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Wenn man die Zusammenfassung des ‚Lancet-Review‘ liest und danach die Abbildung 4 mit
der Metaanalyse der Studien anschaut, in denen das Tragen von Masken ausgewertet
wurde, könnte man auf den ersten Blick sagen: Masken sind in ihrer Wirksamkeit gut belegt.
Wenn man sich aber nur ein bisschen in die Abbildung vertieft, sieht man, dass fast alle
Einzelstudien im Krankenhaus-Setting durchgeführt wurden und nur drei im Non-Healthcare-
Setting (alle zu SARS-1) [44 – 46], dies aber auch nicht wie bei der Maskenpflicht in
Deutschland zum Fremdschutz in der Öffentlichkeit, sondern zum Eigenschutz in der Familie
(1 x) [44] oder beim Verlassen der Wohnung (1 x) [45]. Als protektive Faktoren wurden in
dieser Studie im Übrigen auch der Besuch von Bauernmärkten und der Besitz von
Haustieren ermittelt, also Faktoren, die man eher als risikoerhöhend ansehen könnte oder,
anders ausgedrückt, für deren Schutzwirkung es keine rationale Erklärung gibt. Daraus kann
man schließen, dass sog. Confounder (Störfaktoren) vorhanden waren, womit nebenbei
auch die anderen Ergebnisse der Studie in Frage gestellt werden. Die dritte Studie [46]
konnte gar keine Wirkung von Masken zeigen, weil 95% der Teilnehmer angaben, bei
Kontakt mit SARS-Patienten nie eine Maske getragen zu haben. Wie also diese Studie
überhaupt in die Auswertung der Maskeneffektivität des Lancet-Reviews aufgenommen
werden konnte, ist unklar. An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass diese drei
Studien die einzigen des Lancet-Reviews waren, in denen es überhaupt um das Tragen von
Masken bei der normalen Bevölkerung außerhalb von Krankenhäusern ging. Dieser Review
ist also nicht geeignet für eine Aussage über die Effektivität von Masken für die Menschen im
öffentlichen Raum.
Alle anderen in den Review eingeschlossenen Studien kommen aus dem Bereich von
medizinischen Einrichtungen. Man kann aber nicht von der Patientenversorgung im
Krankenhaus, wo das Tragen von Masken für das Personal in bestimmten Situationen aus
Arbeitsschutzgründen bei engem und längerdauerndem Patientenkontakt (Eigenschutz =
kein Kontakt mit Blut und Körperflüssigkeiten der Patienten unabhängig davon, ob ein
Infektion bei den Patienten bekannt ist und, wenn ja, welche) seit eh und je empfohlen wird,
auf eine umgekehrte Wirksamkeit (Fremdschutz) von Masken bei den flüchtigen
Begegnungen im öffentlichen Raum ausgehen. Bei der Patientenversorgung kommt es
nämlich zu ganz anderen potentiellen Erregerkontakten als bei der Begegnung von
Menschen beim z.B. Einkaufen, im ÖPNV, in Schulen oder unter Kollegen im Büro.
Medizinisches Personal, das Patienten mit respiratorischen Infektionen oder anderen
potentiell infektiösen Erregern im Nasen-Rachenraum versorgen muss, hat zum einen dabei
einen engen Kontakt (< 1 m), und zum anderen handelt es sich noch dazu um einen vis-àvis-Kontakt,
also von Angesicht zu Angesicht.
Hinzu kommt als weiteres wichtiges Kriterium, dass Kontakte bei der Patientenversorgung
typischerweise länger dauern und wiederholt stattfinden, und so wird seit vielen Jahren und
auch vom RKI eine Dauer von mindestens 15 min eines solchen engen vis-à-vis-Kontakts als
Voraussetzung für eine mögliche Erregerexposition des Personals angeführt. Eine solche
Dauer kommt im öffentlichen Raum bei den dort üblichen kurzen Kontakten nicht vor, schon
gar nicht als vis-à-vis-Kontakt. Will man sich mit jemanden, den man unterwegs trifft, länger
unterhalten, kann man ganz einfach Abstand wahren, und dann kann es zu keinem Kontakt
mit dem respiratorischen Sekret des Gegenüber kommen. Genauso geschieht es bei der
Patientenversorgung: Muss man den Patienten nicht mit engem Kontakt versorgen, sondern
will nur etwas mit ihm besprechen, bleibt man etwas entfernt von seinem Bett stehen,
braucht keine Maske anzulegen und kann mit ihm ganz normal reden, auch wenn er gerade
eine akute respiratorische Virusinfektion hat.
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