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ÖSTERREICH<br />
SEPTEMBER 20<strong>21</strong><br />
€ 3,50<br />
UNSER<br />
ERSTES<br />
MAL<br />
PIZZERA & JAUS<br />
Das Power-Pop-Duo<br />
über Liebe, Rausch<br />
und Gänsehaut-<br />
Momente<br />
ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN<br />
Paul Pizzera und Otto Jaus,<br />
gemalt in Öl auf Leinwand.<br />
Von Philip Burke, exklusiv<br />
für <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>.
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Die KTM 890 DUKE R liefert genau das, was du von einer „R“ erwartest. Eine angriffslustige<br />
Sitzposition wie auf der Rennstrecke, WP-Federung aus dem Rennsport und beeindruckende<br />
1<strong>21</strong> Hp: eine Maschine für höchste Präzision und mit noch mehr Punch.<br />
Gezeigte Fahrszenen bitte nicht nachahmen, Schutzkleidung tragen und die anwendbaren Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung beachten!<br />
Die abgebildeten Fahrzeuge können in einzelnen Details vom Serienmodell abweichen und zeigen teilweise Sonderausstattung gegen Mehrpreis.
E D I T O R I A L<br />
WILLKOMMEN<br />
EIN HEFT<br />
WIE GEMALT<br />
PIZZERA & JAUS<br />
ALS ÖLGEMÄLDE<br />
Seit Anfang der Achtzigerjahre<br />
malt US-Künstler<br />
Philip Burke (o.) Topstars<br />
für internationale Magazine<br />
– für uns hat er das<br />
heimische Pop-Duo Pizzera<br />
& Jaus auf Leinwand<br />
verewigt. Ab Seite 40.<br />
Wo anfangen, wenn es gilt, eine Ausgabe einzugeigen,<br />
die vor bunter Vielfalt strotzt? Wir<br />
machen es uns leicht: Wir beginnen dort, wo es<br />
besonders farbig zugeht: „Mit dem Pauli das<br />
Stadion zu zerlegen, das wäre herrlich“, sagt<br />
Otto Jaus von, ja, Pizzera & Jaus. Im Interview<br />
spricht das Erfolgsduo, das Ende August im<br />
Steinbruch von St. Margarethen bei <strong>Red</strong> Bull<br />
Jukebox auf der Bühne stehen wird, über erste<br />
Male. Illustriert wurden die beiden – ebenfalls<br />
zum ersten Mal – von einem, der sonst Musiklegenden<br />
pinselt, etwa Miles Davis, Franz Zappa<br />
oder Kurt Cobain: nämlich vom New Yorker<br />
Künstler Philip Burke. Was wir noch zu bieten<br />
haben: das erwachsen gewordene Mountainbike-Wunderkind<br />
Vali Höll, die visionäre<br />
Designerin Flora Miranda und den erhellenden<br />
Regisseur David Schalko.<br />
Gute Unterhaltung<br />
mit der neuen Ausgabe<br />
von <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>!<br />
Die <strong>Red</strong>aktion<br />
FLORA MIRANDAS<br />
MODE-VISIONEN<br />
Die Salzburger Designerin<br />
Flora Miranda hat eine klare<br />
Vorstellung von der Zukunft<br />
der Mode – Science-Fiction ist<br />
nichts dagegen: ab Seite 62.<br />
KÖNIG DER<br />
WELLEN<br />
Fotograf Ben Thouard<br />
fasziniert die Schönheit<br />
großer Wellen –<br />
die allerschönsten<br />
findet er vor Tahiti.<br />
Ab Seite 20.<br />
1<strong>21</strong><br />
Hektar misst das Areal<br />
des American-Football-<br />
Stadions in Inglewood,<br />
es ist damit fast dreimal<br />
so groß wie der<br />
Vatikan. Mehr Zahlen<br />
zur NFL auf Seite 14.<br />
PHILIP BURKE (COVER) BEN THOUARD<br />
4 THE RED BULLETIN
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INHALT<br />
<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />
im September 20<strong>21</strong><br />
COVERSTORY<br />
40 PIZZERA & JAUS<br />
Das Duo hat es mit Schmäh,<br />
Charme und Musik auf die<br />
großen Bühnen geschafft.<br />
Ein Gespräch über Anfänge.<br />
PORTFOLIO<br />
20 KÖNIG DER WELLEN<br />
Der französische Fotograf<br />
Ben Thouard ist auf große<br />
Wellen spezialisiert – und<br />
auf die Surfer darauf.<br />
FUSSBALL<br />
34 KICK IT LIKE KARISHMA<br />
Wie eine 24-jährige Pakistani<br />
ihre Heimat dank der Kraft<br />
des Fußballs zum Besseren<br />
verändern will.<br />
FILM<br />
36 FRÖHLICHE<br />
WUNSCHLOSIGKEIT<br />
David Schalko über seine<br />
neue TV-Serie und einen<br />
idealen Lebenszustand.<br />
ARCHÄOLOGIE<br />
38 MAN SPÜRT SO RICHTIG,<br />
DASS MAN LEBT<br />
Terry Madenholm ist Model<br />
und Archäologin – eine<br />
interessante Kombination.<br />
BIKE<br />
48 SUPER-GIRL<br />
Mountainbike-Wunderkind<br />
Valentina Höll: Nicht mal eine<br />
Verletzung kann sie bremsen.<br />
STREETBALL<br />
54 KÄFIG VOLLER HELDEN<br />
Ein legendärer Basketballplatz<br />
in New York – wo der Sport<br />
mehr als nur ein Spiel ist.<br />
FASHION<br />
62 ZUKUNFT DER MODE<br />
Eine 30-jährige Salzburgerin<br />
als Fashion-Visionärin. Sie<br />
macht Fiktion zum Faktum.<br />
GUIDE<br />
Tipps für ein Leben<br />
abseits des Alltäglichen<br />
73 REISEN. Ein Genuss-Wochenende<br />
mit dem E-Bike in Südtirol.<br />
78 UHREN. Ein Chronograph, der über<br />
und unter Wasser gute Figur macht.<br />
80 E-MOBILITÄT. Vier Zweirad-<br />
Kategorien mit Zukunft.<br />
82 LESESTOFF. Der unbarmherzige<br />
Samariter & andere Serien-Helden.<br />
86 TIPPS & TRENDS. Die Empfehlungen<br />
der <strong>Red</strong>aktion.<br />
88 RED BULL FLUGTAG UND<br />
KALENDER. Wichtige Termine.<br />
92 BOULEVARD DER HELDEN.<br />
Michael Köhlmeier über eine<br />
Begegnung zwischen Bob Dylan<br />
und Schachgenie Bobby Fischer.<br />
48<br />
EINBLICK Bikerin Vali Höll erzählt, warum ein<br />
schwerer Sturz ihr Leben positiv verändert hat.<br />
62<br />
AUSBLICK Designerin Flora Miranda zeigt eine<br />
Modewelt, in der Science-Fiction Realität wird.<br />
36<br />
PHILIPP HORAK, NORMAN KONRAD, KLAUS PICHLER, ANTHONY GE<strong>AT</strong>HERS<br />
8 GALLERY<br />
14 ZAHLEN, BITTE!<br />
16 FUNDSTÜCK<br />
18 DAS PHILOSOPHEN-INTERVIEW<br />
96 IMPRESSUM<br />
98 CARTOON<br />
DURCHBLICK Regisseur David Schalko verrät,<br />
warum das Leben einer Kuh für ihn reizvoll ist.<br />
6 THE RED BULLETIN
54<br />
KRAFTPL<strong>AT</strong>Z<br />
Ein Basketballkäfig<br />
in New York zieht<br />
Menschen in ihren<br />
Bann – weil der Sport<br />
hier neue Bedeutung<br />
bekommt.<br />
THE RED BULLETIN 7
DENIS KLERO/RED BULL CONTENT POOL
LOS ANGELES, USA<br />
Traumsprung<br />
Schaut super aus, wie sich der russische<br />
Freeride-Pionier Pavel Alekhin hier von<br />
sämtlichen physikalischen Zwängen<br />
befreit und locker über alle Berge hüpft.<br />
Aber bevor ihr fragt: Nein, natürlich ist<br />
das nicht wahr. Aber von Alekhins Landsmann,<br />
dem Fotografen und Photoshop-<br />
Zauberer Denis Klero, gut ausgedacht und<br />
gut gemacht. „Ich wollte den echten<br />
Sprung in Los Angeles in einer künstlichen<br />
Traumkulisse zeigen“, sagt Klero.<br />
„Und Pavels Talent ist ja tatsächlich über<br />
den Wolken.“ Traumhafte Bilder: klero.ru<br />
9
LANDMANNALAUGAR,<br />
ISLAND<br />
Gemälde<br />
aus Eis<br />
Der kalifornische Fotograf Chris Burkard<br />
hat an Bord einer Cessna (ein Flugzeug<br />
wie das kleine gelbe Ding auf dem Foto,<br />
das unter Burkards Maschine durchflog)<br />
die mächtigen Gletschersysteme im<br />
Hochland Islands aus der Vogelperspektive<br />
dokumentiert, um ihre betörende<br />
Schönheit festzuhalten. Sein Bildband<br />
„At Glacier’s End“ soll die Menschheit<br />
daran erinnern, dass die Erderwärmung<br />
diese Naturdenkmäler für immer<br />
zum Verschwinden bringen könnte.<br />
Mehr Impressionen: atglaciersend.com
GOLF VON FINNLAND<br />
Leuchtturmprojekt<br />
Leuchttürme wie dieses 40 Meter<br />
hohe Exemplar nahe der russischen<br />
Metropole St. Petersburg<br />
haben eine noble Aufgabe: Sie<br />
bieten den Menschen auf hoher<br />
See beruhigende Orientierung.<br />
Manchmal machen sie aber auch<br />
einfach nur Spaß: zum Beispiel,<br />
wenn BASE-Jumper Semjon<br />
Lazarev von ihnen runterspringt.<br />
Mehr Fotos von Victor Sukhorukov:<br />
tankizt.com; Instagram: @tankizt<br />
CHRIS BURKARD, VICTOR SUKHORUKOV/RED BULL ILLUME DAVYDD CHONG<br />
11
YOSEMITE-TAL,<br />
KALIFORNIEN, USA<br />
Mittagspause<br />
Dieser doch etwas ausgesetzte Ruheplatz<br />
befindet sich mitten in der be rühmten<br />
Salathé-Wand des ikonischen Granitfelsens<br />
El Capitan im Yosemite- Nationalpark<br />
in Kalifornien. Das Foto – es zeigt<br />
die Bergkameraden des deutschen Fotografen<br />
und Kletterers Alexander Wick –<br />
ist eine Hommage an eine Aufnahme,<br />
die der amerikanische Kletterpionier<br />
Tom Frost bei der Erstbesteigung der<br />
Wand im Jahr 1961 geschossen hat.<br />
Instagram: @alex.ander.wick
ALEXANDER WICK/RED BULL ILLUME DAVYDD CHONG<br />
13
Z A H L E N , B I T T E !<br />
NFL<br />
Die Welt ist ein Eierlaberl<br />
Kaum eine Sportart ist derart auf Statistiken fixiert wie American Football.<br />
Zum Start der 102. NFL-Saison: legendäre Quarterbacks, ein Rekordbuch<br />
mit fast 900 Seiten und ein Stadion, größer als der Vatikan.<br />
1<br />
Spieler schaffte es, Fußball-<br />
Meister in Europa und NFL-<br />
Champion zu werden: Der<br />
Österreicher „Wembley-Toni“<br />
Fritsch gewann mit Rapid<br />
Wien (1964, 1967, 1968) und<br />
den Dallas Cowboys (1972).<br />
100.000.000.000<br />
Dollar, plus/minus, umgerechnet<br />
gut 84 Milliarden<br />
Euro, kassiert die NFL für die<br />
TV-Rechte von 2023 bis 2033.<br />
2<br />
weibliche Referees werden<br />
für die Einhaltung der Regeln<br />
sorgen. Ganz neu im Job ist<br />
Maia Chaka, die erste Afroamerikanerin<br />
in der Position<br />
eines „On-Field Official“.<br />
1<strong>21</strong><br />
Hektar (299 Acres) umfasst<br />
das Areal des SoFi Stadium<br />
in Inglewood, Kalifornien.<br />
Zum Vergleich: Der Vatikan<br />
misst 44 Hektar (1<strong>09</strong> Acres).<br />
39<br />
Jahre alt war der gebürtige<br />
Norweger Einar Magnus „Bill“<br />
Irgens, als er 19<strong>21</strong> als bisher<br />
ältester Spieler seinen ersten<br />
Punkt in der NFL machte.<br />
965<br />
Einträge umfasst eine Google-Liste<br />
von NFL-Rekorden. Das jährlich erscheinende<br />
„Record and Fact Book“<br />
der NFL hat mittlerweile 872 Seiten.<br />
100.000<br />
Dollar Preisgeld bekommt der Sieger der „Big Data Bowl“:<br />
Die NFL stellt Daten („Next Gen Stats“) zur Verfügung und<br />
sucht so nach neuen nützlichen Statistik-Varianten.<br />
77<br />
der 100 meistgesehenen TV-Shows der<br />
USA in den vergangenen fünf Jahren<br />
waren NFL-Spiele. Und: 24 der Top 25<br />
drehten sich um Football.<br />
3<br />
Quarterbacks – Brett Favre,<br />
Peyton Manning, Drew Brees<br />
– haben gegen alle 32 NFL-<br />
Teams zumindest ein Spiel<br />
gewonnen. Heuer könnte<br />
Superstar Tom Brady in diesen<br />
erlauchten Kreis aufsteigen.<br />
24.960<br />
Bälle muss Ausrüster<br />
Wilson Sporting Goods<br />
pro Saison mindestens<br />
zur Verfügung stellen,<br />
780 für jedes der 32 Teams.<br />
99<br />
Yards (90,5 m) muss ein<br />
Spieler maximal bis zum<br />
Touchdown laufen. Erst zwei<br />
schafften die volle Strecke:<br />
Tony Dorsett (1985) und<br />
Derrick Henry (2018).<br />
16,8<br />
Millionen Dollar (14,2 Mio.<br />
Euro) zahlten Google und<br />
Amazon 2020 für 90 Werbesekunden<br />
beim Superbowl.<br />
GETTY IMAGES (3), PICTUREDESK.COM CLAUDIA MEITERT HANNES KROPIK<br />
14 THE RED BULLETIN
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SERENA WILLIAMS<br />
Früchte des Zorns<br />
Von der amerikanischen Tenniskönigin im Finale der US Open zertrümmerter Schläger, 2018<br />
Es gibt viele Dinge, die Serena Williams ausgezeichnet kann, Verlieren zählt nicht dazu: Als sie im Finale der<br />
US Open im September 2018 gegen die junge Japanerin Naomi Ōsaka begriff, dass sie wohl nicht gewinnen<br />
würde, setzte es einen ihrer berüchtigten Wutausbrüche. Die Folge: drei Verwarnungen vom Schiedsrichter.<br />
Von der zweiten erzählt der mit einem wuchtigen Schlag zum emotionalen Ventil umfunktionierte Schläger<br />
oben. Im Tennis-Regelbuch heißt so was „Schlägermissbrauch“ und kostete 3000 Dollar Strafe.<br />
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16 THE RED BULLETIN
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D A S F I K T I V E P H I L O S O P H E N - I N T E R V I E W<br />
EPIKUR SAGT:<br />
„So lernst du die Kunst<br />
der Freude“<br />
Glücklich sein ist der Sinn des Lebens. Aber wie ist wirkliche<br />
Freude zu finden? Der alte Grieche Epikur meint<br />
in unserem fiktiven Interview mit Christoph Quarch: nur,<br />
indem man nicht krampfhaft nach ihr sucht.<br />
the red bulletin: Herr Epikur, Sie haben behauptet,<br />
der Sinn des menschlichen Lebens<br />
bestehe darin, Lust und Freude zu empfinden.<br />
In der Welt von heute gibt es<br />
viele Menschen, die viel Zeit und<br />
Geld dafür aufwenden, extreme<br />
Erfahrungen zu machen, um extrem<br />
viel Spaß zu haben. Etwa,<br />
indem sie mit einem Seil am Fuß<br />
von einer Brücke springen.<br />
Was halten Sie davon?<br />
epikur: Keine Ahnung, ich habe so<br />
etwas noch nie ausprobiert. Wer sich<br />
zu meiner Zeit selbst erproben wollte,<br />
konnte das bei einem unserer vielen<br />
Kriege tun. Aber das war nie so<br />
mein Ding. Ich habe es vorgezogen,<br />
in meinem Garten zu lustwandeln,<br />
gute Gespräche zu führen und mich<br />
am Licht der Sonne zu erfreuen.<br />
Aber Sie haben doch gesagt,<br />
wir Menschen täten gut daran,<br />
ein Leben der Freude zu führen.<br />
Wenn jemand Freude daran hat, extreme Herausforderungen<br />
zu bestehen, dann ist das doch etwas<br />
Gutes, oder?<br />
Jaja, ich weiß, was Sie meinen, aber so einfach ist es<br />
nicht. Nicht überall, wo Freude draufsteht, ist auch<br />
Freude drin. Vorderhand sieht es doch so aus: Sie<br />
nehmen sich etwas vor, artikulieren einen Wunsch.<br />
Und siehe da, es kommt so, wie Sie es wollten, und<br />
dann freuen Sie sich. Das war’s. Und was dann?<br />
Na ja, man freut sich, und wenn die Freude nachlässt,<br />
gibt es bestimmt ein nächstes Ziel, das man<br />
sich setzt. Und wenn man auch das erreicht hat,<br />
dann ist die Freude doppelt so groß.<br />
Im Gegenteil, mein Freund, die Freude wird schwächer.<br />
Erst unmerklich, aber dann umso mehr. Und weißt du,<br />
warum? Weil deine Freude nicht mehr frei ist. Besser:<br />
weil du nicht mehr frei bist. Du verhedderst dich im<br />
Hamsterrad, brauchst immer neue Anreize, immer<br />
neue Wünsche, immer neue Ziele. Klar, du freust dich,<br />
wenn du wieder einmal etwas erreicht hast, aber diese<br />
„Das Geheimnis<br />
liegt darin, so zu leben,<br />
dass man sich<br />
an allem freut, was ist,<br />
und nicht an dem,<br />
was man will.“<br />
Freude verpufft so schnell, wie sie kam. Und noch<br />
während sie verpufft, wirst du immer abhängiger<br />
von deinen kleinen Kicks der erfüllten Wünsche. Bis<br />
du auf die glorreiche Idee kommst, deine Ziele immer<br />
größer und extremer werden zu lassen – in der Hoffnung,<br />
dass auch die Freude dann extremer wird. Was<br />
aber nicht passiert. Stattdessen kannst du dich<br />
irgendwann gar nicht mehr freuen: Fünfzig<br />
Kilometer gelaufen? Okay, dann sechzig.<br />
Sechzig Kilometer gelaufen? Okay,<br />
dann siebzig. Das nimmt kein Ende,<br />
außer du fällst vorher tot um.<br />
Hm, aber dann wäre Freude ja<br />
so etwas wie eine Droge, die<br />
einen irgendwann in den Abgrund<br />
stürzt. Und die Lust an Extremerfahrungen<br />
wäre das Symptom<br />
einer gesteigerten Abhängigkeit.<br />
Könnte sein, ja. Und deshalb ist<br />
es so wichtig, beizeiten die Kunst<br />
der Freude zu lernen. Darum ging<br />
es in meinen Büchern.<br />
Und worin besteht diese Kunst<br />
der Freude?<br />
Vor allem darin, sich an den Dingen<br />
zu erfreuen, die wirklich zu<br />
einem passen – die irgendwie<br />
naturgemäß und unbegrenzt vorhanden sind. Wie<br />
gesagt: Ich habe immer die größte Freude, wenn ich<br />
mit guten Freunden durch meinen Garten schlendere .<br />
Denn ich bin dann völlig frei davon, irgendetwas<br />
Tolles oder Extremes erfahren zu müssen. Ich bin<br />
dann auch frei von Angst und Sorge. Ich glaube, das<br />
ganze Geheimnis der Freude liegt darin, so zu leben,<br />
dass man sich an allem freut, was ist, und nicht an<br />
dem, was man will. Du möchtest dich freuen? Dann<br />
hör auf, dich freuen zu wollen!<br />
EPIKUR (um 341 – 271/270 v. Chr.) gilt als Philosoph der Freude.<br />
Damit hat er sich nicht nur Freunde gemacht. Im Gegenteil: Zu<br />
allen Zeiten war er die Hassfigur von Moralpredigern, die ihn als<br />
Ahnherrn eines zügellosen Hedonismus verdammten. Tatsächlich<br />
ging es Epikur aber nicht um ein Maximum an Spaß, sondern<br />
um Selbstgenügsamkeit, die das Leben so nimmt, wie es ist.<br />
CHRISTOPH QUARCH, 57, ist deutscher Philosoph, Gründer<br />
der Neuen Platonischen Akademie (akademie-3.org) und<br />
Autor zahlreicher philosophischer Bücher. Zuletzt erschienen:<br />
„Kann ich? Darf ich? Soll ich? Philosophische Antworten<br />
auf alltäg liche Fragen“, legenda Q, 20<strong>21</strong>.<br />
DR. CHRISTOPH QUARCH BENE ROHLMANN<br />
18 THE RED BULLETIN
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P O R T F O L I O<br />
20 THE RED BULLETIN
König<br />
der<br />
Wellen<br />
Der französische Fotograf<br />
Ben Thouard macht unglaubliche<br />
Bilder von riesigen Wellen an der<br />
Küste von Tahiti. Und von<br />
Menschen, die mutig genug sind,<br />
sie zu reiten. Hier erzählt er,<br />
wie seine Kunstfotos entstehen.<br />
Protokoll PIERRE HENRY CAMY<br />
Wisch und weg<br />
Teahupo‘o, Juni 2016<br />
„Das Foto von Matahi Drollet, den man<br />
den Prinz von Teahupo‘o nennt, habe ich<br />
mit einer langen Verschlusszeit gemacht.<br />
Das ist ästhetisch, aber kompliziert, denn<br />
irgendwas im Bild sollte scharf sein. Man<br />
braucht für solche Bilder Glück, aber mehr<br />
noch Entschlossenheit. Ich bin tausendmal<br />
gescheitert, bevor mir dieses Foto gelang.“<br />
THE RED BULLETIN <strong>21</strong>
P O R T F O L I O<br />
22 THE RED BULLETIN
Brecher<br />
aus Glas<br />
Nordküste<br />
Tahitis,<br />
Dezember 2015<br />
„Sonnenaufgang. Im<br />
Hintergrund ist eine<br />
Klippe, deshalb wirkt<br />
der Strand schwarz.<br />
Die ersten Sonnenstrahlen<br />
fallen über<br />
die Klippe und brin gen<br />
den Wellenkamm zum<br />
Leuchten, als wäre er<br />
aus Glas. Dass dich so<br />
eine Welle erwischt,<br />
willst du wirklich<br />
nicht. Sie kann dich<br />
zerquetschen.“<br />
THE RED BULLETIN 23
P O R T F O L I O<br />
Warten auf die Welle<br />
Teahupo‘o, Mai 2019<br />
„Diese beiden Fotos sind unmittelbar nacheinander<br />
entstanden: Sechs Uhr früh, die Morgenbrise bläst<br />
den Schaum vom Wellenkamm, davor wartende Surfer,<br />
flaches Licht erleuchtet die Szene. So wie hier arbeite<br />
ich viel vom Jet-Ski aus, das macht mich flexibler.“<br />
24 THE RED BULLETIN
Der unbekannte Surfer<br />
Teahupo‘o, Mai 2019<br />
„Man muss auf die Welle warten, im richtigen Moment<br />
tauchen, sich umdrehen, Einstellungen und Bildausschnitt<br />
wählen und abdrücken. Ich weiß bis heute<br />
nicht, wer der Surfer auf dem Bild ist – von unten sieht<br />
es jedenfalls aus, als würde er fliegen.“<br />
THE RED BULLETIN 25
P O R T F O L I O<br />
26 THE RED BULLETIN
Notausgang<br />
Adrian Buchan,<br />
Teahupo‘o,<br />
August 2017<br />
„Viele halten die<br />
Teahupo‘o-Welle für die<br />
gefährlichste der Welt –<br />
wegen ihrer Größe, ihrer<br />
Kraft und weil sie über<br />
einem scharfen Korallenriff<br />
bricht. Eigentlich<br />
wollte ich den Australier<br />
