eine Exkursion nach Thüringen und zwei weitere nach Sachsen<br />
AnhhaIt.<br />
Ziele der ersten Studienfahrt am 16. 5. 1992 nach Thüringen (Dr. Wiswe, Dr. Scheel) waren<br />
die Hohenstaufenburg und das Nationaldenkmal auf dem Kyffhäuserberg sowie das<br />
Bauernkriegspanorama auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Bad Frankenhausen. Zunächst<br />
wurde das Kyffhäuserdenkmal besichtigt, das nach einem Vorschlag deutscher Kriegervereinigungen<br />
in den Jahren 1890-1896 errichtet wurde. Die Entwürfe stammten von<br />
dem Architekten Bruno Schmitz, der auch die Kaiser-Wilhlem-Denkmäler an der Porta<br />
Westfalica und am Deutschen Eck projektiert hat. Mit den Gestalten Kaiser Barbarossas<br />
und Kaiser Wilhe\ms I. in ein und demselben Denkmal sollte die Gründung des zweiten<br />
Kaiserreiches bewußt als Wiederaufnahme der mittelalterlichen Reichsidee symbolisiert<br />
werden. Nach einem Vortrag über die Kyffhäusersage und die Geschichte des aus einer<br />
Vereinigung deutscher Kriegervereine hervorgegangenen Kyffhäuserbundes wurden die<br />
Überreste der zum Schutz der nahegelegenen Pfalz Tilleda errichteten Burganlage aus<br />
staufischer Zeit besichtigt. Spiegelt das Kyffhäuserdenkmal das Selbstverständnis des Kaissereiches<br />
um 1900 wider, so sollte das in einer Rotunde befindliche Monumentalgemälde<br />
"Bauernkriegspanorama Bad Frankenhausen" nach Auffassung der Auftraggeber Traditionen<br />
des inzwischen untergegangenen DDR-Staates dokumentieren: die sogenannte<br />
frühbürgerliche Revolution in der Zeit der Reformation und der Untergang eines Bauernheeres<br />
im Jahre 1525. Das in der Manier von Pieter Brueghel in mehrjähriger Arbeit von<br />
dem Leipziger Maler und Grafiker Werner Tübke in Öl auf Leinwand geschaffene Gemälde<br />
dürfte die Auftraggeber allerdings kaum befriedigt haben, daß das Dargestellte viele<br />
Deutungsmöglichkciten zuläßt und sich kaum für politische Propaganda eignet.<br />
Eine weitere Studienfahrt fand am 13. 6. 1992 nach Lutter am Barenberge, Einbeck und<br />
Rotenkirchen sowie zu den Burgruinen von Greene und Grubenhaben statt (Dr. Wiswe).<br />
Einbeck gehört zu den wenigen niedersächsischen Städten, die im Kern ihren spätmittelalterlichen<br />
bzw. frühneuzeitlichen Charakter mit alten Straßenzügen, bemerkenswerten<br />
Fachwerkbauten und Teilen der alten Stadtbefestigung bewahrt haben. Auf dem Marktplatz<br />
sind besonders das dreitürmige Rathaus, die Ratswaage, die Ratsapotheke und an<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
der Marktstraße des Eickesche Haus mit geschnitzten Holzreliefs hervorzuheben. Ein weiteres<br />
Ziel war die unweit Einbecks gelegene Burgruine Grubenhagen, die dank der Bemühungen<br />
eines Fördervereins vor kurzem restauriert werden konnte. Sie war einst Stammsitz<br />
einer 1494 ausgestorbenen Linie des Welfenhauses. Das zugehörige ehemalige Vorwerk<br />
Rothenkirchen ist von König Georg V. von Hannover als Sommersitz mit einem englischen<br />
Landschaftsgarten eingerichtet worden. Während die danach besuchte Höhenburg Greene<br />
einst einen alten Leineübergang sicherte, erfüllte die Sumpfburg Lutter am Barenberge<br />
eine ähnliche Funktion an der alten Fernhandelsstraße von Frankfurt a. M. nach <strong>Braunschweig</strong>.<br />
An den Führungen dieser Studienfahrt beteiligten sich neben Frau Dr. Wiswe<br />
Frau Dr. Kohl und die Herren F. Alfus, Stauß und G. Weiß.<br />
Zwei weitere Exkursionen führten in das Niedersachsen benachbarte Bundesland Sachsen<br />
Anhalt, dessen Hauptteil als preußische Provinz Sachsen bis 1945 Grenznachbar des Freistaates<br />
<strong>Braunschweig</strong> gewesen ist. Zwischen diesen Territorien bestanden seit dem Mittelalter<br />
