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franz
mack
Was war ihm wichtig?
Jürgen: „Für ihn war die Familie wichtig und das Unternehmen stand im Mittelpunkt. Da musste das
Familienleben auch mal zurückstehen. Im Rückblick auf meine Kindheit hat mein Vater die Wochenenden oft
im Büro verbracht und hat gezeichnet oder etwas entwickelt. Wenn Vater eine Idee hatte, dann musste das
gleich umgesetzt werden, egal ob am Feiertag oder am Abend oder am Wochenende.
Er hatte aber etliche Rituale, dass er dann wenigstens am Sonntag vom Büro zum Kaffee heimgekommen ist,
und ihm war wichtig, dass die ganze Familie am Sonntag gemeinsam gefrühstückt hat. Für uns als Jugendliche
hieß das auch, wenn wir am Vorabend weg waren und es spät wurde, dann hat Vater uns dennoch am
Sonntagmorgen aus dem Bett geholt zum langen Frühstück. Da hat er sich sogar in der Küche betätigt – was
sonst nicht der Fall war – und hat Rühreier gemacht oder auch Speckeier. Da hatte er Spaß dran. Das sind schon
schöne Erinnerungen.
Vater waren einige wenige Freunde sehr wichtig, der Kontakt zu Handwerkern und Unternehmern in Waldkirch
an seinem Stammtisch. Den Austausch mit den Kollegen hat er genossen. Das hat er nie aufgegeben, bis ins
hohe Alter. Seine Wurzeln und Verbindungen von früher hat er immer gelebt und gepflegt. Selbst als er älter
war und kränklich wurde, der Stammtisch in Waldkirch musste sein. Da hat er sich dann hinfahren lassen.
Stammtisch war meistens im „Hirschen“ oder in der „Arche“ in Waldkirch. In der „Arche“ war es ein Stammtisch
vom Freundeskreis, bei dem auch meine Mutter dabei war. Für mich als Kind war das manchmal ein bisschen
unheimlich, allein zu Hause am Sonntagabend, da war Roland ja schon im Studium. Das Elternhaus war ja
abgelegen, außerhalb der Stadt, bei der Firma. Übrigens, später in Rust ist Vater sehr gerne an den Stammtisch
im „Ochsen“ oder auch in den „Kaiserstühler Hof“ gegangen.
Das war für Vater die Entspannung, am Abend zwei Stunden beim Stammtisch und die eine oder andere Weinschorle
trinken. Da ging es dann um Gott und die Welt, meist Lokalpolitik. Die große Politik war nicht so sein
Gab es ein Stammlokal?
Ding. Uns Kindern hat er immer wieder auf den Weg gegeben, wir sollten bloß keine Parteimitglieder werden.
Das kam sicher auch aus der Zeit des Dritten Reichs. Vorsicht bei Parteimitgliedern! Sein Gedanke war auch: Wir
haben Kunden und Besucher aus allen politischen Lagern. Da sollte man sich nicht auf eine Richtung festlegen.“
Roland: „Er war ein Konservativer und ein Liberaler. Die CDU, aber auch die FDP, haben aus seiner Sicht die
Interessen des Mittelstands am besten vertreten. Er war viele Jahre ein FDP-Mann, das war damals ein Klassiker
unter Firmeninhabern und Unternehmern in Baden-Württemberg. Er hat nie aktiv Politik gemacht. Aber er hat
oft gesagt: Ich wähle FDP, dann gibt es eine Koalition von CDU und FDP und der CDU steigt es nicht in den Kopf.“
Jürgen: „Mit den Kunden, vor allem den Schaustellern, ist er am liebsten in die „Kastelburg“ gegangen. Das war
auch ein Stammlokal. Das ist in den 1970er Jahren geschlossen worden. Bei ganz besonderen geschäftlichen
Anlässen ging es zum Essen in den „Hirschen“ im Glottertal. Wenn die Familie am Sonntag mal besonders
essen wollte, waren wir im Hotel „Suggenbad“. Die hatten auch eine sehr gute Küche. Da haben wir meine
Kommunion gefeiert.
Unser Vater war übrigens ein sehr pünktlicher Mensch. Darauf hat er großen Wert gelegt. Das konnte er nicht
haben, wenn jemand zu spät kam. Pünktlichkeit war für ihn auch Verlässlichkeit. Das galt in der Familie und
im Betrieb. Er ist ja morgens ganz früh in den Betrieb, hat seinen Rundgang gemacht, hat geschaut, sind alle
pünktlich da, dann kam er wieder zurück zum Frühstück und seinen Kaffee, dann wieder in die Firma und Punkt
zwölf war wieder Mittagspause. Es war sehr strukturiert bei ihm.“
Roland: „Er hat leidenschaftlich gerne Westernfilme angeschaut und Boxkämpfe im Fernsehen. Da ist er bis
nachts um eins oder länger sitzen geblieben. Ich glaube, das kam auch von Max Schmeling, der war schon ein
großer Hero damals, alle fanden Schmeling toll. Er war ein extrem populärer Sportler und das hat Boxen bis in
die 70er Jahre sehr attraktiv gemacht. Vater fand auch Muhammad Ali super.“
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