Adrian Buchan in der Tube<br />
fotografieren, doch dann<br />
nahm er den Notausgang<br />
durch die brechende Welle.<br />
So entstand dieses ungewöhnliche<br />
Foto: Adrian<br />
steht zwar noch auf dem<br />
Brett, aber unter Wasser.“<br />
THE RED BULLETIN 27
P O R T F O L I O<br />
Im Bauch des<br />
Ungeheuers<br />
Matahi Drollet,<br />
Teahupo‘o, Juli 2015<br />
„Diese Wellen waren<br />
so groß, dass die Surfer<br />
mit dem Jet-Ski hineingebracht<br />
wurden. Trotzdem<br />
surft der Tahitianer<br />
Drollet nur mit der Kraft<br />
seiner Arme, er schafft es<br />
mit Müh und Not über dieses<br />
Monster. Ich befinde<br />
mich auf einem Boot ganz<br />
nah dran. Mein Erfolg<br />
hängt vom Kapitän ab.<br />
Aber die Fischer kennen<br />
die Teahupo‘o-Welle<br />
wirklich gut.“<br />
28 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 29
P O R T F O L I O<br />
Im Blindflug<br />
William Aliotti, Teahupo‘o, April 2016<br />
„Ganz nah an der Action: Ich bin genau unter dem Kamm<br />
der Welle, die kurz davor ist, auf meine Kamera zu krachen.<br />
Ich bin schon vollständig unter Wasser, aber mein Arm mit<br />
der Kamera ist noch oben, um die Aufnahme zu machen.<br />
Ich schieße blind, nur so bekomme ich das Foto – Sekundenbruchteile<br />
bevor alles explodiert.“<br />
30 THE RED BULLETIN
Majestätische Kurve<br />
Südküste Tahitis, April 2020<br />
„Neben meiner Arbeit als Surf-Fotograf begann ich mich<br />
für Orte zu interessieren, wo die Wellen unglaubliche<br />
Formen annehmen. Ein 300-Millimeter-Teleobjektiv ist<br />
zwar zum Schwimmen nicht sehr praktisch, erlaubt es<br />
mir aber, die Welle mit all ihren Details abzubilden.“<br />
THE RED BULLETIN 31
P O R T F O L I O<br />
Die große Waschmaschine<br />
Teahupo‘o, September 2017<br />
„Das ist eine Teahupo‘o-Welle von unten. Wenn der<br />
Wellenkamm bricht und auf die Wasseroberfläche donnert,<br />
nimmt er Luft mit. Unter Wasser entstehen dann diese<br />
turbinenartigen Strukturen. Es ist hypnotisierend,<br />
ich bin regelrecht besessen von diesem Phänomen –<br />
es ist auch <strong>The</strong>ma meines nächsten Buches.“<br />
32 THE RED BULLETIN
DER FOTOGRAF<br />
„Was mich an Wellen fasziniert?<br />
Sie erlauben es, auf einem einzigen<br />
Bild Ästhetik, Kraft oder<br />
einfach nur Schönheit festzuhalten“,<br />
sagt Ben Thouard, 35,<br />
2019 Gesamt sieger des Fotowettbewerbs<br />
<strong>Red</strong> Bull Illume. Thouard, geboren<br />
in Südfrankreich, entdeckte seine Leidenschaft<br />
fürs Fotografieren über das Windsurfen und ein<br />
Praktikum bei Bernard Biancotto, einem Pionier<br />
der Windsurf-Fotografie. Mit neunzehn verwirklichte<br />
er seinen Traum und ging nach Hawaii, um<br />
dort mit einem selbst gebauten, wasserdichten<br />
Kameragehäuse Windsurf-Fotos zu machen.<br />
Drei Jahre später, 2008, fuhr er weiter in die Südsee<br />
– nach Tahiti. „Es war Liebe auf den ersten<br />
Blick“, erinnert sich Thouard. „Die Kultur, die<br />
Menschen, die Qualität der Wellen, die Klarheit<br />
des Wassers und das häufig wechselnde Licht.“<br />
Er blieb und konzentrierte sich auf Fotos von<br />
Surfern auf Big Waves. In den letzten Jahren<br />
lässt er immer öfter die Surfer weg und widmet<br />
sich der puren Schönheit der Welle.<br />
Ben Thouards erster Bildband („Surface“) ist 2018 erschienen.<br />
Sein neues Buch wird im November erwartet. benthouard.com<br />
Die perfekte Welle<br />
Tahiti, Mai 2019<br />
„Man hat mich gefragt, ob ich dieses Foto<br />
bearbeitet habe. Nein, überhaupt nicht!<br />
Das ist eine Stunde vor Sonnenaufgang,<br />
hinter uns ein Berg, wir schauen Richtung<br />
Sonne, der ablandige Wind bläst Gischt<br />
von der Welle. Das erzeugt ein Lichtspiel<br />
aus Wasser und Wind.“<br />
THE RED BULLETIN 33
Fußball<br />
Karishma Ali<br />
hat im Hochland von Pakistan einen Sportklub für Mädchen<br />
gegründet und es auf die Bestenliste des US-Magazins<br />
„Forbes“ geschafft. Ihr nächstes Projekt? Ein Stadion bauen.<br />
Text ALEXANDRA ZAGALSKY<br />
Foto ABUZAR MIR<br />
Vor fünf Jahren feierte Karishma<br />
Ali eine bittersüße Premiere: Das<br />
damals 19-jährige Fußballtalent war<br />
die erste Frau aus ihrem Heimatbezirk<br />
Chitral, die an einem großen<br />
Sportwettbewerb im Ausland teilnahm<br />
– bei den muslimischen Jubilee<br />
Games in Dubai. Ali, seit ihrem<br />
neunten Lebensjahr Fußballfan,<br />
hatte in der Highschool in Pakistans<br />
Hauptstadt Islamabad Fußballspielen<br />
gelernt, wo die Teilnahme von Mädchen<br />
am Turnunterricht liberaler<br />
gesehen wurde als sonst im Land.<br />
Als die pakistanischen Fußballerinnen<br />
in Dubai auch noch die<br />
Silbermedaille gewannen, kehrte sie<br />
mit dem festen Entschluss zurück,<br />
mehr Frauen zum Sport zu ermutigen.<br />
Sie organisierte ein kleines, niederschwelliges<br />
Trainingslager und<br />
rechnete mit bescheidenem Zulauf.<br />
Zu ihrer Überraschung erschienen<br />
mehr als 50 Mädchen zum Training.<br />
Doch das hatte seinen Preis:<br />
Chitral – eine abgelegene Gebirgsregion<br />
im Norden Pakistans – ist<br />
außer gewöhnlich konservativ und<br />
patriarchalisch geprägt. Prompt wurde<br />
Ali Ziel von Beschimpfungen und<br />
Drohungen im Netz. „Damals überforderten<br />
mich der viele Hass und<br />
die harsche Kritik“, erinnert sich die<br />
24-Jährige. „Ich habe mich Nacht<br />
für Nacht in den Schlaf geweint.“<br />
Dennoch ließ sie sich nicht entmutigen.<br />
2018 gründete sie den<br />
Chitral Women’s Sports Club. Heute<br />
sind über 200 Frauen im Alter zwischen<br />
8 und 16 Jahren Mitglied in<br />
dem Verein. Die Aktion erregte weltweit<br />
Aufsehen, sodass es Karishma<br />
Ali 2019 auf die Bestenliste „30 unter<br />
30 in Asien“ des US-Wirtschaftsmagazins<br />
„Forbes“ schaffte.<br />
Inzwischen hat sie in Islamabad<br />
einen Abschluss der University of<br />
London in Business und Management<br />
gemacht und will diesen nutzen,<br />
um die Infrastruktur für Sport in der<br />
Region Chitral weiter zu verbessern.<br />
„Ich möchte ein Stadion für diese<br />
Mädchen bauen und den Sportklub<br />
in viele andere Täler tragen“, sagt<br />
sie. „Veränderung passiert nicht<br />
über Nacht, aber Fußball ist mehr<br />
als nur ein Spiel. Er ist ein Werkzeug,<br />
das positive Veränderung<br />
in die Gemeinschaften bringt.“<br />
the red bulletin: Fußball drängt<br />
sich jetzt als Hobby für ein Mädchen<br />
in Chitral nicht gerade auf …<br />
karishma ali: Das habe ich meinem<br />
Vater zu verdanken. Seit 2006<br />
schauen wir zusammen die WM,<br />
und danach war ich draußen und<br />
hab gekickt, was das Zeug hielt.<br />
Mein Vater ist sehr aufgeschlossen.<br />
Er hat 2002 die erste englische<br />
Schule in Chitral mitbegründet.<br />
Wenn Eltern ihre Söhne dort ausbilden<br />
lassen wollten, mussten sie<br />
auch ihre Töchter anmelden.<br />
Hast du geahnt, wie beliebt dein<br />
Fußballtrainingslager sein würde?<br />
Ich habe nur 20 Anmeldeformulare<br />
drucken lassen, aber die Mädels<br />
haben sie fotokopiert, sodass die<br />
Gruppe viel, viel größer wurde. Mir<br />
wurde bewusst, dass sie bereit sind,<br />
für ihre Rechte zu kämpfen, und<br />
dass ich ihnen dabei helfen konnte.<br />
Und wie hat sich das dann zu<br />
einem Sportklub entwickelt?<br />
Die Spielerinnen, mit denen ich<br />
arbeite, kommen aus 40 verschiedenen<br />
Dörfern. Manche von ihnen<br />
mussten bis zu zwei Stunden zu<br />
Fuß gehen. 2019 gewannen wir ein<br />
Stipendium, mit dem wir Geländewagen<br />
für den Transport zum Platz<br />
und zurück mieten konnten. Dadurch<br />
haben sich die Mitgliederzahlen<br />
verdoppelt. Chitral hat die höchste<br />
Selbstmordrate in ganz Pakistan,<br />
die meisten Betroffenen sind junge<br />
Frauen. Viele Mädchen kommen aus<br />
benachteiligten Situationen, der<br />
Fußball ermöglicht ihnen neue Perspektiven<br />
und eine Gemeinschaft.<br />
Dein Engagement hat dich auf die<br />
„Forbes“-Liste der „30 unter 30“<br />
Asiens gebracht …<br />
Ich war stolz, meinen Namen neben<br />
so inspirierenden Menschen wie<br />
Naomi Ōsaka (japanische Tennisspielerin;<br />
Anm.) zu sehen. Als Erstes<br />
habe ich meinen Vater angerufen,<br />
der seine Tränen nicht zurückhalten<br />
konnte. Vorher hatte man mich für<br />
verrückt gehalten, aber als ich die<br />
erste Bewohnerin von Chitral im<br />
„Forbes“ war, machte ich plötzlich<br />
Schlagzeilen in Pakistan. Das hat<br />
die Wahrnehmung von Frauen<br />
im Sport zum Besseren verändert.<br />
Trotzdem: Die Trolle im Netz<br />
haben sich schon versammelt …<br />
Wissen Sie was? Wenn die seinerzeit<br />
mein 19-jähriges Ich nicht aufhalten<br />
konnten, schaffen sie es<br />
heute erst recht nicht. Heute bin<br />
ich verrückt genug. Da stellt man<br />
sich mir besser nicht in den Weg.<br />
Twitter: @karishmaAli22<br />
34 THE RED BULLETIN
„Manche<br />
Spielerinnen<br />
gingen zwei<br />
Stunden lang<br />
zu Fuß, um zu<br />
trainieren.“<br />
Fußball-Pionierin Karishma Ali, 24,<br />
hier im Dress ihrer pakistanischen<br />
Heimatregion Chitral, glaubt an<br />
die Macht des Sports.<br />
THE RED BULLETIN 35
Film<br />
David Schalko<br />
meint, dass fröhliche Wunschlosigkeit der ideale<br />
Lebenszustand ist. Deshalb wünscht sich der Autor<br />
und Filmemacher das Leben einer Kuh.<br />
Interview RÜDIGER STURM<br />
Foto KLAUS PICHLER<br />
In seiner absurd-komischen TV-Serie<br />
„Ich und die anderen“ beschreibt<br />
Autor David Schalko allerhand<br />
(Irr-)Wege auf der Suche nach dem<br />
Glück. Hier erklärt der 48-Jährige,<br />
warum das Ego einem guten Leben<br />
oft im Weg steht, warum er Müdigkeit<br />
gut findet und ein Leben als<br />
Wiederkäuer für erfreulich hielte.<br />
the red bulletin: Ihre Serie<br />
„Ich und die anderen“ handelt<br />
von einem Mann, dessen Wünsche<br />
einer nach dem anderen erfüllt<br />
werden. Ist das eine Voraussetzung<br />
dafür, um glücklich zu werden?<br />
david schalko: Nicht unbedingt.<br />
Man muss sich dabei bewusst machen,<br />
dass man in Wünsche etwas<br />
hineinprojiziert. Zum Beispiel glaubt<br />
man, dass man mit einem großen<br />
Haus automatisch glücklicher ist.<br />
Das stimmt nicht. Am besten geht<br />
es mir, wenn ich gar nichts will.<br />
Die fröhliche Wunschlosigkeit ist<br />
der Idealzustand.<br />
Wie erreicht man den?<br />
Dazu gehört die Auflösung des Egos.<br />
Man muss erkennen, dass das Ego<br />
nicht ein Freund ist, den man füttern<br />
soll, sondern dass es vielen<br />
Dingen im Weg steht. Eigentlich<br />
ist es nur eine Illusion, wenn man<br />
buddhistisch argumentiert.<br />
Und Sie haben kein Ego mehr?<br />
Doch, schon. Mein Ego ist hartnäckig.<br />
Aber ich habe gelernt, es zu hinterfragen.<br />
Sobald ein Mensch denken<br />
kann, fängt er an, sich mit den großen<br />
Fragen auseinanderzusetzen:<br />
Wer ist man? Ist man das Ego? In<br />
welcher Situation befindet man sich<br />
in diesem Universum?<br />
Der Buddhismus meint ja, dass<br />
wir uns von unseren Begierden<br />
lösen sollen. Wollen Sie das auch?<br />
Ich glaube nicht, dass die Begierden<br />
das Problem sind, sondern das<br />
Anhaften daran. Wenn man das zu<br />
seinem Lebensinhalt macht und daran<br />
festhält, dann ist das die Ursache<br />
von sehr viel Leid. Und weil wir so<br />
am Leben hängen und ein obsessives<br />
Verhältnis zu unserem Eigentum<br />
haben, tun wir uns auch mit dem<br />
Sterben so schwer.<br />
Hinter Ihnen sehen wir eine<br />
prachtvolle Bücherwand. Das<br />
heißt, die könnten Sie so einfach<br />
aufgeben?<br />
So buddhistisch eingestellt bin ich<br />
dann doch wieder nicht.<br />
Sie schreiben immer wieder über<br />
Menschen, die sich nach oberflächlicher<br />
Wunscherfüllung sehnen.<br />
Eines Ihrer nächsten Projekte<br />
ist ein Film über die Ibiza-Affäre.<br />
Woher kommen die Begierden<br />
Ihrer Charaktere eigentlich?<br />
Das sind oft Menschen, die nach<br />
Liebe suchen, um weniger einsam<br />
zu sein. Natürlich hat jede Figur auch<br />
andere Facetten, aber im Prinzip<br />
steht dieser Antrieb im Mittelpunkt.<br />
Was ist für Sie wahre Liebe?<br />
Es gibt viele unterschiedliche Arten.<br />
Die allumfassendste Liebe ist die,<br />
bei der man jemand anderen mehr<br />
liebt als sich. Das heißt, man gibt<br />
sein eigenes Ego auf.<br />
Wo erleben Sie die?<br />
Am nächsten komme ich diesem<br />
Zustand bei meinen Kindern. Man<br />
stellt seine eigenen Interessen<br />
gegenüber ihren zurück. Denn die<br />
Aufgabe als Elternteil ist, sie zu<br />
unterstützen, dass sie diejenigen<br />
werden können, die sie werden wollen,<br />
und zwar in aller Freiheit, mit<br />
Selbstbewusstsein, aber auch mit<br />
der Umsicht anderen gegenüber.<br />
Allerdings scheint dieses Leben<br />
recht anstrengend. Sie wirken ein<br />
bisschen müde …<br />
Ich bin schon mein ganzes Leben<br />
lang müde. Für mich ist Müdigkeit<br />
kein negativer Zustand. Dabei entwickelt<br />
man eine komische Gelassenheit,<br />
weil man für zu viele Dinge<br />
zu müde ist. Man zieht sich dadurch<br />
automatisch in sich zurück, und das<br />
ist gar nicht so schlecht.<br />
Und wenn jemand Sie unbedingt<br />
antreiben will?<br />
Dann werde ich noch müder.<br />
Sie wirken ja sehr genügsam.<br />
Nehmen wir an, Sie würden<br />
wiedergeboren, wie die Buddhisten<br />
glauben. Wäre Ihnen<br />
ein Dasein als Tier lieber?<br />
Ich muss anmerken, dass ich nicht<br />
an Wiedergeburt glaube. Aber der<br />
Philosoph Friedrich Nietzsche sagte:<br />
„Alle guten Dinge haben etwas Lässiges<br />
und liegen wie Kühe auf der<br />
Wiese.“ Und die wiederkäuende Kuh<br />
auf der Wiese ist schon ein gutes<br />
Bild für Zufriedenheit.<br />
„Ich und die anderen“ läuft seit 29. Juli<br />
auf Sky.<br />
36 THE RED BULLETIN
„Ich bin schon<br />
mein ganzes<br />
Leben lang<br />
müde.“<br />
Regisseur Schalko, 48, hier<br />
beim Foto‐Shoot in Wien, empfindet<br />
das nicht unbedingt negativ.<br />
THE RED BULLETIN 37
Archäologie<br />
Terry Madenholm<br />
hat zwei interessante Jobs: Sie ist Archäologin und nebenbei<br />
gefragtes Model. Hier erklärt die 31-Jährige, wie sie antike<br />
Inka-Siedlungen mittels Drohnentechnik retten will.<br />
Text RACHAEL SIGEE<br />
Foto CHRIS SAUNDERS<br />
Wir erreichen Terry Madenholm<br />
in ihrer Pariser Wohnung. Sie steckt<br />
gerade mitten in den Vorbereitungen<br />
für eine Rettungsaktion: Es geht um<br />
die Ausgrabung einer über 500 Jahre<br />
alten Inka-Siedlung in der Provinz<br />
Cotopaxi in Ecuador, die von Klimawandel,<br />
Bebauungsplänen und – besonders<br />
unberechenbar – einem seit<br />
2015 aktiven Vulkan bedroht ist. Die<br />
31-Jährige gehört zu einem Team,<br />
das diesen Kulturschatz mittels<br />
modernster Drohnentechnologie<br />
und digitaler 3D-Rekonstruktion im<br />
allerletzten Moment für die Nachwelt<br />
bewahren will.<br />
Madenholm, in Stockholm geboren<br />
und in Polen aufgewachsen,<br />
hat in Paris aber noch andere Sachen<br />
zu tun: Sie stand bereits für Werbekampagnen<br />
so schillernder Marken<br />
wie L’Oréal, Clarins oder L’Occitane<br />
als Model vor der Kamera. Ursprünglich<br />
dienten ihr solche Jobs nur<br />
zur Finanzierung des Archäologiestudiums.<br />
Doch die Modelkarriere<br />
nahm derart schnell Fahrt auf, dass<br />
sie ihre Zeit heute zu gleichen Teilen<br />
zwischen Ausgrabungen und Fotoshootings<br />
aufteilt. „Ich sehe mich<br />
als Archäologin, die zufällig auch<br />
modelt“, sagt Madenholm. „Immer,<br />
wenn ich bei Ausgrabungen etwas<br />
finde, erscheint es mir wie eine<br />
Reise in die Vergangenheit. Indem<br />
ich verschwitzt und voll Schlamm<br />
meine Hände in die Erde stecke,<br />
starte ich eine Zeitmaschine.“<br />
the red bulletin: Wie fühlt<br />
es sich an, bei Ausgrabungen<br />
mitzumachen?<br />
terry madenholm: Es ist eine<br />
intensive Erfahrung und erfordert<br />
viel Durchhaltevermögen und Demut,<br />
weil man seine Ziele nicht immer erreicht.<br />
Manchmal sucht man monateoder<br />
sogar jahrelang nach etwas,<br />
das dann nicht so ergiebig ist wie erhofft.<br />
Abgesehen davon sind die Ausgrabungen<br />
sehr anstrengend. Man<br />
kämpft ständig mit sich selbst und<br />
geht an seine Grenzen. Aber genau<br />
das mag ich an der Archäologie:<br />
Man spürt so richtig, dass man lebt.<br />
Wie kartieren und bewahren Sie<br />
antike Stätten?<br />
Mit Tools wie LiDAR, das steht für<br />
Light Detection and Ranging. Es<br />
funktioniert im Grunde ganz einfach:<br />
Ein Laser tastet die Erdoberfläche<br />
ab und erzeugt ein 3D-Bild<br />
dessen, was darunter versteckt liegt.<br />
Diese Werkzeuge sind in der Archäologie<br />
ziemlich neu, aber sie bringen<br />
uns schneller voran. Die Drohnen<br />
verschaffen uns einen besseren Überblick<br />
über die Ausgrabungsstätte,<br />
sodass wir mit unseren Aufzeichnungen<br />
schneller fertig sind.<br />
Was bedeutet diese Technologie<br />
für die Zukunft der Archäologie?<br />
Sie kann neue Perspektiven eröffnen.<br />
Wir können plötzlich größere, mutigere<br />
Fragen stellen. Ich glaube, die<br />
Geschichte der alten Kulturen wird<br />
neu zu schreiben sein. Monumente<br />
und Artefakte können mittels 3D-<br />
Nachbildungen originalgetreu für die<br />
Nachwelt bewahrt und für Publikum<br />
zugänglich gemacht werden. So wird<br />
die Archäologie auch demokratisiert:<br />
Jeder kann sich die Stätten ansehen,<br />
ohne selbst hinzufahren.<br />
Was war für Sie der bisherige<br />
Höhepunkt Ihrer Karriere als<br />
Archäologin?<br />
Die Entdeckung eines zweitausend<br />
Jahre alten Rings an der Küste von<br />
Tel Aviv. Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten<br />
Monate an einem Projekt und<br />
träumen die ganze Zeit nur davon,<br />
etwas Großartiges zu finden. Dann,<br />
im letzten Moment, kurz bevor das<br />
Projekt in die Winterpause geht, finden<br />
Sie plötzlich diesen Ring unter<br />
der Erde! Es fühlte sich irgendwie an,<br />
als hätte jemand den Ring vor zweitausend<br />
Jahren fallen lassen, damit<br />
ich ihn finde. Wenn man so ein persönliches<br />
Stück findet, dann spinnt<br />
man sofort eine Geschichte darüber,<br />
wer ihn gefertigt, wer ihn getragen<br />
hat. In meinem Kopf entstand das<br />
Bild eines dicken Kaufmanns, denn<br />
der Ring war riesig, und ich konnte<br />
ihn leicht über zwei Finger ziehen.<br />
Was erhoffen Sie sich in Zukunft<br />
für Ihre Arbeit?<br />
Überraschungen – die sind das Beste<br />
an der Archäologie. Denken Sie nur<br />
an die Ausgrabungen von Pompeji<br />
in Italien. Die Historiker waren ursprünglich<br />
überzeugt, dass der Vesuv<br />
am 24. August 79 n. Chr. ausgebrochen<br />
sei. Dann wurde 2018 eine alte<br />
Inschrift in Kohle entdeckt, aus der<br />
hervorging, dass der Ausbruch zwei<br />
Monate später statt gefunden hatte.<br />
Daran sieht man, dass Archäologen<br />
und Historiker manchmal falschliegen.<br />
Diese Geschichte spricht mich<br />
sehr an. Ich will einfach Überraschungen<br />
erleben. Ich will von meinen<br />
Funden so richtig umgehauen<br />
werden!<br />
Terry Madenholm ist Projektpartnerin von<br />
Drone Archaeology: dronearchaeology.com<br />
38 THE RED BULLETIN
„Was ich an der<br />
Archäologie<br />