vielfältige politische Beziehungen und konträre wirtschaftliche Interessen, was besonders<br />
auf der dritten Studienfahrt am 22. August 1992 nach Haldensleben und Hundisburg<br />
deutlich wurde (Dr. Scheel). Die Burg und danach die Stadt Haldensleben war nämlich die<br />
östlichste Bastion im Herrschaftsbereich Heinrichs des Löwen aus dem supplinburgischen<br />
Erbe, die der Welfe nach kriegerischen Auseinandersetzungen an den Bischof Wichmann<br />
von Magdeburg verlor. Der Aufenthalt in Haldensleben begann mit der Besichtigung des<br />
städtischen Museums, durch dcssen reichhaltige Sammlungen die Museumsleiterin Frau<br />
Bandoly führte. Sie erläuterte während eines Stadtrundgangs auch die historischen Sehenswürdigkeiten,<br />
unter anderem das Rathaus, einen reitenden Roland und die gut erhaltenen<br />
Stadttürme. Bcsonderes Interesse fand bei den Fahrtteilnehmern die anschlicßende Besichtigung<br />
einer alten Ziegelei in der Nähe von Haldcns1cbcn, dic zwar jetzt Industriedcnkmal<br />
ist, in deren Brennöfen aber noch Spezialziegel für die Denkmalpflege gefertigt werden.<br />
Zum Abschluß wurde das ehemalige von Alvenslcbensche Schloß Hundisburg besucht.<br />
Das durch Unachtsamkeit nach Kriegsende teilweise eingeäscherte Gebäude, das der Wolfenbüttelcr<br />
Baumeister Hermann Korb Ende des 17. Jahrhunderts errichtet hat, soll wegen<br />
seiner architektonischen Bedeutung restauriert werden. Dies gilt auch für den ausgedchnten<br />
Barockpark, dessen Wiederherstellung bereits in Angriff genommen wurde. In Hundisburg<br />
führte sachkundig Kreishcimatpfleger U. Hauer.<br />
Der ehemalige Herrschaftsbereich der Bischöfe von Halberstadt, der seit den Zeiten Heinrichs<br />
des Löwen in besonders engen Beziehungen zum Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>-Lüneburg<br />
stand, ist unter dem Motto "Höhepunkte romanischer Baukunst" Ziel der letzten<br />
Studienfahrt am 5.9.1992 gewesen (Dr. Wiswe, Dr. Scheel).<br />
Die Zeit Heinrichs des Löwen und des Bischofs Ulrich von Halberstadt war durch kriegerische<br />
Auseinandersetzungen um weltliche Hoheitsrechte geprägt, in deren Verlauf die<br />
Stadt Halberstadt von welfischen Truppen 1179 niedergebrannt wurde. N ach der Reformation<br />
standen dann braunschweigische Herzöge von 1566-1648 als protestantische Bischöfe<br />
an der Spitze des Bistums. Der erste, Herzog Heinrich Julius, wurde 1578 noch nach kat ho-<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
lischem Ritus im Benediktinerkloster Huysburggewciht. Es ist im 11. Jahrhundert als Doppelkloster<br />
errichtet worden. Mit der Besichtigung der bedeutenden romanischen Klosterkirche<br />
begann das wissenschaftliche Programm dieser Exkursion. Danach wurde die Höhenburg<br />
Schlanstedt besucht. Seit dem Spätmittelalter im bischöflich halberstädtischen<br />
und nach 1648 in preußischem Besitz, sollte sie den Übergang über das große Bruch sichern.<br />
Von 1836 bis Kriegsende 1945 war die braunschweigische Familie Rimpau Pächter,<br />
die dort einen bedeutenden und bekannten Saatzuchtbetrieb aufbaute und betrieb. Die<br />
Studienfahrt endete mit der Besichtigung der katholischen Pfarr- und Stiftskirche St. Pancratius<br />
in Hamersleben. Sie gehörte bis zur Säkularisierung der geistlichen Güter durch<br />
den preußischen Staat im Jahre 1804 zum Augustiner Chroherrenstift, das Anfang des 12.<br />
Jahrhunderts von Osterwieck dorthin verlegt worden ist. Sachkundige Erläuterungen über<br />
die Baugeschichte der bald danach begonnenen hochromanischen Stiftskirche, ihre Ausstattung<br />
und kunstgeschichtliche Bedeutung gab wie bereits in Huysburg auch hier Herr B.<br />
Wedemeyer, M. A. Auf Anordnung des zuständigen Pfarrers durften die noch erhaltenen<br />
Klausurgebäude mit dem Kreuzgang leider nicht besichtigt werden.<br />
