<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong> darauf hinweist, daß Künstler aus Norddeutschland nach Udine kamen und dort Anregungen vergaben, wird sich wohl das Vorbild in Italien befunden und von dort seinen Weg nach Norden genommen haben 15). Es mag sonderbar erscheinen, daß es, ebenso wie in <strong>Braunschweig</strong> auch in Aquileia neben Hermagorasdarstellungen eine solche des Thomas Becket vom Ende des 12. Jahrhunderts gibt 16). Dies kann aber nicht im Zusammenhang mit unserer Betrachtung des Hermagoras und auch kaum als weitere Verkettung <strong>Braunschweig</strong>lAquileia gesehen werden. Es dürfte eher daher rühren, daß die drei Töchter des englischen Königs Heinrich 11. - nach der Befreiung des Königs vom Verdacht der Beteiligung am Mord an Thomas - an vielen SteIlen in Europa zur Verbreitung des Thomas-Bccket-Kultes beigetragen haben, so in Italien neben Aquileia u. a. auch in Spoleto (Santi Giovanni e Paolo - Ende 12. Jahrhundert). Es gab mindestens vier in <strong>Braunschweig</strong> verehrte Heilige, deren Seiten mit Hecheln aufgerissen worden waren: Hermagoras, Blasius, Theodorus und Vincentius. Da, wir wiesen oben schon auf Klarnts diesbezügliche Bemerkung hin, sowohl Vincentius als auch Theodorus keine Bischöfe waren, der Gemarterte aber eine Mitra trägt, kann es sich bei SMIII1 nur um Blasius oder Hermagoras handeln. Zu bemerken ist, daß sich bei der Ähnlichkeit einzelner Szenen in den vier verschiedenen Martyrologien auch die Darstellungen dieser Ereignisse weitgehend gleichen. Hier sollte man sich erinnern, daß es sich um Martyrien handelt, die allesamt zur Zeit der Diokletianischen Verfolgungen geschahen. So gibt es eine frappierende Ähnlichkeit der Abbildung des Martyriums auf der Brandessehen Zeichnung von SMIII1, welche Klamt überzeugend als nicht den Heiligen Blasius betreffend erklären konnte, mit einer Darstellung aus dem Leben des Heiligen Blasius und einer anderen aus dem Leben des Heiligen Vincentius, beide auf einem Pluviale aus dem 13. Jahrhundert, welche sich heute im Benediktinerkloster in St. Paul im Lavanttal befindet 17). Beide 15) Außer den Reliquien gab es schon rund 200 Jahre vor der Erstellung der Malereien im <strong>Braunschweig</strong>er Dom eine Verbindung <strong>Braunschweig</strong>-Hermagoras. Die Kaiserin Gisela, in dritter Ehe Gattin Kaiser Konrads IJ., war in erster Ehe mit Grf. Bruno von <strong>Braunschweig</strong> verheiratet, Gisela ist auf den Malereien in der Apsis des Doms zu Aquileia als Kaiserin neben dem Heiligen Hermagoras abgebildet. Dort (1031) kann sie in Berührung mit der Hermagoras-Verehrung gekommen sein. Man mag nun einwenden, zu dieser Zeit habe Gisela, wahrscheinlich 19 Jahre nach dem Tode ihres ersten Mannes, keine engen Beziehungen mehr zu <strong>Braunschweig</strong> gehabt. Für eine Einführung oder Stärkung der Hermagoras-Verehrung im Raum <strong>Braunschweig</strong> durch die Kaiserin spricht aber, daß sich Gisela nach dem Tode ihres kaiserlichen Gemahls im Raum um <strong>Braunschweig</strong>, genauer in Goslar, aufgehalten haben soll und dort auch gestorben ist (Herimannus Augiensis - Hermann v. Reichenaul "der Lahme" 1013-1054, Chronicon 1043). Außerdem befindet sich die einzige andere mir bekannte Hermagorasdarstellung nördlich des Alpenraumes, in Schmalfelden (Hohenlohe), in einem Ort, welcher bis zur Schenkung von 1033 ebenfalls Besitz der Kaiserin Gisela war. 16) Dina dalla Barba B ru s i nlGiovanni Lo ren zo n i, L' Arte dei Patriarcato di Aquileia dal secolo IX al secolo XIII. Padova, 196R, S. 74, Abb. 175. In diesem Band auch weitere Abbildungen von Hermagoras-Darstellungen in Friaul. 17) Johannes Gut, Katalog zur LandesausteIlung St. Paull991, Schatzhaus Kärntens, Klagenfurt, 140 1991, Bd. 117,2-4. Dora Heinz, Katalog zur Landesausstellung St. Paul 1991, Schatzhaus Kärntens, Klagenfurt, 1991, Bd. 2 S. 681 ff. Auf einem Pluviale alJS der Mitte des 13. Jahrhunderts wird auf einem von http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631
<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong> Darstellungen auf dem Pluviale zeigen bei gleicher Aufstellung der Personen das Aufreißen der Seiten des Mannes, weIcher mit seinen Händen an ein waagerecht montiertes Holz gebunden ist (Abb. 5). Auf keiner der beiden Abbildungen ist der Gemarterte mit einem der speziell dem Heiligen Blasius ansonsten zugeordneten Attribute, gekreuzte Kerzen oder Schwein, abgebildet. Auch für den Heiligen Vincentius, dem die linke Seite des Pluviales gewidmet ist, gibt es (lli ld) eine Szene, welche ein Aufreiß