mag? Man<br />
spürt so richtig,<br />
dass man lebt.“<br />
Terry Madenholm, hier an der<br />
Aus grabungsstätte La Cave aux Fées<br />
in Brueil-en-Vexin bei Paris, über<br />
die Faszination ihres Hauptberufs<br />
THE RED BULLETIN 39
Musik<br />
„Mit dem Pauli<br />
das Stadion<br />
zu zerlegen,<br />
das wäre<br />
herrlich!“<br />
Das Pop-Duo PIZZERA & JAUS hat es mit einer<br />
Mischung aus Schmäh und Musik auf die ganz großen<br />
Bühnen geschafft. Hier erzählen sie von den Meilensteinen<br />
ihrer Karriere. Ein Gespräch über den Sinn<br />
von Lampenfieber, das Geheimnis guter Witze<br />
und das Gefühl, vor 100.000 Leuten zu spielen.<br />
Interview WOLFGANG WIESER<br />
Artwork PHILIP BURKE<br />
40 THE RED BULLETIN
ZWEI WIE PECH<br />
UND SCHWEFEL<br />
Paul Pizzera (li.) und<br />
Otto Jaus, gemalt von<br />
US-Künstler Philip<br />
Burke. Irgendwann<br />
stellten sie fest, dass<br />
sie zu zweit stärker<br />
sind als allein. Seither<br />
geht’s bergauf.<br />
41
Musik<br />
Die beiden bündeln ihre Superkräfte.<br />
Paul ist ein Schmähbruder,<br />
der die Pointen nur so<br />
aus dem Ärmel schüttelt, Otto<br />
ein Vollblutmusiker, der schon<br />
als Neunjähriger bei den Wiener<br />
Sängerknaben gesungen hat. Ihre Songs<br />
sind das Beste aus beiden Welten – gewitzte<br />
Melodien sozusagen. Seit 2015 singen Paul<br />
Pizzera, 33, und Otto Jaus, 38, über alles,<br />
was Herz und Hirn Freude macht. Bereits ihr<br />
dritter Song, „Jedermann“, wurde zum Mega<br />
Hit. Seither ist das Duo auf den ganz großen<br />
Bühnen zu sehen.<br />
Am 27. August stehen Pizzera & Jaus<br />
im Steinbruch in St. Margarethen im Burgenland<br />
im Mittelpunkt einer einzigartigen Show:<br />
<strong>Red</strong> Bull Jukebox. Sie werden dabei jene<br />
Songs spielen, die ihre Fans zuvor ausgewählt<br />
haben (siehe Kasten auf S. 45).<br />
Im neuen the red bulletin-Podcast „Mein<br />
erstes Mal“ sprechen wir mit den beiden über<br />
wichtige Schritte auf ihrem Weg zum Erfolg.<br />
Und weil jeder Witz nicht nur eine Pointe, sondern<br />
auch einen Anfang hat, fragen wir die<br />
beiden nach ersten Lachern, ersten Auftritten<br />
und ihrem ersten Top-Hit.<br />
THE RED BULLETIN: Erinnert ihr<br />
euch noch an das erste Mal, als über<br />
euch so gelacht wurde, dass ihr stolz<br />
darauf wart?<br />
Paul pizzera: Auf jeden Fall. Das war<br />
in einem Chrysler im Death Valley in<br />
den USA, wo ich in jungen Jahren den<br />
„Bongo Boy“ von der EAV zum Besten<br />
gegeben hab. Ich glaube, das war die<br />
Initialzündung dafür, dass es mir taugt,<br />
wenn ich gelobt werde. Bei dir (zu Otto<br />
Jaus; Anm.) wird dieser Moment wahrscheinlich<br />
bei den Sängerknaben gewesen<br />
sein, oder?<br />
Otto jaus: Ich weiß es nicht genau,<br />
muss ich ehrlich sagen. Woran ich mich<br />
wirklich erinnern kann, war, dass ich<br />
bei der Heimfahrt von der Schule immer<br />
der Buskasperl war. Ich weiß nicht, wie<br />
das funktioniert hat, aber ich habe gelesen,<br />
was in einem Orangensaft packerl<br />
drinnen ist. Und das habe ich kommentiert<br />
– frag mich nicht, wie! ich kann<br />
mich nur erinnern, dass die letzten drei<br />
Reihen gelacht haben.<br />
Paul: Lustig, dass es bei uns beiden<br />
Vehikel waren. Wir sind uns einig, dass<br />
jede und jeder, der sich auf eine Bühne<br />
stellt, ein bisschen einen Schaden hat.<br />
Also, es ist wahrscheinlich ein Aufmerksamkeitsdrang.<br />
Ich finde das aber absolut<br />
legitim – wir bescheren ja anderen Leuten<br />
eine gute Zeit.<br />
Otto: Die Erfahrung, die mir den Weg<br />
gewiesen hat, war meine Zeit bei den<br />
Wiener Sängerknaben, weil ich da das<br />
erste Mal gemerkt habe, wie es ist, auf<br />
der Bühne zu stehen. Ich war Solist bei<br />
den Sängerknaben, und der erste Solo<br />
Auftritt war eine Katastrophe. Und<br />
dann haben sie mir das Solo wieder weggenommen.<br />
Ist aber eh wieder gekommen,<br />
und ich habe schon mit gekriegt:<br />
Das ist leiwand, die schauen alle auf<br />
dich, dann kannst du zeigen, was du<br />
42 THE RED BULLETIN
kannst. Und du merkst: Angst haben ist<br />
ganz schlecht. Nervös sein ist richtig.<br />
Du denkst, lasst mich raus, ich will das!<br />
Dann kommst du raus, und dann funktioniert<br />
das meistens voll leiwand.<br />
Paul: Das kann ich nur unterschreiben.<br />
Nicht umsonst heißt es, dass ein Bogen<br />
gespannt sein muss, damit ein Pfeil weit<br />
fliegen kann. Wenn man nicht nervös<br />
ist, dann ist man seiner selbst zu sicher,<br />
wenn man auf die Bühne geht. Und wenn<br />
man Angst hat, dann kann man nicht so<br />
gut sein, wie man es sein könnte. Du<br />
warst sicher auch sehr nervös vor diesem<br />
Gespräch mit uns, kaschierst es aber<br />
hervorragend. Ich freu mich wahnsinnig<br />
darauf, wieder nervös sein zu dürfen.<br />
Das ist ja auch ein Privileg, wieder auf<br />
die Bühne zu gehen.<br />
Braucht witzig sein auch Übung –<br />
oder reicht Talent?<br />
Paul: Große Frage, halleluja! Ich glaube,<br />
dass alles Übung braucht, oder? Talent<br />
ist schön und gut, wenn man es hat –<br />
dann funktioniert es durch Übung<br />
schneller.<br />
„Ich wollte unbedingt wissen,<br />
wie ich vor Publikum ankomme.<br />
Da sind wir bei diesem Spagat<br />
aus Neugier und Selbstbewusstsein<br />
– man will einfach<br />
wissen, wie man wirkt.“<br />
PAUL PIZZERA<br />
Wann ist euch klar geworden, dass<br />
man tatsächlich üben muss und sich<br />
nicht nur aufs Talent verlassen darf?<br />
Otto: Ich glaube, uns war von Anfang<br />
an klar, dass wir üben müssen. Und es<br />
macht ja auch Spaß. Hätten wir in den<br />
vergangenen fünfzehn Monaten nicht<br />
geübt, wäre ich psychisch nicht dort, wo<br />
ich jetzt bin.<br />
Paul: Wenn ich es jetzt biografisch betrachte,<br />
war es bei mir immer so, dass<br />
ich gewusst habe, dass ich alles im Zuge<br />
des Übens noch besser machen kann.<br />
Was war das Schönste bei eurem<br />
ersten Mal auf der Bühne, oder war<br />
da ohnehin nur Angst?<br />
THE RED BULLETIN 43
Musik<br />
Paul: Bei mir war es hauptsächlich<br />
Angst. Aber ich wollte halt unbedingt<br />
wissen, wie ich ankomme. Da sind wir<br />
bei diesem Spagat aus Neugier und<br />
Selbstbewusstsein – man will einfach<br />
wissen, wie man wirkt. Ja, das war<br />
heftig und mit ganz hohem Puls.<br />
Das war bei einem Poetry Slam, also<br />
bei so etwas wie einem Wettbewerb<br />
für moderne Gedichte.<br />
Paul: Das war ein Text, der nur aus<br />
Werbeslogans bestanden hat, und justament<br />
habe ich damit an dem Abend<br />
gewonnen. Wie war das bei dir bei den<br />
Sängerknaben?<br />
Otto: Ich habe keine Ahnung, ich<br />
kann es nicht sagen. Ich kann dir nicht<br />
einmal sagen, wo der erste Auftritt<br />
war, das ist so lange her. Ich weiß es<br />
nicht mehr.<br />
Wie kann man seinen ersten Auftritt<br />
bei den Sängerknaben vergessen?<br />
Otto: Ich habe wirklich sehr, sehr<br />
viele Auftritte gehabt.<br />
Zwei Auftritte, bei denen ich annehme,<br />
dass ihr euch beide dran erinnern<br />
könnt: Was war besser – Donauinsel<br />
oder Burgtheater?<br />
Paul: Das Donauinselfest ist so ein prestigeträchtiges<br />
Gelände, und Burgtheater<br />
ist einfach geil, da sind immer angesoffene<br />
Proleten. Nein, im Ernst: Burgtheater ist<br />
natürlich ein Ritterschlag, wunderschön<br />
und cool. Und die Donauinsel – das war<br />
schon richtig gestört. Wenn du von einem<br />
Motorboot abgeholt und hinter die Bühne<br />
geführt wirst und weißt, da sind dann<br />
hunderttausend Leute. Ich war noch nie<br />
so nervös wie dort, glaube ich.<br />
„Einmal im Jahr, wenn die Tour<br />
vorbei ist, fahren wir zu zweit<br />
wohin. Abseits des Trubels –<br />
nicht, um zu proben, sondern<br />
nur, um zu zweit zu sein.“<br />
OTTO JAUS<br />
Otto: Das war auch der einzige Auftritt,<br />
bei dem wir von der Bühne<br />
44 THE RED BULLETIN
unter gegangen sind und gesagt haben,<br />
bitte lasst jetzt niemanden zu uns. Niemanden.<br />
Wir wollen einfach nur für uns<br />
sein. Wir sind dann zehn, fünfzehn Minuten<br />
nur dagesessen und haben keinen<br />
Ton rausgebracht.<br />
Wenn ihr an diesen Tag zurückdenkt,<br />
wie ist der überhaupt abgelaufen?<br />
Steht man da nicht schon mit einem<br />
seltsamen Gefühl auf?<br />
Paul: Du schläfst schweißgebadet ein<br />
vor so einem Auftritt. Dann: ganz normale<br />
Routine, ein bisschen sporteln,<br />
was essen, Soundcheck, noch einmal<br />
ins Hotel, versuchen zu schlafen, aber<br />
das ist eben nicht gegangen.<br />
Otto: Einsingen im Hotelzimmer,<br />
zweieinhalb Stunden warten, während<br />
die anderen noch spielen – das ist<br />
schiach.<br />
Was ist ein guter Witz? Erzähl uns<br />
doch einen!<br />
Paul: Gute Witze sind primitivgründig.<br />
Das heißt, sie haben eine intellektuelle<br />
Ebene und sind trotzdem etwas lasziv.<br />
Aber erzählen willst du keinen?<br />
Paul: Ach so, sicher, klar. Harry steht an<br />
der Hofer-Kasse, legt auf: eine Banane,<br />
ein Joghurt, eine Semmel. Die Kassiererin<br />
sagt: „Sie sind Single, gell?“ Sagt er: „Ja,<br />
stimmt – weil ich so wenig einkaufe?“<br />
Sagt sie: „Nein, weil Sie so schiach sind.“<br />
Herrlich, ich liebe so was! Mir gefällt das<br />
halt sehr gut.<br />
Vermisst ihr einander auch manchmal?<br />
Otto: Natürlich, na sicher, es gibt auch<br />
SMS-Nachrichten, wo wir schreiben:<br />
Oida, ich vermisse dich schon richtig.<br />
Einmal im Jahr, wenn die Tour vorbei ist,<br />
fahren wir auch zu zweit wohin. Abseits<br />
des Trubels – nicht, um zu proben, sondern<br />
einfach nur, um zu zweit sein.<br />
Aber ihr teilt euch dann nicht ein<br />
Doppel bett oder so?<br />
Paul: Haben wir auch schon gemacht.<br />
Nur, wir zwei sind halt … also, ich bin<br />
starker Schnarcher.<br />
Otto: Ja, und ich schnarche auch.<br />
Aber wenn der Herr Pizzera neben dir<br />
zu schnarchen anfängt, ei, das ist …<br />
Ihr habt euch vor Jahren bei einer<br />
Rauchpause kennengelernt, und du,<br />
Otto, glaube ich, sagst immer, das<br />
war Liebe auf den ersten Tschick.<br />
Otto: Also wir zwei sagen das.<br />
PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL<br />
Müsst ihr eure Pointen vorher testen,<br />
oder seid ihr euch schon sicher, dass<br />
sie funk tionieren?<br />
Paul: Man testet die Pointen auf jeden<br />
Fall. Ist auch gut so, beruhigt einen auch.<br />
Meistens ist es so: Wir schreiben und<br />
müssen selber lachen. Es ist aber auch<br />
schon vorgekommen, dass wir uns dachten,<br />
das ist eine Kaiserwuchtel – und<br />
dann wurde sie mit der großen Stille<br />
abgestraft.<br />
Otto: Stimmt, aber das ist Teil der<br />
Erfahrung.<br />
Könnt ihr auch Witze machen, wenn<br />
ihr traurig seid?<br />
Paul: Gerade dann. Das ist das Wichtigste.<br />
Also, jede Komödie braucht unbedingt<br />
auch eine Tragödie. Denn es<br />
gibt gute Witze und liebe. In den wirklich<br />
guten Witzen, da passiert meistens<br />
auch was Böses.<br />
RED BULL JUKEBOX<br />
MIT PIZZERA & JAUS<br />
Bei <strong>Red</strong> Bull Jukebox bestimmen die Fans per<br />
Voting (online und live), welche Songs Pizzera &<br />
Jaus spielen. Und in welcher Form – als Rap<br />
oder Reggae, mit Beatboxer oder a cappella.<br />
Die perfekte Location für das einzigartige<br />
Experiment ist der Steinbruch St. Margarethen<br />
im Burgenland. Termin: 27. August<br />
redbull.com/jukebox<br />
Beschreib uns doch bitte einmal diese<br />
nahezu einzig artige Liebe: Wie war<br />
das, dieser erste Tschick, den ihr gemeinsam<br />
geraucht habt?<br />
Paul: Ich bin einmal gefragt worden, was<br />
passiert wäre, wenn ich Nichtraucher gewesen<br />
wäre, da habe ich gesagt: Für den<br />
Otto hätte ich zu rauchen angefangen.<br />
Sehr schön.<br />
Otto: Es war so, dass wir gemerkt haben,<br />
dass der jeweils andere Kompetenzen besitzt,<br />
die man selber nicht hat, die man<br />
aber gern hätte – wo wir gemerkt haben:<br />
Zu zweit werden wir auf jeden Fall höher<br />
springen können als allein.<br />
Paul: Wir haben uns noch an dem<br />
Abend die Hand gegeben und gesagt:<br />
Das ziehen wir durch.<br />
Wenn man nun das erste Mal hört,<br />
dass man Nummer eins in der<br />
THE RED BULLETIN 45
Musik<br />
Hitparade ist, was geht da eigentlich<br />
in einem vor?<br />
Paul: Ich war mit einem Zahn weniger<br />
und einem gebrochenen Haxen auf<br />
der Wiesen in München und habe rund<br />
drei Promille gehabt und habe mir nicht<br />
erklären können, ob das jetzt stimmt<br />
oder ob mich wer verarscht.<br />
Auf welches erste Mal in der Zukunft<br />
freut ihr euch?<br />
KURT COBAIN, FRANK ZAPPA, MILES DAVIS Philip Burke hat praktisch<br />
alle Stars des Musik-Biz gemalt – hauptsächlich für das Magazin „Rolling Stone“.<br />
Otto: Stadion. Vollgas. Zu zweit mit<br />
dem Pauli das Wiener Stadion zu zerlegen,<br />
das wäre herrlich. Auf dieses erste<br />
Mal würde ich mich sehr freuen. Ich<br />
würde mir natürlich auch in die Hosen<br />
kacken, aber ich würde mich sehr freuen,<br />
also beruflich gesehen.<br />
Geht noch was drüber übers Stadion?<br />
Freudetechnisch, meine ich jetzt.<br />
Paul: Das erste Mal mit einer Frau<br />
eine längere Beziehung haben als<br />
mit dem Otto – auf das freue ich mich<br />
schon sehr.<br />
„MEIN ERSTES MAL“<br />
IST DIE RED BULLETIN-PODCAST-SERIE,<br />
in der Helden über ihre Anfänge sprechen.<br />
Die aktuelle Folge mit Pizzera & Jaus gibt’s<br />
im Podcast-Kanal von <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>.<br />
Zu finden auf allen gängigen<br />
Platt formen wie Spotify<br />
und auf redbulletin.com/<br />
podcast<br />
Rock ’n’ Roll mit Pinsel<br />
Der Mann, der Pizzera & Jaus für uns gemalt hat,<br />
ist selbst ein Star: der New Yorker Maler Philip Burke.<br />
Andy Warhol, so heißt es,<br />
sei ein Fan von Philip<br />
Burke gewesen, als der<br />
Anfang der Achtzigerjahre<br />
in New York seine ersten<br />
Zeichnungen im Magazin<br />
„Vanity Fair“ veröffentlichte;<br />
etwas später hat<br />
Burke den Gottvater der<br />
Pop-Art sogar porträtiert.<br />
Heute ist Philip Burke, 65,<br />
selbst eine lebende Legende des<br />
Rock ’n’ Roll: Seit 1989 hat er alle<br />
wesentlichen Köpfe des Musikgeschäfts<br />
für den „Rolling Stone“<br />
in Öl auf Leinwand verewigt, aber<br />
Philip Burke<br />
auch Topstars aus Politik<br />
und Schauspiel – und zwar<br />
in einer Art, wie es Fotos<br />
beim besten Willen nicht<br />
vermögen, nämlich so,<br />
dass in den Bildnissen<br />
auch der Charakter der<br />
Porträtierten sichtbar wird.<br />
Für seine unverwechselbaren<br />
Gemälde bedient sich der<br />
bekennende Buddhist gar nicht<br />
der schlechtesten Vorbilder: Als<br />
Inspiration, sagt er, hätten ihm<br />
die Arbeiten von Künstlern wie<br />
van Gogh, Matisse, Picasso oder<br />
Modigliani gedient.<br />
46 THE RED BULLETIN
I N S T I N C T® S O L A R S E R I E S<br />
EXTRA POWER FÜR DEINEN LIFESTYLE<br />
#BeatYesterday
Bike<br />
EINE GANZ NORMALE JUNGE FRAU …<br />
… bis sie aufs Rad steigt. Vali Höll ist erst neunzehn,<br />
aber schon die schnellste Mountainbikerin Österreichs,<br />
vielleicht sogar der Welt. Außerdem kann sie spontan tricksen,<br />
wie hier beim Shooting in ihrer Heimat Saalbach.<br />
48 THE RED BULLETIN
Super-Girl<br />
VALENTINA „VALI“ HÖLL galt als Mountainbike-Wunderkind.<br />
Voriges Jahr bei der Heim-WM hatten alle erwartet, dass sie sich zur<br />
Weltmeisterin krönen würde. Doch dann verletzte sie sich im Training.<br />
Ein Glück, sagt Höll: Denn jetzt weiß sie, wie man wieder aufsteht.<br />
Text WERNER JESSNER<br />
Fotos PHILIPP HORAK
Bike<br />
sprung-Schanze<br />
Skikönigin Lindsey Vonn<br />
wollte immer auf einer Herren-Strecke<br />
gegen Männer fahren. Für die 19-jährige<br />
Mountainbike-Downhillerin Vali Höll ist<br />
so etwas ganz normal. Im Mountainbike-<br />
Downhill gibt es nur eine Strecke, und<br />
die ist einfach eine Männer-Strecke. Eine<br />
Wilde-Männer- Strecke, die TV-Kameras<br />
wollen es so: Doppelsprünge, steile Wurzelpassagen,<br />
mehrere Meter tiefe Drops,<br />
und doch erfordert es gewaltigen technischen<br />
Aufwand, wie er für die Übertragungen<br />
des UCI Mountainbike World Cup<br />
auf redbull.com/bike betrieben wird, um<br />
das unfassbare Können und den Speed<br />
der Athleten einigermaßen wirklichkeitsgetreu<br />
abbilden zu können.<br />
Nachvollziehbar ist es ohnehin nicht,<br />
schon gar nicht vor Ort. Um beim Ski-Vergleich<br />
zu bleiben: Gute Skifahrer werden<br />
die Streif in Kitzbühel schon einigermaßen<br />
unfallfrei runterrutschen können. Es ist<br />
zwar steil und eisig und die Hose voll,<br />
aber mit Querstellen und Kantenreinhauen<br />
wird der Amateur nach etlichen<br />
Minuten oben an der Hausbergkante<br />
auftauchen und ein paar weitere danach<br />
vielleicht unbeschadet unten im Ziel.<br />
Auf der Downhill-Weltcup-Strecke<br />
in Leogang ist das für normalsterbliche<br />
Mountainbiker unmöglich, vor allem im<br />
Regen. Da gibt es ein paar Passagen, auf<br />
denen du keine sprichwörtlichen Kanten<br />
in den Untergrund rammen und runterrutschen<br />
kannst. Da gibt es Sprünge, die<br />
setzen eine gewisse Geschwindigkeit voraus,<br />
um zu funktionieren. Um abermals<br />
ein Winter-Bild zu gebrauchen: Es ist<br />
eher keine Lösung, sich auf einer Ski-<br />
mit drei Meter Anlauf<br />
zu begnügen, weil man sich vor der Geschwindigkeit<br />
von ganz oben fürchtet.<br />
Wer oben nicht weiß, was er tut, wird<br />
unten aufprallen wie ein Stein.<br />
In Leogang gibt es gleich ein paar<br />
solcher Stellen, die selbst unter perfekten<br />
Bedingungen ein großes Herz brauchen.<br />
Im normalen Betrieb sind diese Sprünge,<br />
mitten im Bikepark gelegen, für die Allgemeinheit<br />
gesperrt, das zuständige Rote<br />
Kreuz Salzburg, Dienststelle Saalfelden,<br />
dankt herzlich. Geöffnet sind sie ausschließlich<br />
bei Rennen, denn die Profis<br />
wissen, was sie tun. Profis hier bitte als<br />
gegenderte Variante zu verstehen, Frauen<br />
und Männer gleichermaßen (und wir<br />
legen für Lindsey Vonns unerfüllten<br />
Traum eine kleine Gedenksekunde ein).<br />
Was aber, wenn es regnet? „Dann<br />
haben wir auch die Hosen voll“, grinst<br />
Vali Höll, schon jetzt, mit neunzehn, die<br />
beste Downhillerin, die Österreich jemals<br />
hatte. Staatsmeisterin ohnehin, Junioren-<br />
Weltcup-Dominatorin, Junioren-Weltmeisterin.<br />
Noch so ein Spezifikum im<br />
Downhill: Nachwuchs-Racer fahren auf<br />
derselben Strecke wie die Großen. Daher<br />
sind die Zeiten 1:1 vergleichbar. In Vali<br />
Hölls Fall heißt das: Das Mädel bewegte<br />
sich mit siebzehn in der absoluten Weltspitze<br />
und wäre in jedem Rennen, das sie<br />
bei den Juniorinnen gewann, in der Elite-<br />
Kategorie zumindest auf dem Podest der<br />
ersten drei gestanden.<br />
Ein Sprung im Regen im vorletzten<br />
Training zerstörte ihren WM-Traum<br />
Und genau so war die Erwartungshaltung<br />
vor der WM 2020 auf der Heimstrecke<br />
in Leogang: „Erstes Rennen in der Elite-<br />
Kategorie: Das gewinnst du, Vali. Locker!“<br />
Immerhin stammt Höll aus Saalbach,<br />
gelegen an der Südflanke jenes Berges,<br />
an dessen Nordseite, in Leogang, sie sich<br />
zur jüngsten Weltmeisterin krönen sollte.<br />
