Sehnsucht nach Heimat - Trachtenkultur im Füssener Land
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32 Im Wandel der Zeit<br />
DIKTATUR UND KRIEG<br />
Das Vereinsleben wurde <strong>im</strong> Krieg stark von nationalsozialistischen<br />
Vorgaben best<strong>im</strong>mt: Bei Trachtenfesten wurden<br />
Gottesdienste verboten, der Festplatz musste mit Hakenkreuzfahnen<br />
„geschmückt“ sein, an der Vereinsfahne war<br />
ein Fahnenband mit Hakenkreuz verpflichtend, Weih<strong>nach</strong>tsfeiern<br />
waren untersagt.<br />
Im Sinne der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“<br />
wurden die gleichgeschalteten Trachtenvereine der „Kraft<br />
durch Freude“-Organisation angegliedert. Deren mit Sonderzügen<br />
anreisende Urlaubsgäste sollten mit „Begrüßungs-,<br />
<strong>He<strong>im</strong>at</strong>- und Gebirglerabenden“ unterhalten werden.<br />
Selbst Namen und Gruß änderten sich: aus dem Vorstand<br />
wurde ein “Vereinsführer”, aus dem Trachtenverein eine<br />
“Trachtengemeinschaft” und anstelle des Vereinsspruchs<br />
„Treu dem alten Brauch“ schlossen Versammlungen mit<br />
einem „dreifachen Sieg Heil auf den Führer“.<br />
Während des II. Weltkrieges war ein Großteil der männlichen<br />
Vereinsmitglieder als Soldaten eingezogen. Bei vereinzelten<br />
„volkstümlichen Abenden“ standen daher nur „ältere<br />
Plattler“ aus Füssen und Schwangau gemeinsam auf der<br />
Bühne vor einem Publikum aus Einhe<strong>im</strong>ischen, verwundeten<br />
Soldaten und Kriegsevakuierten.<br />
Nach 1940 schlief das Vereinsleben kriegsbedingt fast vollständig<br />
ein.<br />
LIZENZ ZUM NEUSTART<br />
Nach dem Kriegsende 1945 durften Vereine<br />
nicht zusammenkommen und vor allem nicht<br />
auftreten. Erst zwei Jahre später kam es zu<br />
Erleichterungen.<br />
Die Entnazifizierung durch die US-amerikanische<br />
Militärverwaltung betraf auch die<br />
Trachtenvereine. Jeder Verein musste sich<br />
lizenzieren lassen. Zwischen 1947 und 1948<br />
wurde jedes Mitglied quartalsweise in Listen<br />
namentlich erfasst und durch das <strong>Land</strong>ratsamt<br />
Füssen geprüft. Die politische Unbelastetheit<br />
musste von fünf Bürgen aus dem<br />
Verein bezeugt werden.<br />
Betrachtete die Militärregierung die Trachtenvereine<br />
zuerst skeptisch, änderte sich<br />
dieses Bild allmählich. So traten schließlich<br />
die <strong>Füssener</strong> Trachtler zur Unterhaltung der<br />
amerikanischen Soldaten auf und mitwirkende<br />
Kinder kamen zum ersten Mal wieder in<br />
den Genuss von „Schogglaad“.<br />
Dieses kulturelle Zusammentreffen hinterließ<br />
bleibende Eindrücke, die bis heute das<br />
Deutschlandbild in den USA prägen.