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Als der Krieg zu Ende war, schickten die Amerikaner meinen Vater nach gut zwei Jahren Gefangenschaft zurück

nach Europa. So kam er als Gefangener ins Elsass, wo er seinen Bruder Hermann wiedertraf. Beide arbeiteten

bei einem Schreiner. Mein Vater sagte immer: Wir hauen da ab. Nach drei Jahren sagte er zu seinem Bruder,

jetzt machen wir es. Doch Hermann zögerte. Mein Vater schwamm allein in der Nacht über den Rhein und kam

in der Nähe von Weisweil und Kenzingen an Land. Es war kein Problem, also schwamm er wieder zurück. Am

nächsten Tag flohen die Brüder gemeinsam über den Rhein. Sie schlugen sich bis nach Hause nach Waldkirch

durch. Waldkirch lag in der französischen Besatzungszone, das war also sehr gefährlich. Deshalb versteckten sie

sich in einem Transporter, der Waren von Waldkirch in den Frankfurter Zoo brachte. In Frankfurt, das zur amerikanischen

Besatzungszone gehörte, hatte die befreundete Schaustellerfamilie Bornhäuser ihren Wagen im Zoo

stehen, dort konnten die Brüder Mack unterkommen. Sie arbeiteten im Zoo. Mit der Familie Bornhäuser entwickelte

sich eine noch engere Freundschaft. Sie hatten keine Kinder und kamen über Jahrzehnte nach Waldkirch.

Alle Fahrgeschäfte kauften sie bei Mack. Später arbeiteten und wohnten sie in Rust, wo beide verstorben sind.

Die ersten Skizzen für den

Europa-Park entstanden auf

einem Bierdeckel.

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franz

mack

Erst 1948 kam mein Vater dann aus der Gefangenschaft nach Hause. 1949 wurde ich geboren. Während des

Krieges leitete Großvater Heinrich das Geschäft allein, seine Söhne waren ja im Krieg. Irgendwann entstand

eine so große Dynamik nach dem Krieg, dass alles ganz schnell wieder aufwärts ging. Schon 1951 hat er eine in

Holz gebaute Bahn „Wilde Maus“ in den USA aufgebaut. Also dort, wo er vorher in Gefangenschaft war. Es war

schon ein mutiger Schritt: Ein Unternehmer aus dem Schwarzwald fängt nach dem Krieg wieder an und startet

gleich mit den Geschäften in die USA. Ohne Zweifel ein großer Sprung, zumal das Unternehmen vorher in den

USA noch keine Geschäfte gemacht hatte. Mein Vater hatte gesehen, in den USA ist ein Markt. Wir hatten damals

mit Mickey Hughes erstmals einen Vertreter von Mack in den USA. Mickey war ein guter Freund und hat

das US-Geschäft stark angekurbelt. Mein Vater hatte keine Scheu mit Übersee und ist auch regelmäßig hingeflogen.

Schon nach ein paar Tagen bekam er Anrufe aus Waldkirch, Du musst zurückkommen, wir haben keine

Arbeit. In der Zeit vom Vater haben wir vorwiegend für Deutschland produziert. Ein bisschen für die Schweiz

oder Frankreich, nach Japan kamen wir auch mal. Vater hat sehr früh nach Russland geliefert, interessanterweise

an Länder, an die er durch Krieg und Gefangenschaft schlechte Erinnerungen hatte.

Und weshalb dann gerade Rust?

schon in Deutschland auf der Suche nach einem Grundstück. Wir hatten die gleiche Idee. Und dann sind erste

Ideen und Skizzen tatsächlich auf dem legendären Bierdeckel und einer Serviette im Flugzeug entstanden. Das

war der Ursprung des Europa-Park.“

Roland: „Das ist eigentlich eine lange Geschichte, wir haben einige Grundstücke angeschaut und alles lief

auf Breisach am Rhein hinaus. Dort war auch ein kleiner See, der Europa-See hieß und sicherlich auf die