Auf den ersten Blick war klar: Niemand<br />
Was aber, wenn<br />
es regnet? „Dann<br />
haben wir auch<br />
die Hosen voll.“<br />
fährt so wie Vali Höll. Sie dominierte<br />
sämtliche Trainingsläufe – bis zu diesem<br />
einen Sprung im vorletzten Lauf vor dem<br />
großen Moment.<br />
Der lange und schmerzhafte<br />
Weg zurück<br />
Die Erde hatte sich in eine klebrige Masse<br />
verwandelt, die die Reifen festhielt. Was<br />
die nötige Geschwindigkeit verhinderte.<br />
Der Sprung ging vier Meter hoch, fünfzehn<br />
Meter weit, Detonation bei der<br />
Landung, ohne zu stürzen. Das Sprunggelenk<br />
zahlte die Rechnung.<br />
Krankenhaus statt Goldmedaille.<br />
Schmerzen statt Triumph.<br />
Operation statt Siegesfeier.<br />
Reha statt Weltreise.<br />
Und es kam noch schlimmer: Selbst<br />
nach wochenlangem Schuften im <strong>Red</strong> Bull<br />
Athlete Performance Center in Thalgau<br />
(„eine perfekte Zeit, viele Sportler aus<br />
anderen Disziplinen getroffen, von früh<br />
bis spät einzig an meinem Comeback gearbeitet,<br />
statt wie früher zwischen Lernen<br />
für die Matura die nötigen Stunden reinzuzwicken“),<br />
selbst unter optimalen Bedingungen<br />
also war mit diesem Sprunggelenk<br />
nicht an Radfahren zu denken.<br />
Nein, das war kein psychisches Problem:<br />
„Im Kopf wollte ich nichts mehr,<br />
als endlich wieder aufs Downhill-Bike<br />
zu steigen und Gas zu geben“, erinnert<br />
sich Vali. „Die Schraube im Sprunggelenk<br />
musste raus, um es wieder so abwinkeln<br />
zu können, wie ich es für meinen Sport<br />
brauche.“ Ärzte wurden konsultiert, dann<br />
wurde entschieden: Ja, wir operieren<br />
noch einmal. Es sei kein schwieriger Entschluss<br />
gewesen, sich so knapp vor Saisonbeginn<br />
noch einmal unters Messer zu<br />
legen, erzählt Vali. „Ich hatte ja erlebt,<br />
welche Fortschritte unter perfekten Bedingungen<br />
in wenigen Wochen möglich<br />
sind.“ Bereits am Abend nach der OP versuchte<br />
sie, das verletzte Bein leicht zu<br />
belasten: „Beim Zähneputzen. Nach diesen<br />
drei Minuten wusste ich: Nun bin ich<br />
auf dem Weg zurück.“<br />
Sobald es ging, setzte sie sich ins Auto<br />
und fuhr nach Frankreich. Dort wartete<br />
ihr Team auf sie – ihr neues Team. Nach<br />
sieben Jahren bei YT – das Unternehmen<br />
aus Bayern hatte das Über-Talent bereits<br />
mit dreizehn (!) unter Vertrag genommen<br />
– hatte sie für ihr erstes, richtiges Profi-<br />
Jahr (nach dem verkorksten letzten mit<br />
Sturz und vergebener WM-Medaille) für<br />
ein neues Team unterschrieben. Mehr als<br />
50 THE RED BULLETIN
HIMMEL UND HÖLLE<br />
Nachdenklich in Saalbach:<br />
Seit der Verletzung weiß Vali,<br />
wie knapp Triumph und<br />
Nieder lage beieinanderliegen.<br />
Valis Sprung geht<br />
vier Meter hoch,<br />
fünfzehn Meter weit,<br />
Detonation<br />
bei der Landung.
„In unserem Sport<br />
wird es dich immer<br />
wieder mal auf<br />
die Pfeife hauen.<br />
Einmal ist keinmal.“<br />
WIRBELWIND<br />
Immer für einen Spaß<br />
zu haben: Hier hat unser<br />
Fotograf Vali Höll zum<br />
Headbangen gebracht.
Bike<br />
BARTOSZ WOLINSKI/RED BULL CONTENT POOL<br />
das: Sie hatte alle Angebote namhafter<br />
Rennställe ausgeschlagen und darauf<br />
beharrt, nach ihren eigenen Regeln zu<br />
spielen. So wie Lindsey Vonn nicht mit<br />
dem regulären US-Ski-Team arbeitete,<br />
sondern mit ihrem Privattrainer Robert<br />
Trenkwalder, so baute sich die 19-jährige<br />
Mountainbikerin ihre Mannschaft nach<br />
ihren Bedürfnissen und Wünschen. Reklamierte<br />
langjährige Vertraute wie Patentante<br />
Angie (einst selbst erfolgreiche<br />
Racerin) als persönliche Assistentin ins<br />
Team, um den Rücken frei zu haben fürs<br />
Rennfahren. Hielt vieljährigen Sponsoren,<br />
die sie in großen Teams hätte aufgeben<br />
müssen, die Treue und integrierte sie in<br />
die neue Struktur. Fand mit US-Hersteller<br />
Trek einen Branchenriesen als Rahmenhersteller,<br />
der nicht jeden Cent zweimal<br />
umdrehen muss. Bekam mit zwei hungrigen<br />
männlichen Junioren Teamkollegen,<br />
an deren Speed sie sich messen kann. Bereits<br />
beim ersten Roll-out in Frankreich<br />
mit dem neuen Material erkannte die<br />
Salzburgerin, dass sie wieder die Alte<br />
war. Vielleicht sogar mehr als das.<br />
Die Begleichung einer<br />
offenen Rechnung<br />
Der Auftakt zur Saison 20<strong>21</strong> des UCI<br />
Mountainbike World Cup fand in Leogang<br />
statt. Ausgerechnet auf jener Strecke, die<br />
ihr ein halbes Jahr zuvor zum Verhängnis<br />
geworden war. Natürlich regnete es auch<br />
wieder. Der teuflische Sprung war bis<br />
zum zweiten Trainingstag gesperrt, für<br />
Männer wie für Frauen gleichermaßen.<br />
Er war unspringbar. An diesem Tag hätte<br />
er mit ziemlicher Sicherheit Karrieren beenden<br />
können. Als er geöffnet wurde, war<br />
klar, dass Vali nun eine Rechnung begleichen<br />
musste: sie gegen die Strecke in Leogang.<br />
Wenn du auch nur an einer Stelle<br />
kneifst, brauchst du dich erst gar nicht<br />
an den Start zu stellen, so Hölls Logik.<br />
Sogar die Tageszeitungen berichteten<br />
und bauten mit Patriotismus Druck auf:<br />
Vali möge doch „für Österreich“ gewinnen.<br />
Die Saalbacherin fängt mit so einem<br />
Konstrukt allerdings herzlich wenig an.<br />
„Aus welchem Land ich komme, ist doch<br />
sekundär“, sagt sie und zuckt mit den<br />
Schultern. „Ich gewinne in erster Linie<br />
für mich, meine Freunde, meine Familie,<br />
mein Team. Den Heim-Aspekt habe ich<br />
eigentlich nicht als zusätzlichen Druck<br />
wahrgenommen, nein.“<br />
Und der Sprung? Angst oder wenigstens<br />
Respekt davor? „Weder noch. Okay,<br />
Beim Comeback muss<br />
Vali zweimal stark<br />
sein: auf der Strecke<br />
und auf Instagram.<br />
vielleicht doch Respekt. Im letzten Jahr<br />
war ich einfach zu langsam, daher der<br />
Sturz. Heuer war der Regen stärker, der<br />
Schlamm dadurch weicher. Ich wusste,<br />
dass sich das ausgeht, wenn ich vorher<br />
zwei-, dreimal g’scheit reintrete.“<br />
Sie sprang, landete, dann war erst einmal<br />
nichts. Und dann hörte man einen<br />
Schrei unter dem Helm, einen Schrei der<br />
Erleichterung. Da war also doch etwas<br />
passiert in der Athletin Höll, mental.<br />
Vali 1, Sprung 0, und so würde das<br />
künftig auch bleiben.<br />
Was hast du dir gedacht, als du gelandet<br />
bist? „Ich war schon erleichtert.<br />
Ich wusste ja, dass ich es kann, aber nach<br />
dem Sturz brauchte ich eben auch die<br />
Bestätigung im richtigen Leben. Darum<br />
auch der Schrei.“<br />
Und dass ausgerechnet die Heim- zur<br />
Schicksalsstrecke wurde, war dir echt<br />
egal? „Klar kennen mich in Saalbach/<br />
Leogang mehr Menschen als auf den<br />
anderen Stationen im UCI Mountainbike<br />
World Cup, aber eigentlich hat sich das<br />
soziale Element eines Athleten ohnehin<br />
schon längst ins Internet verlagert.“<br />
Vali Höll ist mit ihren 19 Jahren ein<br />
digital native, obwohl sie den ganzen Tag<br />
draußen ist. Sie ist damit aufgewachsen,<br />
dass Sponsoren digitale Präsenz verlangen.<br />
Sie kennt es nicht anders. Die Zahl<br />
der Follower ist genauso eine Währung<br />
wie die Zeit im letzten Rennen, bloß<br />
weitaus unfairer. Zwischen Startgatter<br />
und Lichtschranke im Ziel hast du als<br />
Mountainbiker nicht nur den Lenker in<br />
der Hand, sondern auch dein Schicksal.<br />
In den digitalen Zwischenräumen mit<br />
ihren dunklen Ecken voller Trolle nicht.<br />
Guter Rat von<br />
einer Bike-Legende<br />
Wenn du nach acht Stunden Schinderei<br />
auf dem Weg zum Comeback abends in<br />
den Kommentaren auf Instagram lesen<br />
musst, dass du es ohnehin nicht bringst,<br />
dann musst du ein zweites Mal stark sein.<br />
„Ich kann nicht behaupten, dass mich<br />
das anspornen würde. Es ärgert mich<br />
auch nicht wirklich. Ich empfinde es bloß<br />
als lästig und ermüdend.“<br />
In dieser schwierigen Situation holte<br />
sich Vali Höll Rat bei der Besten. Ihrem<br />
Vorbild, von dem sie sich als Kind Autogramme<br />
geholt hatte. Die ihr zur lieben<br />
Freundin geworden war: der fünffachen<br />
Weltmeisterin, sechsfachen World-Cup-<br />
Gesamtsiegerin und Trägerin des Laureus<br />
World Sports Award, Rachel Atherton.<br />
„Sie hat mir gesagt, was für sie in schwierigen<br />
Situationen, von Verletzung bis<br />
Shitstorm, wichtig war und wie sie den<br />
Fokus behalten hat, indem sie nach vorn<br />
geschaut hat auf den nächsten Tag, an<br />
dem sie aufs Bike kann. Wie sie ein Jahrzehnt<br />
lang mit Situationen umgegangen<br />
ist, die ich jetzt zum ersten Mal erlebe,<br />
bewundere ich sehr.“<br />
Auf das große Duell zwischen der<br />
dominanten Downhillerin des letzten<br />
Jahrzehnts und dem Super-Talent aus<br />
Österreich müssen die Fans dennoch<br />
verzichten: Rachel wurde im Juli Mutter.<br />
Vali ist das nur recht: „Ich weiß nicht, ob<br />
ich gegen Rachel voll hätte fahren können.<br />
Da ist noch immer zu viel Respekt.“<br />
Was hast du aus dem Sturz in Leogang<br />
mit seiner Verletzung und dem Weg<br />
zurück gelernt? Vali Höll: „In unserem<br />
Sport wird es dich immer wieder mal<br />
auf die Pfeife hauen. Einmal ist keinmal.“<br />
Und dann? „Dann stehst du auf und<br />
machst weiter.“<br />
Mehr Vali in allen Lagen auf Instagram:<br />
@valihoell<br />
VALI HÖLLS RASANTE<br />
BIKE-KARRIERE<br />
Eine dreiteilige Doku zeigt ihren<br />
kometenhaften Aufstieg<br />
„Past – Presence – Future“ zeigt Valis<br />
Weg von der Doppelweltmeisterschaft<br />
bei den Junioren in die UCI Weltcup-Elite.<br />
Inklusive Comeback nach der Sprunggelenksverletzung.<br />
Ab 28. Juli bei<br />
<strong>Red</strong> Bull TV. redbull.com/valihoell<br />
THE RED BULLETIN 53
Basketballspiel im<br />
Käfig an der West 4th<br />
Street in New York:<br />
Die Enge des Kult-<br />
Platzes sorgt für<br />
intensive Stimmung.<br />
54<br />
EIN KÄFIG
Streetball<br />
West 4th Street<br />
ist New Yorks<br />
legendärster<br />
Basketballplatz.<br />
Stars wie Denzel<br />
Washington pilgern<br />
an seine Zäune,<br />
Spieler aller Ethnien<br />
kämpfen in hitzigen<br />
Partien um Respekt.<br />
Zu Besuch an einem<br />
Ort, der für viel mehr<br />
steht als Sport.<br />
Text DAVE HOWARD<br />
Fotos ANTHONY GE<strong>AT</strong>HERS<br />
VOLLER HELDEN
D<br />
Basketball-Cracks beim Einlauf zu einem Summer-Leagues-Playoff-Match:<br />
Das Spiel im Käfig „körperbetont“ zu nennen ist eine krasse Untertreibung.<br />
Der Käfig belohnt diejenigen,<br />
die ohne viel Platz gute Würfe<br />
oder Rebounds zustande bringen.<br />
er Platz ist klein<br />
Das ist das Offensichtliche, wenn man<br />
den West 4th Street Park in New York City<br />
betritt. Würde man die Drei-Punkte-Linie<br />
auf NBA-Distanz setzen – als Zugeständnis<br />
für die Profis, die hier manchmal<br />
trainieren –, läge sie fast schon am Mittelkreis.<br />
Schaut man sich eines der großen<br />
Summer-Leagues-Matches im Cage an,<br />
dem „Käfig“, wie dieser sagenumwobene<br />
Platz genannt wird, kommt es einem<br />
manchmal vor, als hätten Riesen einen<br />
Kinderspielplatz überrannt.<br />
Versucht man herauszufinden, inwieweit<br />
die Maße des Platzes tatsächlich<br />
von den regulären abweichen, wird es<br />
interessant. Google wirft unterschiedlichste<br />
Schätzungen aus, von „ein bisschen<br />
kleiner als die Norm“ (das steht auf<br />
der offiziellen Homepage des New Yorker<br />
Parks) bis hin zur „Hälfte des Standards<br />
von 94 Fuß“ (28,65 Meter). Auch die<br />
Legenden des Käfigs äußern sich ausweichend:<br />
Die Spiele können sich schon<br />
eng anfühlen, hört man da, sogar ein bisschen<br />
klaustrophobisch. Kenny Graham,<br />
Gründer der „Summer Leagues“, die den<br />
West 4th zu einem Streetball-Hotspot<br />
und einem weltbekannten Geheimtipp<br />
für Touristen gemacht haben, zuckt<br />
nur mit den Schultern und antwortet,<br />
dem grünen Rechteck seien schon „viele<br />
Größen nachgesagt“ worden. „Das lieben<br />
die Leute ja so an diesem Platz.“ Warum<br />
mit dem Maßband in der Hand den ganzen<br />
Spaß verderben, scheint er sagen zu<br />
wollen.<br />
Die ungewöhnlichen Abmessungen<br />
tragen zur Aura des Ortes bei, aber nicht<br />
nur: Sie verändern tatsächlich das Spiel.<br />
Wer auf Geschwindigkeit und Wendigkeit<br />
setzt, hat ein Problem, denn alle sind so<br />
eng zusammengepfercht, dass es sich anfühlt,<br />
als wären doppelt so viele Spieler<br />
auf dem Feld wie sonst. Der Zaun, der<br />
das Spielfeld umschließt, verstärkt den<br />
Eindruck der Enge noch. Der Käfig belohnt<br />
diejenigen, die ohne viel Platz gute<br />
Würfe oder Rebounds zustande bringen<br />
oder die, besser noch, sich selbst Platz<br />
verschaffen können in jener Zone, die die<br />
Veteranen einst „Death Valley“ nannten.<br />
Das Spiel hier „körperbetont“ zu nennen<br />
ist eine gewaltige Untertreibung.<br />
Und da das hier New York ist, sind<br />
einige der Zuschauer, die sich von außen<br />
an den Zaun drücken, Zwischenrufer,<br />
und sie lassen es dich wissen, wenn du<br />
Mist baust. Jason Curry ist der Gründer<br />
und Präsident von Big Apple Basketball.<br />
Als er klein war, schaute er seinem Vater<br />
zu, der hier an spontanen Freundschaftsmatches<br />
teilnahm, sogenannten Pickup<br />
Games. Später spielte Curry selbst und<br />
trainierte Spitzenspieler im West 4th.<br />
Nach einem Fehler, den er hier machte,<br />
dachte er: „Der wäre mir besser an jedem<br />
anderen Ort passiert.“ Viele Leute<br />
täten sich schwer im West 4th, weil der<br />
Platz so eng ist, erklärt er. „Es ist fast wie<br />
das Gesetz des Dschungels. Man darf in<br />
keiner Hinsicht eine Schwäche zeigen,<br />
sonst machen sie dich platt.“<br />
Der Platz ist eine große Bühne<br />
Als Kenny Graham 1976 auf diesen Ort<br />
stieß und bei Spontan-Matches mitspielte,<br />
56 THE RED BULLETIN
Streetball<br />
Spielszenen aus<br />
dem Käfig: Hier<br />
zählen Können,<br />
Härte und Respekt.<br />
Im letzten Viertel<br />
dieses knappen Spiels<br />
ist die Spannung auf<br />
dem Platz und daneben<br />
förmlich zu greifen.<br />
THE RED BULLETIN 57
Angriff gestoppt:<br />
Das wilde Spiel im<br />
New Yorker Käfig<br />
brachte zahlreiche<br />
lokale Stars hervor.<br />
Hip-Hop-Größen schauen regelmäßig<br />
vorbei. EA Sports baute den Court<br />
für ein Computerspiel nach.<br />
58 THE RED BULLETIN
Streetball<br />
spürte er sofort, dass der Platz anders<br />
war. Graham war als Lebensmittellieferant<br />
viel unter wegs. Im Gegensatz zu den<br />
typischen Basketballplätzen in New York,<br />
auf denen nur Leute aus dem Viertel anzutreffen<br />
waren, kamen hier Spieler aus<br />
allen Teilen der Stadt zusammen – und<br />
das heißt: Spieler aus der ganzen Welt.<br />
„Du triffst hier auch heute noch Juden,<br />
Italiener, Iren, Schwarze, Native Ame ricans,<br />
alles Mögliche“, sagt Graham. „In<br />
keinem anderen Park im ganzen Land<br />
hast du so eine Diversität.“<br />
Die besondere Lage spielt natürlich<br />
auch eine Rolle. Die meisten Outdoor-<br />
Basketballplätze New Yorks verstecken<br />
sich in entlegenen Winkeln der Stadt,<br />
aber der West 4th liegt in Greenwich<br />
Village, an der 6th Avenue, einer der<br />
großen Verkehrsadern Manhattans.<br />
Die U-Bahn-Station West 4th Street ist<br />
ein Knotenpunkt für das öffentliche Verkehrsnetz<br />
– ein Ausgang befindet sich<br />
gleich neben dem Platz. „Es ist fast, als<br />
würdest du mitten am Broadway spielen“,<br />
meint Jason Curry. „Alle Augen sind auf<br />
dich gerichtet.“<br />
Die Spiele hier ziehen schon lange<br />
Passanten an. Irgendwann in den Sechzigern<br />
gab es schon einmal eine Liga, die<br />
aber nur ein paar Jahre überlebte. Als<br />
einige Trainer entschieden, die West 4th<br />
League neu zu organisieren, erkannte<br />
Kenny Graham das Potenzial für etwas<br />
Großes. Er heuerte bei der Liga an und<br />
stieg innerhalb von zwei Jahren zu ihrem<br />
Co-Commissioner und Direktor auf.<br />
In diesen Funktionen zeigte sich<br />
Grahams Händchen für den Aufbau<br />
einer Marke. Er schuf „Kenny Graham’s<br />
West 4th Street Pro-Classic“ mit eigenem<br />
Logo und Merchandising. In den frühen<br />
Achtzigern zogen die Summer Leagues<br />
immer größere Namen aus der College-<br />
Liga, selbst aus dem Profi-Lager an. Die<br />
Sache schaukelte sich hoch: Je höher das<br />
Niveau, desto mehr Publikum kam, und<br />
so wurden die Namen noch größer. Sogar<br />
Julius Erving alias Dr. J, in den Siebzigern<br />
einer der Überflieger der NBA, stopfte<br />
damals ein paar Körbe im Käfig.<br />
Schon bald beehrten nicht mehr nur<br />
New Yorker Spieler den winzigen Platz.<br />
Jason Curry erinnert sich, wie einmal<br />
vor etwa zehn Jahren plötzlich NBA-Star<br />
Dwight Howard auftauchte – es war zu<br />
jener Zeit, als er als aufregendster Spieler<br />
der Welt gefeiert wurde –, nur um sich<br />
ein Match anzuschauen. Die Popkultur<br />
folgte. Die Hollywoodstars Denzel Wa-<br />
„Es ist fast so, als würdest du<br />
mitten am Broadway spielen – alle<br />
Augen sind auf dich gerichtet.“<br />
shington und Spike Lee waren da. Hip-<br />
Hop-Größen schauen vor bei, und Werbespots<br />
für nationale Kam pagnen werden<br />
hier gedreht. Wer es persönlich nicht<br />
auf den West 4th schafft, kann sich dort<br />
virtu ell austoben: im Video spiel „NBA<br />
Street V3“ von EA Sports.<br />
Die Pandemie zwang den Summer<br />
Leagues eine einjährige Pause auf.<br />
Wenn die Stadt wieder voller Leben ist,<br />
werden sich auch wieder Touristen zu<br />
den Stamm-Zuschauern am Käfig gesellen.<br />
Graham wird Kappen und Trikots<br />
verkaufen an Menschen aus Südkorea,<br />
Norwegen und Brasilien und ihnen das<br />
Gefühl geben, genau hier im Zentrum<br />
der Basketballwelt zu sein.<br />
Der Platz ist ein Fluchtort<br />
Jack Ryan wuchs als Basketball-Wilder in<br />
Brooklyn auf. Als er zwölf Jahre alt war,<br />
konnte ihm kein Gleichaltriger mehr das<br />
Wasser reichen, sein vier Jahre älterer<br />
Bruder ließ ihn bei seinen Freunden<br />
mitspielen. Als er auch die an die Wand<br />
spielte, fand Ryan, dass es an der Zeit<br />
sei, sich in Manhattan zu messen. „Ich<br />
sagte mir, okay, mal sehen, wie gut ich<br />
wirklich bin“, erinnert er sich. Wo er<br />
hingehen musste, war klar: in den Park<br />
an der West 4th Street.<br />
So nahm die Legende von „Black<br />
Jack“ Ryan in den Achtzigern ihren Anfang.<br />
Ryan wurde auch dafür berühmt,<br />
dass er Angebote von Colleges und aus<br />
der NBA in den Wind schlug – seine<br />
Unreife und eine schwierige Kindheit<br />
trugen sicherlich viel dazu bei. Der<br />
Kose name seines Vaters für ihn war ein<br />
F-Wort, sein eigentliches Zuhause war<br />
der West 4th. Black Jack und der Platz<br />
waren wie füreinander geschaffen.<br />
Einmal flog er wegen zu viel Show aus<br />
einem College-Team, aber Streetball<br />
funktioniert anders: Im Käfig war sein<br />
aufreizendes Spiel eine Waffe.<br />
Gegen Phil Sellers, einen ehemaligen<br />
Profi der Detroit Pistons, machte Ryan<br />
Zuseher am Zaun an der West 4th Street: Beleidigungen gehören hier zum guten Ton.<br />
