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s too braunschweigisches jahrbuch - Digitale Bibliothek Braunschweig

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<strong>Digitale</strong> <strong>Bibliothek</strong> <strong>Braunschweig</strong><br />

Frankreich und gehörte damit zum königlichen Kabinett. Auf Betreiben Richelieus, des<br />

seit 1624 leitenden Ministers Ludwigs, fiel er 1626 in Ungnade und zog sich zurück auf seine<br />

Güter in Perche, südwestlich von Chartres. Die Karricre seines Sohnes Etienne III., geboren<br />

1592 in Chartres, ist der seinigen ähnlich, allerdings ohne das bittere Ende. Etienne III.<br />

d'Aligre durchlief mehrere königliche Ämter, war u. a. Intendant, also höchster königlicher<br />

Beamter im Languedoc und in der Normandie, Gesandter in Venedig und unter Ludwig<br />

XIV. 1672 schließlich - wie sein Vater - Siegelbewahrer und 1674 Kanzler von Frankreich.<br />

In diesem Amt starb er 1677. Den Ruhm der Familie mehrten außerdem u. a. zwei<br />

seiner Söhne. Louis, Marquis d'Aligre, geboren 1617, starb als hoher Militär 1653 in italien,<br />

sein Bruder Francois (162G-1712), Abt von St. Jacques de Provins, assistierte seinem<br />

Vater als einflußreicher Berater am Hofe Ludwig XIV. und machte sich später einen Namen<br />

als Reformer seines Klosters und Gründer mehrerer sozialer Einrichtungen. Aus der<br />

übernächsten Generation - und damit sind wir dem Namensträger des Helmstedter Steines<br />

schon sehr nahe - hat wiederum ein d' Aligre Einzug in die einschlägige biographische Literatur<br />

gefunden. Es ist dies Etienne V. Claude (1694-1752), Vater des Emigranten. Erwar<br />

wie sein Sohn Mitglied des Pariser Parlamentes und dessen Zweiter Präsident.<br />

Vater und Sohn gehörten also einer Institution an, die als Sammelstätte des privilegierten<br />

Amtsadels eine nicht unwesentliche Rolle während der der Revolution voraufgehenden<br />

Phase der Schwächung und Demontage des absolutistischen Regierungsprinzips gespielt<br />

hat. Ehe wir uns Etienne VI. Francois d' Aligre, dem Toten des Helmstedter Steines und<br />

Erstem Präsidenten dcs Pariser Parlamentes von 1768 bis Ende 1788, näher zuwenden,<br />

sollten wir uns kurz klarmachen, welche Möglichkeiten die Parlamente besaßen, Widerstand<br />

auszuüben gegen den absolutistischen Allmachtsanspruch des Königs 7). Grundsätzlich<br />

unterscheiden sich die französischen Parlamente jener Zeit erheblich von dem, was wir<br />

heute mit diesem Begriff verbinden. Parlements waren die ohersten Gerichts- und Verwaltungshöfe<br />

der Provinzen und der Hauptstadt Paris. Es gab davon neben dem Parlament<br />

von Paris weitere zwölf, verteilt über die Provinzen in ganz Frankreich. In ihnen hatten sich<br />

letzte Reste ständestaatlicher Strukturen aus der vorabsolutistischen Zeit erhalten. Sie<br />

wurden von den feudalen Amtsinhabern mit Geschick und Zähigkeit verteidigt. Zum Aufgahenfeld<br />

der Parlamente gehörte neben der Rechtsprechung die Registrierung der königlichen<br />

Verordnungen, ohne die diese nicht in Kraft treten konnten. Die Parlamente waren<br />

nicht berechtigt, diese formale Bestätigung der königlichen Gesetzgebungs- und Verwaltungsakte<br />

zu verweigern, aber sie durften dem König Vorhaltungen hinsichtlich des Inhaltds<br />

der zu registrierenden Edikte und Verordnungen machen und ihn veranlassen, sich von<br />

ihnen eine zwangsweise Registrierung an einem außerordentlichen Gerichtstag abnötigen<br />

zu lassen. Ihr daraus resultierender, vergleichsweise großer politischer Spielraum und ihr<br />

schon unter Ludwig XV. mehrfach demonstriertes Selbstbewußtsein beruhten nicht zuletzt<br />

auch darauf, daß der Einfluß des Königs auf ihre Zusammensetzung erheblich eingeschränkt<br />

war. Ein Sitz im Parlament wurde zwar durch Kauf bei der Krone erworben, sein<br />

7) Unsere Darstellung der Parlamente und ihres Anteils am Zusammenbruch der absolutistischen<br />

Ordnung folgt F. Furet und D. Richet, Die Französische Revolution. Deutsche Übersetzung<br />

München 1981, S. 36 ff.<br />

32<br />

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