planet toys_Juni_2021
planet toys Juni
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26 HANDEL<br />
HERSTELLER<br />
27<br />
Es gibt ein<br />
Zauberwort und das<br />
heißt Mehrwert.<br />
Mehrwert ist die<br />
Voraussetzung für<br />
Wertschöpfung.<br />
FRANZ-JOSEF HASEBRINK<br />
ins Gesicht bläst. Aber Spaß beiseite, wir haben<br />
uns vom Intersport-Engagement in Großbritannien<br />
verabschiedet, weil das Virus einen sehr großen<br />
Intersport-Partner, dem es mit dem Konzept,<br />
Shops und Fitnessstudios gleichzeitig zu betreiben,<br />
die Existenz gekostet hat. Die Intersport-Lizenz<br />
für Irland werden wir aber nutzen, gerade<br />
gestern haben wir die Verträge dazu unterschrieben,<br />
und in Kürze mit der Umsetzung beginnen.<br />
Ihre Mitgliedsunternehmen sind, wie Sie auf<br />
der PK sagten, zwar gut durch die Krise gekommen,<br />
aber die Zahlen Ihrer Mitglieder nimmt<br />
seit Jahren ab. Wie viele haben die EK denn<br />
2020 verlassen, aus den unterschiedlichsten<br />
Gründen?<br />
F.-J.H.: Im letzten Jahr haben uns nicht mehr Mitglieder<br />
verlassen als in den Jahren zuvor.<br />
Also um die 100?<br />
F.-J.H.: Die Größenordnung stimmt. Allerdings<br />
muss ich präzisieren. Die Kündigungen, die zum<br />
31.12.2020 wirksam wurden, sind natürlich vor<br />
Corona ausgesprochen worden. Uns liegen aber<br />
auch im 2. Halbjahr 2020 oder im laufenden Jahr<br />
keine Zahlen vor, die darauf hindeuten, dass sich<br />
an dieser normalen Entwicklung durch Corona<br />
etwas verändert hätte.<br />
Sie haben das Lagergeschäft bei Baby konzentriert<br />
und vor 10 oder 11 Jahren das Geschäft<br />
outgesourct. Bereuen Sie den Schritt, zumal Sie<br />
die Immobilien noch nicht versilbern konnten?<br />
F.-J.H.: Natürlich sind wir bestrebt, die historisch<br />
gewachsene Immobilie zu verwerten, was aufgrund<br />
des Zuschnitts und der genehmigungsrechtlichen<br />
Auflagen allerdings nicht so einfach ist. Was das<br />
outgesourcte Lager betrifft, muss ich sagen, dass<br />
es einige Entscheidungen in den letzten 10 oder<br />
20 Jahren gab, die für die weitere Ausrichtung<br />
der EK lebenswichtig waren. Dazu gehört mit Sicherheit<br />
das Outsourcing des Lagergeschäftes.<br />
Die Alternative hätte geheißen, einen hohen zweistelligen<br />
Millionenbetrag in Immobilien zu stecken,<br />
was angesichts der Abschreibungsdauer<br />
den Planungshorizont im Handel überschritten<br />
hätte. Eine professionelle und effiziente Logistik<br />
war jedenfalls in den bestehenden Gebäuden<br />
nicht möglich. Jetzt funktioniert sie reibungslos.<br />
Zweitens haben sich die Kostenrelationen deutlich<br />
verändert und drittens haben wir, gerade mit<br />
Blick auf die Digitalisierung der Logistik und des<br />
Handels, wesentlich mehr Know-how gewonnen,<br />
als wir es jemals mit unseren beschränkten Volumina<br />
hätten erwerben können.<br />
Sie rechnen damit, dass das Berufsverbot, wie<br />
Sie es nennen, Existenzen kosten wird. Legen<br />
Sie auch in diesem Jahr Liquiditätshilfen auf,<br />
um das Schlimmste zu verhindern?<br />
F.-J.H.: Wenn es notwendig ist, ja, aber wir müssen<br />
die Balance zwischen der Stabilität des Verbundes<br />
und der Mitgliedsbetriebe wahren. Im letzten<br />
Jahr hat das gut funktioniert. Im Moment können<br />
wir keine Probleme bei der Liquiditätsentwicklung<br />
unserer Mitglieder erkennen. Der Bereich<br />