THE RED BULLETIN 59
Streetball<br />
einmal 44 Punkte. Als ihn ein Freund<br />
darauf ansprach, antwortete er: „Wer<br />
ist Phil Sellers?“ Von dem Hall-of-Fame-<br />
Mitglied Chris Mullin, auch eine New<br />
Yorker Basketball-Legende, ist das Statement<br />
überliefert, Black Jack sei der<br />
beste Werfer, den er außerhalb der NBA<br />
je gesehen habe. Hier im West 4th umgab<br />
Ryan eine Familie, das spürte er.<br />
Hier war Beständigkeit: Dass der Punktezähler<br />
Omar vor den Spielen immer<br />
viel zu viel billiges Bier trank und sich<br />
prompt verzählte, sodass Graham ihn<br />
korrigieren musste, änderte nichts daran,<br />
dass Omar weiterhin für die Punkte verantwortlich<br />
blieb. Ryan gefiel das. Die<br />
Sticheleien des Sprechers, der ballettgleiche<br />
Wettkampf, Kenny Grahams<br />
strenge Regeln gegen Gewalt – das alles<br />
sorgte für Stabilität in einer sonst völlig<br />
instabilen Welt.<br />
Jack Ryan war MVP („most valuable<br />
player“ – der wertvollste Spieler) in einer<br />
der Ligen, auf seiner Wade prangt ein<br />
Tattoo des West-4th-Logos. Und er trifft<br />
sich immer noch mit Leo, Sherm, Doc<br />
– all den Männern, mit denen er Freundschaft<br />
geschlossen hat in seinen fast<br />
vierzig Jahren auf dem Platz. „Jetzt, da<br />
ich älter bin, ist das meine Familie“, sagt<br />
Ryan. „West 4th Street ist mein zweites<br />
Zuhause. Mein Hinterhof.“<br />
Der Platz ist eine Gemeinschaft<br />
Das mag seltsam klingen, denn das Spiel<br />
ist so körperbetont, dass es sich an der<br />
Gleich geht’s los: Zwei Spieler der New Yorker Männerliga sind bereit für das Spiel.<br />
Alle Animositäten verpuffen<br />
in dem Moment, in dem sich alle<br />
zum nächsten Match versammeln.<br />
Grenze zu offener Feindseligkeit bewegt.<br />
Nach einigen Schlägereien hat Kenny<br />
Graham Nulltoleranzregeln aufgestellt.<br />
Wer gegen sie verstößt, kann des Platzes<br />
verwiesen werden.<br />
Aber es gibt eine große Wertschätzung<br />
zwischen den Spielern. Alle mühsam<br />
erarbeiteten, liebevoll gehegten Animositäten<br />
verpuffen in dem Moment,<br />
in dem sich alle zur nächsten Runde,<br />
zum nächsten Match versammeln. „Bei<br />
aller Härte herrscht ein unglaublicher<br />
Kameradschaftsgeist“, sagt Jason Curry.<br />
„Jedem, der auf den Platz geht, wird<br />
Respekt entgegengebracht.“ Die Leute<br />
passen aufeinander auf.<br />
Die Spiele im Käfig sind für viele ein<br />
wichtiger Teil ihres Lebens. 70 Teams<br />
treten hier in Ligen gegeneinander an: je<br />
20 für Männer und High-School-Schüler,<br />
16 für Frauen, 14 für Nachwuchsteams.<br />
Graham, heute 69, zeigt keine Ermüdungserscheinungen,<br />
obwohl er erklärt,<br />
im Ruhestand zu sein. Im West 4th, so<br />
sagt er, „sieht man die Früchte meiner<br />
Arbeit“. Im Moment versucht er, die<br />
Magie dieses Ortes, die multikulturelle<br />
Mischung des Käfigs in die Welt hinauszutragen.<br />
Er arbeitet mit Offiziellen<br />
aus der Dominikanischen Republik an<br />
einem Austauschprogramm.<br />
Für ihn war das während der Pandemie<br />
vielleicht auch ein guter Zeitvertreib.<br />
Bald jedoch wird alles wieder<br />
so sein wie früher: Die Spieler werden<br />
auftauchen, so verlässlich, dass man die<br />
Uhr nach ihnen stellen könnte. Die Fans,<br />
die während der Summer Leagues Abend<br />
für Abend denselben Platz am Zaun<br />
besetzen, werden ihre Posten wieder<br />
einnehmen.<br />
Den Käfig gibt es jetzt schon so lange,<br />
dass er Teil von Familien geschichten<br />
geworden ist: Generationen kommen<br />
gemeinsam. Eltern reichen die Erfahrung<br />
des Spielens oder Zuschauens im West<br />
4th wie ein Erbstück feierlich an ihre<br />
Kinder weiter. Der Platz ist also noch etwas:<br />
eine Zeitkapsel.<br />
Mit den Jahrzehnten verändert sich<br />
Manhattan, es verwandelt sich immer<br />
wieder, nimmt ständig neue Formen an.<br />
Gebäude werden abgerissen und gebaut,<br />
Restaurants wechseln den Besitzer und<br />
die Identität, Parks verwahrlosen und<br />
werden wiedergeboren.<br />
Aber dieses kleine Rechteck, das da<br />
irgendwie in Greenwich Village hineingequetscht<br />
wurde? Dieser Käfig, so scheint<br />
es, ist für die Ewigkeit.<br />
60 THE RED BULLETIN
Hier teilen sich zwei<br />
Schüler mannschaften<br />
den Platz, der viel kleiner<br />
ist als ein normales<br />
Basketballfeld.<br />
Fast jedes Match<br />
ist intensiv, aber der<br />
Höhepunkt sind die<br />
All-Star-Games – wie<br />
hier im Bild: Da spielen<br />
die Besten der Saison<br />
gegeneinander.<br />
THE RED BULLETIN 61
AVANTGARDE<br />
Designerin Flora<br />
Miranda, 30, in ihrem<br />
Modell „Avatar“. Das<br />
Gitter dieser Kreation<br />
aus Merinowolle lässt<br />
sich auf Wunsch<br />
verändern.
Fashion<br />
Für ihre Kreationen<br />
schreibt die österreichische<br />
Designerin FLORA MIRANDA<br />
Computer-Codes, lässt<br />
Kleider aus Silikon wachsen<br />
und malt Kunst auf Netze.<br />
Hier erzählt die Visionärin,<br />
warum wir bald alle Science-<br />
Fiction auf der Haut tragen.<br />
Text WOLFGANG WIESER<br />
Fotos NORMAN KONRAD<br />
ICH HABE DIE<br />
ZUKUNFT<br />
DER MODE<br />
GESEHEN<br />
ERINNERUNG<br />
Auf diesem Bild trägt<br />
Flora das Kleid „Memory“<br />
aus der Kollektion<br />
„Hyper real“. Es ist aus<br />
schwarzem Baum wollsatin<br />
geschneidert. Das<br />
mit Silikon be strichene<br />
Netzmaterial ist schleierartig<br />
eingearbeitet.<br />
63
NETZWERK<br />
Flora Miranda bemalt<br />
Netze mit Silikonfarbe.<br />
„Diese Technik<br />
habe ich selbst entwickelt“,<br />
sagt sie.
Fashion<br />
P<br />
Prolog<br />
Flora Miranda macht einen Schritt zurück. Noch einen.<br />
Sie braucht Distanz, um sich näherzukommen. Sie betrachtet<br />
das feinmaschige Netz, das in ihrem Atelier<br />
hängt. Zweieinhalb Meter ist es hoch, eineinhalb breit.<br />
Jetzt neigt sie den Kopf leicht nach links, tritt wieder<br />
näher. Mit einer Spachtel streicht sie über die Fläche,<br />
trägt mit Farbe vermischtes Silikon auf. „Diese Technik<br />
habe ich selbst entwickelt“, sagt Flora.<br />
Flora Miranda ist Modedesignerin von Beruf, aber<br />
eigentlich ist sie Visionärin, zu Hause an der Schnittstelle<br />
von Mode und Kunst. Sie ist 1990 in Salzburg in<br />
eine Künstlerfamilie geboren worden, lebt aber jetzt im<br />
belgischen Antwerpen. 2016 wird sie bei den Austrian<br />
Fashion Awards von einer internationalen Jury mit<br />
dem „Outstandig Artist Award“ ausgezeichnet: „Sie<br />
erschafft“, befand die Jury, „eine gänzlich neue, vom<br />
Experiment mit Materialien, Produktionstechniken<br />
und Verfahren inspirierte Mode-Utopie.“<br />
Ihr Zugang sei eine Art interdisziplinäre künstlerische<br />
Grundlagenforschung für die Zukunft der Mode:<br />
„So bringt sie eine gänzlich neue Ästhetik mit überraschender<br />
visueller Wirkung hervor, die in der vom<br />
Zitat dominierten Modewelt eine originäre, eigenständige<br />
Position einnimmt.“<br />
Das Silikon tropft für einige Stunden. Alles fließt.<br />
Sackt ein paar Zentimeter nach unten, findet seinen<br />
Weg auf dem Netz, „ziemlich unkontrolliert“, sagt die<br />
Künstlerin. Jetzt spachtelt sie ihr Gesicht, ein Selbst<br />
porträt. Sie sieht ernst aus. Noch aber ist sie nicht fertig.<br />
„Den Mund musste ich dreimal malen. Weil alles fließt,<br />
war er anfangs zehn Zentimeter unterhalb der Stelle, an<br />
der er eigentlich sein sollte.“<br />
Die Arbeit an dem Bild streamt Flora über Instagram.<br />
„Es ist ein Ausdruck dieser Zeit, in der man mit sich<br />
selbst konfrontiert ist wie niemals zuvor. Man sieht nur<br />
sich selbst, gleichzeitig ist es eine Erinnerung an die<br />
Außenwelt.“<br />
Wochen später postet Flora ein Bild aus der arabischen<br />
Ausgabe der Modezeitschrift „Harper’s Bazaar“.<br />
Ihr Selbstporträt ist dort Teil einer sonnenuntergangsorangen<br />
Fashion-Inszenierung, und Flora sieht darauf<br />
aus wie eine selbstbewusste Fee aus einem futuristischen<br />
Märchen.<br />
Außerdem vereint das Bild alles, was der 30-jährigen<br />
Designerin für ihre Arbeit wichtig ist: Mode und Kunst,<br />
Vergangenheit und Zukunft, Kontinuität und Veränderung<br />
– vor allem Veränderung oder präziser: Transformation,<br />
Verwandlung. Wobei jeder dieser Begriffe die<br />
anderen braucht, weil sie alle Floras Welt ausmachen.<br />
Oder wie sie selbst sagt: „Meine Kleider sind die Sammlung<br />
meiner Gedanken.“<br />
Hier erzählt sie selbst ihre Geschichte; erklärt, warum<br />
sie sich intensiv mit Programmieren beschäftigt,<br />
und teilt eine Mode-Vision, die dermaßen Science<br />
Fiction zu sein scheint, dass man sie erst mit einem<br />
ungläubigen Lächeln vernimmt, bevor man sich fasziniert<br />
in Floras Fantasien wiederfindet.<br />
Kapitel 1: Jeder ist ein Alien<br />
„Ich habe schon mit vier Jahren bei Ausstellungen geholfen,<br />
Keilrahmen für Bilder zusammenzuhämmern.<br />
Später bin ich mit meinem Vater zu Künstlerresidenzen<br />
(Plätze für kreatives Arbeiten, Anm.) gereist. Wir haben<br />
dort gemeinsam viel Zeit verbracht. Aufgewachsen bin<br />
ich in Salzburg – in einer Familie, in der Kunst ganz<br />
wichtig ist. Ich bin sehr froh über diesen Reichtum,<br />
den ich da mitbekommen habe.<br />
Mein Vater (Wolfgang Seierl, Anm.) hat Gitarre und<br />
Malerei studiert und organisiert seit Jahren das KomponistInnenforum<br />
Mittersill – ein Festival, das dem Komponisten<br />
Anton Webern gewidmet ist. Als Kind habe ich<br />
dort Kabel getragen, als Jugendliche das Essen serviert.<br />
„Meine Kleider sind die<br />
Sammlung meiner Gedanken.“<br />
THE RED BULLETIN 65
Fashion<br />
„Ich stecke mein gesamtes Geld<br />
in meine Mode-Kreationen.“<br />
PRESS RESET<br />
So heißt die Debüt-Kollektion<br />
von Flora Miranda aus dem<br />
Jahr 2016 – hier der Hosenanzug<br />
„Delete Yourself“<br />
und das Kleid „Spectral“,<br />
beides aus Silikon.<br />
Erst später bin ich draufgekommen, welch wichtige<br />
Künstler da oft anwesend waren. Wahrscheinlich fällt<br />
es mir deshalb noch heute leicht, mit Menschen aus der<br />
Kunst zu arbeiten. Zu der Zeit bin ich schon ins Musische<br />
Gymnasium gegangen. Da gab es Zwölfjährige, die<br />
am Mozarteum studiert haben. Ich habe gemalt, ich war<br />
begabt, und ich wurde gefördert. Jeder von uns Schülerinnen<br />
und Schülern war ein Charakter. Die Kreativität<br />
hat uns einander aber nicht nähergebracht. Man fühlt<br />
sich trotzdem wie ein Alien, wenn man nicht die Dinge<br />
tut, die Zwölfjährige normalerweise machen.<br />
Ich bin immer noch sehr kontrolliert, aber ich versuche,<br />
das aufzubrechen. Das Wort, das mir in unserem<br />
letzten Gespräch nicht eingefallen ist, war Individualismus.<br />
Man wird in diesem künstlerischen Bereich zum<br />
Individualisten geformt. Das ist etwas, wo ich gemerkt<br />
habe, dass es nicht in jeder Situation guttut. Um gemeinsam<br />
mit anderen Leuten zu arbeiten, ist es notwendig,<br />
sich einzugliedern. Beides ist wichtig für mich. Aber es<br />
ist eine Herausforderung, zu erkennen, dass man nicht<br />
immer der sein muss, der speziell ist.<br />
Heute besteht mein Alltag nur daraus, mit Menschen<br />
zu arbeiten, deswegen ist diese Fähigkeit für mich ganz<br />
entscheidend. Der Individualismus ist wichtig, um ein<br />
stilistisches Alleinstellungsmerkmal zu entwickeln und<br />
sich so von anderen Designern weltweit abzuheben.<br />
Es ist andererseits aber schon auch wichtig, dass<br />
man das weiß, dass am Ende das Zusammensein am<br />
schönsten ist. Ich mag in meiner Art eigen sein. Aber<br />
ich bin sehr gerne mit Menschen zusammen.“<br />
Flora Miranda geht zum Studium nach Antwerpen,<br />
Belgien. Die Königliche Akademie der schönen Künste<br />
gilt als Avantgarde-Hochburg. Ihre bekanntesten Absolventen<br />
sind die „Antwerp Six“, allesamt weltberühmte<br />
Modedesigner: Dries van Noten, Ann Demeulemeester,<br />
Walter van Beirendonck, Dirk Bikkembergs, Marina Yee<br />
und Dirk van Saene. Aber auch Martin Margiela, Haider<br />
Ackermann und Kris Van Assche haben hier studiert.<br />
Nach ihrem Abschluss arbeitet Flora für die niederländische<br />
Designerin Iris van Herpen, später gründet<br />
sie ihr eigenes Label.<br />
66 THE RED BULLETIN
KRE<strong>AT</strong>IVER<br />
KOPF<br />
Flora Miranda mit<br />
Selbstporträt<br />
„Memories“:<br />
daheim zwischen<br />
Mode und Kunst<br />
„Ich bin immer noch sehr kontrolliert,<br />
aber ich versuche, das aufzubrechen.“
Fashion<br />
„Kunst regt dich an, dein<br />
Leben zu hinterfragen.“<br />
HEISSER STOFF<br />
Flora experimentiert gern<br />
mit Materialien (hier: ein<br />
Silikonkleid), was ihren<br />
Entwürfen anziehende<br />
Sinnlichkeit verleiht.<br />
Kapitel 2: Ins Extrem gehen<br />
„Für mich hat die Kunst eine wichtige Rolle in der Gesellschaft.<br />
Ihre Aufgabe ist es, Freiräume zu schaffen,<br />
wo unsere Realität reflektiert wird. Wo man Zeit hat,<br />
zu schauen, zu denken und seine eigenen Ansichten zu<br />
entwickeln. Dafür darf der Künstler ins Extrem gehen,<br />
das Gewohnte reizen, damit er mir die Gelegenheit<br />
gibt, mein Leben zu hinterfragen.<br />
Ich möchte solch einen Raum in der Mode schaffen.<br />
Natürlich nicht immer. Mode kann auch sehr angewandt<br />
sein, also einfach nur die Haut schützen. Es kommt<br />
immer darauf an, wofür sie gedacht ist. Ich verfolge<br />
verschiedene Richtungen. Einerseits will ich eben Freiräume<br />
schaffen, und da denke ich schon, dass meine<br />
Kreationen der Kunst nahe sind.<br />
Andererseits habe ich auch Stücke, die einfach tragbar<br />
sind. Für spezielle Gelegenheiten schlüpfe ich auch<br />
in Couture-Stücke, nur meine skulpturalen Stücke trage<br />
ich eher nicht, ich bin ja keine Performance-Künstlerin.<br />
Ich trage übrigens sehr viel Kleidung, die mir gegeben<br />
wurde. Wenn anderen Leuten ihre Kleidung nicht mehr<br />
passt, finde ich es gut, sie zu tragen. Mein Fokus liegt<br />
woanders. Ich stecke mein gesamtes Geld in meine Kreationen.<br />
Mein Label habe ich gegründet, weil ich erkannt<br />
habe, dass kaum jemand für die Avantgarde der<br />
Mode steht. Deshalb habe ich auch in Antwerpen studiert,<br />
weil ich mit meinem künstlerischen Hintergrund<br />
die Kreativität in der Mode hochhalten wollte.<br />
Ich arbeite sehr eklektisch, ich habe nicht diese eine<br />
Arbeitsweise. Ausgangspunkt ist bei meinen Kreationen<br />
immer ein <strong>The</strong>ma, ein Konzept. Das hat immer mit dem<br />
digitalen Dasein des Menschen zu tun, gepaart mit Materialstudien.<br />
Ich habe ständig Ideen, um die herum<br />
sich Menschen, Bücher, Musik, visuelle Formen akkumulieren,<br />
bis sie so etwas wie eine Traube bilden – und<br />
auf einmal ist ein <strong>The</strong>ma bereit, umgesetzt zu werden.“<br />
Das Ergebnis sind Kleider, die oft wie Skulpturen wirken.<br />
Kreationen, die aus langwieriger Denkarbeit entstehen,<br />
aus der Beschäftigung mit Mathematik und<br />
ihrer Übersetzung in Computer-Codes. Sie sind aber<br />
keineswegs ein ausschließlich intellektuelles Vergnügen,<br />
im Gegenteil: Viele ihrer Arbeiten bergen eine anziehende<br />
Sinnlichkeit. Flora Miranda zeigt sie seit 2018<br />
bei den Haute-Couture-Schauen in Paris, manche haben<br />
den Weg in Museen gefunden, internationale Künstler-<br />
Stylisten (etwa von Lady Gaga, Miley Cyrus, Sita Abellan,<br />
M.I.A.) lieben ihre aufregenden Looks.<br />
Kapitel 3: Wer programmieren kann,<br />
gewinnt Freiheit<br />
„Ich bin insgesamt eher chaotisch, deshalb versuche ich,<br />
strukturiert zu arbeiten. Ich fange jeden Tag spätestens<br />
um 9 Uhr an. Ich arbeite den Großteil meines Lebens.<br />
Erst während des Lockdowns habe ich herausgefunden,<br />
dass ich auch etwas anderes kann als arbeiten. Vorher<br />
gab es in meinem Hirn nicht die Möglichkeit, etwas<br />
anderes zu tun.<br />
Schon seit vielen Jahren frage ich mich, wo sich unsere<br />
Gesellschaft hinbewegt mit all dem Produzieren,<br />
Analysieren und dem Nutzen von Daten. Und ich finde,<br />
um kreativ damit umzugehen, muss man die Sprache,<br />
mit der diese Daten gemanagt werden, beherrschen.<br />
Ich fühle mich machtlos, wenn ich nicht programmieren<br />
kann. Indem man programmiert, gewinnt man<br />
68 THE RED BULLETIN
Bezahlte Anzeige<br />
Robert verzeiht Eva ihren<br />
Seitensprung mit Wien.<br />
Endlich wieder gemeinsam auf der Donauinsel sporteln!<br />
Eva ist zwar in Robert verliebt, aber auch in Wien. Daher verzeiht er ihr den Seitensprung mit seiner<br />
Lieblingsstadt. Wer sich an die 3G-Regel hält, kann ganz unbeschwert Sport treiben und sich so in<br />
unsere Sommerangebote verlieben. Alle Sportangebote findest du unter sommer.wien.gv.at.<br />
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Fashion<br />
MUSEUMSREIF<br />
Flora im Modemuseum Hasselt,<br />
Belgien. Sie trägt ihre Kreation<br />
„Memory“ und hält das Kleid<br />
„Radiation“ im Arm. Im Hintergrund:<br />
Museumsstücke<br />
anderer Designer.<br />
„Mich fasziniert der Gedanke, dass etwas fluide ist,<br />
dass ich ein Kleidungsstück morphen kann.“<br />
Freiheit. Ich bin deshalb auch an Datenvisualisierung<br />
interessiert, weil ich mir gerne vorstelle, dass der Körper<br />
aus Daten besteht. Es erweitert die Fantasie, das Immaterielle<br />
ist etwas, was den Menschen auf viele Arten<br />
fasziniert. Wir sehnen uns danach, die Last des Körpers<br />
hinter uns zu lassen.<br />
Der Gedanke ist nichts Neues, das hat nichts mit Spiritualität<br />
zu tun, sondern mit Wissenschaft. Mich interessiert,<br />
was man mit den Daten anfangen kann.<br />
Meine ‚IT Pieces‘ sind ein erster großer Schritt. Das<br />
hat nichts mit It-Girls zu tun, sondern steht für Information<br />
Technology. Es sind veränderbare Kleidungs stücke,<br />
die auf persönliche Daten reagieren.<br />
Konkretes Beispiel: Ich könnte beispielsweise diesen<br />
Text analysieren und aus den Gefühlen, die darin vorkommen,<br />
aus Tausenden von Liedern eine Songzeile für<br />
ein T-Shirt destillieren.<br />
Meine Kreation ‚Avatar‘, die es als Pullover, als Kleid<br />
und als Abendkleid gibt, ist von den Avataren in ‚Second<br />
Life‘ (einer virtuellen Welt, in der echte Menschen als<br />
künstliche Figuren auftreten, Anm.) inspiriert. In meinem<br />
Online-Shop lässt sich das Design, eine Gitterstruktur,<br />
verändern. Diese veränderte Gitterstruktur wiederum<br />
lässt den Körper anders aussehen – üppiger oder weniger<br />
kurvig, ganz nach Belieben.<br />
Ich habe eine ganz bestimmte Idee von der Zukunft<br />
der Mode. Meine Vision ist, dass sich datengetriebene<br />
Kleidungsstücke abhängig von Trägerin und Träger ändern<br />
und dass es auch am Betrachter liegt, was er zu<br />
sehen bekommt. Mich fasziniert, wenn etwas fluide ist<br />
– dass ich ein Kleidungsstück morphen, es also fließend<br />
verändern kann. Ich glaube, dass die digitale Welt uns<br />
diesen Wunsch erfüllen kann.“<br />
Epilog<br />
Frage: Wirst du das noch erleben?<br />
„Das kommt darauf an, wie hart ich arbeite.“<br />
Mehr Flora Miranda in allen Lagen auf Instagram: @floramirandaofficial<br />
oder auf ihrer Webseite: floramiranda.com<br />
MAKE-UP: LAURA NOBEN<br />
70 THE RED BULLETIN
VERLEIHT FLÜÜÜGEL.<br />
AUCH MIT DEM GESCHMACK VON KAKTUSFRUCHT.