Die ursprünglich im Frühsommer geplante und vorbereitete zusätzliche Studienfahrt zur<br />
Salierausstellung nach Speyer mußte bedauerlicher Weise wegen organisatorischer<br />
Schwierigkeiten der Ausstellungsleitung ausfallen.<br />
Im Anschluß an die Vorstellung des Exkusionsprogramms referierte Dr. Garzmann über<br />
die für das Winterhalbjahr 1992/93 geplante Vortragsserie.<br />
Mit dem Hinweis auf zwei wissenschaftliche Veranstaltungen, zu denen auch die Mitglieder<br />
unseres Vereins als Gäste willkommen sind, schloß Dr. Jarck die Mitgliederversammlung.<br />
Es sind dies: Tagung der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen vom<br />
28.-30. Mai 1992 in Salzgitter über "Raumordnungs- und Siedlungspolitik im Dritten<br />
Reich in Niedersachsen" sowie 19. Tag der Landesgeschichte vom 29.-31. Mai 1992 in<br />
Marburg über "Dynastie und Territorium im Alten Reich".<br />
Günter Scheel<br />
VERSTORBENE MITGLIEDER<br />
Gorsler, Adalbert, Rentner, Hildesheim<br />
Gosebruch, Martin, Dr. phi!, Universitätsprofessor, <strong>Braunschweig</strong><br />
Hammerstein-Gesmold, Barbara, Freifr. von, Goslar<br />
Pöschke, Helmut, Amtsgerichtsrat a. D., <strong>Braunschweig</strong><br />
Schreuer, Siegfried, Stadtarchivar i. R., Salzgitter<br />
Schwarz, Wilhelmine, Lehrerin a. D., <strong>Braunschweig</strong><br />
Weiss, Günter Friedrich, Vermessungsoberinspektor, <strong>Braunschweig</strong><br />
Wiswe, lrmgard, Fümmelse<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Quellen und Forschungen zur braunschweigischen Geschichte<br />
Bd. 1 Meier, Heinrich: Die Straßennamen der Stadt <strong>Braunschweig</strong>. 1904.<br />
Bd. 2 Bode, Georg: Herkunft und Heimat Gunzelins von Hagen, des ersten<br />
Grafen von Schwerin. Der Forst von Hasselfeide, ein welfisches Allod.<br />
Zwei geschichtliche Studien. 1912.<br />
Bd. 3 Kriegserinnerungen des Obersten Franz Morgenstern aus westfälischer Zeit.<br />
Herausgegeben von Heinrich Meier. 1912.<br />
Bd. 4 Mutke, Eduard: Helmstedt im Mittelalter. Verfassung, Wirtschaft, Topographie.<br />
1913.<br />
Bd. 5 Vollmer, Bernhard: Die Wollweberei und der Gewandschnitt in der Stadt<br />
<strong>Braunschweig</strong> bis zum Jahre 1671. 1913.<br />
Bd. 6 Festschrift für Paul Zimmermann zur VolIendung seines 60. Lebensjahres.<br />
1914.<br />
Bd. 7 Spies, Gustav: Geschichte der Hauptkirche B. M. V. in Wolfenbüttel. 1914.<br />
Bd. 8 Aus den Briefen der Herzogin Philippine Charlotte von <strong>Braunschweig</strong><br />
1732-1801. Mitgeteilt von Hans Droysen. Bd. 1: 1732-1768. 1916.<br />
Bd. 9 Meier, P. J.: Der Streit Herzog Heinrichs des Jüngeren von Braunsehweig<br />
Wolfenhüttcl mit der Reichsstadt Goslar um den Rammelsberg. 1928.<br />
Bd. 10 Keilitz, Alfred: Die Wirkungen des Dreißigjährigen Krieges in den Wittumsämtern<br />
des Herzogtums <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel. 1938.<br />
Bd. 11 Biehringer, Frieda: Herzog Karl I. von <strong>Braunschweig</strong>. 1920.<br />
Bd. 12 Behse, Arthur: Die juristische Fakultät der Universität Helmstedt im Zeitalter<br />
des Naturrechts. 1920.<br />
Bd. 13 Böse, Otto: Die Revolution von 1848 in <strong>Braunschweig</strong>. 1948.<br />
Bd. 14 Beiträge zur Geschichte des Gerichtswesens im Lande <strong>Braunschweig</strong>. Hrsg.<br />
von Werner Spieß. 1954.<br />
Bd. 15 Forschungen zur braunschweigischen Geschichte und Sprachkunde. Hrsg.<br />
von Fritz Timme. 1954.<br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Bd. 16 Eekert, Georg: Die Braunsehweigcr Arbeiterbewegung unter dem Sozialistengesetz,<br />
1. Teil (1878-1884). 1961.<br />
Bd. 17 Wiswe, Meehthild: Die Flurnamen des Salzgittergebietes. 1970.<br />