Namensgebung Europa-Park Einfluss hatte. Am Ende scheiterte dieser Standort daran, dass unser Gebiet als

Hochwasserrückhaltefläche vorgesehen war. Mein Schwiegervater Siggi Schleinzer hat dann das Gelände

in Rust entdeckt. Einen kleinen Märchenpark gab es da schon und den wundervollen Schlossgarten um das

Schloss Balthasar aus dem 15. Jahrhundert. Als ich zum ersten Mal hinkam, schaute ich von außen durch einen

Zaun in den verwunschenen und dicht mit Blumen bewachsenen Schlosspark. Es fühlte sich wie ein Märchen

an. Ich sehe das heute noch vor Augen, als wäre es gerade gewesen. Ein Gelände im Dornröschenschlaf, ich war

vom ersten Augenblick begeistert. Mein Vater auch.

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franz

mack

Das passte zu unserem Vater. Franz Mack war immer ein Mann, der nur in Richtung Zukunft gelebt hat, selten in

der Vergangenheit. Seine Lebensphilosophie lautete: nach vorne, nach vorne, nach vorne, nicht zurückschauen.

Ich habe ihm mal vorgeschlagen, alte Mack-Wagen aufzukaufen und einen

historischen Markt aufzubauen. Er sagte: Das interessiert keinen Menschen

mehr. Wir müssen neue Achterbahnen entwickeln, da spielt die Musik!

Und aus diesem Grundgedanken ist dann sogar auch der Europa-Park

entstanden: Es war schon eine verrückte Geschichte. Ich war gerade mal

Anfang 20 und wir haben damals schon mit unserer Firma Mack Rides in

Waldkirch auch die meisten amerikanischen Freizeitparks beliefert. Mein

Vater und ich sind getrennt in die USA geflogen, um Kunden zu besuchen.

Er an die Ostküste, ich an die Westküste, am Ende haben wir uns in Los

Angeles zum gemeinsamen Rückflug getroffen. Dort am Flughafen sagte

ich zu ihm: Ich glaube, wir sollten einen Freizeitpark wie Disney bauen.

Vater antwortete: Die gleiche Idee habe bin schon seit Wochen, ich bin

Vater ist Zeit seines Lebens Hersteller geblieben. Er war nie so der Dienstleister. Einmal schleppte er ein Schild

an, schon im Europa-Park, auf dem stand: In den nächsten sieben Jahren entstehen immer wieder neue

Attraktionen. Vater und ich haben uns immer großartig ergänzt. Ich war derjenige, der immer Druck gemacht

und gesagt hat: Wir müssen ... und dafür sind wir zu klein und das müssen wir anders machen. Und er dann:

Langsam, langsam, im nächsten Jahr geht‘s auch noch und übernächstes Jahr auch.

Für mich war das alles sehr spannend und ich hab‘ mir viele Gedanken gemacht. Damals, als mein Vater noch

sehr aktiv war, gab es ja schon die Möglichkeit, mit 60 oder gar mit 58 Jahren in den Vorruhestand zu gehen. Er

war immerhin schon 54, als er mit dem Europa-Park ein ganz neues, großes Unternehmen angefangen hat. Ich

hab‘ das immer bewundert. Erklärt hab‘ ich es mir so: Der Krieg und die Folgen haben ihm zehn Jahre gestohlen.

Die Zeit fehlte ihm, weil er erst mit 30 so richtig drankam. Deshalb war für ihn mit 54 Jahren vieles noch nicht

erledigt. Das wäre eine Erklärung. Die andere war, dass er allem Neuen gegenüber offen war und wenn er sich

fit fühlte, solche Dinge auch angepackt hat, unabhängig vom Alter. Also, ich würde sagen, das war schon eine

herausragende Leistung, nachdem die Firma in Waldkirch ja erfolgreich war, zu dem Zeitpunkt zu sagen: Wir

starten was ganz Neues. Dass es dann für die Firmenentwicklung so entscheidend war, hat er sicher in dem

Augenblick nicht gesehen. Dass die Dimension nicht absehbar war, ebenfalls nicht.

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