A N Z E I G E<br />
must-haves<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
1 GOURMET-PIONIER<br />
Am 4. Juli feierte der Jahrhundert koch<br />
Eckart Witzigmann seinen 80. Geburtstag.<br />
Zu diesem Anlass ist ein zweibändiges<br />
Buch über sein Werk und seine<br />
Visionen erschienen. Band eins gibt<br />
Einblicke in das Leben des Sternekochs<br />
sowie seinen Zugang zum Kochen<br />
und Essen. Band zwei beinhaltet<br />
Rezepte von Witzigmann selbst und<br />
von 25 seiner Schüler – unter anderem<br />
Johann Lafer und Alfons Schuhbeck.<br />
pantauro.com<br />
2 KITEKURSE FÜR JEDES LEVEL<br />
Du bist motiviert, die Trendsportart<br />
Kiten zu erlernen? Dann bist du bei<br />
Kiteriders genau richtig. Abgestimmt<br />
auf dein Können, findest du hier den<br />
Kitekurs, der zu dir passt – egal ob<br />
Schnupperkurs oder Freestylestunde.<br />
Durch das stehtiefe Wasser am Neusiedler<br />
See ist ein optimaler Lernerfolg<br />
garantiert. Am Top-Kitespot Podersdorf,<br />
1 Stunde von Wien entfernt, wird<br />
Lifestyle mit guter Laune vereint.<br />
kiteriders.at<br />
3 PACKABLE BLAZER<br />
Funktion trifft Eleganz: Der Relaxed Fit<br />
Blazer von AlphaTauri sieht nicht nur<br />
chic aus, sondern ist dank der wasserdichten<br />
Oberschicht auch bestens<br />
ausgestattet, um für laue Sommernächte<br />
vorbereitet zu sein. Perfekt<br />
fürs Office, überzeugt er aber auch auf<br />
jeder After-Work-Party und lässt sich<br />
dank praktischem Packable System<br />
ganz schnell in der eigenen Reißverschlusstasche<br />
verstauen.<br />
alphatauri.com<br />
4 LEBENSFREUDE PUR<br />
Der beste Kaffee der Welt kommt von<br />
dort, wo die Wiege der Kaffeekultur<br />
ist: aus Ostafrika. Im idealen Klima<br />
von Bauernfamilien in eigenen Gärten<br />
großgezogen, in der Dorfgemeinschaft<br />
partnerschaftlich geerntet. Das ist<br />
die Zukunft des Kaffees: ursprünglich,<br />
fair, ökologisch, nachhaltig. Pure<br />
afrikanische Lebensfreude mit<br />
AFRO COFFEE und AFRO ESPRESSO<br />
genießen!<br />
afrocoffeeshop.com
GUIDE<br />
Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen<br />
EIN GENUSS<br />
WOCHENENDE<br />
IN DEN<br />
DOLOMITEN<br />
Trial-Mountainbiker<br />
Tom Öhler, 38, setzt sich<br />
entspannt aufs E-Bike<br />
und erweitert übers<br />
Wochenende seine<br />
innere Landkarte<br />
von Südtirol.<br />
KIRSTEN SÖRRIES HANNES KROPIK<br />
Tom Öhler am Peitlerkofel.<br />
Er lässt sich mit<br />
dem E-Bike in knapp<br />
zweieinhalb Stunden<br />
umrunden.<br />
73
GUIDE<br />
Reisen<br />
„Mit dem E-Bike kannst<br />
du Gegenden erkunden,<br />
die du mit dem normalen<br />
Bike so schnell nicht<br />
erreichst.“<br />
Tom Öhler über die Wahl seines<br />
Fahrrads für die Wochenend-<br />
Genusstour durch Südtirol<br />
B<br />
eim Schlafen habe ich es gern<br />
etwas kühler, deshalb parke ich<br />
meinen Camper lieber ein Stück<br />
weiter oben am Berg. Wildcamping ist<br />
in Südtirol zwar nicht erlaubt, aber wer –<br />
wie ich – in Gasthöfen einkehrt und höflich<br />
fragt, findet meistens recht leicht<br />
ein ruhiges Platzerl.<br />
Ich starte mein Wochenende in den<br />
Dolomiten mit einem wunderschönen<br />
Blick hinunter vom Würzjoch. Ich veranstalte<br />
seit einigen Jahren immer wieder<br />
Fahrtechnikcamps hier in dieser Gegend.<br />
Deshalb kenne ich mich schon ganz gut<br />
aus, aber ich will noch weitere Spots<br />
kennenlernen und damit meine innere<br />
Landkarte Südtirols vergrößern.<br />
Für diesen Zweck eignet sich das<br />
E‐Mountainbike perfekt: Du kannst Gegenden<br />
erkunden, die du mit dem normalen<br />
Bike nicht so schnell erreichst.<br />
Mit dem E-MTB schaffe ich das, was<br />
sonst eine Tagestour ist, in zwei bis drei<br />
Stunden – und finde trotzdem noch die<br />
Muße, den Blick schweifen zu lassen und<br />
die herrliche Landschaft zu genießen.<br />
Meine erste Tour führt mich vom<br />
Würzjoch einmal um den 2.875 Meter hohen<br />
Peitlerkofel herum. Ich genieße diese<br />
flotte Runde – würde sie aber nur wirklich<br />
geübten Bikern empfehlen: In der Abfahrt<br />
geht es über eine exponierte Scharte, die<br />
doch gehobene Anforderungen an die<br />
Fahrtechnik stellt.<br />
Südtirol bietet perfekte Bedingungen<br />
für Mountainbiker. Ich verbringe hier im<br />
Frühjahr und Spätherbst viel Zeit, wenn<br />
Durch das wilde Nigertal: eine geschmeidige Abfahrt auf dem Carezza Bike Trail<br />
Kurze Entspannungspause<br />
vor der letzten<br />
Etappe durch den<br />
Rosengarten: Tom<br />
genießt den feinen Ausblick<br />
ins Eggental.<br />
74 THE RED BULLETIN
SÜDTIROL<br />
Bozen<br />
Italien<br />
Wohin soll’s<br />
gehen?<br />
Südlich des Brenners liegt<br />
ein wahres Bike-Paradies.<br />
Die Dolomiten mit ihren vielen<br />
kleinen Seitentälern bieten<br />
abwechslungsreiche<br />
Trails jeder Schwierigkeitsstufe<br />
– egal, ob Uphill oder<br />
Downhill.<br />
Tom Öhler bietet über seine<br />
Homepage smooth.at<br />
und über facebook.com/<br />
tomoehler regelmäßig<br />
Rom<br />
Fahrtechnikcamps an. Wie<br />
atemberaubend der Wahl-<br />
Tiroler fährt, wenn er es<br />
ernst meint, seht ihr auf<br />
redbull.at, Stichwort „Tom<br />
Oehler rides the Dolomites“.<br />
Nächstgelegener internationaler<br />
Flughafen:<br />
Bozen, Innsbruck<br />
Toms<br />
tollste Trails<br />
Drei Highlights aus Tom Öhlers<br />
Wochenend-Ausflug<br />
KIRSTEN SÖRRIES HANNES KROPIK<br />
bei mir zu Hause im Stubaital zu viel<br />
Schnee auf den Trails liegt. Der feine<br />
Kiesel auf den Schotterwegen ist manchmal<br />
ein bisschen rutschig, aber nicht so<br />
scharfkantig wie zum Beispiel rund um<br />
den Gardasee. Die geschmeidigen Wanderwege<br />
kommen meinem verspielten<br />
Fahrstil generell entgegen.<br />
Pushen auf dem E-Bike<br />
Prinzipiell macht es für mich keinen<br />
Unterschied, ob ich motorisiert oder<br />
mit reiner Muskelkraft unterwegs bin.<br />
Mein E-Bike, ein Liteville 301 CE, wiegt<br />
rund 22 Kilo. Durch seinen niedrigen<br />
Schwerpunkt liegt es bergab wie ein<br />
Brett, ohne dabei behäbig zu sein.<br />
Oben: Wheelie auf der neuen Hängebrücke im<br />
Fassatal, sie führt von der Liftstation zum Karersee.<br />
Unten: Tom vor dem Peitlerkofel.<br />
1. BRIXEN BIKEPARK<br />
Im Brixen Bikepark auf der Plose gibt<br />
es vier Downhill-Trails. Tom Öhlers<br />
Favorit ist die „Palm Pro Line“: „Ein<br />
anspruchsvoller Mix aus natürlichem<br />
Trail und handgebauten Hindernissen<br />
auf 2,5 Kilometer Länge. 265 Höhenmeter,<br />
11 Prozent Neigung.<br />
plose.org/sommer/brixen-bikepark-2.html<br />
2. NIGERTAL<br />
Der Carezza Bike Trail durch das<br />
Nigertal, 20 Minuten mit dem Auto<br />
von Bozen entfernt, bietet mehr als<br />
20 Sprünge, 45 Steilkurven sowie<br />
eine 1,8 Kilometer lange Pumpline.<br />
carezza.it/de/Sommer/Carezza-<br />
Bike-Trail<br />
3. FASS<strong>AT</strong>AL<br />
Top im Fassatal ist der Trail vom<br />
Karer pass über Wanderwege nach<br />
Soraga di Fassa, zurück über Schotterstraßen<br />
Richtung Karersee und<br />
über alte Steige zur Talstation der<br />
Carezza- Bahn. „740 Höhenmeter<br />
uphill, 1.280 Höhenmeter downhill<br />
auf 26 Kilo metern. Hier ist selbst auf<br />
dem E‐Bike gute Kondition gefragt.“<br />
THE RED BULLETIN 75
GUIDE<br />
Reisen<br />
Der 2.875 Meter hohe Peitlerkofel in seiner ganzen Schönheit: Er ist der höchste Gipfel der Peitlerkofelgruppe.<br />
Es wäre verlockend, wegen der<br />
Motor unterstützung einfach die Beine<br />
baumeln zu lassen. Aber das interessiert<br />
mich nicht. Ich fahre das E-Bike<br />
noch aktiver als das Bio-Bike: Jede Unebenheit<br />
nutze ich zu meinem Vorteil;<br />
ich pushe, pushe, pushe.<br />
Spannender Bike-Park<br />
Vom Peitlerkofel fahre ich mit dem<br />
Camper weiter zur Plose, einem Gebirgsstock<br />
in den Lüsner Bergen. Dort<br />
liegt der Brixen Bikepark mit vier unterschiedlich<br />
schwierigen Mountainbike-<br />
Strecken. Neben den gebauten Trails<br />
gibt es auch schöne natürliche Herausforderungen.<br />
Bergauf nehme ich den<br />
Lift. Ich bin ja zum Vergnügen hier.<br />
Dass ich mich hier wie zu Hause fühle,<br />
hat familiäre Gründe: Ich bin zwar in<br />
Linz zur Welt gekommen, aber mein<br />
Opa väterlicherseits war Südtiroler. Er<br />
stammte aus Ritten, ganz in der Nähe<br />
meiner abschließenden Tour, bei der<br />
ich den Rosengarten erkunde. Was so<br />
„Bei 22 Kilo überlegst<br />
du es dir zweimal,<br />
ob du das Bike<br />
schultern möchtest.“<br />
Tom Öhler steigt auch bergauf selten ab.<br />
lieblich klingt, ist ein rund acht Kilometer<br />
langes Bergmassiv an der Grenze<br />
Südtirols zum Trentino.<br />
Das E-Bike schenkt mir zusätzliche<br />
Freiheiten. Die Motorunterstützung erlaubt<br />
es mir, Anstiege zu nehmen, die<br />
ich rein aus Muskelkraft kaum fahren<br />
könnte. Gerade bergauf kommen mir<br />
meine Erfahrungen aus dem Motorrad-<br />
Trial zugute: Ich weiß, wie ich Hindernisse<br />
anfahren muss, um vielleicht doch<br />
noch ein paar Höhenmeter zusätzlich<br />
fahren zu können. Angesichts der 22 Kilo<br />
überlegst du es dir zweimal, ob du<br />
das E-Bike wirklich schultern möchtest.<br />
Bevor ich wieder heimfahre, gönne<br />
ich mir noch den Anstieg hinauf zur<br />
Laurins Lounge. Dort genieße ich auf<br />
über 2.300 Meter Seehöhe ein großartiges<br />
Rote-Rüben-Risotto und den<br />
grandiosen Fernblick.<br />
Dann steige ich noch einmal auf<br />
mein E-Bike und drehe ein paar letzte<br />
Runden auf dem Carezza Bike Trail.<br />
Mehr über Tom Öhler: smooth.at<br />
KIRSTEN SÖRRIES HANNES KROPIK<br />
76 THE RED BULLETIN
Kleine Abenteuer.<br />
Große Momente.<br />
www.tirol.at
GUIDE<br />
Uhren<br />
LONGINES HYDROCONQUEST<br />
Grüne Welle<br />
Eine wunderschöne Begleiterin für den nächsten<br />
Tauchgang: Dieses Longines-Modell vereint Eleganz,<br />
Sportlichkeit und technische Perfektion.<br />
Mit einer Wasserdichtigkeit von 30 bar eignet<br />
sich die HydroConquest wirklich zum Tauchen.<br />
Das Edelstahlgehäuse misst 41 Millimeter im Durchmesser,<br />
Gehäuseboden und Krone sind verschraubt.<br />
Besonders elegant: Das mattgrüne Zifferblatt und<br />
die Lünette mit Keramikeinlage stehen in feinem<br />
Kontrast zu Zeigern, Lünettenrand und Krone,<br />
sämtlich vergoldet. Preis: 1680 Euro; longines.com<br />
AHOI!<br />
Volle Kraft voraus –<br />
das grüne Kautschukarmband<br />
dieser<br />
Taucheruhr ist perfekt<br />
auf Zifferblatt und<br />
Keramik-Lünette<br />
abgestimmt.<br />
WOLFGANG WIESER<br />
78 THE RED BULLETIN
ÖSTERREICHS<br />
GRÖSSTE BIKE-REGION<br />
über 80km Lines & Trails - 9 Bergbahnen - 7 Berge<br />
bike.saalbach.com
GUIDE<br />
E-Mobilität<br />
Null Knatterton<br />
Damit wir alle weniger im Stau stehen, müssen mehr Menschen<br />
auf zwei Rädern unterwegs sein – idealerweise elektrisch. Wir zeigen<br />
die vier einspurigen Kategorien mit Zukunft. Text WERNER JESSNER<br />
FÜR DIE STADT ELEKTRISCH<br />
HUSQVARNA E-PILEN<br />
Vorteil: erwachsenes Motorrad für emissionsloses Pendeln<br />
Man muss schon zweimal hinschauen, um den Unterschied zwischen<br />
der Husqvarna Vitpilen (mit Verbrennungsmotor) und der E-Pilen<br />
zu entdecken. Die E‐Pilen fliegt mit 11 PS (8 kW) auch für Besitzer<br />
eines Auto-Führerscheins mit Code 111 (ohne Prüfung, aber mit zusätzlichen<br />
Fahrstunden) bis zu 100 Kilometer weit. Das prädestiniert<br />
sie sowohl zum Pendeln als auch für das reine City-Abenteuer.<br />
HUSQVARNA-MOTORCYCLES.COM, GASGAS.COM, VESPA.COM,<br />
80 THE RED BULLETIN
FÜR SPORTLER<br />
GASGAS ENDURO CROSS<br />
Vorteil: morgens mit dem Fahrrad<br />
ins Büro, abends über Trails zurück<br />
E-Mountainbikes machen bergauf so viel<br />
Spaß wie normale Bikes nur bergab. Entscheidend<br />
ist, dass Fahrwerk und Bremsen<br />
auf das höhere Gewicht abgestimmt sind<br />
und der Motor durch sanften Leistungseinsatz<br />
ein möglichst natürliches Fahrgefühl<br />
herstellt. Bikes wie das Enduro<br />
Cross von GASGAS sind für jedes Gelände<br />
gewappnet. Mit so einem Bike machen<br />
Umwege erst so richtig Spaß.<br />
ST<strong>AT</strong>T EINES MOPEDS<br />
VESPA ELETTRICA<br />
Vorteil: wie ein Moped – aber lautlos<br />
und mit besserer Beschleunigung<br />
Kids wissen gleich, warum: Wer sich in der<br />
Klasse bis 45 km/h (rote Nummerntafel)<br />
für E-Mobilität entscheidet, kann ziemlich<br />
sicher sein, dass die Eltern nicht hören,<br />
wann genau man nach Hause kommt.<br />
Außerdem: Die Vespa kann einfach daheim<br />
an einer elterlichen Steckdose auf geladen<br />
werden, damit sind 95 Kilometer zum Nulltarif<br />
drin – zumindest wenn man die Stromrechnung<br />
nicht selbst bezahlen muss.<br />
DURCH ENGSTE GASSEN<br />
HUSQVARNA BLTZ CONCEPT<br />
Vorteil: minimaler Platzbedarf, ideal an<br />
der Schnittstelle zwischen öffentlichem<br />
Verkehr und Individualmobilität<br />
Von Tür zu Tür oder für die letzte Meile von<br />
der Haltestelle bis nach Hause: Scooter<br />
brauchen wenig Platz, sind daher gut<br />
transportabel, leicht und schnell. Das Bltz<br />
Concept von Husqvarna zeigt, wie cool das<br />
aussehen kann: stabiles Fahrverhalten,<br />
40 Kilometer Reichweite, 0,5 kW Leistung<br />
und eine Spitze von 20 km/h. Da kann<br />
man die Öffis mitunter ganz weglassen.<br />
WO DER STROM<br />
WOHNT<br />
In der KTM Motohall<br />
in Mattighofen läuft derzeit<br />
eine Sonder ausstellung<br />
zum <strong>The</strong>ma E-Mobilität auf<br />
zwei Rädern. Nicht nur deshalb<br />
lohnt sich ein Besuch.<br />
ktm-motohall.com<br />
THE RED BULLETIN 81
GUIDE<br />
Lesestoff<br />
ACTION-THRILLER<br />
Der unbarmherzige<br />
Samariter<br />
US-Thrillerautor Gregg Hurwitz hat mit Evan Smoak einen Helden erschaffen,<br />
der es gnadenlos krachen lässt. Doch das ist gar nicht so einfach, wie es klingt.<br />
Text JAKOB HÜBNER<br />
An den richtig harten<br />
Typen haben sich<br />
schon viele Autoren<br />
die Zähne ausgebissen.<br />
Dabei möchte man<br />
ja meinen, es wäre eine vergleichsweise<br />
leichte Übung,<br />
einen Helden für einen Actionthriller<br />
zu erschaffen. Man<br />
nehme einen kantigen Kerl,<br />
tunke ihn tief in eine elitäre<br />
militärische Vergangenheit,<br />
füge eine großkalibrige Knarre<br />
hinzu, einmal durchladen,<br />
und los geht’s! Aber so funktioniert<br />
das nicht.<br />
Tatsächlich sind sogenannte<br />
„One Man Army“<br />
Thriller eine ziemlich heikle<br />
Herausforderung, da sie sich<br />
formal auf einem extrem<br />
schmalen Grat bewegen.<br />
Anders gesagt: Die Lächerlichkeit<br />
ist immer nur einen<br />
Schritt weit entfernt.<br />
Die Kunst besteht darin,<br />
eine notwendigerweise überzeichnete<br />
Figur mit genügend<br />
Tiefgang auszustatten, um sie<br />
in einem realistischen Setting<br />
zu verankern. Gelingt das<br />
nicht, wird sie zur Karikatur.<br />
Auf der anderen Seite lauert<br />
der heimtückische Psycho-<br />
Treibsand. Denn kaum eine<br />
Romanfigur ist nervtötender<br />
als ein Actionheld, der ständig<br />
erklärt werden muss. Das<br />
geht gar nicht. Man nimmt so<br />
ein Buch ja schließlich nicht<br />
aus dem Regal, weil gerade<br />
kein Dostojewski zur Hand ist.<br />
Nein, ein guter Thrillerheld<br />
ist wie ein gutes Steak, nur<br />
umgekehrt: innen scharf angebraten<br />
und außen blutig.<br />
Evan Smoak ist so ein Typ.<br />
Er war einst Teil eines streng<br />
geheimen US-Regierungsprogramms,<br />
in dem Waisenkinder<br />
rekrutiert und zu hocheffizienten<br />
Killermaschinen<br />
ausgebildet wurden. Ausgestattet<br />
mit wasserdichten<br />
Identitäten und nahezu grenzenlosen<br />
finanziellen Mitteln,<br />
räumen die „Orphans“ dort<br />
auf, wo dem Staat die eigenen<br />
VINZ SCHWARZBAUER<br />
82 THE RED BULLETIN
Erster Absatz<br />
aus „Rache der Orphans“<br />
Das RoamZone ans Ohr gepresst, trat Evan rasch durch<br />
die Tür seiner Penthousewohnung im Apartmenthochhaus<br />
Castle Heights. Das Handy mit dem Gehäuse aus gehärtetem<br />
Gummi und dem Display aus Gorilla Glass war so widerstandsfähig<br />
wie ein Hockeypuck und im Prinzip nicht zurückzuverfolgen.<br />
Jeder Anruf auf 1-855-2-NOWHERE wurde digitalisiert<br />
und über ein Labyrinth von verschlüsselten VPN-Tunneln<br />
über das Internet verschickt. Erst nachdem er per Software<br />
von Vermittlungsstelle zu Vermittlungsstelle einmal rund<br />
um den Globus geleitet worden war, kam er auf dem Roam<br />
Zone an. Evan meldete sich immer mit demselben Satz.<br />
Brauchen Sie meine Hilfe?<br />
BUCHTIPPS<br />
Helden in Serie<br />
Vier Thriller-Autoren, die keine Gefangenen<br />
machen – außer bei den Lesern.<br />
Gesetze im Weg stehen.<br />
Als jedoch sein ehemaliger<br />
Ausbildner und Mentor in Ungnade<br />
fällt, steigt Evan aus<br />
und verschwindet vom Radar.<br />
Er leidet unter schlechtem Gewissen<br />
und sehnt sich nach<br />
Buße. Er wird zum „Nowhere<br />
Man“, einer Art unsichtbarem<br />
Schutzengel für Menschen,<br />
