Erler Gemeindeblatt - Erl - Land Tirol
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<strong><strong>Erl</strong>er</strong> <strong>Gemeindeblatt</strong><br />
Die Eiſenbahn durch das Unterinntal<br />
von Innsbruck nach <strong>Erl</strong> bis Windshauſen an der baieriſchen Gränze<br />
Nicht verwirklichte Eisenbahntrasse orographisch rechts des Inns zwischen Kufstein und der k.b. Grenze bei Windshausen;<br />
geplant von Alois Negrelli<br />
Die wenigsten von uns werden wissen,<br />
dass die Bahntrasse von Innsbruck nach<br />
Kufstein und weiter nach Rosenheim bereits<br />
im Jahre 1838 von Alois Negrelli,<br />
dem genialen Eisenbahningenieur des<br />
alten Österreich und Planer des Suez-Kanales<br />
ursprünglich von Kufstein abwärts<br />
über Ebbs, Niederndorf und <strong>Erl</strong> und der<br />
Grenze bei Windshausen nach Bayern geplant<br />
wurde.<br />
Nachstehend wird in Auszügen aus einem<br />
Bericht aus dem Jahre 1851 – also vor bereits<br />
160 Jahren – zitiert:<br />
„Wir bringen unſeren freundlichen<br />
Leſern die projektierte Eiſenbahn durch<br />
das Unterinnthal gegen Roſenheim zur<br />
Kenntnis. Wir wollen damit aufzeigen,<br />
warum Eiſenbahnen für uns nothwendig<br />
ſind, wenn wir nicht ganz allen Durchzug<br />
aus unſerem <strong>Land</strong>e verſchwinden<br />
ſehen wollen, und wie das, was für viele<br />
ein Uebel, durch die Verhältniſſe geboten<br />
und nothwendig wird, wieder der Mehrzahl<br />
zum Nutzen gereicht. Wir wollen<br />
einen Blick auf die Karte werfen, auf<br />
welcher der schwarze Strich zeigt, wo die<br />
Eiſenbahn von Innsbruck aus ſich hinziehen<br />
soll. Es iſt nur ein Projekt, und<br />
noch Manches kann geändert werden.<br />
Der Bahnhof in Innsbruck, ein großes<br />
Gebäude, welches wohl 300 Klafter<br />
Länge erfordern dürfte, ſoll zwischen dem<br />
ehemaligen Jeſuiten-Convikt-Gebäude<br />
an der kleinen Sill gebaut werden. Von<br />
dort geht die Eiſenbahn auf stockhohen,<br />
gemauerten Bogen geführt, an der Dreiheiligen-Kirche<br />
über die Straße, so daß<br />
unter der Eiſenbahn der Verkehr auf dem<br />
Dreiheiligen-Wege frei bleibt... Hinter<br />
der Stadt Rattenberg fährt man durch<br />
einen 120 Klafter langen Tunnel. Von<br />
nun an geht die Eiſenbahn bis zur baierischen<br />
Grenze immer auf dem rechten<br />
Innufer. Kufstein soll einen Bahnhof<br />
und <strong>Erl</strong> einen Stationsplatz erhalten. In<br />
Bahnhöfen und Stationsplätzen hält der<br />
Wagenzug immer an, um die dort wartenden<br />
Perſonen aufzunehmen oder absteigen<br />
zu laſſen, Briefe und Paquete auf- und<br />
abzugeben, Waaren auf- und abzuladen,<br />
Waſſer zu füllen, Brennmateriale zu<br />
faſſen usw.“<br />
Es brauchte noch Jahre, bis das Unterinntaler<br />
Bahnprojekt realisiert werden<br />
sollte. Auf Druck von König Max<br />
II. von Bayern wurde der Bahnbau von<br />
Rosenheim nach Kufstein fortgesetzt,<br />
nachdem Österreich zuerst daran nicht<br />
so sehr interessiert war bzw. das Projekt<br />
erst einmal zurückgestellt hatte. Es gab<br />
Änderungen des Negrelli´schen Planes,<br />
bekanntlich fährt die Eisenbahn nicht<br />
mehr über Ebbs und <strong>Erl</strong>, sondern wird<br />
seit 1858 ab Kufstein über Kiefersfelden<br />
und Oberaudorf nach Rosenheim<br />
geführt. Es ist heute noch zu hinterfragen,<br />
warum dieses erste Projekt nicht<br />
ausgeführt wurde. Wahrscheinlich hat<br />
auch die bayerische Seite alles darangesetzt,<br />
ihre Grenzgemeinden dem Eisenbahnverkehr<br />
zu öffnen. Damit fielen<br />
die <strong>Tirol</strong>er Gemeinden der Unteren<br />
Schranne und vor allem <strong>Erl</strong> in einen<br />
150-jährigen Dornröschen-Schlaf. Gerade<br />
für <strong>Erl</strong> mit seinen Passionsspielen<br />
wäre ein direkter Eisenbahn-Anschluss<br />
natürlich von großem Nutzen gewesen.<br />
Wie wäre wohl die wirtschaftliche, politische<br />
oder auch kulturelle Entwick-<br />
Ausgabe 26 · 2011