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Credit Suisse bulletin, 2009/04
Credit Suisse bulletin, 2009/04
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Umfeld <strong>Struktur</strong><br />
2<br />
gehören muss, der extrovertiert ist und<br />
Neues schätzt.<br />
Richtig dagegen: Nicht die Zahl der Bücher,<br />
sondern die Bandbreite ihrer Themen, belegt<br />
die Offenheit eines Geistes. Und gute Beleuchtung<br />
erwies sich als überraschend akkurates<br />
Indiz für den Charakterzug der Gewissenhaftigkeit.<br />
Gosling rät, auch darauf zu achten, wie<br />
Gegenstände arrangiert sind. «Das signalisiert,<br />
welcher Stellenwert ihnen zukommt.»<br />
Sind die Familienfotos des Bürokollegen etwa<br />
so ausgerichtet, dass nur er sie sehen kann –<br />
ein Kraftspender für anstrengende Tage?<br />
Oder strahlen Frau und Kinder Besuchern<br />
entgegen? («Guck, wie toll meine Gattin ist,<br />
und bewundere die Früchte meiner Lenden»,<br />
deutet Gosling solche Arrangements.)<br />
Verräterische Details<br />
Kann man sich verstellen? Nur bedingt.<br />
«Grosse Teile unserer Persönlichkeit lassen<br />
sich nicht unterdrücken, so sehr wir auch<br />
danach trachten mögen», schreibt der amerikanische<br />
Forscher.<br />
Gewiss, wir mögen das Chaos auf dem<br />
Schreibtisch in eine Schublade kehren, bevor<br />
der Chef zu Besuch kommt. Oder die eselsohrigen<br />
Thriller hinter die Bildbände im Wohnzimmerregal<br />
schieben, um ein intellektuelles<br />
Image zu kultivieren.<br />
Doch ein geübter Schnüffler wird schnell<br />
sehen, dass etwa unsere Musiksammlung<br />
zwar in Fächern mit Aufschriften wie «Klassik»<br />
oder «Dance» untergebracht ist, aber die CDs<br />
keineswegs richtig eingeordnet sind, geschweige<br />
denn in der richtigen Hülle stecken.<br />
Oder dass das Teeset, das wir scheinbar für<br />
unsere vielen Besucher bereithalten, völlig<br />
unbenutzt ist.<br />
Denn gerade dort, wo wir die meiste Zeit<br />
verbringen – in unseren Wohnungen und<br />
Büros –, lagern sich die physischen Spuren<br />
unseres Charakters auf- und nebeneinander<br />
ab wie die Schichten einer archäologischen<br />
Fundstätte, bis sie ein Denkmal unseres<br />
Wesens bilden. «Selbst wenn ein Schlafzimmer<br />
gänzlich unbemerkenswert ist, sagt<br />
das etwas über seinen Bewohner aus»,<br />
schreibt Gosling. <<br />
Studentenheime<br />
mit absolut identischen<br />
Zimmern,<br />
aber je nach Bewohner<br />
völlig unterschiedlichen<br />
Ausprägungen<br />
sind ideale<br />
Forschungslabore<br />
für die Feldstudien<br />
des Psychologen<br />
Sam Gosling.<br />
Credit Suisse <strong>bull</strong>etin 4/<strong>09</strong>