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s too braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Die Herberge zur Heimat in Wolfenbüttel (1892-1953)<br />

Ein Beitrag zur Wolfenbütteler Sozialgeschichte<br />

Von<br />

Reinhard FörsterIing<br />

Die Jahre der raschen wirtschaftlichen Entwicklung zwischen 1850 und 1870 bedeuteten<br />

auch den Übergang vom vormärzlichen Landarbeiter- und Handwerker-Proletariat zum<br />

Industrie-Proletariat. Gleichzeitig begann die Verstädterung: Handwerksgesellen, die<br />

nicht mehr hoffen konnten, sich seßhaft zu machen, selbständige Meister, die der Konkurrenz<br />

erlagen, und ehemalige Tagelöhner verdingten sich in den Fabriken. Vor allem die<br />

Wohnverhältnisse der neu in die Städte geströmten Proletarier waren menschenunwürdig.<br />

18-Stunden-Tag, Löhne am Rande des Existenzminimums und Kinderarbeit vervollständigten<br />

das Elend der Industriearbeiterschaft.<br />

Die von der industriellen Entwicklung bedrohten sozialen Gruppen schlossen sich zu<br />

Selbsthilfeorganisationen zusammen: Raiffeisen gründete ländliche Darlehenskassen,<br />

Schulze-Dc\itzsch Kreditvereine für das Kleingewerbe; Konsumvereine und erste Gewerkschaften<br />

entstanden. Die katholische und die evangcIisehe Kirche richteten karitative Vereine<br />

für Gesellen und Arbeiter ein; Kolping und Ketteler, Wichern und Bodelschwingh<br />

versuchten aus dem Geist des Christentums eine Antwort auf die sozialen Folgen der Industrialisierung<br />

und der kapitalistischen Wirtschaftsordnung für bestimmte Gruppen der Bevölkerung<br />

zu mildern, beschränkten sich aufVerbesserungsvorschläge im Rahmen der bestehenden<br />

Ordnung.<br />

Friedrich von Bodelschwingh setzte sich zum BeispicI ab 1882 verstärkt für die Einrichtung<br />

von "Herbergen zur Heimat" ein. Dieser Herbergstyp war zunächst eine Idee des Juristen<br />

Clemens Theodor Perthes zur Betreuung wandernder Handwerksgesellen. Die erste Herberge<br />

zur Heimat wurde 1854 in Bonn eröffnet. Naeh von Bodelschwingh sollten diese<br />

Häuser in den achtziger und neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts vor allem wandernde<br />

Arbeitslose aufnehmen.<br />

"Woher kamen diese 200000 Männer, weIche damals schlecht genährt, in Lumpen gekleidet,<br />

gedankenlos, zwecklos, hoffnungslos unser deutsches Vaterland durchwanderten? ...<br />

Was für ein böser Teufel war denn ins deutsche Volk gefahren, daß es seit 1870 so der<br />

Vagabondage und dem Bettel zuneigte? ... Alles stürmte in die pilzartig aufschießenden<br />

Fabriken und Aktiengründungen. Aber ebenso schnell wie der Aufschwung kam der<br />

http://www.digibib.tu-bs.de/?docid=00042631<br />

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