die in Not geraten sind, sich<br />
aber – aus welchen Gründen<br />
auch immer – nicht an die Polizei<br />
wenden können. Aus dem<br />
Sünder wird ein Samariter –<br />
allerdings einer ohne jede<br />
Barmherzigkeit, dafür aber<br />
mit einer spezialangefertigten<br />
Wilson Combat im Kydex-<br />
Hüftholster.<br />
In der „Orphan“-Zentrale<br />
haben sie freilich wenig Freude<br />
mit einem freischaffenden<br />
Profikiller aus den eigenen<br />
Reihen und blasen zum großen<br />
Halali – allen voran die<br />
emotional nahe am Gefrierpunkt<br />
angesiedelte Candy<br />
McClure, die mit Evan noch<br />
eine ganz persönliche Rechnung<br />
offen hat …<br />
Der US-Amerikaner Gregg<br />
Hurwitz, 48, ist nicht nur als<br />
Romanautor und Comictexter<br />
(Marvel, DC) sehr erfolgreich,<br />
sondern auch als Drehbuchschreiber.<br />
Das merkt man.<br />
Seine Evan-Smoak-Reihe –<br />
„Orphan X“ (2016), „Projekt<br />
Orphan“ (2017), „Die Rache<br />
der Orphans“ (2018), „Die<br />
Spur der Orphans“ (2019)<br />
und „Das Vermächtnis der<br />
Orphans“ (20<strong>21</strong>) – kommt wie<br />
ein Hollywood Blockbuster<br />
daher und überzeugt mit<br />
einem wirklich guten Spannungsbogen.<br />
Hurwitz hat ein<br />
feines Gespür dafür, wann er<br />
das Visier runterklappen und<br />
Vollgas geben muss und wann<br />
er Tempo rausnimmt, um den<br />
Leser mit ein paar Hintergrundhappen<br />
zu füttern.<br />
Das ist umso bemerkenswerter,<br />
als der Autor quer<br />
durch alle fünf Bände mit<br />
zwei parallel laufenden Storys<br />
jongliert – auf der einen Seite<br />
der jeweilige Auftrag des<br />
„Nowhere Man“ und die interne<br />
Jagd gesellschaft der<br />
„ Orphans“ auf der anderen.<br />
Die beiden Handlungsstränge<br />
kommen einander zwar nur<br />
selten in die Quere, aber wenn,<br />
dann mit mächtig Zunder.<br />
Stilistische Brillanz darf<br />
man sich von einer Romanserie<br />
dieser Gattung natürlich<br />
nicht erwarten, wohl aber eine<br />
präzise sprachliche Fokussierung<br />
auf das Wesentliche:<br />
Spannung bis zum Abwinken.<br />
GREGG HURWITZ<br />
„Evan Smoak“-Reihe<br />
Deutsch von Mirga Nekvedavicius<br />
HarperCollins<br />
LEE CHILD<br />
Der alljährliche Feiertag<br />
für Thriller-Fans fiel heuer<br />
auf den 26. Juli. Da erschien<br />
der 23. Band der unwiderstehlichen<br />
Jack-Reacher-<br />
Reihe des britischen<br />
Bestseller autors Lee Child.<br />
Diesmal nimmt der härteste<br />
Bluthund des Genres die<br />
Fährte seines verstorbenen<br />
Vaters auf, die ihn direkt<br />
ins Fadenkreuz skrupelloser<br />
Männer führt, die nicht<br />
nur sprichwörtlich<br />
über Leichen gehen …<br />
„Der Spezialist“<br />
(Blanvalet)<br />
CHRIS LANDOW<br />
Die bisher dreiteilige Romanreihe<br />
rund um den Ex-Bundespolizisten<br />
Ralf Parceval ist<br />
eine echte Rarität. Denn hinter<br />
dem Pseudonym Chris<br />
Landow versteckt sich ein<br />
deutscher Autor, der es offensichtlich<br />
darauf anlegt,<br />
mit voller Härte in ein englischsprachiges<br />
Hoheitsgebiet<br />
der Unterhaltungsliteratur<br />
zu grätschen: den kompromisslosen<br />
Action-Thriller.<br />
Band 4 ist für Februar 2022<br />
angekündigt.<br />
„Parceval“-Serie<br />
(Blanvalet)<br />
STEPHEN HUNTER<br />
Trotz erfolgreicher Hollywood-Verfilmung<br />
von Teil 1<br />
der Buchserie („Shooter“ mit<br />
Mark Wahlberg in der Hauptrolle)<br />
fristet Bob Lee Swagger<br />
hierzulande ein Schattendasein<br />
unter den Helden<br />
der Hochspannungsliteratur.<br />
Völlig zu Unrecht. Insgesamt<br />
brachte US-Autor und<br />
Pulitzer-Preisträger Stephen<br />
Hunter den ehemaligen<br />
Scharfschützen neunmal<br />
in Stellung – und traf dabei<br />
stets ins Schwarze.<br />
„Swagger“-Serie<br />
(Festa)<br />
DAVID BALDACCI<br />
Wenn es um knallharte<br />
Einzelkämpfer geht, darf<br />
David Baldacci nicht fehlen.<br />
Mit einer Gesamtauflage<br />
von über 40 Millionen<br />
platzierte der Vielschreiber<br />
aus Richmond, Virginia,<br />
gleich mehrere einschlägige<br />
Romanfiguren in den internationalen<br />
Bestsellercharts.<br />
Als Einstieg bietet sich<br />
die „Will Robie“-Reihe an,<br />
deren erster Teil den<br />
nahe liegenden Titel<br />
„Der Killer“ trägt.<br />
„Will Robie“-Serie<br />
(Bastei Lübbe)<br />
THE RED BULLETIN 83
Innerhalb von 3 Stunden<br />
kann der CUPRA<br />
Leon e-HYBRID zu<br />
Hause an der CUPRA<br />
Ladestation aufgeladen<br />
werden.<br />
CUPRA ELEKTRISIERT<br />
Pure Innovation mit CUPRA<br />
Performance und den Vorteilen<br />
der Elektromobilität – die<br />
CUPRA e-HYBRID-Modelle stehen<br />
für eine neue Art des Fahrens.<br />
Wenn es um Elektrifizierung geht, verfolgt CUPRA<br />
einen konsequenten Weg. Die spanische Performance-<br />
Marke investiert damit ihren Einsatz für mehr Umweltschutz<br />
und hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität<br />
zu erreichen. Beispielhaft dafür stehen<br />
der CUPRA Formentor, der CUPRA Leon und der<br />
CUPRA Leon SP Kombi, die bereits als e-HYBRID-Versionen<br />
erhältlich sind. Sie verbinden das Beste aus zwei<br />
Welten: die Dynamik und Effizienz eines Elektromotors<br />
mit der Reichweite eines Verbrennungsmotors.<br />
CUPRA Leon 5-Türer<br />
CUPRA Leon SP Kombi e-HYBRID<br />
Scharfe Linien für einen dynamischen Look – dazu maximale<br />
Leistung, neueste Technologie und hohe Sicherheit:<br />
Der CUPRA Leon – als Fünftürer als auch als Sportstourer<br />
– ist ein Blick in die Zukunft der Hybridmobilität. Ein<br />
e-HYBRID-Motor mit bis zu 245 PS bei der Kombination<br />
beider Motoren ermöglicht bis zu 60 Kilometer emissionsfreien<br />
Fahrspaß. Verbunden mit einer Ausstattung, die<br />
unter anderem Sportschalensitze, Voll-LED-Scheinwerfer,<br />
ein sprachgesteuertes 10-Zoll-Navigationssystem mit<br />
Panorama-Schwebebildschirm und einen Notfallassistenten<br />
umfasst, verkörpert der CUPRA Leon die neue Definition<br />
von e-HYBRID-Performance.<br />
»<br />
CUPRA
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Rennsportliche<br />
Kraftentfaltung aus<br />
elektrisierender<br />
Quelle: der CUPRA<br />
Formentor jetzt<br />
auch als e-HYBRID.<br />
CUPRA Formentor e-HYBRID<br />
Rennsportlich inspiriert, kombiniert der<br />
CUPRA Formentor mit dem hochleistungsfähigen<br />
e-HYBRID-Antrieb die Kraft eines 150 PS starken<br />
1.4-TSI-Benzinmotors (110 kW) mit einem Elektromotor<br />
(115 PS / 85 kW). Bei voller elektrischer Aufladung<br />
ist so eine Systemleistung von 245 PS bei einer<br />
rein elektrischen Reichweite von bis zu 58 Kilometern<br />
möglich. Und auch in puncto Design und Konstruktion<br />
setzt das ikonische Modell Maßstäbe für die Zukunft:<br />
Es vereint kunstvoll Eleganz und Innovation mit purer<br />
Dynamik. Darüber hinaus bietet das SUV-Coupé<br />
ein einzigartiges Raumgefühl für seine Klasse.<br />
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DIE VOLLELEKTRISCHE<br />
ZUKUNFT HEISST<br />
CUPRA BORN<br />
Die e-HYBRID-Modelle sind geschaffen, um die Faszination<br />
der Geschwindigkeit in die Welt der Elektrifizierung<br />
zu tragen. Doch mit dem neuen vollelektrischen CUPRA<br />
Born startet der spanische Autobauer in eine neue Ära.<br />
Er besticht durch seine markante Eleganz und starke<br />
Ausdruckskraft und vereint dynamische Nachhaltigkeit<br />
mit bahnbrechender Innovation. Bis zu 231 PS und<br />
545 Kilometer Reichweite beweisen, dass E-Mobilität<br />
sportlich und gleichzeitig voll alltagstauglich sein kann.<br />
GEWINNSPIEL<br />
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Performance Days am <strong>Red</strong> Bull Ring am 14. Oktober!<br />
Inklusive Driving Experience und Übernachtung<br />
von 14. bis 15. 10. 20<strong>21</strong> im G’Schlössl Murtal, einem<br />
beflügelnden Ort von Tauroa, sowie An- und Abreise<br />
mit einem CUPRA.<br />
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FÜR MEER<br />
SAUBERKEIT<br />
MODE AUS FLASCHEN<br />
Ein Bild, das klarmacht,<br />
was die Mode von Ecoalf<br />
auszeichnet: Für die aktuelle<br />
Herbstkollektion verwendet<br />
das Label aus Spanien<br />
„Ocean Yarn“, also Garn<br />
aus Plastikflaschen, die aus<br />
dem Meer gefischt wurden.<br />
ecoalf.com<br />
WELTREISE IN BILDERN<br />
AUSSTELLUNG DES FOTOGRAFEN STEVE McCURRY<br />
Der Amerikaner Steve McCurry ist einer der besten Fotografen<br />
der Welt – und das darf man durchaus wörtlich<br />
nehmen. Wer seinem Blick fürs Wesentliche (im Bild:<br />
Shaolin-Mönche in Zhengzhou) folgen will: In Graz sind<br />
seine Bilder derzeit zu sehen. stevemccurrygraz.com<br />
SONNENSCHUTZ<br />
INKLUSIVE<br />
Eingewebter<br />
Kaffeesatz sorgt<br />
für UV-Schutz<br />
ALLE NEUNE!<br />
Mit dem Ding<br />
in der Tasche kann<br />
einen nichts mehr<br />
überraschen.<br />
DA KLAPPT ALLES<br />
MULTIFUNKTIONSWERKZEUG VON LAND ROVER<br />
Federzange, Messer, Flaschenöffner, Säge, Dosenöffner,<br />
um nur ein paar der neun Tools aus verstärktem<br />
Edelstahl zu nennen, die sich da in einem leuchtend<br />
orangefarbenen Alleskönner verbergen. MacGyver<br />
würde der Neid fressen. shop.landrover.de<br />
<strong>AT</strong>ELIERJUNGWIRTH.COM/STEVE MCCURRY, LAND ROVER,<br />
ECOALF.COM, SAINT LAURENT BY UNITED OPTICS,<br />
GETTY IMAGES, LAWRENCE SCHILLER/TASCHEN.COM<br />
86
GUIDE<br />
Tipps & Trends<br />
VOLLER DURCHBLICK<br />
SONNENBRILLE VON YVES SAINT LAURENT<br />
Grüner wird’s nimmer: Diese Brille von Yves Saint<br />
Laurent verrät stilistischen Durchblick: Die spezielle<br />
Form (Rectangle) verleiht vor allem runden Gesichtern<br />
besonderes Flair. unitedoptics.at<br />
GLÄNZENDER<br />
AUFTRITT<br />
Goldfarbene Bügel<br />
und rahmenloses<br />
Glas<br />
Richtig gutes Zeug<br />
Kopfüber ins Vergnügen: berührende Bilder, Armanis neue<br />
Anzug-Definition und ein Star für die Ewigkeit.<br />
ANZUG, NEU<br />
ERFUNDEN<br />
GIORGIO ARMANIS VISION<br />
Der Designer, der seit den<br />
1970er-Jahren für stilvolle<br />
Anzüge steht, definiert den<br />
„Anzug“ in seiner Sommerkollektion<br />
für 2022 neu: „Wir<br />
kleiden uns entspannter. Ein<br />
Anzug muss nicht länger aus<br />
Blazer und Sakko bestehen –<br />
auch Hemd und Hose können<br />
ein ,Anzug‘ sein.“ armani.com<br />
FÜR IMMER JUNG<br />
„MARILYN & ME“: EIN <strong>AT</strong>EMBERAUBENDES BUCH<br />
Lawrence Schiller war 25, als er beauftragt wurde, Weltstar<br />
Marilyn Monroe zu fotografieren. Drei Monate später<br />
war die Hollywood-Ikone tot. Die Geschichte dieser<br />
denkwürdigen Fotosession inklusive über hundert Aufnahmen<br />
ist jetzt als Bildband erschienen. taschen.com<br />
THE RED BULLETIN 87
GUIDE<br />
<strong>Red</strong> Bull Flugtag<br />
Sieger beim Flugtag<br />
2012 in Wien: der fliegende<br />
DeLorean vom Team<br />
„Back To <strong>The</strong> Future“.<br />
COMEBACK DES KULT-EVENTS IN WIEN<br />
Unglaubliche Flug-Objekte<br />
Am 26. September findet in der Brigittenauer Bucht die verrückteste Flugshow<br />
der Welt statt: der <strong>Red</strong> Bull Flugtag. Tollkühne Piloten präsentieren ihre<br />
schrägen Flugkonstruktionen – und ziemlich unterhaltsame Wasserlandungen.<br />
Ist das eine Sternschnuppe am Himmel?<br />
Ist das Superman? Nein! Es ist eine fliegende<br />
Bratwurst. Am 26. September<br />
kommt der <strong>Red</strong> Bull Flugtag nach neun<br />
Jahren endlich zurück nach Wien.<br />
Dafür haben 40 Teams in den vergangenen<br />
Monaten jeweils über 400 Stunden<br />
in ihren Garagen getüftelt. Wichtig<br />
ist, dass die Einzelteile im Wasser nicht<br />
untergehen und die Flugobjekte nur<br />
von Menschenkraft angetrieben werden.<br />
Nicht erlaubt sind also zum Beispiel<br />
Motoren, Batterien oder Gummibänder.<br />
Auch Gänse sollten nicht vor den Flugkörper<br />
gespannt werden.<br />
In der Brigittenauer Bucht auf der<br />
Wiener Donauinsel wollen Konstrukteure<br />
und Piloten den Zuschauern nun zeigen,<br />
ob ihre Kreationen fliegen. Dabei achtet<br />
die Jury auf drei Dinge: die Flugweite, die<br />
Kreativität im Design des Fluggeräts und<br />
die Qualität des Show-Auftritts auf der<br />
Rampe. Denn jedes Team führt vor dem<br />
Start eine kleine Choreografie auf, was<br />
auch das Publikum ordentlich anheizt.<br />
Dann steigt der Pilot in sein Cockpit und<br />
hebt ab. Na ja, er versucht es zumindest.<br />
Auf dem letzten Flugtag in Wien 2012<br />
holte sich das Team „Back To <strong>The</strong> Future“<br />
den Titel. Die fünf Österreicher hatten<br />
den legendären DeLorean aus dem<br />
gleichnamigen Hollywoodfilm nachgebaut<br />
und schafften eine Flugweite von<br />
8,5 Metern. Pilot war damals Peter Pichler.<br />
Antreten wird er dieses Jahr zwar<br />
nicht, dafür aber zuschauen. Hier verrät<br />
er fünf Gründe, warum man dieses Spektakel<br />
nicht verpassen sollte.<br />
Zahltag<br />
Wie kalt ist das Wasser, und<br />
wie groß sind die Flieger?<br />
Die wichtigsten Zahlen<br />
zum Flugtag im Überblick.<br />
8 Meter<br />
dürfen die Fluggeräte maximal<br />
lang sein.<br />
100.000<br />
Zuschauer waren beim letzten<br />
Flugtag in Wien dabei.<br />
12 Grad<br />
beträgt geschätzt die Temperatur<br />
der Neuen Donau am Flugtag.<br />
Kalte Füße sind also garantiert.<br />
4 Mitglieder<br />
umfasst jedes Team. Davon<br />
drei Crew-Mitarbeiter und eine<br />
arme Socke, die das Ding fliegt.<br />
0 Bier<br />
dürfen die Teilnehmer kippen,<br />
um sich Mut anzutrinken. Alkoholisierte<br />
werden disqualifiziert.<br />
6 Meter<br />
hoch ist die Flugrampe. Kommt<br />
einem aber wie 60 Meter vor,<br />
wenn man oben steht.<br />
30 Sekunden<br />
sollte die Show von jedem Team<br />
auf der Rampe dauern.<br />
120 Kilo<br />
ist das Maximalgewicht, das<br />
ein Fluggerät wiegen darf.<br />
MIRJA GEH/RED BULL CONTENT POOL, M<strong>AT</strong>THIAS HESCHL/RED BULL CONTENT POOL, ERWIN POLANC/RED BULL CONTENT POOL,<br />
FLO HAGENA/RED BULL CONTENT POOL, M<strong>AT</strong>HIEU YOUNG/RED BULL CONTENT POOL, CHRIS GARRISON/RED BULL CONTENT POOL<br />
88 THE RED BULLETIN
Der Schauplatz<br />
Im Jahr 1992 hob in Wien das erste Flugobjekt<br />
ab. Seither gab es über 150 Flugtage<br />
in mehr als 70 Städten weltweit.<br />
Der letzte in Wien liegt allerdings neun<br />
Jahre zurück. „Endlich ist der Flugtag<br />
wieder vor unserer Haustür. Wer weiß,<br />
wann die nächste Gelegenheit kommt“,<br />
sagt Ex-Pilot Pichler und fügt mit einem<br />
Schmunzeln hinzu: „Außerdem ist niemand<br />
so ausgeflippt wie die Österreicher.<br />
Da kann man einiges erwarten von den<br />
Teilnehmern.“<br />
Der Spirit<br />
40 Teams fliegen um den Sieg. Die Gewinner<br />
bekommen eine Führung durch<br />
den Hangar-7 inklusive einer Einladung<br />
ins Restaurant Ikarus und einen Flug<br />
mit den Flying Bulls. Zickenkrieg gibt es<br />
trotzdem keinen unter den Teilnehmern.<br />
„Ein Team hatte damals für den Bau<br />
seines Fliegers Styroporplatten verwendet,<br />
die beim Abladen aus dem Lkw<br />
gebrochen sind. Da haben dann andere<br />
Teams sofort geholfen“, erzählt Pichler.<br />
Das Publikum<br />
„Die Stimmung ist klasse“, sagt Peter<br />
Pichler. „Das Publikum geht voll mit und<br />
feuert jedes Team lautstark an.“ Bevor<br />
es losgeht, können die Zuschauer den<br />
Teilnehmern bei den letzten Feinjustierungen<br />
an ihren Geräten über die Schulter<br />
schauen. „Ich war damals extrem<br />
angespannt. Aber ich hab versucht, so<br />
viel wie möglich zu beantworten“, sagt<br />
Pichler lachend.<br />
Die Flugobjekte<br />
„Das Niveau ist schon super“, so Flugtag-Veteran<br />
Pichler. „Bei uns waren<br />
„Manchmal muss man<br />
einfach loslaufen<br />
und wegspringen.“<br />
Florian Ritt von Folkshilfe (o. re.) über die Idee<br />
hinter dem Flugtag-Song „Wir heben heid o“<br />
richtig gute Konzepte dabei, die wirklich<br />
aufwendig zu bauen waren. Ein paar<br />
sahen geil aus, aber du wusstest schon:<br />
Die fliegen bestimmt nicht … Andere<br />
hatten sogar ferngesteuerte Ruder an<br />
den Tragflächen.“<br />
Das Rahmenprogramm<br />
Der offizielle Flugtag-Song kommt von der<br />
Band Folkshilfe, die ihn am 26. September<br />
auf der Bühne spielen wird. Die drei<br />
Quetschn-Popper folgen damit DJ Ötzi,<br />
der beim letzten Mal die Brigitten auer<br />
Bucht beschallte. „Cool war der Auftritt<br />
der Flying Bulls“, sagt Peter Pichler.<br />
Fun Facts<br />
Begebenheiten aus 150 Flugtagen<br />
in mehr als 70 Städten weltweit.<br />
STURM AUF HAMBURG<br />
Nachdem der Flugtag in Deutschland<br />
schon viermal in Berlin stattgefunden<br />
hatte, übersiedelte er 2004 nach<br />
Hamburg. Das löste einen Massenansturm<br />
aus: 250.000 Menschen<br />
kamen an den Grasbrookhafen, um<br />
die tollkühnen Piloten zu sehen.<br />
DIE RÜCKKEHR DER TEICHFLIEGER<br />
Knapp 1000 Stunden bastelte ein<br />
Team aus Wiesbaden an seinem<br />
Fluggerät. Am Ende lohnte sich der<br />
Einsatz: 2012 in Mainz schwebte der<br />
Flieger 69,79 Meter weit. Damals ein<br />