Bd. 18 Giesau, Peter: Die Benediktinerkirche St. Ägidien zu <strong>Braunschweig</strong>. Ihre<br />
Baugeschichte von 1278 bis 1478 und ihre Stellung in der deutschen Architektur<br />
des 13. bis 15. Jahrhunderts. 1970.<br />
Bd. 19 Kleinau, Hermann: Die von Werle im Raum <strong>Braunschweig</strong> - Nordharz -<br />
Halberstadt. Ein Beitrag zur Geschichte der welfischen Dienstmannschaft<br />
und zur Pfalzenforschung. 1970.<br />
Bd. 20 Gruhne, Fritz: Auswandererlisten des ehemaligen Herzogtums <strong>Braunschweig</strong><br />
ohne Stadt <strong>Braunschweig</strong> und Landkreis Holzminden 1846-1871. 1971.<br />
Bd. 21 Knauf, Tassilo: Die Architektur der <strong>Braunschweig</strong>er Stadtpfarrkirchen in der<br />
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. 1974.<br />
Bd. 22 Gerkens, Gerhard: Das fürstliche Lustschloß Salzdahlum und sein Erbauer<br />
Herzog Anton Ulrich von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel. 1974.<br />
Bd. 23 <strong>Braunschweig</strong>ische Landesgeschichte im Überblick. Im Auftrage des <strong>Braunschweig</strong>ischen<br />
Geschichtsvereins heratJsgegeben von Riehard Moderhack.<br />
1. Auf). 1976.2. Auf). 1977.3. Aufl. 1979 (Vertrieb: Waisenhaus-Buchdruckerei<br />
und Verlag <strong>Braunschweig</strong>).<br />
Bd. 24 Sander, Julie: Kulturelles Leben in Mitteldeutschland im ersten Viertel des<br />
19. Jahrhunderts, dargestellt am Gästebuch der Industrie-Töchter-Schule in<br />
Blankenburg am Harz (1805-1838). 1976.<br />
Bd. 25 Billig, Wolfgang: Die Stiftskirche zu Steterburg. 1982.<br />
Bd. 26 Ludewig, Hans-Vlrieh: Das Herzogtum <strong>Braunschweig</strong> im ersten Weltkrieg.<br />
1984.<br />
Bd. 27 Grefe, Ernst-Hermann: Gefährdung monarchischer Autorität im Zeitalter der<br />
Restauration. Dcr brauschweigische Umsturz von 1830 und die zeitgenössische<br />
Publizistik. 1987.<br />
Bd. 28 Nicolai, Bernd: Libido Aedificandi. Walkenried und die monumentale Kirchenbaukunst<br />
der Zisterzienser um 1200.1990.<br />
Bd. 29 Täubrich, Rainer: Herzog Heinrich der Jüngere von <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel<br />
(1489-1568). Leben und Politik bis zum Primogcniturvertrag von 1535.1991.<br />
Von den Bänden 1-27 sind Bd. 1,4-7,9,11-15 sowie 23,1. und 2. Aufl., vergriffen.<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Beihefte zum <strong>Braunschweig</strong>ischen Jahrbuch<br />
Bd.l<br />
Bd.2<br />
Bd.3<br />
Bd.4<br />
Bd.5<br />
Bd.6<br />
Bd.7<br />
Bd.8<br />
Strauß, Ulrike: Das ehemalige Augustinerchorfrauenstift Marienberg bei<br />
Helmstedt. 1983.<br />
Bunselmeyer, Silvia: Das Stift Steterburg im Mittelalter. 1983.<br />
Gerbert, Anneliese: Öffentliche Gesundheitspflege und staatliches Medizinalwesen<br />
in den Städten <strong>Braunschweig</strong> und Wolfenbüuel im 19. Jahrhundert.<br />
1983.<br />
Butz, Werner: Der Polizeibegriff im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>-WolfenbüUel.<br />
Umfang und geschichtliche Entwicklung bis 1806. 1986.<br />
Puhle, Dorothea: Das Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel im Königreich<br />
Westphalen und seine Restitution 1806-1815. 1989.<br />
von Boetticher, Annette: Gütererwerb und Wirtschaftsführung des Zisterzienserklosters<br />
Riddagshausen bei <strong>Braunschweig</strong> im Mittelalter. 1990.<br />
Weinmann, Arno: <strong>Braunschweig</strong> als landesherrliche Residenz im Mittelalter.<br />
1991.<br />
Jorns, Annette: Lebens- und Arbeitssituation von Frauen im Lande <strong>Braunschweig</strong><br />
1830-1865. 1991.<br />
Vertrieb: <strong>Braunschweig</strong>ischer Geschichtsverein e. V.<br />
3340 Wolfenbüttel, Forstweg 2 (Niedersächsisches Staatsarchiv),<br />
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
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