Fashion und Sport ist allerdings auch für uns eine<br />
Herausforderung.<br />
Die digitale Transformation ist das zentrale<br />
Thema in Ihrem Haus, aber digitales Nachrüsten<br />
bei Ihren Mitgliedern hilft vermutlich nicht<br />
allein, um durch die Krise zu kommen. Selbst<br />
Händler räumen das ein. Was nun, Herr Hasebrink?<br />
F.-J.H.: Dass die Umsätze, die der stationäre Handel<br />
im E-Commcere erzielt, nicht ausreichen, liegt<br />
schon im Geschäftsmodell begründet. Was nun?<br />
Die Krise beschleunigt die Strukturveränderung im<br />
Handel, weg vom stationären Fachhandel zum Online-Handel.<br />
Das ist kein Geheimnis. Dieser Channel-Shift<br />
ist nicht reversibel. Damit müssen wir<br />
uns abfinden. Es gibt natürlich Branchen, in denen<br />
die Kanalverschiebung gravierender ausfällt.<br />
Haben Sie auch ein wenig Trost für Channel-<br />
Shift-Geplagte?<br />
F.-J.H.: Es gibt ein Zauberwort und das heißt Mehrwert.<br />
Mehrwert ist die Voraussetzung für Wertschöpfung.<br />
Überall dort, wo der stationär geprägte<br />
Fachhandel keinen Mehrwert gegenüber anderen<br />
Handelsstrukturen bieten kann, wird es schwierig<br />
werden, weil man am Ende nur noch den Preis<br />
als Differenzierungskriterium hat. Mehrwert ist<br />
aber auch digital, und die EK setzt deshalb auf E-<br />
Commerce, z. B. die Lieferung der Ware ins Haus<br />
des Konsumenten. Am wichtigsten ist aber die<br />
professionelle und kommunikative Präsenz der<br />
Händler, um mit den Kunden über alle digitalen<br />
Kanäle zu kommunizieren. Das ist das A und O<br />
des stationären Handels. Ansonsten gilt: Emotionalität<br />
und persönliches Erleben bieten.<br />
Deutschland kann mehr. Aus Ihrer Sicht, wo<br />
können wir denn mehr, außer bei der Gender-<br />
Sprache?<br />
F.-J.H.: Das ist eine gute Frage. Unsere Selbstwahrnehmung<br />
ist jedenfalls positiver ausgeprägt, als<br />
es die Realität erlaubt. Zumindest in der Steuerfachliteratur<br />
dürfte unser Vorsprung wohl unaufholbar<br />
sein, worauf wir aber nicht unbedingt stolz<br />
sein müssten. Ich glaube, wir brauchen ein Bewusstsein,<br />
dass Zukunft gestaltet werden kann<br />
und der Fortschritt außerhalb der Komfortzone<br />
liegt. Es ist ein Skandal, was die Rückständigkeit<br />
der öffentlichen Verwaltung und der gesamten<br />
staatlichen Infrastruktur anbelangt. Dennoch,<br />
das Glas ist halb voll und wir haben das Zeug dazu,<br />
es zu ändern. Wir müssen nur mal antreten.<br />
Herr Hasebrink, wir bedanken uns für das Gespräch.<br />
Die HABA Firmenfamilie heißt ab sofort HABA FAMILYGROUP.<br />
Die neue Firmierung steht für die 2019 begonnene strategische Neuausrichtung.<br />
Die Wachstumsziele der „neuen Gruppe“ sind ambitioniert.<br />
KOMPASS NEU JUSTIERT<br />
Unsere Strategie<br />
lautet: mehr<br />
Innovationen mit<br />
weniger<br />
Produkten.<br />
TIM STEFFENS<br />
Herr Steffens, ist die Strategiephase mit neuer<br />
Firmierung und Logo nun abgeschlossen?<br />
Tim Steffens: Unser neuer Name und unser Logo<br />
markieren einen wichtigen Meilenstein innerhalb<br />
unserer strategischen Neuausrichtung.<br />
Mit der verabschiedeten Strategie und unserem<br />
neuen Unternehmensleitbild geben wir der gesamten<br />
Organisation eine klare Richtung vor.<br />
Wir haben sozusagen unseren Kompass neu<br />
justiert. Aber ein Veränderungsprozess ist im<br />
Grunde nie abgeschlossen; die Anforderungen,<br />
die an uns gestellt werden, erfordern eine permanente<br />
