s too braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig
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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />
Es war in besonderem Maße das kleine Fürstentum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel ein bevorzugter<br />
Zufluchtsort der sich seit dcr Hinrichtung Ludwig XVI. vermehrt über die europäischen<br />
Territorien ausbreitenden Emigrantenströme 32 ). Die Gründe hierfür liegen nicht<br />
zuletzt in dt:r Pt:rson des regit:renden Braunschwcigt:r Ht:rzogs. Karl Wilhelm Ferdinand<br />
(1735-1806)33), preußischer Feldherr und Führer der preußischen und österreichischen<br />
Truppen im 1. Koalitionskrieg gegen die französischen Revolutionsheere 1792-94, hatte<br />
sein kleines Land, geleitet von christlich-humanitärer Gesinnung und einer gewissen Standessolidarität,<br />
dem auf der Flucht umherirrenden Adel des einstigen Gegnerlandes geöffnet.<br />
Sein prominentester Gast war zeitweilig Ludwig XVIII., Bruder des hingerichteten<br />
Königs Ludwig XVI., der seit 1795 den Königstitcl führte. Ihm hatte Kar! Wilhelm Ferdinand<br />
im Fürstentum Blankenburg eine geschützte Bleibe zugewiesen. Von Juli 1796 bis<br />
Februar 1798 lebte der landlose Monarch in dem gleichnamigen Harzstädtchen, aus Furcht<br />
vor Attentaten unter dem Namen eines Grafen von Lilie. Er wurde begleitet von einem<br />
größeren, hofstaatähnlichen Gefolge, das sich über die gesamte Stadt Blankenburg verteilte.<br />
Die Versuchung drängt sich auf, die große Anzahl der auch in Wolfenbüttel und<br />
<strong>Braunschweig</strong> belegten Emigranten in Zusammenhang zu sehen mit der Anwesenheit Ludwigs<br />
XVIII. in Blankenburg. Es dürfte aber auch eine umgekehrte Kausalität bestanden<br />
haben. So kam Ludwig XVIII. nur durch die Vermittlung eines seit langem mit dem Herzog<br />
bekannten hohen französischen Adeligen, des Marquis de Castries, in den Genuß der Gastfreundschaft<br />
Karl Wilhclm Ferdinands. Cast ries hatte für sich und seine Familie bereits<br />
Asyl in Wolfenbüttcl erhalten und erreichte eben dies auch für den König 34 ). Die Annahme,<br />
daß auch d'Aligre dem weiteren Gefolge des Königs zuzurechnen sei, erscheint<br />
daher nicht unbedingt zwingend. Sie verbietet sich indes geradezu, vergleicht man die von<br />
32) Zur Verteilung der Emigranten über die deutschen Kleinstaaten allgemein vgl. neben de Diesbach<br />
(wie Anm. 3), S. 299-376, Irmgard A. Härtig, Französische Emigranten in Deutschland<br />
zur Zeit der Revolution und Napoleons. In: Deutsche Emigranten in Frankreich - Französische<br />
Emigranten in Deutschland 1685-1945. Ausstellungskatalog, Paris 21984, S. 46 ff.; eine grundlegende<br />
Allgemeinuntersuchung des Emigrantenwesens im Fürstentum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel,<br />
vergleichbar der Arbeit von A. Moser über die Konstanzer Emigrantenkolonie (wie Anm. 3)<br />
existiert nicht. Reiches Material dazu gesammelt in: Emigranten der Französischen Revolution im<br />
Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>. Sonderausstellung des Nieders. Staatsarchivs Wolfenbüttel, Wolfenbüttel<br />
1989 (als Typoskript vervielfältigt). Vgl. auch Die Französische Revolution und Niedersachsen<br />
1789-1803. Katalog und Textband, hg. von R. Oberschelp, Veröffentlichungen der<br />
Nieders. Landesbibliothek Hannover, Nr. 9 und 10, Hildesheim 1989. Eine ältere Darstellung der<br />
<strong>Braunschweig</strong>er Verhältnisse bei S. Stern, Kar! Wilhe1m Ferdinand, Herzog zu <strong>Braunschweig</strong><br />
und Lüneburg, Hildesheim und Leipzig 1921, S. 246 ff. und aus französischer Sicht bei de Diesbach,<br />
(wie Anm. 3), S. 318 ff. Vgl. auch P. Sander, Französische Emigranten in Deutschland.<br />
Untersuchungen über die politische Tätigkeit und das tägliche Leben der Emigranten im Rheinland<br />
und im Herzogtum <strong>Braunschweig</strong>-Wolfenbüttel, (Diss.) 1939, und die breit angelegte biographische<br />
Studie von R. R. Beer, Der Marquis de Castries. Gegner und Gastfreund Kar! Wilhelm<br />
Ferdinands, Herzogs zu <strong>Braunschweig</strong> und Lüneburg. In: <strong>Braunschweig</strong>. Jahrbuch 56,1975, S.<br />
121-170.<br />
33) Zu ihm neben der in Anm. 32 genannten Literatur J. König, Karl Wilhelm Ferdinand von <strong>Braunschweig</strong>.<br />
In: NDB 11, 1977, S. 224f.<br />
34) Beer (wie Anm. 32), S. 160 f.<br />
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http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631