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Schätzung mit einer sehr hohen präsymptomatischen Übertragungsrate von 79% zugrunde
[5].
Auf den Internetseiten des RKI heißt es unter FAQ > Infektionsschutzmaßnahmen > Was ist
beim Tragen einer MNB in der Öffentlichkeit zu beachten?‘ vom 15. Juli und 21. August dann
nicht mehr ‚hoher Anteil‘, sondern nur noch ‚gewisser Anteil‘, um schließlich in den FAQ seit
dem 7. September (zuletzt in der Fassung vom 17.02.2021) von einem ‚relevanten Anteil‘ zu
sprechen (Hervorhebungen für dieses Gutachten). Literaturangaben sind dort nicht
vorhanden (und sind bei den FAQ auch nicht üblich).
Eine Literaturangabe dazu macht das RKI aber in einem späteren Artikel (online vorab am
23.09.2020) [6]. In diesem Beitrag mit dem Titel ‚Abwägung der Dauer von Quarantäne und
Isolierung bei COVID-19‘ heißt es:
‚Beispielsweise demonstrierten He et al., dass präsymptomatische Übertragungen für
einen Großteil (44%) von SARS-CoV-2-Übertragungen verantwortlich sind, …‘.
In der zitierten Publikation von He et al. wird eine mathematische Schätzung vorgenommen
beruhend auf Annahmen, wie sich die Viruslast im respiratorischen Sekret vor Auftreten von
Symptomen verteilen könnte [7]. Zu diesem Artikel wurde am 17. August 2020 (also gut 5
Wochen vor der online-Publikation des neuen RKI-Beitrags [6]) eine kritische Stellungnahme
veröffentlicht, auf die seither beim Aufrufen des Artikels von He et al. direkt vor Beginn des
Textes hingewiesen wird. Darin führen die Autoren Folgendes aus [8]:
‘In terms of larger COVID-19 studies that calculated the proportion of presymptomatic
versus post-symptomatic spread, a study examining 468 COVID-19 cases in China
found that 12.6% of transmission occurred prior to symptom onset [Ref]. Likewise,
contact tracing studies of 157 locally acquired cases in Singapore identified 10 cases
of presymptomatic COVID-19 transmission, but this only accounted for 6.4% of
transmission events [Ref]. Although many factors are involved with transmission
efficiency, it appears that asymptomatic / presymptomatic transmission measured by
direct contact tracing studies [Ref] is lower than that predicted by COVID-19
transmission models [Ref].’ ([Ref] steht für die Literaturangaben in dem zitierten
Artikel).
Daraus folgt: Bei der Auswertung realer Kontakt-Szenarien fanden sich deutlich geringere
Raten präsymptomatischer Übertragungen, wie 12,6% (China; im Juni publiziert [9]) oder
6,4% (Singapur; schon im April publiziert [10]. Bei den mathematischen Schätzungen [4, 5,
7], die das RKI in [1, 6] zitiert, handelt es sich um theoretische Ergebnisse, die im Vergleich
zu Ergebnissen aus der Wirklichkeit deutlich höher liegen (siehe unten).
Kontakt-Konstellationen aus Kontakt-Tracing-Untersuchungen auszuwerten, ist mühsam und
langwierig. Es kommt bei der Klärung solcher Fragen aber gerade darauf an, reale
Szenarien auszuwerten, denn dabei wird dann auch deutlich, um welche Art von Kontakten
es sich gehandelt hat. So wurde in der Studie aus Singapur ermittelt, dass bei 7
Kontaktauswertungen 3 x (Ehe-)Paare und 1 x ein Mitglied aus einer Wohngemeinschaft von
einer präsymptomatischen Erregerübertragung betroffen waren, also Situationen mit engen
Dauer-Kontakten, bei den Paaren sogar mit Schleimhautkontakt [10]. In solchen
Lebenssituationen ist mit präsymptomatischen (wie auch mit asymptomatischen)
Übertragungen zu rechnen (und dennoch sind sie selten; siehe unten). Anders ist das bei
den üblichen Kontakten im öffentlichen Raum zwischen Menschen, die sich nicht (so)
nahekommen oder höchstens kurz aneinander vorübergehen oder hintereinanderstehen.
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