Anpassung beim Go-to-market.<br />
Bis 2025 soll der Umsatz um 40 % auf 500<br />
Mio. € steigen. Das wären fast 30 Mio. € jährlich.<br />
Wie soll das gehen?<br />
T.S.: Unser Fokus liegt ganz klar auf nachhaltigem<br />
Wachstum: Unsere Wachstumsstrategie<br />
basiert auf einem starken Kundenzentrismus<br />
mit passender Produkt- und Markenstrategie<br />
sowie einer starken internationalen Expansion.<br />
Dafür investieren wir massiv in die Märkte<br />
und in unsere starken Marken. Im Mittelpunkt<br />
steht deshalb ein international präsenter E-Commerce<br />
über alle Marken hinweg, der genauso<br />
wie strategische Investitionen zur Erreichung<br />
der halben Milliarde beitragen.<br />
Heißt, dass Sie auch stärker bei Produkten in<br />
die Offensive gehen?<br />
T.S.: Keine Produktoffensive, sondern eine Innovationsoffensive!<br />
Wir haben eher noch zu viele<br />
Produkte. Unsere Strategie lautet: mehr Innovationen<br />
mit weniger Produkten, die dann als<br />
starke Treiber für unser Umsatzwachstum fungieren.<br />
Künftig möchten wir uns auch mit unserem<br />
Produkt- und Markenportfolio wieder stärker<br />
auf die Bedürfnisse dieser schönsten Zielgruppe<br />
der Welt konzentrieren. Deshalb haben wir uns<br />
entschlossen, uns von dem Bereich Damenmode<br />
unter der Marke Qiéro! zu trennen. Hier werden<br />
wir den Online-Shop, der für ein Umsatzvolumen<br />
von 20 Mio. Euro stand, zum 1. Juli einstellen.<br />
Das E-Commerce-Geschäft soll ausgeweitet,<br />
neue Vertriebswege erschlossen, der europäische,<br />
nordamerikanische sowie chinesische<br />
Markt bearbeitet werden. Da ist HABA<br />
doch präsent!<br />
T.S.: Wir machen unser Sortiment und alle Marken<br />
international fit. Nicht nur mit unserem<br />
HABA Sortiment sehen wir großes Potenzial<br />
auf dem internationalen Markt. Wir als HABA<br />
FAMILYGROUP stehen für Premiumprodukte zum<br />
Vererben und bieten Familien und Kindern einen<br />
sinnvollen Mix aus analog und digital, genau<br />
das trifft den heutigen Zeitgeist. Um genau<br />
diesen Weg nun zu gehen, haben wir umfangreiche<br />
Investitionen vorgenommen, auch in unser<br />
Management wie etwa in Frankreich und<br />
Amerika. Alle stehen jetzt in den Startlöchern<br />
für einen konzertierten Roll-out unserer Online-<br />
Shops europaweit und in den USA.<br />
Die E-Commerce-Aktivitäten sollen von Berlin<br />
aus geleitet werden. Mit der Hauptstadt<br />
verbindet HABA wenig gute Erfahrungen,<br />
wenn wir an Fox & Sheep denken.<br />
T.S.: Zur Lernkurve eines Unternehmens gehört<br />
auch, etwas zu wagen, etwas auszuprobieren.<br />
Insofern haben wir aus Fox & Sheep gelernt,<br />
auf was wir uns zukünftig fokussieren werden –<br />
und festgestellt, dass Apps nicht unsere Kernkompetenz<br />
sind. Was Berlin betrifft: Wir freuen<br />
uns sehr, mit unserem Hauptstadtbüro jetzt<br />
über einen weiteren attraktiven Standort zu<br />
verfügen – eingebunden in ein hervorragendes<br />
Netzwerk mit starken Impulsen und der notwendigen<br />
Sicht von außen. Das wollen wir und<br />
das brauchen wir. Gleichwohl sind die ausgeschriebenen<br />
Stellen nicht ortsgebunden. Das<br />
heißt, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und<br />
die, die es noch werden möchten, können flexibel<br />
entscheiden, an welchem Standort sie<br />
tätig sein wollen.<br />
Herr Steffens, wir bedanken uns für das Gespräch.