Rekord! Heute steht das Meisterstück<br />
im Otto-Lilienthal-Museum in Anklam.<br />
CHICKEN WHISPERER<br />
Wer hat eigentlich gesagt, Hühner<br />
könnten nicht fliegen? Fünf Luftund<br />
Raumfahrt-Ingenieure bewiesen<br />
2013 das Gegenteil und stellten in<br />
Long Beach/USA mit ihrem „Chicken<br />
Whis perer“ einen neuen Rekord auf:<br />
78,5 Meter weit flog die Konstruktion.<br />
Siegerehrung<br />
vor neun Jahren.<br />
„Die Stimmung<br />
ist schon klasse“,<br />
sagt der damalige<br />
Siegerpilot<br />
Peter Pichler (Mi.,<br />
mit Sonnenbrille).<br />
DIE FLIEGENDE KLOROLLE<br />
In 29 Jahren haben wir viele kuriose<br />
Fluggeräte gesehen. Zum Beispiel<br />
„<strong>The</strong> Nooper“, aufgetreten 2016 beim<br />
Flugtag in Louisville/USA. Es handelte<br />
sich dabei um eine gigantische Klopapierrolle.<br />
Seitdem wissen wir:<br />
Nooper ist ein englischer Ausdruck<br />
für Menschen, die sich vollständig<br />
entkleiden, bevor sie aufs WC gehen<br />
– und Klopapier kann nicht fliegen.<br />
THE RED BULLETIN 89
GUIDE<br />
Kalender<br />
11<br />
September<br />
WER GEWINNT DEN RED BULL DOLOMITENMANN?<br />
Berglauf, Gleitschirmflug, Kajak- und Mountainbikefahrt – vier Spezialisten pro Team stellen sich<br />
auch dieses Jahr wieder der gnadenlosen Strecke durch die Lienzer Dolomiten (links im Bild<br />
sehen wir Berglauf-Ass Rémi Bonnet beim Bewerb 2020). Das Ziel: mit vereinten Kräften den Titel<br />
„Dolomitenmann“ zu holen. Wie immer beginnt das Rennen mit dem 12-Kilometer-Lauf vom Hauptplatz<br />
in Lienz (674 m) auf das Kühbodentörl (2441 m). Alle Infos: redbull.com/dolomitenmann<br />
26<br />
bis 28. August<br />
DREI TAGE<br />
ELECTRIC LOVE<br />
Electric Love Festival in<br />
Salzburg, das bedeutet<br />
3-mal 12 Stunden Party<br />
und Tanz mit den besten<br />
DJs der Welt auf drei großen<br />
Bühnen. In diesem<br />
Jahr findet das Elektro-<br />
Festival als „Boutique<br />
Edition“ mit kleinen Einschränkungen<br />
statt: So<br />
gibt es maximal 10.000<br />
Tickets pro Tag, und das<br />
sonst übliche Campieren<br />
am Gelände ist ebenfalls<br />
nicht möglich. Aber allemal<br />
besser als nichts.<br />
electriclove.at<br />
19<br />
bis <strong>21</strong>. August<br />
ABTANZEN MIT BILDERBUCH<br />
Ein Line-up, wie es schöner nicht sein könnte: Beim mittlerweile<br />
legendären Frequency im Greenpark von St. Pölten treten nicht<br />
nur Bilderbuch (o.) auf. Mit dabei sind auch AnnenMayKantereit,<br />
Marshmello, RAF Camora, Yung Hurn, Bonez MC und die<br />
Synthie-Quetscher von Folkshilfe. frequency.at<br />
27<br />
August<br />
LEYYA LIVE<br />
ERLEBEN<br />
Mit dem Ohrwurm<br />
„Superego“ haben<br />
Sophie Lindinger (re.)<br />
und Marco Kleebauer<br />
alias Leyya einen Start<br />
nach Maß hingelegt –<br />
jetzt kann man das<br />
Elektropop-Duo live auf<br />
der FrischLuft-Bühne in<br />
Linz erleben. posthof.at<br />
13<br />
bis 15. August<br />
MOTOGP<br />
AM SPIELBERG<br />
Ein zweites Wochenende<br />
mit purer Action: Nach<br />
dem Michelin Grand Prix<br />
of Styria folgt der Bitci<br />
Motorrad Grand Prix von<br />
Österreich. ServusTV<br />
zeigt von Freitag bis<br />
Sonntag alle Sessions<br />
der Moto3, der Moto2<br />
sowie der Königsklasse<br />
MotoGP live. Infos zum<br />
Renn wochenende unter:<br />
motogp.servustv.com<br />
CHRISTOPHER KELEMEN/RED BULL CONTENT POOL, HENDRICK SCHNEIDER, GABRIEL HYDEN, GOLD AND GOOSE/RED BULL CONTENT POOL<br />
90 THE RED BULLETIN
RED BULL<br />
FLUGTAG 20<strong>21</strong>.<br />
26. SEPTEMBER 20<strong>21</strong>, BRIGITTENAUER BUCHT, WIEN<br />
BOARDING: 10:00 UHR<br />
redbullflugtag.at
B O U L E V A R D D E R H E L D E N<br />
BOB DYLAN & BOBBY FISCHER<br />
KÖNIGSSCHACH<br />
Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die außergewöhnlichen Geschichten<br />
inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit.<br />
Folge 16: Der Sänger und der Schachweltmeister, Treffen zweier Exzentriker.<br />
Robin Loggie, einer der Manager<br />
von Bob Dylan, wollte dem<br />
Rockstar zu dessen fünfundvierzigstem<br />
Geburtstag eine Schachpartie<br />
mit Weltmeister Bobby<br />
Fischer vermitteln. Loggie hielt die Idee<br />
geheim, selbst vor seiner Frau und deren<br />
Sohn. Denn erstens war es nicht sicher,<br />
ob er Erfolg haben würde, zweitens war<br />
in Dylans unmittelbarer Umgebung eine<br />
Art Wettbewerb ausgebrochen, der umso<br />
kopfloser wurde, je näher der 24. Mai 1986<br />
rückte: Wem gelingt es, dem Chef etwas<br />
zu schenken, das ihn einigermaßen in<br />
Erstaunen versetzt?<br />
Es ging nicht um wertvolle Dinge, daran<br />
lag diesem Mann nicht viel. Es ging darum, ihn zu<br />
überraschen. Originalität! Der aufbrausenden Entscheidungswut<br />
Dylans wäre es zuzutrauen gewesen<br />
– so Loggie –, dass er als Dank die Hierarchie seines<br />
Managements neu ordnete. Loggie war neu im Rockzirkus,<br />
hatte aber bereits begriffen, dass Mister Dylan<br />
den Gesetzen dieses Zirkus nicht folgte, ja dass er diese<br />
geradezu verabscheute.<br />
Er beauftragte eine Detektei in Santa Monica, den<br />
Schachgroßmeister aufzuspüren und sich mit ihm in<br />
Verbindung zu setzen, verschwieg aber, worum es sich<br />
handelte. Mr. Bob Dylan wolle Mr. Bobby Fischer sprechen,<br />
das war alles. Das musste genügen. Das würde<br />
in aller Welt genügen, warum nicht beim originellsten<br />
Schachspieler der Welt? Der Erfolg war prompt. Es<br />
stellte sich heraus, dass Fischer Dylan ebenso bewunderte<br />
wie Dylan Fischer. Die Detektei organisierte ein<br />
Treffen zwischen Loggie und Fischer in Albuquerque,<br />
New Mexico, und Loggie, der es gut verstand, Menschen<br />
in die Augen zu sehen, trug dem Schachmeister<br />
sein Anliegen in aller Offenheit vor: eine oder zwei<br />
MICHAEL KÖHLMEIER<br />
Der Vorarlberger<br />
Bestsellerautor gilt<br />
als bester Erzähler<br />
deutscher Zunge.<br />
Zuletzt erschienen:<br />
„Die Märchen“,<br />
816 Seiten, Verlag<br />
Carl Hanser.<br />
Partien auf einem Brett nach freier Wahl.<br />
Fischer soll sehr aufgeregt gewesen sein,<br />
berichtete der Manager.<br />
Am 23. Mai 1986 holte Robin Loggie<br />
Bobby Fischer mit einer Limousine am Flughafen<br />
von Los Angeles ab, und sie fuhren<br />
nach Malibu, wo sie in Loggies Haus in der<br />
küstennahen Colony Road bis knapp vor<br />
Mitternacht warteten. Fischer hatte ein Geschenk<br />
mitgebracht, ein altes Schachspiel,<br />
nicht sein erstes, aber sein zweites oder<br />
drittes. Die Figuren waren so abgegriffen,<br />
dass sich Schwarz und Weiß kaum mehr<br />
voneinander unterschieden. Ein wertloses<br />
Ding, aber durch den, der es gebraucht<br />
hatte, wertvoll geworden: ein originelles<br />
Geschenk. Loggie gab Fischer einige Instruktionen,<br />
und schließlich fuhren sie hinaus zu Dylans Haus,<br />
passierten die Wachen und betraten über den Strand<br />
die Veranda.<br />
Dylan sei allein gewesen. Er war auch nicht betrunken.<br />
Loggie sagt, er sei auf der Veranda gesessen<br />
und habe mit sich selbst Schach gespielt. Das habe er<br />
damals oft getan.<br />
Dylan erkannte Bobby Fischer sofort. Die Wirkung<br />
war überwältigend. Auf beiden Seiten. Es seien<br />
sich diese zwei Großen, diese Giganten, gegenübergestanden<br />
wie kleine Fans – Dylan in einem<br />
schmutzigen T-Shirt und Shorts mit grün-roten Rauten,<br />
Fischer in dunklem Anzug, weißem Hemd und<br />
Krawatte – und hätte nicht er, Loggie, eingegriffen,<br />
hätte es geschehen können, dass gar nichts geredet<br />
worden, dass gar nichts geschehen wäre.<br />
Loggie nahm den beiden sehr vorsichtig, mit viel<br />
Fingerspitzengefühl, die Schüchternheit. Er habe<br />
Drinks gemixt, die beide abgelehnt, Witze gerissen,<br />
MICHAEL KÖHLMEIER BENE ROHLMANN, CLAUDIA MEITERT GETTY IMAGES (2)<br />
92 THE RED BULLETIN
THE RED BULLETIN 93
B O U L E V A R D D E R H E L D E N<br />
über die sie nicht gelacht hätten. Schließlich habe er<br />
Bobby Fischer an das Geschenk, nämlich dieses alte<br />
Schachspiel, erinnert.<br />
Das erste Spiel – noch auf Dylans Brett übrigens –<br />
sei nichts weiter gewesen als ein Nachstellen der<br />
Welt meisterschaftspartie Fischer gegen Spasski 1972.<br />
Dylan kannte die Partie auswendig, und Fischer erinnerte<br />
sich auch noch recht gut. Dylan fragte, ob es<br />
unbescheiden wäre, wenn er seine Interpretationen<br />
dazu abgäbe, und Fischer hörte aufmerksam zu.<br />
Er gehe davon aus, sagte Dylan, so jedenfalls<br />
offenbare sich ihm diese Partie, dass Fischer schon<br />
nach den ersten acht bis zehn Zügen das Ende geahnt,<br />
wenn nicht sogar schon vorausberechnet habe. Die<br />
Partie ähnle in ihrem Aufbau einem Spielfilm aus den<br />
dreißiger Jahren – eine überlange, flach ansteigende<br />
Exposition, die plötzlich zum Höhepunkt aufschnellt<br />
–, nämlich dort, wo Spasski seinen Springer zu opfern<br />
glaubt, in Wahrheit jedoch sowohl den Springer verliert<br />
als auch in der Folge den Turm blockiert, und das<br />
Ganze, ohne Fischers Königsbauern zur Deckung der<br />
Dame zu zwingen, wie Spasski es vermutlich geplant<br />
hatte. Von da an, so Dylan, nehme die Partie einen<br />
auch für den Laien voraussehbaren Verlauf, der zwar<br />
kürzer, aber ähnlich flach abfalle, wie die Exposition<br />
aufgestiegen sei. Zum Schluss: ein einfaches Matt<br />
ohne Schnörkel.<br />
Bobby Fischer gab ihm recht.<br />
Dylan war begeistert – von der Partie und von<br />
seiner Interpretation – und fragte, ob Fischer ihn zur<br />
Gitarre singen hören wolle.<br />
Loggie, der die beiden die ganze Zeit schweigend<br />
betrachtet hatte, bat Dylan um den Vorzug, die<br />
Gitarre aussuchen zu dürfen. Er ging ins Haus<br />
und atmete erst eine Weile tief durch. Die Gitarren<br />
waren überall verstreut, lagen auf einem Sofa und auf<br />
dem Küchentisch, im Schlafzimmer neben dem Bett<br />
standen gleich vier E-Gitarren, merkwürdigerweise<br />
war aber kein Verstärker da. Er entschied sich für eine<br />
alte Gibson, er meinte, die würde gut zu dem alten<br />
Schachbrett mit den alten Figuren passen, das Bobby<br />
Fischer mitgebracht hatte. Dylan hatte das Instrument<br />
zu irgendeinem früheren Geburtstag von irgendjemandem<br />
geschenkt bekommen, es hatte irgendwann<br />
irgendeinem Bluesmusiker gehört, Loggie hatte vergessen,<br />
wie der Musiker hieß.<br />
Dylan spielte ein altes Lied und ein neues –<br />
„To Ramona“ und „Dark Eyes“. Fischer habe zugehört,<br />
die Beine weit von sich gestreckt, die Hände über dem<br />
Gürtel gefaltet, die Augen geschlossen. Da sei alles<br />
noch wunderbar gewesen.<br />
„Bob Dylan spielte schnell<br />
und nachlässig, es war ja<br />
nur eine Formsache.“<br />
Aber dann forderte Bobby Fischer Bob Dylan zu<br />
einer Partie auf – so war es ausgemacht –, und zwar<br />
auf ebenjenem alten Brett mit den abgegriffenen<br />
Figuren. Dylan habe Weiß gezogen und die Partie<br />
begonnen. Er habe schnell und nachlässig gespielt,<br />
es sei ja nur eine Formsache gewesen, so sah es auch<br />
Loggie. Eine Ehrensache, nichts Ernsthaftes, und es<br />
sei auch nicht zu erwarten gewesen, dass mehr als<br />
eine Partie gespielt werden würde und dann vielleicht<br />
noch Revanche.<br />
Fischer allerdings habe sich auf jeden Zug kon zentriert.<br />
Es sei zwar keine Zeit ausgemacht worden, aber<br />
er habe bei jedem Zug mehrere Minuten verstreichen<br />
lassen, und Loggie dachte noch, es sei zwar anständig<br />
von dem Großmeister, dass er seinen Gegner nicht<br />
gleich vom Brett putzte; aber es kam ihm doch irgendwie<br />
kindisch vor, mit wie viel Anstrengung er diese<br />
Anständigkeit vorführte.<br />
Um es kurz zu machen: Dylan gewann die Partie.<br />
Gefreut habe er sich darüber nicht. Gewundert habe<br />
er sich. Beide hätten sich gewundert. Und Loggie<br />
wunderte sich auch. Die Stimmung sei nicht mehr<br />
so besonders gewesen.<br />
„Das ist ein Geburtstagsgeschenk wie eine Kaugummiblase“,<br />
sagte Dylan. „Solange man sie für Vollgummi<br />
hält, durchaus imponierend.“<br />
Fischer versicherte, er habe ihn nicht absichtlich<br />
gewinnen lassen, im Gegenteil, er habe Dylan<br />
sogar bis zu den letzten vier Zügen zu jener Partie<br />
gezwungen, die Bogoljubow und Reti 1925 in Baden-<br />
Baden gespielt hätten. Einen Gegner zu einem bestimmten<br />
Spiel zu zwingen sei bei weitem schwieriger,<br />
als ein Spiel zu gewinnen. Erst beim viertletzten Zug<br />
sei Dylan ausgebrochen, und er, Fischer, habe vermutet,<br />
Dylan wolle ein Erstickungsmatt anstreben in der<br />
Art von Budrich gegen Gumprich 1950, und er habe<br />
sich rundum darauf eingestellt und dann …<br />
„Ich bin ein Naiver“, sagte Dylan.<br />
Mehr sagte er nicht.<br />
Loggie stellte erneut die Figuren auf und drehte<br />
das Brett um.<br />
Dylan gewann wieder. Er wurde zornig. Diesmal<br />
habe er sogar saumäßig gespielt, sagte er.<br />
Fischer sagte gar nichts. Er schaute auch niemanden<br />
an. Dylan nicht, Loggie nicht. Nur das Schachbrett<br />
schaute er an.<br />
„Vielleicht liegt es an den Figuren und an dem<br />
schlechten Licht“, sagte Loggie. Er habe es ja nur<br />
gut gemeint – reden, reden, locker sein, habe er sich<br />
gedacht, wenn ich als das Arschloch aussteige, ist<br />
alles gut. „Bei diesem schlechten Licht kann es doch<br />
pas sieren, dass sich der eine oder andere bei den<br />
Figuren vergreift und anstatt Schwarz Weiß zieht<br />
oder umgekehrt.“<br />
„Was heißt hier der eine oder der andere?“, fragte<br />
Dylan, ziemlich scharf, den Kopf gesenkt, die Augen<br />
blitzend. „Und wer, bitte, ist hier der eine und wer<br />
der andere?“<br />
94 THE RED BULLETIN
„Weiß und feucht im<br />
Gesicht sei Bobby Fischer<br />
dagesessen, die Hände<br />
zu Fäusten geballt.“<br />
Natürlich sei er, also Dylan, der eine und dieser,<br />
also Fischer, der andere, habe ihm Loggie eilig<br />
zugeflüstert.<br />
Alle Lichter auf der Veranda wurden angezündet<br />
und eine dritte Partie aufgelegt. Dylan gewann<br />
abermals. Weiß und feucht im Gesicht sei Bobby<br />
Fischer dagesessen, die Hände zu Fäusten geballt.<br />
Dylan sei aufgesprungen, gleich nach seinem Matt-<br />
Zug, und habe dem Korbsessel einen Tritt versetzt.<br />
Fischer rührte sich nicht von der Stelle, zwischen<br />
den Fäusten das Schachbrett, so saß er da. In seinem<br />
schwarzen Anzug.<br />
Und still war es auf der Veranda. Nur der Pazifik.<br />
Nur der Pazifik.<br />
Dylan ging auf und ab und kaute an seinen Fingernägeln,<br />
und schließlich lief er zum Strand hinunter<br />
und verschwand in der Dunkelheit.<br />
„Sie müssen sich bei ihm entschuldigen“, sagte<br />
Loggie zu Fischer. Bobby Fischer nickte kurz, erhob<br />
sich und ging Dylan nach.<br />
Was unten am Strand geschah, wusste Loggie nicht.<br />
Er habe die beiden allein gelassen, das sei ja klar. Er<br />
habe die Gitarre ins Haus zurückgestellt, die feuchte<br />
Luft hätte ihr schaden können, er habe gewartet bis<br />
gegen vier Uhr, dann habe er geseufzt und sei nach<br />
Hause gegangen.<br />
Michael Köhlmeiers Geschichten gibt es, von ihm selbst gelesen,<br />
auch zum Anhören im Podcast-Kanal von <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>.<br />
Zu finden auf allen gängigen Plattformen wie Spotify und auf<br />
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Creative Direction<br />
Erik Turek, Kasimir Reimann (Stv.)<br />
Art Direction<br />
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Grafik<br />
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Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm,<br />
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Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis,<br />
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Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer<br />
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THE RED BULLETIN<br />
Österreich, ISSN 1995-8838<br />
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Wolfgang Wieser<br />
Lektorat<br />
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Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham,<br />
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Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner,<br />
Ines Gruber, Thomas Gubier,<br />
Daniela Güpner, Wolfgang Kröll,<br />
Gabriele Matijevic-Beisteiner,<br />
Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher,<br />
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Wahrmann-Schär, Ellen Wittmann-<br />
Sochor, Ute Wolker, Christian<br />
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Jahr, getredbulletin.com,<br />
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Deutschland, ISSN 2079-4258<br />
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bei Österreich<br />
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THE RED BULLETIN<br />
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THE RED BULLETIN<br />
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